Biologische Invasionen und ihre Bedeutung für die Biodiversität


Seminararbeit, 2003

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Terminologie
1.1 Von einheimischen und nicht-einheimischen Organismen
1.2 Sonderfall: Bundesnaturschutzgesetz

2. Biologische Invasionen und die Rolle des Menschen
2.1 Absichtliche Einführungen
2.2 Unabsichtliche Einschleppungen
2.3 Sekundäre Ausbringungen

3. Der Invasionsmechanismus
3.1 Der Invasionsprozess als Modell
3.2 Time-Lags
3.3 Erfolg und Prognose biologischer Invasionen

4. Auswirkungen biologischer Invasionen auf die Biodiversität
4.1 Biodiversitätskonvention
4.2 Bereicherung oder Gefahr?

Schlussbemerkung

Literatur

Einleitung

In den Medien werden sie meist als „Aliens, Eindringlinge, Kolonisten [oder] Fremdlinge“ (Mertens, 23.07.2003) betitelt und mit überwiegend negativen Eigenschaften versehen: Pflanzen und Tiere, die durch direkte oder indirekte Hilfe des Menschen Gebiete außerhalb ihres ursprünglichen Verbreitungsareals besiedeln und sich dort ausbreiten. Diese Form der Arealerweiterung nennt man biologische Invasionen.

Sie wirken sich auf die „räumliche (...) Erscheinung der Lebensgemeinschaften von Tieren und/oder Pflanzen sowie deren funktionellem Mitwirken im (...) Ökosystem“ (Leser 1997: 87) aus und sind daher Thema im Rahmen der Biogeographie und der vorliegenden Abhandlung.

Meine Arbeit gliedert sich in vier Kapitel: Während in Kapitel 1 die Terminologie zum Thema dargestellt wird, zeigt das zweite Kapitel Möglichkeiten der Einführung bzw. Einschleppung gebietsfremder Arten und die Rolle des Menschen dabei auf. Kapitel 3 setzt sich mit dem Ablauf des Invasionsprozesses und einigen seiner Einflussfaktoren auseinander. Abschließend werden im vierten Kapitel die Auswirkungen biologischer Invasionen auf die Biodiversität diskutiert.

Da diese Arbeit nicht das ganze Spektrum des Themas abdecken kann, beschränkt sie sich in ihren Beispielen – trotz des globalen Auftretens von biologischen Invasionen – auf Pflanzen und Tiere, die in den mitteleuropäischen Raum eingeführt und eingeschleppt wurden.

Den Literaturschwerpunkt bilden das im Jahr 2003 erschienene Werk „Biologische Invasionen: Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa“ des Berliner Ökologen Ingo Kowarik sowie zwei Publikationen des Rostocker Zoologen Ragnar Kinzelbach.

1. Terminologie

Um eine sachgemäße Diskussion über das Phänomen der biologischen Invasionen zu ermöglichen, sind im Vorfeld einige Begriffe zu definieren und in ihrem Zusammenhang zu erläutern.

1.1 Von einheimischen und nicht-einheimischen Organismen

Biologische Invasionen sind zu definieren als „die durch Menschen vermittelte Ausbreitung von Organismen in einem Gebiet, das sie zuvor nicht auf natürlichem Wege erreicht haben“ (Kowarik 2003: 13). Dazu muss es den Organismen durch die Unterstützung des Menschen gelungen sein, räumliche Ausbreitungsbarrieren zwischen Naturräumen, Kontinenten, Gewässersystemen, Festland und Inseln zu überwinden.

Pflanzen und Tiere, die in ein Gebiet gekommen sind, das nicht ihrem ursprünglichen Areal entspricht, werden unter dem Begriff Neobiota zusammengefasst und als gebietsfremde oder nicht-einheimische Organismen bezeichnet.

Sie sind von den indigenen, den einheimischen Organismen, abzugrenzen. Indigene Arten haben nach der letzten Eiszeit ohne Einfluss des Menschen einen Naturraum besiedelt oder sind in diesem entstanden. Dies geschah durch postglaziale Remigration aus Refugialgebieten Südeuropas und Vorderasiens oder durch das Überleben von Organismen über die Eiszeit hinweg (vgl. Kinzelbach 2001: 17).

Neobiota gelangen dagegen mit anthropogenem Einfluss – absichtlich durch Einführung oder unabsichtlich durch Einschleppung oder durch Beseitigung von Ausbreitungsbarrieren – in andere Gebiete.

Sie werden weiter nach dem Zeitpunkt ihres ersten Vorkommens im neuen Zielgebiet untergliedert. Entscheidend ist hierbei das Jahr 1492, in dem Kolumbus Amerika entdeckte: der Beginn der Neuzeit, der als Startpunkt des globalen Austauschs von Menschen, Tieren, Pflanzen und Gütern gilt. Demnach werden Tiere, die vor 1492 ein fremdes Gebiet besiedelt haben, als Archäozoen und Pflanzen als Archäophyten bezeichnet. Nach 1492 werden gebietsfremde Tiere Neozoen und gebietsfremde Pflanzen Neophyten genannt.

Gebietsfremde Arten können sich im neuen Gebiet einbürgern. Dies ist abhängig von der Fähigkeit der Organismen, dauerhafte Populationen aufzubauen. Dem Einbürgerungsgrad nach unterscheidet man zwischen unbeständigen und etablierten Taxa. Etabliert sind Tiere, wenn sie mindestens über drei Generationen beständig sind (vgl. Kinzelbach 2001: 18). Pflanzen sind als etabliert zu betrachten, wenn sie in einem Zeitraum von „mindestens 25 Jahren mindestens zwei spontane Generationen hervorgebracht haben“ (Kowarik 2003: 21).

Etablierte Arten werden nach ihrem Vorkommen in natürlicher Vegetation als Agriophyten/-zoen und in von Menschen geprägten Vegetation als Epökophyten/-zoen differenziert. Nicht-etablierte Arten können als Unbeständige wildwachsend oder kultiviert vorkommen.

Kinzelbach (2001: 19) grenzt außerdem Neobiota von invasiven Arten ab. Letztere können „unabhängig von ihrer Herkunft und dem Weg der Einschleppung“ (ebd.) Populationen aufbauen.

1.2 Sonderfall: Bundesnaturschutzgesetz

Einen Sonderfall auf nationaler Ebene bietet das Bundesnaturschutzgesetz. Es weicht von der obigen Differenzierung indigener und neogener Arten ab. § 10 Abs. 5 besagt:

„[Eine] heimische Art [ist] eine wild lebende Tier- oder Pflanzenart, die ihr Verbreitungsgebiet (...) ganz oder teilweise a) im Inland hat oder (...) hatte oder b) auf natürliche Weise in das Inland ausdehnt. Als heimisch gilt eine wild lebende Tier- oder Pflanzenart auch, wenn sich verwilderte oder durch menschlichen Einfluss eingebürgerte Tiere oder Pflanzen der betreffenden Art im Land in freier Natur und ohne menschliche Hilfe über mehrere Generationen als Population erhalten.“ (http://www.bfn.de/03/bundesnaturschutzgesetz.pdf, 16.09.2003)

Dieser Paragraph schließt also nicht-einheimische Organismen bei einer Einbürgerung in freier Natur als heimische Arten ein. Dies kann umfangreiche Konsequenzen im Umgang mit jenen aus wissenschaftlicher Sicht ortsfremden Taxa haben.

Nach Kinzelbach (2001: 20) sind in Deutschland etwa 65.000 Tierarten registriert. Rund 1.400 Arten sind als Neozoen bekannt, die meisten davon sind Insekten (Abb. 1). Pflanzenarten gibt es rund 28.000 (vgl. http://www.fu-berlin.de/ffu/download/rep_01-01.PDF, 27.09.2003), mehr als 3.000 Arten wurden eingebracht, ca. 400 gelten als eingebürgert (vgl. Brandes 2000: 44).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Zugehörigkeit der Neozoen in Deutschland nach Großtaxa

Quelle: eigene Darstellung nach Kinzelbach 2001: 20

2. Biologische Invasionen und die Rolle des Menschen

Dem Menschen kommt bei biologischen Invasionen eine enorme steuernde Funktion zu. Er ist direkt oder indirekt verantwortlich, dass Arten absichtlich oder unabsichtlich in fremde Gebiete gelangen können.

2.1 Absichtliche Einführungen

Werden Pflanzen und Tiere mit Absicht in ein fremdes Gebiet eingeführt, so sind diese Einführungen oft mit der Kulturgeschichte des Menschen verbunden.

Einen ersten Höhepunkt an Invasionen erlebte Mitteleuropa zu Beginn des Neolithikums. Seit dieser Zeit werden bis heute viele Getreidearten aus Vorderasien in unseren Breiten angebaut. Während der römischen Besatzung fanden weitere Nutz- und Zierpflanzen aus Vorderasien und dem Mittelmeerraum ihren Weg hierher, u. a. Dill, Gerste, Roggen, Hauspflaume, Pfirsich oder Aprikose. Weitere Archäophyten wie die Sauerkirsche oder die aus dem subtropischen Asien stammende Gurke gelangten während der Völkerwanderung nach Europa.

Kultiviert wurden diese Pflanzen meist in klösterlichen Nutzgärten. Nutzung bedeutete im damaligen Sinne nicht ausschließlich die Nutzung als Nahrungsquelle für Mensch und Tier. Pflanzen dienten für medizinische Zwecke, als Färbemittel oder zur Holzproduktion. Der Anbau von Zierpflanzen wurden nur in geringem Umfang betrieben.

Ab dem Jahr 1492 stieg die Einfuhr gebietsfremder Arten stark an. Dies ging mit der durch technischen Fortschritt steigenden Reise- und Verkehrstätigkeit, v. a. ab dem 16. Jahrhundert (Jhdt.), einher. Durch den Aufschwung der Botanik und Zoologie stieg das Interesse an fremden Arten, die in wissenschaftlichen Gärten gehalten wurden. Dabei lag der Schwerpunkt zunächst auf Arten aus dem mediterranen und asiatischen Raum. Arten vom amerikanischen Kontinent weckten erst Ende des 16. Jhdt. Interesse. Mit Beginn des 20. Jhdt. gelangten nur noch wenige Pflanzen absichtlich nach Mitteleuropa. Tab. 1 zeigt ausgewählte Beispiele nach Mitteleuropa eingeführter Neophyten.

Tiere wurden ebenfalls absichtlich ausgebracht. Dies geschah wie etwa beim 1905 nahe Prag ausgesetztem Bisam (Ondatra zibethica) aus Jagdzwecken oder zur Bereicherung der Natur. Hierzu wurden u. a. nordamerikanischen Waschbären (Procyon lotor) 1934 in Hessen ausgesetzt. Beide Arten expandierten großflächig über Deutschland (vgl. Block & Lingenhöhl im Druck: 18). Ebenso wurden Fische wie der ostasiatische Graskarpfen (Ctenopharyngodon idella) ausgesetzt, um die Produktivität heimischer Gewässer zu erhöhen. Die Ausbringung des Mosquitofisches (Gambusia affinis) sollte der Bekämpfung von Stechmücken dienen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Biologische Invasionen und ihre Bedeutung für die Biodiversität
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut Für Geographie)
Veranstaltung
Proseminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
17
Katalognummer
V27518
ISBN (eBook)
9783638295505
Dateigröße
636 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit setzt sich mit der Klassifikation von einheimischen und nicht-einheimischen Pflanzen und Tieren, verschiedenen anthropogen bedingten Einschleppungsmechanismen sowie invasionenhemmenden und -fördernden Mechanismen auseinander. Abschließend werden anhand von Beispielen die Auswirkungen biologischer Invasionen auf die Biodiversität diskutiert
Schlagworte
Biologische, Invasionen, Bedeutung, Biodiversität, Proseminar
Arbeit zitieren
Oliver Burkert (Autor:in), 2003, Biologische Invasionen und ihre Bedeutung für die Biodiversität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27518

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