Der Einfluss des Braindrain auf das Lohnniveau in Subsahara-Afrika


Seminararbeit, 2012

23 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Einleitung

Geschichte des Begriffs

Globale Entwicklungen

Problematische Datenlage

Literaturübersicht

Einflüsse auf den Braindrain

Effekte des Braindrain

Positive Lohneffekte des Braindrain

Aufbereitung der Daten

Empirisches Modell und eigene Untersuchungen

Diskussion der Ergebnisse

Fazit

Literaturverzeichnis

Abstract

Dass der Braindrain, also der Verlust an Humankapital, einen Einfluss auf die Entwicklungsfähigkeit von bestimmten Ländern hat, ist quasi unumstritten. Ich zeige auf, welche Determinanten den Braindrain beeinflussen und erläutere die durch ihn hervorgerufenen Effekte. Im Mittelpunkt meines Interesses steht dabei der Einfluss auf das Lohnniveau. Um diesen zu untersuchen, führe ich eine lineare Regression durch, mit der keine Korrelation festgestellt werden kann. Aufgrund der quantitativ und qualitativ zu bemängelnden Datenlage, ist das Ergebnis zusätzlich nicht signifikant.

Einleitung

Der Begriff Braindrain beschreibt den Verlust an Humankapital, den ein Land erfährt, wenn viele hochqualifizierte Arbeitskräfte emigrieren, mit der Aussicht, im Ausland ökonomisch besser gestellt zu sein. Geschieht dies auf breiter Basis, kann eine solche Migrationsbewegung für Volkswirtschaften, die ohnehin an einem Mangel an hochqualifizierten Arbeitskräften leiden, entwicklungshemmend sein.

Das erste Wohlfahrtstheorem, formuliert von Kenneth Arrow und Gerard Debreu, besagt, dass jedes in einer idealen Ökonomie erzielte kompetitive Marktgleichgewicht pareto-effizient ist. (Wiese, p. 272). Ideale Ökonomie wird in diesem Fall definiert als Ökonomie mit perfekten Wettbewerbsmärkten ohne Externalitäten und Transaktionskosten. Der Staat greift in keiner Weise in den Markt ein, wodurch eine effiziente Ressourcenallokation ermöglicht wird. Auf das Phänomen des Braindrain bezogen heißt das, der weltweite Wohlstand wird insgesamt maximiert, wenn hochqualifizierte Fachkräfte aus Entwicklungsländern in die reichen Länder auswandern. Clemens quantifiziert das Phänomen und spricht von einem Wohlstandsgewinn von 150% des heutigen weltweiten Bruttoinlandprodukts (2011, p. 2). Angenommen, hochqualifizierte Arbeiter sind untereinander perfekte Substitute und komplementär zu geringqualifizierten Arbeitern. Das würde bedeuten, dass der Braindrain den Wohlstand sowohl der einheimischen Hochqualifizierten in den Zielländern, also auch der Geringqualifizierten in den Herkunftsländern negativ beeinflusst. Und im Umkehrschluss würde der Wohlstand der einheimischen Geringqualifizierten in den Zielländern sowie der der Hochqualifizierten Emigranten wachsen. Diese rein ökonomische Betrachtungsweise lässt einige Phänomene außer Acht, die in der Wirklichkeit vorkommen. So ist anzunehmen, dass es in den meisten Fällen keine perfekten Märkte gibt. Es existieren Transaktionskosten (Reisekosten, Visa usw.) und Marktbeschränkungen (Einwanderungsgesetze). Außerdem gibt es Externalitäten, z.B. positive Externalitäten der Bildung und des Humankapitals auf das Wachstum (Barro, Mankiw und Sala-i-Martin 1995, p. 103). Die Barrieren auf dem internationalen Arbeitsmarkt, die enorme Marktverzerrungen bedeuten, bilden für mich einen Kontext, der den Braindrain als Objekt ökonomischer Forschung interessant macht.

In Abgrenzung zu bestehender Literatur untersuche ich die Einflüsse der Emigration auf das Lohnniveau in einer bestimmten Region. Bei der anschließenden linearen einfaktoriellen Regression ist in meinem Datensatz keine Korrelation festzustellen. Ich setze mich im Anschluss kritisch mit den Gründen dafür auseinander, die in dem zu einfachen Modell und der schlechten Datenlage liegen.

Geschichte des Begriffs

In der internationalen wissenschaftlichen Debatte wird der Begriff des Braindrain vor Allem im Kontext der Migration aus dem globalen Süden in die westlichen Industriestaaten benutzt. Braindrain ist allerdings nicht nur zwischen „developed countries“ und „developing countries“ zu beobachten, sondern auch sowohl innerhalb der Gruppe der ärmsten Staaten als auch der der reichsten, also den OECD-Mitgliedsstaaten (Gibson und McKenzie, 2011, p. 109). So erfuhr der Begriff beispielsweise erstmals weltweite Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit der Abwanderung sowjetischer und britischer Wissenschaftler in die USA in den 60er Jahren den zwanzigsten Jahrhunderts. Im Wettlauf um die erste bemannte Mondrakete waren im Vorfeld die Einwanderungskriterien der USA speziell für Wissenschaftler drastisch gelockert worden.

Wenig später verhalfen die Anhänger der Dependenztheorie, die in der ausbleibenden wirtschaftlichen Entwicklung vieler afrikanischer und südamerikanischer Staaten das Ergebnis von Abhängigkeitsbeziehungen sahen, dem Begriff zu weiterer Popularität. In ihren Augen gehörte der Braindrain zu den primären Entwicklungshemmnissen der Länder der sogenannten dritten Welt.

Globale Entwicklungen

Im Jahr 2000 lebten 20 Millionen Immigranten mit einem Universitätsabschluss oder einer vergleichbaren Qualifikation in den OECD-Staaten, was einem Plus von 63,7% im Vergleich zu 1990 entsprach. Die Zahl der Immigranten mit keinem oder einem niedrigeren Bildungsabschluss in den OECD-Ländern nahm im selben Zeitraum nur um 14,4% zu (Beine, Docquier und Rapoport, 2008, p. 1).

Tabelle 1 stellt die Regionen mit den höchsten und den niedrigsten Braindrain-Raten dar. Obwohl Subsahara Afrika nicht zur Spitzengruppe gehört, kann man im Hinblick auf den sehr geringen Anteil der qualifizierten Einwohner an der Gesamtheit der Einwohner (3%) die Problematik erkennen, die sich für die Region ergibt.

Tabelle 1, Braindrain-Raten nach Regionen im Jahr 2000

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach Nyarko und Easterley, 2008

38,1% der in den EU-Staaten lebenden, aber im Ausland geborenen Menschen stammen aus den sogenannten „less developed countries“ (LDC) und „least developed countries (LLDC), viele von ihnen aus Afrika südlich der Sahara (OECD, 2009, p. 57).

Global sind zwei klare Trends zu erkennen. Zum einen stieg die Zahl der Migranten, die aus dem globalen Süden in ein Industrieland auswanderten (14 Million in 1960 auf 60 Millionen im Jahr 2000), zum anderen hat sich die Zahl der Migranten mit Universitätsabschluss vervierfacht im Zeitraum von 1975 bis 2000 Diese Entwicklung ist einzubetten in eine zunehmende Globalisierung, in Zuge derer die Kosten der Mobilität deutlich sanken, was Migration erleichterte. In absoluten Zahlen wuchs die Zahl aller Immigranten zwischen 1960 und 2010 von 74 Millionen auf 188 Millionen (Docquier und Sekkat, 2006, p. 2).

Auf dem ersten Blick verschärft sich also der Braindrain drastisch. Der sprunghafte Anstieg der hochqualifizierten Emigranten mit Migrationshintergrund in den OECD-Staaten muss allerdings auch vor dem Hintergrund kontinuierlich steigender Absolventenzahlen an den Universitäten der Entwicklungsländer betrachtet werden, was die dramatische Wirkung der Zahlen etwas entkräftet. So merken Gibson und McKenzie an, dass die Braindrain-Rate ähnlich stark anstieg wie die Verbesserung des Bildungsniveaus in den Herkunftsländern. Auch wirkt in dem Zusammenhang die Entwicklung der weltweiten Migration wesentlich unspektakulärer, wenn man sich nicht nur die absoluten Zahlen anschaut, sondern vorher das Wachstum der Weltbevölkerung abzieht. Der Anteil der Migranten weltweit ist in dem Zeitraum demnach nur leicht gestiegen von 2,7% auf 2,8% (Gibson und McKenzie, 2011, p. 113).

Abbilddung 1 Vergleicht die Rate der Universitätsabsolventen in Tansania mit der negativen Nettomigration (anteilig an der Gesamtbevölkerung). Die stark ansteigenden Absolventenzahlen kompensieren die steigende Rate an Auswanderern.

Abbildung 1: Anteil der Uniabsolventen und der Migranten (in % an der Gesamtbevölkerung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung mit Daten der “World Data Bank”, http://databank.worldbank.org

Problematische Datenlage

Auch wenn also die Entwicklung nicht so dramatisch ist wie es im ersten Moment scheinen mag, herrscht in der Literatur Konsens darüber, dass die Anzahl hochqualifizierter Auswanderer aus den LDC zunimmt. Die genaue Datenlage ist dabei für viele Länder des sogenannten globalen Südens mangelhaft. Insbesondere die Region Afrikas südlich der Sahara, auf die ich mich in dieser Arbeit konzentriere, liefert in vielen Fällen keine zuverlässigen Zahlen. Was die Quantifizierung des Braindrain darüber hinaus erschwert, ist, dass z.B. in Europa als Kriterium für ökonomische, soziale und demographische Statistiken die Nationalität, nicht aber das Geburtsland eine Rolle spielt und dieses häufig gar nicht abgefragt wird (Docquier und Sekkat, 2006, p.2). So ist eine Unterscheidung in „Staatsbürger“ / „kein Staatsbürger“ möglich, allerdings nicht im Zusammenhang mit dem Migrationshintergrund.

Literaturübersicht

Die neueren ökonomischen Papers betrachten den Braindrain als ein mehrdimensionales Phänomen und kommen zu sehr differenzierten Urteilen darüber ob der Braindrain insgesamt eher nutzt als schadet oder andersherum. Die 20 Papers, die ich für meine Arbeit herangezogen habe, wurden alle in den letzten 10 Jahren veröffentlicht. Die Beschränkung auf relativ neue Texte war eine bewusste Entscheidung, da in dem von mir behandelten Forschungsfeld eine starke Dynamik herrscht und mit dem Auftauchen erster Datensätze und, damit verbunden, empirischer Forschung, viele neue Erkenntnisse gewonnen wurden. Anstelle einer detaillierten Vorstellung meiner zwei Core-Papers, möchte ich die Arbeiten nach ihrem Urteil bezüglich der Einflüsse des Braindrain ordnen.

Die auf dem ersten Blick provokante These, der Braindrain als komplexes Phänomen wirkt sich im Endeffekt positiv aus und stärkt die Volkswirtschaften der Herkunftsländer, wird zwar in einigen Papers aufgestellt, jedoch nur Nyarko und Earsterly kommen hier zu einem eindimensionalen Ergebnis: „In short, based on our results, we think the brain drain is good for Africa“ (2008, p. 35).

Texte, die die Gegenhypothese stützen und im Braindrain einzig ein Entwicklungshemmnis für die Herkunftsländer sehen, gibt es ebenfalls in meiner Auswahl, jedoch auch nur sehr wenige (Le, 2008 und Shah, 2009). Shah kommt zu dem Ergebnis, der Brandrain “has badly affected the industrialization efforts of poor countries.“ (2009, p. 72), wobei er sich der Thematik rein theoretisch nähert und z.B. die Höhe der Rücküberweisungen in keiner Weise versucht zu quantifizieren. Ich möchte betonen, dass die Papers in den beiden bisher vorgestellten Gruppen qualitativ gegenüber den restlichen ökonomischen Aufsätzen abfallen. So werden dort in der Regel mehr unabhängige Variablen berücksichtigt und die Komplexität der verwendeten Modelle ist höher anzusiedeln.

Drei weitere Papers fasse ich in einer Gruppe zusammenfassen, die den Braindrain sehr viel differenzierter beurteilt, die positiven Aspekte aber dominiert sieht durch die negativen (Reza, 2011 und Posso, 2012 und Hoque/Alam, 2010). Diese Position sieht man in einem Paper der Islamic Azad University schon im Titel: „Brain drain Problem: A Review“ (Iravani, 2011, p. 1).

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Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Der Einfluss des Braindrain auf das Lohnniveau in Subsahara-Afrika
Hochschule
Universität Hamburg  (Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Empirische Wirtschaftsforschung
Note
1,7
Autor
Jahr
2012
Seiten
23
Katalognummer
V273487
ISBN (eBook)
9783656656876
ISBN (Buch)
9783656656838
Dateigröße
640 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einfluss, braindrain, lohnniveau, subsahara-afrika
Arbeit zitieren
Jakob Kluge (Autor:in), 2012, Der Einfluss des Braindrain auf das Lohnniveau in Subsahara-Afrika, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273487

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