Mediation von Umgangskonflikten bei Trennung und Scheidung


Hausarbeit, 2002

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Scheidungsmediation – Eine Einführung

2. Rechtliche Grundlagen für Beratung und Vermittlung bei Trennung und Scheidung

3. Das Regensburger Modell einer gerichtsnahen Beratung für Familien in Trennungs- und Scheidungssituationen

4.Konzept des betreuten Umgang am Beispiel des Deutschen Kinderschutzbundes OV Göttingen e.V.
4.1 Rechtliche Rahmenbedingungen, Indikatoren und Psychodynamik in der Kontaktbegleitung
4.2. Definition und Zielsetzung des betreuten Umgangs
4.3. Durchführung des betreuten Umgangs

5. Indikation und Grenzfälle der Scheidungsmediation

6. Wie Kinder von Mediation profitieren

7. Die Effektivität von Vermittlungsverfahren

Anlage 1: Organisationsschema Initiative Betreuter Umgang
Anlage 2: Literaturliste

1. Scheidungsmediation – Eine Einführung

„Mediation ist die Einschaltung eines (meist) neutralen und unparteischen Dritten im Konflikt, der die Parteien bei ihren Verhandlungs- und Lösungsversuchen unterstützt, jedoch über keine eigene (Konflikt-) Entscheidungskompetenz verfügt.“[1]

Hierbei wird von einem sozialen Konflikt gesprochen, wenn eine Interaktion zwischen Individuen, Gruppen oder Organisationen und einem anderen Akteur gewisse Unvereinbarkeiten in Denken, Fühlen oder Wollen hervorruft.[2]

Bei der Verwirklichung von Elternrecht und Kindeswohl kann Mediation eine gute Alternative zur Konfliktbewältigung sein, wie die folgenden Seiten versuchen wollen, darzustellen. Dabei ist das Ziel der Trennungs- und Scheidungsmediation, im außergerichtlichen Bereich zu einer fairen und für alle Familienmitglieder tragbaren Vereinbarung zwischen den Konfliktparteien zu gelangen. So sind Krisen der Eltern in Trennungs- und Scheidungsfällen immer auch Krisen für die Kinder, da diese ihre vollständige Familienstruktur verlieren.

Bei Streitigkeiten zwischen den Elternteilen nach Trennung und Scheidung hat sich nach Einschaltung fremder Experten allerdings oft eine weitere Konfliktverschärfung eingestellt, da oft genug die psychische Krisensituation der Betroffenen nicht angemessen berücksichtigt wird. Die allein auf justizförmiger Behandlung basierende Konfliktregelung wie z.B. bei familiengerichtlichen Verfahren richtet häufig mehr Schaden als Nutzen an und einschlägige Forschungsergebnisse zeigen in dieser Hinsicht, dass die Qualität einer auf Scheidung folgenden Beziehung zwischen Eltern-Kind und auch der Elternteile untereinander keineswegs von der Qualität einer richterlichen Entscheidung, sondern vielmehr von den Konfliktbearbeitungsfähigkeiten der ehemaligen Partner abhängt.

Für eine angemessene Konfliktregelung bedarf es also einem Verfahren, dass „Hilfe zur Selbsthilfe“ bietet, indem der psychischen Situation der Betroffenen Beachtung geschenkt wird, um zu einer eigenständigen Lösung im Sinne des Kindeswohles zu kommen. Ein solches Verfahren stellt die Mediation dar, indem sie die „Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Parteien fördert, ihr Selbstvertrauen und ihre Selbstachtung stärkt und sie zur eigenverantwortlichen, selbstständigen Entscheidungsfindung befähigt.“[3]

Mediation hilft hierbei den Eltern, eine durch Trennung beim Kind verursachte Schädigung abzumildern und im Interesse des Kindes die nachehelichen Elternbeziehungen in Eigenverantwortung zu reorganisieren sowie weitere Pflege- und Erziehungslösungsmöglichkeiten zu finden. Zu den mediativen Zielen gehören die Verbesserung der Kommunikation unter den Parteien, Förderung des Verständnisses für die Interessenlage des anderen, Auflösung emotionaler Spannungen und Feindseligkeiten, Ordnung vorhandener Streitthemen, Erschließung gemeinsamer Interessen, Lösungsentwicklung und Herstellung von Machtgleichgewichten.[4]

Mediation als alternative Möglichkeit einer Konfliktregelung in Sorgerechts- und Umgangsrechtsstreitigkeiten gehört allerdings weder in den neuen noch in den alten Bundesländern zu einem etablierten Angebot für Hilfesuchende dazu. Ohne die Eltern zu befähigen, sich selbst um die eigene nacheheliche Elternschaft zu bemühen, dominieren Verfahren mit externen Bewertungen von Psychologen, Juristen und Jugendhilfemitarbeitern. Diese doch eher kontrollierend ausgeführten rechtlichen Entscheidungsfindungen widersprechen allerdings den Ansprüchen des Grundgesetzes, die besagen, dass die Sorge für das Kindeswohl vorrangig den Eltern und nicht dem Staat anvertraut wird. Erst wenn die Eltern nicht fähig sind, ihre Erziehungsrechte wahrzunehmen, verpflichtet sich der Staat zu einem angemessenen Eingreifen beim Ausgleich der Interessenstreitigkeiten und um ein selbstverantwortliches Elternverhalten wiederherzustellen.[5]

Gemäss einer KJHG-Zielsetzung hat sich ein Strukturwandel des Jugendamtes vollzogen, der das Jugendamt nicht länger eingreifende Behörde , sondern zu einem Partner der Familie werden lässt und sich also mit der Forderung einer elterlichen Eigenverantwortung bei Trennung und Scheidung gemäß den Regelungen des Grundgesetzes deckt.

Damit gilt in „Sorgerechts- und Umgangsrechtsverfahren ein Hilfeprinzip, welches das Selbstvertrauen der Eltern stärkt, vorhandene Informationsdefizite belebt und autonome, gemeinsame Entscheidungsfähigkeiten der Eltern fördert“[6] Diesen Grundsätzen folgend bedarf es in der Mediation außerdem ein Zusammenwirken von Fachkräften der unterschiedlichsten Spezialisierung mit vielfältigen methodischen Ansätzen sowie einer Kooperation und Berücksichtigung weiterer öffentlicher und freier Einrichtungen, die bei der Problemlösung behilflich sein könnten. Beachtenswert ist hierbei auch die Betrachtung, welche Professionen Mediation als Konfliktberatung durchführen. Die Jugendämter haben nach dem SGB VIII, § 17, Abs. 1, Satz 2 den gesetzlichen Auftrag, im Falle von Trennung und Scheidung Eltern in Sorgerechts- und Umgangsfragen so zu beraten, dass das Kindeswohl gefördert wird. Mediation wird von Rechtsanwälten und Angehörigen psycho-sozialer Berufe sowie in freien Mediationspraxen und Beratungsstellen angeboten. Die Rechtsberatung als unverzichtbarer Bestandteil eines Konfliktlösungsverfahrens hingegen darf nur von den Anwälten der jeweiligen Streitparteien durchgeführt werden.

2. Rechtliche Grundlagen für Beratung und Vermittlung bei Trennung und Scheidung

Gemäss den Regelungen im KJHG (§ 28) besteht die Familie auch noch nach der Scheidung als psycho-sozialer Verband fort und folglich sollte die elterliche Verantwortung vor allem darauf ausgerichtet sein, das Kindeswohl in der Zeit der Scheidungssituation und auch noch für die Folgezeit zu wahren. Die Beratungssituation kann im Trennungs- und Scheidungsfall erst einmal den nötigen geschützten Raum als Grundlage für Lösungsvorschläge geben und nach den krisenhaften emotionalen Ausbrüchen in der Trennungsphase Zeit für Verarbeitung und Trauerarbeit leisten. In diesem therapeutischen Prozess kann der Berater allerdings auch eine nicht zu unterschätzende Hilfestellung geben, indem Ängste vor bevorstehenden juristischen Auseinandersetzungen genommen werden und sachliche juristische Informationen gegeben werden wie Aufklärung über ein mögliches gemeinsames Sorgerecht. Eine Konfrontation mit den tatsächlichen Fakten ermöglicht auch immer eine Auseinandersetzung mit der Realität der Trennung und ein Überblick über klare Strukturen des rechtlichen Bereiches können sich da durchaus konfliktmindernd auf die Einigung mit dem Ex-Partner auswirken. Oft werden für die Aufklärungsarbeit auf juristischer Ebene auch mit der Beratungsstelle zusammenarbeitende Juristen mit sogenannter Rechtsberatungserlaubnis herangezogen. Der wohl noch am weitesten verbreitete Lösungsweg in einer Trennungs- und Scheidungssituation ist das sog. Contradiktorische System, einem juristischen Verfahren, in dem sich zwei Parteien im Streit um Unterhaltsansprüche und Sorgerechtsentscheidungen gegenüberstehen. Die Gefahr hierbei ist aber immer, dass die komplette emotionale Verarbeitungsebene auf die rechtliche Ebene verlagert wird und es zu Gefühlsentladungen und Schuldzuweisungen kommt. In der Mediation könnte da eine Konfliktlösungsalternative gefunden werden, in der jede Partei eigenverantwortlich weiterhandeln kann und nicht die Gefahr besteht, die Auseinandersetzung einem Anwalt, Richter oder dem Jugendamt zu überlassen und dabei die Kinder zum reinen Verhandlungsobjekt zu degradieren. Allerdings geht Mediation als autonomiefördernde Konfliktlösungsstrategie immer damit einher, dass beide Partner gut informiert, sich ihren Interessen bewusst sind und erst so zu eigenverantwortlichen Entscheidungen fähig sind. Erst wenn ein zu starkes Ungleichgewicht besteht, bei dem eine Partei die Bestimmungen des Lösungsvertrages zu sehr diktiert, bleibt eher das justizielle Verfahren als geeignete Lösungsvariante. Ein Trennungsberater sollte natürlich diese Vor- und Nachteile des contradiktorischen Verfahrens kennen, um den Hilfesuchenden auch fachlich zu begleiten. Weiterhin ist ein juristisches Grundwissen um den Ablauf eines Scheidungsverfahrens unabdingbar, um die juristischen Inhalte jederzeit verfügbar und auch im therapeutischen Prozess nutzbar zu machen.

So besteht in einem Scheidungsverfahren vor einem zuständigen Amtsgericht grundsätzlich der sogenannte Anwaltszwang, der besagt, dass der zuständige Anwalt den Scheidungsantrag im Auftrag einer Konfliktpartei einreicht. Vom sog. Scheidungsverbund wird gesprochen, wenn der sozial schwächere Partner gleichzeitig mit dem Scheidungsausspruch materiell abgesichert sein wird, z.B. durch Unterhalt, Vermögens- oder Versorgungsausgleich. Wenn die Scheidungsantragsschrift die Zustimmung des Ehegatten bezüglich der Regelungen um Sorgerecht, Unterhalt, Wohnung und Hausrat enthält, kann von einer „einverständlichen Scheidung“ gesprochen werden. Im § 55 a und b des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) ist das sog. Anhörungsrecht für Eltern und Kinder in Sorgerechtsverfahren verankert. Auf die Aufklärung über diesen Sachverhalt sollte der Berater großen Wert legen, da die Anhörung bei den Betroffenen nicht selten Angst und Unsicherheit hervorruft.

[...]


[1] Breidenbach, Prof. Dr. Stephan: Mediation – Struktur, Chancen und Risiken von Vermittlung im Konflikt, München 1995, S. 4

[2] vgl. Breidenbach, Prof. Dr. Stephan: Mediation – Struktur, Chancen und Risiken von Vermittlung im Konflikt, München 1995, S. 5

[3] Proksch, Roland: Vermittlung – Verwirklichung von Elternrecht und Kindeswohl durch Vermittlung (Mediation) in : Menne, Klaus/ Schilling, Herbert/ Weber, Matthias (Hg.): Kinder im Scheidungskonflikt – Beratung von Kindern und Eltern bei Trennung und Scheidung, 2. Auflage, Weinheim und München 1997, S. 194

[4] vgl. Irle, Günter: Durch Mediation zur Nachscheidungsfamilie in: Bier-Fleiter, Claudia: Familien und öffentliche Erziehung – Aufgaben, Abhängigkeiten und gegenseitige Ansprüche, Opladen 2001, S. 132

[5] vgl. Bundesverfassungsgesetz BverfGE 24, S. 144; 61; S. 372 in: Proksch, Roland: Vermittlung – Verwirklichung von Elternrecht und Kindeswohl durch Vermittlung (Mediation) in : Menne, Klaus/ Schilling, Herbert/ Weber, Matthias (Hg.): Kinder im Scheidungskonflikt – Beratung von Kindern und Eltern bei Trennung und Scheidung, 2. Auflage, Weinheim und München 1997, S. 193

[6] Menne, Klaus/ Schilling, Herbert/ Weber, Matthias (Hg.): Kinder im Scheidungskonflikt – Beratung von Kindern und Eltern bei Trennung und Scheidung, 2. Auflage, Weinheim und München 1997, S. 196

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Mediation von Umgangskonflikten bei Trennung und Scheidung
Hochschule
Universität Kassel  (Fachbereich Sozialwesen)
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
20
Katalognummer
V27351
ISBN (eBook)
9783638294249
ISBN (Buch)
9783638778343
Dateigröße
515 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mediation, Umgangskonflikten, Trennung, Scheidung, Konflikte, Konflikt, Partnerschaft, Ehe, Vermittlung, Paar, Paartherapie
Arbeit zitieren
Martina Carl (Autor:in), 2002, Mediation von Umgangskonflikten bei Trennung und Scheidung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27351

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