Erfolgspotenziale von Crowdfunding zur Finanzierung sozialer Projekte

Chancen und Risiken der Nutzung der alternativen Finanzierungsform durch NGOs und Privatpersonen in Deutschland


Bachelorarbeit, 2014

93 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

II Abbildungsverzeichnis

III Diagrammverzeichnis

IV Tabellenverzeichnis

V Abkürzungsverzeichnis

VI Kurzfassung

VII Abstract

1 Einleitung
1.1 Aktualität und Relevanz des Themas
1.2 Ziele der Arbeit
1.3 Vorgehensweise
1.3.1 Theoretischer Teil
1.3.2 Empirischer Teil

2 Entwicklung des Fundraisings in Deutschland
2.1 Veränderungen des Spendenmarkts
2.1.1 Struktur und Volumen
2.1.2 Soziodemographische Faktoren
2.1.3 Kommunikations- und Transaktionskanäle
2.2 Ausbau des Online-Fundraisings
2.2.1 Soziale Netzwerke als neue Fundraising-Plattformen
2.2.2 Crowdfunding als neuer Bereich des Online-Fundraisings

3 Crowdfunding
3.1 Definition und Wortherkunft
3.2 Entstehung und Verbreitung in Deutschland
3.3 Crowdfunding-Prozess
3.4 Crowdfunding-Plattformen
3.4.1 Marktgröße und -volumen
3.4.2 Kategorien
3.4.3 Finanzierung
3.5 Erfolgsfaktoren
3.6 Crowdfunding zur Finanzierung sozialer Projekte
3.6.1 Bisheriger Erfolg sozialer Projekte
3.6.2 Chancen und Risiken des Ausbaus von Crowdfunding als Finanzierungsform sozialer Projekte
3.6.2.1 Chancen
3.6.2.2 Risiken
3.6.3 Analyse erfolgreich realisierter sozialer Projekte

4 Empirische Erhebung
4.1 Forschungsdesign
4.2 Vorstellung des Fragebogens
4.3 Auswertung

5 Schlussfolgerungen und Zukunftsperspektiven von Crowdfunding zur Finanzierung sozialer Projekte
5.1 Implikationen für die Wissenschaft
5.2 Implikationen für die Praxis

VIII Literaturverzeichnis

IX Anhang

Eidesstattliche Erklärung

II Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die vier Arten von Crowdfunding

Abbildung 2: Entwicklung der weltweiten Google-Suchanfragen zum Thema "Crowdfunding"

Abbildung 3: Der Crowdfunding-Prozess

Abbildung 4: Crowdfunding-Plattform als Intermediär

Abbildung 5: Abwägung der Chancen und Risiken von Crowdfunding zur Finanzierung sozialer Projekte

Die Abbildung auf der Titelseite ist eine eigene Darstellung.

III Diagrammverzeichnis

Diagramm 1: Aufteilung der Spendenthemen im Jahr 2011

Diagramm 2: Erfolg der Fundraising-Kommunikationskanäle auf Basis der dadurch generierten Spendeneinnahmen

Diagramm 3: Höhe der Einzelspende in Euro nach Zahlungsweg 2004/2005

Diagramm 4: Bedeutungszuwachs bzw.-verlust verschiedener Fundraising-Instrumente bis zum Jahre 2015

Diagramm 5: Die meist genutzten Online-Fundraisingkanäle in Prozent

Diagramm 6: Erfolgreich finanzierte Projekte durch Crowdfunding in Deutsch-land von 2011 bis 2013 pro Quartal – plattformübergreifend

Diagramm 7: Aufteilung des deutschen Crowdfunding-Markts im 1. Quartal 2012 in Prozent

Diagramm 8: Anteil der verschiedenen Altersklassen am Spendenaufkommen 2008/2009 in Prozent

Diagramm 9: Unterstützungsbereitschaft durch Crowdfunding der 14-25-jährigen und der über 59-jährigen

Diagramm 10: Unterstützungsbereitschaft durch Crowdfunding der Männer und Frauen

Diagramm 11: Die häufigsten Gründe gegen Crowdfunding für soziale Projekte

Diagramm 12: Spendentätigkeit und potenzielle Crowdfunding-Unterstützer nach Bildungsabschluss

Diagramm 13: Spendentätigkeit und potenzielle Crowdfunding-Unterstützer nach Einkommen

Diagramm 14: Verbindung zwischen regelmäßiger oder projektspezifischer Spendentätigkeit und der Unterstützung für Crowdfunding

Diagramm 15: Potenzielle Crowdfunding-Unterstützung der Online-Spender und Online-Nicht-Spender

Diagramm 16: Bekanntheit der Crowdfunding-Plattformen

Diagramm 17: Die Zustimmung zur Verbreitung von Crowdfunding-Projekten in sozialen Netzwerken von potenziellen Unterstützern

IV Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Abwanderungsgründe nach Verursacher

Tabelle 2: Schätzungen des privaten Spendenvolumens

Tabelle 3: Unterschiede zwischen Crowddonating und herkömmlichen Spenden

Tabelle 4: Transaktionsgebühren der sozialen Plattformen

Tabelle 5: Kriterien für eine erfolgreiche Kommunikation von NGOs

Tabelle 6: Die wichtigsten Spende-Kriterien

Tabelle 7: Crowdfunding-Zustimmung oder -Ablehnung je nach persönlicher Wichtigkeit des Spendenkriteriums

Tabelle 8: Die wichtigsten Argumente für soziales Crowdfunding

Tabelle 9: Die wichtigsten Argumente gegen soziales Crowdfunding

V Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

VI Kurzfassung

Diese Arbeit untersucht die Erfolgspotenziale von Crowdfunding als alternative Finanzierungsform für soziale Projekte. Bisher gibt es nur wenig Literatur, die sich hiermit spezifisch beschäftigt. Mehr Kenntnisse über die Erfolgsfaktoren von sozialen Projekten sind aber dringend erforderlich, da sie in Deutschland bisher nur geringe Erfolgsquoten aufweisen, in den USA hingegen schon sehr beliebt sind. Auf Basis der Literatur werden daher zunächst mögliche Erfolgsfaktoren identifiziert und die Chancen und Risiken der Nutzung der neuen Fundraising-Methode für NGOs und Privatpersonen abgewogen. Eine eigene Analyse der bisher erfolgreichen sozialen Crowdfunding-Projekte sowie eine Online-Umfrage untermauern bzw. hinterfragen bisherige Annahmen. Aus der abschließenden Auswertung geht hervor, dass Crowdfunding besonders für NGOs, deren Spendeneinnahmen seit Jahren stagnieren, ein neuer Fundraising-Kanal werden kann, der sowohl aktuelle Spender als auch Nichtspender anspricht, wie die Online-Umfrage zu diesem Thema ergab. Auch Privatpersonen bietet Crowdfunding die einfache Möglichkeit, Geld für soziale Projekte zu sammeln. Die kurz- bis mittelfristigen Erfolgspotenziale von Crowdfunding zur Finanzierung sozialer Projekte sind daher groß. Langfristig bleibt abzuwarten, ob die ermittelten Risiken minimiert und somit die Voraussetzungen für eine stabile Entwicklung der neuen Fundraising-Methode geschaffen werden können.

VII Abstract

This study investigates the success potentials of crowdfunding as a new form of financing projects for social good. So far there is only little research on this specific topic in Germany and the success rate of crowddonating projects is low. Insights into success factors could help develop the German crowddonating market. Based on current literature the chances and risks of using this new form of fundraising for nonprofit organizations and private individuals are weighed up against one another. In order to support the findings an analysis of successful crowddonating projects as well as an online survey have been conducted. Particularly nonprofit organizations could benefit from using the new fundraising channel since donor rates have stagnated for years and the survey’s evaluation has shown that crowdfunding attracts both current donors and non-donors. Furthermore, crowdfunding offers private individuals an easy way of collecting money for social causes. In the short- and medium-term the success potentials of crowddonating are likely to be high. In the long-term, however, the development of the identified risks has to be observed carefully. Risk reduction is key to the future success of crowddonating as a new fundraising channel.

1 Einleitung

Erfolgspotenziale von Crowdfunding zur Finanzierung sozialer Projekte – dieses Kapitel verdeutlicht die Relevanz des Themas im Hinblick auf aktuelle Entwicklungen des Spenden- und Onlinemarktes und erläutert die Ziele dieser Arbeit. Zuletzt wird auf die Vorgehensweise im theoretischen als auch im empirischen Teil eingegangen.

1.1 Aktualität und Relevanz des Themas

Crowdfunding boomt wie nie “ (Handelsblatt 2013:1)

Vom Schwarm umschwärmt “ (Klawitter 2012:82)

Wenn die Massen Kleingeld springen lassen“ (Die Welt 2013:1)

Fast täglich finden sich in deutschen Medien Berichte über den vermeintlichen „ Geldregen […] aus dem Internet “ (Manager Magazin 2011:1), das Crowdfunding (zu dt. Schwarmfinanzierung). „ Der Schwarm kommt in Bewegung “ (Nestler 2013:1) – Grund hierfür ist der bisher große Erfolg dieser alternativen Finanzierungsform, dessen Anbieter im Jahr 2012 weltweit bereits einen Umsatz von rund zwei Milliarden Euro erzielten, was einer Steigerung um 81% im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Unternehmensberatung Massolution prognostiziert für 2013 eine erneute Umsatzverdopplung auf fünf Milliarden Euro (vgl. Massolution 2013b:7), andere Berechnungen kommen auf noch höhere Beträge von bis zu sechs Milliarden Euro (vgl. Klein 2013c:11). Infolge der hohen Wachstumsraten gründeten sich in den letzten Jahren immer neue Plattformen, die das Geldsammeln im Internet professionell betreiben (vgl. Wallace & Vuong 2011:8). Die Anzahl der weltweit aktiven Crowdfunding-Plattformen hat sich mit 283 im Jahr 2010 auf 536 im Jahr 2012 proportional zum Umsatzwachstum verdoppelt (vgl. Statista 2013:7). In Deutschland wurden bis zum ersten Quartal 2013 1.900 Crowdfunding-Projekte durchgeführt, jedoch nur weniger als die Hälfte mit Erfolg (vgl. Klein 2013c:13). Die Auswertung des Crowdfunding-Monitors zeigt, wie wichtig es ist, Chancen, Risiken und Erfolgsdeterminanten der neuen Finanzierungsform zu kennen.

Crowdfunding wird als moderne Alternative zu klassischen Bankkrediten gesehen. So neu diese Finanzierungsweise in ihrer Erscheinungsform auch ist, ihr liegen altbewährte Überlegungen zugrunde. Hier investieren Menschen in Projekte, weil sie ihnen gefallen, die Initiatoren ihnen sympathisch sind und sie an ihren Erfolg glauben. Profit spielt hierbei keine oder nur eine untergeordnete Rolle (vgl. Crosman 2013:1–2).

Noch fristet das Phänomen in Deutschland ein Nischendasein – die webbasierte Art der Geldakquise ist hierzulande erst seit wenigen Jahren bekannt, die Umsatzvolumina im Vergleich zu Krediten noch verschwindend gering (vgl. Dapp 2013:1). Das Potenzial ist jedoch groß, da es vielen Selbstständigen, Unternehmensgründern oder im künstlerischen und sozialen Bereich Engagierten die Möglichkeit bietet, Geld für die Finanzierung ihrer Projekte zu erhalten, ohne dafür Sicherheiten vorweisen oder teure Zinsen zahlen zu müssen (vgl. Hessami 2013:52–53).

Diese Arbeit untersucht die Erfolgspotenziale von Crowdfunding speziell zur Finanzierung sozialer Projekte – dazu gehören alle diejenigen, deren Erlöse nicht dem Crowdfunder selbst, sondern dem Gemeinwohl zugutekommen. Sowohl in der medialen Berichterstattung als auch in den bisher verzeichneten Projektanmeldungen wird diese neue Form der „Online-Spende“ nur wenig beachtet. Die meisten Projekte stammen aus dem unternehmerischen oder künstlerisch-kreativen Bereich und sind eigennützig (vgl. Wolff 2012:24).

Gerade für Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) gewinnen solche alternativen Finanzierungsmöglichkeiten immer mehr an Bedeutung (vgl. Lerche, Wollmer & Engel 2004:89). Die Herausforderungen für das Fundraising steigen (vgl. Hunziker 2011:66). Der deutsche Spendenmarkt stagniert, öffentliche Fördermittel sind an viele Kriterien gebunden und nur begrenzt vorhanden (vgl. Hunziker 2011:1), Kredite sind schwieriger zu bekommen (vgl. Fondszeitung 2012:1). Mehr NGOs denn je kämpfen heute um immer weniger Geld. Kosten und Konkurrenz steigen stetig (vgl. Scholl 2012:1).

Der Ausbau von sozialen Netzwerken und Internetpräsenzen fördert nun vermehrt das kostengünstigere Online-Fundraising (vgl. Breidenbach u.a. 2013:82). Crowdfunding für soziale Projekte hat somit noch großes Ausbaupotenzial – immerhin haben bereits rund 6,6 Millionen Deutsche soziale Projekte über das Internet unterstützt, wie eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) ergab. Weitere 22 Prozent sind grundsätzlich zu Online-Spenden bereit (vgl. Shahd 2012:1).

Das Fundraising steht vor einer Neuorientierung. Crowdfunding eröffnet nicht nur NGOs, sondern auch sozial engagierten Privatpersonen die Möglichkeit einer einfachen, kostengünstigen Spendensammlung. „ Finanzierung 2.0 und Marketing 2.0 “ (Munique 2012:1) – diese zusammenfassende Formel verdeutlicht wohl am besten, wie innovativ diese Finanzierungsform ist.

1.2 Ziele der Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist es zu klären, welche Potenziale die alternative Finanzierungsform hat, ein neuer, erfolgreicher Fundraising-Kanal für NGOs und Privatpersonen zu werden. Es gibt bereits viele netzwerkbasierte Fundraising-Ansätze, die sich an spezifische Zielgruppen wenden (vgl. Wolff 2012:24). Ist Crowdfunding tatsächlich mehr als ein neuer Name für ein altes Konzept?

Crowdfunding kann viele Menschen mobilisieren und so Großes bewirken, es birgt jedoch auch einige Gefahren (vgl. Mouton 2013:1). Daher gilt es, die Chancen und Risiken von Crowdfunding für soziale Projekte abzuwägen und Erfolgskriterien zu ermitteln auf Basis derer abschließend Handlungsempfehlungen gegeben werden können.

Außerdem werden die verschiedenen sozial ausgerichteten Crowdfunding-Plattformen näher betrachtet. Ihre Aufgabe ist es, die Spendensammelnden mit möglichst vielen, potenziellen Geldgebern zusammenzubringen (vgl. Fondszeitung 2012:2). Doch wie nachhaltig ist das Geschäftsmodell dieser Plattformen und wie erfolgreich ist deren Vermittlung?

Bisher gibt es nur sehr wenige wissenschaftliche Arbeiten, die sich spezifisch mit der Finanzierung von sozialen Projekten durch Crowdfunding beschäftigen. Mehr Kenntnisse über Erfolgsfaktoren von sozialen Projekten sind aber dringend erforderlich. Im ersten Quartal 2013 wurden auf Deutschlands größter Crowdfunding-Plattform für soziale Projekte, VisionBakery, lediglich 94 von 198 Projekten erfolgreich abgeschlossen. Dies entspricht einer Erfolgsquote von nur 45% (vgl. Klein 2013c:13).

Durch eine eigene Analyse potenzieller Erfolgsfaktoren anhand ausgewählter, erfolgreicher sozialer Projekte sowie durch eine empirische Erhebung zu diesem Thema sollen neue Erkenntnisse gewonnen werden, um die Erfolgsquoten zu maximieren.

1.3 Vorgehensweise

Diese Arbeit erläutert zunächst theoretisch die zum Verständnis der Thematik wichtigsten Entwicklungen und Begrifflichkeiten sowie den aktuellen Stand der Wissenschaft. Anschließend folgt der empirische Teil, in dem bisherige Kenntnisse und Annahmen zum Thema verifiziert oder widerlegt werden sollen.

1.3.1 Theoretischer Teil

Im theoretischen Teil wird zunächst auf die Veränderungen des Spendenmarkts und den Ausbau des Online-Fundraisings als Grundlage für den Erfolg von Crowdfunding eingegangen. Danach werden die alternative Finanzierungsform genau definiert und ihre bisherigen Anwendungsgebiete sowie die wichtigsten sozialen Plattformen vorgestellt. Auf Basis bisheriger Annahmen und Expertenmeinungen werden zudem die allgemeinen Erfolgsfaktoren von Crowdfunding zusammengefasst.

Abschließend wird noch einmal näher auf die Notwendigkeit eingegangen, Crowdfunding für soziale Projekte zu professionalisieren.

1.3.2 Empirischer Teil

Im empirischen Teil erfolgt zunächst eine eigene Analyse erfolgreich abgeschlossener sozialer Crowdfunding-Projekte.

Anschließend werden die Ergebnisse der empirischen Erhebung vorgestellt.

Zusammenfassend lassen sich aus diesen Analysen Handlungsempfehlungen geben und Rückschlüsse über den zukünftigen Erfolg von Crowdfunding zur Finanzierung sozialer Projekte ziehen.

2 Entwicklung des Fundraisings in Deutschland

Dieses Kapitel stellt die aktuellen Entwicklungen des Fundraisings in Deutschland dar und geht dabei insbesondere auf Veränderungen des Spendenmarkts sowie auf den für die Zukunft wichtigen Ausbau des Online-Fundraisings ein.

Unter Fundraising versteht sich die „ systematische Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten […], die darauf abzielen, alle […] benötigten Ressourcen (Geld-, Sach- und Dienstleistungen) durch eine konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der Ressourcenbereitsteller (Privatpersonen, Unternehmen, Stiftungen und öffentliche Institutionen) zu möglichst geringen Kosten zu beschaffen “ (Urselmann 2011:11).

Der Begriff setzt sich aus dem englischen Substantiv „fund“ (zu dt. Geld, Kapital) und dem Verb „to raise“ (zu dt. aufbringen) zusammen und lässt sich wörtlich mit Kapitalbeschaffung übersetzen (vgl. Haibach 2006:19).

Fundraising kann auch als eine Art von Marketing verstanden werden, da die eigene Leistung immer wieder so präsentiert werden muss, dass sie potenzielle Förderer zu wiederholter Unterstützung, meist in Form von Spenden, anregt (vgl. Haibach 2006:20). Auf operativer Ebene ist das Fundraising vor allem mit dem Direktmarketing gleichzusetzen, welches sich durch persönliche Ansprache mit einer Aufforderung zur Rückmeldung auszeichnet. Diese Eigenschaften lassen sich in jedem Fundraising-Instrument wiederfinden (vgl. Gahrmann 2012:14).

2.1 Veränderungen des Spendenmarkts

Für NGOs ist das Fundraising zu einer zunehmend größeren Herausforderung geworden (vgl. Hunziker 2011:1). Die Gründe hierfür sind divers. So werden durch den anhaltenden Sparkurs der Regierungen immer weniger Gelder für die Förderung sozialer Projekte bereitgestellt. Verbunden mit der steigenden Anzahl an NGOs (vgl. Priller & Zimmer 2008:72) führt dies zu einer erhöhten Konkurrenz um immer geringere staatliche Förderungen, die für viele Organisationen zu den wichtigsten Einnahmequellen zählen (vgl. Haibach 2008:92). Staatliche Leistungen werden auch in Zukunft weiter zurückgehen (vgl. Daberstiel 2008:24).

Die hohe Abwanderungsrate – besonders von Erstspendern – ist zudem problematisch, da die Gewinnung von Neuspendern mit hohen Kosten verbunden ist (vgl. Maier-Schwier 2008:20). Sowohl die Spender selbst als auch die Organisation und deren Konkurrenten tragen zur Abwanderung bei (s. Tabelle 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Abwanderungsgründe nach Verursacher, Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Michalski 2002:43

Eine effektive Spenderbindung wird daher immer wichtiger (vgl. Haibach 2006:370). Diese kann jedoch nur durch ausreichende Informationen über den Einsatz der Spenden sowie durch mehr Transparenz und Kontrolle, z.B. durch zertifizierte Siegel, funktionieren (vgl. Priller & Zimmer 2008:1).

Auch die seit 2009 andauernde Wirtschafts- und Finanzkrise hat das Spenderverhalten negativ beeinflusst. Die Sorge vieler Menschen über die zukünftige Sicherheit ihrer Einkünfte lässt sie auch heute noch bei Spenden zurückhaltend bleiben (vgl. Daberstiel 2008:24f).

Wichtige Veränderungen des Spendenmarkts lassen sich außerdem in Bezug auf die Spendenmotive feststellen. Während früher eher soziologische Theorien zur Erklärung des Spenderverhaltens herangezogen wurden, finden heute immer mehr ökonomische Ansätze Anklang (vgl. Sargeant & Woodliffe 2008:111).

Diese versuchen das Spenden mit dem dadurch erhaltenen Nutzen zu erklären – das sogenannte Gratifikationsprinzip findet hier Anwendung. Ihm zugrunde liegt Festingers Theorie der kognitiven Dissonanz. Die Spende wird demzufolge als Mittel zur Reduktion kognitiver Dissonanzen gesehen, da sie hilft, Schuldgefühle abzubauen (vgl. Cooper 1994:70f).

Die Steigerung des Selbstwertgefühls sowie die Motivation durch eine Bezugsperson, die Spenden sammelt, sind weitere wichtige Spendenmotive (vgl. Cooper 1994:74).

Letztendlich erfolgt die Spendenaktivierung meist durch eine Kombination aus verschiedenen Motiven, die allesamt befriedigt werden (vgl. Cooper 1994:79).

2.1.1 Struktur und Volumen

Im deutschen Spendenmarkt ist seit einiger Zeit eine Sättigung zu beobachten. Das reale Spendenaufkommen stagniert bereits seit Ende der neunziger Jahre (vgl. Urselmann 2011:26).

Über das private Spendenvolumen gibt es verschiedenste Schätzungen (s. Tabelle 2), die von drei bis sechs Milliarden Euro reichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Schätzungen des privaten Spendenvolumens, Quelle: Betterplace lab 2012:4

Laut einer Studie von McKinsey kann das Spendenaufkommen durch eine effizientere Arbeit der NGOs um bis zu 50% erhöht werden. Als Gründe für die niedrige Spendenbereitschaft nennt die Beratungsgesellschaft den Mangel an öffentlichen Vorbildern und an Transparenz. So gibt es beispielsweise keine Publikationspflicht oder einen umfassenden Überblick über aktuelle Ziele und Programme aller in Deutschland registrierten NGOs. Auch fehlt es an einer einheitlichen Spendenstatistik (vgl. McKinsey&Company 2008:14f).

Die Spendenquote, die den prozentualen Anteil der Bevölkerung angibt, der spendet, befand sich 2011 auf einem Rekordtiefstand von nur 35% (vgl. tns infratest 2011:4).

Trotzdem konnten 2012 über fünf Millionen Neuspender gewonnen werden. Diese wurden überproportional über persönliche Ansprache durch Freunde und durch Medien, auch das Internet, aktiviert (vgl. GfK & Deutscher Spendenrat e.V. 2013:20).

Vor allem für humanitäre Hilfe spendeten die Deutschen 2011 gerne (s. Diagramm 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diagramm 1: Aufteilung der Spendenthemen im Jahr 2011, Quelle: Betterplace lab 2012:24

Besonders jüngere Menschen unterstützen hingegen verstärkt den Tier- und Umweltschutz. Dies lässt sich durch den generellen Wertewandel der Gesellschaft, hin zu mehr Nachhaltigkeit und Ökologie sowie durch die eigene Betroffenheit, z.B. durch den Klimawandel, erklären (vgl. PriceWaterhouseCoopers 2008:11).

Hinsichtlich der Struktur des deutschen Spendenmarkts ist eine zunehmende Diversifikation zu beobachten. Aus der aktuellen Studie „ Zivilgesellschaft in Zahlen “ geht hervor, dass es heute siebenmal so viele Vereine, Genossenschaften und Stiftungen gibt wie vor fünfzig Jahren (vgl. Mihm 2013). Es gibt immer weniger große, umsatzstarke Organisationen und immer mehr kleine – das sogenannte Long-Tail-Prinzip wird hier veranschaulicht (vgl. Betterplace lab 2012:23). Es geht davon aus, dass sich durch die große Kapazität des Internets und der geringen Markteintrittsbarrieren durch niedrige Transaktionskosten eine große Vielfalt an Wettbewerbern in Nischenbereichen (hier: NGOs, die auf bestimmte Themen beschränkt sind) etablieren kann. Diese „Nischenorganisationen“ gewinnen durch das Internet eine solch große Bedeutung, dass sie in ihrer Gesamtheit mehr Volumen ausmachen als die bereits bekannten NGOs (vgl. Bär, Borcherding & Keller 2010:265).

2.1.2 Soziodemographische Faktoren

Für NGOs und Privatpersonen, die Geld für soziale Projekte sammeln, ist es wichtig, soziodemographische Auswertungen über den deutschen Spendenmarkt zu kennen, um eine zielgruppengenaue Ansprache zu garantieren (vgl. Shelley & Polonsky 2001:19f). Sie liefern die nötigen Informationen für die anschließende Segmentierung des Fundraisings.

Die Erkenntnisse hinsichtlich des Spenderverhaltens lassen sich in die Kategorien Alter, Geschlecht, Einkommen, Familienstand, Religion und Bildung aufteilen.

- Alter

Das Alter hat einen sehr großen Einfluss auf die Spendenbereitschaft von Menschen. So spenden ältere Menschen häufiger und mehr als jüngere. Die Generation 60+ weist die höchste Spendenbeteiligung auf (vgl. Mesch u.a.:567).

Hierfür gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Oft wird diese Tatsache mit der Generationenzugehörigkeit begründet. Junge Menschen sind demzufolge konsumorientierter und mehr auf sich selbst bedacht als ältere, die vielleicht selbst schon einmal auf die Hilfe anderer angewiesen waren. Sie geben ihr Geld also eher für eigennützige als für gemeinnützige Zwecke aus (vgl. Sargeant 1999:224). Eine weitere Erklärung ist die finanzielle Situation, die sich in der Regel mit zunehmendem Alter verbessert (vgl. Hunziker 2011:76).

Des Weiteren spenden ältere Menschen eher regelmäßig und nicht nur zu besonderen Anlässen. Bei Jüngeren ist dies genau umgekehrt (vgl. PriceWaterhouseCoopers 2008:13).

Jüngere Generationen sind außerdem besser über die Arbeit der NGOs informiert. 75% von ihnen schätzen es daher, wenn diese von sich aus über Projektfortschritte berichten (vgl. PriceWaterhouseCoopers 2008:20).

- Geschlecht

Hinsichtlich des Geschlechts zeigt sich, dass Männer und Frauen bewiesenermaßen ein unterschiedliches Spenderverhalten ausüben. Vor allem unterstützen sie andere Projekte: Während Frauen eher für humanitäre Zwecke spenden, geben Männer ihr Geld meist für kulturelle Anliegen aus (vgl. Kottasz 2004:198).

[...]

Ende der Leseprobe aus 93 Seiten

Details

Titel
Erfolgspotenziale von Crowdfunding zur Finanzierung sozialer Projekte
Untertitel
Chancen und Risiken der Nutzung der alternativen Finanzierungsform durch NGOs und Privatpersonen in Deutschland
Hochschule
International School Of Management, Standort Frankfurt
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
93
Katalognummer
V273833
ISBN (eBook)
9783656656524
ISBN (Buch)
9783656656593
Dateigröße
6054 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit wurde mit einer 1,0 als exzellente Studienabschlussarbeit bewertet, die neue, empirisch belegbare Erkenntnisse zum Thema Crowdfunding lieferte und dazu beitrug, dass Jennifer Kint als "Beste Absolventin 2014" der International School of Management in Frankfurt geehrt wurde.
Schlagworte
Crowdfunding, Crowddonating, Spenden, Fundraising, Soziales, Soziale Projekte, NGO, Online Fundraising, PR
Arbeit zitieren
Jennifer Kint (Autor:in), 2014, Erfolgspotenziale von Crowdfunding zur Finanzierung sozialer Projekte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273833

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