Die Sprachsituation in Andorra im soziolinguistischen Wandel


Seminararbeit, 2009

32 Seiten, Note: 1,0

Robert Loup (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Vorbemerkungen

2 Geschichtlicher Überblick über die Entstehung Andorras

3 Die geographische und politische Situation Andorras
3.1 Die geographische Lage
3.2 Der politische Sonderstatus und die wirtschaftliche Situation

4 Das Andorranische
4.1 Bildung und konstitutive Elemente der andorranischen Varietät
4.2 Varietätenlinguistische Einordnung
4.3 Sprachliche Merkmale
4.3.1 Phonologie
4.3.2 Morphosyntax
4.3.3 Lexik

5 Die soziolinguistische Situation Andorras
5.1 Die Bevölkerung Andorras
5.2 Die soziolinguistische Bedeutung der Migration und Mobilität
5.3 Das andorranische Schulsystem
5.4 Der Sprachgebrauch
5.4.1 Der gesetzliche Rahmen
5.4.2 Die Entwicklung des Gebrauchs des Katalanischen und dessen sprachlicher Status
5.4.3 Der sprachliche Status des Französischen, Spanischen und Portugiesischen
5.4.4 Der Sprachgebrauch im sozialen Umfeld

6 Zukunftsaussichten für die linguistische Situation in Andorra

7 Literaturverzeichnis

8 Anhang

1 Vorbemerkungen

Die soziolinguistische Situation des kleinen Fürstentums Andorra nimmt aufgrund einer Konkurrenz von gleich mindestens vier Sprachen, Katalanisch, Spanisch, Französisch und Portugiesisch, einen Sonderstatus ein. Dieser durch die geographische Abgeschiedenheit bedingte sprachliche „Mikrokosmos“ führte zu einer ständigen kulturellen und sprachlichen Beeinflussung untereinander. Der Status des Katalanischen, welches im Principat d’Andorra alleinige Amtssprache ist, wurde durch die Jahrhunderte versucht zu bewahren. Doch der mit der verstärkten Immigration aus den Nachbarländern seit dem 19. Jahrhundert einsetzende soziolinguistische Wandel führte zur allmählichen Zurückdrängung des Katalanischen als vorherrschende Sprache in Andorra. Bereits die zahlreichen Einwanderer während des spanischen Bürgerkrieges (1936-39) und später auch die vielen nach Andorra kommenden Saisonarbeiter (z. B. im Winter) verstärkten diese Mehrsprachigkeit, was dazu führte, dass es für viele Neuankömmlinge nicht notwendig war, die Amtssprache zu erlernen, da sie meist mit ihrer Muttersprache keine Schwierigkeiten hatten. Längst hat das Spanische dem Katalanischen den Rang abgelaufen und wird immer mehr zur am häufigsten gesprochenen Sprache im Fürstentum.

Dieser Konflikt zwischen Bewahrung der eigenen katalanischsprachigen Kultur und den aktuellen soziolinguistischen Gegebenheiten ist Gegenstand vieler aktueller Diskussionen im Principat d’Andorra.

2 Geschichtlicher Überblick über die Entstehung Andorras

Die erste historische Überlieferung von Andorra ist die ungefähr auf das Jahr 860 datierte Acta de consagració de la catedral d’Urgell (dt. ,Urkunde über die Einweihung der Kathedrale von Urgell’), nach der das heutige Gebiet Andorras unter den Einfluss der Diözese von Urgell fiel, das bis dahin nur dem Grafen von Urgell unterstellt war. Ab diesem Zeitpunkt begann eine Doppelzuständigkeit zwischen dem Grafen und dem Bischof von Urgell. 1133 verzichtete Graf Armengol VI. nach einer einmaligen Zahlung auf seine Ansprüche in Andorra und somit fiel die alleinige Zuständigkeit auf die Diözese von Urgell, die zur Verteidigung dieser Gebiete die Adelsfamilie Caboet engagierte. Nach einem lange währenden Streit zwischen dem Bischof von Urgell und dem Grafen Raimund Roger von Foix, der nach der Vermählung zwischen der letzten Erbin der Caboet, Arnua, mit dem Vizegrafen von Castelbon, welcher ein enges Verhältnis zu Raimund von Foix pflegte, an die Macht über dieses Gebiet gekommen war, wird dieser Konflikt erst 1278 beigelegt. In dem am 8. September 1278 in Lleida geschlossenen Vertrag, dem sogenannten pareatge, wurde die gemeinsame und gleichwertige Herrschaft zwischen dem Bischof von Urgell und dem Grafen von Foix über das umstrittene Gebiet vereinbart. Dieses Abkommen markiert die faktische Gründung Andorras, das aber bis zur Unabhängigkeitserklärung 1993 kein souveräner Staat ist, sondern ein Kondominium zwischen dem Bischof von Urgell und dem französischen Staatsoberhaupt als Rechtsnachfolger der Grafen von Foix. Im Zuge dieses Vertrages, bedingt aber auch durch die einfacheren geographischen Gegebenheiten, ging die in Andorra lebende Bevölkerung ihren wirtschaftlichen Geschäften insbesondere im altkatalanischsprachigen Alt Urgell nach. Zu dieser Zeit festigte sich das Katalanisch in dieser Region, das seinen Ursprung in den Grafschaften der Spanischen Mark1 hatte.

Mit der Herausbildung zweier Staaten nördlich und südlich der Pyrenäen, Frankreich bzw. Spanien, und der Verlegung der Verkehrswege in weniger bergiges Terrain, geriet Andorra immer mehr in Isolation, was einerseits zu einer Verarmung des Landes, andererseits aber zur politischen und ökonomischen Unabhängigkeit führte, da keiner der beiden mächtigen Nachbarn das abgeschiedene Andorra für sich beanspruchte.

Die wirtschaftliche Situation verbesserte sich erst mit der Herausbildung zweier neuer Wirtschaftszweige, der Eisenerzeugung und der Textilmanufaktur. Aus diesem Anlass kamen auch die ersten Arbeitsmigranten, meist aus dem französischen Ariège, nach Andorra, die einerseits ihr know-how, andererseits aber auch ihre französischen und okzitanischen Varietäten mitbrachten, welche auf die in Andorra gesprochene katalanische Varietät einen bedeutenden Einfluss hatten.

Nachdem im Laufe des 19. Jahrhunderts sich die wirtschaftliche Lage durch den Niedergang der Eisenerzeugung und der Textilherstellung wieder verschlechterte, emigrierten viele Andorraner nach Frankreich oder Katalonien, wo sie Arbeit fanden. Der Teil der Bevölkerung, der nicht wegzog, orientierte sich auf die Tabakwirtschaft um, die wegen der hohen Besteuerung in Frankreich und Spanien sehr vielversprechend war. Im 20. Jahrhundert begann sich durch mehrere Immigrationswellen die soziolinguistische Situation Andorras immer mehr zu verändern (Vgl. dazu Kapitel 5.2 Die soziolinguistische Bedeutung der Migration und Mobilität in der vorliegenden Arbeit).

1981 änderten sich mit der Schaffung eines Exekutivorgans, der Regierung, und eines Legislativorgans, dem Generalrat, die institutionellen Gegebenheiten. Mit der Verabschiedung der Verfassung von 1993 und der darin festgelegten Gewaltenteilung, wurde Andorra ein souveräner Staat. (Sinner 2004: 91-97; Guillamet i Anton 2009: 14-180)

3 Die geographische und politische Situation Andorras

3.1 Die geographische Lage

Inmitten der östlichen Pyrenäen zwischen Frankreich und Spanien gelegen, ist Andorra weitestgehend durch hohe Berge von seinen Nachbarländern abgegrenzt.

Abbildung 2: topographische Karte Andorras [google maps 2011]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Kerngebiet bildet das Talbecken von Andorra la Vella (800 - 1100 m), welches, zur spanischen Seite hin, durch das Valiratal und die Ruta de la Valira (siehe rote Linie) von der spanischen Stadt La Seu d’Urgel gut erreichbar ist. Die Grenze zu Frankreich ist jedoch durch hohe, meist schneebedeckte Berge2 klar definiert und ermöglichte lange Zeit nur eine beschwerliche Überquerung zu Fuß. Erst 1933 wurde die Carretera General 2 (CG-2) eröffnet, welche bis heute die einzige Verbindung zu Frankreich darstellt. Sie verbindet über einen 2408 m hohen Pass, den Port d’Envalira, Andorra mit dem französischen Ariègetal (siehe gelbe Linie). Ein von der geographischen aber auch soziolinguistischen Situation sehr ähnliches Bild liefert das Val d’Aran3, welches seinerseits eine natürliche Öffnung nach Frankreich hat, während Andorra nur zur spanischen Seite hin geöffnet ist. Diese natürlichen Gegebenheiten erklären, warum in zwei sich sehr ähnelnden Mikrokosmen, einerseits Aranesisch, eine Subvarietät des Gaskognischen, bzw. andererseits Andorranisch, eine Varietät des Katalanischen, gesprochen wird. (google maps 2011; Duden 2001: 27-28)

3.2. Der politische und wirtschaftliche Sonderstatus Andorras

Andorra mit seiner Hauptstadt Andorra la Vella ist in 7 parroquíes4 (dt. ,Gemeinden’) eingeteilt: Canillo, Encamp, Ordino, La Massana, Andorra la Vella, Sant Julià de Lòria und Escaldes-Engordany.

Nach der Verfassung vom 4.5.1993 ist Andorra ein souveränes Fürstentum, de facto aber eine parlamentarische Demokratie. Als gemeinsames Staatsoberhaupt mit repräsentativer Funktion fungieren der Präsident von Frankreich (Nicolas Sarkozy) und der spanische Bischof von La Seu d’Urgell (Joan Enric Vives i Sicília). Diese Dyarchie (Doppelherrschaft) besteht seit der faktischen Unabhängigkeit Andorras 1278. Ihr Co-Fürstenamt ist jedoch rein repräsentativ und sie besitzen nur ein Vetorecht in auswärtigen Angelegenheiten und sind für den militärischen Schutz zuständig. Der vom Einkammerparlament, dem Consell General de les Valls, gewählte Regierungspräsident, ist Chef der Exekutive und leitet die andorranische Innen- und Außenpolitik.

Andorra zählt zu den 6 europäischen Zwergstaaten: San Marino, Monaco, Vatikanstadt, Andorra, Liechtenstein und Malta. Infolge der beschränkten Größe und der daraus resultierenden wirtschaftlichen Begrenzung, zeichnen sich diese Mikrostaaten durch steuerliche Vorteile aus, um vermehrt an ausländisches Kapital zu gelangen. Für Andorra, das neben Liechtenstein und der Schweiz, zu den sogenannten europäischen Steueroasen5 zählt, ist das Finanzwesen nach dem Tourismus, vor allem dem Wintertourismus, die wichtigste Einnahmequelle. Im Jahre 2009 drohte Nicolas Sarkozy, von seinem Co-Fürstenamt zurückzutreten, sollte Andorra nicht steuerrelevante Daten an Frankreich und andere europäische Länder ausliefern. Dieser Streit wurde erst 2010 beigelegt, nachdem sich das Govern d’Andorra bereit erklärt hatte Daten über Steuerflüchtlinge preiszugeben. Erst im Februar 2010 strich die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Andorra von der „Grauen Liste“, in der Andorra als „nicht kooperatives Land“ eingestuft wurde.

Zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage haben die meisten Zwergstaaten Zollunionen mit ihren großen und ökonomisch starken Nachbarn geschlossen. Durch diese wirtschaftlichen Zweckverbände haben Monaco, Andorra, der Vatikan und San Marino Verbindungen zum europäischen Markt, ohne selbst direkte Vollmitglieder der Europäischen Union zu sein. Allein Malta ist seit 2004 in der EU und führte 2008 den Euro ein. In allen anderen Mikrostaaten gilt der Euro ebenfalls als offizielles Zahlungsmittel und San Marino, der Vatikan und Monaco besitzen sogar eine beschränkte Anzahl landeseigener Prägungen. (Sinner 2004: 100-106, Guillamet i Anton 2009: 150-239)

4 Das Andorranische

4.1 Bildung und konstitutive Elemente der andorranischen Varietät

Die Entstehung des Andorranischen beginnt, wie bei allen romanischen Sprachen, mit der Romanisierung und der langsamen Durchsetzung des Lateinischen als Umgangssprache, der Latinisierung. Folglich ist das Latein das Stratum, das im Laufe der Zeit durch Sub- und Superstrateinflüsse über das romanç6 zum Katalanischen bzw. zu der in Andorra gesprochenen katalanischen Varietät wird.

Als die zwei wichtigsten Substrateinflüsse für das Andorranische gelten die beiden vorromanischen und nichtindogermanischen Sprachen, das Baskische und das Iberische7, deren geographische Nähe zweifelsohne einen entscheidenden Einfluss gehabt haben muss. Da die Latinisierung sich nicht durch eine aktive Sprachpolitik der Römer, sondern aufgrund vor allem administrativer und ökonomischer Gründe (römischen Militärwesen, Verwaltung, Handel) vollzog, herrschte bis ins 10. Jahrhundert eine bi-/bzw. plurilinguistische Sprachsituation vor, die das spätere romanç sehr geprägt haben muss. Als heutige Beispiele für den Substrateinfluss gelten neben diverser Toponyme dieser Region (wie Barça), z.B. die Herkunft des katalanischen ortiga (dt. ,(Brenn)nessel’), was auf das altbaskische ordiga zurückgehen soll.

Weit weniger bedeutend scheint der Superstrateinfluss. Im Gegensatz zu anderen Varietäten, wie z.B. dem Valenzianischen, ist der Anteil der Arabismen in der Lexik nur marginal zu erkennen, was auf die kurze Eroberung und Besetzung durch die Araber zurückzuführen ist.

Geschichtlich betrachtet trugen neben den Substrat-, vor allem die Adstrateinflüsse maßgeblich zur Herausbildung der andorranischen Varietät bei. Als wichtigstes Adstrat gilt der Einfluss des Okzitanischen, welches im, heute auf der französischen Seite gelegene, País de Foix8 gesprochen wurde. So leitet sich beispielsweise das andorranische potó (dt. ,Kuss’) vom okzitanischen poton ab und nicht vom spanischen beso oder vom französischen bise. Während der Einfluss des Okzitanischen, unter anderem infolge der starken Unterdrückung durch die Dachsprache des Französischen, immer mehr abnahm, wurde der Einfluss der Dachsprachen der angrenzenden Nachbarstaaten, Französisch und Spanisch, immer bedeutsamer.

Auch aktuell durchläuft das Andorranische wichtige Veränderungen, da der Einfluss der katalanischen Standartvarietät aus Barcelona, dem central, immer mehr zunimmt. Diese „Entandorranisierung“ ist auf die starke Einwanderung von vor allem central sprechenden Katalanen sowie auf die katalanischen Fernsehsender, z.B. TV3, welche meist in Barcelona produziert werden und sich somit ebenfalls dieser Varietät bedienen, zurückzuführen.

Neben den unterschiedlichen Sub- und Adstrateinflüssen unterscheidet sich das Andorranische insbesondere aufgrund seines archaischen Charakters von sehr innovativen katalanischen Varietäten, wie dem Valenzianischen. Dieser archaische Charakter resultiert aus der erst Ende des 5. Jahrhunderts beginnenden Romanisierung des unzugänglichen nördlichen Teils der Iberischen Halbinsel und aus der geographischen Abgeschiedenheit Andorras, da folglich sprachliche Neuerungen erst verspätet oder gar nicht die dortige romanç-Varietät erreichten. (Riera i Riera 1992: 22-27; Molla 2003: 75-78; Sinner 2004: 97-99)

4.2 Varietätenlinguistische Einordnung

Die dialektale Einordnung des Andorranischen ist wegen seiner unter 4.1 beschriebenen besonderen Charakteristika umstritten. Nach Meinung der meisten Sprachwissenschaftler zählt es zu den nördlichen westkatalanischen Varietäten, dem català nord-occidental9 und wird im Rahmen dessen, der Varietät von Lérida, dem lleidatà, als Subdialekt spezifisch zugeordnet. Des Weiteren existiert die Theorie des dialecte de transció (dt.: ,Übergangsdialekts’). Demzufolge ist das Andorranische ein Übergangsdialekt zwischen dem Nord-West-Katalanischen, dem Ostkatala- nischen sowie dem nördlichen Übergangsdialekt von Cerdanya. In einer von Joan Veny10 1978 durchgeführten Untersuchung wird das Andorranische zwar ebenfalls zu den nördlichen westkatalanischen Varietäten gerechnet, aber nicht als Subdialekt des lleidatà, sondern als eigenständiger Dialekt.

Eine klare Tendenz ist zwar zugunsten der ersten Theorie zu erkennen, jedoch ist eine endgültige Einteilung nach heutigem Wissensstand nicht möglich. Wie in 4.1 erwähnt, ist eine zunehmende „Entandorranisierung“ zu erkennen, die zu einer Annäherung des eher westkatalanischen Andorranischen zum bloc oriental (dt. ,Ostkatalanischen’) führt. (Riera i Riera 1992: 22-27; Molla 2003: 75-78; Sinner 2004: 97-99)

4.3 Sprachliche Merkmale

4.3.1 Phonologie

Auch wenn die andorranische Varietät in vielen Punkten mit den Kennzeichen des bloc occidental übereinstimmt, so existieren jedoch auch einige Unterschiede bei der Realisation einiger Laute bzw. Formen.

Bei einigen Verbformen, z.B. dem presente d’indicatiu, l’imperfet d’indicatiu und de condicional werden im Andorranischen alle graphischen Endungen auf <-a>, die der Norm des centrals nach wie ein [a] realisiert werden würden, durch ein [e] wiedergegeben: (porta (,er/sie trägt’) [’porte]; portava (,er/sie trug’) [portave]; portaria (,er/sie würde tragen’) [portarie])

Des Weiteren wird in der andorranischen Varietät die beidgeschlechtliche Berufsbezeichnungsendung auf <-ista> zur besseren Unterscheidung unterschiedlich realisiert. Folglich wird el artista [artiste] (,der Künstler’) mit einem [e] artikuliert, und die der weiblichen Künstlerin bleibt normgetreu l’artista [artista]. Während in der Normvarietät das betonte /o/ in vielen Fällen durch ein /ɔ/ realisiert wird, herrscht in diese Fällen das geschlossen [o] vor (Bsp.: kat. impo[ɔ]tència (,Impotenz’) vs. and. impo[o]tència. Gleiches gilt für /a/ und /e/ in betonten Silben, die folglich nicht durch ein halboffenes /ε/, sondern durch ein halbgeschlossenes [e] wiedergegeben werden (Vgl.: kat. e[ε] ns (,uns’) vs. and. e[e]ns).

Ein weiteres Charakteristikum des Andorranischen ist die Affrizierung des anlautenden oder postkonsonantischen /ʒ/ und /∫/ zu [dʒ] bzw. [t∫] in Wörtern wie kat. ch[∫]ic (,schick’) vs. and. ch [t∫] ic, oder kat. març [ʒ] (,März’) vs. and. març [dʒ]. (Riera i Riera 1992: 47-60)

[...]


1 Die Spanische Mark, auch Marca Hispánica, war, 801 von Kaiser Karl dem Großen gegründet, die politisch-militärische Grenzregion des Frankenreiches, um Barcelona im heutigen Katalonien, zur Verteidigung der Grenzen gegen die Araber im restlichen Spanien. Sie bildete den Ausgangspunkt für die weitere Reconquista Kataloniens. Die vorherrschende Sprache zu dieser Zeit, innerhalb dieses politischen Zusammenschlusses war eine Vorstufe des heutigen Katalanischen. Auch Andorra war ein wichtiger Bestandteil dieser Mark, wenn auch nicht als zusammengeschlossenes Gebiet wie heute. (Egert 1985: 42) Vgl. Übersicht der Marca Hispánica im Anhang (Abb. 1).

2 Vgl. physische Karte im Anhang (Abb. 3).

3 Das Val d’Aran, mit seinen ca. 7000 Einwohnern, gehört territorial zu Spanien und ethnographisch zur Gaskogne. Die Bevölkerung spricht bis zu 4 Sprachen (Spanisch, Französisch, Katalanisch und Aranesisch). Das Aranesische stellt mit ca. 4000 Sprechern die kleinste Regionalsprache Spaniens dar. Linguistisch ist es eine Subvarietät des Gaskognischen, welches wiederum eine Subvarietät des Okzitanischen ist. Vgl. physische Karte zur Lage des Val d’Aran im Anhang (Abb. 4).

4 Vgl. Karte der parroquíes im Anhang (Abb. 5).

5 In Andorra gibt es weder eine Einkommenssteuer, Erbschaftssteuer noch eine Kapitalsteuer. Auch die Mehrwertsteuer wurde erst 2006 eingeführt und beträgt seitdem 4%, was zu sehr niedrigen Preisen führt. Folglich gilt Andorra als „Shoppingparadies“, da viele Luxus- und Genussartikel deutlich billiger und sofern sie den Eigenverbrauch betreffen auch zollfrei sind. (Duden 2001: 27-28)

6 Romanç: Es handelt sich zu diesem Zeitpunkt noch um keine sprachlich normierte Hochsprache, sondern lediglich um eine vorromanische sprachliche Variation, die, in diesem Fall, in Andorra vorherrschend war (Egert 1985: 36).

7 Iberische: Das Siedlungsgebiet der Iberer, deren Kulturtradition sich im 6. Jh. v. Chr. herausbildete, siedelten vor allem an der Küste des Mittelmeers bis ins heutige Frankreich hinein, jedoch auch in einigen Teilen im Landesinneren. Sprachlich zählt das Iberische nicht zu den indoeuropäischen, sondern zu den altmediterranen Sprachen. (Bollée/Neumann-Holzschuh 2009: 13f.).

8 Das País de Foix ist eine historische Provinz im Süden des okzitanischen Sprachraums, die heute im französischen Departement Ariège liegt. seiner geographischen Grenze zu Andorra und der dort gesprochenen okzitanischen Varietät, dem Gaskognischen, hatte diese Region großen Einfluss auf die Herausbildung der andorranischen Varietät.

9 Siehe Karte über die Einteilung der katalanischen Varietäten im Anhang (Abb. 6).

10 Zum Vorschlag das Andorranische als eigenständigen Dialekt innerhalb der nördlichen westkatalanischen Varietäten zu klassifizieren vgl. Veny (1986).

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Die Sprachsituation in Andorra im soziolinguistischen Wandel
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Romanistik)
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
32
Katalognummer
V276501
ISBN (eBook)
9783656698500
ISBN (Buch)
9783656700197
Dateigröße
5241 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
sprachsituation, andorra, wandel
Arbeit zitieren
Robert Loup (Autor:in), 2009, Die Sprachsituation in Andorra im soziolinguistischen Wandel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/276501

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