Hauptpflicht zur Arbeitsleistung


Forschungsarbeit, 2014

55 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


1. Hauptpflicht zur Arbeitsleistung

Nach § 611 Abs. 1 BGB ist der Arbeitnehmer zur Leistung der versprochenen Dienste verpflichtet. Hinsichtlich dieser vertraglichen Hauptpflicht zur Arbeitsleistung gilt:

- Schuldner/Gläubiger der Arbeitsleistung
- Art und Inhalt der Arbeitspflicht
- Ort der Arbeitspflicht
- Zeitliche Grenzen der Arbeitspflicht
- Überstunden und Kurzarbeit

Wie in jedem gegenseitigen Vertrag kann auch die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers suspendiert oder ganz ausgeschlossen sein. Dies ist der Fall, wenn eine Befreiung von der Arbeitspflicht eingreift.

Besondere Rechte und Pflichten beider Parteien ergeben sich bei der Teilzeitarbeit.

**** Wir widmen diese Arbeit Herrn Landtagsabgeordneten Karl Peter Wettstein, in freundschaftlicher und kollegialer Verbundenheit.

1. 1. Schuldner/Gläubiger der Arbeitsleistung

Die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers , die vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen, ist nach der (dispositiven) gesetzlichen Regelung in § 613 S. 1 BGB eine höchstpersönliche Verpflichtung , die der Arbeitnehmer nicht ohne das Einverständnis des Arbeitgebers auf andere übertragen kann.

Dienstberechtigt ist der Arbeitgeber; auch diese Berechtigung ist nicht übertragbar, § 613 S. 2 BGB. (konkludent) abbedungen wird diese Regelung aber bei Leiharbeitsverhältnissen. Eine weitere Ausnahme besteht bei sog. mittelbaren Arbeitsverhältnissen. Von der Übertragung der Dienstberechtigung ist das Einrücken eines Dritten in die Stellung des Arbeitgebers zu unterscheiden, so z.B. beim Tod des Arbeitgebers oder dem Betriebsübergang, § 613a BGB.

1. 2. Art und Inhalt der Arbeitsleistung

- Art der geschuldeten Tätigkeit : Die geschuldete Art wird grundsätzlich im Arbeitsvertrag vereinbart (z.B. Tätigkeit als Vorarbeiter, Chefsekretär, Schlosserin). Die Tätigkeitsfelder können auch in höherrangigen, auf das konkrete Arbeitsverhältnis anwendbaren Gestaltungsfaktoren (Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung) näher definiert und umgrenzt sein. Innerhalb der sich somit ergebenden Grenzen steht dem Arbeitgeber ein Weisungsrecht (Direktionsrecht)[1] /[2] zu, das aus § 315 BGB folgt und daher an die Grenzen des billigen Ermessens gebunden ist. Somit kann der Arbeitgeber gegen den Willen des Arbeitnehmers keine andere Art der Arbeitsleistung als die vereinbarte verlangen.
Nur ausnahmsweise ist im Notfall eine die Grenzen des vereinbarten Tätigkeitsbereichs überschreitende Weisung des Arbeitgebers nicht treuwidrig, wenn die vereinbarungsfremde Arbeit dem Arbeitnehmer zumutbar ist und der Arbeitgeber keine andere Möglichkeit zur Behebung des Notfalls hat. In diesem Fall sind im Rahmen von § 242 BGB die Interessen des Arbeitnehmers und die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegeneinander abzuwägen.[3] Als Notfall kommen nur ungewöhnliche und unvorhersehbare Ereignisse in Betracht, die auch bei vorausschauender Planung nicht auf andere Weise beseitigt werden können (insbes. Katastrophen, nicht aber bloße Dispositionsschwierigkeiten). Als Rechtsgrund dieser Pflicht wird die Treuepflicht des Arbeitnehmers herangezogen. Inhalt der Arbeitsleistung : Der Arbeitnehmer schuldet das (bloße) Tätigwerden, nicht aber einen Erfolg im Sinne der Erzielung eines quantitativen oder qualitativen Arbeitsergebnisses. Maßstab der Dienstpflicht des Arbeitnehmers ist das individuelle Leistungsvermögen des konkreten Arbeitnehmers und nicht eine objektive Normalleistung. Bleibt die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers hinter der objektiven Normalleistung zurück, liegt keine Pflichtverletzung vor. Der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers kann aber bei bewusster Schlecht- oder Langsamarbeit als rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) versagt werden.
Der Anspruch auf die höchstpersönliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers kann nach h. M. nicht vollstreckt bzw. durch Zwangsmaßnahmen erzwungen werden, da es sich um unvertretbare Handlungen handelt (§ 888 Abs. 3 ZPO).[4] Bei einer Nichtleistung kann der Arbeitgeber aber aus § 283 BGB Schadensersatz verlangen, insbesondere das Arbeitsentgelt, das an eine Aushilfskraft gezahlt wurde. Aufgrund des Fixschuldcharakters der Arbeitsleistung liegt i.d.R. Unmöglichkeit und nicht Verzug vor . Der Arbeitgeber kann seinerseits nach dem Grundsatz “ohne Arbeit kein Lohn” die Lohnzahlung verweigern.

1. 3. Ort der Arbeitsleistung

Der Leistungsort der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeit ergibt sich regelmäßig schon aus dem Arbeitsvertrag (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 NachwG, § 269 BGB) sowie den Weisungen des Arbeitgebers. In der Regel wird der Arbeitnehmer für einen bestimmten Betrieb, nicht aber einen bestimmten Ort i m Betrieb eingestellt, d. h. für eine Tätigkeit innerhalb des Betriebes. Als Folge kann der Arbeitgeber regelmäßig den konkreten Leistungsort im Betrieb (Raum) durch eine Weisung bestimmen. Ein Wechsel in einen anderen Betrieb kommt hingegen nur in Betracht, wenn dies im Arbeitsvertrag vorbehalten wurde.

1. 4. Zeitliche Grenzen der Arbeitspflicht

Der Zeitraum , innerhalb dessen der Arbeitnehmer zur Arbeit verpflichtet ist, ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag (z.B. Arbeitsbeginn am 1.1.2002) sowie in Bezug auf Feiertage etc. aus Gesetzen (vgl. § 2 Abs. 1 EFZG), Tarifverträgen sowie Betriebsvereinbarungen. Innerhalb dieses Zeitraums ist die konkrete Arbeitszeit zu ermitteln, d.h. die tägliche Arbeitszeit, die Wochentage, an denen gearbeitet wird, die einzuhaltenden oder gewährten Pausen. Auch hierbei gilt das Rangverhältnis der Gestaltungsfaktoren:[5]

- Gesetzliche Regelungen enthält u. a. das ArbZG in Umsetzung der EG-Richtlinie 93/104/EG in den §§ 3, 4 ArbZG hinsichtlich der durchschnittlichen maximalen Tagesarbeitszeit (werktägliche Höchstarbeitszeit) und der vorgeschriebenen Ruhepausen. Diese Regelungen werden durch § 7 ArbZG in Grenzen für Abweichungen in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen geöffnet. Zudem darf gem. § 14 ArbZG in besonderen unverschuldeten Notfällen über die regelmäßig zulässige Arbeitszeit Arbeit angeordnet werden .
Dieser sog. allgemeine Arbeitszeitschutz wird durch weitere Schutzregelungen für bestimmte Arbeitnehmer ergänzt (sog. besonderer Arbeitszeitschutz, vgl. §§ 7, 8 MuSchG, 8 ff. JArbSchG, 124 SGB IX).
Verträge oder Weisungen, die gegen diese gesetzlichen Schutznormen verstoßen, sind (nur) insoweit nach § 134 BGB nichtig; bei Verträgen tritt an die Stelle der unzulässig vereinbarten die gesetzlich zulässige Arbeitszeit nach § 3 ArbZG.

- Tarifvertraglich können nach § 7 ArbZG abweichende Regelungen von der gesetzlichen Höchstarbeitszeit des § 3 ArbZG festgelegt und nach § 1 Abs. 1 TVG auch Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie die Pausen geregelt werden (s. hierzu auch das aktuelle Problem des Günstigkeitsvergleichs bei sog. Beschäftigungssicherungsabreden).

- Durch Betriebsvereinbarungen kann – soweit kein Tarifvertrag entgegensteht, § 77 Abs. 3 BetrVG – zwar die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festgelegt werden. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG umfasst nicht die Dauer (aber die Lage) der wöchentlichen Arbeitszeit. Für die Dauer verbleibt es daher bei der freiwilligen Mitbestimmung gem. § 88 BetrVG, so dass üblicherweise durch Betriebsvereinbarungen nur die Lage der täglichen Arbeitszeit und der Pausen bestimmt wird. Eine solche Betriebsvereinbarung können sowohl Betriebsrat als auch Arbeitgeber erzwingen, § 87 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BetrVG.

- In dem durch diese rechtlichen Gestaltungsfaktoren geschaffenen Rahmen bleibt Raum für eine weitere Konkretisierung durch die arbeitsvertraglichen Regeln sowie Weisungen des Arbeitgebers. Um einen Sonderfall handelt es sich bei der sog. Arbeit auf Abruf.

1. 5. Überstunden und Kurzarbeit

Sofern der Arbeitnehmer mehr arbeitet, als er konkret nach seinem Arbeitsverhältnis zu arbeiten verpflichtet ist, liegt eine Überarbeit (Überstunden) vor. Fehlt es an einer anwendbaren tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Sonderregelung, in der das Entgelt bei Überarbeit geregelt ist, so ist die Mehrarbeit üblicherweise zu vergüten (§ 612 Abs. 1 und 2 BGB).

1.6 Verringerung der Arbeitszeit

Zur Erreichung des Ziels des TzBfG (vgl. § 1 TzBfG: Förderung der Teilzeitarbeit) besteht ein (durch die europäische Richtlinie 97/81/EG nicht geforderter) Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit (§ 8 Abs. TzBfG) . Hierdurch wird dem Arbeitnehmer eine einseitige Möglichkeit zur Inhaltsänderung des Arbeitsvertrags gegeben; die Inhaltsänderung umfasst sowohl die Verkürzung von der Voll- auf Teilzeit als auch die weitere Verkürzung einer Teilzeittätigkeit.

- der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet oder geduldet hat oder sie betrieblich notwendig waren.[6] Im Fall der Klage auf den für die Überstunden begehrten zusätzlichen Lohn, hat der Arbeitnehmer konkret vorzutragen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die normale Arbeitszeit hinaus tätig war. Möglich ist auch die Vereinbarung eines bezahlten Freizeitausgleichs für die geleisteten Überstunden, d.h. eine zeitweilige Freistellung von der Arbeitspflicht unter Entgeltfortzahlung.

- Das Gegenstück zur Überarbeit ist die Kurzarbeit , bei der die Arbeitnehmer weniger als die vereinbarte Arbeitszeit arbeiten. Wird Kurzarbeit lediglich durch einseitige Weisung des Arbeitgebers angeordnet, kommt dieser in Annahmeverzug[7]/[8] , so dass der ArbN nach § 615 BGB den Lohn weiter beanspruchen kann.
Im Übrigen können Kurzarbeitsklauseln in Tarifverträge aufgenommen werden, durch die der Arbeitgeber auch zur einseitigen Anordnung von Kurzarbeit (mit Lohnkürzung) unter bestimmten Voraussetzungen ermächtigt wird. Zudem kann die Kurzarbeit auch durch Betriebsvereinbarung (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG) oder behördliche Genehmigung (z.B. 19 KSchG) zugelassen werden.
Schließlich können die Voraussetzungen der Kurzarbeit und die Höhe der Kurzarbeitsvergütung auch im Einzelvertrag – z.B. im Wege der Änderungskündigung[9] – bestimmt werden, wobei allerdings die Anordnung der Kurzarbeit selbst weiterhin der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegt. Einzelvertraglich kann aber nach h. M. der Arbeitgeber nicht zur einseitigen Anordnung von Kurzarbeit ermächtigt werden. Hierdurch droht eine Umgehung kündigungsschutzrechtlicher Bestimmungen

1.7 Teilzeitarbeit

In Umsetzung auch der Richtlinie 97/81/EG über die Förderung der Teilzeitarbeit ist diese nunmehr im TzBfG umfassend geregelt. Teilzeitarbeit liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer nur für eine kürzere Arbeitszeit als ein vergleichbarer Arbeitnehmer desselben Betriebes beschäftigt wird (§ 2 Abs. 1 TzBfG).[10] /[11] Üblich ist die Vereinbarung einer bestimmten Wochenarbeitszeit[12], die die allgemeine Wochenarbeitszeit unterschreitet.[13]

Bei dem Unterfall der Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG)[14] wird vereinbart, dass sich der Umfang der Arbeitsleistung nach dem Arbeitsanfall richtet. Zwar sollen auch hier die Wochenarbeitszeit und tägliche Arbeitszeit durch die Parteien vertraglich geregelt werden. Gem. § 12 S. 2, 3 TzBfG gelten beim Fehlen einer anderweitigen Vereinbarung aber mindestens 10 Stunden pro Woche in Blöcken zu mindestens drei Stunden als Arbeitsumfang vereinbart. Dies rechtfertigt sich aus der Gefahr, dass bei einem nur einseitigen Bestimmungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf den tatsächlichen Abruf der Arbeitsleistung, der Arbeitgeber durch das bloße Nichtabrufen der Arbeitsleistung auf Dauer den gesetzlichen Kündigungsschutz umgehen könnte.

Neben dem Diskriminierungsverbot aus § 4 Abs. 1 TzBfG sowie der besonderen Kündigungsschutzvorschrift des § 11 TzBfG sind zu unterscheiden:

Daneben bestehen auch vorrangige sondergesetzliche Ansprüche auf Teilzeitzeitarbeit eines schwerbehinderten Menschen[15], wenn die kürzere Arbeitszeit wegen der Art und Schwere der Behinderung erforderlich ist (§ 81 Abs. 5 S. 3 SGB IX) sowie der Anspruch auf Teilzeit während der Elternzeit .

[...]


[1] § 106 S. 1 GewO regelt das Weisungsrecht des ArbG und dessen Schranken. ArbG und ArbN können Abschluss, Inhalt und Form des Arbeitsverhältnisses frei gestalten, soweit keine zwingenden gesetzlichen oder kollektivrechtlichen Normen (etwa tarifvertragliche Regelungen) entgegenstehen § 105 GewO. Dies ist letztlich die gesetzliche Voraussetzung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit im Arbeitsrecht und einfachgesetzliche Umsetzung des Grundsatzes der Privatautonomie und des Art. 2 Abs. 1 GG. Eine weitere einfachgesetzliche Konkretisierung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit findet sich in § 241 Abs. 1 i .V. mit § 311 Abs. 1 BGB. Im Arbeitsleben bedarf es wegen der Machtverhältnisse im Wirtschaftsleben und der strukturellen Gefährdung der Privatautonomie rechtlicher Grenzen. Das Recht hat die Funktion, die gestörte Vertragsparität auszugleichen. § 105 S. 1 GewO regelt die Abschluss, Auswahl- und Gestaltungsfreiheit . Im Grundsatz kann das Arbeitsverhältnis formfrei abgeschlossen werden. Im Rahmen der Vertragsfreiheit steht es den Arbeitsvertragsparteien auch zu, die Schriftform (§§ 126, 127 BGB) für andere oder ergänzende Vereinbarungen festzulegen. Bei sog. Doppelten Schriftformklauseln bedarf die Änderung oder Ergänzung der Schriftform wiederum einer der Schriftform genügenden Aufhebung. In der Rechtsprechung hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass qualifizierte Schriftformklauseln abweichende mündliche Vertragsänderungen verhindern, BAG, Urt. vom 24.6.2003 – 9 AZR 302/02, DB 2003, 2349; a. A. Rollof, Vertragsänderung und Schriftformklausel, NZA 2004, 1194f. Bei Verwendung vorformulierter Arbeitsverträge ist bei der Inhaltskontrolle der Vorrang der Individualabrede nach § 305 b BGB zu beachten. Eine formularmäßige Schriftformklausel kann folglich eine hiervon abweichende individuelle Abrede nicht außer Kraft setzen und ist daher unwirksam, Becker, in HK-Arbeitsrecht, § 105 GewO, RN 6; BGH, NJW – RR 1995, 180. AGB können den Vorrang der Individualabrede auch nicht durch Formerfordernisse beseitigen Diese verstoßen stattdessen gegen § 305 BGB. Trotz der Schriftformklauseln sind schriftliche oder konkludente Abmachungen selbst dann wirksam, wenn in den AGB bestimmt ist, dass die Aufhebung der Schriftformklauseln nur schriftlich erfolgen kann, Däubler/Dorndorf, § 305 b, RN 12. Die Inhaltsfreiheit kann aus europarechtlichen Vorschriften, arbeitsrechtlichen Schutzgesetzen und tarifvertraglichen Regelungen eingeschränkt sein. Unmittel zu beachten sind die primärrechtlichen europarechtlichen Vorschriften aus den EU und EG-Verträgen, sowie das ungeschriebene primäre Europarecht. Richtlinien gelten mittelbar in der Form, in der sie der nationale Gesetzgeber umgesetzt hat. Werden sie nicht fristgerecht umgesetzt, gelten sie unmittelbar, aber nach h. M. nicht zwischen Privaten. Dennoch wirken sie über die richtlinienkonforme Auslegung (die Gerichte müssen sie beachten) auf das nationale Recht ein, Boemcke, § 105 GewO, RN 15. Tarifvertraglich können Inhaltsnormen das Arbeitsverhältnis bestimmen und gestalten. Abweichungsregelungen sind nur zulässig, wenn tarifvertragliche Öffnungsregelungen diese Abweichungen gestatten oder wenn sie für den ArbN eine günstigere Rechtslage bewirken. Die inhaltliche Gestaltungsfreiheit der Arbeitsvertragsfreiheit ist im Interesse von Mindestarbeitsbedingungen eingeschränkt. Dem ArbG steht zur Konkretisierung der Arbeitsleistungspflicht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht (Weisungsrecht) zu.

Dieses ist präziser ein Leistungskonkretisierungsrecht unter Beachtung der vertraglichen Leistungsvereinbarung. Je konkreter die Leistungspflicht im Arbeitsvertrag festgelegt ist, desto enger sind die rechtlichen Grenzen des Weisungsrechts. Bei Arbeitnehmerüberlassungen wird das Recht zur Leistungsbestimmung auf den Entleiher übertragen. Der Entleiher über das vom Verleiher übertragene Direktionsrecht aus, LAG München, NZA-RR 2003, 279, 280.

[2]Rechtsmäßige Weisungen konkretisieren die Arbeitspflicht. Rechtswidrige Weisungen, die auch nicht dem billigen Ermessen entsprechen, sind unverbindlich und damit folglich unbeachtlich. Dem ArbN steht ein Leistungsverweigerungsrecht, § 273 Abs. 1 BGB zu. Der ArbN kann eine vertragsgemäße Beschäftigung einfordern und einklagen. Das Weisungsrecht bezieht sich auf den Inhalt der Arbeitsleistung: was, wann, wo und wie! Je allgemeiner die Dienstleistungspflicht vertraglich festgelegt ist, desto weiter gehen die Befugnisse des ArbG konkret und im Einzelfall. Die Möglichkeiten des ArbG die Tätigkeitsschwerpunkte des ArbN festzulegen, finden dort ihre Grenzen, wo sie zu einer dauerhaften Absenkung der qualitativen Stufe der Arbeitsleistung führen würden, Becker, aaO, § 106 GewO, RN 5. Das Weisungsrecht kann sich auch auf den Arbeitsort erstrecken, wenn dieser nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Ist dies der Fall, bedarf der Wechsel des Arbeitsorts der einvernehmlichen Regelung oder einer Durchsetzung im Wege der Änderungskündigung. Im Zweifel gilt § 269 Abs. 1 BGB – als Arbeitsort der Sitz des Betriebes. Eine Verlegung des Betriebssitzes und Veränderung des Lebensmittelpunktes des ArbN, verbunden mit einer nachhaltigen Veränderung des privaten Lebenskreises führt nicht zwangsläufig zu einer Nachfolgepflicht, Becker, aaO., § 106 GewO, RN 10. § 106 Abs. 1 GewO zeigt die Grenzen des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts auf. Die Schranken beziehen sich dabei sowohl auf Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung wie auch auf die Ordnung und das konkrete Verhalten des ArbN im Betrieb. Behält sich der ArbG vor, nach Abstimmung der beiderseitigen Interessen, „Art, Ort oder Tätigkeit“ des ArbN zu ändern, ist dies eine Erweiterung des Direktionsrechts, die den ArbN entgegen des Gebots von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine konkrete Leistungsbestimmung liegt in der Übertragung von Aufgaben vor, wenn durch eine längere Übung eine konkludente Vertragsänderung zustande gekommen ist. Das Weisungsrecht wird in der Praxis künftig durch Umsetzungs- und Versetzungsklauseln oder durch einen vereinbarten Versetzungsvorbehalt erweitert.

[3] Hromadka/Maschmann, § 6 RN 30; BAG AP Nr. 4 zu § 615 BGB Böswilligkeit. Die Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber verstößt gegen § 106 S. 3 GewO, wenn er einen Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz zur Vermeidung eines Produktionsausfalls einsetzt und dabei nicht die persönlichen Interessen des Arbeitnehmers, insbesondere seinen gesundheitlichen Zustand, berücksichtigt, LAG Hamm, Urteil vom 01.06.2007 - 10 Sa 249/07. Der ArbG hat regelmäßig ein weiten Raum zur einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Insbesondere hat der Arbeitgeber das Recht, die arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Einzelnen festzulegen und dabei Zeit, Art und Ort der Arbeitsleistung zu bestimmen. Der Arbeitgeber darf auch einen Wechsel in der Art der Beschäftigung des Arbeitnehmers herbeiführen oder den Arbeitsbereich des Arbeitnehmers verändern, soweit dies arbeitsvertraglich zulässig ist. Im Übrigen darf das Direktionsrecht aber nur nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB ausgeübt werden. Dabei hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, § 106 S. 3 GewO. Die Ausübung billigem Ermessens nach § 315 BGB setzt dabei voraus, dass die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden (BAG, Urteil vom 27.03.1980 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 26; BAG, Urteil vom 23.06.1993 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 42; BAG, Urteil vom 29.10.1997 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 51; ErfK/Preis, a.a.O., § 611 BGB, RN 74 ff., 278.

[4] Palandt / Putzo, § 611 RN 19; a. A. Lüke , FS Wolf, 1985, S. 459 ff.

[5] Jeder Mensch hat die Pflicht, eigenverantwortlich seine eigene Kraft zu nutzen, aber auch das in der Verfassung verbriefte Recht, die Gemeinschaft dann in Anspruch zu nehmen, wenn er auf Hilfe und Unterstützung angewiesen ist. Freilich nur nach den gemeinschaftlichen Regeln. Vorsorgender Sozialstaat heißt: Der Sozialstaat sorgt vor, indem er Maßnahmen ergreift, um zu verhindern, dass soziale Notlagen überhaupt erst entstehen. Der Sozialstaat und seine Sozialen Sicherungssysteme dürfen nicht nur als Ausfallbürgschaften für gescheiterte Eigenverantwortung begriffen werden. Der Sozialstaat darf sich nicht zufrieden geben mit der Aufgabe, gesellschaftliche Fehlentwicklungen auszugleichen, den Schwächsten in der Gesellschaft ergänzende Notfallhilfe zu leisten. In den vergangenen Jahren wurde unter dem Druck knapper Kassen und hoher Arbeitslosigkeit eine Diskussion darüber geführt, ob wir uns „den Sozialstaat“ noch leisten können. Die konservative Idee des Sozialstaats war beschränkt auf die Kompensation von Risiken. Die linke Idee des Sozialstaats ging darüber hinaus: Er sollte die Menschen aus Zwängen befreien, sein Ziel war die Emanzipation und die aktive Gestaltung unserer Gesellschaft nach sozialen Grundsätzen. Sozialpolitik will nicht nur reparieren und in Notfällen einspringen, sondern vorausschauend gestalten“, Hubertus Heil, Berliner Republik, 4/2006.

[6] BAG AP Nr. 3 zu § 14 KSchG 1969 = NZA 1994, 837.

[7] Nach § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug , wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Das Angebot des Arbeitnehmers muss die vertragsgemäße Arbeit betreffen. Das Angebot einer anderen, nicht vertragsgemäßen Arbeit begründet keinen Annahmeverzug; denn die Leistung muss unabhängig davon, ob ein wörtliches Angebot (§ 295 BGB) genügt, ihrer Art nach so angeboten werden, wie sie zu bewirken ist (§ 294 BGB). Zu berücksichtigen ist, dass die Konkretisierung der Arbeitspflicht nach § 106 Satz 1 GewO Sache des Arbeitgebers ist BAG, Urteil vom 30. April 2008 - 5 AZR 502/07 - RN 24. Von einer Entbehrlichkeit des Angebots nach § 296 BGB kann im ungekündigt bestehenden Arbeitsverhältnis regelmäßig nicht ausgegangen werden (BAG, Urteil vom 25. April 2007 - 5 AZR 504/06 - RN 19, AP BGB § 615 Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 20). Nach § 297 BGB kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Ein Arbeitnehmer ist nicht stets schon dann leistungsunfähig i.S.v. § 297 BGB, wenn er aus Gründen in seiner Person nicht mehr alle Arbeiten verrichten kann, die zu den vertraglich vereinbarten Tätigkeiten gehören. Sonst bliebe außer Acht, dass der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen auszuüben und auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen hat. Ist es dem Arbeitgeber möglich und zumutbar, dem krankheitsbedingt nur eingeschränkt leistungsfähigen Arbeitnehmer leidensgerechte Arbeiten zuzuweisen, ist die Zuweisung anderer, nicht leidensgerechter Arbeiten unbillig. Unterlässt der Arbeitgeber die ihm mögliche und zumutbare Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit, steht die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen. Eine Tätigkeit, zu der der ArbN in der Lage war, führt nur dann zu einem Annahmeverzug des ArbG, wenn der ArbG eine solche Arbeit angeboten hat, die Arbeit vertragsgemäß und ihre Zuweisung dem ArbG möglich und zumutbar war.

Darüber hinaus wird Annahmeverzug angenommen, wenn der Arbeitgeber auf Grund seiner Fürsorgepflicht gehalten ist, den Arbeitnehmer vorübergehend mit anderen als den vertragsgemäßen Arbeiten zu beschäftigen, vgl. BAG, Urteil vom 18. Dezember 1986 - 2 AZR 34/86 - AP BGB § 297 Nr. 2. Ob dem uneingeschränkt zu folgen ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hätte es eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes oder einer entsprechenden freien Arbeitskapazität bedurft. Ein gewünschter Ringtausch zu Lasten der in der Produktion beschäftigten Arbeitnehmer dürfte die Grenze der Fürsorgepflicht des ArbG deutlich überschreiten. Im Übrigen hätte die ArbN eine nicht vertragsgemäße Arbeit wenigstens der Art nach anbieten müssen. Ein allgemeines Arbeitsangebot reicht hier in der Regel nicht (§ 294 BGB), weil der Arbeitgeber wissen muss, zu welchen Änderungen der Arbeitnehmer bereit ist.

Keinesfalls kann der Annahmeverzug darauf gestützt werden, der Arbeitgeber hätte eine bestimmte Arbeit anbieten müssen, obwohl der Arbeitnehmer diese Arbeit bereits abgelehnt hat. Das gilt auch dann, wenn ein Arbeitsgericht die Beendigungskündigung des Arbeitgebers rechtskräftig mit der Begründung für unwirksam erklärt hat, der Arbeitgeber hätte trotz der Ablehnung seitens des Arbeitnehmers die entsprechende Arbeit im Wege der Änderungskündigung anbieten müssen. Der gem. § 297 BGB für den Annahmeverzug vorausgesetzte Leistungswille ist von der Wirksamkeit einer Kündigung unabhängig. Hieraus folgt auch nicht der vom Kläger angeführte Wertungswiderspruch: Der Arbeitnehmer kann sehr wohl den unveränderten Bestand seines Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend machen, ohne die - vorübergehende - vertragswidrige Beschäftigung vorbehaltslos abzulehnen. Im ungekündigt bestehenden Arbeitsverhältnis kann anders als nach Ausspruch einer Kündigung regelmäßig nicht angenommen werden, der Arbeitgeber habe eine vorzunehmende Handlung nicht rechtzeitig vorgenommen, BAG, Urteil vom 07. Dezember 2005 - 5 AZR 19/05 - AP BGB § 615 Nr. 114 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 12. Macht der Arbeitgeber von einem vermeintlichen Recht Gebrauch, die Arbeitszeitdauer flexibel zu bestimmen, kommt § 296 BGB nicht zur Anwendung. Vielmehr muss der Arbeitnehmer die Arbeit anbieten.

Nach § 294 BGB muss die Arbeitsleistung dem Arbeitgeber so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden. Das gilt auch bei Verzug mit der Annahme eines Teils der Arbeitsleistung, BAG, Urteil vom 07. November 2002 - 2 AZR 742/00 - BAGE 103, 265, 269 f. Bestehen Meinungsverschiedenheiten über den zeitlichen Umfang der zu erbringenden Arbeit, braucht der Arbeitnehmer nicht erneut am Arbeitsplatz zu erscheinen. Es genügt, dass er erklärt, er wolle in bestimmtem Umfang über die angeordnete Arbeitszeit hinaus arbeiten. Dagegen stellen das Erscheinen am Arbeitsplatz und die Arbeitsaufnahme als solche nicht ohne Weiteres ein tatsächliches Angebot der Arbeitsleistung im Umfang der vollen vertraglichen Arbeitszeitdauer dar. Unter den Voraussetzungen des § 295 BGB genügt ein wörtliches Angebot.

BAG, Urteil vom 18.3.2009, 5 AZR 192/08. Keinen Annahmeverzug bei fehlendem Leistungsvermögen sieht auch das LAG Düsseldorf, NZA-RR 2007, 457; den Annahmeverzug wegen des fehlenden Angebots anderweitiger Beschäftigung behandelt die Entscheidung des BAG, NZA 2008, 1410 = NJW 2009, 700 L; mit einer außerordentlichen Kündigung wegen des Verlusts der betrieblichen Fahrerlaubnis beschäftigt sich die Entscheidung des BAG, AP BGB § 626 Nr. 212 = JuS 2008, 1129 mit einer Anmerkung von Boemke. Der Annahmeverzug des ArbG ist nach § 297 BGB wegen Leistungsunfähigkeit des Schuldners ausgeschlossen. Nach § 297 BGB kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Ein Arbeitnehmer ist nicht stets schon dann leistungsunfähig i.S.v. § 297 BGB, wenn er aus Gründen in seiner Person nicht mehr alle Arbeiten verrichten kann, die zu den vertraglich vereinbarten Tätigkeiten gehören. Sonst bliebe außer acht, dass der Arbeitgeber gemäß § 106 GewO sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen auszuüben und auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen hat. Ist es dem Arbeitgeber möglich und zumutbar, dem krankheitsbedingt nur eingeschränkt leistungsfähigen Arbeitnehmer leidensgerechte Arbeiten zuzuweisen, ist die Zuweisung anderer nicht leidensgerechter Arbeiten unbillig. Unterlässt der Arbeitgeber die ihm mögliche und zumutbare Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit, steht die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen, BAG, Urteil vom 24. September 2003 - 5 AZR 282/02 - AP BGB § 151 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 3; BAG, Urteil vom 04. Oktober 2005 - 9 AZR 632/04 - EzA SGB IX § 81 Nr. 9; BAG, Urteil vom 8.11.2006, 5 AZR 51/06.

[7] Nach § 615 Satz 2 BGB muss sich der Arbeitnehmer den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er zu erwerben böswillig unterlässt. Die Vorschrift ist inhaltsgleich mit § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG, BAG, Urteil vom 11. Oktober 2006 - 5 AZR 754/05; 16. Juni 2004 - 5 AZR 508/03 - BAGE 111, 123, 126. Beide Bestimmungen stellen darauf ab, ob dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) sowie unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 GG) die Aufnahme einer anderweitigen Arbeit zumutbar ist. Eine Anrechnung kommt auch in Betracht, wenn die Beschäftigungsmöglichkeit bei dem Arbeitgeber besteht, der sich mit der Annahme der Dienste des Arbeitnehmers im Verzug befindet. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Die Unzumutbarkeit der Arbeit kann sich unter verschiedenen Gesichtspunkten ergeben. Sie kann ihren Grund in der Person des Arbeitgebers, der Art der Arbeit oder den sonstigen Arbeitsbedingungen haben. Auch vertragsrechtliche Umstände sind zu berücksichtigen. Demgegenüber kann nicht auf die Zumutbarkeitskriterien des § 121 SGB III abgestellt werden. Böswillig handelt der Arbeitnehmer, dem ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er während des Annahmeverzugs trotz Kenntnis aller objektiven Umstände vorsätzlich untätig bleibt oder die Aufnahme der Arbeit bewusst verhindert, BAG, Urteil vom 11. Oktober 2006 - 5 AZR 754/05 – a.a.O; 11. Januar 2006 - 5 AZR 98/05 - AP BGB § 615 Nr. 113 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 11; 16. Juni 2004 - 5 AZR 508/03 – a.a.O., S. 126 ff.

[8] Der ArbG schuldet dem ArbN nach § 615 Satz 1, § 611 Abs. 1 BGB während des Annahmeverzugs die vertraglich vereinbarte Bruttovergütung. Der ArbN muss sich gem. § 11 Satz 1 Nr. 3 KSchG den Teil des bezogenen Arbeitslosengelds anrechnen lassen, der dem Anteil der Bruttovergütung entspricht, die der ArbG dem klagenden ArbN noch nach Anrechnung des böswillig unterlassenen Erwerbs auf das vertraglich geschuldete Arbeitsentgelt zu zahlen hat. Bezieht der Arbeitnehmer während des Annahmeverzugs Arbeitslosengeld, muss er sich nach § 11 Satz 1 Nr. 3 KSchG diese Leistung der Agentur für Arbeit auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber schuldet, anrechnen lassen. Bis zur Höhe der erbrachten Leistungen geht der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 115 Abs. 1 SGB X auf die Bundesagentur für Arbeit über. Wenn sich der Arbeitnehmer zusätzlich zum Arbeitslosengeld noch nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG böswillig unterlassenen Erwerb anrechnen lassen muss, erschließt der Umfang der Anrechnung aus den Zwecken des § 11 KSchG. Die Regelungen in § 11 Satz 1 Nr. 1 und 3 KSchG sollen gewährleisten, dass der Arbeitnehmer nach einer unwirksamen Kündigung durch den Arbeitgeber finanziell nicht besser, aber auch nicht schlechter steht, als wenn das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung durchgeführt worden wäre. Deshalb sind der tatsächlich erzielte Verdienst und Leistungen der Sozialversicherung auf das vom Arbeitgeber geschuldete Arbeitsentgelt anzurechnen. In § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG wird demgegenüber dem Arbeitnehmer eine Obliegenheit zur angemessenen Rücksichtnahme auf die Belange des Arbeitgebers auferlegt. Der Arbeitnehmer soll seine Annahmeverzugsansprüche nicht ohne Rücksicht auf den Arbeitgeber durchsetzen können. Deshalb ist der Arbeitnehmer gehalten, eine ihm nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) sowie unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 GG) zumutbare anderweitige Arbeit aufzunehmen BAG, Urteil vom 16. Juni 2004 - 5 AZR 508/03 - AP BGB § 615 Böswilligkeit Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 7. Unterlässt er dies, muss er sich anrechnen lassen, was er dabei hätte verdienen können. Diesen Zwecken des § 11 KSchG wird Rechnung getragen durch eine anteilige Anrechnung des bezogenen Arbeitslosengelds auf das Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der Anrechnung nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG noch vom Arbeitgeber verlangen kann. Bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze ist das gesamte Arbeitslosengeld Äquivalent des Gesamtbruttoentgelts, so dass eine proportionale Zuordnung zu erfolgen hat. Wenn sich der Arbeitnehmer während des Annahmeverzugs nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG auf das vom Arbeitgeber geschuldete Arbeitsentgelt böswillig unterlassenen Verdienst anrechnen lassen muss, ist nur in Höhe des Anteils, den der Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der Anrechnung nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG noch vom Arbeitgeber verlangen kann, das bezogene Arbeitslosengeld nach § 11 Satz 1 Nr. 3 KSchG zur Anrechnung zu bringen. Durch die anteilige Anrechnung verbleibt dem Arbeitnehmer das bezogene Arbeitslosengeld nicht uneingeschränkt zusätzlich zu der vom Arbeitgeber geschuldeten Vergütung. Andererseits wird der Arbeitgeber durch die Leistungen der Agentur für Arbeit nicht vollständig von seiner arbeitsvertraglichen Pflicht zur Nachzahlung eines Teils der Bruttovergütung und des sich daraus ergebenden Nettobetrags entlastet. Fritz, Erren, Der Zumutbarkeitsbegriff im Sinne von § 615 S. 2 BGB, § 11 Nr. 2 KSchG und seine Auswirkungen auf die Praxis, NZA 2009, 1242. Bei unzumutbar langer Pendelzeit liegt kein „böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs” vor. Kann der Arbeitgeber wegen Schließung einer Niederlassung die dort tätige Arbeitnehmerin am bisherigen vertraglichen Einsatzort nicht mehr beschäftigen und erweist sich die ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung wegen bestehender Schwangerschaft der Arbeitnehmerin als unwirksam, so überschreitet die (im Arbeitsvertrag vorbehaltene) Versetzung in eine andere Filiale die Grenze billigen Ermessens, wenn die Arbeitnehmerin auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen ist und je Strecke eine Fahrtzeit von mehr als zwei Stunden anfällt. Das gilt auch dann, wenn es sich um die einzige geeignete freie Stelle handelt, LAG Hamm, NZA-RR 2008, 175. In Übereinstimmung mit der Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz, BeckRS 2005, 41214 ist davon auszugehen, dass in den sozialrechtlichen Regeln der Zumutbarkeit von Fahrtzeiten zugleich ein brauchbarer Maßstab auch für die arbeitsrechtliche Beurteilung liegt. Soweit dem gegenüber das LAG Köln in seiner Entscheidung vom 21. 6. 2005, NZA-RR 2006, 14, den Standpunkt einnimmt, die in den sozialrechtlichen Vorschriften aufgestellten Beschränkungen seien allein in sozialrechtlicher Hinsicht von Belang, im Arbeitsverhältnis sei hingegen von einem erweiterten Zumutbarkeitsmaßstab auszugehen, überzeugt dies nicht. Aus welchem Grunde an den arbeitslos gewordenen Arbeitnehmer im Verhältnis zur Versichertengemeinschaft geringere Anforderungen zu stellen sein sollen, unter Einsatz zumutbarer Fahrzeiten einen neuen Arbeitsplatz zu finden, als dies dem Arbeitnehmer im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses im Verhältnis zum Vertragsarbeitgeber zugemutet wird ist nicht erklärbar. Weist der ArbG einen Einsatzort zu, der nur nach langer Anfahrt (ca. 2, 5 Stunden!) erreicht wird, dann hat er sein billiges Ermessen nach § 315 BGB überschritten. Der Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs ist deshalb nicht nach § 615 S. 2 BGB wegen „böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs” ausgeschlossen.

[9]BAG-Urteil vom 23.04.2008 - 2 AZR 1012/06 , DB 2008 S. 2091.

1. Das Erfordernis eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX besteht für alle Arbeitnehmer , die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig gewesen sind, und nicht nur für die behinderten Menschen . Die Pflicht zur Durchführung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements ist daher nicht nur öffentlich-rechtlicher Natur, sondern auch als „ins Arbeitsrecht transformierte“ Nebenpflicht aus dem individuellen Arbeitsvertrag anzusehen. Die Einstufung als Nebenpflicht führt dazu, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements hat. Dieser Anspruch ist durch den Arbeitnehmer gerichtlich durchsetzbar, was vermeidet, dass der Arbeitgeber, nicht wie bisher üblich, jedwedes Interesse an dem erkrankten Arbeitnehmer verliert.

2. Die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer personenbedingten Kündigung mit der Folge, dass sie unwirksam wäre, wenn das betriebliche Eingliederungsmanagement nicht durchgeführt worden ist.

3. § 84 Abs. 2 SGB IX ist aber auch keine Vorschrift mit bloß appellativem Charakter , die in jedem Fall folgenlos bliebe. Durch die dem Arbeitgeber gem. § 84 Abs. 2 SGB IX auferlegten besonderen Verhaltenspflichten soll möglichst frühzeitig einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses eines kranken Menschen begegnet und die dauerhafte Fortsetzung der Beschäftigung erreicht werden, BAG, Urteil vom 12.7.2007 - 2 AZR 716/06, DB 2008, 189ff ; AP H. 9/2008 § 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung Nr. 28 Rolfs/de Groot; Müller, BB 2008, 277ff; Hergenröder, in MünchKommt, § 1 KSchG, RN 135.

Das Ziel des Betrieblichen Eingliederungsmanagements wird in § 84 Abs. 2 Satz 1 deutlich umrissen: Überwindung der Arbeitsunfähigkeit, Vorbeugung vor erneuter Arbeitsunfähigkeit und Erhaltung des Arbeitsplatzes. Die Aufforderung an den Arbeitgeber ist als bindende rechtliche Verpflichtung zu verstehen „auf jeden Fall eine Klärung herbeizuführen.“ Dass diese Aufforderung als Verpflichtung des Arbeitgebers zur Durchführung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements anzusehen ist, wird auch durch die systematische Auslegung und die Entstehungsgeschichte des § 84 Abs. 2 unterstützt. § 84 Abs. 2 Satz 7 spricht eindeutig von einer dem Arbeitgeber nach dieser Vorschrift obliegenden „Verpflichtung“ und auch in der einschlägigen BT-Drucksache 15/1783 heißt es auf Seite 16 „... dass die Akteure unter Mitwirkung des Betroffenen zur Klärung der zu treffenden Maßnahmen verpflichtet werden“, so dass hier nicht nur von einem bloßen Programmsatz gesprochen werden kann. Gem. § 84 Abs. 2 SGB IX hat der Arbeitgeber dann, wenn ein Beschäftigter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig war, ein „betriebliches Eingliederungsmanagement“ durchzuführen. Dabei hat der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung i. S. des § 93 SGB IX, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Personen die Möglichkeiten zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneute Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Ziel des Eingliederungsverfahrens ist die Erarbeitung eines Maßnahmepakets , das medizinische Rehabilitationsmaßnahme, Änderung des Eigenverhaltens (Sport, Lebensgewohnheiten und Konsumverhalten) aber auch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen umfassen kann. Deshalb soll soweit dies zur Beurteilung der Auswirkungen auf die Gesundheit des ArbN erforderlich wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. Eine Unterstützung in arbeitsmedizinischen Fragestellungen kann durch den Betriebsarzt erfolgen, Monheimius: Betriebliches Eingliederungsmanagement – Der Gesetzgeber als Personalmanager? RDG 2006, 108.

Bei diesem Gespräch sind u. a. folgende Fragen zu klären:

Ursachenforschung bezogen auf die Fehlzeiten

Besteht eine betriebsärztliche Betreuung?

Erfolgen sonstige ärztliche oder klinische Maßnahmen (Operationen, Kur oder

Sonstiges)?

Besteht eine Schwerbehinderung/Gleichstellung?

Kommen arbeitsplatzbedingte Faktoren als Krankheitsursache in Betracht?

Ggf. Begehung des Arbeitsplatzes

Ggf. Planung einer Umrüstung des Arbeitsplatzes

Prüfung von anderen Einsatzmöglichkeiten

Das konkrete Vorgehen ergibt sich einzelfall- und problemorientiert aus dem Gespräch und berücksichtigt die besonderen Umstände des Einzelfalles. Gemeinsame Servicestellen oder Integrationsämter werden hinzugezogen, wenn es um die Abklärung von Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben geht. Diese Stellen wirken auch darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen innerhalb der dreiwöchigen Frist nach § 84 Abs. 2 Satz 2 erbracht werden, Bundestagsdrucksache 15/1783, S. 15. Der Ausbau betrieblicher Prävention im Sinne von „Rehabilitation statt Entlassung“ dient der Sicherung selbstbestimmter Teilhabe erkrankter/behinderter Menschen am Arbeitsleben . Das BEM setzt das generelle präventive Leitbild des SGB IX

§ 3 (2) Wer am Arbeitsleben teilnimmt oder teilnehmen will, hat ein Recht auf Beratung bei der Wahl des Bildungswegs und des Berufs, individuelle Förderung seiner beruflichen Weiterbildung, Hilfe zur Erlangung und Erhaltung eines angemessenen Arbeitsplatzes und wirtschaftliche Sicherung bei Arbeitslosigkeit und bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers

praxisorientiert und verantwortungsbewusst um, vgl. Nebe, (Re-)Integration von Arbeitnehmern: Stufenweise Wiedereingliederung und Betriebliches Eingliederungsmanagement - ein neues Kooperationsverhältnis, DB 2008, 1801ff – bedeutsam für die Sicherung der (Wieder-)Eingliederung durch BEM ist, dass § 84 Abs. 2 SGB IX nicht lediglich appellativen Charakter hat, sondern dem Arbeitgeber besondere Pflichten aufgibt , mittels derer möglichst frühzeitig einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses eines kranken Menschen begegnet und die dauerhafte Fortsetzung der Beschäftigung erreicht werden kann. Die vom Gesetz formulierten rechtlich verbindlichen Eckpunkte des BEM sind insbesondere durch den Zusammenhang zwischen Kündigungsrecht und betrieblicher Eingliederung stärker in das betriebliche und juristische Bewusstsein gerückt worden, vgl. Joussen, Verhältnis von Betrieblichem Eingliederungsmanagement und krankheitsbedingter Kündigung, DB 2009, 286ff; Kohte, DB 2008 S. 582; ebenso Tschöpe, NZA 2008, S. 398; sowie Müller, Anmerkung zu BAG vom 12. 7. 2007 - 2 AZR 716/06, BB 2008, S. 280. In der Diskussion und Rechtsanwendung genießt das vom Arbeitgeber gem. § 84 Abs. 2 SGB IX durchzuführende Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) zugunsten langzeiterkrankter Arbeitnehmer größere Aufmerksamkeit, Gagel, NZA 2004 S. 1359; Brose, DB 2005 S. 390; Kciuk, DöD 2005 S. 151; Hunold, BB 2005 S. 1684; Trenk-Hinterberger, in: HK- SGB IX, 2. Aufl., § 84 RN 1 ff. sowie RN 18 ff.

[9] Nach § 16 Satz 2 TzBfG kann ein ausschließlich aufgrund des Mangels der Schriftform unwirksam befristeter Arbeitsvertrag vorzeitig ordentlich gekündigt werden. Das BAG räumt den Arbeitsvertragsparteien jedoch die Möglichkeit ein, diese ordentliche Kündigungsmöglichkeit auszuschließen. Ist das gewollt, sollte in den Arbeitsvertrag eine Klausel aufgenommen werden, wonach die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von der Wirksamkeit der Befristung bis zum Befristungsende ausgeschlossen ist, vgl. Arnold, GWR 2009, 288178 = GWR 2009, 307; Krieger, ArbR-Aktuell 2009, 288216 - Zur „Falle“ gerät besonders häufig, dass nach der Rechtsprechung des BAG eine schriftliche Befristungsabrede grundsätzlich vor Aufnahme der Tätigkeit geschlossen werden muss (BAG, NZA 2005, 924; zu einer Ausnahme vgl. BAG, NZA 2008, 1185) und dass eine Verlängerung des Arbeitsvertrags nicht vorliegen soll, wenn im Zusammenhang mit der Verlängerung der Laufzeit auch einzelne Arbeitsbedingungen geändert werden, selbst wenn die Änderung zu Gunsten des Arbeitnehmers erfolgt, BAG, NZA 2007, 204. Das Risiko einer Unwirksamkeit der Befristungsabrede trifft i.d.R. den Arbeitgeber, weil Mitarbeiter geltend machen, ihr Arbeitsverhältnis habe nicht zum vereinbarten Befristungszeitpunkt geendet. Fehler bei der Befristung eines Arbeitsverhältnisses können sich aber im Einzelfall auch zu Lasten des Arbeitnehmers auswirken. Während nämlich bei einer wirksamen Befristung das ordentliche Kündigungsrecht des Arbeitgebers grundsätzlich ausgeschlossen ist (§ 15 Abs. 3 TzBfG), kann ein unwirksam befristeter Vertrag jederzeit – insbesondere auch vor dem vereinbarten Befristungsende – vom Arbeitgeber ordentlich gekündigt werden (§ 16 Satz 2 TzBfG); Bayreuther, in Beck'scher Online-Kommentar, § 16 TzBfG, RN 6. Der unmittelbare Regelungsbereich des § 16 erfasst die in § 14 geregelten Unwirksamkeitsfälle, ebenso Rolfs, RN 1; Müller-Glöge, in ErfK, RN 1 . Unwirksam ist die Befristung bei fehlendem Sachgrund, unzulässiger sachgrundloser Befristung, nicht eingehaltener Schriftform, Tillmanns, § 16 RN 9, und Verstoßes gegen tarifliche Regelungen (vgl. § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG; BAG, Urt. vom 23.06.2004 – 7 AZR 440/03). § 16 regelt ferner die ordentliche Kündigung durch den ArbG . Befristete Arbeitsverträge ohne ausdrückliche Vereinbarung der Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung sind für den ArbG nicht ordentlich kündbar sind. Der Arbeitnehmer soll in seinem Vertrauen auf die festgelegte Vertragsdauer, die so zu einer Mindestlaufzeit wird, geschützt werden. Der ArbG kann das ArbVerh. frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich kündigen, sofern nicht nach § 15 Abs. 3 die ordentliche Kündigungsmöglichkeit ausdrücklich einzelvertraglich oder im anwendbaren TV vereinbart ist. Eine Kündigung verstößt nicht gegen Treu und Glauben, wenn der Arbeitgeber nach erfolgreicher Entfristungsklage ordentlich kündigt . § 16 TzBfG sieht eine solche Kündigungsmöglichkeit vor, BAG, NZA 2006, 429ff. § 16 S. 1 Halbs. 2 TzBfG sieht ausdrücklich die Kündigungsmöglichkeit für den Arbeitgeber vor. Danach kann der Arbeitgeber im Fall der materiell unwirksamen Befristung frühestens zum vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses ordentlich kündigen. Das TzBfG ordnet gerade nicht an, dass der Arbeitgeber nach einer durch den Arbeitnehmer erhobenen Entfristungsklage einem Kündigungsverbot oder etwaigen Sperrfristen unterliegt. Eine ordentliche Kündigung durch den ArbG ist auch nicht per se sittenwidrig, missbräuchlich oder treuwidrig i.S.d §§ 138, 242 BGB. Ebenso wenig verstößt sie gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB, BAG, NZA 2006, 429f. Unerheblich ist auch, ob die Kündigung lediglich vorsorglich als Reaktion auf eine erhobene Entfristungsklage erfolgt , BAG, NZA 2006, 429. Die „vorsorgliche“ Kündigung nach erhobener Entfristungsklage verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB i.V. mit § 134 BGB. Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deshalb bei einer Maßnahme benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Als „Maßnahmen“ i.S. des § 612a BGB kommen auch Kündigungen in Betracht, BAG [20. 4. 1989], RzK I 8 l Nr. 15. Zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen . Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Beweggrund, d.h., das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet, BAGE 101, 312 = NZA 2002, 1389; Bayreuther, in Beck'scher Online-Kommentar, § 16 TzBfG, RN 5. Die Einlassungen des ArbG, der sich trotz Unwirksamkeit der Befristung auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beruft oder die Unwirksamkeit der Befristungsabrede bestreitet, sind regelmäßig nicht als konkludente Kündigungserklärung auszulegen. Der ArbN kann eine Klärung der rechtlichen Situation durch eine Entfristungsklage herbeiführen.

[10] Nach § 16 Satz 2 TzBfG kann ein ausschließlich aufgrund des Mangels der Schriftform unwirksam befristeter Arbeitsvertrag vorzeitig ordentlich gekündigt werden. Das BAG räumt den Arbeitsvertragsparteien jedoch die Möglichkeit ein, diese ordentliche Kündigungsmöglichkeit auszuschließen. Ist das gewollt, sollte in den Arbeitsvertrag eine Klausel aufgenommen werden, wonach die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von der Wirksamkeit der Befristung bis zum Befristungsende ausgeschlossen ist, vgl. Arnold, GWR 2009, 288178 = GWR 2009, 307; Krieger, ArbR-Aktuell 2009, 288216 - Zur „Falle“ gerät besonders häufig, dass nach der Rechtsprechung des BAG eine schriftliche Befristungsabrede grundsätzlich vor Aufnahme der Tätigkeit geschlossen werden muss (BAG, NZA 2005, 924; zu einer Ausnahme vgl. BAG, NZA 2008, 1185) und dass eine Verlängerung des Arbeitsvertrags nicht vorliegen soll, wenn im Zusammenhang mit der Verlängerung der Laufzeit auch einzelne Arbeitsbedingungen geändert werden, selbst wenn die Änderung zu Gunsten des Arbeitnehmers erfolgt, BAG, NZA 2007, 204. Das Risiko einer Unwirksamkeit der Befristungsabrede trifft i.d.R. den Arbeitgeber, weil Mitarbeiter geltend machen, ihr Arbeitsverhältnis habe nicht zum vereinbarten Befristungszeitpunkt geendet. Fehler bei der Befristung eines Arbeitsverhältnisses können sich aber im Einzelfall auch zu Lasten des Arbeitnehmers auswirken. Während nämlich bei einer wirksamen Befristung das ordentliche Kündigungsrecht des Arbeitgebers grundsätzlich ausgeschlossen ist (§ 15 Abs. 3 TzBfG), kann ein unwirksam befristeter Vertrag jederzeit – insbesondere auch vor dem vereinbarten Befristungsende – vom Arbeitgeber ordentlich gekündigt werden (§ 16 Satz 2 TzBfG); Bayreuther, in Beck'scher Online-Kommentar, § 16 TzBfG, RN 6. Der unmittelbare Regelungsbereich des § 16 erfasst die in § 14 geregelten Unwirksamkeitsfälle, ebenso Rolfs, RN 1; Müller-Glöge, in ErfK, RN 1 . Unwirksam ist die Befristung bei fehlendem Sachgrund, unzulässiger sachgrundloser Befristung, nicht eingehaltener Schriftform, Tillmanns, § 16 RN 9, und Verstoßes gegen tarifliche Regelungen (vgl. § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG; BAG, Urt. vom 23.06.2004 – 7 AZR 440/03). § 16 regelt ferner die ordentliche Kündigung durch den ArbG . Befristete Arbeitsverträge ohne ausdrückliche Vereinbarung der Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung sind für den ArbG nicht ordentlich kündbar sind. Der Arbeitnehmer soll in seinem Vertrauen auf die festgelegte Vertragsdauer, die so zu einer Mindestlaufzeit wird, geschützt werden. Der ArbG kann das ArbVerh. frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich kündigen, sofern nicht nach § 15 Abs. 3 die ordentliche Kündigungsmöglichkeit ausdrücklich einzelvertraglich oder im anwendbaren TV vereinbart ist. Eine Kündigung verstößt nicht gegen Treu und Glauben, wenn der Arbeitgeber nach erfolgreicher Entfristungsklage ordentlich kündigt . § 16 TzBfG sieht eine solche Kündigungsmöglichkeit vor, BAG, NZA 2006, 429ff. § 16 S. 1 Halbs. 2 TzBfG sieht ausdrücklich die Kündigungsmöglichkeit für den Arbeitgeber vor. Danach kann der Arbeitgeber im Fall der materiell unwirksamen Befristung frühestens zum vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses ordentlich kündigen. Das TzBfG ordnet gerade nicht an, dass der Arbeitgeber nach einer durch den Arbeitnehmer erhobenen Entfristungsklage einem Kündigungsverbot oder etwaigen Sperrfristen unterliegt. Eine ordentliche Kündigung durch den ArbG ist auch nicht per se sittenwidrig, missbräuchlich oder treuwidrig i.S.d §§ 138, 242 BGB. Ebenso wenig verstößt sie gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB, BAG, NZA 2006, 429f. Unerheblich ist auch, ob die Kündigung lediglich vorsorglich als Reaktion auf eine erhobene Entfristungsklage erfolgt , BAG, NZA 2006, 429. Die „vorsorgliche“ Kündigung nach erhobener Entfristungsklage verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB i.V. mit § 134 BGB. Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deshalb bei einer Maßnahme benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Als „Maßnahmen“ i.S. des § 612a BGB kommen auch Kündigungen in Betracht, BAG [20. 4. 1989], RzK I 8 l Nr. 15. Zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen . Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Beweggrund, d.h., das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet, BAGE 101, 312 = NZA 2002, 1389; Bayreuther, in Beck'scher Online-Kommentar, § 16 TzBfG, RN 5. Die Einlassungen des ArbG, der sich trotz Unwirksamkeit der Befristung auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beruft oder die Unwirksamkeit der Befristungsabrede bestreitet, sind regelmäßig nicht als konkludente Kündigungserklärung auszulegen. Der ArbN kann eine Klärung der rechtlichen Situation durch eine Entfristungsklage herbeiführen.

[11] Die Regelung des § 17 TzBfG findet auf sämtliche Befristungsabreden Anwendung. Nach § 17 S. 1 TzBfG muss der Arbeitnehmer, der geltend machen will , dass die Befristung des Arbeitsvertrags rechtsunwirksam ist, innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrags Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Es ist unerheblich, auf welche Unwirksamkeitsgründe sich der Arbeitnehmer berufen will. Er muss die Klagefrist also auch dann einhalten, wenn er lediglich einen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis (§ 14 Abs. 4 TzBfG) rügen will Nach § 7 KSchG i.V. mit § 17 S. 2 TzBfG gilt die Befristung als wirksam, wenn die Rechtsunwirksamkeit der vereinbarten Befristung nicht innerhalb dieser Frist gerichtlich geltend gemacht worden ist. Das trifft gem. § 21 TzBfG auch für auflösend bedingte Arbeitsverträge zu. Da § 17 TzBfG für beide Vertragsparteien zwingendes Recht enthält, ist ein bereits bei Abschluss des befristeten Vertrages vereinbarter Klageverzicht wegen Verstoßes gegen §§ 22, 17 TzBfG unwirksam, BAG AP Nr. 7. Die Wirksamkeitsfiktion gilt grundsätzlich für alle Unwirksamkeitsgründe, also auch für die Geltendmachung des Fehlens der Zustimmung des Integrationsamtes nach § 92 SGB IX.

Das Erfordernis der Entfristungsklage nach § 17 Satz 1 TzBfG betrifft nicht nur den Arbeitnehmer , dessen Status bei Vertragsschluss unstreitig ist, sondern auch denjenigen, der sich darauf beruft, ein von den Vertragsparteien zunächst nicht als Arbeitsverhältnis angesehenes befristetes Vertragsverhältnis sei rechtlich als Arbeitsverhältnis einzuordnen. Denn es ist kein Grund ersichtlich, denjenigen zu privilegieren, der sich erst nach Ablauf eines befristeten Vertragsverhältnisses darauf beruft, dieses sei tatsächlich kein Dienstverhältnis, sondern ein Arbeitsverhältnis gewesen, zumal bei einer unverschuldeten Verkennung des Status die nachträgliche Zulassung der Entfristungsklage nach § 17 Satz 2 TzBfG i. V. m. § 5 KSchG in Betracht kommt. Auch der Zweck des § 17 TzBfG, nämlich die rasche Klärung der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung geendet hat oder nicht , vgl. APS/Backhaus, 3. Aufl., § 17 TzBfG, RN 6, verbietet eine Differenzierung danach, ob die Vertragsparteien bei Vertragsschluss von einem Arbeitsverhältnis ausgingen oder sich der aufgrund des Vertrages tätig Gewordene erst später auf ein Arbeitsverhältnis beruft, LAG München, BeckRS 2009 67483.

§ 17 TzBfG erfasst alle Unwirksamkeitsgründe einschließlich der Mängel im Mitbestimmungsverfahren und Formmängel. Die Klagefrist ist auch dann einzuhalten, wenn ein Verstoß gegen das Schriftformgebot gerügt wird, Mestwerdt, § 17 TzBfG, RN 18. Die Klagefrist ist dann einzuhalten, wenn der ArbN die Rechtsunwirksamkeit eines Arbeitsverhältnisses geltend macht. Nach dem Wortlaut des § 17 S. 1 TzBfG muss lediglich die Rechtsunwirksamkeit der Befristung mit einer fristgerechten Klage geltend gemacht werden. Streiten dagegen die Parteien darüber, ob überhaupt eine Befristungsabrede getroffen wurde oder ob eine vertraglich vereinbarte Voraussetzung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt , findet die Klagefrist des § 17 S. 1 TzBfG keine Anwendung, BAG, Urt. vom 19.01.2005 – 7 AZR 113/04, BeckRS 2005 30349196 - die in § 17 Satz 2, § 21 TzBfG i.V.m. § 7 1. Halbs. KSchG angeordnete Fiktion bei Versäumung der Klagefrist bewirkt allein, dass der Arbeitsvertrag als wirksam befristet oder wirksam auflösend bedingt gilt. Es wird nicht fingiert, dass und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der wirksamen Zweckbefristung oder des Eintritts der wirksamen auflösenden Bedingung eingetreten ist, BAG, Urteil vom 23. Juni 2004 - 7 AZR 440/03 - AP TzBfG § 17 Nr. 5. Das ergibt sich aus den weiteren gesetzlichen Tatbeständen, z. B. aus § 15 Abs. 2 TzBfG. Selbst wenn der (wirksam) vereinbarte Zweck bereits mit der Verkündung eines früheren arbeitsgerichtlichen Urteils erreicht worden wäre, hätte dies nach § 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang einer schriftlichen Unterrichtung des Klägers durch die Beklagte über den Zeitpunkt der Zweckerreichung zur Beendigung des zweckbefristeten Arbeitsverhältnisses führen können. Die Klagefrist greift nicht, wenn die Rechtsunwirksamkeit einzelner befristeter Arbeitsbedingungen umstritten ist, Mestwerdt, § 17 RN 17; Pfeiffer, in HK-KSchR, § 2 RN 24; Hesse, a.a.O.., RN 2. In § 17 TzBfG ist ausdrücklich der unwirksame Vertrag genannt. In diesem Fall ist eine allgemeine Feststellungsklage zu erheben , Bayreuther, in Beckscher Online Komment, § 17 TzBfG, RN 2 - der Klageantrag richtet sich dabei auf Feststellung des Fortbestands der bisherigen Arbeitsbedingungen, BAG 4.6.2003 AP TzBfG § 17 Nr. 1. Dies gilt auch wenn streitig ist, ob überhaupt eine Befristung oder auflösende Bedingung vereinbart worden ist (Feststellungsklage). Nicht anwendbar ist § 17 auch dann, wenn die Parteien nur über den Eintritt des Befristungstatbestandes , insbesondere die vereinbarte Zweckerreichung streiten. Wird die Unwirksamkeit wegen mangelnder Bestimmtheit geltend macht, ist die Dreiwochenfrist einzuhalten. Dies ergibt sich aus der Fiktionswirkung des § 17 i.V.m. § 7 KSchG, die sämtliche Unwirksamkeitsgründe einer konkreten Befristungsabrede erfasst. Denkbar ist etwa der Klageantrag: „Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des/der… mit 35 Wochenstunden unbefristet fortbesteht.“ § 17 TzBfG ist nicht einschlägig, wenn der Arbeitnehmer die Feststellung begehrt, dass auf Grund einer widerspruchslosen Fortsetzung eines befristeten Arbeitsverhältnisses ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden ist (§ 15 Abs 5 TzBfG: BAG 18.10.2006 AP TzBfG § 14 Nr. 28). Stellt sich im Prozess herausstellen, dass die Fiktionswirkung des § 15 Abs. 5 TzBfG nicht eingetreten ist, steht dem Arbeitnehmer so noch die Möglichkeit offen, gegebenenfalls die Rechtsunwirksamkeit der Befristung geltend zu machen. Der Arbeitnehmer kann eine Befristung innerhalb von drei Wochen nach ihrem Auslaufen ohne Rücksicht darauf angreifen, ob die Parteien das zu Grunde liegende Arbeitsverhältnis mittlerweile fortgesetzt haben oder nicht. Nach der Rechtsprechung darf der Arbeitnehmer einen im Rahmen einer Mehrfachbeschäftigung vorangehenden Arbeitsvertrag jedenfalls dann noch mit der Entfristungsklage angreifen, wenn die Parteien bei Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrages dem Arbeitnehmer das Recht ausdrücklich vorbehalten haben, die Wirksamkeit der vorangehenden Befristung prüfen zu lassen, BAG, NZA 2008, 295. Der Arbeitgeber ist hierzu jedoch nicht verpflichtet.

Ein kalendermäßig befristetes Arbeitsverhältnis endet nach § 15 Abs. 1 TzBfG mit dem Ablauf der vereinbarten Zeit. Bei kalendermäßiger Befristung beginnt die Frist an dem Tag, der dem Ereignisdatum (Beendigung) nachfolgt (§ 187 Abs. 2 S. 1 BGB). Sie endet gemäß § 188 Abs. 2 2. Halbs. BGB mit dem Tag des Ereignisses drei Wochen später, Müller-Glöge, a.a.O.., RN 8. War eine Zweckbefristung vereinbart, beginnt die Klagefrist gemäß § 187 Abs. 1 BGB am Tage nach Eintritt des Ereignisses und endet gemäß § 188 Abs. 2 1. Halbs. BGB an dem Tag, der nach seiner Benennung dem Tag entspricht, in den das Ereignis fällt, Hesse, a.a.O, RN 18.

Zulässig ist die Klage bereits vor der vereinbarten Beendigung, BAG AP § 14 Nr. 18 = NZA 2006, 321; An dieser Auffassung ist wegen der durch § 17 S. 3 bewirkten Unsicherheit über den Beginn der Klagefrist festzuhalten. Der Arbeitnehmer ist berechtigt die Klagefrist im vollen Umfang auszuschöpfen, ohne dass er hierdurch sein Klagerecht verwirkt. Es ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sich der Arbeitnehmer trotz der späteren „Bestätigung“ der Befristung darauf beruft, dass er in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis steht, BAG, NZA 2005, 923, 926, Berufung auf einen Formmangel durch eine Vertragspartei ist nur ausnahmsweise treuwidrig. Das kann wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens der Fall sein, wenn der Vertragspartner trotz des Formmangels auf die Gültigkeit des Vertrags vertrauen durfte und die den Formmangel geltend machende Vertragspartei sich dadurch zu ihrem vorhergehenden Verhalten in Widerspruch setzt, BAG, NJW 2005, 844. Die Berufung des Arbeitnehmers auf die fehlende Schriftform kann nur in Ausnahmefällen als rechtsmissbräuchlich oder treuwidrig angesehen werden, nämlich dann, wenn der Arbeitnehmer die Nichtbeachtung der gesetzlichen Form regelrecht veranlasst hat, LAG Hamm 16.1.2003 NZA-RR 2003, 468, 470 - ein gegen Treu und Glauben verstoßende und damit gem. §§ 242, 143 BGB unzulässige Rechtsausübung stellt die Berufung auf die Formvorschrift dar, wenn die Nichtbeachtung der gesetzlichen Form durch ein Verhalten der Gegenseite veranlasst ist.

Die Entfristungsklage gemäß § 17 TzBfG betrifft einen punktuellen Streitgegenstand , die Überprüfung einer bestimmten Befristungsabrede . Dieses Klageziel muss sich aus der Formulierung des Klageantrages oder jedenfalls der Klagebegründung bzw. sonstigen Umständen entnehmen lassen. „Es wird beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Grund der im Vertrag vom … vereinbarten Befristung nicht zum … beendet wurde“. Das Rechtsschutzinteresse ist im Hinblick auf die Rechtsfolgen aus § 17 S. 2 TzBfG stets zu bejahen. Im Rahmen der objektiven Klagehäufung kann die Entfristungsklage mit einer allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses verbunden werden, BAG, Urt. vom 10.10.2002 – 2 AZR 622/01. Streitgegenstand ist neben der Wirksamkeit der letzten Befristungsvereinbarung der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zur letzten mündlichen Verhandlung, Mestwerdt, a.a.O.., § 17 TzBfG, RN 8; BAG , NZA 2004, 283.

Der ArbN kann die Entfristungsklage auch mit einem Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Entfristungsklage verbinden. Dem Rechtsschutzziel des ArbN trägt eine Antragsformulierung Rechnung, die auch den Weiterbeschäftigungsanspruch mit einbezieht:

„Den/die Bekl. zu verurteilen, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Anträge Ziff. 1 und 2 (Arbeitsverhältnis nicht beendet bzw. besteht noch fort) vertragsgemäß als … weiterzubeschäftigen.“ Greift ein Arbeitnehmer eine ihm während einer Anschlussbefristung seines Arbeitsverhältnisses ausgesprochene ordentliche betriebsbedingte Kündigung an und erhebt er gleichzeitig Entfristungsklage, so sind beide Beendigungstatbestände jedenfalls dann eigenständig zu bewerten, wenn zwischen ihnen weder ein zeitlicher noch ein inhaltlicher Zusammenhang besteht, LAG Rheinland-Pfalz, BeckRS 2009 50237

Die Versäumung der Klagefrist des § 17 TzBfG hat materiell-rechtliche Wirkungen , so dass die Klage als unbegründet abzuweisen ist, vgl. Gallner, in HK-KSchR, § 4 KSchG, RN 110; APS/Backhaus, RN17; Vossen, NZA 2000, 704, 707; BAG, Urt. vom 24.06.2004 – 2 AZR 4161/03 – prozessuale Klageerhebungsfrist mit materiell-rechtlichen Wirkungen, Hesse, in MünchKommt, § 17 TzBfG, RN 1. Etwaige Mängel in der Befristungsabrede gelten als geheilt. Eine Durchbrechung dieser Fiktion bei erheblichen Verstößen gegen die Rechtsordnung (z. B. Verstoß gegen die guten Sitten) findet in § 17 S. 2 i. V. mit § 7 KSchG keine Rechtsgrundlage, Mestwerdt, § 17 TzBfG, RN 21; vgl. Hesse, a.a.O..., RN 22 - Eine Ausnahme bei besonders schweren Gesetzesverstößen , ist mit dem eindeutigen Wortlaut nicht vereinbar und widerspräche auch der Systematik.

Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer wirksamen Befristung trägt im vollen Umfang bei dem Arbeitgeber, Dörner, ZTR 2001, 485, 486; Bauer, BB 2001, 2526, 2528; APS/Backhaus, § 14 RN 76; Müller-Glöge, RN 13. Der Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des in § 14 Abs. 2 S. 2 enthaltenen Anschlussverbots, Hesse, a.a.O., RN 35.

Mit Rücknahme der Entfristungsklage entfällt rückwirkend die fristwahrende Wirkung. Falls die Dreiwochenfrist verstrichen ist, greift die Fiktion des § 7 KSchG, BAG, Urt. vom 26.06.2002 – AZR 122/01, BeckRS 2002 30268065 = NZA 2003, 220 - Nach § 269 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz ZPO ist im Falle einer Klagerücknahme der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen. Die Parteien werden so behandelt, als ob die Klage nicht erhoben worden wäre. Allerdings regelt § 269 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz ZPO unmittelbar nur die prozessualen Folgen der Klagerücknahme. Dagegen ist die mit der Versäumung der Klagefrist verbundene Fiktion der Wirksamkeit der Befristung dem materiellen Recht zuzuordnen, vgl. zur Fiktion des § 7 KSchG bei der Kündigungsschutzklage BAG 26. Juni 1986 - 2 AZR 358/85 - BAGE 52, 263 = AP KSchG 1969). Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei der Rücknahme einer Entfristungsklage deren materiellrechtliche Folgen erhalten blieben. Vielmehr entfallen, sofern das Gesetz die materiellrechtlichen Folgen einer Klagerücknahme nicht ausdrücklich besonders regelt mit der Klagerücknahme im Zweifel auch die durch die Rechtshängigkeit der Klage eingetretenen materiellrechtlichen Wirkungen

[12] Die meisten Sachgründe setzen eine substantiierte, tatsächliche Prognose voraus, Müller – Glöge, in ErfK, § 14 TzBfG, RN 16. Die Wirksamkeit einer Befristungsabrede ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu beurteilen, NZA 2006, 37; NZA 2006, 37; NZA 2009, 27 Dies gilt insbesondere für das Vorliegen des Sachgrunds, BAG, NZA 2002, 443. Spätere Abweichungen können lediglich eine indizielle Bedeutung dafür haben, dass der Sachgrund für die Befristung bei Vertragsschluss in Wahrheit nicht vorlag, sondern lediglich vorgeschoben ist, BAGE 81, 300 = NZA 1996, 1092. Wird die vom Arbeitgeber angestellte Prognose allerdings durch die nachträgliche Entwicklung bestätigt, besteht eine ausreichende Vermutung dafür, dass sie hinreichend fundiert erstellt worden ist. Es ist dann Aufgabe des Arbeitnehmers, Tatsachen vorzubringen, die die Richtigkeit der Prognose im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags in Frage stellen , BAG , NZA 1997, 313. Die gerichtliche Kontrolle erfolgt nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Während der Vertragslaufzeit eintretende Änderungen berühren die Wirksamkeit der vereinbarten Befristung grundsätzlich nicht, BAG, AP HRG § 57a Nr. 8. Bei mehreren aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen unterliegt grundsätzlich nur die Befristung des zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrags der Befristungskontrolle, BAG, NZA 2006, 784.

[13] Die „Kettenbefristung”, die theoretisch ein ganzes Arbeitsleben dauern kann, ist durch § 14 TzBfG nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Wenn der Arbeitgeber die formalen Hürden diverser sachgrundloser Befristungsmöglichkeiten ausgeschöpft hat (z.B. §§ 14 Abs. 2, 2a und 3 TzBfG), kann ohne jede zeitliche Einschränkung der Abschluss weiterer mit Sachgrund befristeter Arbeitsverträge erfolgen. Maßgeblich ist seit der Entscheidung vom 8. 5. 1985, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 97 = NZA 1986, 569 nach ständiger Rechtsprechung der zuletzt (vor Klageerhebung) abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag, BAG v. 22. 4. 1998, AP BGB § 611 Rundfunk Nr. 25; BAG v. 5. 6. 2002, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 236; BAG v. 2. 7. 2003, AP BGB § 611 Musiker Nr. 39; BAG v. 27. 7. 2005, AP BGB § 307 Nr. 6 = NZA 2006, 40. Dagegen ist dogmatisch nichts einzuwenden, da diese Rechtsprechung mittelbar durch den Mechanismus und den Wortlaut der Klagefrist (§ 17 TzBfG) bestätigt wurde. Deshalb kann eine formale Befristungskontrolle früherer Befristungen auch nicht durch eine Feststellungsklage nach erfolgen, BAG v. 22. 3. 2000, AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 1. Bei Mehrfachbefristungen muss ein strengerer Maßstab angelegt werden, da sonst das Phänomen des Kettenarbeitsvertrags nicht erfasst wird. Es ist eine strengere Prognoseprüfung bei mehrfachen Befristungen (Verdacht auf Kettenbefristungen), selbst dann erforderlich, wenn die Sachgründe von Vertrag zu Vertrag wechseln. „Jede vom Arbeitgeber darzulegende Prognose wird einer ex-ante -Beurteilung unterzogen. Wird erneut befristet beschäftigt, erweist sich die frühere Prognose zumeist als unzutreffend. Die Anforderungen an weitere Prognosen steigen mit jedem neuen Vertrag … Insbesondere sind an die Prognose, der Vertretungs- oder Arbeitskräftemehrbedarf werde enden, höhere Anforderungen zu stellen”, Müller-Glöge, in ErfK § 14 TzBfG, RN 9; Backhaus, in APS § 14 TzBfG, RN 58; Laux/Schlachter , § 14 TzBfG, RN 16; Boecken / Joussen , § 14 TzBfG, RN 15. Eisemann hat festgestellt, dass man es sich bei dem Kausalitätsnachweis des Vertretungsbedarfs zu leicht macht, Befristung und virtuelle Dauervertretung, NZA 2009, 1113. Der Sachgrund der Vertretung rechtfertigt die Befristung des Arbeitsvertrags mit einer Vertretungskraft nur, wenn der vorübergehende Ausfall des Stammarbeitnehmers kausal für die Einstellung der Ersatzkraft ist. Alle Befristungen eines Arbeitsvertrags mit dem Sachgrund der Vertretung setzen voraus, dass sie wegen der zeitweisen Abwesenheit des Vertretenen erfolgen, BAG , NZA 2006, 781 - der Sachgrund der Vertretung (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG) liegt auch vor, wenn der befristet beschäftigte Arbeitnehmer Aufgaben wahrnimmt, die der Arbeitgeber einem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer bei dessen unveränderter Weiterarbeit oder nach seiner Rückkehr tatsächlich und rechtlich übertragen könnte. Die Anforderungen an die Darlegung des Kausalzusammenhangs bei einer auf den Sachgrund der Vertretung gestützten Befristungsabrede richten sich nach der Form der Vertretung. Bei der unmittelbaren Vertretung hat der Arbeitgeber darzulegen, dass der Vertreter nach dem Arbeitsvertrag mit Aufgaben betraut worden ist, die zuvor dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer übertragen waren. Wird die Tätigkeit des zeitweise ausgefallenen Arbeitnehmers nicht von dem Vertreter, sondern einem anderen Arbeitnehmer oder mehreren anderen Arbeitnehmern ausgeübt (mittelbare Vertretung), hat der Arbeitgeber zum Nachweis des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darzulegen. Überträgt der Arbeitgeber dem Vertreter Aufgaben, die er auch einem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer übertragen könnte, ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber eine erkennbare Zuordnung der Tätigkeit des Vertreters zu einem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer vornimmt, dem nach dessen Rückkehr die Aufgaben des Vertreters im Wege des Direktionsrechts übertragen werden könnten, vgl. auch Bruns, Aktuelle Rechtsprechung zu befristeten Arbeitsverhältnissen, NZA-RR 2010, 113 - nimmt der Arbeitgeber den Vertretungsfall zum Anlass für eine befristete Beschäftigung, ist auf Grund der Umstände bei Vertragsabschluss zu beurteilen, ob der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausgefallenen Arbeitnehmers zurückzuführen ist. In den Fällen der unmittelbaren Vertretung hat der Arbeitgeber darzulegen, dass der Vertreter nach dem Arbeitsvertrag mit Aufgaben betraut worden ist, die zuvor dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer übertragen waren. Wird die Tätigkeit des zeitweise ausgefallenen Arbeitnehmers nicht von dem Vertreter, sondern einem anderen Arbeitnehmer oder mehreren anderen Arbeitnehmern ausgeübt (mittelbare Vertretung), hat der Arbeitgeber zum Nachweis des Kausalzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darzulegen. Nimmt der Arbeitgeber den Ausfall eines Mitarbeiters zum Anlass, die Aufgaben in seinem Bereich oder seiner Dienststelle neu zu verteilen, so muss er zunächst die bisher dem vertretenen Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben darstellen. Anschließend ist die Neuverteilung dieser Aufgaben auf einen oder mehrere andere Arbeitnehmer zu schildern. Schließlich ist darzulegen, dass sich die dem Vertreter zugewiesenen Tätigkeiten aus der geänderten Aufgabenzuweisung ergeben.

[14] § 12 TzBfG regelt die Arbeit auf Abruf, auch kapitalorientierte variable Arbeitszeit genannt, vgl. Hromadka, Poolsystem und Abrufarbeit als flexible Arbeitszeitmodelle, in Festschrift für Heinze, 2005, 321ff: Arendt, in HK-ArbR, § 12 TzBfG, RN 1. Ein Abrufarbeitsverhältnis i.S.d § 12 TzBfG liegt vor, wenn im Arbeitsvertrag die Dauer der Arbeitszeit nur auf einen bestimmten Zeitraum bezogen festgelegt wird und der Arbeitgeber nach billigem Ermessen entscheiden kann, wie viel Arbeit er zu welchem Zeitpunkt in Anspruch nehmen will, vgl. Bayreuther, in Beckscher-Online-Kommt, § 23 TzBfG, RN 1. Arbeit auf Abruf kann mit jedem ArbN, also auch mit Leiharbeitnehmern vereinbart werden. Unerheblich ist, ob sie einen rechtlichen Sonderschutzstatus haben (z. B. stillende Mutter oder Schwerbehinderter) vgl. Boecken, RN 13. Abrufarbeitsverhältnisse sind durch die zeitliche Dispositionsbefugnis des ArbG und die angemessene Verfügbarkeit des ArbN geprägt. Das Weisungsrecht des ArbG zur Konkretisierung der Arbeitszeit muss der ArbG nach billigem Ermessen ausüben. Der ArbG kann flexibel und nach Arbeitsanfall die Arbeitsleistung abrufen. Da dieser interessenorientierte Arbeitseinsatz einseitig für den ArbN Belastungen und Einschränkungen zur Folge hat, hat der Gesetzgeber in § 12 TzBfG zum Schutz des ArbN einen gesetzlichen Rahmen für eine sozial vertretbare und interessenausgewogene Ausgestaltung solcher Arbeitsverträge errichtet, LAG Düsseldorf, NZA-RR 2003, 407; Preis, in ErfK, § 12 TzBfG, RN 10. Der Rechtsnatur handelt es sich bei der Abrufvereinbarung um einen rechtsgeschäftlichen Vorgang , Boecken, in Boecken/Joussen, § 12 TzBfG, RN 6. Die Schutzregelung des § 12 Abs. 1 S. 2 TzBfG verlangt eine ausdrückliche Vereinbarung; eine Vereinbarung durch schlüssiges Verhalten reicht nicht. Die Vereinbarung kann auch mündlich getroffen werden. Der ArbG muss aber im Streitfall wegen der Nachweispflicht für die wesentlichen Vertragsbindungen auch den Nachweis über die vereinbarte Lage der Arbeitszeit erbringen. Aus Zweckmäßigkeitserwägungen ist daher zur Schriftform zu raten. Mit dem rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Abruf ist der ArbN zur vertraglich vereinbarten Leistungserbringung verpflichtet, Boecken, § 12 RN 9. Der ArbN hat keinen Anspruch gegen den ArbG auf Abruf zu einem bestimmten Zeitpunkt und auf eine die gesetzliche Mindestdauer überschreitende Beschäftigung.

[15] Der besondere Kündigungsschutz der §§ 85 ff SGB IX gilt für alle Arten von Kündigungen (Beendigungs-, Änderungskündigung, Kündigung im Insolvenzverfahren etc) durch den Arbeitgeber, Jabben, Beckscher Online-Kommentar, § 85 SGB IX, RN 13, und ist im Verhältnis Arbeitgeber/Arbeitnehmer nicht dispositiv . Bei Selbstkündigung des schwerbehinderten Arbeitnehmers, greift die Schutznorm nicht. Das gilt auch für den Fall eines Aufhebungsvertrages, einer Befristung des Arbeitsverhältnisses, Vossen, in A/P/S, SGB IX § 85 RN25a, oder einen unter einer auflösenden Bedingung geschlossenen Arbeitsvertrag. Eine Zustimmung des Integrationsamtes ist nicht erforderlich, wenn der Arbeitsvertrag wegen Irrtums (§ 119 BGB) oder arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) angefochten wird, da damit die Rechtswirkungen ex tunc bestritten werden, Neumann, a.a.O., RN 44. Das nur faktische Arbeitsverhältnis kann ebenfalls jederzeit auch ohne Kündigung gelöst werden, BAG vom 7. 12. 1961, AP Nr. 1 zu § 611 BGB Faktisches Arbeitsverhältnis. § 86 SGB IX garantiert für alle Arbeitsverhältnisse eine Mindestkündigungsfrist von vier Wochen. Nicht anwendbar sind die §§ 85ff SGB IX auf arbeitnehmerähnliche Beschäftigungsverhältnisse, Rolfs, in ErfK, § 85 SGB IX, RN 3, und für die in § 90 Abs. 1 SGB IX genannten Arbeitnehmergruppen, Neumann, in Neumann/Majerski/Pahlen/Neumann, § 85 RN 3; Jabben, Beckscher Online-Kommentar, § 85 RN 3. Die Geltung des Kündigungsschutzes ist nicht vom Umfang der Arbeitsleistung abhängig, so dass für Vollzeit- und Teilzeitarbeitnehmer die gleichen Schutzbestimmungen gelten. Besonderen Kündigungsschutz genießen auch in Heimarbeit Beschäftigte und Auszubildende (§ 3 Abs. 2 BBiG), Rolfs, in ErfK, SGB IX § 85 RN 3. Der besondere Kündigungsschutz besteht schließlich unabhängig von der Größe des Betriebes, auch in Kleinbetrieben nach § 23 KSchG, VGH B-W, NZA-RR 2002, 417, 421 - die Einschränkung des Kündigungsschutzes für Kleinbetriebe findet ihre Rechtfertigung in der engen persönlichen Beziehung im Betrieb. Nicht zuletzt rechtfertigt sich die Beschränkung des Kündigungsschutzes auch durch die eingeschränkte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit solcher Betriebe, die nicht durch langwierige Kündigungsschutzverfahren und etwaige Abfindungsleistungen unangemessen belastet werden sollen, vgl. zum Ganzen: Moll, in A/P/S, § 23 KSchG, RN 5 und BAG , NZA 1990, 724 = AP Nr. 8 zu § 23 KSchG 1969 sowie BVerfGE 97, 169 = NZA 1998, 1381; BVerfGE 97, 186 = NZA 1998, 470. Alle diese Erwägungen gelten auch im Hinblick auf schwerbehinderte Beschäftigte. Nach der eingangs dargestellten Rechtsprechung des BVerwG sollen Schwerbehinderte in Ansehung ihrer besonderen Situation einem besonderen Schutz unterliegen, hinsichtlich des allgemeinen Kündigungsschutzes sollen sie aber mit anderen Arbeitnehmern gleich behandelt werden. Wird schwerbehinderten Beschäftigten im Gegensatz zu den anderen Beschäftigten zusätzlich ein besonderer Kündigungsschutz zur Verfügung gestellt, stellt schon dies eine erhebliche Belastung für Kleinbetriebe dar, wie der vorliegende Fall exemplarisch belegt. Jedenfalls gibt es für den Bekl. keinen rechtfertigenden Grund, in den Fällen, in denen bei Anwendung der besonderen Kündigungsschutzbestimmungen die Zustimmung zur Kündigung zu erteilen wäre, zusätzlich Erwägungen des allgemeinen Kündigungsschutzrechts heranzuziehen, die der Gesetzgeber für Kleinbetriebe bewusst ausgeschlossen hat. Damit würden dem Kleinbetrieb Belastungen auferlegt, die § 23 Abs. 1 S. 1 KSchG gerade verhindern will, und die leicht zur Existenzgefährdung des Betriebes und damit auch der anderen Arbeitsplätze führen können.

Ende der Leseprobe aus 55 Seiten

Details

Titel
Hauptpflicht zur Arbeitsleistung
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim, früher: Berufsakademie Mannheim  (Forschungsinstitut (FOI))
Note
1,1
Autoren
Jahr
2014
Seiten
55
Katalognummer
V274115
ISBN (eBook)
9783656669654
ISBN (Buch)
9783656669722
Dateigröße
740 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hauptpflicht, Arbeitsleistung, Arbeitsrecht, Lohn, § 2 NachwG, Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, Teilzeitarbeit
Arbeit zitieren
Prof. Dr. Dr. Assessor jur., Mag. rer. publ. Siegfried Schwab (Autor:in)Silke Schwab (Autor:in), 2014, Hauptpflicht zur Arbeitsleistung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274115

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