Familie als Sozialisationsinstanz


Seminararbeit, 2014

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition und Merkmale von ,Familie'

3. Funktionen von ,Familien'

4. Historische Entwicklung bzw. Wandel von Familienformen

5. Ergebnisse

6. Bibliografie

Anhang

- Tabelle 1: System Familie

1. Einleitung

Die Familie ist die erste Sozialisationsinstanz, der ein Kind in seinem Leben begegnet.

Durch familiale Interaktionen lernen Kinder basale Verhaltensweisen und bilden kognitive und emotionale Grundstrukturen heraus.[1] Es werden auch Normen und Werte vermittelt, die neben den erlernten basalen Verhaltensweisen, als besonders stabil gelten. Die Familie nimmt daher eine prägende Rolle in der Persönlichkeitsbildung eines Kindes ein, wobei zwischen Sozialisation und Erziehung differenziert werden muss.

„Sozialisation bezeichnet den Prozess einer Aneignung und Verarbeitung der inneren und äußeren Realität und die Auseinandersetzung mit Körper und Psyche sowie der sozialen und materiellen Umwelt. Verstanden als lebenslanger individueller Lernprozess, in dem sich das Individuum zur selbstständig lebens- und arbeitsfähigen Persönlichkeit entwickelt, ist Sozialisation die Voraussetzung, um Entwicklungsaufgaben kompetent lösen zu können, die es für die steigenden Anforderungen an Selbststeuerung und Identitätssicherung in einer individualisierten Gesellschaft benötigt.“[2]

Innerhalb der Sozialisation übernimmt die Familie nur einen geringen, eigenständigen Part, da sie sich diesen mit außerfamiliären Sozialisationsfeldern (Kita, Schule, Peers etc.) teilt, weshalb an dieser Stelle nicht genauer darauf eingegangen werden soll.

Die wesentlich wichtigere Rolle übernimmt die Familie bei der Erziehung, die auch ihren primären Part darstellt.

„Erziehung wird im Vergleich hierzu [zur Sozialisation] bestimmt als geplante, zielgerichtete und absichtsvolle Sozialisation, also jener Teil der Sozialisationsprozesse, welcher darauf abzielt, Veränderungen von Kindern und Jugendlichen zu bewirken.“[3]

Bei der Erziehung übernimmt die Familie die Rolle dem Kind basale Verhaltensweisen, Normen und Werte zu vermitteln, die es dem Kind ermöglicht, sich in der jeweiligen Kultur und Gesellschaft zurechtzufinden und sich aktiv auch mit dieser auseinanderzusetzen. Das Kind soll sich seiner persönlichen Identität bewusst werden und seinen Platz/Rolle[4] in der Gesellschaft finden.

Ziel der vorliegenden Seminararbeit ist es nun, der Frage nachzugehen, inwieweit sich das Bild bzw. die Wahrnehmung, in Bezug auf die Funktionen, von ,Familie', gewandelt hat und ob sie eine Haupt- oder Nebenrolle in der Sozialisation von Kindern und Jugendlichen einnimmt?

Im ersten Teil der Arbeit soll eine Definition bzw. Begriffsklärung vorgenommen werden, um anschließend die Merkmale von ,Familie' ableiten zu können.

Darauf aufbauend sollen dann die heutigen Funktionen von Familien klar herausgearbeitet und definiert werden.

Im dritten Teil soll ein historischer Abriss bzw. der Wandel von Familienformen, welcher die Entwicklungen des Systems Familie der letzten rund 50 Jahre aufzeigen soll, dargelegt und erläutert werden. Hierbei ist vor allem die veränderte Eltern-Kind-Beziehung von tragender Bedeutung.

Abschließend sollen die Ergebnisse zusammengefasst werden, um einen kurzen Ausblick auf die weitere Entwicklung geben zu können.

2. Definition und Merkmale von ,Familie'

Es muss primär konstatiert werden, dass das tradierte Familienbild von Mutter-Vater-Kind als die Grundannahme einer Familie in der Forschung nicht mehr aktuell und vor dem Hintergrund einer so mannigfaltigen, pluralistischen Gesellschaft, nicht mehr aufrechtzuerhalten ist.

Bereits 1999 wurde die sogenannte Pluralität der Lebensformen innerhalb einer Familie in der Politik durch das Statistische Bundesamt aufgegriffen:

„Als Familie im Sinne der amtlichen Statistik zählen – in Anlehnung an

Empfehlungen der Vereinten Nationen – Ehepaare ohne und mit Kind(ern) sowie alleinerziehende, ledige, verheiratete, getrenntlebende, geschiedene und verwitwete Väter und Mütter, die mit ihren ledigen Kindern im gleichen Haushalt zusammenleben“.[5]

Diese Definition erlaubt eine erste Annäherung an das Thema, obwohl sie nicht alle pluralistischen Lebensformen einschließt. Gemeint sind damit etwa gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften und Freunde[6], die heutzutage ebenfalls zum Kreise der Familie zählen und diese oftmals auch ersetzen.

Im Duden[7] wird der Begriff ,Familie' ähnlich problematisch definiert:

„1. a. aus einem Elternpaar oder einem Elternteil und mindestens einem Kind bestehende [Lebens]gemeinschaft.

b. Gruppe aller miteinander [bluts]verwandten Personen; Sippe.“

Ich vertrete hierbei die Argumentation von Ecarius[8], die sich ihrerseits auf Nave-Herz[9] bezieht, dass es „vor dem Hintergrund dieser vielfältigen Erscheinungsformen notwendig ist, die Bestimmung des Begriffes ,Familie' auf einem möglichst hohen Abstraktionsniveau anzusetzen, um nicht historische Veränderungen durch eine gewählte Definition von vornherein auszuschließen.“[10]

Ecarius legt nun folgende strukturtheoretische Definition zugrunde:

„Eine solche Bestimmung geht davon aus, dass Familien Kommunikationssysteme sind, die besondere Merkmale aufweisen: Von anderen sozialen Lebensformen unterscheiden sie sich durch ,eine hohe Interaktionsdichte, ein besonderes Verhältnis zur historischen Zeit, eine hohe Leibgebundenheit ihres alltäglichen Austauschs sowie eine hohe Personorientiertheit der Beiträge'[11].“[12]

Diese sehr offene Definition kann nun mithilfe der Familienforschung bzw. der sozialwissenschaftlichen Forschung, vor allem durch die Arbeit von Nave-Herz, durch konstitutive Merkmale genauer präzisiert werden:

„1.) Familien weisen eine biologische und soziale Doppelnatur auf, da sie sowohl auf der biologischen Ebene die Reproduktion übernehmen, als auch auf der sozialen Ebene entscheidende Prozesse der Integration von Kindern in die Gesellschaft leisten
2.) In Familien herrscht ein einzigartiges Kooperations- und Solidaritätsverhältnis: Familien zeigen eine einmalige Rollenstruktur, in der spezielle Mitgliedschaftsbegriffe nur für dieses Sozialsystem vorgesehen sind, wie z.B. Mutter, Vater, Sohn, Tochter, Schwester, Bruder etc
3.) Familien sind geprägt von einer Generationsdifferenz. Im Gegensatz zum Ehesubsystem, das nicht immer die Grundlage einer Familie ist, wie z.B.im Todes-oder Trennungsfall, bildet die Generationsdifferenz zwischen Mutter bzw. Vater und Kindern das entscheidende Definitionskriterium. Diese Einschränkung ist wichtig, da auf diese Weise auch alleinerziehende Mütter und Väter sowie nichteheliche Lebensgemeinschaften mit Kindern als Familie definiert werden können.“[13]

In Ergänzung durch folgende psychologische Erscheinungsmerkmale ergibt sich im Anschluss ein recht komplettiertes Bild vom Begriff ,Familie', jedoch keine einheitliche Definition:

- „Die Bestimmungen über die Funktionen der Familie konzentrieren sich auf die Art und Weise, wie Familie die Anforderungen des Zusammenlebens regeln. Diese beziehen sich insbesondere auf die Art der Haushaltsführung, Freizeitgestaltung und Kindererziehung
- Die Wahrnehmung der Familie bezieht sich auf die Subjektseite, d. h., wer aus der Sicht der einzelnen Familienmitglieder als zur Familie zugehörig erachtet wird und welchen Stellenwert die jeweiligen Personen in diesem Sozialsystem einnehmen
- Die Fokussierung auf die langfristigen Verpflichtungen betrachtet das hohe Maß an Erwartungen bezüglich der Dauerhaftigkeit und Stabilität von familialen Bindungen
- Die psychologische Perspektive auf Familie interessiert sich nicht zuletzt auch für die biologische Familie, die sich durch das Faktum der Blutsverwandtschaft auszeichnet. Auch wenn familiale Interaktionen zentral durch ihre sozialen Beziehungen gestaltet werden, schreibt die moderne Verhaltensgenetik den genetischen Grundlagen für die Persönlichkeitsentwicklung eine nicht unerhebliche Rolle zu.“[14]

Hierbei stimme ich dem letzten Punkt nicht vollends zu, da wie eingangs erklärt auch Freunde (männlich/weiblich) zur Familie gehören können, was hier unter Punkt 2 auch angedeutet wird. Ich störe mich vor allem daran, dass nach diesem Punkt, Kinder mit Adoptiveltern keine Familie darstellen, da sie nicht blutsverwandt sind. Diesen Punkt halte ich daher aus sozialwissenschaftlicher Sicht für sehr problematisch und vertrete diesen auch nicht.

[...]


[1] Ähnliches bei Ecarius, Jutta et al. (2011): Familie, Erziehung und Sozialisation. Wiesbaden. S. 9.

[2] Zitiert nach ebd.

[3] Zitiert nach ebd.

[4] Siehe hierzu in Anlehnung an Parson, Talcott (2000): Handeln in gesellschaftlichen Systemen. S. 81ff. In: Baumgart, Franzjörg (Hrsg.): Theorien der Sozialisation. Erläuterungen – Texte – Arbeitsaufgaben. Bad Heilbrunn.

[5] Statistisches Bundesamt 1999, Zeitreihenservice im Internet (letzter Zugriff am 11.02.2014).

[6] Diese Annahme, welche ich ebenfalls vertrete, wurde auch im Seminar am 25.11.2013 geäußert.

[7] Duden online: http://www.duden.de/rechtschreibung/Familie (letzter Zugriff am 11.02.2014).

[8] Ecarius, 2011, S. 14.

[9] Nave-Herz, Rosemarie (2001): Familie heute. Darmstadt. S. 15f.

[10] Zitiert nach Ecarius, 2011, S. 14.

[11] Allert, Tillmann (1998): Die Familie. Fallstudien zur Unverwüstlichkeit einer Lebensform. Berlin. S. 213.

[12] Zitiert nach Ecarius, 2011, S. 14.

[13] Nave-Herz, Rosemarie (2004): Ehe- und Familiensoziologie. Eine Einführung in Geschichte, theoretische Ansätze und empirische Befunde. Weinheim. S. 33ff. Zitiert nach Ecarius, 2011. S. 14.

[14] Nach Schneewind, Klaus (1998): Familienentwicklung. In: Oerter, Rolf/Montanda, Leo (Hersg.): Entwicklungspsychologie. Weinheim. S. 129. Zitiert nach Ecarius, 2011. S. 15.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Familie als Sozialisationsinstanz
Hochschule
Universität Potsdam
Note
2,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
15
Katalognummer
V274033
ISBN (eBook)
9783656664444
ISBN (Buch)
9783656665090
Dateigröße
818 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Familie, Sozialisation, Erziehung, Eltern
Arbeit zitieren
Bachelor Jeanette Michalak (Autor:in), 2014, Familie als Sozialisationsinstanz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274033

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