Los Angeles. Eine Stadt als Inspirationsquelle für Dystopien


Seminararbeit, 2010

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Konzept der Dystopie
2.1. Die Funktion der Stadt in Dystopien
2.2. Motive von Dystopien

3. Dystopien in Film und Literatur
3.1. Filme und Romane in Bezug zu L.A.
3.2. Blade Runner
3.3. Los Angeles als Filmset

4. Los Angeles – Dystopien und Realität
4.1. „Die Stadt der Engel“
4.2. „Feuerteufel und Erdbeben“
4.3. Die Festung L.A.
4.4. Unruhen in L.A. 1992

5. Abschlussgedanken und Schlussfolgerungen

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Stadt El Pueblo de la Reina de Los Angeles, wie der volle Name lautet, lässt sich als wuchernden Siedlungspilz beschreiben, der nach allen Seiten wächst. Ein passender Spruch zu L.A. lautet: „Hunderte Vororte auf der Suche nach einer Stadt.“[1]

Die vorliegende Arbeit widmet sich der Verschränkung der Megastadt Los Angeles und der literarischen Gattung bzw. dem gesellschaftstheoretischem Konzept der Dystopie. Dabei soll, anhand des Beispiels Los Angeles, aufgezeigt werden, welche Rolle und Funktion die Grossstadt in dystopischen Modellen innehat. Folgende Fragen sollen den Leitfaden bilden:

Wieso ist diese Stadt ein besonders oft gewählter Handlungs- und Schauplatz, an welchem sich die fiktiven Erzählungen der dystopischen Filme und Romane abspielen? Ist es ein Zufall, dass viele Autoren dystopischer Literatur aus dieser Stadt stammten? Welche Beispiele der Stadtgeschichte von Los Angeles zeigen auf, dass bestimmte Ängste, die in Dystopien verdichtet, variiert und codiert werden, auch in der Realität Fuss fassen können? Oder die Frage aus umgekehrter Sicht: Aus welchen Ereignissen könnten Inspirationsquellen für Dystopien geschöpft worden sein?

Was sind die Horrorvorstellungen der Zukunft von Städten? Wäre es möglich, dass diese eintreffen? Was spricht dafür und was dagegen? Welche Zustände sind bereits eingetroffen, die in gewisser Weise bereits vorausgeahnt wurden? Welche Rolle spielt bei alldem die Architektur von Los Angeles?

Um auf diese Fragen mögliche Antworten zu finden, soll der vorliegende Aufsatz eine Art Gegenüberstellung von historischen Ereignissen und dystopischen Theorien bzw. Inhalten sein.

Die Gliederung dieser Arbeit sieht folgendermassen aus:

- Im zweiten Teil dieser Arbeit folgt nach der Einleitung eine Vorstellung des Modells der Dystopie, und die Rolle und Funktion der Stadt in dystopischen Konzepten wird erläutert. Einige wichtige Themen von Dystopien werden aufgezählt.
- Anschliessend werden im dritten Teil einige dystopische Romane und Filme vorgestellt, die in direktem Bezug zur Stadt Los Angeles stehen. Besonders ausführlich wird auf den Filmklassiker „Blade Runner“ eingegangen. Darauf folgend wird die Stadt selber als Filmset gedeutet und Verknüpfungen zwischen imaginärer und realer Stadt werden betont.
- Danach werden im vierten Teil einige historische Ereignisse der Stadtgeschichte genannt, und die Bauweise und Architektur in Los Angeles wird behandelt, was aufzeigen soll, warum diese Stadt so oft sowohl Schaffenszentrum von dystopischen Filmen und Literatur ist, als auch fiktiver Handlungsort der dystopischen Erzählungen.
- Schliesslich werden im letzten Teil der Arbeit die wichtigsten Punkte noch einmal zusammengefasst und einige wichtige Bemerkungen und Verweise getroffen.

Bezüglich des Forschungsstandes lässt sich sagen, dass sowohl Modelle der Dystopien als auch die Stadtgeschichte von L.A., allen voran die sozialen Unruhen dieser multikulturellen Stadt, oftmals behandelt wurden, aber eine spezielle Arbeit über den Bezug zwischen Dystopien und Los Angeles nicht vorhanden ist, und es Intention dieses Aufsatzes sei, diese Lücke zu schliessen.

Als Quellen wurden die beiden Science-Fiction Romane, „Fahrenheit 451“(1953) von Ray Bradbury und „Die Parabel vom Sämann“(1999) von Octavia Butler verwendet. Folgende für diese Arbeit wichtige Sekundärliteratur sei genannt: „Ökologie der Angst“(2000) und „City Of Quartz“(1990), die beiden Stadtgeschichte-Klassiker von Mike Davis, Stephan Meyers sehr ausführliche Dissertation „Die anti-utopische Tradition“(1998), Annette Baldaufs „Entertainment Cities“(2007) und Ulrich Tormins „Alptraum Grosstadt“(1995).

Nun wird der Begriff der Dystopie und die Position der Stadt innerhalb dieses Modells beschrieben werden.

2. Das Konzept der Dystopie

2.1. Die Funktion der Stadt in Dystopien

Während der Begriff der Utopie traumhafte Wunschvorstellungen von Idealzuständen ausdrückt, steht der Begriff Dystopie für das negative Gegenbild zur Utopie, für Ängste und Alpträume. Hierbei sind die Erwartungen und Visionen an die Zukunft eng verknüpft an die gesellschaftlichen Gegebenheiten und Entwicklungen, und die Gesellschaft bzw. wird der Fortschritt der Gesellschaften in den Städten kreiert.

„Dabei bietet sich die Grossstadt als der Ort grösster Konzentration von menschlichem Austausch, Aktivitäten, Energien, Spannungen, Kommunikation und Erfahrungen als Untersuchungsgegenstand an. Sie ist Schauplatz und Austragungsort gesellschaftlicher Konflikte und Zukunftserwartungen.“[2]

Solange es Städte gibt, haben Philosophen, Propheten Künstler, Wissenschaftler, u.a. Diskurse über die Stadt geführt, und darüber hinaus erlangte die Stadt auch einen „mythischen“ Charakter als grenzenloser Raum. Man darf sagen, die Stadt ist die Spielfläche für die Ideen der utopischen und dystopischen Denker, denn sie ist derjenige Raum, der nicht nur geistige, sondern auch materielle Leistung in höchster Konzentration hervorbringt.

Da mit der industriellen Revolution, und der immer stärker werdenden Kraft des Fortschritts, nicht nur Verbesserungen eintraten, sondern auch neuartige Schwierigkeiten und Konflikte erschienen, wie beispielsweise Platzmangel, Hungersnöte, Seuchen und Verkehrsprobleme, gesellten sich zu den vielen utopischen Entwürfen, immer mehr Kritik und Dystopien hinzu.

2.2. Motive von Dystopien

Einige markante Motive, die immer wieder in den dystopischen Werken auftreten, werden nun aufgezählt, und dabei werden analog einige Fakten über Los Angeles nebenher gestellt:

- Isolation: Ein wesentlicher Aspekt bei der Schaffung von Dystopien ist der der räumlichen Trennung. Es sollen die Eigenschaften einer „geschlossenen“ Gesellschaft aufgezeigt werden. Dabei werden „die negativen Merkmale in grotesker Weise in die Zukunft verlängert, um so vor gegenwärtigen Tendenzen zu warnen (Anti-Utopie).“[3]

Betrachtet man die Bevölkerungsverteilung von Los Angeles, so kann man erkennen, dass jedes Stadtviertel nach Herkunft bzw. gesellschaftlicher Stellung der Einwohner definiert werden kann. Dass dabei untere Gesellschaftsschichten nicht zur gleichen Infrastruktur Zugang haben wie höhere Gesellschaftsschichten, kann man behaupten, dass auch in Los Angeles die Gesellschaften in bestimmter Hinsicht auch geschlossen sind.

- Statik und Dynamik: Während in Utopien eine Art „angestrebter Endzustand“ erreicht worden ist und keinerlei Veränderungen, abgesehen von weiterem technologischen Fortschritt, angestrebt werden, wird in dystopischen Beschreibungen das Bedürfnis ersichtlich, Wandel einzuleiten, um die düsteren und fehlerhaften Zustände zu beseitigen.

Dass in Los Angeles beispielsweise in manchen Vierteln die Bauweise der Gebäude als nicht zureichend festgestellt worden ist, und man dennoch nicht bereit war, diese Mängel zu beheben, zeigt auf, dass gewisse Zustände nicht zu verbessern sind, sei es weil die Geldmittel dazu fehlen, oder man nicht bereit ist, Geldmittel für ebendiese Verbesserung der Infrastruktur zu verwenden.

- Kollektivismus: Anti-Utopisten zeigen einen Verlust des Raums für das Individuum auf. „Dabei werden Verfahren des Terrors, der totalen Überwachung und sogar Eingriffe in die Physis und Psyche des Menschen prophezeit, die unter Zuhilfenahme neuester medizinisch-technischer Eingriffe ermöglicht werden. Neben dem Versuch, mittels eines Zwangsapparates, Individualität zu verhindern, begleitet das totalitäre System eine aus der Sicht des anti-utopischen Romans krankhafte, verabsolutierende Sucht zum Kollektiv“.[4]

Pläne von Überwachungskameras für bestimmte Gebäude, welche in Fällen von Revolten, die Polizei alarmieren, sind für Los Angeles bereits greifbare Realität (Neighbourhood-Watch).

- Kontrolle und Zwangsapparat: Viele Dystopien unterstreichen die Furcht vor der Überwachung und Kontrolle des Staates.

„In seinem vielbeachteten Buch Überwachen und Strafen hatte bereits Michel Focault auf das Benthamsche (1748-1832) Panopticum aufmerksam gemacht, in dem eine Gefängnisstruktur revolutionierende Architektur beschrieben wird. Focault beabsichtigt primär mit seiner Studie, die zuerst 1975 in Paris erschien, aufzuzeigen, dass vom Ancient Regime bis heute die Strafen für Verbrecher immer milder wurden. Dagegen wurden seit dem grossen Einschnitt, der sich im 18. Jh. Vollzog, nicht mehr gepfählt, gerädert oder verbrannt, sondern vorzugsweise Gefängnisstrafen verhängt. Die ungeklärte Grundfrage Focaults lautet, warum man sich allgemein auf die Einkerkerung einigte, obwohl sie doch alles als befriedigende Ergebnisse, vielmehr eine hohe Rückfallquote zeitigte. Die herrschende Klasse merkt, so die Antwort Focaults, dass ihr das Gefängnis nützlich ist, da es ihr erlaubt, Spitzel zu werben und dass es die Aufmerksamkeit von der Wirtschaftskriminalität ablenkt. Interessant ist das Modell Benthams, weil es gleichsam ein Paradigma totalitärer Funktionsmechanismen offenlegt: die totale Kontrolle durch totale Überwachung.“[5]

[...]


[1] Vgl. Bronger, S. 33.

[2] Tormin, S. 1.

[3] Meyer, S. 40.

[4] Meyer, S. 45.

[5] Vgl. Ebd. S. 86.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Los Angeles. Eine Stadt als Inspirationsquelle für Dystopien
Hochschule
Universität Zürich  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Geschichte der Neuzeit: Grossstädte, Metropolitanregionen und Megacities im 20. und 21. Jahrhundert
Note
1,7
Autor
Jahr
2010
Seiten
20
Katalognummer
V273937
ISBN (eBook)
9783656665472
ISBN (Buch)
9783656665410
Dateigröße
418 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Los Angeles, Dystopien, Blade Runner, Topic_Dystopien
Arbeit zitieren
Marko Stevic (Autor:in), 2010, Los Angeles. Eine Stadt als Inspirationsquelle für Dystopien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273937

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