Maßnahmen zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen nach dem Ende des Kalten Krieges

Von der Cooperative Threat Reduction Initiative zur Globalen Partnerschaft der G 8


Seminararbeit, 2011

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die neuen Gefahren nach dem Ende des Kalten Krieges
2.1 Zerfall der UdSSR
2.2 Gefahren des nuklearen Terrorismus

3. Maßnahmen nach dem Zerfall der UdSSR
3.1 Abzug der Kernwaffen aus Belarus, Kasachstan und der Ukraine
3.2 Programme der USA
3.2.1 Cooperative Threat Reduction Initiative
3.2.2 Global Threat Reduction Initiative
3.3 Globale Partnerschaft gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen

4. Fazit und Ausblick

Bibliografie

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Nichtverbreitung und Abrüstung von Massenvernichtungswaffen und legt dabei den Schwerpunkt besonders auf den Zerfall der UdSSR und den nuklearen Terrorismus. Ziel ist es zu verdeutlichen, welchen neuen Gefahren sich die internationale Gemeinschaft seit den 1990er Jahren und somit dem Ende des Ost-West-Konflikts gegenüber sieht und welche Maßnahmen zur Vorbeugung dieser Gefahren unternommen wurden. Als Basis und Ausgangspunkt für die vorgestellten Maßnahmen dienen der Nichtverbreitungsvertrag sowie die Übereinkommen zum Verbot der biologischen und chemischen Waffen, die bereits in der Phase des Kalten Krieges vereinbart wurden, weil auch zu dieser Zeit das Interesse seitens der Atommächte an der Nichtverbreitung von Kernwaffen bestand. Der Nichtverbreitungsvertrag aus dem Jahre 1968 basiert hauptsächlich auf der Nichtweitergabe und dem Nichterwerb von Kernwaffen, das heißt, dass Atommächte sich verpflichten keine Kernwaffen an Dritte weiterzugeben und die Nichtatommächte keine Versuche unternehmen Kernwaffen zu erwerben. Des Weiteren müssen sich die Atommächte in angemessenem Maße um nukleare Abrüstung bemühen.1 Auf dieser Grundlage entstanden schließlich auch die Übereinkommen zum Verbot von biologischen und chemischen Waffen. Bei diesen beiden Verträgen handelt es sich jedoch um ein vollständiges Verbot, nicht nur eine Beschränkung von biologischen und chemischen Waffen.2 Dabei soll es besonders um zwischenstaatliche Maßnahmen gehen. Hilfe im Rahmen von Institutionen wie der Europäischen Union, den Vereinten Nationen oder der IAEA bleiben außen vor. Im ersten Teil der Arbeit werden zunächst die potentiellen Gefahren beschrieben, die seit dem Zusammenbruch der UdSSR entstanden sind. Dabei sollen neben amerikanischen Meinungen auch einige russische Wissenschaftler und russische Standpunkte zur Sprache kommen. Der zweite Teil thematisiert einige ausgewählte Maßnahmen gegen die beschriebenen neuen Gefahren.

2. Die neuen Gefahren nach dem Ende des Kalten Krieges

2.1 Zerfall der UdSSR

Anfang der 1990er Jahre entstand angesichts des Zerfalls der UdSSR die Bedrohungslage, dass Kernwaffen und nukleares Material durch unkontrollierte Proliferation in die falschen Hände geraten könnten. Zunächst einmal gilt es festzustellen, dass durch den Zerfall der UdSSR in 15 einzelne Staaten, praktisch über Nacht, neben Russland, welches als offizieller Fortsetzerstaat der UdSSR gilt,3 drei neue Atommächte auf der Weltkarte aufgetaucht sind. Auf dem Territorium der drei ehemaligen Sowjetrepubliken Kasachstan, Belarus und der Ukraine waren “wichtige militärische Basen, Testgelände und Waffenstützpunkte für Atomwaffen”4 stationiert. Somit war nach dem Ende des Kalten Krieges die Ukraine “im Besitz von etwa 5000 strategischen und taktischen Waffen, Weißrussland von 81 ballistischen Interkontinentalraketen und Kasachstan von 1400 nuklearen Sprengköpfen, 104 ballistischen Interkontinentalraketen und zahlreichen schweren Bombern”5. Diese Tatsache der geostrategischen Veränderung birgte eine Reihe von Risiken in sich. Nach Meinung des Direktors des Zentrums für strategische und globale Studien in Moskau, Loenid Fituni, führt diese regionale Instabilität zunächst einmal zwangsweise zur Verringerung des Kontrollmechanismus, wodurch alternative Gruppierungen ungehindert an Kernwaffen oder nukleares Material herankommen könnten. Dieses Szenario wäre vor allem in Regionen zu befürchten, in denen alternative Gruppen, im Extremfall Terroristen, einen starken Einfluss auf die Bevölkerung haben und somit die Macht ergreifen könnten. Problematisch bei einer solchen Konstellation wäre, dass solche Gruppen nicht an internationale Verträge gebunden sind. Eine weitere Gefahr im Zusammenhang mit der Entstehung neuer Nuklearstaaten ist, dass nicht nur alternative Gruppierungen, sondern auch legitimierte Regierungen ihren nuklearen Status als Machtmittel nutzen könnten, um ihren internationalen Anerkennungsgrad zu steigern. Des weiteren sind die neu entstandenen Staaten damit befasst, eigene Armeen aufzubauen und ob sie dabei auf die schlagkräftigste Waffe - eine Atombombe - verzichten, ist trotz ihrer Zusage nicht auszuschließen.6

Aber nicht nur Kernwaffen in den Nachfolgestaaten der UdSSR, sondern auch kernwaffenfähige Kernmaterialien, wie zum Beispiel hochangereichertes Uran oder Plutonium, stellen ein potenzielles Sicherheitsrisiko dar. Schätzungen zufolge befindet sich lediglich ein Drittel der militärischen Plutonium- und Uranproduktion Russlands in einsatzfähigen Kernwaffen, die zwei restlichen Drittel werden als Reserve in Lagerstätten aufbewahrt, deren Sicherheitsstandards unbefriedigend sind. Am meisten Sorge bereitet die Möglichkeit, dass nukleares Material außer Landes geschmuggelt wird, um es im Ausland an potenzielle Kernwaffeninteressenten zu verkaufen. Einen Anhaltspunkt für die Bedeutung der Gefahr der Entwendung von Nuklearmaterialien bieten die erfassten Diebstähle seit den 1990er Jahren.7 Russische Wissenschaftler sehen selbst in der Sicherung von Nuklearmaterial eine große Verantwortung seitens Russland gegenüber der internationalen Gemeinschaft.8 Abbildung 1 zeigt einige gesicherte Fälle des Nuklearschmuggels, die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.

Abbildung 1: Quelle: Krause, Joachim/ Häckel, Erwin: a.a.O.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Schilderungen verdeutlichen, dass allein durch den Zerfall der UdSSR in mehrere Staaten neue Gefahren entstanden sind. Jedoch hatte der Zusammenbruch nicht nur geostrategische, sondern auch wirtschaftliche und soziale Folgen, die ein Gefahrenpotenzial darstellen. Laut Leonid Fituni hängen diese Aspekte unmittelbar mit dem Faktor Mensch zusammen, denn der geopolitische Wandel hat für Staaten wie die Ukraine und Kasachstan erhebliche wirtschaftliche Folgen. In der Ukraine befanden sich beispielsweise die meisten Produktionsbetriebe und Konstruktionsbüros für die Raketenabwehr im Weltall. Mit dem Wegfall solcher Standorte ging für die Regionen der Verlust von wirtschaftlichen Arbeitsplätzen einher und somit auch der Wohlstand und die Zufriedenheit der Arbeitnehmer. Problematisch wird es, wenn beispielsweise Kernphysiker bereit sind aufgrund von schlechten Beschäftigungsmöglichkeiten, lukrative Arbeitsverträge anzunehmen, ohne den Verwendungszweck des Arbeitgebers zu beachten. Ganz eng damit zusammen hängt der soziale Aspekt, der die Wissenschaftler beeinflusst, denn mit dem Zusammenbruch der UdSSR verloren sie nicht nur das Ansehen eines ehrenwerten Berufs, sondern vor allem die Zukunftsperspektive. Des weiteren ist es von Bedeutung, die Kernphysiker mit einer Aufgabe zu betrauen, die ihrer Qualifikation entspricht, denn für echte Wissenschaftler ist es auch wichtig ihr vorhandenes Wissen anzuwenden. Aus diesen schlechten wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen resultiert das Problem der Abwanderung in Staaten, die an Kernwaffen interessiert sind und die nötigen finanziellen Mittel zu Verfügung haben.9 Der ehemalige Sekretär des Sicherheitsrates der Russischen Föderation, Andrej Kokoschin, sagte in einem Interview, dass die Abwanderung von Experten dem Verteidigungsministerium erhebliche Sorgen bereitet und man bereits Kenntnisse über die Emigration von Kernphysiker hat, weil ihnen schlicht die Zukunftsperspektiven fehlen. Diesen Trend zu stoppen liegt besonders in russischen Interesse, weil man sonst das letzte Hemd, nämlich das wissenschaftliche Potential auf dem militärischen Sektor verlieren würde, so Kokoschin. 10 Alles in allem kann man sagen, dass Kernwaffen in den Nachfolgestaaten der UdSSR, unzureichend geschützte Nuklearmaterialien und das Insiderrisiko der Wissenschaftler die Hauptprobleme in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zerfall der UdSSR sind, die es durch die internationale Gemeinschaft zu bewältigen gilt.

2.2 Gefahren des nuklearen Terrorismus

Der nukleare Terrorismus stieg nach dem Ende des Ost-West-Konflikts zum Weltsicherheitsproblem Nummer eins auf. Außer Frage steht, dass der in Kapitel 2.1 geschilderte Sachverhalt die Lage deutlich verschärft hat, denn die Instabilität in den ehemaligen Sowjetrepubliken bietet den Nährboden für die wachsende Gefahr des nuklearen Terrorismus. Spätestens seit den Terroranschlägen am 11. September ist allen bewusst geworden, dass Nuklearterrorismus eine potenzielle Gefahr darstellt, mit der sich nicht nur Russland auseinander setzen muss. Gepaart mit der wachsenden Nachfrage nach Kernwaffen und nuklearen Materialien seitens terroristischer Gruppierungen und geringen Sicherheitsstandards zum Schutz solcher Materialien birgt eine solche Kombination ein erhebliches Bedrohungsszenario. Zunächst einmal besteht die Gefahr eines terroristischen Angriffs auf nukleare Anlagen, wie zum Beispiel Kernreaktoren und nukleare Materialien. Ein Terrorakt wie am 11.September 2001 auf ein Kernkraftwerk stellt für die internationale Gemeinschaft ein Horrorszenario dar. Besonders in Russland und anderen ehemaligen Sowjetrepubliken sind die Sicherheitsstandrads unbefriedigend. Der stellvertretende Minister für Atomfragen, Lew Ryabew, sagte in einer Anhörung in der Duma, dass der Schutz von Anlagen bei weitem nicht ausreicht, “um terroristische Angriffe gegen nukleare Anlagen und Materialien abzuwehren”.11 Darüber hinaus ist das Transportrisiko von Kernwaffen, die aus der Ukraine, Belarus und Kasachstan nach Russland transportiert wurden, nicht zu unterschätzen, denn solche Transporte sind fast schutzlos Angriffen ausgeliefert, insbesondere da Russland für die Modernisierung von Spezialfahrzeugen und Schienen das Geld fehlt.12

Die zweite Möglichkeit für Terroristen, einen nuklearen beziehungsweise einen radiologischen Anschlag durchzuführen, ohne dabei selbst Kernwaffen zu besitzen, ist eine sogenannte schmutzige Bombe. Eine solche Bombe ist darauf ausgerichtet, durch konventionelle Explosion radioaktives Material möglichst weiträumig zu verteilen. Der Vorteil einer schmutzigen Bombe liegt darin, dass sie sehr leicht herzustellen ist, denn man benötigt lediglich radioaktives Material, das aus radioaktivem Abfall oder aus der Industrie besorgt werden kann.13

[...]


1 Vgl. Goldblat, Jozef, Arms Control: The New Guide to Negotiations and Agreements. London: Sage Publications, 2002, S. 101.

2 Vgl. ebd., S. 135f.

3 Vgl. Zimmermann, Andreas, Max-Planck-Institut für Ausländisches Öffentliches Recht und Völkerrecht (Hrsg.): Staatennachfolge in völkerrechtliche Verträge: Zugleich ein Beitrag zu den Möglichkeiten und Grenzen völkerrechtlicher Kodifikation. Springer, 2000, S. 85.

4 Oberhofer, Gregor: Ehemalige sowjetische Republiken Belarus, Kasachstan und Ukraine, in: http://www.atomwaffena-z.info/atomwaffen-heute/die-atomwaffenfreie-welt/ehem-sowjetische- republiken/index.html (02.02.2011)

5 Ebd. (02.02.2011)

6 Vgl. Fituni, Leonid: Die Verlagrung der strategischen Akzente und das Problem der Weitergabe hochgefährlicher Technologien nach dem Zerfall der UdSSR. In: Hans-Seidel-Stiftung (Hrsg.): Neue Bedrohung für die Welt?: Gefahren und Kontrollmöglichkeiten nuklearer Proliferation aus den GUS- Staaten. München, Politische Studien, Sonderheft 3 /92, 43. Jahrgang, Oktober 1992, S. 13ff.

7 Vgl.Krause, Joachim/ Häckel, Erwin: Auf dem Weg zur nuklearen Anarchie? Die mangelnde Sicherheit waffenfähiger Spaltmaterialien in Rußland und der GUS. Forschungsinstitut der DGAP: Arbeitspapiere zur Internationalen Politik Nr. 99. Bonn: Europa Union Verlag, April 1998, S. 12f.

8 Vgl. Grawe, Aleksej/ Petrenko, Andrej: Ekspertnyj kontrol' w rossii i bezopasnost' mezhdunarodnyh perewozok yadernyh materialow. In: Indeks bezopasnosti: rossijskij zhurnal bezopasnosti №1 (88), wesna 2009, S. 95f. In: http://pircenter.org/data/publications/sirus3-08/085-104_Analiz_Grave-Petrenko.pdf (04.02.2011)

9 Vgl. Fituni, Leonid: a.a.O., S. 17.

10 Vgl. Kokoschin, Andrej: O rewolyucii w woennom dele w proshlom I nastoyashhem. In: Otechestwennye zapisi (Hrsg): Budushhee wojny I wojna budushhego, № 5, 2005. Abrufbar im Internet: http://www.strana-oz.ru/print.php?type=article&id=1134&numid=26 (04.02.2011)

11 Krause, Joachim/ Häckel, Erwin: a.a.O., S. 20

12 Vgl. Ebd., S. 8f.

13 Vgl. The The Weapons of Mass Destruction Commission, Weapons of Terror - Freeing the World ofNuclear, Biological and Chemical Arms, Stockholm, 2006, S. 40.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Maßnahmen zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen nach dem Ende des Kalten Krieges
Untertitel
Von der Cooperative Threat Reduction Initiative zur Globalen Partnerschaft der G 8
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
17
Katalognummer
V274479
ISBN (eBook)
9783656671404
ISBN (Buch)
9783656671350
Dateigröße
675 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
maßnahmen, nichtverbreitung, massenvernichtungswaffen, ende, kalten, krieges, cooperative, threat, reduction, initiative, globalen, partnerschaft
Arbeit zitieren
Patrick Spieß (Autor:in), 2011, Maßnahmen zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen nach dem Ende des Kalten Krieges, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274479

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