Filmanalyse des Werbespots zu „Axe Peace“

Dekonstruktion von Männlichkeitskonzepten


Hausarbeit, 2014

12 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Filmanalyse Werbespot „Axe Peace“

Der hier zu untersuchende Werbespot wurde offensichtlich primär für Kinopublikum produziert; darauf deuten sowohl die radikale Machart als auch die zielgruppenspezifische Ausrichtung der semiotischen Struktur hin. Weiter ist zu sagen, dass der Spot 59 Sekunden lang (im Fernsehen Überlänge) und durchgehend in Farbe produziert worden ist.

Aus technischer Sicht ist dieser Spot als stark kontrastiv und plakativ anzusehen: Er arbeitet vor allem mit starken Kontrasten und bemüht sich kaum um eine ästhetische Kohärenz, die über die Sequenz seiner analogen Bildfolgen und inhaltlichen Gags hinausgeht. Die Schnittfolge ist extrem kurzatmig; es handelt sich durchgehend um Einstellungen von etwa einer Sekunde Länge, die wie gesagt vor allem kontrastiv und sequenziell und nur in wenigen Fällen assoziativ oder logisch an einander gereiht sind.

Die zentrale inhaltliche Idee des Spots ist die technische Repräsentation von Männlichkeitskonzepten, die auf einen kriegerischen Körperpanzer (vgl. Theweleit 1987, S. 57f) abstellen: Diese Repräsentation beruht nicht nur auf der Ikonologie des Krieges, des Terrors und der Gewaltherrschaft, die im Spot auf unterschiedlichen Schauplätzen sequenziell abgehandelt wird, sondern auch auf einer filmischen Technik, die solche Männlichkeitskonzepte zur Grundlage der filmischen Sprache macht.

Zunächst fällt der regelmäßige Kontrast zwischen Naheinstellung und Halb- totale auf; hier wird regelmäßig zwischen Gesichtern (Nahaufnahmen) bzw. sexuell oder gewaltassoziiert aufgeladenen Details und einfachen Sozial- oder Raumanordnungen oszilliert. Damit entsteht der Eindruck einer direkten Konfrontation zwischen Körpern, die nicht über kommunikative Interaktion sondern über Macht bzw. Drohungen vermittelt ist (vgl. Meteling 2006, S:100). Die männlichen Körper werden in einen intensiven Gewaltzusam- menhang (Halbtotale) gestellt, dessen Folgen auf emotionaler Ebene (Nah- aufnahmen) dann im emotionalen Raum des Gesichts- bzw. Sexualdetails aufgehen.

Die Parallelität zwischen der Repräsentation einer rigiden, kriegerischen Männlichkeitskonzepts auf der technischen Ebene des Spots und auf der ikonographischen bzw. inhaltlichen Ebene ergibt eine überzogene Narration: Die radikalen „Männer“ treten sequenziell als asiatischer Diktator (Parodie auf Kim Jong-Un), arabischer Politiker (Parodie auf Ahmadinedschad) sowie russischer Panzerkommandant (namenloser „Michael“) sowie GI in Asien auf und gewinnen durch die oben beschriebenen technischen Maßnahmen aus Perspektive und Einstellung die Dynamik von übertriebenen Action-Figuren.

Durch die engen Schnittfolgen, die an Action-Filme angelehnt sind und mit klischeehaften Momenten der Spannung arbeiten (vgl. Leschke 2008, S. 23), kurze Einstellungen „gefährlicher“ Dinge wie „Atomkoffer“, Panzer, GI im Reisfeld oder einer Massentribüne, entsteht zudem der Eindruck mechanisch ablaufender Katastrophen: Die „Männer“ sind in der ersten Hälfte des Spots drauf und dran, die Welt ein Stück weit unbewohnbarer zu machen. Analog zur Schnitttechnik des Action-Films werden aber die Katastrophen zunächst ausgespart und es kommt stattdessen zu einer Sequenzierung in den drei Handlungsräumen (vgl. ebd., S. 26) „Arabische Diktatur“, „asiatische Dikta- tur“ und „europäischer Kriegsschauplatz“.

Auffällig an der formalen Gestaltung des Spots ist dabei die Technik seiner Sequenzierung bzw. seine motivische Variationstechnik: In der ersten Hälfte des Spots (bis etwa Sekunde 30) werden die vier Handlungsräume in der oben geschilderten Weise beschritten. Nach einander kommt es dabei zu einer konfrontativen Zuspitzung, die die körperliche Konfrontation bis an den Rand des Mordes treibt. Der arabische Politiker droht den „Atomknopf“ zu drücken, der GI im Reisfeld droht eine hilflose Frau zu erstechen, der asiati- sche Diktator droht eine Massendemonstration zur Jubelhymne anzustacheln und der russische Panzerkommandant droht eine hilflose Frau mit seiner Bordkanone auszulöschen.

Diese Sequenzierung schafft gleichzeitig vier Spannungsmomente, die radi- kal vorgehalten werden: Getreu der initialen Reihenfolge der Geschehnisse findet im zweiten Teil des Spots die Auflösung der jeweiligen Spannungs- momente in einer unerwarteten Weise statt. Es geschieht jeweils nicht das, was die männliche Gewaltlogik der Narration gleichsam als absolute Erwar- tung (auch im Rahmen der Semiotik des Action-Genres) in den Raum stellt sondern ein erotisches Ereignis. Der russische Panzerkommandant küsst die hilflose Frau, ebenso der GI im Reisfeld; der asiatische Diktator lässt seine Massen ein Liebesbildchen seiner eigenen Person und einer Angebeteten im Massenmosaik zeigen und der arabische Politiker drückt statt des „Atom- knopfs“ den Schalter der Fernzündung eines schaurig-schönen Feuerwerks.

Die identischen inhaltlichen und technischen Auflösungen der Sequenzie- rungen lassen ein ironisches Schema erkennen, das alle vier Männer im Spot zu Trägern einer einzigen Idee werden lässt. Diese Idee besteht darin, dass ihre verpanzerte Männlichkeit, die technisch und assoziativ vermittelt ist, durch eine plötzliche Wendung erotisch aufgelöst und in die Richtung einer Frau geöffnet wird. Die männliche Verpanzerung geht dabei zunächst aus unerfindlichen Gründen auf und erzeugt Handlungen, die den gewählten Klischee-Typen im Rahmen einer herkömmlichen Erwartung nicht zuzutrau- en wären.

Die vierfache Sequenzierung der überraschenden Auflösung erzeugt ein in- tegriertes Moment von Spannung, das sich in der beim Seher evozierten Frage nach der Ursache eines solch überraschenden Verhaltens konzentrie- ren lässt: Es stellt sich tatsächlich de Frage, was einen so stark verpanzerten Mann wie den asiatischen Diktator in einer solchen Weise „locker“ machen könnte, oder was einen Panzerkommandanten mitten im Gefecht den spon- tanen Schritt heraus aus seinem Panzer und auf eine Frau zu tun lässt.

Die Antwort auf diese Frage wird bis zum Schluss hinausgezögert. Da sich die ausgewählten Männer-Typen auch politisch sehr fern stehen und der Zu- schauer nicht die Möglichkeit hat, andere handlungsrelevante Muster zu er- kennen, die eine gemeinsame Ursache vermuten ließen, bliebt die Erwartung hier offen. In diese Lücke stößt schließlich das Deo von „Axe“: Dieses wird dem iranischen Politiker großzügig auf Brust und Schultern bzw. in die Ach- selhöhlen gesprüht. In diesem Moment ist das „Rätsel“ um die Auflösung der Verpanzerung der Männer gelöst.

Das Deo „Axe Peace“ erscheint innerhalb dieser narrativen Logik als jenes Mittel, das die ironische und erotisch wirksame Auflösung der männlichen Verpanzerung bewirken konnte. Damit ist die psychologische Botschaft des Spots an die potenziellen Kunden des Deo-Produkts formuliert.

Diese psychologische Botschaft formuliert die (implizite) Vorstellung, dass auch die schlimmste männliche Verklemmung, die auf einer körperlichen Ab- schließung und Isolation beruht, symbolisch repräsentiert durch die Angst und den Ekel, den die Massenmörder und Gewalttäter beim Zuschauer evo- zieren, durch die Anwendung des Produkts auflösbar wird. Der Schweiß und die Angst, die beim Zuschauer (ironisch) durch diese Monster ausgelöst wird, wird (ironisch) zur Hemmung, die der Mann in der erotischen Begegnung überwinden muss.

Der Duft des Deos und seine vorgebliche Wirkung in der Schweißhemmung versprechen auf diese Weise, die männliche Isolation (den Ekel, den die Frau empfinden könnte) aufhebbar zu machen. Plötzlich ist der männliche Körperpanzer nicht mehr notwendig, und der Mann kann gelöst auf die Frau zugehen bzw. mit ihr glücklich sein.

Die oben angedeutete psychologische Botschaft wird auf der Basis einer Weltkonstruktion übermittelt, die sehr einfach, aber auch sehr dynamisch, gefährlich und angstauslösend ist: Der Mann steckt in seiner sozialen Rolle fest, die auf Beharren, Gewalt, Verklemmung, Verweigerung von Kommuni- kation, Angst und Hass beruht: Von dieser Polarität aus muss er einen Weg finden, der ihn der Frau näher bringen kann. Damit wird eine universelle Po- larität zwischen verpanzerter Männlichkeit und Weiblichkeit errichtet.

[...]

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Filmanalyse des Werbespots zu „Axe Peace“
Untertitel
Dekonstruktion von Männlichkeitskonzepten
Hochschule
Universität Passau  (Medien und Kommunikation)
Veranstaltung
Textanalytische Methodik, Kulturwissenschaftliche Medialitätsforschung
Note
2,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
12
Katalognummer
V274707
ISBN (eBook)
9783656668220
ISBN (Buch)
9783656668213
Dateigröße
659 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
filmanalyse, werbespots, peace, dekonstruktion, männlichkeitskonzepten
Arbeit zitieren
Daniel Lorenzer (Autor:in), 2014, Filmanalyse des Werbespots zu „Axe Peace“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274707

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