Die Symbolik der Instrumente des Todes und des Teufels


Seminararbeit, 2003

29 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Todes- und Teufelssymbolik der Musikinstrumente im Mittelalter

3. Die Instrumente
3.1. Die Fistula
3.2. Das Tympanum
3.3. Fistula und Tympanum
3.4. Das Horn
3.5. Pervertierte Instrumente

4. Hieronymus Bosch und seine Darstellung der „Musikantenhölle“

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Spur des Teufels lässt sich in der Geschichte der Musik sehr weit zurückverfolgen, besonders deutlich erkennbar ist sie aber im Mittelalter. Der Musikbegriff des Todes und des Teufels reicht sogar in den Bereich des Mythischen, des Theologischen und Philosophischen hinein - gleichsam ist er eine Schöpfung des christlichen Mittelalters, auch wenn er zum Teil auf griechischen Grundlagen beruht.[1] In dieser Arbeit soll nun besonders die Musikanschauung des Mittelalters hinterfragt werden, um die Rede von Tod und Teufel und ihren Instrumenten zu verstehen. Ein besonderes Augenmerk wird dabei dem Werke Hieronymus Boschs zuteil, der als Künstler des Spätmittelalters in seinen Werken die Symbolik der Instrumente bildlich darstellte.

2. Die Todes- und Teufelssymbolik der Musikinstrumente im Mittelalter

Reinhold Hammerstein nach, stand im christlichen Denken des Mittelalters dem Reich Gottes das Reich Satans gegenüber, was sich in der damaligen Musikanschauung wiederspiegelte. Der himmlischen Musik und ihrer Instrumente, die durch die Bibel- und durch die biblischen Figuren- legitimiert wurden, traten die höllische Musik und deren Instrumente gegenüber, wobei immer wieder das Schreckliche dieser Höllenmusik betont wurde.[2] Die Ausführenden waren dabei nicht wie in der Bibel durchweg positiv und im christlichen Sinn handelnde Personen und Gestalten, sondern das Gegenteil: Dämonen und Monstren aller Art aber auch irdische Spielleute gehörten zu dieser Gegenwelt. Diese Spielleute wurden als „ministri satanae“ (lat.: Diener des Teufels) bezeichnet und verteufelt.[3]

Charakteristische Merkmale dieser Antimusik sind Hammerstein zufolge: Unordnung, Chaos, Disharmonie, Lärm, misstönende Klänge, Klagen, Heulen, Gebrüll, Gebell aber auch das Schweigen - die absolute Lautlosigkeit - welche einer furchtbaren Strafe gleichkommt, denn es ist somit auch kein Klagen über die Strafe der Hölle möglich. Sogar die Teufel sind in dieser „Welt“ unfähig zu Gesang, sie können nur schreien oder krächzen oder sind völlig stumm.[4]

Abbildungen dieser Höllenwelt mitsamt ihrer höllischen Musikszenerie existierten schon in der mittelalterlichen Kunst vor dem 12. Jahrhundert, doch erst seit dem 12. Jahrhundert gab es nachweisbar selbständige Szenen, es entstand die erste Darstellung von höllischer Musik, wobei es nahe lag Klangliches und Musikalisches durch Musikinstrumente darzustellen. Nun waren sie nicht mehr nur neutrale Klangkörper, sondern auch Sinnträger und Symbol, jedoch standen sie nicht frei zur Verfügung. Die Wahl eines Instrumentes als Teufelsinstrument erfolgte nach Hammersteins Ansicht nicht willkürlich, sondern sie basierte auf vielerlei Voraussetzungen, die eng mit Traditionen verknüpft waren. So wurden die Instrumente nach verschiedenen Kriterien bewertet: Auf welchen gesellschaftlichen Ort sie sich bezogen (wann und wo sie gespielt wurden), welchen Rang sie innerhalb der gelehrten Musiktradition einnahmen (ob es z.B. ein Instrument des Adels war oder gar ein Spielmannsinstrument). Auch das Symbolhafte ihrer äußeren Form spielte dabei eine große Rolle, sowie der Ursprung und die Geschichte ihres Namens und besonders das Vorkommen oder Nichtvorkommen des Instrumentes in der Bibel.[4]

Ein weiterer Grund einige Instrumente bei der Verteufelung vorzuziehen, lag in den damals als heidnische Kulte bezeichneten aber oft nur anderen Religionen.

Deren Instrumente wurden von der Kirche verteufelt und somit vom christlichen Gottesdienst ausgeschlossen. Es ergab sich aber ein Problem daraus, da in der Bibel (besonders in den Psalmen) sehr wohl einige dieser Instrumente als Werkzeuge des Gotteslobes erwähnt wurden.

So galten z.B. die „Cithara“ des Königs David und die Instrumente seines Gefolges, sowie die von den Engeln geblasenen „tubae“ als in der Bibel positiv belegte Instrumente.[6] Es gab die Möglichkeit der Pervertierung der Instrumente, um diese zu verteufeln – auf diese Thematik wird aber weiter unten noch einmal ausführlicher eingegangen.

Als Ausweg interpretierte man demzufolge die Instrumente als Zeichen und Symbol für Anderes, Außermusikalisches. Diese allegorischen oder symbolischen Erklärungen wurden dann durch das ganze Mittelalter hindurch verwendet. Eine direkte biblische Begründung, weshalb eine Ausstattung von Teufeln mit Musikinstrumenten erfolgte, fehlte jedoch.

Wie schon erwähnt, wurden die Instrumente der himmlischen Liturgie ins Gegenteil verkehrt, oder die Instrumente der gesellschaftlich niedrigsten Sphäre; der Tanz– und Spielmannsinstrumente, die ebenfalls eine negative Deutung erfuhren, verwendet.

Speziell in Bezug auf den Tod hieß das: man nahm Lumpen- oder Bettlerinstrumente, um auf die Armseligkeit und das Elend des Sterbens hinzuweisen, das für alle Stände gleichermaßen galt. Besonders gesellschaftskritisch wirkte es, wenn der Tod speziell bei höheren Ständen mit derartigen Instrumenten auftrat. Es erfolgte demnach auch eine Differenzierung bei der Darstellung der Stände, denn jeder Stand wurde anders abgebildet und je nach Intention des Künstlers verschiedenartige Instrumente den unterschiedlichsten Ständen als Attribut zugefügt. Der Tod hatte dabei wie es scheint, ganz und gar die Macht über seine Opfer, wenn er spielte (dargestellt eben durch die Instrumente) mussten sie dazu tanzen.[7]

Der Gedanke dieses Totentanzes war, dass der im Stande der Sünde lebende Mensch vom Tode überrascht (und ohne das Sakrament der Buße erhalten zu haben) und tanzend zur Hölle geleitet wird („Seelengeleit der Verdammten“).[7] Dies wiederum begründete die Nähe zum Teufel und zum Spielmann. Die Musik, die bildlich durch Instrumente dargestellt wurde, kennzeichnete so auch den Tanz.

Wenn bildlich der Todesspielmann und der Spielmann als Opfer gemeinsam abgebildet wurden, hieß das nach mittelalterlicher Auffassung, sie gehörten dem gleichen Stand an, waren Kollegen, aber auch gleichzeitig Widersacher, da der Spielmann zur irdischen Freude spielte während der Tod zum tödlichen Geleit musizierte.[8]

Der Tod selbst konnte auch als Spielmann gelten, wenn er mit einem Musikinstrument als Attribut dargestellt wurde. Andere Attribute bewirkten auch den Wechsel seines Berufsstandes, so war er z.B. Jäger, wurde ihm Pfeil und Bogen als Attribut beigefügt.[9]

Die Instrumentenwertung des Teuflischen war überhaupt und unbedingt auf den Tod übertragbar, alle Instrumente die im Zusammenhang mit dem Teufel zu finden waren und die in folgenden Abschnitten aufgeführt sind, wurden auch als Attribut dem Tod zugefügt.

Das Instrument an sich musste aber nicht immer wenn es auftrat diesen negativen Aspekt haben. Je nach Zusammenhang konnte es einen negativen, wertneutralen oder positiven Sinn besitzen. Einige Instrumente wurden bei der teuflischen Sinngebung bevorzugt, erst dann spricht man heute von den Teufelsinstrumenten.[10]

Besonders häufig kamen im Mittelalter vor:

die Fistula, das Tympanum, gelegentlich das Horn und die Gruppe der pervertierten Instrumente. In den folgenden Abschnitten soll nun näher darauf eingegangen werden.

3. Die Instrumente

3.1. Die Fistula

Das Bezeichnungsfeld der Fistula (lat.: „Röhre“) reichte außerordentlich weit, es konnten sowohl Flöten- als auch Rohrblattinstrumente gemeint sein. Der Begriff berührte und überschnitt sich oft dem der Tibia. Allgemein wurde die Bezeichnung „Fistula“ vor allem für die Orgelpfeife verwendet, der Begriff der „Tibia“ bezeichnete ursprünglich eine altrömische Knochenflöte und wurde dann erst später die lateinische Bezeichnung für ein aulosähnliches Blasinstrument mit gedoppelten Röhren. Beide Begriffe konnten als Bezeichnung für verschiedene Windinstrumente verwendet werden: Schalmeien und Flöten aller Art, einschließlich Dudelsack, Platerspiel und Zink. Sebastian Virdung fasst 1511 in seiner Klassifikation namens „musica getutscht“ die Windinstrumente in drei Gruppen zusammen:[11]

1. Schalmei, Schwegel (Querpfeife), Krummhorn, Gemshorn, Zink, Platerspiel, Dudelsack (Sackpfeife)
2. Orgel, Positiv, Portativ, Regal
3. Posaune, Feldtrompete, Clareta, Thurnerhorn

Besonders die Fistula wurde in der bildenden Kunst oft im höllischen Kontext dargestellt, denn die negative Wertung von Fistula und Tibia, bzw. das griechische Äquivalent Aulos, hatten bereits eine lange Tradition. Dieses Verdikt wurde später einfach von der Kirche übernommen, die Fistula aber bot sich schon von der Bibel her zu negativen Auslegungen an, indirekt schon dadurch, dass das Instrument bei den Psalter[12]- und Davidinstrumenten nicht vorkommt, also nicht positiv legitimiert ist. Direkt negativ belegt wurde sie in der Bibel im Buch Daniel.[13]

Sie galt da als Götzendienstinstrument, wie außerdem die Cithara, die Sambuca, das Psalterium, die Symphonia (Drehleier/Radleier) und andere. Von den dort aufgeführten Instrumenten kamen aber drei wiederum in den Psalmen vor ( Tuba, Cithara, Psalterium). Sie waren gleichzeitig positiv belegt und wurden so der negativen Deutung entzogen. Letztendlich blieben nur die Fistula, Sambuca und Symphonia, die die Verteufelung erfuhren.[14]

Im Mittelalter war aber die Sambuca eine der unklarsten Bezeichnungen für mehrere Instrumente, meist im Sinn der antiken Sambuca für eine Art kleines Psalterium. Ebenfalls war sie aber auch die Bezeichnung für symphonia, also für die Sackpfeife und Drehleier und für posaunenartige Instrumente.[15]

Die Drehleier bzw. auch Radleier, wurde im Mittelalter unter dem Namen „organistrum“ aber auch unter der lateinischen Bezeichnung „symphonia“ bekannt und stellte zugleich das Instrument des Adels und der Bettler dar. Es galt als ein Instrument der Minnesänger und wurde diabolisiert. Die Begriffsklärung der Symphonia und Sambuca ist demzufolge sehr mehrdeutig und nicht konkret einzuschränken, wie das der Fistula, die direkt in Zusammenhang mit dem Teufel gebracht und in späteren Auslegungen der Bibel öfter als teuflisches Instrument und als Götzendienstinstrument genannt wurde, als die anderen gerade erwähnten Instrumente.

Fistula und Tibia wurden von der Kirche in Verbindung mit heidnischen Riten und orgiastischen Kulten gebracht (z.B. dem Pan- und Dionysoskult), schlussendlich wurden sie so zu Symbolen des Satans. Die Tibia war zudem mit dem heidnischem Totenkult und Unterweltsvorstellungen verknüpft, daher war sie noch zusätzlich belastet.

Ihr galt das Symbol der Schlange, durch das der Teufel spricht, die Bewegungen der Spieler entsprachen angeblich den unschönen Bewegungen des Teufels.[16]

[...]


[1] R. Hammerstein 1974, S. 10.

[2] Ebda., S. 16.

[3] R. Hammerstein 1980, S. 24.

[4] R. Hammerstein 1974, S.16-17.

[5] Vgl.: ebda., S. 22.

[6] Ebda., S. 24.

[7] R. Hammerstein 1980, S. 99,114.

[7] Ebda., S. 23.

[8] Ebda., S. 100.

[9] Ebda., S. 113.

[10] R. Hammerstein 1974, S. 24.

[11] Ebda., S. 26.

[12] Psalter meint das Buch der Psalmen im AT.

[13] Vgl.: R. Hammerstein 1974, S.27 - Die Juden müssen Götzendienst leisten und vor der goldenen Statue des Königs Nebukadnezar niederknien und sie anbeten (AT, Dan. 3,5).

[14] Vgl.: ebda., S. 27.

[15] In: Meyers Konversationslexikon 1888-1889, Band 14, S. 252.

[16] R. Hammerstein 1974, S. 28.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Die Symbolik der Instrumente des Todes und des Teufels
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Musikwissenschaft)
Veranstaltung
Einführung in die Instrumentenkunde
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
29
Katalognummer
V273919
ISBN (eBook)
9783656666554
ISBN (Buch)
9783656666516
Dateigröße
3989 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
symbolik, instrumente, todes, teufels
Arbeit zitieren
Cornelia Friebe (Autor:in), 2003, Die Symbolik der Instrumente des Todes und des Teufels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273919

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