Integration und Auswirkungen innerstädtischer Shopping-Center in Mittelstädten

am Beispiel der Stadtgalerie in Witten


Diplomarbeit, 2012

298 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einführung
1.1 Anlass und Problemstellung
1.2 Aufbau und Untersuchungsdesign

2. Theoretischer Bezugsrahmen
2.1 Strukturwandel im Einzelhandel
2.1.1 Einführung in den Einzelhandel
2.1.2 Historische Entwicklung des Handels
2.1.3 Ursachen des Strukturwandels
2.1.4 Auswirkungen des Strukturwandels
2.1.5 Zusammenfassung
2.2 Die Innenstadt im Kontext der Mittelstadt
2.2.1 Definitionen und Anforderungen
2.2.2 Entwicklung und Problemlagen
2.2.3 Zusammenfassung
2.3 Shopping-Center
2.3.1 Definition
2.3.2 Ursprung und Grundprinzip
2.3.3 Entwicklung der Shopping-Center in Deutschland
2.3.4 Typologie der Shopping-Center in Deutschland
2.3.5 Prozess und Akteure bei einer Shopping-Center-Ansiedlung
2.3.6 Steuerungsmöglichkeiten einer Shopping-Center-Ansiedlung
2.3.7 Zusammenfassung
2.4 Zwischenfazit: Beziehungen zwischen Einzelhandel, Innenstadt und Center

3. Ableitung des Untersuchungsrahmens für das Fallbeispiel Witten 67
3.1 Kriterien der Integration innerstädtischer Shopping-Center
3.1.1 Städtebauliche Integrationskriterien
3.1.2 Funktionale Integrationskriterien
3.1.3 Zusammenfassung
3.2 Potentielle Auswirkungen eines innerstädtischen Shopping-Centers
3.2.1 Positive Auswirkungen
3.2.2 Negative Auswirkungen
3.2.3 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
3.3 Integration und Auswirkungen innerstädtischer Shopping-Center in der Praxis

4. Grundlagen der Integrations- und Wirkungsanalyse in Witten
4.1 Methodisches Vorgehen in der Fallbeispielanalyse
4.1.1 Vorbereitung
4.1.2 Bewertungsmethodik
4.1.3 Passantenzählung
4.1.4 Grundlagen der Befragung
4.1.5 Passantenbefragung
4.1.6 Experteninterviews
4.1.7 Sonstige Methoden
4.2 Vorstellung des Fallbeispiels
4.2.1 Einordnung der Stadt Witten
4.2.2 Hauptzentrum Witten Innenstadt
4.2.3 Stadtgalerie Witten
4.3 Darstellung der Ergebnisse der primärstatistischen Erhebungen
4.3.1 Passantenbefragung
4.3.2 Passantenzählung
4.3.3 Experteninterviews
4.3.4 Zusammenfassung

5. Integrations- und Wirkungsanalyse in Witten und Ableitung von Empfehlungen
5.1 Integrationsanalyse der Stadtgalerie
5.1.1 Städtebauliche Integration
5.1.2 Funktionale Integration
5.1.3 Zusammenfassung
5.2 Wirkungsanalyse der Stadtgalerie
5.2.1 Positive Auswirkungen
5.2.2 Negative Auswirkungen
5.2.3 Zusammenfassung
5.3 Empfehlungen für die Innenstadt in Witten
5.3.1 Profilbildung für die Weiterentwicklung der Innenstadt
5.3.2 Gesamträumliches Leitbild und Umsetzungsempfehlungen
5.4 Empfehlungen für zukünftige Ansiedlungen in Mittelstädten
5.4.1 Bedeutung des Mittelstadttypus für eine Shopping-Center-Ansiedlung
5.4.2 Empfehlungen für Center-Ansiedlungen in mittelstädtischen Innenstädten
5.4.3 Planerischer Umgang mit Shopping-Centern in Mittelstädten

6. Fazit und Ausblick

Glossar

Quellenverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Untersuchungsdesign

Abbildung 2: Stellung des Handels als Mittler zwischen Produktion und Verbrauch

Abbildung 3: Modell der Einflussfaktoren und Entscheidungsmechanismen

Abbildung 4: Bruttoinlandsprodukt, private Konsumausgaben und Ausgaben im Einzelhandel in Deutschland

Abbildung 5: Veränderung der Einstellung gegenüber dem (ideellen) Warenwert im Zeitverlauf

Abbildung 6: Entwicklung der Flächennachfrage von 2008-2010 in Deutschland

Abbildung 7: Dynamik der Betriebsformen des Einzelhandels 1950-2000 in Deutschland

Abbildung 8: Marktanteilsentwicklungen nach Vertriebsformen 1995-2007 in
Deutschland

Abbildung 9: Verkaufsfläche und Flächenproduktivität im deutschen Einzelhandel

Abbildung 10: Stadtbegriff und eingrenzende Charakteristika der Stadt

Abbildung 11: Äußere und Innere Erreichbarkeit der Innenstadt

Abbildung 12: Beeinträchtigungen von Unternehmen nach Lage

Abbildung 13: Auswahl typischer Innenstadtaktivitäten und ihre Überschneidungen

Abbildung 14: Schematischer Aufbau Main-Taunus-Zentrum

Abbildung 15: Grundprinzipien von Shopping-Centern

Abbildung 16: Übersicht der Shopping-Centerentwicklung in Deutschland

Abbildung 17: Entwicklung der Anzahl und der Mietfläche von Shopping-Centern in Deutschland seit 1964

Abbildung 18: Typologie von Shopping-Centern

Abbildung 19: Lagemerkmale für Shopping-Center

Abbildung 20: städtebauliche Typologie von Shopping-Centern

Abbildung 21: Idealisierter Verlauf einer Shopping-Center-Ansiedlung

Abbildung 22: Akteure bei der Ansiedlung eines Shopping-Centers

Abbildung 23: Steuerung von Shopping-Center-Ansiedlungen im deutschen Planungssystem

Abbildung 24: Entwicklung der Ladenmieten und Immobilienwerte in 1A-Citylagen von 50 kreisfreien westdeutschen Städten unter 500.000 Einwohnern

Abbildung 25: Haupteingang und Lage des Centers in der Innenstadt von Lingen

Abbildung 26: Aufteilung des Hauptgeschäftsbereich der Siegener Innenstadt; ohne Maßstab

Abbildung 27: City-Galerie Siegen

Abbildung 28: Entwicklung der Bodenrichtwerte in der Innenstadt von Siegen in Euro/m² 1997 - 2005

Abbildung 29: Vorgehensweise in der Integrationsanalyse

Abbildung 30: Vorgehensweise in der Wirkungsanalyse

Abbildung 31: Standorte der Passantenfrequenzzählung

Abbildung 32: Befragungsstandorte in der Innenstadt von Witten

Abbildung 33: Verteilung der Befragungen auf die einzelnen Standorte und Tage

Abbildung 34: Geographische Einordnung von Witten

Abbildung 35: Bevölkerungsentwicklung Witten 1979 - 2009 (1979 = 100)

Abbildung 36: Zentrenstruktur in Witten; ohne Maßstab

Abbildung 37: Hauptzentrum ‚Witten Innenstadt‘ 2011

Abbildung 38: Obere Bahnhofstraße, Untere Bahnhofstraße, Berliner Straße

Abbildung 39: Verkaufsfläche nach Warengruppe im Hauptzentrum ‚Innenstadt‘ in m2 im Jahr 2011

Abbildung 40: Verteilung der Betriebe nach Größenklassen im Hauptzentrum ‚Innenstadt‘ im Jahr 2011

Abbildung 41: Struktur und Lage der Stadtgalerie in der Innenstadt von Witten

Abbildung 42: Lageplan des Erdgeschosses der Stadtgalerie Witten

Abbildung 43: Branchenmix der Stadtgalerie (Flächenanteile in m²]

Abbildung 44: Altersstruktur der Befragten

Abbildung 45: Altersstruktur nach Befragungsstandorten

Abbildung 46: Wohnorte der Befragten

Abbildung 47: Modal Split nach Befragungsstandorten

Abbildung 48: Parkplatzwahl nach Befragungsstandorten

Abbildung 49: Aufenthaltsdauer nach Besuchsstandort

Abbildung 50: Aufenthaltsdauer nach Wochentagen und Besuchsstandorten

Abbildung 51: Kopplungsverhalten nach Tagen und Befragungsstandort (Kopplungsrichtung)

Abbildung 52: Besuchshäufigkeiten nach Besuchsstandort

Abbildung 53: Besuchshäufigkeiten von Nicht-Kopplern nach Besuchsstandort

Abbildung 54: Besuchsgründe nach Besuchsstandort und Wochentag

Abbildung 55: Nachgefragte Sortimente nach Besuchsstandort

Abbildung 56: Häufigkeiten besuchte Geschäfte

Abbildung 57: Häufigkeitsverteilung der Noten für die Innenstadt

Abbildung 58: Stadtgalerie als Teil der Innenstadt

Abbildung 59: Änderung Besuchshäufigkeit

Abbildung 60: Attraktivität Innenstadt

Abbildung 61: Größe der Stadtgalerie

Abbildung 62: Auswirkungen auf Bahnhofstraße und Stadtbild

Abbildung 63: Verbesserungsvorschläge für die Innenstadt

Abbildung 64: Verbesserungsvorschläge für die Stadtgalerie

Abbildung 65: Passantenströme am 15.10.2011, 10-11 Uhr

Abbildung 66: Passantenströme am 19.10.2011, 10-11 Uhr

Abbildung 67: Passantenströme am 15.10.2011, 15-16 Uhr

Abbildung 68: Passantenströme am 19.10.2011, 15-16 Uhr

Abbildung 69: Passantenströme am 15.10.2011, 18-19 Uhr

Abbildung 70: Passantenströme am 19.10.2011, 18-19 Uhr

Abbildung 71: Tagesagang Besucher 15.10.2011 (Samstag)

Abbildung 72: Tagesgang Besucher 19.10.2011 (Mittwoch)

Abbildung 73: Gestaltung des Citybogens in Witten

Abbildung 74: Lage der Stadtgalerie in der Innenstadt von Witten

Abbildung 75: Blick aus Richtung Bahnhof vor und nach dem Bau der Stadtgalerie

Abbildung 76: Passage zur Unteren Bahnhofstraße und Poststraße Richtung Center

Abbildung 77: schematische Darstellung der städtebaulichen Integration der
Stadtgalerie

Abbildung 78: Blockeinteilung vor und nach der Ansiedlung der Stadtgalerie

Abbildung 79: Einfügen der Stadtgalerie in die Umgebung

Abbildung 80: offene und geschlossene Fassaden der Stadtgalerie

Abbildung 81: Auswirkungen der Stadtgalerie auf das Stadtbild der Stadt Witten

Abbildung 82: verkehrliche Einbindung der Stadtgalerie

Abbildung 83: Parkstandort der befragten Passanten nach Befragungstandort

Abbildung 84: Bewertung der Größe der Stadtgalerie durch die befragten Passanten

Abbildung 85: Gegenüberstellung des Branchenmixes der Innenstadt (2006) und der Stadtgalerie in m2

Abbildung 86: Die Innenstadt von Witten im Kontext des Markenportfolios für Mittelstädte

Abbildung 87: Gegenüberstellung der Verteilung der Betriebe nach Größenklassen in der Innenstadt (2006) und der Stadtgalerie

Abbildung 88: Eindrücke von City-Center und Postgebäude aus dem Jahr 2008

Abbildung 89: Eindrücke der Stadtgalerie aus dem Jahr 2011

Abbildung 90: Haupteinkaufsbereiche und Magnetbetriebe der Wittener Innenstadt

Abbildung 91: Bewertung der Attraktivität der Innenstadt durch die Passanten

Abbildung 92: Änderung der Besuchshäufigkeit der Innenstadt

Abbildung 93: Veränderung der Kundenherkunft 2007-2011

Abbildung 94: Betriebsanzahlen und Verkaufsflächen in den Jahren 2006 und 20011

Abbildung 95: Entwicklung der Einzelhandelskennziffern in Witten 2001-2010

Abbildung 96: Darstellung der Kopplungsquote Innenstadt-Stadtgalerie

Abbildung 97: Nachfrageverteilung nach Sortimenten

Abbildung 98: Vergleich des Stadteingangs vor und nach der Center-Ansiedlung

Abbildung 99: Passantenströme am 15.10.2011, 15-16 Uhr

Abbildung 100: Mietentwicklung pro m² für Ladenlokale in der 1A-Lage von 2001-2010 in Witten

Abbildung 101: Bewertung der Auswirkungen auf die Bahnhofstraße durch die
Passanten

Abbildung 102: Verkaufsflächenverteilung der Sortimente im Bereich ‚Bekleidung/Schuhe/Sport‘

Abbildung 103: Bewertung der Beeinflussung des Stadtbilds durch die Stadtgalerie

Abbildung 104: Veränderung der Einzelhändlerstruktur 2008 bis 2010 in der Wittener Innenstadt

Abbildung 105: Altersstruktur der Befragten Passanten nach Befragungsstandorten

Abbildung 106: Funktionale Bereiche und Standorte der Innenstadt in Witte

Abbildung 107: Profil des Bereiches ‚Obere Bahnhofstraße‘

Abbildung 108: Profil des Bereiches ‚Untere Bahnhofstraße‘

Abbildung 109: Profil des Bereiches ‚Abzweig‘

Abbildung 110: Profil des Bereiches ‚Ruhr-/Johannisstraße‘

Abbildung 111: Profil des Standortes Stadtgalerie

Abbildung 112: Profil der sonstigen Bereiche der Innenstadt

Abbildung 113: Räumliches Leitbild zur Fortentwicklung der Wittener Innenstadt

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: In der Untersuchung angewandte Methoden

Tabelle 2: Grundtypen in der deutschen Konsumbevölkerung

Tabelle 3: Städtetypen nach Einwohnerzahlen

Tabelle 4: Zielkonflikt der Akteure Investor und Kommune bei einer Shopping-Center-Ansiedlung

Tabelle 5: Steuerung von Shopping-Center-Ansiedlungen über Kern- und Sondergebietsaus-weisungen nach BauNVO

Tabelle 6: Überblick über die ermittelten Kriterien der Integration eines innerstädtischen Shopping-Centers

Tabelle 7: Synopse der Einordnungen des Kriteriums ‚Lage des Centers’

Tabelle 8: Integrationskriterium ‚Lage des Centers’

Tabelle 9: Synopse der Einordnungen des Kriteriums ‚Entfernung des Center zur Hauptgeschäftslage’

Tabelle 10: Integrationskriterium ‚Entfernung des Centers zur Hauptgeschäftslage’

Tabelle 11: Synopse der Einordnungen des Kriteriums ‚Einbindung in das innerstädtische Wegenetz’

Tabelle 12: Integrationskriterium ‚Einfügen in das innerstädtische Wegenetz’

Tabelle 13: Synopse der Einordnungen des Kriteriums ‚Öffnung zum und Belebung des öffentlichen Raumes’

Tabelle 14: Integrationskriterium ‚Öffnung zum und Belebung des öffentlichen Raumes’

Tabelle 15: Synopse der Einordnungen des Kriteriums ‚Einfügen in die Umgebung’

Tabelle 16: Integrationskriterium ‚Einfügen in die Umgebung’

Tabelle 17: Synopse der Einordnungen des Kriteriums ‚verkehrliche Anbindung’

Tabelle 18: Integrationskriterium ‚verkehrliche Anbindung’

Tabelle 19: Synopse der Einordnungen des Kriteriums Stellplatzangebot

Tabelle 20: Integrationskriterium Stellplatzangebot

Tabelle 21: Synopse der Einordnungen des Kriteriums ‚Dimensionierung des Shopping-Centers’

Tabelle 22: Integrationskriterium ‚Dimensionierung des Centers’

Tabelle 23: Synopse der Einordnungen des Kriteriums ‚Branchenmix und Betriebstypen’

Tabelle 24: Integrationskriterium ‚Branchenmix und Betriebstypen’

Tabelle 25: Synopse der Einordnungen des Kriteriums Nutzungsmischung

Tabelle 26: Integrationskriterium Nutzungsmischung

Tabelle 27: Wirkungsübersicht innerstädtischer Shopping-Center

Tabelle 28: Synopse der Aussagen zum Zentralitätsbegriff bei einer Shopping-Center-Ansiedlung

Tabelle 29: Synopse der Aussagen zu Veränderungen der Mietpreisen bzw. Immobilienwerte

Tabelle 30: Synopse der Aussagen zu Abwertungen vorhandener Geschäftslagen

Tabelle 31: Wechselbeziehungen zwischen Auswirkungen

Tabelle 32: Kenndaten der Stadt Lingen und des Lookentors

Tabelle 33: Kenndaten Stadt Siegen und City-Galerie

Tabelle 34: Anwendung der Null-Variante in der Wirkungsanalyse

Tabelle 35: Durchgeführte Expertengespräche

Tabelle 36: Bevölkerungsverteilung Witten

Tabelle 37: Einzelhandelskennziffern Witten für das Jahr 2010

Tabelle 38: Kenndaten der Stadtgalerie

Tabelle 39: Lageermittlung der Zählstandorte

Tabelle 40: Überblick über die Kriterien der Integration eines innerstädtischen Shopping-Centers

Tabelle 41: Zusammenfassende Bewertung der städtebaulich-funktionalen Integration der Stadtgalerie

Tabelle 42: Erläuterung Bewertungssymbolik Wirkungsanalyse

Tabelle 43: Wirkungsübersicht innerstädtischer Shopping-Center

Tabelle 44: Kriterien der Passantenbefragung im Wirkungsfeld ‚Identifikationsstiftung‘

Tabelle 45: Bewertung der Auswirkung ‚Schaffung identitätsstiftender Räume‘

Tabelle 46: Bewertung der Auswirkung ‚Verwertung von Brachflächen‘

Tabelle 47: Bewertung der Entwicklung im Wirkungsbereich ‚Attraktivität und Angebotsvielfalt‘

Tabelle 48: Bewertung der Entwicklung im Wirkungsbereich ‚Modernisierungsdruck im Bestand‘

Tabelle 49: Bewertung der Entwicklung im Wirkungsbereich ‚Zentralität‘

Tabelle 50: Bewertung der Auswirkung ‚Erzeugung von Kopplungseffekten‘

Tabelle 51: Bewertung der Auswirkung ‚Schaffung von Arbeitsplätzen‘

Tabelle 52: Bewertung der Auswirkung Schaffung von Wegeverbindungen

Tabelle 53: Kurzfristige Bewertung der Entwicklung im Wirkungsbereich ‚Mietpreise und Immobilienwerte‘

Tabelle 54: Vergleich der Lageeinteilungen vor und nach der Ansiedlung der
Stadtgalerie

Tabelle 55: Bewertung der Entwicklung im Wirkungsbereich ‚vorhandene
Geschäftslagen‘

Tabelle 56: Abschließende Bewertung der Auswirkung ‚Uniformisierung des Stadtbildes‘

Tabelle 57: Abschließende Bewertung der Auswirkung ‚Einbußen von Steuereinahmen‘

Tabelle 58: Bewertung der Auswirkung ‚Polarisierung der Besucherstrukturen‘

Tabelle 59: Übersicht der Bewertungen der Auswirkungen der Stadtgalerie in Witten

Tabelle 60: Besondere Eigenschaften der Mittelstadttypen in Bezug auf
Shopping-Center

Tabelle 61: Besondere Anforderungen und Potentiale der Integration eines innerstädtischen Shopping-Centers in Mittelstädten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Eine der größten aktuellen Herausforderungen für die Stadtentwicklung ist es, innerstädtische Einkaufszentren in die baulich-räumliche Struktur der Städte zu integrieren.“

(Weißbuch Innenstadt, BMVBS 2011: 7)

1. Einführung

Das einleitende Zitat aus dem Weißbuch Innenstadt verdeutlicht die Aktualität und Brisanz der Thematik der Shopping-Center, die fast nur noch in innerstädtischen Lagen realisiert werden. „Ging es in den letzten Jahrzehnten vor allem um die Verlagerung von Verkaufsflächen[1] von der Mitte unserer Städte an die Peripherie [...], dreht sich dieser Trend in den letzten Jahren um“ (Junker, Pump-Uhlmann 2006: 11). Doch welche Auswirkungen können von innerstädtischen Shopping-Centern ausgehen? Die Beantwortung dieser Frage wird in Wissenschaft und Medien kontrovers und nicht abschließend diskutiert. So reichen die Mei-nungen von einem ‚Angriff auf die City’ (vgl. Brune et al. 2006) bis zu der Ansicht, dass es innerstädtischen Shopping-Centern „praktisch regelmäßig gelingt, auch dem Städtebau Rech-nung zu tragen und den Innenstädten insgesamt Impulse zu verleihen“ (Lademann 2010: 79).

1.1 Anlass und Problemstellung

Der Handel hat seit jeher eine entscheidende Rolle bei der Herausbildung der Städte in Europa gespielt (Mayer-Dukart 2010: 50). Insbesondere im 20. Jahrhundert entwickelte sich der Einzelhandel vor allem durch das neuartige Konzept der Kauf- und Warenhäuser zur Leitfunktion der Innenstädte (Heinritz 2003: 204). Diese Bedeutung hat der Einzelhandel bis in die Gegenwart, „seine Dynamik ist deshalb auch maßgeblich für die vielen strukturellen Änderungen in der Innenstadt“ (BMVBS 2011: 18).

In der Retrospektive wird der Beitrag des Handels zur Stadtentwicklung seit den 1960er Jahren jedoch in Frage gestellt, denn der anhaltende Strukturwandel im Einzelhandel hat auch zum Bedeutungsverlust der Innenstädte in Deutschland beigetragen (vgl. Mayer-Dukart 2010: 15). Hierfür ist vornehmlich die Standortkonkurrenz zu peripheren Lagen als Grund zu nennen, die unter anderem durch eine Maßstabsvergrößerung der Betriebstypen[2], die Suburbanisierung[3] und ein verändertes Nachfrageverhalten der Konsumenten ausgelöst wurde (vgl. Heinritz et al. 2003: 45; Dittmeier et al. 1999: 7; Pütz 1998: 21; Bschirrer et al. 2002: 34). Dazu trugen auch die zahlreichen großen Shopping-Center am Rand der Großstädte und in den Stadtzwischenräumen bei. Um die fortwährende Schwächung der Innenstädte einzudämmen, wird mittlerweile der Bau von Shopping-Center in der Peripherie im Regelfall nicht mehr genehmigt (vgl. Peppel 2006: 19-21).

Dagegen kam es in den letzten Jahren „zu einem regelrechten Gründungsboom innerstädtischer Einkaufszentren“ (Mayer-Dukart 2011: 15). Die anhaltende Expansion der Shopping-Center begründet sich darin, dass sie sich von der stagnierenden Umsatz-entwickelung im übrigen Einzelhandel abgekoppelt haben und stetig ihre Marktbedeutung steigern (vgl. Mayer-Dukart 2010: 63). Auch in den Kommunen wird die Ansiedlung eines innerstädtischen Shopping-Centers oft positiv gesehen. Dem liegt die These zu Grunde, dass sie verlorene Kaufkraft[4] wieder in der Innenstadt binden können und der Innenstadt so dabei helfen, den neuen Anforderungen des Einzelhandels und der Konsumenten gerecht zu werden (vgl. Beckmann et al. 2008: 9).

Jedoch entstehen Shopping-Center auch in den Innenstädten in den meisten Fällen in der für die Peripherie entwickelten großvolumigen, introvertierten Mall-Bauart (vgl. Mayer-Dukart 2010: 23). Es ist aber fraglich, ob dieser Shopping-Center-Typ in die Innenstadt integrierbar ist. Zwar kann seine umfassende Sortimentsauswahl die Gesamtattraktivität des Standorts erweitern, dennoch verhindert sein hohes internes Kopplungspotential und seine geringe bauliche Öffnung in vielen Fällen einen Besuch der gewachsenen Einkaufslagen (Popp 2002: 139; Mayer-Dukart 2010: 294f.). Daher ist davon auszugehen, dass von der Implantierung eines solchen Centers in eine Innenstadt – neben einer Angebotserweiterung – auch negative Wirkungen ausgehen können (vgl. Schulte 2011: 284).

Als Folge einer Marktsättigung in den Großstädten konzentrieren sich Shopping-Center-Entwickler vermehrt auf mittelstädtische Innenstädte (vgl. Kühn 2006: 17). Gleichzeitig sehen viele Entscheidungsträger in Mittelstädten in der Ansiedlung eines Shopping-Centers die geeignetste Möglichkeit zur Erhöhung der Attraktivität durch ein breiteres Angebot und somit die Gelegenheit einer Stärkung der Innenstadt (vgl. Hirsch 2011: 21). Aus dieser Tatsache wirft sich, vor dem Hintergrund der vermuteten ambivalenten Auswirkungen von innerstädtischen Shopping-Centern, die Forschungsfrage dieser Diplomarbeit auf:

Können innerstädtische Shopping-Center eine Chance für die Innenstadtentwicklung in Mittelstädten sein?

Die Wechselwirkungen zwischen Shopping-Centern und Innenstädten in Mittelstädten waren bisher in dieser Form noch nicht Gegenstand einer raumwissenschaftlichen Betrachtung. Innenstadtentwicklung wird in dieser Untersuchung als eine positive Veränderung der Innenstadt hinsichtlich ihrer Funktionalität und Gestalt definiert. Das Potential, eine Chance für die Innenstadtentwicklung darzustellen, bestimmt sich über die Auswirkungen, die ein innerstädtisches Shopping-Center auf die Innenstadt hat.

Zwar können innerstädtische Shopping-Center auch Auswirkungen auf andere Städte und Stadtzentren haben (vgl. Schulte 2011: 169). Im Rahmen dieser Untersuchung bezieht sich der Begriff der Auswirkung eines innerstädtischen Shopping-Centers jedoch nur auf eine Entwicklung, die auf oder in der Innenstadt wirkt und in direkten Zusammenhang mit der Center-Ansiedlung gebracht werden kann. Die Art der Auswirkungen wird dabei maßgeblich von der städtebaulich-funktionalen Integration eines Centers in die Strukturen der Innenstadt bestimmt ­(vgl. Beckmann et al. 2008: 15).

Zur Beantwortung der zentralen Forschungsfrage wird zunächst der theoretische Bezugs-rahmen hergestellt. Dann werden durch Auswertung bestehender Untersuchungen Kriterien der Integration bestimmt und alle potentiellen Auswirkungen ermittelt. Daraus bildet sich die Basis für die Durchführung einer Einzelfallbeispielanalyse. Als Fallbeispiel wird die Stadtgalerie in der Mittelstadt Witten ausgewählt, die im Jahr 2009 als innerstädtisches Shopping-Center eröffnet wurde. Neben der Beantwortung der Forschungsfrage ist es weiterhin Ziel der Arbeit, die Integration und die Auswirkungen des Fallbeispiels zu analysieren, um eine Basis für Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Wittener Innenstadt zu schaffen. Zusätzlich werden allgemeine Empfehlungen für zukünftige Shopping-Center-An-siedlung in Mittelstädten abgeleitet.

1.2 Aufbau und Untersuchungsdesign

Im folgenden Kapitel werden der Aufbau und das Untersuchungsdesign der Arbeit erläutert. Abbildung 1­ zeigt die Stellung der einzelnen Kapitel der Arbeit im Gesamtkontext auf. Zur Annäherung an die zentrale Forschungsfrage werden mit Hilfe einer Operationalisierung ar-beitsleitende Fragen zur Anleitung des weiteren Vorgehens entwickelt.

Abbildung 1: Untersuchungsdesign

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Aus dem Anlass und der Problemstellung der Arbeit ergeben sich als näher zu betrachtende Bereiche der ‚Strukturwandel im Einzelhandel’, die ‚Innenstadt im Kontext der Mittelstadt’ und der Themenbereich ‚Shopping-Center’. Die Auseinandersetzung mit diesen Themenblöcken in Kapitel 2 schafft die theoretischen Grundlagen für den weiteren Verlauf der Arbeit. Die arbeitsleitenden Fragen hierfür lauten:

Kapitel 2.1 Strukturwandel im Einzelhandel:

- Wie hat sich die Stellung des Handels in der Stadt entwickelt?
- Welche Ursachen und Auswirkungen hat der Strukturwandel im Einzelhandel?
Kapitel 2.2 Die Innenstadt im Kontext der Mittelstadt:
- Was sind die Kennzeichen einer Mittelstadt und einer Innenstadt?
- Welche Besonderheiten und Problemlagen weisen mittelstädtische Innenstädte auf?
- Wie wirkt sich der Strukturwandel im Einzelhandel auf mittelstädtische Innenstädte aus?

Kapitel 2.3 Shopping-Center:

- Was macht den Betriebstyp Shopping-Center aus und wie hat er sich in Deutschland entwickelt?
- Wie lassen sich Shopping-Center untereinander abgrenzen?
- Wie läuft der Ansiedlungsprozess eines Shopping-Centers ab und welche Steuerungsmöglichkeiten stehen den Kommunen zur Verfügung?

In einem Zwischenfazit werden in Kapitel 2.4 diese drei Blöcke der Theorie zusammengeführt, um Berührungspunkte und Wechselwirkungen zwischen Einzelhandel, Innenstadt und Shopping-Centern herauszustellen. Die Schlussfolgerungen des Zwischenfazits sind der Aus-gangspunkt von Kapitel 3 der Arbeit, in dem der inhaltliche Rahmen für die Untersuchung in Witten abgeleitet wird.

Wie sich im Anlass abzeichnet, sind die Auswirkungen innerstädtischer Shopping-Center der wesentliche Faktor für die Bestimmung seines Potentials, eine Chance für die Innenstadt-entwicklung darzustellen. Die Auswirkungen sind dabei eng an den Grad der Integration des jeweiligen Centers gekoppelt. Dementsprechend sind die Kriterien der Integration und die potentiellen Auswirkungen innerstädtischer Shopping-Center die beiden zentralen Bausteine von Kapitel 3. Dabei werden speziell die Besonderheiten mittelstädtischer Innenstädte be-rücksichtigt.

Die arbeitsleitenden Fragen für dieses Kapitel lauten:

Kapitel 3.1 Kriterien der Integration eines innerstädtischen Shopping-Centers:

- Welche Kriterien bestimmen die städtebaulich-funktionale Integration von Shopping-Centern in Innenstädten?
- Welche besonderen Anforderungen stellen mittelstädtische Innenstädte an die Integration eines Shopping-Centers und welche Potentiale bieten sie?

Kapitel 3.2 Potentielle Auswirkungen eines innerstädtischen Shopping-Centers:

- Welche potentiellen Auswirkungen können innerstädtische Shopping-Center auf Innenstädte haben?
- Welche besondere Chancen und Gefahren ergeben sich hieraus für mittelstädtische Innenstädte?

Die Beantwortung dieser arbeitsleitenden Fragen dient als Rahmen für die empirische Untersuchung und als Basis für die Bewertung der Integration und der Wirkungen der Stadtgalerie in Witten. Zwei Praxisbeispiele veranschaulichen die zuvor dargestellten Aspekte und führen die Bausteine Integration und Auswirkungen in Kapitel 3.3 zusammen.

Kapitel 4 schafft die methodischen und fallbeispielbezogenen Grundlagen für die Unter-suchung in Witten. Sie beziehen sich auf den zuvor geschaffenen Analyserahmen. Zentrale arbeitsleitende Fragen von Kapitel 4 sind:

Kapitel 4.1 Methodisches Vorgehen in der Fallbeispielanalyse:

- Welcher methodische Ansatz ist erforderlich um die Integration und die Auswirkungen eines innerstädtischen Shopping-Centers in einer Mittelstadt zu bewerten?
Kapitel 4.2 Vorstellung des Fallbeispiels Witten:
- Wie lassen sich die Stadt Witten, das Hauptzentrum ‚Innenstadt‘ und die Stadtgalerie charakterisieren?

Die Ableitung eines geeigneten methodischen Ansatzes zur Analyse und Bewertung der Integration und der Auswirkungen eines innerstädtischen Shopping-Centers stellt eine zentrale Erkenntnis der Arbeit dar. Die Auswahl und die Ausgestaltung der Methoden, die sich zu einem großen Teil aus den Schlussfolgerungen der Kapitel 2 und 3 ergeben, werden in Kapitel 4.1 dargestellt. Tabelle 1 fasst alle in der Analyse angewandten Methoden zusammen:

Tabelle 1: In der Untersuchung angewandte Methoden

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Zentrale Elemente der Fallbeispieluntersuchung sind eine Integrations- und eine Wirkungsanalyse der Stadtgalerie in Witten, in denen die Ergebnisse der eigenen Erhebungen und Sekundärauswertungen analysiert und bewertet werden. Aufgrund ihres Umfangs und ihrer großen Bedeutung für die Untersuchung werden die Ergebnisse der eigenen primär-statistischen Erhebungen (Passantenbefragung, Passantenzählung, Experteninterviews) in Kapitel 4.3 explizit dargestellt. Die Ergebnisse aller weiteren angewandten Methoden fließen direkt in die Integrations- bzw. Wirkungsanalyse in Kapitel 5.1 bzw. 5.2 ein.

Die Integrations- und Wirkungsanalyse stellt zusammen mit den Empfehlungen den bewertend-konzeptionellen Teil der Arbeit dar. Die zentralen arbeitsleitenden Fragen dieses fünften Kapitels lauten:

Kapitel 5.1 Integrationsanalyse der Stadtgalerie:

- Wie ist die städtebaulich-funktionale Integration der Stadtgalerie in Witten zu bewerten?
- Sind in Witten die besonderen Anforderungen und Potentiale der Integration innerstädtischer Shopping-Center in Mittelstädten vorhanden und wie wurde mit ihnen umgegangen?
Kapitel 5.2 Wirkungsanalyse der Stadtgalerie:
- Wie sind die Auswirkungen der Ansiedlung der Stadtgalerie auf die Innenstadt zu bewerten?
- Sind in Witten die besonderen Chancen und Gefahren einer Shopping-Center-Ansiedlung in Mittelstädten zum Tragen gekommen?

Kapitel 5.3 Empfehlungen für die Innenstadt in Witten:

- Wie kann die Innenstadtstruktur von Witten vor dem Hintergrund der Stadtgalerie-Ansiedlung weiterentwickelt werden?
Kapitel 5.4 Empfehlungen für zukünftige Ansiedlungen in Mittelstädten:
- Welche allgemeinen Schlussfolgerungen und Empfehlungen ergeben sich aus der Untersuchung für zukünftige Ansiedlungen in Mittelstädten?

Zum Abschluss der Arbeit werden in Kapitel 6 alle Erkenntnisse der voranstehenden Kapitel in einem Fazit zusammengeführt, um die zentrale Forschungsfrage zu beantworten:

Können innerstädtische Shopping-Center eine Chance für die Innenstadtentwicklung in Mittelstädten sein?

Weiterhin wird ein Ausblick auf die zukünftige Entwicklung im Bereich Shopping-Center und Mittelstädte gegeben.

2. Theoretischer Bezugsrahmen

Wie im Untersuchungsdesign deutlich wird, bildet sich der theoretische Bezugsrahmen aus dem Anlass der Untersuchung. Er definiert sich über eine Auseinandersetzung mit dem Strukturwandel im Einzelhandel, der Innenstadt im Kontext der Mittelstadt und der Betriebs-form[5] ‚Shopping-Center‘.

2.1 Strukturwandel im Einzelhandel

Es gibt allgemein bekannte Entwicklungen im Einzelhandel, die zeigen, dass sich dieser dauerhaft im Wandel befindet. Als Beispiele seien hierbei der Bedeutungsverlust der ‚Tante-Emma-Läden‘, der Erfolg der Lebensmitteldiscounter[6] oder aber die Krise der klassischen Kauf- und Warenhäuser genannt. Auch großflächige[7], innerstädtische Shopping-Center lassen sich als eine Entwicklung des Handels identifizieren. Dem Wandel lassen sich dabei sowohl handels-endogene (d.h. handelsinterne Veränderungen) als auch handelsexogene (d.h. von außen wirkende Rahmenbedingungen) Gründe zuordnen. Das nachfolgende Kapitel schafft den theoretischen Rahmen der Arbeit hinsichtlich der Thematik des Strukturwandels im Einzelhandel.

Nach einer kurzen Erläuterung der relevanten Begrifflichkeiten und einer Darstellung der historischen Entwicklung des Handels und seinem Beitrag zur Stadtentwicklung, werden nach-folgend die Ursachen, ihre Auswirkungen und die aktuellen Trends des Strukturwandels dargestellt.

2.1.1 Einführung in den Einzelhandel

Nach der Definition von Heinritz et al. bezeichnet Handel den „Verkauf von beweglichen Sach-gütern zwischen Unternehmen untereinander oder auch zwischen Unternehmen und privaten Haushalten“ (2003: 20).

Abbildung 2: Stellung des Handels als Mittler zwischen Produktion und Verbrauch

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Heinritz et al. 2003: 21

Abbildung 2 zeigt, dass der Handel eine vermittelnde Position zwischen der Produktion (Hersteller) und dem Verbrauch (Kunden) einnimmt. Die Produktion versorgt den Handel mit Waren- und Informationsströmen. Anschließend gibt der Handel diese Ströme an den Ver-brauch(er) weiter. Als Tauschwert fließen vom Verbrauch einerseits Informations-, und andererseits Geldströme über den Handel zur Produktion. Man spricht auch vom sogenannten Handel im funktionalen Sinn, da die gehandelten Güter in der Regel nicht wesentlich ver- oder bearbeitet worden sind (vgl. Heinritz et al. 2003: 20).

Darauf basierend bedeutet Einzelhandel im funktionalen Sinn, dass Waren an den Letzt- oder Endverbraucher als „privaten Endabnehmer der Ware“ (Kuschnerus 2007: 13) verkauft werden. Übergeordnet ergibt sich für die Bedeutung von Einzelhandel im institutionellen Sinne, dass „Einzelhandelsgeschäfte ganz oder überwiegend Einzelhandel im funktionellen Sinne betreiben“ (website Handelswissen). Mit ca. 400 Mrd. Euro Umsatz im Jahr hat der Einzelhandel in Deutschland eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung (vgl. Krüger 2010: 33).

Der Einzelhandel als Institution lässt sich zwischen dem Einzelhandel im engeren Sinne, der auch klassischer Einzelhandel genannt wird und dem Einzelhandel im weiteren Sinne, unterscheiden. Dem Einzelhandel im engeren Sinne lassen sich auch Shopping-Center zu-ordnen. Bei der Definition des Einzelhandels im weiteren Sinne werden Apotheken, Kfz-, Brennstoff- und Kraftstoffhandel eingeschlossen. (vgl. website Handelswissen)

Des Weiteren lässt sich der Einzelhandel nach Tietz in vier Einzelhandelsnetze untergliedern. Das primäre Netz bezieht sich auf den klassischen Ladeneinzelhandel des innerörtlichen Zentren- und Streulagennetzes – vorwiegend auf Innenstädte und Stadtteilzentren, aber auch auf integrierte Lagen an dezentralen Standorten (beispielsweise Ortsteile außerhalb der Innenstadt). Die im Rahmen dieser Arbeit behandelten, innerstädtischen Shopping-Center lassen sich also dem primären Einzelhandelsnetz zuordnen. Im Gegensatz dazu lassen sich dem sekundären Einzelhandelsnetz alle Pkw-orientierten Standorte zuweisen, die vorwiegend ab den 1960er Jahren in Randlagen, außerhalb Siedlungsgebieten entstanden sind. Unter die Kategorien fallen mehrheitlich die Fachmärkte[8], Verbrauchermärkte[9], SB-Warenhäuser[10] sowie die nicht integrierten Einkaufszentren in peripheren Lagen. Diese Typen finden sich aber auch vermehrt in Innenstädten und integrierten Lagen. Darüber hinaus ordnet Tietz dem tertiären Netz Versand und Direktvertrieb[11] sowie dem quartären Netz Automobil-, Benzin- und Energiehandel zu. (vgl. Tietz 1991: 158, 163-173)

Die Betriebstypen bzw. -formen des Einzelhandels lassen sich in primäre und sekundäre Betriebstypen untergliedern. Dem primären Betriebstyp lassen sich alle einzelnen Einzelhandelsbetriebe zuordnen. Sekundäre Betriebsformen können als ein Verbund primärer Betriebstypen beschrieben werden. Es lässt sich dementsprechend sagen, dass eine räumliche Agglomeration primärer Betriebsformen zur Bildung sekundärer Betriebstypen führt. Shopping-Center lassen sich daher den sekundären Betriebstypen zuordnen, da sie als ein Zusammenschluss verschiedener Einzelbetriebe gesehen werden können. (vgl. Pepels 2001: 160)

2.1.2 Historische Entwicklung des Handels

Die über den klassischen Einzelhandel hinausgehende Ausdifferenzierung der Einzelhandels-netze zeigt, dass der Handel dynamischen Veränderungsprozessen unterliegt (vgl. Heider 1997: 1). Diese Prozesse wirken sich auf die Innenstädte aus – und leisteten deshalb einen wichtigen Beitrag zu ihrer historischen Herausbildung; beispielsweise in Form der Entstehung der Märkte als ökonomische, soziale, kulturelle, politische und religiöse Zentren der Stadt (vgl. Kostof 1993: 91f, 153-156). Dieses Kapitel gibt einen kurzen historischen Abriss über die Entwicklung des Handels in Europa, von der Antike über das Mittelalter – bis zu den Verkaufsformen, die einen prägenden Einfluss auf die heutigen Innenstädte ausüben: Das Shopping-Center und seine Vorreiter ‚Passage‘ und ‚Warenhaus‘.

Ursprünge des innerstädtischen Handels finden sich in der Antike in Form der griechischen Agora, des römischen Forums und des orientalischen Basars.

Agora, Forum und Basar

Im antiken Griechenland fand der Handel im Wesentlichen auf einem zentralen Platz statt, der als ‚Agora‘ bezeichnet wird. Die Agora hatte zunächst vorrangig politische und religiöse Funktionen. Politische Räte tagten auf der Agora und es wurden dort beispielsweise Gesetze öffentlich gemacht. Neben ‚Bürgerversammlung‘ lässt sie sich jedoch auch mit ‚Markt-platz‘ übersetzen, denn die Agora entwickelte sich als bürgerliches und – vor allem nach dem Scheitern der Demokratie – als wirtschaftliches Zentrum und damit zum Gegenpol des religiösen Zentrums, der Akropolis. Agora und Akropolis wirkten auf diese Weise bestimmend für die Herausbildung des öffentlichen Raumes der antiken Stadt. (vgl. Kostof 1993: 153f; Benevolo 2007: 92, 96)

Im alten Rom bildete das ‚Forum‘ zunächst primär den religiösen, politischen und juristischen Mittelpunkt der Stadt. Direkt übersetzt hatte es anfangs die Bedeutung ‚Umplankung‘, denn das Forum war durch Säulen von der übrigen Stadt abgrenzt (vgl. Mayer-Dukart 2010: 36). Später entwickelte sich das Forum zum wirtschaftlichen Mittelpunkt der Stadt und die Bedeutung des Begriffs ‚Forum‘ damit zu ‚Versammlung‘, aber auch zu ‚Marktplatz‘ (vgl. Kostof 1993: 154). Abgrenzen von der Agora lässt sich das Forum über die bauliche Gestaltung: Bei der Agora wurde der Marktplatz über freistehende Gebäude gebildet, das Forum wurde als zusammenhängender Baukörper entwickelt (vgl. Mayer-Dukart 2010: 36). Beiden städte-baulichen Typen ist gemein, dass zunächst der Versuch bestand, die wirtschaftlichen Tätig-keiten auf den freien Plätzen von Forum und Agora zu Gunsten von Versammlungen zu unter-sagen und diese nur in den vorhergesehenen Bereichen zu gestatten (vgl. Kostof 1993: 95; Lefèbvre 1973: 15)

Nach dem Ende des Römischen Reiches breitete sich die orientalische Stadt bis in den Mittelmeerraum aus (vgl. Benevolo 2007: 291). Der ‚Basar‘ übernahm – mit seinen teils überdachten, abschließbaren und unregelmäßig angelegten – Ladenstraßen die Funktion des wirtschaftlichen Mittelpunktes (vgl. Mayer-Dukart 2010: 38). Im 18. und 19. Jahrhundert beeinflusste das Konzept der Basare – über Forschungsreisen – indirekt die Herausbildung verschiedener Einkaufspassagen auf dem europäischen Festland (vgl. Geist 1979: 40f, 122). Der größte Unterschied des Basars zu seinen römischen und griechischen Pendants ist, neben der fehlenden Regelmäßigkeit und Planmäßigkeit, die fehlende politische Funktion. (vgl. Benevolo 2007: 293, 295)

Märkte und Passagen

In Europa entwickelten sich im frühen Mittelalter (ab dem achten Jahrhundert) die ersten ortsgebundenen ‚Märkte‘ – in Form von Marktplätzen und -straßen – als sich Händler in geringer Entfernung zu geistlichen oder weltlichen Machtzentren, aber auch an bedeutsamen Verkehrs- und Handelsrouten, Häfen oder Flussübergängen, niederließen (vgl. Girouard 1987: 17f). Die Anziehungs- und Ausstrahlungskraft des Handelszentrums auf das Umland spielte eine wichtige Rolle bei Herausbildung der europäischen Stadt[12].

Der Einfluss des Handels auf die Stadtgestalt zeigt sich auch darin, dass die Orte des Handels bereits früh überdacht wurden, sich teilweise auch in den Rathausgebäuden befanden und später in eigenen Gebäuden – den ‚Läden‘ – untergebracht waren. Ähnlich wie bei Agora und Forum wurden die mittelalterlichen Märkte neben dem Warenhandel auch für weltliche Feiern und politische Institutionen genutzt. Des Weiteren waren – anders als in den antiken und orientalischen Städten – öffentlicher und privater Bereich weniger stark abgegrenzt. Denn nur die Nebenstraßen dienten ausschließlich dem Verkehr – Hauptstraßen erfüllten meist mehrere Zwecke. (vgl. Benevolo 2007: 352; Mayer-Dukart 2010: 40)

Die Entwicklung des Handels im Mittelalter ist ein bedeutender Meilenstein in der Heraus-bildung einer engen Verbindung von Handel und Stadtentwicklung. Denn nach Lefèbvre gelingt es

„der Ware, dem Markt und dem Händler erst im europäischen Abendland, gegen Ende des Mittelalters, siegreich in die Stadt einzudringen. […] Er [der Markt] tritt an die Stelle des Versammlungsortes (der Agora, des Forums), ersetzt ihn. Um den Markt, der zum wesentlichen Teil geworden ist, gruppieren sich Kirche und Rathaus […]. Man beachte, dass die Architektur sich den neuen Stadtbegriff zu eigen macht und ihn übersetzt. Das Stadtgelände wird zum Begegnungsort von Dingen und Menschen, zum Umtauschplatz“ (Lefèbvre 1973: 15f, eigene Anmerkung).

Die ‚Passagen‘, die sich Ende des 18. Jahrhunderts in Paris entwickelten, können als Vorstufe der Warenhäuser – und damit auch der Einkaufszentren – gesehen werden. Bei anspruchsvoller Architektur in Deutschland auch als Galerie bezeichnet, entstammt der Begriff der Passage der französischen Sprache und wurde ursprünglich für die schmalen Privatstraßen, die der internen Erschließung von Wohnblöcken dienten, verwendet. (vgl. Geist 1979: 11). „Mit dem Namen Passage bezeichnet man einen zwischen belebten Straßen hindurch-geführten, glasüberdachten Verbindungsgang, der auf beiden Seiten gesäumt ist von Reihen einzelner Läden. In den oberen Geschossen können Läden, Büros, Werkstätten, Wohnungen untergebracht sein. Die Passage ist eine Organisationsform des Detailhandels. Sie ist das An-gebot öffentlichen Raumes auf privatem Gelände und bietet Verkehrserleichterung, Abkürzung, Schutz und nur dem Fußgänger zugängliche Flächen“ (Geist 1979: 12).

Der Unterschied der früheren Passagen von den heutigen Shopping-Centern liegt vor allem in der deutlich geringeren Verkaufsflächenausstattung und Wegelänge sowie der meist fehlenden verbindenden Verkehrsfunktion (vgl. Kühn 2006: 18f). Nach Bartetzko wandelten sich die Passagen von „Foren der städtischen Öffentlichkeit“ zum „warenästhetischen Raum“ (1994: 1357).

Kauf- und Warenhäuser

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts führte der Konkurrenzdruck der ‚Kauf- und Warenhäuser‘, die um die Jahrhundertwende entstanden, zu einem mehrere Jahrzehnte andauernden Niedergang der Passagen in Europa. Gründe dafür lagen unter anderem in der größeren Ver-kaufsflächenausstattung und im – in Unternehmerhand liegenden – strafferen und einheitlicheren Management (vgl. Kühn 2006: 19; Mayer-Dukart 2010: 45). Sie „entstanden als Spiegelbild wirtschaftlicher Konzentrationsprozesse im 19. Jahrhundert […] [und] als ‚Kaufpaläste‘ der Gründerzeit mit einem hohen gesellschaftlichen und architektonischem Anspruch dienten sie nicht nur der Bedürfnisbefriedigung, sondern wurden zu einem Ort der Begegnung“ (Mayer-Dukart 2010: 45, eigene Anmerkung). Kaufhäuser lassen sich als ein Sinnbild des Wandel der Märkte im 19. Jahrhundert bezeichnen: lokale und regionale Märkte weiteten sich bis auf die nationale Ebene aus (vgl. König 2000: 91). Außerdem waren sie „sowohl ein Element wie eine Folge des Urbanisierungsprozesses“ (König 2000: 103).

Des Weiteren zeichneten sich die Kaufhäuser über verschiedene Neuerungen aus: „Standard-isierung des Angebots, breite Branchenvielfalt, feste Preise, Kauf gegen Barzahlung [und] weitreichende Umtauschmöglichkeiten“ (Hangebruch 2009: 263, eigene Anmerkung). Der personalintensive Betrieb und die innerstädtischen Lagen führten zu hohen Fixkosten, die sich nur durch eine intensive, mehrstöckige Nutzung der Grundstücke in großen Baukörpern, kompensieren ließen (vgl. König 2000: 103). Nach Stürzebecher wurde Schinkels[13] Entwurf für ein Kaufhaus auf dem Gelände in Berlin, auf dem später die Bibliothek errichtet wurde „zum ersten Dokument für den sich anbahnenden Wandel in der Organisation des Einzelhandels im 19. Jahrhundert“ (1979: 11). Neben einem umfassenden Warenangebot und günstigen Preisen zogen die Warenhäuser auch als technische und architektonische Attraktionen – beispielsweise durch die sich über mehrere Stockwerke erstreckenden Lichthöfe oder die Viel-zahl an Aufzügen und Rolltreppen – Besucher an (vgl. König 2000: 103).

In Deutschland eröffneten Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Warenhäuser, aus denen später die Warenhausunternehmen ‚Kaufhof‘, ‚Hertie‘ und ‚Karstadt‘ hervorgingen (1879 in Stralsund, 1881 in Wismar und 1882 in Gera) (vgl. Hangebruch 2009: 262f). Während diese Warenhäuser ihr „zum Teil sehr umfassendes Warenangebot im Gegensatz zu ihren [eng-lischen, französischen und amerikanischen] Vorbildern […] in der unteren bzw. mittleren Qualitäts- und Preisklasse ansiedelten“, unterschieden sich die Kaufhäuser „von den Warenhäusern vor allem durch ein qualitativ und damit auch preislich höheres Niveau“ (Dittmeier et al. 1999: 5, eigene Anmerkung).

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kam den Warenhäusern in Deutschland mit ihren breiten Sortimenten eine besondere Bedeutung im Wiederaufbau zu, in ihrer Nähe entwickelten sich in den 1950er Jahren sogar die ersten Fußgängerzonen und sie konnten ihre Magnetfunktion verstärken (vgl. Hangebruch 2009: 263f). Sie leisteten also einen wichtigen Anteil zur Herausbildung der Innenstädte. In den 1970er Jahren waren die Kauf- und Warenhäuser mit 15% Marktanteil am Einzelhandelsumsatz am erfolgreichsten. Jedoch entwickelten sich ab diesem Zeitpunkt, mit der Entstehung neuer Angebotsformen mit Innenstadtsortimenten an autoorientieren Standorten, starke Konkurrenten (vgl. Hangebruch 2009: 263). Dieser Wettbewerbsdruck führte dazu, dass der Marktanteil der Warenhäuser zum Ende des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts nur noch bei drei Prozent lag (vgl. Hangebruch 2009: 264).

Als Erben von Passagen und Warenhäusern in Form von bedeutsamen Handelseinrichtungen können die Shopping-Center gesehen werden. Auf ihre Entwicklung wird im Shopping-Center-Kapitel eingegangen.

2.1.3 Ursachen des Strukturwandels

Der historische Abriss zeigt, welche Bedeutung der Handel seit jeher innerhalb der komplexen Stadtstrukturen einnimmt und wie er sich mit ihnen entwickelt. Nach Heider ist der Handel

„seit alters her eingebunden in ein vielfältiges Funktions- und Wirkungsgeflecht gesellschaftlicher, ökonomischer und räumlicher Rahmenbedingungen. Einerseits ist die Ausprägung des Handels und damit seine verorteten Strukturen, Interaktionsbeziehungen und funktionalen Aufgaben abhängig von den jeweiligen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen sowie den räumlichen und verkehrlichen Bedingungen, andererseits bestimmt der Handel wesentlich die Raum- und Siedlungsstrukturen“ (1997: 7).

Der Wandel des Einzelhandels wird durch Faktoren bestimmt, die sich in zwei unterschiedliche Bereiche einteilen lassen. Die handelsendogenen Faktoren basieren auf Entwicklungen innerhalb der Einzelhandelsunternehmen, wie beispielsweise eine Zunahme der Konzentration als Folge von Rationalisierungen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Handelsexogene – also äußere Faktoren – bilden sich beispielsweise durch Änderungen der Nachfrage der Käufer oder ihrer demographischen und sozialen Strukturen, aber auch durch politische oder planerische Einflüsse.

In der Literatur werden bei den beiden Bereichen verschiedene Schwerpunkte identifiziert, bei den exogenen Faktoren beispielsweise die Nachfrage und bei den endogenen Faktoren die Konkurrenz (vgl. Dittmeier et al. 1999: 6; Heinritz et al. 2003: 40). Nachfolgend werden die wichtigsten Sachverhalte, die als Faktoren des Strukturwandels im Einzelhandel wirken, zusammenfassend erläutert.

Abbildung 3: Modell der Einflussfaktoren und Entscheidungsmechanismen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Pütz 1998: 12

Handelsexogene Ursachen

Das Modell der Einflussfaktoren in Abbildung 3 zeigt, dass sich das soziale System, das von den Konsumenten gebildet wird, aus Einkommens-, Sozial-, Verhaltens- und Raumüber-windungsfaktoren zusammensetzt. Hierbei sind vor allem Faktoren wie das Einkommensniveau, der Familienstand, der Lebensstil und die hohe Pkw-Verfügbarkeit und damit die Mobilität von Bedeutung. Zusätzlich übt das politisch-administrative System über politisch-gesellschaftliche Ziele und planerische Instrumente, wie beispielsweise städte-bauliche Leitbilder oder das Planungsrecht Einfluss aus. Außerdem wirkt sich das wirt-schaftliche System über Faktoren wie Nachfrageprofil oder Lohnentwicklung auf die Entwicklung und Struktur von Einzelhandelsstandorten aus. Eine exakte Unterscheidung der Systeme ist aber nicht immer möglich, ebenso führen die Verflechtungen und Einflüsse untereinander zu Rückkopplungen (vgl. Heinritz et al. 2003: 40). Die handelsendogenen Ursachen, die im Anschluss an die exogenen Faktoren dargestellt werden, können als Reaktion der Einzelhandelsunternehmen auf die Wirkungen der verschiedenen Systeme gesehen werden. Die entscheidendste Triebfeder für die Reaktion der Unternehmen ist dabei die wirtschaftliche Entwicklung in Form des Wettbewerbs. Als maßgebliche Akteure im Prozess der Entwicklung der Einzelhandelsstrukturen lassen sich also die Kunden Endverbraucher, die Gesetzgeber bzw. Planer und die Unternehmen (Industrie, Groß- und Einzelhandel) identifizieren (vgl. Heider 1997:12; Lademann 2011: 86).

Als der wichtigste exogene Einfluss kann das Konsumentenverhalten, das vom sozialen System gebildet wird und Veränderungen der Nachfrage bedingt, gesehen werden (vgl. Mayer-Dukart 2010: 55). Daher wird im Folgenden die Dynamik des Nachfrageverhaltens näher beleuchtet.

Von zentraler Bedeutung für die Ausgestaltung der Nachfrage ist die demographische und soziokulturelle Entwicklung. Diese zeichnet sich beispielsweise durch einen Rückgang der Bevölkerungszahl bei einer Zunahme des Anteils älterer Menschen, den Bedeutungsgewinn kleinerer Haushalte, die Zunahme der Zahl von Migranten und die zunehmende Berufstätigkeit von Frauen aus und führt zu einer quantitativen und qualitativen Änderung der Nachfrage (vgl. Mayer-Dukart 2010: 56; Kreimer et al. 2006: 20-23). Nach Pütz gehören zu den bedeutsamsten nachfrageinduzierten Faktoren unter anderem:

- Polarisierung der Einkommensentwicklung,

- Rückgang der über den Einzelhandel verausgabten Einkommensanteile,

- Polarisierendes Einkaufsverhalten,

- Ausdifferenzierung segmentierter Konsummuster und Konsumentengruppen (vgl. Pütz 1998: 13)

Die Polarisierung der Einkommensentwicklung äußert sich in Deutschland folgendermaßen: Einerseits wächst die Zahl der einkommensschwächeren Haushalte stetig und sie haben im Durchschnitt auch immer weniger Einkommen zur Verfügung. Andererseits gibt es immer mehr einkommensstärkere Haushalte, die ihr Einkommen noch weiter vergrößern können. Als Folgen dieser Polarisierung können zum einen die Steigerung der Nachfrage nach Luxusgütern, zum anderen aber auch ein verstärktes Preisbewusstsein sowie eine Verunsicherung der Mittelschicht gesehen werden. (vgl. Mayer-Dukat 2010: 56; Goebbel 2010: 2; Keimer et al. 2006: 21)

Des Weiteren lässt sich feststellen, dass der Anteil des Einzelhandelsumsatzes an den steigenden privaten Konsumausgaben sinkt, was sich durch die gestiegene Nachfrage nach Dienstleistungen zur Erhöhung des Lebensstandards – beispielsweise im Freizeitbereich – zeigt (vgl. Pütz 1998: 13). So sank der Anteil des Einzelhandelsumsatzes am privaten Verbrauch in Deutschland von 35,2% im Jahr 1995 auf 29,1% im Jahr 2006, während der Anteil für Miete, Energie, Freizeit und sonstige Lebensunterhaltungskosten anstieg (vgl. HDE 2007: 6). Abbildung 4 verdeutlicht, dass sich die Ausgaben im Einzelhandel nicht proportional zur Steigerung des Bruttoinlandsprodukt und der gesamten Konsumausgaben der privaten Haushalte in Deutschland entwickeln. Während das Bruttoinlandsprodukt von 1991 bis 2008 um 62,3% und die Konsumausgaben der privaten Haushalte um 57,3% anstiegen, lässt sich bei den Ausgaben im Einzelhandel lediglich ein Zuwachs von 12,4% feststellen.

Abbildung 4: Bruttoinlandsprodukt, private Konsumausgaben und Ausgaben im Einzelhandel in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Krüger 2010: 34

Auch im Einkaufsverhalten der Konsumenten lässt sich eine Polarisierung feststellen. „Um die relativ geringeren Ausgaben im Einzelhandel trotzdem zur Erhöhung des Lebensstandards und Sozialprestiges einsetzen zu können, wächst das Preisbewusstsein der Konsumenten vor allem bei Waren des Grundbedarfs, und die Nachfrage nach discountorientierten Angebotsformen steigt“ (Pütz 1998: 13). Im Gegensatz zu diesem ‚Versorgungseinkauf‘ steht der ‚Erlebnis-einkauf‘, der auch als ‚Impulskauf‘ bezeichnet wird und bei dem nicht die Versorgung mit Waren des täglichen Bedarf im Vordergrund steht, sondern Unterhaltungs- und Freizeit-aspekte sowie häufig zusätzliche Aktivitäten wie Gastronomiebesuche (vgl. Mayer-Dukart 2010: 58).

Die deutsche Bevölkerung lässt sich hinsichtlich des Einkaufsverhaltens allgemein in drei grundlegende Konsumtypen einteilen, die in nachfolgender Tabelle 2 mit relevanten Differenzierungskriterien dargestellt werden.

Tabelle 2: Grundtypen in der deutschen Konsumbevölkerung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Heinritz et al. 2003: 158

Da sich neben den beiden gegensätzlichen Polen Versorgung und Erlebnis des Käufer-verhaltens weitere Verhaltensmuster feststellen lassen, spricht man von einer generellen Ausdifferenzierung segmentierter Konsummuster und Konsumentengruppen. Zudem lassen sich die meisten Käufer nicht einem einzelnen Verhaltensfeld zuordnen, sondern charakterisieren sich durch ein hybrides Verhalten (vgl. Mayer-Dukart 2010: 58; Heinritz et al. 2003: 166).

So werden beispielsweise die Nahrungsmittel im Lebensmittel-Discounter eingekauft (Schnäppchenjäger), während Kleidung ausschließlich im Marken-Fachgeschäft bezogen wird (Qualitätskauf). Der Discounter muss möglichst schnell und einfach erreichbar sein und am besten auf dem Weg zur Arbeit liegen – für das Kleidungsstück der Wahl nehmen die Konsumenten auch oft längere, zeitaufwändigere Wege in Kauf. Die Verkehrsmittelwahl fällt dabei meistens aus Gründen der Bequemlichkeit auf den Pkw (vgl. Dittmeier et al. 1999: 8).

Dem preisbewussten Käufertyp lässt sich neben dem Segment des discount-orientierten Käufers auch das Konsummuster des sogenannten ‚smart shoppers‘, „der jeden Preis in Frage stellt und deshalb gerne handelt“ (Heinritz et al. 2003: 156), zuordnen. Er unterscheidet sich von dem ausschließlich preisorientieren Konsumenten insoweit, dass die Qualität einen ebenso wichtigen Faktor wie das Preisniveau einnimmt (vgl. Mayer-Dukart 2010: 57). Der ‚smart shopper‘ möchte also für seinen monetären Einsatz das für ihn beste Ergebnis erzielen. Er kann als Produkt der Entwicklung gesehen werden, die in Abbildung 5 dargestellt wird und zeigt, wie sich die Einstellung gegenüber dem (ideellen) Warenwert entwickelte: vom Mengen- zum Qualitätsbewusstsein. Für den ‚hybriden smart shopper‘ spielen – zusätzlich zur Qualität – auch die aufgewendete Zeit und der empfundene Stress eine Rolle.

Abbildung 5: Veränderung der Einstellung gegenüber dem (ideellen) Warenwert im Zeitverlauf

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Heinritz et al. 2003: 157

Als weiterer Trend des Käuferverhaltens kann der Bequemlichkeitskauf (‚convenience-shopping‘[14] ), der sich zeitlich parallel zum ‚smart shopping‘ entwickelte und sich teilweise auch mit seinen Grundzügen deckt, gesehen werden (Heinritz et al. 2003: 158). Gründe für die Entwicklung lassen sich unter anderem in den sozioökonomischen Rahmenbedingungen sehen, die sich durch eine Zunahme der Ein-Personen-Haushalte und einer erhöhten Erwerbstätigkeit von Frauen auszeichnen (vgl. Mayer-Dukart 2010: 57). Die sogenannten Convenience-Stores die sich sowohl auf „Produkte (wie z.B. Fertiggerichte), Dienstleistung (z.B. Lieferung nach Hause) als auch auf die Standortqualität und zeitliche Leistungsbereitschaft des Versorgungsnetzes“ (Mayer-Dukart 2010: 58) auswirken, können auch als Ergebnis des Rückgangs geregelter Arbeitsverhältnisse und steigender Mobilitätsanforderungen an den Arbeitnehmer gesehen werden. Der „Bedarfseinkauf wird als lästige zeitaufwändige Pflicht angesehen und demzufolge wird jeder dabei zu erzielende Zeitgewinn als Freizeitgewinn geschätzt“ (Heinritz et al. 2003: 159).

Handelsendogene Ursachen

Die internen Veränderungen lassen sich in drei Bereiche zusammenfassen: den Bereich der „kapitalbedingten Selektionswirkung bei der Umsetzung von Innovationen“, der „Verschärfung des Wettbewerbs infolge der Kapitalkonzentration“ und der „Nachfragemacht der Groß-unternehmen“ (Heinritz et al. 2003: 42). Der steigende Wettbewerbsdruck kann als die bedeutendste endogene Entwicklung für den Strukturwandel im Handel gesehen werden (vgl. Bschirrer 2002: 36)

Nach Heinritz et al. sind bei den Innovationen vor allem die Einführung der Selbstbedienung (SB), die Erweiterung der Sortimente sowie die Rationalisierung aller Wirkungsbereiche der Einzelhandelsunternehmen zu nennen (vgl. 2003: 43). Im Besonderen sind es die entstandenen Betriebsformen SB-Warenhaus, Verbrauchermarkt und Fachmarkt, die diese Innovationen umsetzen. Errichtungen dieser Betriebsformen verlangen „erheblich mehr Investitionen als herkömmliche Betriebsformen, so dass fast ausschließlich Großunternehmen als Betreiber auftreten“ (Heinritz et al. 2003: 43). Das Prinzip der Selbstbedienung im Einzelhandel, das in den 1950er Jahren in Deutschland eingeführt wurde, ermöglichte eine starke Vergrößerung der Sortimente – teures Personal wurde gegen verhältnismäßig günstigere Verkaufsfläche eingetauscht (vgl. Bschirrer 2002: 26).

Der erhöhte Investitionsbedarf führt dazu, dass finanzschwächere oder privat geführte Betriebe nicht mehr konkurrenzfähig sind. Bei den großen Unternehmen des Einzelhandels äußert sich der erhöhte Kapitalbedarf in einem weiteren Anstieg des Wettbewerbs. Dieser „wird ausgelöst, durch die Verknappung von Standorten infolge der restriktiven Haltung der Planung sowie durch den Kampf um Marktanteile“ (Heinritz et al. 2003: 43).

Die Folge des gesteigerten Wettbewerbs und dem damit verbundenen Ausscheiden von Unternehmen, die sich gegen die besser ausgestattete Konkurrenz auf dem Markt nicht behaupten können, ist ein Konzentrationsprozess: Der Gesamtumsatz im Einzelhandel wird von immer weniger Unternehmen erwirtschaftet. Durch Fusionen und dadurch entstehende Größenvorteile werden Kosten gesenkt (vgl. Pütz 1998: 16). Der Konzentrationsprozess kann gleichzeitig Ursache und Wirkung sein, denn „auf der einen Seite beinhaltet der starke Wettbewerbsdruck den Zwang, die Einkaufsmacht zu stärken, auf der anderen Seite erhöhen die so entstandenen großen, finanzstarken Unternehmen den Druck zusätzlich aufeinander“ (Bschirrer 2002: 36).

Besonders stark ausgeprägt ist die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel, in dem sich die fünf größten Unternehmen 90% des Umsatzes teilen, wodurch sich auch der Anstieg der Nachfragemacht der großen Einzelhandelsunternehmen bei gleichzeitiger größerer Ab-hängigkeit der Lieferanten erklären lässt (vgl. website DNV online). Die Industrie reagiert darauf mit Direktvertrieb und betreibt somit Handel „am institutionellen Einzelhandel vorbei“ (Krüger 2010: 34). Des Weiteren gilt es bei der Konzentration zu beachten, dass sich die Unternehmen oft nicht nur auf eine Betriebsform beschränken, sondern meist ver-schiedene, untereinander abgestimmte Betriebstypen betreiben (vgl. Heinritz et. al 2003: 39). Eine Ausnahme stellt hierbei die Aldi-Gruppe dar, die alleine über die Betriebsform des Discounters operiert.

2.1.4 Auswirkungen des Strukturwandels

Wenngleich sich bei der Schilderung der Ursachen schon raumrelevante Auswirkungen des Wandels auf die Einzelhandelsentwicklung abzeichnen, werden sie nachfolgend – losgelöst von den Ursachen, da einzelne Auswirkungen oft sowohl endogen als auch exogen bedingt sind – näher erläutert. Wie bereits erwähnt lassen sich, als direkte Folge des Wettbewerbs um die Kundennachfrage und der damit einhergehenden Konzentration der Unternehmen, der Betriebstypenwandel in Form der Entstehung neuer großflächiger Einzelhandelsformen mit wachsenden Bedeutungen nennen. Hinzu kommen die damit in Verbindung stehende Abnahme der Flächenproduktivität und die Maßstabsvergößerung. Die Maßsstabs-vergrößerung zeigt sich darin, dass immer mehr größere und weniger kleine Flächen von den Unternehmen nachgefragt werden. Abbildung 6 zeigt, dass sich alleine von 2008 bis 2010 die Nachfrage nach Flächen über 3.000 nahezu verdoppelte.

Abbildung 6: Entwicklung der Flächennachfrage von 2008-2010 in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenQuelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von CB Richard Ellis 2011: 3

Des Weiteren sind veränderte Standortstrukturen im Einzelhandel ein Resultat des ge-stiegenen Wettbewerbs in Verbindung mit dem Käuferverhalten und städtebaulichen Entwicklungstrends wie der Suburbanisierung.

„Im Rahmen der handelsendogenen Einflüsse tritt der Betriebsformenwandel als Ursache auf und in Rückkopplung mit den handelsexogenen Einflüssen übt er infolge der großen Akzeptanz der neuen Betriebsformen eine Katalysatorfunktion für die gesamte Einzelhandelsentwicklung aus“ (Heinritz et al. 2003: 46). Auch das Zitat von Heinritz et al. verdeutlicht, dass eine genaue Trennung zwischen endogenen und exogenen Faktoren nicht immer möglich ist und Rückkopplungen zu einer Verbindung von Ursache und Wirkung führen können.

Die Dynamik der Betriebsformen in Abbildung 7 zeigt den Trend zu den großflächigen Betriebsformen mit Selbstbedienung und geringerem Preisniveau bei gleichzeitiger Abkehr der Standorte von den innerstädtischen Zentren hin zu den Stadträndern. Die Ausdifferenzierung der Betriebstypen definiert sich „durch den unterschiedlich gewichteten Einsatz der betrieb-lichen Handlungsparameter Preis- und Sortimentsgestaltung, Betriebsgröße, Standortwahl und Andienungsform“ (Pütz 1998: 18).

Abbildung 7: Dynamik der Betriebsformen des Einzelhandels 1950-2000 in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Kulke 2008: 167

Die Entwicklung der Marktanteile nach den Vertriebsformen in Abbildung 8 bestätigt, dass in jüngster Zeit vor allem traditionelle, inhabergeführte Fachgeschäfte, die nicht von den Losgrößenvorteilen der Unternehmenskonzentration profitieren mit großen Umsatzein-brüchen konfrontiert sind. Im Gegensatz dazu konnten Fachmärkte und Discounter – die ihre Konzepte dem ‚hybriden smart shopper‘ anpassten – ihre Marktbedeutung verstärken. Der An-teil des Online-Handels[15] wächst, lag im Jahr 2010 jedoch erst bei 1,5%.

Abbildung 8: Marktanteilsentwicklungen nach Vertriebsformen 1995-2007 in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von HDE 2011

Das im Verhältnis zur stagnierenden Entwicklung des Einzelhandelsumsatzes (s. Abbildung 4) überdurchschnittlich hohe Verkaufsflächenwachstum – als Folge der Entstehung großflächiger Betriebsformen – führt zu einer Abnahme der Flächenproduktivität (sinkende Umsätze pro m² Verkaufsfläche). Diese wird in Abbildung 9 verdeutlicht.

Pro Einwohner standen im Jahr 2010 in Deutschland 1,46m² Verkaufsfläche zur Verfügung und damit im Durchschnitt mehr als in Großbritannien (0,99m²) oder Ungarn (1,04m²), aber weniger als in den Niederlanden (1,71m²), Österreich (1,72m²) und deutlich weniger als in den USA (3,36m²) (vgl. website Regiodata). Der hohe Flächenverbrauch des Einzelhandels wirkt sich auf die Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsflächen aus, deren Eindämmung seit 2002 erklärtes Ziel (‚30 ha-Ziel‘) der Bundesregierung ist (vgl. Bundesregierung 2002: 99).

Abbildung 9: Verkaufsfläche und Flächenproduktivität im deutschen Einzelhandel

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Kreimer et al. 2006: 18 und HDE 2008: 22

Parallel zum stetigen Anstieg der Verkaufsfläche und der Abnahme der Flächenproduktivität lässt sich in den letzten Jahrzehnten ein Rückgang der Zahl der Einzelhandelsbetriebe fest-stellen. Daraus ergibt sich eine Erhöhung der durchschnittlichen Verkaufsfläche pro Betrieb, der als Maßstabsvergrößerung bezeichnet wird und einen größeren Flächenbedarf pro Einzel-handelsbetrieb mit sich bringt. (vgl.Mayer-Dukart 2010: 62)

In diesem Zusammenhang ist vor dem Hintergrund der Unternehmenskonzentration auch die ‚internationale Filialisierung‘ zu erwähnen. Eine stark ausgeprägte Filialisierung inner-städtischer Bereiche kann auf der einen Seite „zu einer Uniformität und durch filialisierte Discountkonzepte gar zu einer ‚Banalisierung‘ und damit zu einem Attraktivitätsverlust von städtischen Einkaufsbereichen führen, auf der anderen Seite „können Filialisten als Kundenmagneten zu hohen Passantenfrequenzen beitragen“ (Mayer-Dukart 2010: 63). (vgl. Heinritz et al. 2003: 37)

Für die veränderten Standortstrukturen in Form der Einzelhandelsansiedlungen außerhalb der gewachsenen Stadtgrenzen können verschiedene Ursachen identifiziert werden: Die durch den Wettbewerb und das Käuferverhalten bedingte Konzentration, die Maßstabsvergrößerung, der Wandel der Betriebsformen und die gestiegenen Einzugsbereiche, ermöglicht durch die hohe soziale und räumliche Mobilität der Verbraucher (vgl. Dittmeier et al. 1999: 7; Pütz 1998: 21; Bschirrer et al. 2002: 34). In diesem Zusammenhang ist die ‚Suburbanisierung‘ zu nennen, die „als Verlagerung städtischer Funktionen in (neu) besiedelte Bereiche jenseits der Stadtgrenzen der Kernstadt“ (Dittmeier et al. 1999: 8) beschrieben werden kann. Denn der Einzelhandel muss auf Änderungen der Wohnstandortwahl der Bevölkerung reagieren und sich in der Nähe neu entstehender Siedlungen niederlassen (vgl. Dittmeier et al. 1999: 8). Die Einzelhandelsstandorte entwickelten sich also parallel zur Siedlungsstruktur (vgl. Lademann 2011: 91). Die im Vergleich zu den Zentren relativ günstigen Bodenpreise sowie die hohe Flächenverfügbarkeit begünstigen die peripheren Standorte für die Einzelhandelsunternehmen und kommen ihren Kostensenkungsstrategien entgegen (vgl. Pütz 1998: 21). Die Änderungen der Standortstrukturen hinsichtlich nicht-integrierter Lagen stärken also das sekundäre Einzelhandelsnetz, was den planerischem Leitbild der zentralörtlichen Gliederung entgegen steht (vgl. Heinritz et al. 2003: 45).

Dennoch lässt sich eine Polarisierung auf das primäre und sekundäre Einzelhandelsnetz der Einzelhandelsstandorte feststellen, denn neben den dezentralen Lagen befinden sich auch Innenstädte im Fokus der Unternehmen für Einzelhandelsansiedlungen (vgl. Pütz 1998: 21). Vor allem seit den 1980er Jahren werden hier „nämlich Vitalisierungsmaßnahmen wie der Bau innerstädtischer Passagen und Einkaufsgalerien vorangetrieben“ (Pütz 1998: 22). Einen Bedeutungsverlust erlitten im Zuge der Polarisierung der Einzelhandelsstandorte die Streu-lagen in den Wohngebieten und in den kleineren Stadtteilzentren. Grund ist, dass Filialisten ausschließlich Standorte besetzen, die einen hohen Mindestumsatz gewährleisten, der in diesen Lagen nicht erreicht werden kann (vgl. Pütz 1998: 22; s. Abbildung 7)

Lademann formulierte treffend die Notwendigkeit eines Strukturwandels für die Ansprüche des gewachsenen Wohlstandes sowie eine wiederkehrende Bedeutung des innerstädtischen Handels:

„Ohne Ausdehnung des Siedlungsgeschehens im Raum, zunehmende Verkaufsflächen im Einzelhandel sowie die individualverkehrliche Entwicklung wäre der in den letzten 60 Jahren gewachsene Wohlstand unter kompetitiven, aber auch logistischen Gesichtspunkten nicht distribuierbar gewesen. Der innerstätische Einzelhandel hat dabei zunächst an Bedeutung verloren, konnte aber im Zuge neu verfügbar gewordener Altflächen Umnutzungschancen ergreifen und seine Bedeutung im Standortgefüge, auch unterstützt durch seit einiger Zeit beobachtbare Reurbanisierungstendenzen[16], wieder stärken. Die in diesem Zusammenhang zu beobachtende Expansion der Shoppingcenter ist diesem Wandel zuzuordnen“ (Lademann 2011: 91).

Die Gesellschaft für Konsumforschung attestiert gerade den deutschen Mittelstädten, die sich durch ihre Erreichbarkeit und ein breiteres Angebot als die Kleinstädte auszeichnen, ein überdurchschnittliches Potential im Einzelhandel. In Städten von 50.000 bis 100.000 Einwohnern wird demnach verhältnismäßig 20,8% mehr Umsatz generiert als im Bundes-durchschnitt. (vgl. Gfk 2010: o.S.)

2.1.5 Zusammenfassung

Die Funktion des Einzelhandels besteht darin, dass Waren an den Endverbraucher verkauft werden. Innerstädtische Shopping-Center lassen sich aufgrund ihrer zentralen Standorte in den Städten dem primären Einzelhandelsnetz zuordnen. Durch einen Verbund von Einzelhandelsbetrieben sind sie als sekundärer Betriebstyp zu bezeichnen.

Bereits in der Antike eignete sich der Handel die zentralsten Orte der Städte an. Während man zunächst versuchte den Handel nur in den vorhergesehen Bereichen der politischen Mittelpunkte der Stadt (Agora und Forum) zu gestatten, nahm die wirtschaftliche Funktion bald den größten Stellenwert ein. Dennoch boten diese zentralen Orte auch weiterhin verschiedenste weitere Nutzungen. Auch der mittelalterliche Markt zeichnete sich durch seine Multifunktionalität aus. Jedoch war der Handel hier keine Begleiterscheinung, viel mehr war er die Hauptabsicht. Erstmals wurde die besondere Funktion des Handels für die Innenstadt deutlich: Der Markt stellte den Mittelpunkt der Stadt und des städtischen Lebens dar. Bemerkenswert ist, dass keine starke Abgrenzung von privatem und öffentlichem Bereich stattfand. Passagen übernahmen Ende des 18. Jahrhunderts auch eine verkehrliche Funktion im Sinne der inneren Erschließung von Wohnblöcken und der Schaffung von Verbindungen. Erstmals wurde das Angebot des öffentlichen Raumes (Läden, Büros, Dienstleistungen) auf rein privatem Areal angeboten und nur Fußgängern zugänglich gemacht. Abgelöst wurden die Passagen von den Kauf- und Warenhäusern, die sich aufgrund einer höheren Wirtschaftlichkeit durchsetzten. Sie symbolisierten die Verstädterung und die Ausweitung der lokalen Märkte bis auf die nationale Ebene. Neben einem breiten Warenangebot zeichnen sie sich durch auffallende architektonische Gestaltungen aus. Nach dem zweiten Weltkrieg entwickelten sich in direkte Nähe der Kaufhäuser die ersten Fußgängerzonen. Jedoch erfahren sie seit den 1970er Jahren einen bis heute anhaltenden Bedeutungsverlust.

Die Ausweitung der Absatzmärkte, die im 19. Jahrhundert unter anderem Kauf- und Warenhäuser mit sich brachte, kann als ein Faktor gesehen werden, der den Einzelhandel zu dieser Zeit maßgeblich beeinflusste. Heute lassen sich handelsexogene und handelsendogene Faktoren, die einen fortlaufenden Strukturwandel im Einzelhandel bewirken, identifizieren. Den größten Stellenwert bei den exogenen Ursachen hat das Konsumentenverhalten, das sich über die Nachfrage äußert. Neben der Polarisierung der Einkommensentwicklung und dem Rückgang der über den Einzelhandel verausgabten Einkommensanteile wird die Nachfrage vor allem durch ein polarisierendes Einkaufsverhalten und eine Ausdifferenzierung der Konsumentengruppen bestimmt. Der reine Versorgungseinkauf wird durch den Erlebniseinkauf ergänzt. Der discount-orientierte- und Bequemlichkeitskäufer kann als eine Folge der gesellschaftlichen Entwicklung gesehen werden. Bei den endogenen Ursachen spielen hohe Investitionskosten, die eine Zunahme des Wettbewerbsdrucks mit sich brachten, die entscheidende Rolle. Dieser Druck äußert sich darin, dass der Gesamtumsatz im Einzelhandel von immer weniger Einzelunternehmen erwirtschaftet wird.

Der Strukturwandel äußert sich in einem Trend zu großflächigen Betriebsformen mit geringem Preisniveau bei gleichzeitigem Bedeutungsgewinn der peripheren Standorte, die sich parallel zur Siedlungsstruktur entwickelten. In jüngster Zeit erfahren vor allem inhabergeführte Fachgeschäfte mit kleinen Verkaufsflächen Umsatzeinbußen, während großflächige Fach-märkte und Discounter ihre Marktbedeutung weiterhin verstärken. Eine stagnierende Entwicklung der Einzelhandelsumsätze führt in Verbindung mit einem überdurchschnittlich hohen Verkaufsflächenwachstum zu einer Abnahme der Flächenproduktivität. Die Einzelhandelsunternehmen sind der Tatsache ausgesetzt, dass sich aufgrund des Rückgangs der für den Konsum verausgabten Einkommensausteile nur schwer Umsatzerhöhungen erzielen lassen. Dementsprechend werden nur neue Standorte erschlossen, die einen bestimmten Mindestumsatz garantieren. Nicht mehr rentable Standorte werden gleichsam aufgegeben.

Insgesamt lassen sich folgende wesentlichen Erkenntnisse aus diesem Kapitel ableiten:

- Plätze des Handels sind seit jeher Orte mit verschiedensten weiteren Funktionen.
- Der Handel hat sich zur zentralsten Funktion der Städte entwickelt und somit einen wesentlichen Beitrag zur Stadtentwicklung und zur Ausbildung der europäischen Stadt geleistet.
- Der Einzelhandel unterliegt einem permanenten Entwicklungsdruck und damit einem stetigen Wandel, der sich auf Stadt und Umland sowie die Unternehmensseite auswirkt.
- Das sekundäre Einzelhandelsnetz konnte durch eine erhöhte Mobilität und bessere Flächenverfügbarkeit in starke Konkurrenz zu den integrierten Standorten des primären Einzelhandelsnetzes treten.

2.2 Die Innenstadt im Kontext der Mittelstadt

Die im vorangestellten Kapitel dargestellte, zurückkehrende Bedeutung des Einzelhandels in Innenstädten – gerade auch in denen der Mittelstädte – ist Anlass für die folgenden Betrachtungen. Hier wird die spezielle Situation der Innenstädte aufgezeigt mit Fokus auf jene der Mittelstädte. Voraussetzung ist zunächst die Auseinandersetzung mit dem Begriff der Stadt sowie eine Charakterisierung der Innenstadt und den an sie gestellten Anforderungen. Im Anschluss daran werden spezielle Problemlagen von Innenstädten mit Bezug auf Mittelstädte dargestellt. Ziel des Kapitels ist es, die arbeitsleitenden Fragen nach den Kennzeichen einer Mittelstadt, den Besonderheiten und Problemlagen mittelstädtischer Innenstädte sowie den Auswirkungen des Strukturwandels auf sie zu beantworten.

2.2.1 Definitionen und Anforderungen

Es existiert keine allgemeingültige Definition der Stadt, der Begriff lässt sich jedoch an Hand verschiedener Blickwinkel eingrenzen. Welchem Typisierungsschema unterliegt nun die Mittel-stadt und in welcher Form lassen sich die Funktionen der Innenstadt vom übrigen Stadtraum abgrenzen?

Stadtbegriff und Stadttyp Mittelstadt

Abbildung 10 zeigt den Stadtbegriff aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven.

Abbildung 10: Stadtbegriff und eingrenzende Charakteristika der Stadt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Paesler 2008: 7

Der statistisch-administrative Stadtbegriff definiert eine Stadt über das Erreichen einer bestimmten Mindesteinwohnerzahl (vgl. Paesler 2008: 9). Am weitesten verbreitet sind Mindestwerte zwischen 2.000 und 5.000 Einwohnern: In Deutschland beispielsweise 2.000, in den USA 2.500 und in Österreich 5.000 Einwohner (vgl. Heinberg 2006: 26).

Der historisch-juristische Stadtbegriff definiert alle Siedlungen als Städte, die „durch einen bewussten Gründungsakt eines Grund- oder Landesherren […] gegründet wurden“ (Paesler 2008: 7). Dieser Gründungsakt diente der Verleihung eines rechtlichen Stadttitels, der unter anderem wirtschaftliche Privilegien – wie zum Beispiel die Einrichtung eines Marktes – mit sich brachte. Heutzutage zeigt sich jedoch, dass die beiden dargestellten Stadtbegriffe nicht immer übereinstimmen: Es gibt in Deutschland viele Gemeinden, die mit unter 2.000 Einwohner nicht dem statistisch-administrativem Stadtbegriff entsprechen, jedoch einen historisch-juristischen Stadttitel besitzen. (vgl. Heineberg 2006: 26; Paesler 2008: 7)

Der wirtschaftsgeographische und morphologische Stadtbegriff bezieht sich zum einen auf die wirtschaftlichen Funktionen und die dabei beteiligten Akteure einer Siedlung, zum anderen auf seine morphologische Gestalt im Sinne von Grund- und Aufrissformen. Aus wirtschaftlicher Sicht ist seit dem 20. Jahrhundert vor allem die Versorgungsfunktion – in Bezugnahme auf die Standorttheorie von Christaller – als Voraussetzung für eine Stadt zu erwähnen. Die Versorgungsfunktion bezieht sich in diesem Zusammenhang auf den wirtschaftlichen Bedeutungsüberschuss, den die Städte als zentrale Orte für ihr umliegendes Gebiet aufweisen. Über Dienstleitungen und Güter hinausgehend lassen sich Städten weitere Zentrenfunktionen zuordnen, die sich in der Versorgung des Umlandes mit Innovationen und sozialen, kulturellen und ökonomischen Angeboten äußern. Die morphologische Gestalt alleine eignet sich in der heutigen Zeit nicht mehr für eine klare Differenzierung zwischen städtischer und ländlicher Siedlung. Denn vielen Städten, die beispielsweise als Industriestandorte oder im suburbanen Raum gegründet wurden, fehlen klassische formbildende Elemente wie beispielsweise Stadtmauern. (vgl. Paesler 2008: 8, 10f)

Der soziologische und sozialgeographische Stadtbegriff bezieht sich auf die Einwohner einer Stadt und ist nicht eindeutig definiert. Jedoch lassen sich ihm einzelne Merkmale zuordnen. Diese sind beispielsweise eine größere Heterogenität der Bewohnerschaft im Vergleich zur ruralen Bevölkerung sowie ein breiteres Berufsspektrum. (vgl. Heineberg 2006: 26; Paesler 2008: 10)

In der Beschreibung der unterschiedlichen Blickweisen zeigt sich, dass die Näherung an den Stadtbegriff über Einwohnerschwellenwerte und die Existenz zentralörtlicher Funktionen am geeignetsten ist. Auch die Typisierung der Städte im Sinne von Stadtgrößenklassen erfolgt in der amtlichen Deutschen Statistik nach Einwohnerschwellenwerten (s. Tabelle 3).

Tabelle 3: Städtetypen nach Einwohnerzahlen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Heineberg 2006: 28

Der Fokus der Arbeit richtet sich auf den Städtetyp der ‚Mittelstadt‘, der sich – dem statistischen Stadtbegriff folgend – über Einwohnerzahlen von mindestens 20.000 bis 100.000 definiert (vgl. Heineberg 2006: 28; Paesler 2008: 106). Diese Typisierung eignet sich jedoch ausschließlich für deutsche Mittelstädte, denn auf europäischer und weltweiter Ebene müssen größere Maßstäbe angewendet werden (vgl. Kunzmann 2004: 19). In der Städtetypisierung des BBR wird darüber hinaus zwischen kleinen und großen Mittelstädten differenziert, der Schwellenwert liegt bei 50.000 Einwohnern (vgl. IT.NRW 2011a: 2).

Mittelstädte unterscheiden sich von den sogenannten Land- und Kleinstädten insoweit, dass sie in Bezug auf Funktionen und Bevölkerungsstruktur die Charakteristiken einer voll ausgebildeten Stadt aufweisen und im zentralörtlichen Gefüge nach Christaller als Mittel- bis Oberzentrum[17] ausgewiesen sind (vgl. Paesler 2008: 106). Die Funktionen, die Mittelstädte als Mittel- oder Oberzentrum für das Umland bereit stellen, können politisch (z.B. in Form von Verwaltungsfunktionen), kulturell (z.B. als Hochschul- oder Museumsstandort), wirtschaftlich (z.B. in Form eines bedeutenden Wirtschaftsstandortes) oder verkehrlich (z.B. als Verkehrsknotenpunkt) sein (vgl. Paesler 2008: 103). Hinsichtlich der wirtschaftlichen Funktionen ist die Versorgungsfunktion in Form einer Konzentration von Einzelhandels-einrichtungen von großer Bedeutung für Mittelstädte. Offensichtlich ist, dass die Raum-bedeutung einer Mittelstadt über der einer Kleinstadt, aber unter der einer Großstadt ein-zuordnen ist. Die Raumbedeutung ergibt sich auch durch die Lage der Stadt in der Region. So hat eine Mittelstadt in solitärere Position in der Regel eine höhere Raumbedeutung als in einem polyzentralen Stadtgefüge hätte.

Da der Schwerpunkt des Interesses in der Stadtforschung auf Großstädten und Metropolen liegt, werden die Besonderheiten der Mittelstädte bisher nur weitestgehend sekundär betrachtet (vgl. Baumgart 2004: 7). Daraus ergibt sich unter anderem der Anlass dieser Arbeit. Im nächsten Abschnitt wird der Begriff der Innenstadt näher beleuchtet.

Innenstadt

„Die Städte und hier vor allem die Innenstädte sind kulturelle Kristallisationspunkte des Lebens der Menschen. Sie sind Knotenpunkt des Handels, der Dienstleistungen sowie Standorte der Wirtschaft und Orte für Kommunikation, Wohnen und Integration. Diese Identität der europäischen Stadt gilt es zu erhalten. Eine typische Ausprägung dieser Identität ist die integrierte Lage von Versorgungseinrichtungen für den täglichen Bedarf in den gewachsenen Zentren bzw. Teilzentren. Die Nahversorgungsfunktion in Wohnungsnähe und mit ihr der Ort sozialer Begegnung ist gefährdet. Die Folgen für die Lebensqualität der Bevölkerung und die für die Stadtentwicklung insgesamt sind gravierend“ (Deutscher Städtetag 2005: 2).

Das Zitat des Deutschen Städtetags verdeutlicht die zentrale gesellschaftliche Bedeutung der Innenstadt und den Stellenwert des Einzelhandels für ihren Erhalt und ihre Entwicklung. (vgl. Frehn 2003: 48). Nach Heinritz et al. lässt sich die – auch als ‚City‘ bezeichnete – Innenstadt definieren als „zentral gelegener Standortraum und funktionale Mitte einer Stadt“ (2003: 201). „Während in größeren Städten ein räumlicher Unterschied zwischen der City, als der zentrale Ort mit der höchsten, auf tertiären Nutzungen basierenden Zentralität[18] und der Innenstadt besteht, die zusätzlich citynahe Wohngebiete umfasst, existiert dagegen in Klein- und Mittelstädten in aller Regel nur die Innenstadt, die den Kernbereich einer Stadt umfasst“ (vgl. Frehn 2003: 38). Aus diesem Grund findet eine Differenzierung von Innenstadt und City im Rahmen dieser Arbeit nicht statt.

Heineberg bezeichnet den dargestellten Standortraum der Innenstadt als „eine räumliche Standortkonzentration zentraler Einrichtungen, die zentrale Güter (Waren, Dienste, Informationen) anbieten“ (2006: 168). Paesler definiert die City als „Kern einer größeren Stadt […], der ganz überwiegend durch Versorgungsfunktionen […], durch Behörden-, Verwaltungs- und Bürostandorte […], durch kulturelle Einrichtungen […] sowie evtl. durch touristische Infrastruktur […] geprägt ist“ (2008: 96). Die Herausbildung der City verläuft über einen Funktionswandel der am zentralsten gelegenen Standorträume. Dieser Wandel äußert sich durch eine Abnahme der Wohnbevölkerung bei einer gleichzeitig „zunehmende[n] räumliche[n] Konzentration von Einzelhandels- sowie öffentlichen und privaten Dienstleistungseinrichtungen mit erheblicher zentralörtlicher Bedeutung“ (Heineberg 2006: 169, eigene Anmerkung). Die Bildung der Innenstädte kann also in gewisser Weise mit den Prozessen verglichen werden, die zur historischen Herausbildung der Städte führten (s. Kapitel 2.1.2).

Aufgrund eines fließenden Funktionsübergangs sind Innenstädte nach außen nur schwer ab-zugrenzen. Deswegen wird im Rahmen dieser Arbeit der Begriff der Innenstadt aufgrund der thematischen Fokussierung auf den Bereich Einzelhandel synonym mit dem Begriff des zentralen Versorgungsbereiches[19] in Form des Hauptgeschäftszentrums verwendet.

Anforderungen an Innenstädte

Anforderungen an eine Innenstadt ergeben sich aus der sogenannten ESSHAH-Regel, die für Erreichbarkeit, Sauberkeit, Sicherheit, Helligkeit, Attraktivität und Herzlichkeit steht (vgl. Greipel, Müller 2007)

Der große Vorteil der peripheren Einzelhandelsstandorte ist die problemlose Erreichbarkeit durch den MIV. Auch für Innenstädte stellt die Erreichbarkeit hinsichtlich der Erfüllung der Versorgungsfunktion einen wichtigen Standortfaktor dar. Die Erreichbarkeit lässt sich dadurch beschreiben, „wie viele Stadt- und Umlandbewohner in einer bestimmten Zeit mit den verschiedenen Verkehrsmitteln die Innenstadt erreichen, und wie angenehm sie sich innerhalb der Innenstadt zu ihren verschiedenen Zielen bewegen können“ (Topp 1998: 187).

Des Weiteren lässt sie sich nach der äußeren und der inneren Erreichbarkeit differenzieren. Die äußere Erreichbarkeit beschreibt die Wege in die Innenstadt und aus ihr hinaus, die innere Erreichbarkeit definiert sich durch die Fortbewegung innerhalb der Innenstadt – also beispielsweise von Geschäft zu Geschäft (vgl. Topp 1998: 188). Der Unterschied zwischen den beiden Bereichen der Erreichbarkeit wird in Abbildung 11 weiter konkretisiert. Der Parkraum bzw. die Stellplätze können als Schnittstelle zwischen Äußerer und Innerer Erreichbarkeit gesehen werden.

Abbildung 11: Äußere und Innere Erreichbarkeit der Innenstadt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Topp 1998: 188

Die Sauberkeit und Sicherheit stellt den nächsten wichtigen Aspekt für die Innenstadt dar. Diesen beiden Bereichen lassen sich auch Helligkeit, Attraktivität und Herzlichkeit zuordnen. Ein Gefühl der Unsicherheit von Stadtbewohnern führt häufig zu einer Vermeidung der Innenstadt generell oder zu bestimmten Uhrzeiten. Ursachen hierfür liegen in der Furcht vor Kriminalität, aber auch in Verunsicherungen wie Lärmbelastungen, Verschmutzungen, Defiziten bei der Instandhaltung von Infrastruktur oder Stadtmöblierung. Auch bestimmte Personengruppen wie Obdachlose können zu Unsicherheiten führen. Für Stadtplanung und ‑verwaltung ergibt sich hieraus ein besonderer Handlungsbedarf. Da das Thema der Sicherheit auch für Besucher von Innenstädten – die beispielsweise der Versorgungsfunktion nachgehen – relevant ist, wird es am Ende des folgenden Abschnittes weiter thematisiert. (vgl. Bösebeck 2001: 165)

2.2.2 Entwicklung und Problemlagen

Im Zusammenhang mit der Suburbanisierung von Wohnungen und Dienstleistungen sowie dem Strukturwandel im Einzelhandel (s. Kapitel 2.1) lässt sich eine Tendenz zur Verlagerung der City-Funktionen zum Stadtrand und Stadtumland hin, im Sinne einer Umkehrung des Zentrale-Orte-Konzepts[20], feststellen. Der Strukturwandel des Einzelhandels trug zu dieser Verlagerung bei, indem sich erst Verbrauchermärkte, dann Fachmärkte mit schwer transportierbaren Waren und schließlich auch Angebotsformen mit großflächigen, zentren-relevanten[21] Angeboten (z.B. Shopping-Center oder SB-Warenhäuser) außerhalb der Innen-stadtbereiche ansiedelten (vgl. Mayer-Dukart 2010: 74).

Der Abzug zentrenrelevanter Sortimente kann als die wichtigste Ursache für den Bedeutungs-verlust der Innenstädte gesehen werden (vgl. Popp 2002: 16). Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken bestehen viele planerische Leitbilder, Pläne und Programme, die auf eine Stärkung der Innenstadtbereiche abzielen (vgl. Frehn 2003: 40). Als Beispiel sei hierbei die Initiative ‚Ab in die Mitte‘ erwähnt, die 1999 in Nordrhein-Westfalen von der Landesregierung als Modellprojekt gestartet und mittlerweile auch von anderen Bundesländern aufgegriffen wurde (vgl. website ‚Ab in die Mitte‘).

Für US-amerikanische Großstädte spricht Paesler bereits von einer „Auflösung der City“ (2008: 98). Von Bedeutungsverlusten sind in Deutschland vor allem Mittelstädte – zusammen mit Kleinstädten – unter anderem wegen fehlender Erweiterungsmöglichkeiten für Geschäfte, im Zuge der Vergrößerung der Sortimentstiefen und –breiten, sowie für Kundenstellplätze, besonders betroffen (vgl. Paesler 2008: 39, 98).

Die damit einhergehenden Wirkungen auf die Zentren der Mittelstädte können massive Einschränkungen der Lebensqualität der Wohnbevölkerung mit sich bringen (vgl. Wibbeke 2001: 17). Außerdem sei an dieser Stelle auf die Krise der Kauf- und Warenhäuser verwiesen, die in Kapitel 2.1.2 erläutert wurde und zusätzlich zur wachsenden Konkurrenz der peripheren, autokundenorientierten Einzelhandelsbetriebe im Sinne des sekundären Handelsnetzes, zu einer Schwächung der Innenstädte führte. Hinzu kommt der sich in Zeiten der Wirtschaftskrise verstärkende interkommunale Wettbewerb (vgl. Mayer-Dukart 2010: 73).

Für die Innenstädte von Mittelstädten lassen sich neben dem Handlungsfeld des Einzelhandels auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen sowie Entwicklungen im Bereich Mobilität identifizieren. Diese letzten drei genannten Bereiche werden an dieser Stelle nur kurz dargestellt, da es sich um Teile der Einflüsse handelt, die auch exogen auf den Einzelhandel – somit ‚doppelt‘ auf die Innenstädte – wirken und bereits in Kapitel 2.1.3 er-läutert wurden.

Im Bereich Einzelhandel wird sich auch in Mittelstädten die dargestellte Unternehmens-konzentration fortführen, während die Kundenbindung weiter abnimmt. Die Gründe hierfür liegen in den wachsenden Flächenanforderungen der Unternehmen und in der zunehmenden Mobilität, wodurch sich die Konsumenten häufiger für die peripheren, großflächigen Einkaufsstandorte mit hohem Parkplatzangebot entscheiden (s. Kapitel 2.1.4). Auch die logistischen Bedingungen für Zulieferer stoßen in mittelstädtischen Innenstädten schneller an ihre Grenzen. Ein weiteres Problemfeld im innerstädtischen Einzelhandel sind die Lebens-mittelbetriebe mit hohem Flächenanspruch, die als Frequenzbringer agieren könnten, sich aber aufgrund der Flächenverfügbarkeit bevorzugt in peripheren Lagen niederlassen. Darüber hinaus werden Einzelhandelsnutzungen auf lange Sicht weitestgehend nur noch in den Hauptlagen der Innenstädte bestehen. In diesem Zusammenhang ist auch die Problematik der Ladenleerstände zu erwähnen: Sie führen zu einem Attraktivitätsverlust der Innenstädte, damit zu Image- und Kundenverlusten und können die Angebotsstruktur einer Innenstadt nachhaltig beschädigen (z.B. Trading-Down-Effekte in den Nebenlagen). Gründe für Leerstände können unter anderem fehlende Nachfolger bei inhabergeführten Betrieben oder aber auch überhöhte Preisvorstellungen der Eigentümer sein. Die zurückkehrende Bedeutung der Innenstädte als Investitionsstandorte in den letzten Jahrzehnten kann jedoch auch für Mittelstädte als positiv bewertet werden. (vgl. Fahle et al. 2008: 54; Mayer-Dukart 2010: 75; IHK Kassel 2010: 28; BMVBS 2011:18 :)

Bei einer von Hirsch durchgeführten Befragung von Repräsentanten von 103 deutschen Mittelstädten hinsichtlich des Zusammenhangs von Einzelhandel und Stadtentwicklung wurden unter anderem Defizite der Einzelhandelsentwicklung abgefragt. Am häufigsten genannt wurden unvollständige oder unausgewogene Sortimentszusammensetzungen und minderwertige Sortimente sowie das Fehlen von Betriebstypen (vgl. Hirsch 2011: 20). Dies führt insgesamt oft zu einer nicht mehr zeitgemäßen Einzelhandelsstruktur. Unter anderem wurden Shopping-Center besonders häufig als bevorzugter Betriebstyp angegeben, wenn die Leerstandsquote hoch war und moderne Betriebsformen fehlten (vgl. Hirsch 2011: 34). Für 60,5% der befragten Städte, die bereits ein Shopping-Center errichteten, sind die Auswirkungen, die auch eine städtebauliche Aufwertung beinhalteten, eingetreten (vgl. Hirsch 2011: 43). In Ergänzung zu den gesetzlichen Möglichkeiten der Steuerung der Einzelhandelsentwicklung wird die Möglichkeit der Kooperationen mit Projektentwicklern durch die Mittelstädte als weitere wichtige Möglichkeit bewertet (vgl. Hirsch 2011: 27). Häufig kritisiert wurden dabei jedoch mangelnde Rücksichtnahmen seitens der Investoren auf örtliche Gegebenheiten (vgl. Hirsch 2011: 28).

Der Bereich der gesellschaftlichen Veränderungen wirkt sich neben der Überalterung und dem Bevölkerungsrückgang durch eine Zunahme der Single-Haushalte auf die mittelstädtischen Innenstädte aus. Ein Trend zu urbanen Lebensformen mit speziellen Anforderungen an Versorgungs- und Dienstleistungsangebote lässt sich feststellen. Dabei orientiert sich die Wohnstandortwahl der Bevölkerung verstärkt in die Innenstadt. (vgl. Fahle et al. 2008: 52f)

Bei den wirtschaftlichen Veränderungen ist vor allem der Rückgang der wirtschaftlichen Funktion der ländlichen Räume bei gleichzeitiger Zunahme des Einflusses der Großstädte und Metropolregionen relevant. Die Entwicklung der Mittelstädte hängt hierbei maßgeblich von ihren jeweiligen regionalen und historischen Bedeutungen und den Einzugsbereichen ab. Durch die Entwicklungen der modernen Kommunikationsmöglichkeiten werden Arbeitnehmer verstärkt ortsunabhängiger. Wohnstandorte müssen sich demnach nicht mehr unbedingt nach der Tätigkeit richten. (vgl. Fahle et al. 2008: 53)

Im Bereich Mobilität und Verkehr ist – wie bereits dargestellt – gerade in der einzelhandelsbedingten Mobilität von einer Steigerung des Verkehrsaufkommens auszugehen. Deshalb müssen die Ansprüche der Pkw-Kunden, beispielsweise Zufahrtsmöglichkeiten und Parkplatzangebote, auch in den Innenstädten der Mittelstädte erfüllt werden. Hierbei stellt gerade die geringe Verfügbarkeit von Flächen in innerstädtischen Mittelstädten eine Herausforderung dar, wenn man mit den ausgeprägten Parkplatzmöglichkeiten der peripheren Einzelhandelsstandorte konkurrieren möchte. Die erhöhte Mobilität der Bevölkerung führt auch dazu, dass weitere Entfernungen, zu Gunsten von Großstädten oder peripheren Lagen, zum Einkaufen zurückgelegt werden. Jedoch zeichnet sich – bedingt durch steigende Mobilitätskosten (Kraftstoffpreise) – auch eine Abschwächung der Steigerung des Verkehrsaufkommens ab, die sich in einer Abnahme der zurückgelegten Distanzen äußern könnte. Eine wiederkehrende Bedeutung der klassischen Einzugsbereiche – zu denen auch die Innenstädte von Mittelstädten zählen – kann als eine mögliche Folge dieser Entwicklung in Betracht gezogen werden. Andererseits können auch Effektivitätssteigerungen im ÖPNV mit geringeren Takt- und Fahrzeiten zu maßgeblichen Kundenverlusten für die City-Bereiche von Mittelstädten führen, vor allem wenn sich die Zentren von Großstädten in Entfernungen mit kurzen Fahrzeiten befinden. (vgl. Fahle et al. 2008: 54f)

In Bezug auf die Anforderungen, die an Innenstädte gestellt werden, zeigt Abbildung 12 das Ergebnis einer vom HDE durchgeführten Befragung unter Händlern zu Beeinträchtigungen ihrer Unternehmen, differenziert nach Citylagen und restlichen Lagen. Die weitreichendste Problematik für die Innenstädte stellen für die Händler Verunreinigungen da, gefolgt von Graffiti, Drogenszene, aggressivem Betteln, alkoholisierten Gruppen, Diebstahl und Vandalismus. Bemerkenswert ist hierbei, dass lediglich bei Graffiti und Vandalismus die Citylage nicht schwerpunktmäßig genannt wird. Deutlich wird, dass die Sauberkeit einen zentralen Aspekt für den Einzelhandel und damit für die Innenstadt darstellt.

Abbildung 12: Beeinträchtigungen von Unternehmen nach Lage

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von HDE 1998: 11

Das Potential der Innenstädte im Vergleich zu anderen Einzelhandelsstandorten liegt vor allem in ihrer Multifunktionalität und in der Möglichkeit den Einkauf in der Innenstadt mit Aktivitäten der Freizeitgestaltung zu verbinden. Einkäufe werden bei Befragungen als häufigster Besuchsgrund der Innenstadt genannt, was die Notwendigkeit eines adäquaten Einzelhandelsangebots begründet (vgl. Frehn 2004: 57). Darüber hinaus ist die Vielfalt der sekundären Besuchsanlässe der Innenstadt-Besucher bemerkenswert. Heineberg stellt in den Ergebnissen einer Befragung der Besuchsmotive zum Einkauf in der Innenstadt Münsters dar, dass nach dem breiten Warenangebot (ca. 65%) die Atmosphäre (ca. 52%) das zweitwichtigste Motiv für den Einkauf in der Innenstadt, gefolgt von der Nähe zur Wohnung (ca. 39%), darstellt (vgl. 2007: 220). Hieraus lässt sich folgern, dass ein adäquates Warenangebot von großer Bedeutung für die Innenstädte ist. Ein nur schlecht aufgestellter innerstädtischer Einzelhandel kann im schlimmsten Fall zur Verödung der City führen. Außerdem sind kurze Wege eine wichtige Voraussetzung für die innere Erreichbarkeit aus der sich gerade für Mittelstädte ein Potential ergibt.

Abbildung 13: Auswahl typischer Innenstadtaktivitäten und ihre Überschneidungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Frehn 2003: 52

Abbildung 13 zeigt eine Übersicht der typischen Besuchsmotive der Innenstadt. Die Über-schneidungen der drei Bereiche Versorgung, Arbeit/Ausbildung und Freizeit stellen das Kopplungspotential dar.

2.2.3 Zusammenfassung

Für Deutschland lässt sich ab einer Einwohnerzahl von 2.000 von einer ‚Stadt‘ sprechen. Städte haben einen Bedeutungsüberschuss – sie versorgen ihr Umland mit Dienstleistungen, Gütern, sozialen, kulturellen und ökonomischen Angeboten. Der Stadttyp der ‚Mittelstadt‘ definiert sich dabei über Bevölkerungszahlen von mindestens 20.000 bis 100.000. Weiterhin kann eine Unterscheidung von kleiner und großer Mittelstadt vorgenommen werden. Im zentralörtlichen Gefüge kann sie im die Rolle als Mittel- oder Oberzentrum einnehmen, was sich wesentlich über eine poly- oder monozentrale Lage im Raum bestimmt. Hinsichtlich der Bedeutung für das Umland ist die Versorgung die wichtigste Funktion der Mittelstädte. Sie äußert sich in Form einer Konzentration von Einzelhandelseinrichtungen.

Die Innenstadt ist ein zentral gelegener Standortraum der Stadt und stellt eine räumliche Agglomeration zentraler Einrichtungen an, die Waren, Dienste und Informationen anbieten. In Mittelstädten umfasst sie in der Regel den Kernbereich einer Stadt. Neben Kultur- und Ver-waltungseinrichtungen zeichnen sich Innenstädte vorwiegend über den Einzelhandel aus, der als Leitfunktion für ihre Entwicklung und ihren Erhalt gesehen werden kann.

Wichtige Anforderungen an Innenstädte sind neben einer problemlosen inneren und äußeren Erreichbarkeit, Sauberkeit, Sicherheit und Attraktivität. Lärmbelästigungen, Verschmutzungen, Kriminalität und Defizite bei der Instandhaltung von Infrastruktur und Stadtmöblierung können die Attraktivität einer Innenstadt für die Passanten maßgeblich negativ beeinflussen.

Hinsichtlich des Einzelhandels lässt sich eine Tendenz der Verlagerung des Schwerpunkts aus den Innenstädten zum Stadtrand hin feststellen. Der Abzug zentrenrelevanter Sortimente lässt sich hierbei als die wichtigste Ursache für den Bedeutungsverlust der Innenstädte sehen und steht in direktem Zusammenhang mit dem Strukturwandel im Einzelhandel. In Deutschland sind davon insbesondere Mittelstädte betroffen. Zum einen deckt ihr Angebot vor allen Dingen in der Sortimentstiefe in vielen Fällen nicht mehr das komplette Nachfragespektrum der aus-differenzierten Konsumentenstruktur ab. Zum anderen fehlen oft Erweiterungsmöglichkeiten und Flächen für die immer größer werdenden Betriebstypen.

Im gesellschaftlichen Bereich wirkt sich neben Überalterung und Bevölkerungsabnahme die Zunahme der Single-Haushalte auf die mittelstädtischen Innenstädte aus. Ein Trend zu urbanen Lebensformen mit speziellen Anforderungen an Versorgungs- und Dienst-leistungsangebote lässt sich feststellen. Dabei orientiert sich die Wohnstandortwahl der Bevölkerung wieder verstärkt in die Innenstadt.

Von einer Steigerung des Verkehrsaufkommens ausgehend ist gerade auch in den Innenstädten der Mittelstädte eine Erfüllung der Ansprüche der Pkw-Kunden, die sich in Zufahrtsmöglichkeiten und im Parkplatzangebot äußern, notwendig. Hierbei stellt gerade die geringe Verfügbarkeit von Flächen in innerstädtischen Mittelstädten eine Herausforderung dar, wenn man mit den ausgeprägten Parkplatzmöglichkeiten der peripheren Einzelhandels-standorte konkurrieren möchte.

Bilanzierend lässt sich feststellen, dass die Innenstadt aus gutem Grund einen etablierten Mittelpunkt in der kommunalen Stadtentwicklungspolitik darstellt. Sie stellt für die Entwicklung der Gesellschaft bedeutsame, multifunktionale Räume des Handels, der Freizeit, des Verkehrs, der Kultur, der Arbeit und der Ausbildung bereit. Da der Einzelhandel eine Leitfunktion in der Innenstadtentwicklung einnimmt, ist eine schnelle Anpassung an sich ändernde Konsumentenansprüche wichtig um die Versorgungsfunktion aufrecht zu erhalten. Das am Ende des Kapitel 2.1.4 dargestellte, relativ hohe Potential für den Einzelhandel in Mittelstädten lässt sich auch auf ihre Innenstädte übertragen. Das nachfolgende Kapitel, das sich mit Shopping-Centern auseinandersetzt, zeigt inwiefern innerstädtische Shopping-Center den Anforderungen an Innenstädte gerecht werden können.

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[1] Siehe Glossar.

[2] Siehe Glossar.

[3] Siehe Glossar.

[4] Siehe Glossar.

[5] Siehe Glossar.

[6] Siehe Glossar.

[7] Siehe Glossar.

[8] Siehe Glossar.

[9] Siehe Glossar.

[10] Siehe Glossar.

[11] Siehe Glossar.

[12] Siehe Glossar.

[13] Karl Friedrich Schinkel: Preußischer Stadtplaner 1781 - 1841

[14] Siehe Glossar.

[15] Siehe Glossar.

[16] Siehe Glossar.

[17] Siehe Glossar.

[18] Siehe Glossar.

[19] Siehe Glossar.

[20] Siehe Glossar.

[21] Siehe Glossar.

Ende der Leseprobe aus 298 Seiten

Details

Titel
Integration und Auswirkungen innerstädtischer Shopping-Center in Mittelstädten
Untertitel
am Beispiel der Stadtgalerie in Witten
Hochschule
Technische Universität Dortmund
Note
1,0
Autoren
Jahr
2012
Seiten
298
Katalognummer
V274067
ISBN (eBook)
9783668594951
Dateigröße
8606 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ausgezeichnet mit dem gif-Immobilien-Forschungspreis 2012 (3. Preis).
Schlagworte
Shopping-Center, Shoppingcenter, innerstädtische, Innenstadt, Witten, Einkaufszentrum, Mittelstadt, Mittelstädte, Auswirkungen, Integration, Analyse
Arbeit zitieren
Martin Stolz (Autor:in)André Stadermann (Autor:in), 2012, Integration und Auswirkungen innerstädtischer Shopping-Center in Mittelstädten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274067

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