"Lulu" von Friedrich Kuhlau. Eine dänische Zauberflöte?


Seminararbeit, 2014

35 Seiten


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einführung

2. Lulu oder die Zauberflöte (ein Kunstmärchen)
2.1. Christoph Martin Wieland
2.2. August Jacob Liebeskind
2.3. Das Märchen: Lulu oder die Zauberflöte

3. Friedrich Daniel Rudolph Kuhlau, ein deutsch-dänischer Komponist

4. Das Syngespil "Lulu"
4.1. Entstehungsgeschichte
4.2. Aufführungsgeschichte
4.3. Inhalt / Handlung
4.4. Analyse der Oper Lulu
4.4.1. Handelnde Personen
4.4.2. Anmerkungen zum Libretto im Vergleich mit Liebes- kinds Märchen
4.4.3. Dramatisch-musikalische Analyse

5. Fazit

6. Bildernachweis

7. Literatur

1. Einführung

Er arbeitete jetzt an seiner Oper "Lulu", womit die Königin an ihrem Geburtstag eingelullt werden soll, welche auch bis auf die Ouverture schon fertig war und die er mir ganz vorspielte. Gewiss enthielt sie manche sehr h ü bsche, ja originel le Sachen, aber dem unmusikalischen Publikum waren auch Pasteten darin gebacken und oft mit Rossinischer Butter, sowie auch die Instrumentation Neu es im Kolorit vermissen liess, wenngleich sie in R ü cksicht der vielen und fleissig benutzten Instrumente der neueren Zeit angehörte.1

Mit diesen Worten beschreibt Carl Schwencke, der Sohn des ehemaligen Mu- siklehrers von Friedrich Kuhlau, seinen Eindruck des in dieser Arbeit vorgestell- ten, musikdramatischen Werks. Motivation für die Themenwahl war in erster Linie die Tatsache, dass diese Oper des deutsch-dänischen Komponisten seit ihrer Uraufführung 1824 praktisch nur in Dänemark, dort allerdings mit grossem Erfolg, aufgeführt worden ist und deshalb im übrigen Europa bisher nahezu unbekannt geblieben ist. Die einzige aussereuropäische Aufführung erfolgte 2005 in Japan, gesungen in japanischer Sprache. [DVD-Aufzeichnung mit aus- schliesslich japanischen Untertiteln]. Ein besonderer Aspekt liegt darin, dass die Grundlage des Textbuches aus der Märchensammlung "Dschinnistan" von Christoph Martin Wieland stammt [Titel: Lulu oder die Zauberflöte ]. Es handelt sich um ein Kunstmärchen, dessen ursprünglicher Verfasser August Jacob Lie- beskind heisst, einem Schwiegersohn von C.M. Wieland. Dieses Märchen dien- te auch anderen als Vorlage für eine dramatische Umsetzung, ganz zuvorderst Emanuel Schikaneder, der ihm 1791 den Titel und weitere wesentliche Anre- gungen für seine "Zauberflöte" entnahm. In meiner Arbeit soll aber das aus- serhalb Dänemarks praktisch unbekannte Werk Kuhlaus vorgestellt werden. Ein eingehender Vergleich mit Mozarts Zauberflöte würde den Rahmen hingegen sprengen. Es ist übrigens bezeichnend, dass die Beziehung zu Wie- lands/Liebeskinds Dschinnistan mit Mozarts Zauberflöte sehr wohl untersucht wurde2, ohne dass die Existenz des dänischen Konkurrenzprodukts auch nur mit einer Silbe erwähnt wurde.

2. Lulu, oder die Zauberflöte (ein Kunstmärchen)

Thematische Grundlage für Kuhlaus Lulu war ein Kunstmärchen, das in der Märchensammlung Dschinnistan oder auserlesene Feen- und Geisterm ä rchen 3 zwischen 1786 und 1789 von Christoph Martin Wieland herausgegeben wurde. Orientalische Sujets waren in dieser Epoche äusserst beliebt und bilden den Hauptanteil dieser Erzählungen.

2.1. Christoph Martin Wieland (1733-1813)

Der deutsche Dichter [Lyrik, Prosa und dramatische Werke], Übersetzer [unter anderem Cicero und Shakespeare] und Herausgeber [u.a. "Die deutschen Volksmährchen von Johann August Musäus"] war einer der wichtigsten Expo- nenten der deutschen Aufklärung. Er gehört neben Herder, Goethe und Schiller zu dem klassischen Weimarer "Viergestirn". Seine Märchensammlung Dschin- nistan war zwar bei den Lesern höchst erfolgreich, wurde aber von der Kritik eher skeptisch aufgenommen.

2.2. August Jacob Liebeskind (1758-1793)

Liebeskind war Pfarrer und daneben Autor und4 Hauslehrer der Kinder Johann Gottfried von Herders. 1788 vermählte er sich mit Amalie Wieland, der jüngsten Tochter Christoph Martin Wielands. Liebeskind schrieb zahlreiche Märchen. Er ist der eigentliche Autor des Märchens Lulu oder die Zauberflöte, das als Vorlage für mehrere dramatische Werke diente:

- Das Sonnenfest der Brahminen (Singspiel, Musik: Wenzel Müller; Libretto: Karl Friedrich Hensler; UA: Wien, 1790)
- Kaspar, der Fagottist, oder: Die Zauberzither (Singspiel, Musik: Wenzel Mül- ler; Libretto: Joachim Perinet; UA: Wien, 11. Juni 1791)
- Die Zauberflöte (Singspiel, Musik: Wolfgang Amadeus Mozart; Libretto: Emanuel Schikaneder; UA: Wien, 30. September 1791)
- Lulu (Singspiel, Musik: Friedrich Kuhlau; Libretto: C.C.F. Güntelberg; UA: Kopenhagen, 29. Oktober 1824)

2.3. Das Märchen Lulu oder die Zauberflöte

Die zentrale Bedeutung dieser Erzählung macht es meines Erachtens sinnvoll, diese sehr ausführlich zu schildern, da in der Folge eine ganze Reihe von Ge- dankengängen in Zusammenhang mit dem daraus resultierenden Libretto nur so wirklich nachvollzogen werden können.

In einem Walde nicht weit von Mehru, der Hauptstadt im Königreich Korassan, lag ein altes Schloss, das an Herrlichkeit kaum seinesgleichen hatte. Es war [...] durch Zauberei erbaut worden. [...] Dieses Schloss bewohnte seit vielen Jahren eine Fee, die sich bei den Einwohnern derselbigen Gegend in grosse Furcht gesetzt hatte. Denn da sie einige, die ihre einsame Wohnung aus Vorwitz aussp ä hen wollten, ü bel empfing, so ward sie f ü r grausam und blutgierig ausgeschrien, dass sogar die Wanderer ihren Wald vermieden. Sie wusste alle Gestalten anzunehmen; am liebs- ten aber erschien sie in einem strahlenreichen Glanze, der st ä rker blendete als das hellste Sonnenlicht. [...] Das Volk nannte sie die "strahlende" Fee.5

Mit diesen Worten beginnt das Kunstmärchen Lulu oder die Zauberflöte. Der Sohn des hier regierenden Königs wurde Lulu genannt. Er jagte gerne in der Nähe des Feenschlosses, wobei er aber zum Gebäude stets einen gebührlichen Abstand hielt, um die Fee Perifirime nicht zu provozieren. Einmal wurde eine grosse Jagd veranstal- tet, an der der ganze Hof teilnahm. Lulu wollte seine Tapferkeit zeigen und an diesem Tage einen Löwen oder Tiger mit eigener Hand erlegen.6 In der Tat begegnete ihm ein ungeheurer Tiger, der eine niedliche weisse Gazelle jagte.7 In seinem Eifer verliess Lulu dieses eine Mal seine üblichen Jagdgründe und näherte sich ungewollt dem Schlosse, aus dem unvermittelt die Fee in ihrem Lichtgewande8 hervortrat. Ihr Strah- lenkranz blendete den Prinzen, so dass er die Augen schloss. Deine Bescheidenheit gef ä llt mir9 , sprach die Fee. Befehle deinem Knechte, du Göttliche, sprach Lulu [...] mein Herz und mein Arm ist dein.10 Sie setzten sich in einen Wolkenwagen, der sich erhob und sanft und schnell wie eine Schwalbe11 davonflog. Währenddessen erklärte die Fee, welche Aufgabe sie dem Prinzen zugedacht hatte: Nicht weit von hier auf ei- nem hohen Felsen wohnt ein Zauberer, der mir vor vielen Jahren ein köstliches Klein- od entwendet hat, dessen Wert und Kraft ü ber alle Vergleichung geht. Dieses Kleinod ist ein Feuerstahl, dem die Geister aller Elemente und aller Weltgegenden gehorchen. Jeder Funke, den ich damit schlug, war ein m ä chtiger Geist, der in einer mir beliebigen Gestalt als Sklave um meine Befehle bat.12 Diese Überlegenheit habe sie sorglos ge- macht, was der Zauberer Dilsenghuin ausnützte und ihr den Feuerstahl entwendete. Sie wisse indes, dass ein J ü ngling von m ä nnlichem Alter, dessen Herz die Macht der Liebe noch nicht empfunden hat13, ihr dieses Machtinstrument wiederbringen könne.

Lulu allein sei mutig und klug genug und erfülle auch die Unschuldsbedingung, so dass er allen Anforderungen entspreche.

Der Zauberer sei aber äusserst argwöhnisch, wachsam und zur ü ckhaltend14, insbe- sondere weil er eine Jungfrau gegen ihren Willen gefangen halte, in die er verliebt sei. Um dieses Misstrauen des Dilsenghuin zu überwinden, brauche es Hilfen, weshalb sie ihm einerseits eine Flöte schenke, die die Kraft habe, eines jeden Hörers Liebe zu ge- winnen und alle Leidenschaften, die der Spieler verlangt, zu erregen oder zu bes ä nfti- gen.15 Andererseits erhalte er einen Diamantring, der ermögliche, dass sich dessen Träger in jegliche gewünschte Gestalt verwandeln könne, wenn der Diamant nur nach aussen oder innen gedreht werde. Wenn man den Ring in höchster Not von sich werfe, so werde sie benachrichtigt und augenblicklich zu Hilfe eilen. Zur Belohnung, ist dem Sieger das Beste, was ich habe, beschieden16, versprach die lichterfüllte Frau und liess den Prinzen nahe dem Schlossfelsen des Zauberers zurück. Lulu drehte seinen Ring und stand alsbald in der Gestalt eines alten, weissbärtigen und buckligen Männchens da. Dieses setzte sich nahe dem Schloss, das keine erkennbaren Türen aufwies und wie aus Stahl zu bestehen schien unter einen Zitronenbaum und begann, seine Flöte zu blasen.

Wenn er sanft hauchte, so klang es wie das Lispeln hoher Gipfel, in denen der Abendwind s ä uselt. [...] Hauchte er aber stark, so rauschten tausendstimmige Chöre von allen Bergen nieder, als ob der Donner ü ber ihren H ä uptern br ü lle und eine brausende Flut in allen Tiefen tobe. [...] die Vögel des ganzen Tals versammelten sich auf den umstehenden B ä umen und horchten ihm zu. Die Rehe und Gazellen kamen aus den nahen W ä ldern17.

Erst nach einem besonders lauten Stück erwachte der Zauberer und trat zunächst wütend, aber unbemerkt aus seinem Stahlschloss heraus. Unterdessen hatte Lulu ein h ü pfendes Liedchen18 angestimmt, das den Dilsenghuin in eine friedliche Stimmung versetzte. Er fragte das alte Männchen wer es sei und woher es komme: Ich h ä tte Lust, dich zu meinem Schlosspfeifer zu machen19, lautete sein Angebot. Lulu lehnte vorerst ab, da er seine Freiheit über alles liebe und brauche. Auch nehme er keine Bezahlung oder Geschenke an; nur gute Bewirtung und ein weiches Bett erwarte er für seine Kunst. Diese Kunst befähige ihn, den Zorn der Frauen zu bes ä nftigen. Die Wi- derspenstigen mache ich zahm, die Spröden z ä rtlich; den Eigensinnigen vertreibe ich die Launen und Grillen20. Das begeisterte den Zauberer und er überredete Lulu, mit ihm ins Schloss zu kommen, um seine Kunst an der Sprödigkeit von Dilsenghuins Geliebten zu beweisen; dabei dürfe er aber kein Wort mit der Schönen und ihren neun Jungfrauen wechseln. Lulu verbat sich die Vorschriften, folgte aber dem Zauberer ins Felsenschloss. In einem grossen Saal mit einem verriegelten Fenster sassen neun weissgekleidete Jungfrauen hinter elfenbeinfarbenen Spinnrädern und spannen emsig. In ihrer Mitte stand die Zehnte vor einem schwarzen Tisch an einer goldenen Haspel und haspelte wieder ab, was die übrigen am Vortag gesponnen hatten. Ein kleiner, etwa drei Fuss grosser, dicker Zwerg war ihr Aufseher und hieb die Spinnerinnen ab und zu mit einer schlanken Gerte auf ihre Finger.

Lulu wurde geheissen sich zu setzen und seine Kunst zu beweisen, da die Mädchen trotz seiner Strenge immer starrsinniger würden. Am schlimmsten sei die schwarzhaa- rige in der Mitte, die auf den Namen Sidi hörte. Die Mädchen fingen an zu seufzen und einige weinten. Sidi hingegen gab dem Zauberer einen verächtlichen Seitenblick. Das Flötenspiel liess die Mädchen bald traurig, bald sehnsüchtig aber auch wieder fröhlich und munter werden. So forderte Lulu den Dilsenghuin auf, er möge das Seine dazutun und sein schönsten Gewand anlegen um den Frauen zu gefallen. Entgegen seinen Gewohnheiten liess der Zauberer Lulu allein im Saale zurück, um sich durch seinen Zwerg (Barca) ankleiden zu lassen. Diesen Augenblick nutzte Lulu, um mit Sidi und den Jungfrauen ins Gespräch zu kommen. Durch Drehen des Ringes verwandelte er sich gleich in seine wirkliche, jugendliche Gestalt und flüsterte: Sei getrost, schöne Sidi; ich will dich und deine Jungfrauen aus dem Kerker befreien, wenn du mir sagest, wie ich mich des Geisterstahls bem ä chtigen kann. [...] Ich heisse Lulu, und bin der Sohn des Königs von Korassan, den eine m ä chtige Fee zu deiner Befreiung hierher sendet21. Sie erklärte, der Zauberer trage den Feuerstahl Tag und Nacht in seinem Gewand und lasse sich während des Schlafes durch eine Menge starker Geister be- wachen. Bevor der Zauberer zurück kam, verwandelte Lulu sich wieder in das alte Männchen und hub an sanft zu blasen. Sidi begann indes, den Zauberer zu um- schmeicheln, was diesen vollends sanft machte. Seine Geister hiess er, alles für seine unverzügliche Hochzeit mit der schönen Sidi vorzubereiten. Indes spielte der Alte so fröhlich und dann wieder sanft, dass die Geister, die ihn bewachen sollten, diese Auf- gabe vernachlässigten und stattdessen mit dem Zwerg allerlei Allotria trieben, indem sie ihn wie einen Ball sich gegenseitig zuwarfen.

So setzte man sich zur Hochzeitstafel, begleitet von fröhlicher Flötenmusik. Dabei trank sich der Zauberer einen fröhlichen Rausch22 an. Barca, der Zwerg hingegen, sann danach, wie er dem alten Flötenspieler sein Instrument wegnehmen könnte. Der Zauberer unterstützte diesen Gedanken, aber Lulu wollte die Flöte nicht hergeben, ehe er nicht ein letztes Liedchen darauf gespielt hätte. So hub er mit einem süssen Wie- genliedchen an, was die ganze Hochzeitsgesellschaft sogleich in tiefen Schlaf versetz- te. Der Prinz nutzte diesen Augenblick, um dem schnarchenden Zauberer den Feuer- stahl aus der kleinen Tasche am Busen zu entwenden. Durch eine kurze Berührung des Zauberinstruments erwachten die Geister und bezeugten Lulu sogleich ihre Erge- bung. Durch eine Drehung des Ringes verwandelte sich der Alte abermals in die Ge- stalt des schönen Jünglings und weckte Sidi, die ihm sogleich in die Arme sank. Erst jetzt entdeckten die Beiden, dass Sidis Mutter niemand anderes als die Fee Perifirime war. Inzwischen erwachten Barca der Zwerg ebenso wie sein Herr und Vater Dilsenghuin, der mit gezogenem Schwert auf das Liebespaar zustürzte. Da zog Lulu den Ring und warf ihn von sich. Fast gleichzeitig erschien von der Decke des Saales herab die Fee Perifirime gleich der Morgensonne auf ihrem Wolkenwagen23. Zum Zau- berer gewandt sprach sie: "Da du das Licht scheuest, so bleibe deiner Natur getreu und werde ein Nachtvogel."24 Darauf verwandelte sich Dilsenghuin in einen schwarz- grauen Uhu, der durch ein zerbestendes Fenster mit blutigen Kopf davon flog. Den Zwerg Barca aber machte sie zu einem lichtbraunen Kautz, der dem Uhu folgte.

Perifirime, Sidi und Lulu sowie die 9 Jungfrauen stiegen in den Wolkenwagen, umflogen den Stahlturm, der darauf mit starkem Getöse zusammenbrach und segelten zurück zum Waldschloss der Fee, wo sie mit offenen Armen empfangen wurden.

3. Friedrich Daniel Rudolph Kuhlau, ein deutsch-dänischer Komponist

Friedrich Kuhlau wurde am 17. September 1786 in Uelzen, einer zwischen25 26 Hannover und Hamburg gelegenen norddeutschen Kleinstadt, geboren. Sein Vater, Johann Carl Kuhlau, war Hautboist bei dem 12. Infanterie-Regiment von Linsing, hiesiger Garnison27. Die Bezeichnung „Hautboist“ bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Betreffende Oboe spielte; vielmehr wird sie generell für das Bläsersextett (Horn, Fagott und Oboe, gelegentlich erweitert durch zwei Klarinetten) verwendet. Alle mussten zusätzlich auch ein Streichinstrument be- herrschen.28 Daneben erteilte der Vater offenbar auch Flötenunterricht, so dass Friedrich sehr früh mit diesem Instrument in Kontakt kam.29 Thrane beschreibt in seiner Biografie von 1886 aufgrund von mündlichen Überlieferungen von Personen, die Kuhlau noch persönlich gekannt hatten, die wichtige Beziehung des Komponisten zur Flöte.30 Kuhlaus Jugend spielte sich in einem durchaus bürgerlichen Milieu ab. Ein markanter Einschnitt entstand durch einen 1796 erlittenen Unfall, der den Verlust des rechten Auges nach sich zog. Während der langen Rekonvaleszenz versuchten die Eltern, den 9-jährigen Knaben et- was abzulenken, indem sie ihm ein kleines Klavier31 quer über das Bett stellten [ob es sich dabei um ein Clavichord oder eine frühe Form eines „Kleinklaviers“ [sehr frühes, analoges „Keyboard“] gehandelt hat, bleibt unklar32 ]. Hierbei wur- de die musikalische Begabung des Kindes erkannt und in der Folge intensiv gefördert. Zunächst betätigte der junge Mann sich als autodidaktischer Kompo- nist und Klaviersolist. Die eigentliche professionelle Ausbildung erfolgte dann in Hamburg ab 1805 oder 1806 bei Carl Friedrich Gottlieb Schwencke, einem äusserst strengen Musiklehrer und Kritiker, der die frühen Werke [hauptsächlich Klavier- und Flötenmusik] erst nach einer längeren Phase mit abfälliger Kritik schliesslich anerkannte. Erste Erfolge sowohl als Pianist als auch als Kompo- nist für Klavier und Flötenmusik stellten sich ein. Doch da kam es im November 1806 zu politischen Problemen, indem Napoleon Hamburg besetzte. 1810 ver- nahm Kuhlau, dass sein Name trotz seiner Behinderung (Einäugigkeit) auf einer französischen Einberufungsliste stehe. Unter einem falschen Namen flüchtete er nach Dänemark, was vermutlich nicht besonders schwierig war, weil die französisch-dänische Grenze sich mitten durch die Stadt Hamburg zog und setzte sich in Kopenhagen fest. Bereits am 23. Januar 1811 konnte er, jetzt wieder unter seinem angestammten Namen, als Pianist mit eigenen Werken auftreten. Dabei kam er beim Kopenhagener Publikum gut an.33

[...]


1 Schwencke, Carl: Erinnerungen. Hamburg 1901, S. 23-24

2 Komorzynski, Egon: „Die Zauberflöte“ und „Dschinnistan". Mozart-Jahrbuch 1954, Salzburg 1955, S. 177-194

3 Wieland, Christoph Martin: Dschinnistan oder auserlesene Feen- und Geister-Mährchen, theils neu erfunden, theils neu übersetzt und umgearbeitet. Winterthur , 1786-1789. Bd. 1-3

4 Informationen vor allem aus Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: https://portal.dnb.de/opac.htm?now=1344605967456, gelesen am 10.8.2012

5 Liebeskind, August Jacob: Lulu oder die Zauberflöte, Frankfurt a.M. und Leipzig, 1999, S. 7

6 ebenda, S. 9

7 ebenda, S. 9

8 ebenda, S. 10

9 ebenda, S. 11

10 ebenda, S. 11

11 ebenda, S. 11

12 ebenda, S. 11-12

13 ebenda, S. 12

14 Liebeskind: 1999, S. 13

15 ebenda, S. 13

16 ebenda, S. 13

17 ebenda, S. 14-15

18 ebenda, S. 16

19 ebenda, S. 16

20 ebenda, S. 17

21 Liebeskind, 1999, S. 26

22 ebenda, S. 44-45

23 ebenda, S. 54

24 Liebeskind: 1999, S. 54

25 Erichsen, Jørgen: Friedrich Kuhlau, Ein deutscher Musiker in Kopenhagen (Biografie). Hildesheim, 2011

26 Busk, Gorm: Friedrich Kuhlau, 1986

27 ebenda, S.28

28 Müller-Dombois, Richard: Der deutsch-dänische Komponist Friedrich Kuhlau, Detmold, 2004, S. 16 (1786)

29 Erichsen: Friedrich Kuhlau, 2011, S. 29

30 Thrane, Carl: Friedrich Kuhlau. Leipzig, 1886, S. 4-7

31 Erichsen, 2011, S. 32-33

32 ebenda, S. 32-33

33 ebenda, S. 73 ff

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
"Lulu" von Friedrich Kuhlau. Eine dänische Zauberflöte?
Hochschule
Universität Bern  (Institute of musicology)
Autor
Jahr
2014
Seiten
35
Katalognummer
V273253
ISBN (eBook)
9783656654933
ISBN (Buch)
9783656654926
Dateigröße
9084 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
lulu, friedrich, kuhlau, eine, zauberflöte
Arbeit zitieren
Hans Peter Friedli (Autor:in), 2014, "Lulu" von Friedrich Kuhlau. Eine dänische Zauberflöte?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273253

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