Transzendenz und Immanenz Gottes bei Giordano Bruno


Doktorarbeit / Dissertation, 2009

156 Seiten, Note: Befriedigend


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG

2 REZEPTION DER PHILOSOPHIE BRUNOS
2.1 BRUNOS REZEPTION IM DEUTSCHEN IDEALISMUS
2.2 DIE REZEPTION BRUNOS IM 20. JAHRHUNDERT

3 DIE RENAISSANCEPHILOSOPHIE UND GESCHICHTLICHE VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE PHILOSOPHIE GIORDANO BRUNOS
3.1 NIKOLAUS VON KUES (CUSANUS)
3.2 PICO DELLA MIRANDOLA
3.3 CORNELIUS AGRIPPA VON NETTESHEIM
3.4 THOEOPHRASTUS PARACELSUS

4 DIE METAPHYSIK BEI GIORDANO BRUNO
4.1 DIE METAPHYSIK IN „ÜBER DIE URSACHE, DAS PRINZIP UND DAS EINE“ (1584)
4.2 DIE METAPHYSIK IN „ÜBER DAS UNENDLICHE, DAS UNIVERSUM UND DIE WELTEN“ (1584)
4.3 DIE METAPHYSIK IN „DIE HEROISCHEN LEIDENSCHAFTEN“ (1585)
4.4 DIE METAPHYSIK IN DEN LATEINISCHEN SCHRIFTEN
4.5 DIE METAPHYSIK IN DEN INQUISITIONSAKTEN
4.6 BRUNOS METAPHYSIK ALS SYNTHESIS ZWISCHEN ARISTOTELISCHER UND PLATONISCHER METAPHYSIK
4.6.1 PARALLELEN UND DIFFERENZEN ZWISCHEN DER METAPHYSIK BEI ARISTOTELES UND BRUNO
4.6.2 PARALLELEN UND DIFFERENZEN ZWISCHEN DER METAPHYSIK BEI PLATON UND BRUNO
4.6.3 GIORDANO BRUNO UND DIE NEUPLATONISCHE METAPHYSIK
4.6.4 GIORDANO BRUNO UND DIE HERMETISCHE METAPHYSIK

5 DIE METAPHYSIK DER SEELE BEI BRUNO
5.1 DER BEGRIFF DER WELTSEELE IM WERK VON BRUNO
5.2 DIE WELTSEELE BEI PLATON
5.3 DIE WELTSEELE IN DER STOISCHEN PHILOSOPHIE
5.4 DIE INDIVIDUELLE SEELE BEI GIORDANO BRUNO
5.4.1 AUFSTIEG UND ABSTIEG DER SEELE
5.4.2 DAS VERHÄLTNIS VON SEELE UND KÖRPER
5.4.3 DIE SEELE ALS SICH BEWEGENDE ZAHL
5.4.4 DIE INDIVIDUELLE SEELE UND DIE ASTROLOGIE
5.4.5 FAZIT

6 DER MATERIEBEGRIFF IN BRUNOS PHILOSOPHIE
6.1 DER BEGRIFF DER MATERIE BEI PLATON UND PLOTIN
6.2 DER BEGRIFF DER MATERIE BEI ARISTOTELES
6.3 DER BEGRIFF DER MATERIE BEI BRUNO

7 SCHLUSSBEMERKUNGEN UND ABSCHLIESSENDE THESEN

8 LITERATURVERZEICHNIS

Vorwort

Giordano Bruno ist für mich nach detailliertem Studium einer der interessantesten und spannendsten Philosophen. Ich kann sagen, dass ich grundsätzlich einer Meinung mit ihm bin, was das philosophische betrifft. Leider sieht man seine Philosophie heute als veraltert bzw. nicht mehr „zeitgemäß“ an. Man muss auch fairerweise dazusagen, dass es sehr viele verschiedene Zugänge zur Philosophie Brunos gibt, wobei ich natürlich nicht behaupten will, dass der meinige der einzig wahre und richtige Zugang ist.

Dieses Buch ist aus einer Dissertation im Fach Philosophie entstanden. Ich habe mich sehr ausührlich mit dem Thema Giordano Bruno und Neuplatonismus beschäftigt und die Forschungsfrage die diesem Buch zugrunde liegt, hatte lange Zeit eine große Bedeutung in meiner Forschungstätigkeit. Retrospektive bin ich sehr zufrieden mit der Arbeit und ich glaube, dass ich zum Thema Giordano Bruno mit diesem Buch einen guten Beitrag leisten konnte. Die Forschungen zum Thema Neuplatonismus und Hermetik sind für mich damit aber noch immer nicht abgeschlossen.

Ein besonderer Dank gilt meinen Förderern ohne die die Herausgabe dieser Schrift als Buch wohl nicht zustande gekommen wäre. Ich möchte darauf hinweisen, dass dieses Buch vom Land Steiermark (Abteilung 9, Kultur, Europa, Außenbeziehungen) gefördert wurde. Ebenso möchte ich mich für die Förderung beim Steiermärkischen Kunstverein bedanken. Mein besonderer Dank gilt hierbei dem Grazer Altbürgermeister Dr. Alfred Stingl, sowie dem Präsidenten des Kunstvereins Curt Schnecker. Besonderer Dank gilt auch meinem Lektor und Freund Zafer Yilmaz, der mir beim Formatieren und Formulieren der Arbeit behilflich war. Vielen Dank auch an meinem Betreuer Prof. Dr. Walter Zeidler, der mir auch wesentliche inhaltliche Anregungen geben konnte.

Dieses Buch wurde gefördert von:

1 EINLEITUNG

Bis in unser Jahrhundert sind die Einschätzungen über Giordano Bruno sehr ambivalent. Von den einen wird er gefeiert als Wegbereiter der neuzeitlichen Philosophie und als wichtiger Vertreter der damals aufkommenden naturwissenschaftlichen Bewegung, die von Kopernikus ausging. Von anderen wird er als magisch verbrämter, unsystematisch-spekulativer Obskurantist verworfen.1 Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, ob und wie Gott in der Philosophie Brunos gedacht wird. Hierbei kann eine sehr starke Ambivalenz in der Sekundärliteratur festgestellt werden. Teile der Forschung sehen bei Bruno einen Pantheismus (siehe Hirschberger), andere erkennen bei ihm einen stark platonischen bzw. neuplatonischen Bezug beim Gottesbegriff.

Zunächst soll die Frage des Gottesbegriffes als solche im gesamten Werk Brunos herausgearbeitet werden. Manche Interpreten wollen auch eine Wende hin zum Pantheismus im Spätwerk (in den lateinischen Schriften) erkennen. Verweise zu Gott finden sich in allen Werken. Zentrale These dieser Arbeit ist es, dass bei Bruno eindeutig von einem neuplatonischen Gottesbegriff gesprochen werden kann. Gott geht nicht vollständig in der Natur auf, sondern die Transzendenz Gottes wird in allen Werken systematisch deutlich. Die These des Pantheismus ist jedoch aus mehreren Gründen sehr naheliegend. Diesen Gründen soll in weiterer Folge nachgegangen werden. Bruno betrachtet die Welt als Schatten bzw. als Spiegel Gottes. Das „Neue“ gegenüber antiken bzw. mittelalterlichen Vorstellungen des Neuplatonismus ist die Aufwertung des Begriffes der Materie. Diese bezeichnet Bruno als etwas „Göttliches“ und damit widerspricht er etwa Plotin, der die Materie als das „Böse“ bezeichnete. Bei Plotin ist die letzte Stufe der Emanation die Materie. Sie ist aber nichts „Göttliches“, sondern nur noch Negation des Guten, Prinzip des Bösen und so der Gegenpol des Ur-Einen.2 Die Materie wird jedoch nicht als konkret stoffliches Ding gesehen, sondern ist ontologisches Prinzip, das als Grundlage aller körperlichen Stofflichkeit dient.3 Dieser Dualismus der Antike und des Mittelalters wird im Neuplatonismus der Renaissance Schritt für Schritt aufgehoben bis sie bei Bruno schließlich zum „Göttlichen“ erhoben wird. Diese Tatsache ist vermutlich für viele Interpreten der Grund gewesen Bruno in die „Pantheismusecke“ zu stellen. Es sei jedoch drauf hingewiesen, dass das „Göttlich“ nicht mit Gott gleichzusetzen ist. Dieser Unterschied wurde oft übergangen, und man hat so ein charakteristisches Merkmal der Bruno´schen Metaphysik übersehen. Trotzdem folgt Bruno Plotin in sehr vielen Punkten und für ihn galt das Prinzip: „Antiqua vera philosophia“ 4

Bruno dehnt den Gedanken der Unendlichkeit Gottes auch auf die Welt aus. Die Welt ist als Spiegel des Absoluten unendlich und unbegrenzt. Diese These war in der damaligen Zeit natürlich revolutionär und ging noch über die Thesen von Kopernikus hinaus. Die zentrale Schrift, in der dieser Gedanke ausgeführt wird, ist „Von der Ursache, dem Prinzip und dem Einen“. Diese Schrift gilt als das Hauptwerk Brunos’, in der zentrale Gedanken seiner Metaphysik, Kosmologie und Erkenntnistheorie dargelegt werden. Einige Interpreten unterstellen Bruno in diesem Werk, dass Gott und das Universum als ident gedacht werden. In dieser Arbeit wird zu zeigen sein, dass Bruno die Transzendenz Gottes in diesem Werk voraussetzt, wenngleich Gott gleichzeitig in allen Dingen gegenwärtig ist. Diese scheinbare Ambivalenz soll entkräftet werden.

2 REZEPTION DER PHILOSOPHIE BRUNOS

Ziel dieses Kapitels ist es, die Ambivalenz in der Interpretation der Philosophie Brunos aufzuzeigen.

Eine systematische Rezeption des Werkes von Bruno aus dem 17. und dem frühen 18. Jahrhundert liegt nicht vor. Bei Spinoza und bei Leibnitz kann der Einfluss Brunos nicht eindeutig nachgewiesen werden und da Bruno als Ketzer verbrannt wurde, ist eine eingehende Beschäftigung mit seiner Philosophie ausgeblieben. Der Schüler von Jakob Böhme, Abraham von Franckenberg (1593-1652), der selbst Herausgeber von mystischen Schriften war, stellt in seinem „Oculus sidereus“ den späten Bruno vor. Für ihn war Bruno ein platonisierender Pantheist.5 Diderot und der Baron von Holbach vereinnahmten Bruno für einen aufklärerischen, materialistischen Kampf gegen den Obskurantismus der Kirche. Diderot erwähnt Bruno in seiner Encyclopedie-als einen freien Denker.6 Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts taucht eine kritische Schrift von Jacobi über „Die Lehre des Spinoza“ auf. Diese Schrift geht aus einer Auseinandersetzung zwischen Jacobi und Lessing hervor. Jacobi bezichtigte Lessing der Anhängerschaft einer spinozistischen bzw. pantheistischen Denkungsart. In der Schrift selbst versuchte Jacobi Spinoza als Pantheisten zu entlarven. Jacobi wollte der Lehre des „hen kai pan“ strikt entgegentreten, weil er dadurch das theistische Gotteskonzept bedroht sah. Ausgangspunkt für Jacobi war eine Übersetzung der Schrift „De la causa, principio e uno“ von Giordano Bruno. Jacobi kennzeichnete diese Schrift als Grundlage für die pantheistische Philosophie Spinozas. Im folgenden sein Kommentar dazu:

„Mein Hauptzweck bey diesem Auszuge ist, durch die Zusammenstellung des Bruno mit dem Spinoza, gleichsam die Summa der Philosophie des „Hen kai pan“ in meinem Buche darzulegen. Bruno hatte diese Schriften der Alten in Saft und Blut verwandelt, war ganz durchdrungen von ihrem Geiste, ohne darum aufzuhören Er selbst zu seyn. Jenes ohne dieses findet sich auch nie. Darum unterscheidet er mit eben so viel Schärfe, als er mit großem kräftigen Sinne zusammenfasst. Schwerlich kann man einen reineren und schöneren Umriß des Pantheismus im weitesten Verstand geben, als ihn Bruno zog.“7

Was ist nun eigentlich genau unter dem Begriff „Pantheismus“ zu verstehen? „Ein Pantheist ist ein vornehmer Atheist“ meinte Arthur Schopenhauer.8 Sehr häufig wurde der Pantheismus mit dem Atheismus in Verbindung gebracht. Pantheisten galten häufig als Materialisten bzw. als Atheisten. Im Historischen Wörterbuch der Philosophie wird der Begriff Pantheismus näher beleuchtet, der erstmals 1709 vom Theologen J. De la Faye in einer gegen J. Toland geführten Streitschrift verwendet wurde. Toland meinte zum Pantheismus in seinen „Origines Judaicae“:

„es gebe kein von der Materie und diesem Weltgebäude unterschiedenes göttliches Wesen, und die Natur selbst, d.i. die Gesamtheit der Dinge, sei der einzige und höchste Gott“ 9

Für Toland gibt es keine Transzendenz Gottes. Im Begriff des Pantheismus wird Gott vollständig immanent gedacht. Bei Hügli findet sich eine ähnliche Definition: Pantheismus wird als:

„Lehre, nach der das Seiende und Gott eine Einheit bilden, die Welt (das All) und Gott nicht voneinander getrennt werden können.“10 Von diesem Begriff des Pantheismus wird in den weiteren Ausführungen in dieser Arbeit ausgegangen.

2.1 BRUNOS REZEPTION IM DEUTSCHEN IDEALISMUS

Durch den Pantheismusstreit zwischen Jacobi und Lessing wurden die Schriften Brunos stark rezipiert. Vor allem Schelling und Hegel waren sehr solide Kenner der Philosophie Brunos. Auch Goethe hat sich nachweislich mit Bruno beschäftigt.11

Schelling gibt 1802 eine Schrift mit dem Titel „Bruno oder über das göttliche und natürliche Princip der Dinge. Ein Gespräch“ heraus. In diesem Werk bezieht sich Schelling auf kein bestimmtes Werk von Bruno. Schellings Quelle war vermutlich die bereits angesprochene Schrift von Jacobi „Über die Lehre des Spinoza“, in der der Brunosche Dialog „De la causa, principio et uno“ enthalten ist. Ziel Schellings ist es, die Behauptung J.G. Fichtes Naturphilosophie und transzendentaler Idealismus stelle einen Widerspruch dar, zu widerlegen. Die Schrift ist, wie in der Renaissancephilosophie üblich, in Dialogform verfasst. Auch Bruno verfasste einige Schriften in dieser Tradition. Im Dialog gibt es vier Teilnehmer: Anselmo, Alexander, Lucian und Bruno. Jeder der vier vertritt jeweils eine philosophische Strömung. Anselmo ist Materialist, Alexander Intellektualist, Lucian Idealist und Bruno Realist.12 Im zweiten Dialog behandelt Schelling den entscheidenden Punkt seiner Arbeit. Er stellt das Identitätssystem mit seinen drei Momenten- „das Absolute“, „die Natur“ und „der Geist“- dar. Schelling unterscheidet eindeutig zwischen dem Absoluten und den Ideen. Das geht aus folgendem Zitat hervor.

„Denn die Idee unterscheidet sich von dem Begriff, der nur ein Teil ihres Wesens zukommt, dadurch, dass dieser bloße Unendlichkeit ist und eben deswegen unmittelbar und der Vielheit entgegengesetzt, jene dagegen, indem sie Vielheit und Einheit, Endliches und Unendliches vereinigt, auch gegen beide völlig gleich sich verhält.“13

Im Dialog spricht hier Bruno: Dialog dem Wesen nach weder als ideal noch als real, es ist weder Denken noch Sein. Dieses Absolute ist unendlich und das Denken ist mit dem Anschauen schlechthin eins. Die Dinge werden nicht durch die Begriffe unendlich, sondern durch die Ideen.14 Hier positioniert sich „Bruno“ ganz im Sinne der neuplatonischen Metaphysik. Der begriffliche Unterschied zu Plotin liegt darin, dass Plotin das Absolute mit „Das Eine“ (hen) bezeichnet. Aus diesem Einen geht der Geist (nous) hervor, der der Inbegriff aller Ideen ist. Bei Plotin sind diese beiden Hypostasen (Hen, nous) hierarchisch zu denken. Das Eine ist Einheit und der Geist ist bereits Vielheit.15

„Bruno“ verwendet hier anstelle des Wortes „Absolutes“ den Terminus Begriff. Die Idee ist Vielheit und Einheit zugleich. Das ist ein Gedanke von Plotin und ursprünglich auch von Platon, denn in allen Dingen, die aus der „ersten Einheit“ (hen) stammen, ist die Einheit enthalten. Die Idee kann als eine Einheit bezeichnet werden, die eine Vielheit in sich hat.16

Für diese Arbeit ist beim genannten Zitat entscheidend, dass Schelling beim historischen Giordano Bruno wohl von der Transzendenz Gottes ausgegangen ist. Schelling spricht im Dialog durch Bruno. Es wird zu zeigen sein, dass Bruno in der Schrift „Über die Ursache, das Prinzip und das Eine“, die Schelling von ihm gekannt hat, tatsächlich von dieser Transzendenz ausgeht und diese immer mitdenkt. Die Auffassung Schellings kann 1802 damit schon als neuplatonisch bezeichnet werden.

Wie steht es aber nun mit den endlichen Dingen im Dialog? Schelling lässt hier wiederum Bruno sprechen:

„Wie nun das Endliche in jener absoluten Ewigkeit, die wir mit anderen auch Vernunftewigkeit nennen können, begriffen sei, ohne dass es für sich selbst aufhöre, endlich zu sein, habe ich früher genug begreiflich gemacht, o Freund. Ist also das Endliche, obwohl für sich selbst endlich, gleichwohl bei dem Unendlichen, so ist es auch als Endliches, mithin nicht zwar in Ansehung des Unendlichen, aber für sich selbst relative Differenz des Idealen und Realen, und setzt dieser Differenz erstens sich selbst und seine Zeit, hernach auch die Wirklichkeit aller Dinge, deren Möglichkeiten in seinem Begriff enthalten ist.“17

Hier wird die Problematik der Transzendenz und Immanenz Gottes deutlich. Auch Schelling hat diese Problematik im neuplatonischen Sinne gelöst, wie aus dem Zitat hervorgeht.18

Hegel bezieht sich in seinen „Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie“ auf „De la causa, principio et uno“ aus dem Jahr 1584. Offensichtlich war ihm diese Schrift im Original bekannt. Ansonsten bezieht er sich auf die Übersetzung Jacobis. Hegel meint zu Bruno: „Dieses System Brunos ist so ganz objektiver Spinozismus; man sieht wie tief er eingedrungen ist.“19

Für Hegel ist Brunos Hauptidee die Einheit von Form und Materie in allem, die auch Jacobi hervorhebt.20 Dies scheint zunächst wieder eher auf eine pantheistische Auffassung hinzudeuten. Auf der anderen Seite sagt Hegel (Bruno zitierend):

„Das Universum, die erzeugte Natur ist aber Alles, was sie seyn kann in der That (wirklich) und auf Einmal, weil sie alle Materie nebst der ewigen, unveränderlichen Form ihrer wechselnden Gestalten in sich fasst. Aber in ihren Entwicklungen von Moment zu Moment, ihren besonderen Theilen, Beschaffenheiten, einzelnen Wesen, überhaupt ihrer Außerlichkeit, ist sie nicht mehr, was sie ist und seyn kann; sondern ein solcher Theil ist nur ein Schatten von dem Bilde des ersten Prinzips.“21

Hegel erwähnt in der „Geschichte der Philosophie“ auch die Schrift „De umbris idearum“22. In dem erwähnten Zitat spricht Hegel beim Universum von „Bild“ oder „Schatten“ des ersten Prinzips. Dieses erste Prinzip ist Gott und Hegel hat diese Stelle korrekt zitiert. Das Universum ist auch „erzeugte Natur“, was gegen einen Pantheismus spricht. Hegel hat ja Spinoza nicht des Pantheismus bezichtigt und er spricht auch hier bei Bruno nie von Pantheismus. Bei Spinoza tritt Hegel dem Pantheismusverdacht sogar entschlossen entgegen und verweist auf den Unterschied zwischen der Substanz (Gott) und den Attributen. Die uns bekannten Attribute Denken und Ausdehnung sind nur Affektionen (Hegel zitiert hier Spinoza). Diese Attribute sind aber nicht das Substantielle. Das einzig Substantielle ist eben Gott. Hegel bezeichnet dies als Akosmismus.23

2.2 DIE REZEPTION BRUNOS IM 20. JAHRHUNDERT

Als Interpret Brunos ist Anfang des 20. Jahrhunderts der Herausgeber seiner „Gesammelten Werke“, nämlich Ludwig Kuhlenbeck zu nennen. Kuhlenbeck bezeichnet die Philosophie Brunos als panentheistisch-und lehnt die These, dass Bruno Atheist oder Pantheist ist, ab.24 Kuhlenbeck trifft in seiner Einführung in Band 6 teilweise sehr merkwürdige Aussagen. Diese betreffen nicht die Philosophie Brunos, sondern sein eigenes Verhältnis zum Judentum und zu diversen Rassentheorien (z.B.: Gobineau). Kuhlenbeck versucht nachzuweisen, dass Christus nicht von jüdischer Abstammung ist. Sowohl vom religiösen Standpunkt als auch aus „rationalistischer“ Sichtweise lehnt er den Gedanken ab, dass Christus Jude gewesen sei. Die erwähnte Stelle enthält auch eine abfällige Bemerkung in Richtung jüdischer Rasse, sodass man Kuhlenbeck wohl eindeutig in eine antisemitische Ecke stellen kann.25

Neben politisch rechten Autoren wurde Bruno Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts von eher „linken“ Autoren wie Bruno Wille rezipiert. Giordano Bruno zu Ehren nennt Wille eine 1900 gegründete Vereinigung Giordano-Bruno-Bund. Wille übersetzt unter anderem Gedichte von Giordano Bruno und versucht ihn für die monistische Idee zu reklamieren. Die aktivsten Teilnehmer des Bundes waren Rudolf Steiner, Max Martersteig und der Lektor des Diederich-Verlages Wolfgang Kirchbach.26

Zu erwähnen ist eine Dissertation über Brunos Philosophie von J. M. Sarauw, die 1916 erschienen ist. Sarauws Titel „Der Einfluss Plotins auf Giordano Brunos Eroici Furori“ verrät auch schon die Richtung der Interpretation. Gemäß Sarauw, die übrigens in engem Kontakt mit Kuhlenbeck stand, kann man bei der Philosophie Brunos von Neuplatonismus sprechen. Sie sieht kaum einen Unterschied beim Gottesbegriff zwischen Plotin und Bruno, außer dass Bruno die negative Theologie nicht so konsequent vertritt wie Plotin. Sarauw ist auch die einzige Autorin, die systematisch auf den Seelenbegriff von Bruno eingeht. Sie unterscheidet generell in der Systematik der Bruno´schen Metaphysik zwischen Gott, der Weltseele und der individuellen Seele. Letztere ist Teil der Weltseele. Die individuelle Seele ist nicht räumlich im Leib, vielmehr ist der Leib in der Seele. Sarauw führt auch den ewigen Kreislauf an, indem die Seele einmal hinab- und ein andermal hinaufsteigt. Sie meint, Bruno würde die Metapher des Auf- bzw. des Abstiegs der Seele ganz bewusst im Sinne Plotins verwenden.27 Interessant ist auch die Interpretation des Begriffes der Materie bei Sarauw. Sie meint Bruno wäre zunächst von dem neuplatonischen Materie-Begriff ausgegangen und sei dann, in „Über die Ursache, das Prinzip und das Eine“ auf einen fast „materialistischen“ Materie-Begriff gekommen. Sie glaubt, es sei nur der Neuplatoniker in Bruno gewesen, der ihn davon abhielt sich ganz dem Materialismus anzuschließen. Sarauw stößt sich dabei an der Aussage Brunos, dass die Materie etwas Göttliches sei.28 Sarauw stellt andererseits fest:

„Während aber Plotin in der Sinnenwelt nur das Geistige sucht und für naturwissenschaftliche Untersuchungen weniger Interesse hat, ist für Bruno ein Fortschreiten in der Erkenntnis der Natur zugleich ein Emporsteigen zur Erkenntnis der Gottheit. Denn die Natur ist die Entfaltung des All-Einen.“29

Ausgeschlossen werden kann mit diesem Zitat, dass Sarauw davon ausgeht, dass Bruno einen Pantheismus oder einen Materialismus vertritt. Sehr ausführlich hat sich Ernst Bloch mit Giordano Bruno auseinandergesetzt. In seinen Vorlesungen zur Philosophie der Renaissance behandelt Bloch nicht nur das Gesamtwerk Brunos, sondern er beschäftigt sich auch eingehend mit dem Thema Transzendenz und Immanenz bei Bruno. Er meint gleich zu Beginn in seiner Vorlesung über Bruno:

„Bruno steht am Beginn der eigentlichen Philosophie der Renaissance, der große Minnesänger kosmischer Unendlichkeit, der die Immanenz so aufregend, so interessant, so geheimnisvoll, so niederwerfend und so aufnehmend zugleich zu machen versucht hat, wie in der mittelalterlichen Welt einzig das Jenseits war.“30

Aus diesem Zitat kann schon die Tendenz herausgelesen werden, wo Bloch Bruno hininterpretieren wird. In der Rezeption der Schriften „De maximo et minimo“ und „De triplici minimo“ kommt Bloch zu dem Schluss, dass Bruno Gott auf das Endliche, die Welt und das Diesseits übertragen hat. Er distanziert Bruno eindeutig vom Neuplatonismus, wo die Endlichkeit „negative Schranke“ bzw. „Gefängnis“ ist.31 Danach wird Bloch noch viel deutlicher:

„Ich komme damit zum dritten Punkt, zum Hauptpunkt Brunos, dem folgenreichsten. Er bezeichnet die Art, wie hier der Pantheismus erschien und wie er einen bis dahin unerhörten Glanz und eine Verführung gewann, eine Verführung, die so weit geht, dass, wenn Goethe spricht, er Giordano Bruno zweifellos mehr als mitmeint. Goethe sieht seine Substanz nicht more geometrico, sondern mit den welttrunkenen Augen des Renaissancephilosophen, er interpretiert Spinoza durch das Feuer Giordano Brunos.“32

Bloch versteht unter Pantheismus hier genau oben erwähntes (siehe Toland, Einleitung Kapitel 2). Die Welt oder das Universum ist Gott, wie Toland sagt. In der „natura naturans“ bleibt kein Platz mehr für einen transzendenten Schöpfergott im christlichen Sinne. Die Weltseele ist zwar ein leitendes Gestaltendes, unsichtbar und auch über der Materie, aber sie ist trotzdem als weltimmanent zu denken.33 Bloch lobt Bruno bezüglich der Aufwertung, die dieser dem Materiebegriff gibt. Bruno habe die Materie gerettet, indem er den vorsokratischen Blick als neuheidnischen in die Welt bringt. Bloch hebt hervor, dass Bruno einen pantheistischen Materialismus und nicht einen mechanistischen Materialismus vertritt. Bruno betone, dass kein Körper ohne Seele sein kann. Die menschliche Seele geht wiederum aus der Weltseele hervor. Die Renaissance hat überhaupt einen sehr positiv belegten Begriff der Materie. Der Pantheismus Brunos drückt sich schließlich dadurch aus, dass er keinen Anfang der Materie annimmt und auch kein Ende des so strahlenden Universums.34

Eine entscheidende Wende nahm die Bruno-Forschung mit einem Werk der englischen Privatgelehrten Frances A. Yates. Diese war mit dem Warburg Institut verbunden und veröffentlichte nach einigen Vorarbeiten „Giordano Bruno and the Hermetic Tradition“.35 Yates bezeichnet Bruno in dieser Schrift als Vertreter einer angeblichen ägyptischen Religion. Die „ägyptische Religion“ wurde der Renaissance im „Asclepius“ und im „Corpus Hermetica“ bekannt. Diese beiden Schriften tauchten zwischen 100 und 300 v. Chr. auf und wurden Hermes Trismegistus zugeschrieben. Trismegistus soll ein weiser ägyptischer Priester gewesen sein. Doch das stimmt laut Yates nicht:

„In any case, however, they were certainly not written in a remotest antiquity by an all wise Egyptian priest, as the Renaissance believed, but by various unknown authors, all probably Greeks, and they contain popular Greek philosophy of the period, a mixture of Platonism and Stoicism, combined with some Jewish and probably some Persian influences.”36 Yates schreibt, Bruno wäre um eine hermetische Reform in der Philosophie bemüht gewesen. Yates spricht aber auch von Neuplatonismus.37 Auf der anderen Seite hält sie Bruno wiederum bloß für einen Naturphilosophen, der keine Theologie betreibt:

„Bruno himself is aware of the absence of theology in his work and explains it by saying that he does not attempt to go above nature, and speaks as a pure natural philosopher. He does not want to be contrary to theology, but he seeks his divinity in the infinite worlds.”38

Yates verweist darauf, dass bei Bruno keine Stellen in seinem Werk zu finden sind, in denen er sich zur Trinität bekennt. Das ist ein zentraler Unterschied zu christlichen Neuplatonikern wie Ficino, Pico della Mirandola oder Agrippa von Nettesheim.39 Dadurch kann sie das theologisch christliche Desinteresse Brunos begründen.

In der neueren Zeit kommt es zu sehr vielen Kommentaren zu Brunos Philosophie, die immer wieder die Fragestellung der vorliegenden Arbeit treffen. Wirklich systematische Untersuchungen in diese Richtung gibt es aber keine. P. O. Kristeller würdigt Brunos Beitrag zur Renaissancephilosophie und weist auf seine Eigenständigkeit, aber auch auf die Einflüsse hin, die er in seinem Werk angenommen hat. In der Metaphysik sieht er den Einfluss Plotins und von Nikolaus von Kues. Kristeller erwähnt, dass viele Interpreten in der Philosophie Brunos Widersprüche entdeckten, die sie teilweise auf eine gewisse Entwicklung in seiner eigenen Philosophie zurückführen. Kristeller selbst neigt eher zur Annahme, dass eine gewisse Grundeinstellung sich durchs ganze Werk hindurchzieht. Interessant ist auch der Hinweis auf ein unlängst entdecktes Dokument aus Brunos letzten Lebensjahren, 40 indem Bruno feststellt die Seele komme von Gott und kehre wieder zu Gott zurück. Dieser Verweis stützt Kristellers These vom Einfluss Plotins auf Bruno. Kristeller behauptet, dass Bruno in seiner Schrift „De la causa, principio e uno“, den traditionellen aristotelischen Substanzbegriff kritisiert. Für Bruno gibt es im Gegensatz zu Aristoteles nur mehr eine Substanz. Diese Substanz wird mit Gott gleichgesetzt. Die Einzeldinge sind keine Substanzen wie bei Aristoteles, sondern Akzidentien. Bruno geht laut Kristeller von vergänglichen Manifestationen dieser Substanz aus. Kristeller verweist auf den späteren Substanzbegriff bei Spinoza. Kristeller ringt mit der Frage der Transzendenz und Immanenz Gottes. Zunächst stellt er klar fest, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass Bruno die Weltseele mit Gott gleichsetzt.41 Danach kommt er aber zum Schluss, die Sache sei doch sehr zwiespältig:

„Und schließlich wird das Universum manchmal als ein Abbild Gottes und von ihm unterschieden betrachtet, manchmal verflüchtigt sich dieser Unterschied ... Im Vergleich zu seinen Lieblingsquellen, Plotin und Cusanus, geht Bruno zweifellos viel weiter in Richtung auf eine pantheistische oder immanentistische Position. Aber ich bezweifle sehr, dass er ein extremer Pantheist oder Materialist sein wollte.“42

Hier kommt wieder deutlich eine Ambivalenz hervor, die zuvor bereits zugunsten einer neuplatonischen Position geklärt schien.

Istvan Feher kommt in einem Aufsatz über Bruno zu einer sehr interessanten Schlussfolgerung. Er unterstellt Bruno nämlich einen Wandel im philosophischen Denken bei Bruno. In den Frühschriften sieht er den Einfluss der neuplatonischen Emanationslehre (Pico della Mirandola und Marsilino Ficino), während er in den Spätschriften eine „Weiterentwicklung“ zu einem materialistischen Monismus erkennt. Die neuplatonische Anschauung wird verwandelt in die pantheistische Anschauung, welche „Gott in den Dingen“ (Deus in rebus) sieht. Und aus diesem Wandel erfolgt die These der Unendlichkeit der Welt.43

Heinz Paetzold schreibt in der „Geschichte zur Philosophie“ einen kleinen Beitrag über Bruno. Paetzold spricht von einer neuplatoischen Grundgestimmtheit im Gesamtwerk Brunos. Bruno habe in seinem Denken eine neuplatonische (ontologische) Stufungslehre entwickelt. Der Leib ist in der Seele, die Seele im Geist und der Geist in Gott. Paetzold weist auf neupythagoreische und vorsokratische Einflüsse hin. Der heilige Geist wird bei Bruno mit der Weltseele identifiziert und die Materie wird mit göttlichen Prädikaten bedacht. Der Gedanke der Weltschöpfung tritt zurück hinter dem des ewigen Wandels. In großen zyklischen Perioden kehrt das Gleiche wieder. Paetzold geht kurz noch auf die menschliche Seele ein. Der Mensch hat in der Welt als Mikrokosmos seinen Platz und seine Würde. Die Seele bezeichnet Bruno auch als Monade. Die Monade ist eine endliche Darstellung des einen göttlichen und unendlichen Seins, dem sie auch zustrebt. Und dieses Zustreben ist die wahre Religion. Der wahre Aufstieg wird durch die Umkehr in die Tiefe des eigenen Wesens erreicht. Der Mensch braucht sich nicht in der Unendlichkeit des Alls verlieren (zum Beispiel in der Astrologie) um Gottes Gegenwart ergreifen zu können.44 Am Schluss seiner Darstellung zu Bruno schreibt Paetzold:

„Dieser Bruno hat mit seiner Sprache auf die Nachlebenden, auf Spinoza, Leibnitz, Goethe und Schelling gewirkt. Er darf nicht in einen pantheistischen Freigeist verwandelt werden, wenn sein wahrer Anspruch an uns nicht Verstummen soll, der beruht auf der Zuordnung des tätigen Selbsteinsatzes zu dem Erleiden des Göttlich-Einen, das sich der Welt aus unzugänglicher Vollmacht mitteilt.“45 Alfred Schmidt kommt in einem Nachwort zur Reclam Ausgabe von „Über die Ursache, das Prinzip und das Eine“ zu einem sehr zwiespältigen Urteil bezüglich des Gottesbegriffes bei Bruno. Bereits in der Überschrift zum Nachwort deutet Schmidt die Richtung seiner Interpretation an. Das Nachwort trägt den Titel „Giordano Bruno als Wegbereiter eines spekulativen Materialismus“. Zu Beginn seiner Ausführungen meint Schmidt aber, dass die „gängige Redeweise“ Bruno sei Pantheist, einer Korrektur bedarf. Er zitiert dabei eine Stelle aus „Über die Ursache, das Prinzip und das Eine“ und meint, der Gottesbegriff von Bruno sei panentheistisch aufzufassen. Gott und die Welt seien keineswegs als identisch zu sehen.46 Später spricht er dann wieder von „Natura est Deus in Rebus“. Schmidt stimmt Ernst Bloch in seiner Interpretation Brunos zu. Dieser spricht von einem „pantheistischen Monismus“ bei Bruno.47 Auf der anderen Seite erwähnt Schmidt gleich danach wieder, dass Bruno bei Demokrit und den Epikureern bemängelt habe, dass sie behaupten würden, „nichts sei außer körperlichem Seienden“. Dadurch kommen diese nicht zur Qualität der Materie.48 Mit der Beseelung aller Dinge und auch mit dem Begriff der Weltseele kann jedoch der Pantheismus noch nicht aufgehoben werden. Insofern kann Schmidt danach den „spekulativen Materialismus“ Brunos noch begründen.49

Zu einer ähnlichen Auffassung wie Schmidt kommt auch Jens Bockmeier, dessen Titel schon auf die Interpretation der Philosophie Brunos hinweist. Bockmeier zitiert in seiner Schrift vornehmlich das Hauptwerk „Über die Ursache, das Prinzip und das Eine“ und er sieht in Bruno einen Vorgänger des frühbürgerlichen Materialismus.50

Hirschberger, der in zwei Bänden die „Geschichte der Philosophie“ rezipiert, schreibt zu Bruno folgendes:

„Nun hatte schon Cusanus von einer grenzenlosen Welt gesprochen, deren Mittelpunkte überall und deren Grenzen nirgends seien, und hatte darum auch schon gesehen, dass die Erde nur ein Stern unter anderen wäre. Aber bei ihm war diese Unendlichkeit nur der unerfüllbare Annäherungsversuch des Abbildes an das allein im eigentlichen Sinne unendliche Urbild, Gott, und seinen inneren Reichtum, den er sah wie Platon die unausschöpfbare innere Fülle der Idee des Guten. Bei Bruno jedoch ist die Welt selbst das Unendliche und das Letztwirkliche. Die Welt ist nicht mehr Abbild Gottes, sondern tritt an die Stelle Gottes.“51

Hirschberger spricht von „monistischem Pantheismus“. Er verweist bei dem Begriff der Weltseele zwar auf den Neuplatonismus und die Stoa, er sieht durch diesen Begriff der Weltseele seine These des Pantheismus bestätigt.

Anne Eusterschulte kommt in ihrem Buch „Giordano Bruno zur Einführung“ zum Schluß, dass die Transzendenz Gottes bei Bruno immer mitgedacht werden muss.52 Eusterschulte betreibt eine sehr genaue und scharfsinnige Analyse der Philosophie Brunos, aber sie ist sich ihrer Sache nicht sicher, ob nicht Brunos Naturbegriff mit dem Gottesbegriff identisch ist.

„Damit stellt sich die Frage, ob Brunos Naturbegriff mit dem Gottesbegriff zur Deckung kommt, ob also die Gottheit als universales allerzeugendes Naturprinzip aufzufassen ist, sodass wir es mit einer Naturalisierung Gottes bzw. einer Vergöttlichung der Natur zu tun haben.“53

Sie meint, Bruno lege die Interpretation einer Einheit von Gott und Natur vielerorts nahe. Sie verweist dabei hauptsächlich auf Stellen in seinen lateinischen Spätschriften. Eusterschulte kommt aber letztlich doch wieder zum Schluss, dass bei Bruno eine Differenz zwischen dem „Gott in der Natur“ und dem Gott als „auctor naturae“, dem Schöpfer der Natur besteht.54 Eusterschulte hat in ihrer Analyse des Werkes von Giordano Bruno zuvor bereits immer wieder die gleichzeitige Transzendenz und Immanenz Gottes betont. Erst in den Spätschriften ist das für sie nicht mehr ganz so klar, obwohl sie, wie erwähnt, die Differenz zwischen dem transzendenten und dem immanenten Gott auch in den lateinischen Spätschriften hervorhebt.

Eine sehr detaillierte Einführung in das Werk Giordano Brunos gibt auch P. R. Blum. Blum bringt aus „Über die Seele“ (De anima) von Aristoteles ein Beispiel für den Zusammenhang zwischen Körper und Seele, das zeigt, dass die Seele im Körper sei wie der Steuermann im Schiff. Da der Steuermann mit dem Schiff fährt, ist es Teil von ihm, insofern er es aber bewegt und steuert, betrachtet man ihn nicht als Teil, sondern als verschieden vom Schiff. 55 Aristoteles hält das Beispiel für nicht passend, weil die Seele bei natürlichen Lebewesen den Körper nicht verlässt wie der Steuermann das Schiff. Blum meint nun, dass bei Bruno der Steuermann das Schiff nie verlasse, weil er nicht von Seele des Körpers spreche, sondern von der Seele des Universums. Dieser Vergleich der Seele mit einem Steuermann wird Bruno später beim Inquisitionsprozess zum Vorwurf gemacht, weil er möglicherweise die Existenz einer individuellen Seele ausschließt.56 Blum meint, da bei Bruno die Vollkommenheit die Wirkungsabsicht der Universalvernunft sei, müsse diese (die Vollkommenheit) in die kleinsten Teile der Materie hineinreichen. Alle Teile müssten also beseelt sein (Panpsychismus).

Laut Blum könne man bei Bruno aber nicht von einem Pantheismus ausgehen:

„Aber Bruno übernimmt den Gedanken der Entsprechung von absoluter Potenz und ihrem Objekt, die Thomas von Aquin ausdrücklich für ungleichgewichtig erklärt hatte, und postuliert, dass die Allmacht Gottes aktiv ist und ihr deshalb ein unendliches Wirkungsobjekt entspricht, nämlich die unendliche Welt. Diese Welt aber muss zugleich konkret sein, wenn sie denn wirklich und nicht einfach identisch mit Gott sein soll.“57

Blum beschreibt anhand der Bruno´schen Schrift „Vertreibung der triumphierenden Bestie“ den Zusammenhang zwischen Religion, Politik und Kosmologie. Sehr präzise legt er dar, dass Bruno in diesem „satirischen Dialog“ Religionskritik betreibt. Die Verehrung von Göttern in Tieren, Pflanzen oder Menschen sei damit begründet, dass diese Spiegelungen der Anwesenheit der Götter in der Welt seien. Die „Natura est Deus in Rebus“ ist die Formel, die Kosmologie und Religionsphilosophie verknüpft.58 Die Gottheit zeigt sich in den sterblichen Dingen aber in ihrer Ähnlichkeit und nicht in ihrer Abstraktheit und Absolutheit gegenüber den endlichen Dingen.59 An dieser Stelle hebt Blum die ontologische Differenz zwischen dem absoluten Gott und den „Gott in den Dingen“ hervor. Blum zitiert aus „Die Kabbala des Pegasus“ 60 die jüdische Kabbala. Das Judentum ist für Bruno ein Abkömmling der ägyptischen Religion. Moses wurde bekanntlich in Ägypten ausgebildet. Die Kabbala ist eine Variante der griechischen Lokalgötter (Neptun für das Meer, Apoll für die Sonne usw.). Die Besonderheit der Kabbala liege darin, dass sie aus einem unaussprechlichen ersten Prinzip hervorgehe.61 Dieses „erste unaussprechliche Prinzip“ erinnert an das Eine (hen) bei Plotin und somit an den Neuplatonismus. Blum erwähnt Pico della Mirandola, Johannes Reuchlin und Agrippa von Nettesheim. Diese Denker haben ebenfalls die Kabbala und den Neuplatonismus verbunden. Blum geht auch auf einige Stellen aus den „Heroischen Leidenschaften“ (Degli eroici furori) ein. Diese Schrift befasst sich mit Metaphysik, mit Erkenntnistheorie und Ethik. Aus der Deutung der Schrift geht hervor, dass Blum Brunos Philosophie für Neuplatonismus hält. Er zitiert das Beispiel Brunos, in dem dieser auf den Mythos von Aktaion eingeht. Der Jäger Aktaion wurde beim Anblick Dianas selbst zum Gejagten. Es wuchs ihm ein Hirschgeweih und seine Hunde zerfleischten ihn. Blum weist auf eine neuplatonische Interpretation dieses Mythos hin. Der Mensch strebt nach dem Göttlichen, dem Guten, der Weisheit und der Schönheit. Dafür muss er die sinnliche Welt verlassen. Der Mensch ist nicht mehr der gleiche, wenn er mit dem „höchsten Gut“ zusammentrifft.

Bruno meint nun der Tod, verursacht durch die Hunde, komme dem Ende eines Lebens in der wahnhaften, sinnlichen und phantastischen Welt gleich. Nun lebt er das Leben der Götter. Erkenntnis ist für Bruno auch immer das Zusammentreffen der Widersprüche. Diese Widersprüche sind erst im Unendlichen zur Gänze aufgehoben. Eine solche Suche ist dann freilich keine irdische Jagd mehr, sondern „metaphysische Bewegung“. Diese Unendlichkeit ist weder geformt noch ist es Form.62

3 DIE RENAISSANCEPHILOSOPHIE UND GESCHICHTLICHE VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE PHILOSOPHIE GIORDANO BRUNOS

In diesem Kapitel gilt es zu zeigen, in welchem Umfeld die Philosophie Giordano Brunos entstanden ist. Dabei wird die Fragestellung der Transzendenz und Immanenz Gottes immer im Hinterkopf behalten.

In den vergangenen Jahrzehnten ist ein heftiger Streit darüber entfacht, wie denn die Geschichte der Philosophie des Humanismus und der Renaissance zu schreiben sei. Der Grund dafür liegt darin, dass sich die drei großen philosophischen Sektoren der Renaissance, nämlich die humanistische Bewegung, der Platonismus und der Aristotelismus kaum zu einem geschlossenen Bild zusammenfügen lassen, obwohl sie natürlich in verschiedenster Weise aufeinander eingewirkt haben. Diese Tatsache wird darauf zurückzuführen sein, dass die Renaissancephilosophie ein sehr offenes Wahrheitsideal hat. Man kann sagen, dies ist ein Indiz für die geistige Kraft der Renaissance. Als Beispiel für die These der gegenseitigen Beeinflussung der genannten Richtungen (Humanismus, Aristotelismus und Platonismus) könnte man Pietro Pomponazzi nennen. Pomponazzi ist wohl der bedeutendste Vertreter des Aristotelismus der Renaissance. Einerseits bleibt er dem humanistischen Gedanken der „Würde des Menschen“ durchaus verbunden. Andererseits zeigt sich auch eine gewisse Nähe zum Renaissanceplatonismus. In seinem Hauptwerk „Über die Unsterblichkeit der Seele“ beschreibt er den Menschen, der aus Leib und Seele besteht, aristotelisierend und in wissenschaftlicher Begrifflichkeit als zwiespältige Natur. Gleichzeitig folgt er dem Symbolismus der Renaissanceplatoniker, indem er den Menschen als Mitte zwischen Sterblichem und Unsterblichem darstellt.63

Auch bei Giordano Bruno werden alle drei Richtungen einen bestimmenden Einfluss zeigen. Der Renaissanceplatonismus soll dabei allerdings die zentralere Rolle spielen, auch wenn Bruno sprachliche Termini und teilweise inhaltliche Philosopheme von der Philosophie des Aristoteles entlehnt. Bruno kennt als Kritiker der Lehre des Aristoteles dessen Schriften ausgezeichnet.

Zunächst aber ein kurzer Überblick über die Platoniker bzw. Neuplatoniker der Renaissance, die Bruno vornehmlich rezipiert hat. Es werden hier vier Denker analysiert, die alle (noch) in die christliche Tradition des Neuplatonismus einzuordnen sind. Einerseits ist dies Nikolaus Cusanus, der von manchen Philosophiehistorikern gerne noch zum Mittelalter gezählt wird, und andererseits sind es Pico della Mirandola, Agrippa von Nettesheim und Theoprastus Paracelsus. Die Darstellung wird sich vorwiegend auf das Thema der Arbeit hin konzentrieren.

3.1 NIKOLAUS VON KUES (CUSANUS)

Cusanus lebte von 1401 bis 1464 und wird von vielen Interpreten der Geschichte der Philosophie als jener Denker gesehen, der zwischen dem Mittelalter und der beginnenden Neuzeit steht.64 Cusanus ist Vertreter eines christlichen Neuplatonismus. Schon ihm wird aber der Vorwurf des Pantheismus gemacht. Zur damaligen Zeit wird der Begriff Pantheismus nicht verwendet, aber Johannes Wenck (gestorben 1460) behauptet Cusanus vertrete den Ineinsfall des Vielen und Gegensätzlichen mit Gott. Das Abbild falle also mit dem Urbild zusammen bzw. das Geschöpf mit dem Schöpfer. Cusanus stellt auf diesen Vorwurf lapidar fest, solches könne nur ein Verrückter (homo insensatus) behaupten.65 Was sagt nun Cusanus über Gott und warum konnte es zu dem Vorwurf kommen, den ihm Wenck machte?

In der Schrift über die „Gabe des Vaters des Lichtes“ (De dato patris luminum) meint Cusanus:

„Gott nun ist die absolute Form des Seins, er gibt allem das Sein; ...Die Erde ist daher nicht Gott, sondern Erde, die Luft ist Luft etc., jegliches Wesen ist dieses durch seine Form. Die Form jeden Wesens steigt herab aus der universellen Form.“66

Das klingt bereits eindeutig neuplatonisch. Gott wird bei Cusanus gemäß der christlichen Tradition trinitarisch gedacht. In „Über die Gottesschau“ bekräftigt Cusanus noch einmal den Gedanken der Stufung. Aus „Gott-Vater“ geht „Gott-Sohn“ hervor. Cusanus meint:

„In Dir ist alles Wohlgefallen des Vaters beschlossen. Und darum ist alles erschaffbare Sein in Dir, dem liebenswerten Gott, eingefaltet. Weil aus dir, liebender Gott, der liebenswerte Gott wie der Sohn aus dem Vater ist, bist du dadurch, dass Du der liebende Gott und Vater deines liebenswerten Gott-Sohnes bist, der Vater aller Dinge, die sind.“67

Die heilige Dreifaltigkeit wird noch durch den heiligen Geist komplettiert. Der Geist ist die Verknüpfung des Hervorgebrachten. Der heilige Geist ist auch gleichsam eine Bewegung, die von einem Bewegenden und einem Beweglichen ausgeht. Die Bewegung ist die Entfaltung des Gedankens vom Bewegenden.68 Der heilige Geist enthält auch Weisheit und Allmacht in sich, sodass der Wille Gottes geschehe. Im heiligen Geist ist damit der Wille enthalten, und er wird oft „Hauch“ genannt, weil es die Bewegung ohne Hauch nicht gibt. Im heiligen Geist sei die Allmacht des Vaters und die Weisheit des Sohnes, sagt Cusanus, und alles trete durch den Willen des Geistes hervor. In dem Dialog „Der Laie über den Geist“ meint der „Laie“ zur Weltseele bei Platon auch folgendes:

„Ich glaube, dass Platon dasjenige Weltseele genannt hat, was Aristoteles „Natur“ nannte. Ich meinerseits aber vermute, dass weder jene Seele noch die Natur etwas anderes sind als Gott, der alles in allem wirkt und den wir Geist des Alls nennen.“69

Damit müsste eigentlich jeglicher Pantheismusverdacht beseitigt sein und dennoch kommt von Wenck der Vorwurf des Ineinfalls von dem Vielen und Gott. An einer Stelle in der bereits beschriebenen Schrift „Über die Gabe des Vaters des Lichts“ 70 meint Cusanus folgendes:

„Obwohl auf diese Art Gott alles in allem ist, so ist doch die Menschheit nicht Gott, wiewohl man bei richtigem Verständnisse das Wort des Hermes Trismegistos gelten lassen könnte, Gott werde mit dem Namen aller Dinge und alle Dinge werden mit dem Namen Gottes benannt, sodass der Mensch ein vermenschlichter Gott (Deus humanatus) und diese Welt ein sinnlicher Gott (Deus sensibilis) genannt werden könnte, wie auch Plato meinte.“71

Cusanus ist, wie man sieht, auch ein Kenner von Platon und von Hermes Trismegistos. In diesem Zitat wird deutlich, warum es möglicherweise zu einem Missverständnis zwischen Wenck und Cusanus gekommen ist. Das „Göttliche“ ist das Werden selbst und dieses ist aber „verschieden“ von Gott. Es hat teil an Gott. Die Welt ist gleichsam der „veränderliche Gott“.72 Bereits in seiner ersten Predigt im Jahre 1428 hat Cusanus Hermes Trismegistus zitiert. Er will mit dem Verweis auf Hermes Trismegistus die Erkenntnis Gottes als Logos oder Verbum bei den alten Philosophen nachweisen. Laut Cusanus habe Hermes „fast“ die ganze Wahrheit, die natürlich christlich ist, erfasst. Der Vorwurf von Wenck bezieht sich auf die ontotheologische Lehre von Meister Eckhart „Esse est Deus“. Das Problem bei der „Coincidentia oppositorum“ ist, dass Gott in dieser „Aufhebung aller Gegensätze“ nicht trinitarisch gedacht werden kann, da er als das Unendliche und Namenlose keine innere Differenzierung zulasse. Cusanus hat sich gegen den Pantheismusvorwurf nicht nur aus kirchenpolitischen Gründen gewehrt, sondern er glaubt auch einen Denkfehler bei Wenck zu erkennen.73

Bei Cusanus steht wie bei allen mittelalterlichen Philosophen die Frage nach Gott noch im Zentrum seiner Philosophie. Trotzdem kommen von Cusanus Impulse für die Methodologie der Naturwissenschaften. Der Gedanke einer funktionalen Unendlichkeit des Universums, in dem alles individuell und einmalig ist und in dem kein Ding dem anderen gleicht, hat zur Konsequenz, dass die Erde nicht im Mittelpunkt der Welt steht und das Universum gar keinen Mittelpunkt hat.74 Mit dieser Einsicht ist der Boden für die Reformen des Weltalls durch Kopernikus bereitet. Cusanus kann auch zu den Vordenkern des Humanismus gezählt werden. Cusanus bezeichnet den Menschen bereits als Mikrokosmos, der an der Spitze der Sinnenwelt und an die unterste Stufe der intelligiblen Welt gestellt ist.75 Der Mensch partizipiert sowohl an der Zeit durch die Sinne als auch an der Ewigkeit durch den menschlichen Geist. Man kann mit Heinzmann sagen:

„Der menschliche Geist ist das Bild des Urbildes aller Dinge. In der Rückwendung auf sich selbst hat er das Kriterium, wonach er alles beurteilt. Mens leitet der Cusaner von mensurare ab. Erkennen heißt Maß geben, „cognoscere enim mensurare est“, und so gesehen ist der Mensch, eben weil er Bild Gottes ist, das Maß aller Dinge.“76

Obwohl es Cusanus, wie bereits bemerkt, eher um die „Lehre von Gott“ geht, formuliert er doch das Thema der Renaissance bzw. der neuzeitlichen Philosophie. Man geht weg von Gott und bewegt sich hin zum Menschen oder zum Subjekt, wie vielfach später gesagt wird.

3.2 PICO DELLA MIRANDOLA

Die große Idee von Pico della Mirandola ist es, dass er das Griechentum und das Judentum in einem Christlich-Philosophischen Weltbild vereinen wollte. Für ihn ist die griechische Philosophie eine Einheit. Sein ganzes Leben arbeitete er an einem Werk mit dem Titel „De concordia Platonis et Aristotelis“. Dieses Werk blieb jedoch unvollendet. Seine bedeutendste Schrift ist „De dignitate hominis“ (Über die Würde des Menschen), in dem er seinen „Humanismus“ entwickelte.77 Im Zusammenhang mit Giordano Bruno und dem Thema scheint das Werk „De ente et uno“ das bedeutendste zu sein. Pico beruft sich auf zentrale Stellen aus dem „Sophistes“ und dem „Parmenides“ von Platon. Pico meint, diese Schriften können nicht in Richtung auf ein „nichtseiendes Eines“ ausgelegt werden. Er kritisiert dabei augenscheinlich die neuplatonische Perspektive seines Freundes Ficinio. Ficino interpretiert die zentralen Stellen des Parmenides mit der Existenz des „nichtseienden Einen“.78 Pico stellt durchaus richtig fest:

„Ich will zum Parmenides sofort feststellen, dass in dem gesamten Dialog weder irgendetwas strikt behauptet, noch – wenn überhaupt etwas behauptet wird – verbindliches zu finden ist, wonach wir Platon solch eine Lehre zuschreiben müssen. Es zählt gewiss nicht zu den dogmatischen Büchern, weil es im ganzen nichts als eine dialektische Übung ist.“79

Pico weist darauf hin, dass der Neuplatonismus (Plotin, Porphyrios) den „Parmenides“ viel zu strikt und dogmatisch auslegt, was korrekt ist, zumal Platon selbst zum Beispiel im „Timaios“ sagt, dass alles, was über das Sein gesagt wird, nur „wahrscheinlich“ sein (eikos lógos) kann, denn „wie zum Werden das Sein, so verhält sich zum Glauben die Wahrheit.“ 80

Pico macht außerdem noch eine wichtige Bemerkung in Bezug auf das Eine. Er unterstreicht nämlich die Verschiedenheit der Thesen, dass das Eine „über“ dem Seienden steht und der These, das Eine sei nicht Seiendes.81 Er macht jedoch beim Begriff des Seienden und des Einen einen kleinen Denkfehler. Er sagt:

„Diese Wort „seiend“, von dem strittig ist, ob es „eins“ gleich ist, lässt sich doppelt auffassen. Erstens, wenn wir „seiend“ sagen, verstehen wir alles, was außerhalb von nichts ist.“82

Pico entwickelt auf diese Aussage hin explizit die Konvertibilität von ens und unum und behauptet damit die grundlegende Übereinstimmung beim Gottesbegriff zwischen Aristoteles und Platon:

„Deshalb müssen sie die Platoniker bekennen, sofern sie dieselbe Sprachregel einhalten, dass Gott entweder nichts ist, was man sich scheut zu hören, oder seiend, wenn „seiend“ in diesem Sinne aufgefasst wird.“83 Pico hat vielleicht in Bezug auf Platon recht, denn dieser war nicht ein strikter Vertreter der negativen Theologie wie beispielsweise Plotin oder auch in diesem Beispiel Ficino. Plotin behauptet, das Eine (hen) sei mit Worten nicht auszudrücken. Es sei nicht etwas, aber es sei wiederum auch nicht nichts, sondern es komme ihm überhaupt kein Sein zu. Das Absolute ist somit unsagbar (arrheton).84 Für Pico wurde Platon von Ficino oder auch von Plotin nicht richtig interpretiert. Plotin behauptet jedoch die Übereinstimmung seiner Lehre mit jener von Platon, darum spricht die Forschung erst in der neueren Zeit von Neuplatonismus. De facto kann man die Konvertibilität des Einen mit dem Seienden vielleicht noch bei Platon nachweisen, wie es hier Pico versucht, aber Plotin trennt ganz scharf und bei ihm ergibt sich aus dem Unterschied zwischen dem Einen und dem Seienden kein Widerspruch im Sinne von Pico.85

Nun, was sagt Pico selbst über Gott? Pico kommt sehr nahe an das Eine (hen) bei Platon heran und es klingt neuplatonisch, wenn er sagt:

„... dass nämlich Gott weder Leben, noch Intellekt, noch das Erkennbare ist, sondern etwas Besseres und Hervorragenderes als all dies. Diese Namen besagen nämlich alle eine besondere Vollkommenheit, wie keine in Gott ist. Im Hinblick darauf verneinen Dionysius und schließlich die Platoniker in Gott Existenz von Leben, Intellekt, Weisheit und derartigem. Da aber Gott deren ganze Vollkommenheit, die in ihnen vielfach und geteilt ist, selbst in seiner einzigartigen Vollkommenheit, die seine Unendlichkeit ist, seine Göttlichkeit, die er selbst ist, in sich vereinigt und zusammenfasst, nicht etwa als eines aus vielen, sondern als das eine vor jenem vielen und als deren Prinzip und Ursache, daher geben doch einige, und vor allem die Peripatetiker, die soweit zulässig, die Pariser Theologen in fast allem nachahmen, zu, dass es dies alles in Gott gibt.“86

Es scheint ein Bemühen von Pico zu sein, die „theologia negativa“ umzusetzen, das heißt, Gott als transzendent über alle Dinge zu setzen und nichts Weltliches als Gott zu denken. Man kann die Wichtigkeit dieses Punktes an der Pseudo Dionysius-Rezeption in „Über das Seiende und das Eine“ ablesen.87 Die Einheit (Gott) bzw. die Unendlichkeit geht der Vielheit voraus. Sie ist deren Prinzip und Ursache. Der Gottesbegriff wird berechtigt mit dem Einen (hen) bei Plotin verglichen.88 Pico lehnt aber auf jeden Fall die These von Plotin ab, dass das Eine (hen) über aller Vielheit steht und somit nicht einmal Seiendes ist. Der erste „Sohn“ des Einen bei Plotin ist der Geist (nous) und dieser Geist ist nach Plotin bereits Vielheit und damit auch Seiendes. Diese Auffassung Plotins muss als Interpretation des „Parmenides“ von Platon gesehen werden. Der Geist (nous) wird in den Enneaden als Summe aller Ideen im platonischen Sinne interpretiert.89 Der Geistbegriff Plotins ist wesentlich weiter zu sehen als die Ideenlehre von Platon, aber hier herrscht eben keine Einigkeit in der Forschung. Pico versucht nun diese These der Platoniker (hier meint er wohl allen voran Plotin) zu widerlegen, nämlich, dass das Eine über dem Seienden oder der Vielheit, wie Plotin sagt, steht. Für Plotin ist bereits der „erste Sohn Gottes“, nämlich der Geist (nous) Vielheit und damit Seiendes. Dass Gott über der Vielheit steht, sagt auch Pico, er versteht aber unter Vielheit ausschließlich die Welt. Bezüglich dieses Widerspruches verweist Pico erstens auf Aristoteles, der im zehnten Buch der Metaphysik auf den Gegensatz dieser Behauptungen hinweist, und zweitens behauptet er, die Neuplatoniker hätten Platon einfach nicht verstanden. Platon würde sich mit dieser Behauptung selbst widersprechen und er weist im „Sophistes“ auf diesen Widerspruch hin.90

Was folgt aber bei Pico nach Gott? In dem Buch „Kommentar zu einem Lied der Liebe“ geht Pico sehr genau auf die Position der Neuplatoniker (insbesondere Plotin) ein. Das erste Geschöpf, das von dem Einen bei Plotin gezeugt wurde, ist der Geist, wie Pico richtig feststellt. Pico kritisiert die Lehre von Plotin im Hinblick auf die christliche Trinitätslehre:

„Dieses erste Geschöpf wird von Platon und ebenso von den alten Philosophen Hermes Trismegistos und Zoroaster einmal Sohn Gottes, ein andermal Weisheit, dann Geist und schließlich göttliche Vernunft genannt, was einige wiederum deuten als: das Wort. Und jeder sei eindringlich ermahnt, nicht zu denken, dass dieses dasjenige sei, welches von unseren Theologen Sohn Gottes genannt wird, da wir unter dem Sohn ein dem Vater selbiges und ihm in jeder Sache gleiches Wesen verstehen, das schließlich Schöpfer ist und kein Geschöpf. Dasjenige aber, welches die Platoniker Sohn Gottes nennen, muss man dem ersten und edelsten von Gott erschaffenen Engel gleichsetzen.“91

Damit scheint das Problem mit dem Einen (hen) und dem Seienden, das zuvor angesprochen wurde, gelöst zu sein. Pico trennt nicht hierarchisch zwischen Gott-Vater und Gott-Sohn, was bei Plotin so ganz sicher falsch ist. Bei Platon scheint es einen eindeutigen Unterschied zwischen dem Einen (hen) und den Ideen zu geben. Bei Platon steht das Eine über allen Dingen und nur Gott kann alle Dinge erkennen.92

Am besten hat wohl Thumfart die Position Picos in Bezug auf seinen Gottesbegriff zusammengefasst:

„Die Generalabsicht Picos in De ente et uno (im folgenden De ente genannt) lässt sich folgendermaßen charakterisieren: Das von einigen Neuplatonikern hypostasierte Eine (to hen) soll mit dem Geist/Sein (nous) identifiziert werden, ohne jedoch die „Valenz“ des Einen zu verdrängen. In dieser Identifikation kann und muss dann einerseits dem Einen, verstanden als Gott, das Denken zugesprochen werden, während genuin neuplatonisch dem Einen die Reflexion im Sinne des Nous abgesprochen wurde. Zum anderen wird dieses göttliche Denken für uns unerreichbar, wie das Eine für den neuplatonischen Geist. Diese Konstruktion ermöglicht es Pico die Aristotelische Fassung Gottes als „Denken des Denkens“ zu harmonisieren mit den Plotonici.“93

Thomfart widmet Bruno in seiner Untersuchung schließlich auch noch ein eigenes Kapitel und er versucht die Parallelen zwischen Bruno und Pico in Bezug auf den Materiebegriff zu zeigen. Er hält schließlich fest, dass Pico in der Entschlüsselung des Bruno´schen Denkens wichtig und zentral werden könnte.94 Genau dieser These soll in Folge nachgegangen werden.

Der „Heptaplus“ enthält einen allegorischen Kommentar zum biblischen Schöpfungsbericht. Pico unterscheidet dort zwischen drei Welten. Es gibt erstens die geistige Welt, die aus Gott und den Engeln besteht. Zweitens existiert die sogenannte Himmelswelt (die zehn Himmelsphären) und es gibt drittens die sublunare oder elementare Welt, die der sichtbaren Welt entspricht.95 Pico verwirft aber den Begriff der Weltseele nicht.

„Denn weil die Weltseele ewig ist und da sie nicht ohne Körper sein kann, wie jene meinen, ist es ferner nötig, dass dieser Weltenkörper von Ewigkeit her war, und ebenso die Himmelsbewegung, da die Seele, den Platonikern gemäß, nicht sein kann, ohne zu bewegen.“96

An dieser Stelle widerspricht Pico der christlichen Schöpfungslehre und er interpretiert Platons „Timaios“ offenbar nicht im Sinne einer Schöpfung durch den Demiurgen bzw. er sieht diese Stelle offensichtlich als Bild, denn andere Stellen (zum Beispiel zur Weltseele) legen nahe, dass es bei Platon keine Schöpfung der Welt gibt. Im folgenden Zitat wird klargestellt, was die hierarchische Ordnung „nach Gott“ betrifft:

„Daher kommt es, dass es nach Gott nichts gibt, was wir nicht so begreifen, dass es von einem anderen abhängt: ein Endliches ist ein teilhaftiges Seiendes.“97

Alle Dinge haben damit Gott bzw. das Seiende in sich oder sie hängen von ihm ab. Darum sagt auch Pico nach dem Propheten Asaph: „Ihr seid alle Götter und Söhne des Höchsten“. 98 Das Endliche hat das Unvollkommene ebenfalls in sich. Doch Ziel des Menschen bzw. von allem Endlichen ist die Rückkehr zu Gott. In diesem Sinne denkt Pico ganz neuplatonisch. Speziell der Mensch hat die Fähigkeit sich zu Gott zu wandeln bzw. eins mit Gott zu werden. Dies geschieht durch Läuterung, Erleuchtung und schließlich kommt man nach Dionysius zur Vollkommenheit. Pico zitiert Dionysius:

„Respondebit utique Dionysio interprete: purgari illos, tum illuminari, postremo perfici“ 99

Der Mensch kann mit Gott eins werden. Am Beginn der Schrift „Oratio“ findet man bei Pico folgende Aussage aus der hermetischen Schrift „Asclepius“: „Ein großes Wunder ist der Mensch“. Pico möchte in dieser Schrift nicht nur den Vorrang des Menschen gegenüber anderen Lebewesen (Tiere) betonen, sondern auch die Sonderstellung des Menschen im Vergleich zu den Engeln und himmlischen Geistern. Der Mensch ist von Gott erschaffen worden, damit durch ihn die Gesetzmäßigkeit der Schöpfung erkannt, ihre Schönheit geliebt und ihre Größe bewundert werden kann. Der Mensch ist im Unterschied zu anderen Wesen (Engel) nicht auf einen bestimmten Bereich eingegrenzt. Er ist ein Werk von unbestimmter Gestalt (indiscretae opus imaginis). In der Unbestimmtheit, Ortlosigkeit, Schöpferkraft und vor allem in der Freiheit besteht das Wunderbare am Menschen. Der Mensch kann nur als vollkommen freies Geschöpf Abbild Gottes sein. Er ist damit der Repräsentant des freien Schöpfers in der Schöpfung.100

Der Humanismus von Pico stellt in gewissem Sinne natürlich eine Separierung vom Christentum dar. Denn die starke Betonung der Würde des Menschen ist nicht in dieser Form im Christentum zu finden. Pico setzt sich damit eindeutig vom Mittelalter ab, wo der Mensch noch auf das überirdische Himmelsreich hingearbeitet hat. Weltflucht und Hoffnung auf Vergebung waren zentrale Motive. Die Gnadenlehre erwähnt Pico nur ganz selten. Für ihn hat der Mensch alles in sich, um „eins“ mit Gott zu werden. Pico übernimmt einiges von den mittelalterlichen Neuplatonikern, denn er erwähnt ständig Dionysius Areopagita und Augustinus. Er geht in manchen Punkten (z.B.: Humanismus, Ablehnung der Schöpfungslehre) eindeutig über die Position dieser Denker hinaus. Bei Nikolaus von Kues sind diese Punkte, die Pico verändert, bereits angedeutet. Nikolaus von Kues wird daher oft als der Denker „an der Schwelle zur Neuzeit“ betrachtet. Pico läutet gemeinsam mit Ficino eine neue Strömung im Neuplatonismus ein. Diese neue Strömung könnte man als humanistischen oder auch als neuzeitlichen Neuplatonismus bezeichnen.101

Starke Einflüsse kommen aus dem Christentum und dem Neuplatonismus. Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss, den die Hermetik auf Pico della Mirandola ausübt. Picos Leitsatz ist, dass sowohl die griechische Philosophie von Platon und Aristoteles, die jüdisch-christliche Überlieferung der Bibel und ihre theologische Auslegung bei Thomas von Aquin, wie auch die esoterischen Traditionen der Kabbala, des Hermetismus oder der arabischen Philosophie stimmten.102 Unter seinen 900 Thesen, die Pico vor vielen europäischen Gelehrten diskutieren wollte, hat er zehn aufgenommen, die sich auf Hermes Trismegistos beziehen:

„1. Wo immer Leben ist, ist eine Seele, überall wo eine Seele ist, ist Geist. 2. Alles was bewegt wird ist körperlich, alles was bewegt, ist unkörperlich. 3. Die Seele ist im Körper, der Geist ist in der Seele, im Geist ist das Wort, außerdem auch ihrer aller Vater, Gott. 4. Gott umgibt alles und durchdringt alles, der Geist umgibt die Seele, die Seele umgibt die Luft, die Luft umgibt die Materie. 5. Nichts in der Welt ist ohne Leben. 6. Im Weltall gibt es nichts, was Tod und Verderb erleiden könnte. Schlussfolgerung: Überall ist Leben, überall ist Vorsehung, überall ist Unsterblichkeit. 7. Aus sechs Arten kündigt Gott dem Menschen die Zukunft: durch Träume, Missgeburten, Vögel, Eingeweide, den Geist und die Sibylle. 8. Wahr ist, was nicht verworren, nicht begrenzt, nicht gefärbt, nicht geformt, nicht durchgescheuert, sondern nackt, durchsichtig, aus sich selbst zu verstehen, unveränderlich gut und völlig unkörperlich. 9. In jedem Menschen sind zehn, welche strafen: Unwissenheit, Traurigkeit, Wankelmut, Begehrlichkeit, Ungerechtigkeit, Ausschweifung, Neid, Arglist, Zorn, Bosheit. 10. Ein tiefsinniger Betrachter wird sehen, dass die zehn Bestrafer, über die die vorangehende These gemäß Hermes gesprochen hat, der schlechten Ordnung der zehn in der Kabbala und ihrer Vorsteher entsprechen, über die ich in den Thesen zur Kabbala, nichts gesagt habe, weil es geheim ist.“103

Speziell die ersten sechs Punkte stehen gewiss in Übereinstimmung mit dem Neuplatonismus von Plotin. Den dritten Punkt gibt Giordano Bruno in seiner Schrift „Die heroischen Leidenschaften“ fast wörtwörtlich wieder. Die Thesen beziehen sich weitgehend auf die Übersetzung des „Corpus Hermeticum“ durch Ficino. Ficino wird vom Oberhaupt der Medici ausersehen, die Schriften Platons aus dem Griechischen ins Lateinische zu übersetzen. Um 1460 sendet ein Agent Cosimos ein Manuskript nach Florenz, das die Schriften des Corpus Hermeticum enthält. Ficino sollte noch, während er dabei war Platon zu übersetzen, die Schrift des Hermes Trismegistos vom Griechischen ins Lateinische übertragen. Ficino übersetzt noch 1463 die Schrift von Trismegistos und mit dieser Schrift beginnt die Renaissance des Hermetismus, welche die frühneuzeitliche Geistesgeschichte bis ins 17. Jahrhundert entscheidend mitgestaltet.104

Im vorhergehenden Zitat von Pico kommt auch die Kabbala zur Sprache. Neben dem Neuplatonismus, der Hermetik und dem Christentum integriert Pico auch die jüdische Kabbala noch in sein System. Yates meint, dass Pico zu der „Magia naturalis“ von Ficino noch die „Cabalist magic“ hinzufügt:

„But Pico is chiefly important in the history of Renaissance magic because he added to the natural magic another kind of magic, which was to be used with the magia naturalis as complementary to it. This other kind of magic which Pico added to the equipment of the Renaissance Magus was practical Cabala, or Cabalist magic. This was a spiritual magic, not spiritual in the sense of using only the natural spiritus mundi like natural magic, but in the sense that it attempted to tap the higher spiritual powers, beyond the natural powers of the cosmos. Practical Cabala invokes angels, archangels, the ten sephiroth which are names or powers of God, God himself, by means some of which are similar to other magical procedures but more particularly through the power of the sacred Hebrew language.”105

Yates sieht den Zusammenhang zwischen Hermetik und Kabbala und betont, dass sowohl die Hermetik als auch die Kabbala, „mysteries of the Word or the Logos“ seien.106 Die Übereinstimmung zwischen Hermetik und Kabbala sei laut Yates aber als erstes von Pico postuliert worden:

„The marrying together of Hermetism and Cabalism, of which Pico was the instigator and founder, was to have momentous results, and the subsequent Hermetic-Cabalist tradition, ultimately stemming from him, was of most far-reaching importance.“107

Schließlich soll hier noch kurz eine persönliche Auffassung Brunos zu Pico della Mirandola wiedergegeben werden. Yates meint, dass „he (Bruno) knew the works of Pico della Mirandola, no doubts“. Bruno behauptet allerdings von sich, dass er „Picus Mirandulanus and all the philosophy of the Jesuits“ ablehnte.108 Es soll gezeigt werden, dass es zumindest in wichtigen Bereichen eine (unterbewusste) Übereinstimmung zwischen Bruno und Pico gibt.

3.3 CORNELIUS AGRIPPA VON NETTESHEIM

In seinem Hauptwerk "De occulta Philosophia" vertritt Agrippa von Nettesheim einen Neuplatonismus. Die Auffassung zu der er in diesem Werk kommt, hat zumindest bis zur Verfassung der "Declamatio" ("Die Eitelkeit und Unsicherheit der Wissenschaft und die Verteidigungsschrift") Gültigkeit. Ausschließlich dieses Werk ist von Interesse für die Fragestellung dieser Arbeit. Seine Lehre von Gott ist zum Teil noch christlich, aber man kann sich die Frage stellen, ob er nicht beispielsweise die Trinität nur deswegen vertreten hat, weil er dadurch dem Häresieverdacht entgehen konnte. In der "Occulta Philosophia" ist einerseits von Vater, Sohn und Heiliger Geist die Rede, auf der anderen Seite ist der Gottesbegriff aber auch platonisch oder vielmehr neuplatonisch im antiken (heidnischen) Sinne zu verstehen. Denn Agrippa spricht von einem Gott, in dem alle Dinge als Ideen vorhanden sind. Der Unterschied zwischen der christlichen Trinitätslehre und der Lehre von Plotin ist, dass Plotin die göttlichen Hypostasen (das Eine, den Geist und die Urseele) hierarchisch betrachtet. Ganz oben in der Hierarchie steht das Eine (Gott), aus dem alles andere hervorgeht und in das alles wieder zurückkehrt. Das Eine ist Einheit, während der Geist oder die Urseele bereits "Zweiheiten" sind.109 Die Lehre der "Dreieinigkeit" geht von einem "dreieinigen" Gott aus, der nicht mehr hierarchisch zu denken ist, wie im Neuplatonismus von Plotin. Außerdem wird Gott von den Griechen (Platon, Plotin, Proklos, Porphyrius etc.) nicht als "Subjekt" gesehen. Agrippa versucht diese unterschiedlichen Ansätze zu synthetisieren, wenn er meint:

„Es gibt Theologen, welche die drei geistigen Kräfte des Menschen, Gedächtnis, Verstand und Willen, als das Bild der göttlichen Dreieinigkeit bezeichnen; sodann gibt es andere, welche noch weiter gehen und nicht bloß in jene drei Kräfte, welche sie die ersten Akte nennen, sondern auch in die sekundären Akte dieses Bild setzen, so dass, wie das Gedächtnis den Vater, der Verstand den Sohn und der Wille den heiligen Geist repräsentiert, auch das von unserem Verstande ausgegangene Wort, die von dem Willen ausströmende Liebe und das auf ein bestimmtes Objekt gerichtete Denken denselben Sohn, Geist und Vater bedeuten. Die kabbalistischen Theologen lehren, dass überdies die einzelnen Glieder unseres Körpers etwas in Gott repräsentieren, dessen Bild sie an sich tragen, sowie dass wir auch in unseren Leidenschaften Gott repräsentieren, aber nur einer gewissen Analogie nach.“110

In diesem Zitat sind sehr viele unterschiedliche Dinge synthetisiert. Dass die Seele die Dreieinigkeit in sich hat und damit ein Abbild des dreieinigen Gottes ist, entnimmt Agrippa aus „De trinitate“ von Augustinus. Die drei Entsprechungen zur göttlichen Trinität sind memoria, intellectus und voluntas. Diese christliche Seelenlehre wird mit der jüdischen Kabbala verbunden, die lehrt, dass der Körper der Spiegel der Seele und die Seele der Spiegel Gottes ist. Agrippa spricht von Entsprechungen, die der Körper mit Gott hat. Der Mensch ist getreu der neuplatonischen Weltanschauung Abbild Gottes und stellt einen Mikrokosmos dar. Gott hat laut Agrippa zwei Ebenbilder von sich erschaffen, nämlich die Welt und den Menschen. Die Welt ist Bild Gottes und der Mensch ist als Mikrokosmos Bild der Welt oder auch die „kleine Welt“. Der Unterschied ist, dass die Welt ein vernünftiges, unendliches und unsterbliches Geschöpf ist, während der Mensch zwar auch vernünftig aber dafür sterblich ist. Agrippa macht aber gleich auch klar, dass es ein Sterben, im Sinne einer Auflösung der Seele nicht gebe. Nach dem Tod „trennt“ sich die Seele vom Leib. Gott hat auch nach der christlichen Schöpfungslehre die Welt und den Menschen geschaffen und zwar durch eine „Creatio ex nihilio“. In diesem Punkt unterscheidet sich Agrippa von Platon, weil Gott die Welt nicht aus einer vorhandenen Materie, sondern eben aus dem Nichts erschaffen hat. Gott hat aber, da er die höchste Güte ist, die Welt nach dem Vorbilde der ewigen Ideen Gottes geschaffen. Gott hat sozusagen aus dem Nichts erschaffen, was er von der Ewigkeit her in der Idee hatte.111 Dass die Leidenschaften Gott repräsentieren, auch wenn nur in einer „gewissen Analogie“, klingt nicht mehr nach dem Mittelalter. Der Unterschied ist hier, dass das Göttliche im Menschen viel stärker gesucht und betont wird als noch im Mittelalter. Gleichzeitig wird aber die mittelalterliche (neuplatonische) Gotteslehre nicht verworfen. Man kann Glieder und Organe des menschlichen Körpers jeweils bestimmten Gestirnen zuordnen, wie z.B. die Milz dem Saturn oder das rechte Ohr dem Jupiter. Agrippa lehnt sich sehr eng an die Lehre des Averroes.112

Was Agrippa noch vom mittelalterlichen (Augustinus, Eriugena etc.) Neuplatonismus unterscheidet, ist der Gedanke, dass der Kosmos von den Kräften des Archetypus durchströmt wird. In gewisser Weise ist damit Gott auch "in der Welt". Dieser Archetpyus oder auch die „quinta essentia“ wie Agrippa sagt, ist nichts anderes als die platonische Weltseele.113 Die Welt als ganzes kann als "Inkarnation Gottes" betrachtet werden. Andere christliche Neuplatoniker sprechen vom Abbild Gottes. Insofern ist der Unterschied zum Christentum immer nur sehr gering und daher konnte Agrippa möglicherweise der Inquisition entkommen. Agrippa vertritt auch einen "Panpsychismus" und das unterscheidet in sowohl von Plotin als auch von christlichen Neuplatonikern des Mittelalters. Im Kapitel 56 der "Occulta Philosophia" heißt es:

"... denn da der Weltkörper ein ganzer Körper ist, dessen Teile die Körper aller Lebewesen sind, und da, je vollkommener und edler der Weltkörper als der Körper der einzelnen Wesen ist, wäre es absurd anzunehmen, dass, wenn jedes unvollkommene Körperchen und Weltteilchen ... Leben besitzt und eine Seele hat, die ganze Welt als vollkommenster und edelster Körper weder lebe, noch eine Seele habe." 114

Hier wird implizit auf die Weltseele hingewiesen. Gleichzeitig wirst beim Zitat klar deutlich, dass alle Dinge eine Seele haben (auch die Materie). Jene "Aufwertung" der Materie wird bei Giordano Bruno noch viel stärker betont, sodass dieser wie bereits erwähnt, oft auch als Pantheist bezeichnet wird. Der Panpsychismus aber ist ein typisches Kennzeichen des Neuplatonismus der Renaissance.

Agrippa erwähnt in seinem Hauptwerk immer wieder Hermes Trismegistus. Die Lehre des Trismegistus lässt sich aus seiner Sicht mit dem Christentum vereinbaren Er bezieht sich dabei interessanterweise auch auf die göttliche Dreieinigkeit.115 Auch der Humanismus darf in dem Werk nicht fehlen. Agrippa wertet den Menschen im folgenden Zitat stark auf, wenn er sagt:

„Je mehr aber einer (ein Mensch) sich selbst kennenlernt, eine um so größere Anziehungskraft erlangt er und wirkt um so Größeres und Wunderbareres; ja er erreicht endlich eine solche Vollkommenheit, dass er ein Sohn Gottes, Gott ähnlich und mit ihm vereinigt wird, was weder den Engeln, noch der Welt, noch irgendeiner Kreatur außer allein dem Menschen gegeben ist, nämlich ein Sohn Gottes und mit Gott vereinigt werden zu können.“116

Die Aufwertung des Menschen erreicht Agrippa wieder mit der konsequenten Umsetzung des neuplatonischen Seelenbegriffes. Die Seele als Abbild Gottes ist vollkommen und wenn der Mensch in sich (in der Seele) Gott sucht, kommt er zur Vollkommenheit. Der Mensch „vereinigt“ sich mit Gott. Der Humanismus ergibt sich also aus der konsequenten Umlegung des Seelenbegriffes auf den Menschen. Prägendes Merkmal des humanistischen Neuplatonismus bzw. des Humanismus allgemein ist das Bewusstsein einer neuen Epoche anzugehören, und das Bedürfnis sich von der Vergangenheit der vorhergehenden Jahrhunderte abzugrenzen. Diese Vergangenheit wird von den Humanisten als Mittelalter definiert und strikt abgelehnt. Logik und Metaphysik werden generell in den Hintergrund gedrängt und die Ethik bzw. der Mensch nimmt nun eine dominierende Rolle in der Wissenschaft ein. Bei den hier genannten Neuplatonikern tritt die Metaphysik ebenfalls etwas in den Hintergrund, die Metaphysik bleibt aber (wie gezeigt wurde) der Rahmen für die Betrachtungen über den Menschen.

Der Mensch kann in der Welt Gott finden, weil die Welt das „ewige Abbild Gottes“ ist und das ist doch etwas Neues im Vergleiche zum Mittelalter. Die Welt als Makrokosmos wird spürbar aufgewertet.117

In Summe kann man sagen, Agrippa von Nettesheim intendiert in seinem Hauptwerk „De occulta philosophia“ eine Synthese aus Christentum, Neuplatonismus, Hermetik, Kabbala und letztlich auch Humanismus. Agrippa denkt kosmologisch, was der Gedanke des beseelten Kosmos belegt.

3.4 THOEOPHRASTUS PARACELSUS

Ein weiterer Denker, der in der Tradition von Nikolaus von Kues, Ficino, Pico della Mirandola und Agrippa von Nettesheim steht, ist Theophrastus Paracelsus. Auch bei ihm kommt es zu einer, für die Renaissancephilosophie typischen Synthetisierung zwischen mehreren philosophischen Richtungen. Paracelsus bleibt dem Christentum weitgehend treu. In seinem Werk „De secretis creationis“ bekennt er sich an mehreren Stellen zur heiligen Dreifaltigkeit.118 Paracelsus geht aber in der Trinitätslehre eigene Wege. Im „Liber de sancta trinitate (Buch über die heilige Dreifaltigkeit) formuliert er eine Lehre, mit der er die Gottesmutter Maria in das personale Gefüge der göttlichen Trinität einzubringen versucht, und zwar ordnet er die Mutter Maria der Person Gottvaters in einer Art mann-weiblicher Aufspaltung zu.119 Gott hat selbstverständlich auch keinen Beginn und er wird auch niemals „enden“ und Gott hat auch bereits „bevor“ er alle Dinge geschaffen hat, gewusst, wie viel Engel, wie viel Menschen sein sollten. Gott hat alle Dinge „ewig gewusst“ und in seiner Gottheit gesehen. 120 Dieser Gottesbegriff entspricht durchaus dem „Nous“ bei Plotin. Gott ist ähnlich wie bei anderen christlichen Neuplatonikern „in den Dingen“. Auch Paracelsus vertritt einen Panentheismus wie die folgende Stelle zeigt:

„Gott ist die Sexta Essentia, denn in dem ersten Wort, das Gott sprach, darin schuf er das Licht des Lebens, nämlich da er sprach: es werde Licht. Das selbe, das da Licht ward, ist das Licht des Lebens, das alle Dinge enthält, denn in welchem Dinge das Licht des Lebens innen ist, das vergeht und wird zu nicht; und darum ist das Licht des Lebens in allen Dingen, die Gott, der Allmächtige, geschaffen und gemacht hat, - und so bald eine substantia zergeht und zunicht wird, so geht das selbe Leben wiederum zu dem Leben des Lichts, das es zuvor ausgeteilt hat durch Mittel der Verwirklichung und Vereinigung der drei Elemente, welchen dreien das vierte Element, das Feuer, verborgen ist, in welchem Feuer das Licht des Lebens ist, welches Leben das Wesen und die Weisheit aller geschaffenen Dinge im Himmel und der Erden ist, denn ohne das Wesen kann nichts sein. Darum: durch das Wesen des Ewigen Wesens ist alles Ding im Wesen.“121 Aus Gott ist nicht nur die Welt geworden, sondern „zuerst“ ist die erste Materie entstanden in der ein „verborgenes Feuer“ enthalten ist:

„Nun hat Gott, der Allmächtige, alle Dinge geschaffen und gegeben, und Gott ist ein verborgenes Feuer, darum hat er auch in der ersten Materie ein verborgenes Feuer geschaffen. Und Gorr, der Herr, schuf die Engel von den geistlichen Elementen des Feuers der ersten Materie.“122

Die Engel und die menschliche Seele werden von den geistlichen Elementen des Feuers der ersten Materie geschaffen. Da alle Dinge aus Gott entstanden sind (auch die erste Materie), kann man nicht zwingend von Dualismus sprechen, sondern besser von „Prinzipienmonismus“. Der Seelenbegriff von Paracelsus ähnelt jenem seiner Vorgänger (Ficino und Pico della Mirandola). Der Mensch ist ein Bildnis Gottes, sein Erbe und sein Stellvertreter auf Erden. Zu diesem religiösen Gedanken übernimmt Paracelsus den hermetischen Ansatz der „Florenzer Schule“. Mit dem christlichen Neuplatonismus wird die Mikrokosmos/Makrokosmos-Lehre zu einem Grundbestandteil des Denkens von Paracelsus und diese wiederum bildet die Basis für seine medizinischen Anschauungen. Yates nennt auch die Alchemie und die Kabbala, wobei diese Lehren von der Konzeption des Logos (=Wort oder Sohn Gottes) abhängen:

„The researches of W. Pagel have shown that the prime matter of Paracelsus, the basis of his alchemical thought, is related to the conception of the Logos, or the Word, as found in the Corpus Hermeticum, and also to Cabalistic interpretations of the Word. The new Paracelsan alchemy thus derived its stimulus from the Renaissance Hermetic-Cabalistic tradition. It can be said with certainty that Paracelsus was much influenced by Ficino and the Ficinian magic, his De vita longa having been inspired by the De vita coelitus comparanda. In his use of magic in medicine he was following in the steps of Ficino, the doctor. The label “Hermetic-Cabalist” is thus a possible indication of the trend of Paracelsus` work, though he twists and alters the tradition in strange and original ways. He is the Magus as doctor, operating not only on his patients` bodies but on their imaginations, through the imaginative power on which he laid great stress, and this is recognisably a legacy from the Ficinian magic.”123

Die Mikrokosmos/Makrokosmos-Lehre ist implizit in der hermetisch-kabbalistischen Tradition enthalten. Der erste, der laut Yates diese Mikrokosmos/Makrokosmos-Lehre aus der hermetisch-kabbalistischen Tradition heraus entwickelt, war Francesco Giorgio in seinem Werk „De harmonia mundi“ (1525).124

Eine Lehre, die sich aus der Mikrokosmos/Makrokosmos-Lehre ableitet, ist die Astrologie. Paracelsus anerkennt die Astrologie und ihre Bedeutung für den Menschen. Die Sterne spiegeln das wider, was auch im Menschen ist und was den Menschen bewegt. Die Astrologie ist allerdings keine einfache Sache:

„Wer nun solches Laufen des Gestirns sowohl als das Durcheinanderlaufen der Menschen kennt, der darf sich der Astrologie wohl rühmen. Aber es gehört noch mehr dazu, er muß auch wissen, was ein jedes Gestirn bei seinem Laufe für ein Vorhaben habe. Wie wenn einer einen Boten aussendet und der Bote verspricht ihm, das Betreffende auszuführen. Jetzt weiß derselbe, was der Bote tun will. Oder wie man wohl weiß, was ein Handwerksmann an bestimmtem Tag tun will. So soll auch der Astrologe wissen, was ein jeder Stern sich für eine Arbeit vornimmt, damit er der Stern Vorhaben ebenso gut kenne, wie das der Menschen.“125

Gleichzeitig weist Paracelsus aber auch auf die Grenzen der Astrologie als „Wahrsagekunst“ hin, denn der Mensch kann die Absichten des höchsten Bewegers (Gott) nicht erkennen. Gott lenkt durch seinen Willen den Makrokosmos und damit gleichzeitig auch den Mikrokosmos und der Astrologe kann teilweise die Absichten des höchsten Bewegers verstehen:

„So ist die Astrologie ein Glied der Astronomie, doch mit dem Vorbehalt, dass die Kunst durch die Hand des höchsten Lenkers gehindert, gefördert oder verändert werden kann. Wer aber die natürlichen Eigenschaften des Gestirns kennt und versteht, außerhalb der Hand des höchsten Lenkers, der ist ein Astrologe und versteht die Astrologie, deren sich jeder Naturforscher bedienen kann und soll.“126

Paracelsus erkennt somit die Astrologie als Wissenschaft an, er weist aber auf die Grenzen der Erkenntnis hin, die man mithilfe der Astrologie erlangen kann. Er nimmt damit einen ähnlichen Standpunkt in Bezug auf die Astrologie ein wie Pico della Mirandola. Hier ist prinzipiell wichtig, dass sich Paracelsus, in der Tradition des Neuplatonismus und des Hermetismus, auf die Mikrokosmos/Makrokosmos-Lehre bezieht, wenn er die Astrologie in seinem Weltbild theoretisch begründet. In der Alchemie und in der Medizin geht er den gleichen Weg. Die theoretische Begründung bezieht sich immer auf die Mikrokosmos/Makrokosmos-Lehre, die vermutlich ihren Ursprung bei Hermes Trismegistos hat. „Wie oben, so unten“ heißt es im Kybalion, einer Schrift die Hermes Trismegistos zugeschrieben wird.

Eine weitere Parallele zwischen Paracelsus und Bruno ist der Glaube, dass nur die Ägypter die wahre Religion besessen hätten:

„...Die magia der Perser und die Theologie der Ägypter wurden gleicherweise vor Zeiten sämtlich in ihren Schulen gelehrt. Und obwohl in Arabia, Africa und Graecia viel Schulen, auch viel hochgelehrte Leut wie Albumazar, Abenzagel, Geber, Rhasis und Avicenna bei den Arabern, Machaon, Podalirius, Pythagoras, Anaxagoras, Democritus, Plato, Aristoteles und Rodianus bei den Griechen gewesen sind, so sind sie doch unter sich selbst ungleicher Meinung gewesen und haben mit der rechten wahren Philosophie und Weisheit der Ägypter nit überein gestimmt, aus oberzählten Ursachen. Daher hat auch Pythagoras nit gestatten wollen, dass er ein sophus genannt würde, alldieweil ihm das priesterliche Heiltum der Weisheit der Ägypter nit vollkommen bekannt, noch er in diesen Dingen recht unterrichtet war.“127

Der Weiseste unter den Ägyptern war Hermes Trismegistus:

„Dieser Ursach halben ist Hermes recht und wohl trismegistus, der allergrößte, -mächtigste und –weiseste genannt worden, alldieweil er ein König, Priester, Prophet, weiser und kluger Herr in allen natürlichen Sachen gewesen ist, - wie nach ihm auch Zoroaster.“128

Yates betont nochmals, dass Bruno der Meinung gewesen sei, dass die ägyptische Religion die „einzig wahre Religion“sei:

„Giordano Bruno was to take the bolder course of maintaining that the magical Egyptian religion of the world was not only the most ancient but also the only true religion, which both Judaism and Christianity had obscured and corrupted.“

Paracelsus sieht wohl eine grundlegende Übereinstimmung zwischen der ägyptischen und der christlichen Religion

4 DIE METAPHYSIK BEI GIORDANO BRUNO

In diesem Kapitel werden die wichtigsten Schriften von Bruno auf den Gottesbegriff hin überprüft. Die Reihenfolge der Werke deckt sich mit der Chronologie der Herausgabe dieser. Am Beginn steht das Hauptwerk „Über die Ursache, das Prinzip und das Eine“. Zuvor veröffentlicht Bruno bereits andere Schriften, die den Gottesbegriff nicht so systematisch im Auge haben. Die systematische Betrachtung der einzelnen Werke in Bezug auf den Gottesbegriff ist deshalb von Bedeutung, weil auch Thesen formuliert worden sind, dass eine Wandlung hin zum Pantheismus stattfindet.129

4.1 DIE METAPHYSIK IN „ÜBER DIE URSACHE, DAS PRINZIP UND DAS EINE“ (1584)

Von den meisten Interpreten, die bei Brunos Metaphysik von einem Pantheismus ausgehen, wird die Schrift „Über die Ursache, das Prinzip und das Eine“ als wichtigste Quelle für diese These herangezogen. Hirschberger bezieht sich auf den fünften Dialog dieses Buches, wo er deutlich erkennen will, dass für Bruno Gott und die Welt identisch sind. Das unendliche Universum ist bereits das Letztwirkliche und somit Gott. 130 Wenn man dieser These von Hirschberger auf den Grund geht, so kommt man jedoch eindeutig zur Auffassung, dass Gott bei Bruno „über den Dingen“ und somit „über dem unendlichen Universum“ steht.

Das Buch teilt sich in fünf Dialoge, ab dem zweiten sind vier Personen in das Gespräch verwickelt. Den ersten Dialog verwendet Bruno zur Verteidigung seiner eben erst erschienenen Schrift „Das Aschermittwochsmahl (1584)“. Im ersten Dialog nehmen Elitorpio, Filoteo und Armesio teil. Im zweiten Dialog wird dann nur mehr Filoteo wiederkehren, der sich dann Teofilo nennt und mit dessen Namen Gottesfreund sich Bruno selbst benennt.131 Die anderen Gesprächsteilnehmer sind ab dem zweiten Dialog der „kultivierte Freund“ von Teofilo Dicsono, der philosophisch ungeschulte, aber durchaus verständige Gervasio und der „gottverlassene Pedant“ Polihimnio.132

Bereits zu Beginn des zweiten Dialoges ist eine Schlüsselstelle in Bezug auf den Gottesbegriff zu finden. Teofilo behauptet, dass, alles, was nicht sich selbst erstes Prinzip und erste Ursache ist, ein Prinzip und eine Ursache habe.133 Was ist aber dieses erste Prinzip? Teofilo (durch ihn spricht Bruno) weist auf die Grenzen der Erkenntnisfähigkeit dieses ersten Prinzips hin:

„Weil wir, ausgehend von der Erkenntnis aller abhängigen Dinge, bestenfalls auf die Spur der Erkenntnis des ersten Prinzips und der ersten Ursache kommen können. Entspringt doch das All Seinem Willen und Seiner Güte, die das Prinzip Seiner Tätigkeit, Seiner alles umfassenden Schöpfung, bildet Die Erkenntnis des Universums bedeutet also nicht, etwas über das Wesen und die Substanz des ersten Prinzips zu wissen, sondern nur die Akzidentien der Akzidentien zu kennen.“134

Gleich danach spricht Bruno über Gott:

„Teofilo: Gewiß! Aber ich möchte nicht, dass Ihr mich so versteht, als gäbe es Akzidentien in Gott, oder als könne Er aufgrund Seiner Akzidentien erkannt werden.“135

Das erste Prinzip ist Gott und Gott ist transzendent. Man kann nur auf die Spur der Erkenntnis des ersten Prinzips kommen. Bruno meint es gäbe keine Akzidentien in Gott. Diese Begriffsbestimmung von Gott kommt dem Begriff des Einen (hen) von Plotin sehr nahe. Die strenge negative Theologie wie bei Plotin findet man bei Bruno nicht. Bruno spricht von „dem Willen und der Güte“ dieses ersten Prinzips und dies ist eher christlich aufzufassen. Denn mit Plotin kann man über das Eine schlechthin gar nichts sagen (strenge negative Theologie). Bruno kommt trotzdem der negativen Theologie sehr nahe, wenn er sagt:

„Teofilo: Da wird es sich empfehlen, über ein so erhabenes Thema sich des Redens lieber zu enthalten.

Dicsono: Ganz meiner Meinung. Denn für Moral und Theologie genügt es, nur so viel von dem ersten Prinzip zu wissen, wie uns die höheren Mächte durch den Mund ihrer Propheten offenbart haben. Außerdem lehrt nicht nur jedes Gesetz, und jede Theologie, sondern auch jede neuere Philosophie, dass es ein Zeichen ungläubigen und verwirrten Geistes ist, sich auf die Ergründung und Bestimmung von Dingen zu stürzen, welche die Grenzen unseres Verstandes übersteigen.“136

Die Erkenntnisgrenze Gottes wird eindeutig bestimmt. Bei Plotin geht es vielmehr um die Bestimmung und die Erkenntnis des Wesens von dem Einen (hen). Bei christlichen Neuplatonikern (z.B.: Augustinus, Nikolaus von Kues) steht die Erkenntnis und Bestimmung Gottes noch eher im Mittelpunkt. Für Plotin ist es möglich, mithilfe der mystischen Schau (thea) das Eine zu erkennen oder im Einen „aufzugehen“.137 Bruno begnügt sich bereits mit dem, was durch die Propheten verkündet wird und damit verschiebt sich der Fokus eindeutig weg von der Erkenntnis von Gott. Bruno verzichtet zur Gänze auf einen Gottesbeweis. Descartes und Spinoza kehren nach ihm wieder zur Tradition der Gottesbeweise zurück. Kaum einem Neuplatoniker geht es um den Beweis der Existenz Gottes. Denn Gott sei transzendent und daher nur durch „mystische Schau“ erkennbar, sagt Plotin. Der einzige christliche Neuplatoniker, der einen Gottesbeweis aufstellt, ist Augustinus. Die Existenz Gottes steht für Augustinus und die Kirchenväter zwar schon aufgrund der Offenbarung fest, er führt aber trotzdem einen eigenen Gottesbeweis durch und zwar den noologischen Gottesbeweis.138

Bruno geht im zweiten Dialog auf die ontologische Stufung im neuplatonischen Sinne ein. Ganz oben in der Hierarchie befindet sich Gott:

„Wir nennen Gott erstes Prinzip, insofern alle Dinge ihm nachgeordnet sind in einer bestimmten Reihenfolge des Früher oder Später gemäß der Natur, der Dauer oder der Würde. Wir bezeichnen Gott als erste Ursache, insofern alle Dinge von ihm unterschieden sind, wie die Wirkung von Bewirkenden und das Hervorgebrachte vom Hervorbringenden.“ 139

An einer anderen Stelle spricht Bruno von der Stufenleiter des Seins.140 Bruno erläutert den Unterschied zwischen Prinzip und Ursache. Gott ist erstes Prinzip und erste Ursache und ist eindeutig zu unterscheiden von Prinzipien und Ursachen in der Natur. Der Unterschied zwischen den Prinzipien und Ursachen in der Natur ist folgender:

„Teofilo: Wiewohl gelegentlich der eine Begriff statt des anderen gebraucht wird, ist dennoch – genau genommen – nicht jedes Ding, das Prinzip ist, auch Ursache: denn der Punkt ist das Prinzip der Linie, aber nicht ihre Ursache; der Augenblick ist das Prinzip der Tätigkeit, (jedoch nicht deren Ursache); der Zeitpunkt am Anfang der Bewegung ist das Prinzip der Bewegung, aber nicht ihre Ursache; die Voraussetzung sind das Prinzip der Beweisführung, aber nicht deren Ursache. Daher ist Prinzip gegenüber Ursache der allgemeinere Begriff.“141

Bei den Ursachen unterscheidet Bruno ganz nach Aristoteles zwischen der Stoffursache (causa materialis), der Formursache (causa formalis), der Wirkursache (causa efficiens) und der Zweckursache (causa finalis).142 Was die Wirkursache betrifft, so behauptet Bruno, dass die universale physische Wirkursache der universale Intellekt (intellectus universalis) sei, der als erstes und hauptsächliches Vermögen der Weltseele zugleich die universale Form des Weltalls bilde.143 Bruno unterscheidet, an diesen Stellen zwischen dem Begriff des intellectus universalis, dem Begriff der Weltseele, und jenem von Gott. Im vierten Dialog betont er den Unterschied zwischen der Weltseele und Gott noch einmal deutlich:

„Teofilo: ... Ihr könnt Euch von hier zwar nicht zum Begriff jenes höchsten und besten Prinzips erheben, das sich unserer Betrachtung entzieht, wohl aber zum Begriff der Weltseele, um zu erkennen, wie sie die Verwirklichung von allem, das Vermögen von allem und ganz in allem ist, so dass zuletzt – vorausgesetzt, es gebe unzählige Individuen – alles eines ist.“144

Die Erkenntnis des Menschen kann sich zur Weltseele aber nicht zu dem höchsten Prinzip (oder Gott) emporheben. Zur Erkenntnis der Weltseele kommt man nur mit Hilfe des „übernatürlichen Lichts“ und nicht mittels des natürlichen.145 Den intellectus universalis zählt Bruno zu den Ursachen. Prinzip ist der allgemeinere Begriff als Ursache und außerdem handelt es sich bereits um Prinzipien und Ursachen der Natur, die von Gott verschieden sind oder Gott nachgeordnet sind. Den Begriff der Weltseele entnimmt Bruno aus der platonisch bzw. neuplatonischen Tradition, und er bezieht sich auf den „Timaios“ von Platon, wo dieser Begriff definiert wird.

Die Welt oder das Universum ist Abbild Gottes und der Hierarchie nach sozusagen Gott, der Weltseele und dem universalen Intellekt (=universale Form des Weltalls) untergeordnet. Das heißt aber nicht, dass die Welt damit nicht vollkommen ist:

„Teofilo: Das seht Ihr richtig. Gehen wir nun aber mehr ins einzelne! Mir scheinen jene die göttliche Güte herabzusetzen wie auch die Würde dieses großen Organismus und Abbildes des ersten Prinzips, die weder einsehen, noch anerkennen wollen, dass die Welt mit all ihren Gliedern beseelt ist; als ob Gott sein Ebenbild beneiden würde; als ob der Baumeister seinem einzigartigen Werk nicht in Liebe zugetan wäre, von dem doch Platon sagt, dass ihm seine Schöpfung gerade deshalb wohlgefalle, weil er sich in ihr wiedererkenne. Und wahrlich, was könnte sich den Augen der Gottheit Schöneres darbieten als das Universum? Und da dieses aus seinen Teilen besteht: welchem von ihnen müsste man eher Göttlichkeit zuerkennen als dem Formprinzip?“146

Hier kann die eindeutige Unterscheidung zwischen Gott und Welt nochmals herausgelesen werden. Die Allbeseelung der Dinge (Panpsychismus) ist jedoch eine Neuheit. So optimistische Töne sind bei den Neuplatonikern im Mittelalter noch nicht erkennbar. Erst Nikolaus von Kues vollzieht hier eine eindeutige Wende, die schließlich von Ficino, Pico della Mirandola und von Agrippa von Nettesheim noch verfeinert wird. Doch so eindeutig wie hier ist der Panpsychismus zuvor noch nicht zu lesen. Damit wurde der Boden für allerlei Missverständnisse bereitet. Alle jene Interpreten, die von Pantheismus sprechen, haben diese Stellen anders interpretiert. Sie sehen Gott bereits vollständig in der Welt aufgehen. Das kann jedoch nicht als richtig bezeichnet werden, zumal hier von Abbild die Rede ist. Bruno kann sicherlich nicht ganz ohne Abstriche als Neuplatoniker bezeichnet werden, aber als Pantheist im Sinne der obigen Definition kann man ihn ganz sicher nicht bezeichnen.

An anderen Stellen dieses Werkes ist der Fokus von Bruno viel stärker auf die „Göttlichkeit der Materie“ gerichtet.

4.2 DIE METAPHYSIK IN „ÜBER DAS UNENDLICHE, DAS UNIVERSUM UND DIE WELTEN“ (1584)

Das Werk „Über das Unendliche, das Universum und die Welten“ zählt zu den bedeutendsten. Zurecht wird oft darauf verwiesen, dass dieses Werk die Naturphilosophie Brunos wiedergibt. Einige Bereiche der Sekundärliteratur sehen in diesem Werk die Wendung hin zum Pantheismus. Die folgenden zentralen Stellen aus dem Werk werden beweisen, dass man nicht von Pantheismus sprechen kann. Es wird sich zeigen, dass die Argumentationslinien in diesem Werk eine logische Fortführung der bereits in „Über die Ursache, das Prinzip und das Eine“ begründeten Einheitsmetaphysik darstellen.147 Gott ist als Einheit zu denken, die über allem steht. Der Fokus der Untersuchung richtet sich zweifelsohne auf das Universum bzw. auf die Natur. Dieses Werk hat wiederum fünf Dialoge (gleich wie in „Über die Ursache, das Prinzip und das Eine“). Bruno spricht in diesem Werk durch Philotheo.

Bereits im ersten Dialog macht Philotheo (Bruno) klar, dass die Welt oder das Universum das Abbild des ersten Prinzips (Gott) ist:

„Philotheo: ... Oder was steht dem entgegen, dass das Unendliche, das im schlechthin einfachen und unteilbaren ersten Prinzip eingefaltet ist, nicht vielmehr in diesem seinem unendlichen und unbegrenzten Abbild ausgefaltet werde, durchaus fähig der Aufnahme unzähliger Welten, als dass es in so engen Grenzen entfaltet wird, dass es schimpflich erscheint, nicht zu denken, dass dieser Körper, der uns so groß und weit erscheint, in Anbetracht der göttlichen Gegenwart nichts ist als ein Punkt – ja geradezu ein Nichts?“[148]

Die Welt als Abbild des ersten Prinzips (Gott) muss ebenso als unendlich gedacht werden, wie das erste Prinzip selbst. In diesem ersten Prinzip ist alles „eingefaltet“. Dieser Analogieschluss ist Bruno später zum Verhängnis geworden, denn in der damaligen Zeit ist man von der These des Kugeluniversums ausgegangen, wobei andere „theologische Verfehlungen“ noch viel schwerer wirkten, als die These der Unendlichkeit der Welt. Es handelt sich um einen revolutionären Gedanken, den Bruno ohne technische Hilfsmittel vollzieht. Der Gedanke der Unendlichkeit der Welt ist die Hauptkritik an der Aristotelischen Physik. Auf diesen Punkt wird jedoch noch näher eingegangen werden. An dieser Stelle ist zunächst wichtig, dass Bruno von einem ewigen Gott ausgeht und dass die Welt das „vollkommene Abbild“ dieses Gottes ist. Soweit ist weder Cusanus noch Ficino oder Pico della Mirandola gegangen. Sofern also das erste Prinzip unendliche Güte ist (wie Bruno in „Della causa“ sagt), muss die Selbstentfaltung desselben, notwendigerweise gut sein. Freiheit, Wille und Notwendigkeit dieses unwandelbaren ersten Prinzips (Gott) sind identisch, daher hat das göttliche Handeln nichts Zufälliges, es ist notwendigerweise gut. [149] An einer anderen Stelle im ersten Dialog macht Philotheo nochmals den Unterschied zwischen Gott und dem Universum klar:

„... Gott ist nämlich das gesamte Unendliche, in eingefalteter und allumfassender Weise [tutto l´infinito complicatamente e totalmente], das Universum hingegen ist alles in allem (wenn man überhaupt von Allumfassendheit sprechen kann, wo es weder Teil noch Ende gibt) in ausgefalteter und nicht in allumfassender Weise [explicatamente, e non totalmente]; ...“ 150 Es gibt noch andere Stell en in „Über das Unendliche, das Universum und die Welten“, die belegen, dass der Pantheismusverdacht gegen Bruno nicht berechtigt ist.151

[...]


1 Anne Eusterschulte, Giordano Bruno zur Einführung, Hamburg 1997, S. 12f

2 Hirschberger; Geschichte der Philosophie; Band I, Freiburg 1980, S. 309

3 J. Halfwassen, Plotin und der Neuplatonismus, München 2004, S. 120ff; Die Materie als das Böse (kakon) kann nicht moralisch verstanden werden, sondern muß metaphysisch gedeutet werden.

4 Mirko Sladek, Fragmente der hermetischen Philosophie in der Naturphilosophie der Neuzeit, Frankfurt am Main 1984, S. 96

5 Elisabeth von Samsonow, In: Sloterdijk, Giordano Bruno, Ausgewählte Schriften, München 1999, S. 38; Elisabeth von Samsonow erwähnt den Ausdruck “platonisierender Pantheist”. Laut dem Historischen Wörterbuch tauchte der Begriff Pantheismus aber erst im 18. Jahrhundert bei Toland auf. (J. Ritter/K. Gründer; Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 7, Basel 1989, S. 59

6 ebenda, S. 39

7 F. H. Jacobi, Schriften zum Spinozastreit, Hamburg 1988, S. 152; Das Jacobi die Schriften und die Umstände des Lebens von Giordano Bruno nicht so gut bekannt waren, wie sie uns heute sind, geht aus einer Fußnote hervor. Jacobi zitiert in dieser Fußnote einen gewissen Bruckner, der meinte Bruno wäre verbrannt worden. Und Jacobi meint diese „These“ von Bruckner sei wohl nicht wirklich zu bezweifeln.

8 z.B. bei Ernst Bloch, Gesamtausgabe, Band 12, Zwischenwelten in der Philosophiegeschichte, Frankfurt am Main 1977, S. 198

9 J. Ritter/K. Gründer; Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 7, Basel 1989, S. 59

10 Hügli/P. Lübcke, Philosophie‐Lexikon, Reinbeck bei Hamburg 2000, S. 473

11 Eusterschulte, Giordano Bruno zur Einführung, Hamburg 1997, S. 136ff

12 F. Volpi, Großes Werklexikon der Philosophie, Band II L‐Z, Stuttgart 1999, S. 1325

13 W.J. Schelling, Bruno oder über das göttliche und natürliche Princip der Dinge. Ein Gespräch, Felix Meiner Verlag, Abt. IV. 243, Hamburg 2005, S. 33)

14 z. B.: J. Halfwassen, Plotin und der Neuplationismus, München 2004, S. 32ff bzw. S. 59ff

15 z. B.: J. Halfwassen, Plotin und der Neuplationismus, München 2004, S. 32ff bzw. S. 59ff

16 J. Halfwassen, Plotin und der Neuplatonismus, München 2004, S. 41; Plotin zitierte oft Platon und sprach auch von „Viel‐Einheit“ (hen polla); dazu Vgl.: auch Platon, Parmenides, 137 d; Plotin sprach von Hen polla z. B.: Enneaden V 1, 8, 26

17 F.W.J. Schelling, Bruno oder über das göttliche und natürliche Princip der Dinge. Ein Gespräch, Abt. IV. 259, Hamburg 2005, S. 50)

18 E. Coreth/P. Ehlen/J. Schmidt; Philosophie des 19. Jahrhunderts, Stuttgart 1997, S. 39; Coreth spricht bei der Schrift von Schelling ebenfalls von Pantheismus. Er erwähnt zwar, dass Schelling das Einheitsdenken von Platon, Plotin und Bruno übernimmt, auf der anderen Seite spricht er trotzdem von Pantheismus bzw. Panmonismus. Hier stellt sich die Frage, was Coreth unter Pantheismus versteht. Wenn er damit die weiter oben gegebene Begriffsdefinition verwendet, dann wäre wohl seine Aussage dazu nicht ganz korrekt. Wenn er jedoch unter Pantheismus auch „Panentheismus“ subsumiert, dann wäre die Aussage zweifellos richtig. Unter Panentheismus versteht Hügli jene Lehre in der alles, was ist, in Gott ist. Dies bedeutet jedoch, dass die Transzendenz Gottes gewahrt bleibt. (Vgl.: Hügli/Lübcke, Philosophie‐Lexikon, Reinbeck bei Hamburg 2001, S. 473)

19 Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, Band III, Frankfurt am Main 2003, S. 28

20 ebenda, S. 29

21 ebenda, S. 30

22 Eine Schrift von Giordano Bruno

23, Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, Band III, Frankfurt am Main 2003, S. 162f

24 Giordano Bruno, Gesammelte Werke, Band 6, Jena 1907, S. VI

25 ebenda, S. XX f

26 Thorsten Hinz, Mystik und Anarchie, „Meister Eckhart und seine Bedeutung im Denken Gustav Landauers“, Berlin 1999, S. 134

27 J. M. Sarauw, Der Einfluss Plotins auf G. Brunos Eroici Furori, S. 54

28 ebenda, S. 48

29 ebenda, S. 49

30 Ernst Bloch, Gesamtausgabe, Band 12, Zwischenwelten in der Philosophiegeschichte, Frankfurt am Main 1977, S. 188f

31 ebenda, S. 197

32 ebenda, S. 198

33 ebenda, S. 199

34 ebenda, S. 200ff

35 Paul R. Blum 1999, Giordano Bruno, München 1980, S. 158

36 Frances A. Yates, Giordano Bruno and the hermetic tradition, Chicago 1964, S. 2f

37 ebenda, S. 205ff

38 ebenda, S. 250

39 ebenda, S. 250

40 Kristeller zitiert dabei A. Mercatis Schrift „Il sommario del processo di Giordano Bruno“ (Vatikan 1942)

41 Paul Oskar Kristeller, Acht Philosophen der italienischen Renaissance, Weinheim 1986, S. 109ff; Dieses Werk scheint einen sehr guten Anklang gefunden zu haben, denn hier handelt es sich um eine deutsche Übersetzung einer erstmals 1964 erschienenen Schrift. Die Schrift wurde 1964 auf Englisch verfasst.

42 ebenda

43 E. Lange/D. Alexander, Philosophenlexikon, 1982, S. 125

44 K. Vorländer; Geschichte der Philosophie, Band 2, Mittelalter und Renaissance, Reinbeck bei Hamburg 1990, S. 309

45 ebenda, S. 313f

46 Bruno, Über die Ursache, das Prinzip und das Eine, Reclam Verlag, Stuttgart 2000, S. 187f

47 ebenda, S. 195f

48 ebenda, S. 197

49 ebenda, S. 199

50 Jens Brockmeier, Die Naturtheorie Giordano Brunos, erkenntnistheoretische und naturphilosophische Voraussetzungen des frühbürgerlichen Materialismus, Frankfurt am Main 1980

51 Hirschberger; Geschichte der Philosophie, Band II, Freiburg 1980, S. 39

52 Eusterschulte, Giordano Bruno zur Einführung, Hamburg 1997, S. 41f

53 Eusterschulte, Giordano Bruno zur Einführung, S. 109

54 ebenda, S. 109f

55 Aristoteles, Über die Seele, II 1, 413

56 P. R. Blum, Giordano Bruno, München 1999, S. 54f

57 ebenda, S. 68

58 ebenda, S. 74ff

59 ebenda, S. 80

60 Schrift von Giordano Bruno

61 P.R. Blum, Giordano Bruno, München 1999, S. 89, Blum zitiert an dieser Stelle aus dem Spaccio.

62 ebenda, S. 90ff

63 62Stephan Otto, Geschichte der Philosophie in Text und Darstellung, Renaissance und frühe Neuzeit, Stuttgart 2005, S. 29ff

64 Vgl.: zum Beispiel: R. Heinzmann, Philosophie des Mittelalters, 1998, S. 288

65 ebenda, S. 286

66 Nicolaus Cusanus, Philosophische und theologische Schriften, Marix Verlag, Wiesbaden 2005, S. 221

67 Nikolaus von Kues, Philosophisch‐Theologische Schriften, Band III, Verlag Herder, Wien 1964, S. 181

68 Nikolaus von Kues, Philosophisch‐Theologische Schriften, Band III, Verlag Herder; Wien 1964, S. 181

69 Nikolaus von Kues, Der Laie über den Geist; Felix Meiner Verlag, Hamburg 1995, S. 111

70 Es handelt sich hier genaugenommen um einen Brief von Cusanus an Bischof Gerhard.

71 Nicolaus Cusanus, Philosophische und theologische Schriften, Marix Verlag, Wiesbaden 2005, S. 221

72 ebenda, S. 222

73 Ebeling, Das Geheimnis des Hermes Trismegistos, München 2005, S. 84f

74 Heinzmann, Philosophie des Mittelalters, 1998, S. 289; Heinzmann zitiert hier eine Stelle aus der „Docta Ignorantia“ von Cusanus.

75 Nicolaus Cusanus, Philosophische und theologische Schriften, Marix Verlag, Wiesbaden 2005, S. 382

76 Heinzmann, Philosophie des Mittelalters, 1998, S. 289

77 Friedrich Überweg, Grundriss der Geschichte der Philosophie, Dritter Teil: Die Philosophie der Neuzeit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, 13. Auflage, Basel 1953, S. 20f

78 Pico della Mirandola, Über das Seiende und das Eine, Felix Meiner Verlag, Hamburg 2006, S. XV

79 ebenda, S. 7

80 Platon, Timaios, 29a,b

81 Pico della Mirandola, Über das Seiende und das Eine, Hamburg 2006, S. 11; Vgl. auch Aristoteles, Metaphysik, 1001 a

82 ebenda, S. 13

83 ebenda, S. 15 Der Klammerausdruck wurde vom Verfasser hinzugefügt.

84 Plotin, Enneaden, V 3; 13; 1 oder auch ebenda, V 3, 12, 51f

85 Es ist in der Platon‐Forschung keine einheitliche Auslegung in bezug auf diese Frage zu erkennen. Platon ist nicht immer ganz so eindeutig und es geht ihm auch nicht um so klare Begriffsbestimmungen, weil über diese Dinge ohnehin nur mit Wahrscheinlichkeit gesprochen werden kann. Bei Plotin ist dies eindeutiger, wie Halfwassen in seinem Buch „Plotin und der Neuplatonismus“ ganz deutlich zeigt. Halfwassen vertritt auch die These, dass die Lehre des Parmenides von Platon mit jener von Plotin übereinstimmt (in bezug auf den Begriff des Einen).

86 Pico della Mirandola, Über das Seiende und das Eine, Hamburg 2006, S. 33ff; Es ist hier unklar, wer die Pariser Theologen sein sollen, die Pico anspricht. Im Anschluss an den Brief an Ermolao Barbaro wird angenommen, dass es sich um Thomas und Albertus handelt. Wer sollen aber die „gegenwärtigen“ Peripatetiker sein? Pico erwähnt einmal die Skotisten und Nominalisten, die die Bezeichnung Pariser Theologen umfassen sollen. „Communis via Scotistarum et Nominalium; quae communiter tenetur Parisius (sic), cui videtur adhaerere sanctus Thomas“ (ebenda, S. 87)

87 ebenda, S. XXIII, Vgl. auch ebenda, S. 39 wo Pico ausführlich über Dionysius Areopagita schreibt

88 ebenda, S. 87

89 Halfwassen, Plotin und der Neuplatonismus, München 2004, S. 65

90 Pico della Mirandola, Über das Seiende und das Eine, Hamburg 2006, S. 43

91 Pico della Mirandola, Kommentar zu einem Lied der Liebe, Felix Meiner Verlag, Hamburg 2006, S. 33

92 Platon, Parmenides, 132a‐133a

93 Thumfart, Die Perspektive und die Zeichen: hermetische Verschlüsselungen bei Giovanni Pico della Mirandola, München 1996, S. 259

94 93ebenda, S. 412

95 F. Volpi, Großes Werklexikon der Philosophie, Band L‐Z, Stuttgart 1999, S. 1165

96 Pico della Mirandola, Kommentar zu einem Lied der Liebe, Hamburg 2001, S. 37

97 Pico della Mirandola, Über das Seiende und das Eine, Hamburg 2006, S. 47

98 Pico della Mirandola, Über die Würde des Menschen, Felix Meiner Verlag, Hamburg 1990, S. 11

99 ebenda, S. 14

100 W. A. Euler; « Pia philosophia et docta religio » , München 1996, S. 101ff

101 Frances A. Yates, The occult philosophy in the elizabethian age, London 1979, S. 37; Yates verwendet den Begriff “Renaissance Neoplatonism”. Sie sagt sowohl über Pico della Mirandola als auch über Aggripa von Nettesheim, dass jene einen “Renaissance neoplatonism with a magical core” vertreten haben.

102 F. Ebeling, Das Geheimnis des Hermes Trismegistos, München 2005, S. 95

103 Pico della Mirandola, Opera Omnia. Bd.1, Turin 1971(=Basel 1572), S. 80; siehe auch in: F. Ebeling, Das Geheimnis des Hermes Trismegistos, München 2005, S. 96

104 F. Ebeling, Das Geheimnis des Hermes Trismegistos, München 2005, S. 88

105 F. A. Yates, Giordano Bruno and the hermetic tradition, Chicago 1964, S. 84

106 F. A. Yates, Giordano Bruno and the hermetic tradition, Chicago 1964, S. 85

107 ebenda, S. 86

108 ebenda, S. 258

109 Jens Halfwassen, Plotin und der Neuplatonismus, München 2004, S. 38

110 Agrippa von Nettesheim, De occulta philosophia, Buch III, Kapitel 36, Wiesbaden 1985, S. 463

111 ebenda, III, 36, S. 460

112 Hermann F. W. Kuhlow, Die Imitatio Christi und ihre kosmologische Überfremdung, Die theologischen Grundgedanken des Agrippa von Nettesheim, Berlin 2002, S. 21

113 ebenda, S. 19f

114 Kuhlow, Die Imitatio Christi und ihre kosmologische Überfremdung, Berlin 2002, S. 22; Kuhlow zitiert an dieser Stelle aus der „Occulta Philosophia“ von Agrippa von Nettesheim.

115 Agrippa von Nettesheim, De occulta philosophia, Wiesbaden 1985, S. 463

116 ebenda, S. 462; Der Klammerausdruck wurde vom Verfasser hinzugefügt

117 ebenda, S. 460ff; Agrippa sagt nirgends direkt, dass Welterkenntnis zu der Erkenntnis Gottes führt, es ergibt sich aber indirekt aus dem Gesagten.

118 T. Paracelsus, GA, Darmstadt 1976, S. 17ff

119 U. Benzenhöfer, Paracelsus, Reinbeck 1997, S. 39

120 T. Paracelsus, GA, Darmstadt 1976, S. 22

121 ebenda, S. 25

122 ebenda

123 F.A. Yates, Giordano Bruno and the hermetic tradition, Chicago 1964, S. 150f

124 123 ebenda, S. 151

125 Paracelsus, Mikrokosmos und Makrokosmos, München 1989, S. 199

126 ebenda S. 200

127 Paracelsus, GA, Darmstadt 1976, S. 8

128 ebenda, S. 5

129 Vgl.: Abschnitt 2

130 Hirschberger, Geschichte der Philosophie Band II, Freiburg 1980, S. 39

131 Giordano Bruno, Über die Ursache, das Prinzip und das Eine, Reclam Verlag, Stuttgart 2000, S. 153

132 Eusterschulte, Giordano Bruno zur Einführung, Hamburg 1997, S. 29f

133 Bruno verwendet die Begriffe Prinzip und Ursache noch im ursprünglichen Sinne von Anfangsgrund und Ur‐Sache, wie sie von Aristoteles definiert worden waren (Aristoteles, Metaphysik V 1f., 1012b)

134 Bruno, Über die Ursache, das Prinzip und das Eine, Stuttgart 2000, S. 52

135 134 ebenda, S. 52

136 ebenda, S. 53

137 J. Halfwassen, Plotin und der Neuplatonismus, München 2004, S. 50

138 Hirschberger, Geschichte der Philosophie I, Freiburg 1980, S. 354

139 Bruno, Über die Ursache, das Prinzip und das Eine, Stuttgart 2000, S. 55

140 ebenda, S. 118

141 ebenda, S. 55

142 ebenda, S. 159; Vgl. auch Aristoteles, Metaphysik V 2, 1013a 24ff

143 ebenda, S. 56

144 ebenda, S. 120

145 ebenda, S. 121

146 ebenda, S. 62

147 Eusterschulte, Giordano Bruno zur Einführung, Hamburg 1997, S. 46

148 Giordano Bruno, Über das Unendliche, das Universum und die Welten, Reclam Verlag, Stuttgart 2004, S. 41

149 Eusterschulte, Giordano Bruno zur Einführung, Hamburg 1997, S. 52

150 Giordano Bruno, Über das Unendliche, das Universum und die Welten, Stuttgart 2004, S. 46

151 Vgl.: z.B.: ebenda, S. 57

Ende der Leseprobe aus 156 Seiten

Details

Titel
Transzendenz und Immanenz Gottes bei Giordano Bruno
Hochschule
Universität Wien  (Philosophie)
Note
Befriedigend
Autor
Jahr
2009
Seiten
156
Katalognummer
V276823
ISBN (eBook)
9783656699316
ISBN (Buch)
9783656713227
Dateigröße
3365 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
transzendenz, immanenz, gottes, giordano, bruno
Arbeit zitieren
Gerhard Lechner (Autor:in), 2009, Transzendenz und Immanenz Gottes bei Giordano Bruno, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/276823

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