Vergleich der Eigenkapitalvorschriften nach den Standardansätzen von Solvency II und Basel III


Masterarbeit, 2013

76 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Einführung in die aufsichtsrechtlichen Grundlagen
2.1 Geschäftsmodelle von Versicherungen, Banken und daraus resultierende Risiken
2.1.1 Funktion und Geschäftsmodell von Versicherungen
2.1.2 Funktion und Geschäftsmodell von Banken
2.1.3 Risiken, die sich aus den Geschäftsmodellen von Banken und Versicherungen ergeben
2.2 Zielsetzung, Entwicklung und Aufbau von Solvency II
2.2.1 Zielsetzung und Anwendungsbereich von Solvency II
2.2.2 Implementierung von Solvency II durch das Lamfalussy Verfahren
2.2.3 Der Aufbau von Solvency II als Drei-Säulen-Ansatz
2.3 Systematisierung der Baseler Akkorde mit besonderem Blick auf die Neuerungen durch Basel III
2.3.1 Die Entstehung der Baseler Akkorde und die Umsetzung innerhalb der Europäischen Union
2.3.2 Ziel eines stabileren Bankensektors – die Basel III Reform als Lehre aus der Finanzmarktkrise
2.3.3 Zusätzliche Anforderungen durch Einführung neuer Liquiditätskennzahlen mit Basel III

3 Beschreibung der Eigenkapitalanforderungen durch Solvency II und Basel III
3.1 Solvency II: Solvenzkapitalanforderungen und Bestandteile der Eigenmittel
3.1.1 Die Solvenzkapitalanforderungen und daraus resultierende Mindest-Risikokapitalanforderungen
3.1.2 Darstellung des Markrisikomoduls in der Zusammensetzung seiner Untermodule
3.1.3 Die Berechnung der Kapitalanforderungen für operationelle Risiken nach den Vorschriften von Solvency II
3.1.4 Bestandteile der Eigenmittel nach Solvency II
3.2 Basel III: Betrachtung der Mindestkapitalanforderungen und der Eigenkapitalkomponenten
3.2.1 Mindestkapitalanforderungen nach Basel III
3.2.2 Berechnung der Kapitalanforderungen der Marktrisiken
3.2.3 Berechnung der Kapitalanforderungen für das operationelle Risiko
3.2.4 Komponenten des Eigenkapitals und zu erfüllende Eigenkapitalquoten nach Basel III

4 Vergleich und Auswirkungen der Mindesteigenkapitalanforderungen nach Solvency II und Basel III
4.1 Vergleich der Mindesteigenkapitalanforderungen nach Solvency II und Basel III
4.1.1 Vergleich der Kapitalanforderungen im Bezug auf Anleihen, Aktien und Immobilien
4.1.2 Vergleich der Kapitalanforderungen für das operationelle Risiko und das Währungsrisiko
4.1.3 Vergleich der Anforderungen an die Komponenten der Eigenmittel
4.1.4 Vergleich der Mindesteigenkapitalanforderungen
4.2 Kritik an den Standardansätzen von Solvency II und Basel III und mögliche Auswirkungen
4.2.1 Solvency II: Kritik und mögliche Auswirkungen
4.2.2 Basel III: Kritik und mögliche Auswirkungen
4.2.3 Mögliche Auswirkungen auf die Geschäftspraxis von Banken und Versicherungen
4.2.4 Grenzen der Regulierung und Lösungsansätze

5 Fazit

Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Systematisierung der Solvenzkapitalanforderungen (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an EIOPA (2012): 115.)

Abb. 2: Vergleich der Eigenkapitalkomponenten von Solvency II und Basel III (Quelle: eigene Darstellung)

1 Einleitung

Die Finanzmarktkrise 2007 hat viele überrascht - die Auswirkungen sind bis heute zu spüren. Eine global vernetzte Finanzwelt führte zu ungeahnten Kettenreaktionen, unabhängig von Ländergrenzen waren viele am Finanzmarkt handelnde Akteure betroffen. Die Staatshilfen für verschiedene Banken und nicht zuletzt die Insolvenz der Bank Lehmann Brothers, verdeutlichte die Notwendigkeit der Verbesserung des Bankenaufsichtsrechts. Dieses, durch Basel II im Jahr 2006 zwar umfänglich reformierte und noch gar nicht flächendeckend eingeführt, zeigte Schwächen. Der Baseler Ausschuss reagierte mit ersten Maßnahmen, um die aufgedeckten Anomalien zu beheben. Es wurde die Ausarbeitung weiterer Maßnahmen verfolgt und mit der Veröffentlichung von Basel III im Jahr 2010 ein umfangreiches Maßnahmenpaket vorgestellt.

Die 2008 drohende, durch Staatshilfen abgewendete Insolvenz des Versicherers AIG (American International Group) offenbarte Schwächen - auch im Versicherungssektor. Das bereits 1999 vor dem Hintergrund eng vernetzter Finanzmärkte ins Leben gerufene EU-Projekt Solvency II gewann zunehmend an Bedeutung. In erster Linie wurde es zum besseren Schutz der Versicherten, als Reaktion eines geänderten Umfeldes, auch für die Versicherungsbranche, initiiert. Darüber hinaus sollte es die unterschiedlichen EU-Versicherungsaufsichtsrechten vereinheitlichen um grenzübergreifende Versicherungstätigkeiten zu erleichtern.

Nicht nur durch die Erfahrungen der Finanzmarktkrise und die Veränderungen von Basel II durch Basel III, sondern auch die Staatsschuldenkrise und die aktuelle Niedrigzinsphase machten es unerlässlich, vor der Einführung von Solvency II, weitere Adjustierungen vorzunehmen. Diese wurden teilweise durch Auswirkungsstudien getestet. Mit der Veröffentlichung der endgültigen Standards von Solvency II wird 2014 gerechnet, die Einführung soll im Jahr 2016 erfolgen.

Die gleichzeitige Änderung im Banken- wie auch Versicherungsaufsichtsrecht in einem schwierigen Markumfeld wird dabei kritisch beobachtet. Die vorliegende Arbeit soll daher einen Überblick über die geplanten Standards - insbesondere in Bezug auf die Standardansätze der ersten Säule - geben.

Im zweiten Kapitel soll die Arbeit einen Überblick über Geschäftsmodelle von Banken und Versicherungen sowie die daraus resultierenden Risiken, die die Notwendigkeit des Aufsichtsrechts verdeutlichen, geben. Die aktuellen Ziele des Aufsichtsrechts werden verdeutlicht, die Einführungsphasen dargestellt und ein Überblick über den generellen Aufbau gegeben. Für Basel III wird insbesondere auf neue Kennzahlen im Bezug auf die Verschuldung und Liquidität eingegangen.

Im dritten Kapitel werden die Standardansätze mit denen Eigenkapitalanforderungen berechnet werden, vorgestellt. Diese werden insbesondere im Bezug auf die für Versicherungsunternehmen und Banken identischen Marktrisiken dargestellt. Ebenso werden die Eigenkapitalkomponenten und die für sie geltenden Anforderungen vorgestellt.

Im ersten Teil des vierten Kapitels erfolgt der Vergleich der Mindesteigenkapitalanforderungen. Zunächst wird dazu auf die Unterlegungsvorschriften für Anleihen, Aktien und Immobilien eingegangen, um zu zeigen, wie Solvency II bzw. Basel III mit gleichen Risiken umgehen. Desweiteren erfolgt ein Vergleich der Berechnungen der Kapitalanforderungen für das operationelle Risiko und das Währungsrisiko. Zusätzlich werden die Komponenten des Eigenkapitals und die daran gestellten Anforderungen verglichen. Abschließend wird das entstandene Gesamtbild der Eigenkapitalanforderungen im Bezug auf gleiche oder unterschiedliche Herangehensweisen dargestellt.

Im zweiten Teil des vierten Kapitels erfolgt eine kritische Betrachtung sowie die Skizzierung möglicher Auswirkungen der Reformen nach Solvency II und Basel III. Auch werden die möglichen Auswirkungen in der Geschäftspraxis von Banken und Versicherungen und deren eventuell zukünftiger engeren Zusammenarbeit behandelt. Desweiteren sollen Regulierungsgrenzen erläutert werden und auf eventuelle Lösungsansätze, beispielsweise durch Lerneffekte eingegangen werden.

Ein Fazit, welches die wesentlichen Erkenntnisse darstellt und einen Ausblick auf künftige Fragen gibt, schließt die vorliegende Arbeit ab.

2 Einführung in die aufsichtsrechtlichen Grundlagen

2.1 Geschäftsmodelle von Versicherungen, Banken und daraus resultierende Risiken

2.1.1 Funktion und Geschäftsmodell von Versicherungen

Das Ziel einer Versicherung ist es, ungünstige Ereignisse abzusichern und somit den Schutz der bzw. des Versicherungsnehmers, unabhängig ob Privatperson oder Unternehmen, zu gewährleisten.[1] Hierbei zahlt der Versicherungsnehmer regelmäßig Prämien und erhält im festgelegten Schadensfall eine Zahlung des Versicherungsgebers.[2]

Versicherungsunternehmen werden typischerweise in Erstversicherung und Rückversicherung unterteilt. Erstversicherungen werden außerdem in die Sparten Lebensversicherung (Life) und Nichtlebensversicherung (Non-life) unterteilt, dabei wird die Krankenversicherung, als besondere Kategorie der Nichtlebensversicherung, mitunter als eigene Sparte genannt.[3] Die Einteilung in Rückversicherung, Lebensversicherung und Nichtlebensversicherung wird auch in Richtlinie 2009/138/EG, im Folgenden als Rahmenrichtlinie (RR) bezeichnet, vorgenommen.[4]

Das Versicherungsgeschäft wird durch drei Bestandteile definiert. Das Risikogeschäft, das Spar- und Entspargeschäft und das Dienstleistungsgeschäft.[5] Das Kerngeschäft der Versicherung ist das Risikogeschäft, bei dem der Versicherungsnehmer das Risiko eines Schadens an den Versicherungsgeber abtritt.[6] Der Versicherungsgeber betrachtet die Gesamtschadensverteilung des Versicherungsbestandes und nutzt dabei die empirische Gesetzmäßigkeit des Ausgleichs im Kollektiv bzw. des Ausgleichs im Ablauf der Zeit.[7] Beim Spargeschäft zahlt der Versicherungsnehmer einmalig oder laufend Sparbeiträge an den Versicherungsgeber, wobei dieser am Ende einer festgelegten Laufzeit das verzinste angesparte Kapital an den Versicherungsnehmer zurückzahlt.[8] Das Entspargeschäft ist durch eine einmalige Zahlung des Versicherungsnehmers charakterisiert und der Versicherungsgeber zahlt das eingezahlte Kapital einschließlich Zinseszins an den Versicherungsnehmer als Rentenzahlung zurück.[9] Das Dienstleistungsgeschäft, welches das Risiko- und ggf. das Spar- und Entspargeschäft zu einem vollendeten Wirtschaftsgut macht, lässt sich in innerbetriebliche- und kundenbezogene Leistungen, sowie Beratungs- und Abwicklungsleistungen unterteilen.[10]

Bei Beratungsleistungen geht es im Besonderen darum, die Bedarfsdeckung zu erklären, aber auch die Form der Abwicklung.[11] Das Abwicklungsgeschäft bezieht sich auf die Abwicklung des Risikogeschäfts oder des Spar- und Entspargeschäfts. Hierzu zählen beispielsweise der Absatz bis Vertragsabschluss, die Vertragsbearbeitung sowie die Schadensbearbeitung.[12]

Je nach Versicherungszweig und Kundentyp variiert die Intensität der Geschäfte, während bei der Lebensversicherung das Spar- und Entspargeschäft überwiegt, ist es bei der Unfallversicherung das Risikogeschäft.[13] Daraus resultiert das für Versicherungen arteigene und deswegen s.g. versicherungstechnische Risiko. Es resultiert aus der Streuung der zuvor angesprochenen Gesamtschadensverteilung. Diese weicht vom Erwartungswert ab und kann in ungünstigen Fällen zum Ruin der Versicherung führen. Es bildet den Kern des Versicherungsgeschäfts und dominiert somit das Gesamtrisikobild einer Versicherung.[14] Da dieses Risiko versicherungsspezifisch ist, wird die regulatorische Behandlung im Folgenden vernachlässigt. Für die übrigen aus den Bestandteilen des Versicherungsgeschäfts entstehenden Risiken siehe Kapitel 2.1.3.

2.1.2 Funktion und Geschäftsmodell von Banken

Eine Bank ist betriebswirtschaftlich gesehen ein Dienstleistungsbetrieb, der Finanzdienstleistungen, traditionell Annahme und Anlage von Einlagen sowie die Vergabe von Krediten, anbietet.[15] Zusätzlich ist die Zahlungsverkehrsfunktion eine zentrale Aufgabe der Banken, sie ist grundlegend für die Abwicklung des Einlagen- und Kreditgeschäfts.[16]

Typischerweise werden die Tätigkeitsbereiche von Banken in das oben beschriebene Kredit- und Einlagengeschäft (Commercial Banking) und das Emissionsgeschäft (Investment Banking) unterteilt.[17] Beim Commercial Banking wird regelmäßig zwischen Großkundengeschäft (Wholesale Banking) und Privatkundengeschäft (Retail Banking) unterschieden.[18] Das Investment Banking ist, im Gegensatz zum Kredit- und Einlagengeschäft, primär durch das Aufbringen von Fremd- und Eigenkapital für Unternehmen oder Regierungen gekennzeichnet.[19] Betreibt eine Bank beide Arten zuvor genannter Geschäften, so wird sie als Universalbank bezeichnet.[20]

Nach der juristischen Definition des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz, KWG) spricht man von Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten. Ein Kreditinstitut betreibt Bankgeschäfte gewerbsmäßig, Bankgeschäfte sind z. B. Einlagengeschäfte, Kreditgeschäfte oder Depotgeschäfte.[21] Ein Finanzdienstleistungsinstitut erbringt Finanzdienstleistungen, beispielsweise Anlagevermittlung, Anlageberatung, Platzierungsgeschäfte oder Abschlussvermittlung, gewerbsmäßig.[22] Im Rahmen dieser Arbeit wird Bank als Oberbegriff verwendet und umfasst Kreditinstitute sowie Finanzdienstleistungsinstitute.[23]

2.1.3 Risiken, die sich aus den Geschäftsmodellen von Banken und Versicherungen ergeben

Wie zuvor beschrieben, betreiben Versicherungen und Banken Risikotransformation.[24] Aus den Geschäftsmodellen entstehen für Versicherungen, wie für Banken spezifische Risiken Die Behandlung dieser steht nicht im Fokus dieser Arbeit, diese werden aber aufgrund des holistischen Ansatzes des Aufsichtsrecht und zum besseren Verständnis ebenso aufgeführt. Im Kern der Arbeit stehen gleiche Risiken, da diese regelmäßig auch gleich behandelt werden sollten.[25] Unter Risiko wird hier die negative Abweichung vom Erwartungswert verstanden.

Die Risiken von Banken werden typischerweise in Kreditrisiko, Marktrisiko und operationelles Risiko eingeteilt.[26] Die Risiken von Versicherungen unterteilt man in versicherungstechnisches Risiko[27], Kapitalanlagerisiko und operationelles Risiko.[28]

Das Kreditrisiko ist das für Banken spezifische Risiko, es tritt bei Versicherungen zwar auf, jedoch in geringerer Konzentration. Unter dem Begriff Kreditrisiko versteht man die Gefahr, dass ein Schuldner seinen Verpflichtungen gegenüber dem Institut im Bezug auf Kredittilgung, Zahlung von Zinsen, Provisionen und oder Gebühren nicht, teilweise oder verspätet nachkommt.[29]

Das Kapitalanlagerisiko beschreibt regelmäßig das Risiko des Wertverlustes durch Preisänderung bei Kapitalanlagen. Der bei Banken auftretende Begriff des Marktrisikos kann synonym verstanden werden.[30] Zu den beiden Bereichen zählen Zinsänderungsrisiken, Aktienkursrisiken, Währungsrisiken, Konzentrationsrisiken sowie Spread-Risiken.[31]

Zinsänderungsrisiken beschreiben den negativen Einfluss einer Marktzinsänderung auf zinstragende Positionen.[32] Dabei wird zwischen Zinsspannenrisiko, welches die Zinsspanne belastet und Marktwertrisiko, welches sich direkt im Marktwert einer Position widerspiegelt, unterschieden.[33]

Unter Aktienkursrisiken werden negative, marktabhängige Auswirkungen auf ein Aktienportfolio verstanden.[34] Das spezifische Aktienkursrisiko kann über ausreichende Streuung wegdiversifiziert werden.[35]

Währungsrisiken entstehen durch nicht geschlossene Fremdwährungspositionen und einer Ab- oder Aufwertung der inländischen oder ausländischen Währung.[36]

Unter Konzentrationsrisiken versteht man die Gefahr, die durch Konzentration auf einen Emittenten oder eine Gruppe verbundener Emittenten auftritt.[37]

Das Spread-Risiko umfasst Ausfall- und Bonitätsrisiken, zudem werden Gegenparteirisiken bzw. Kontrahentenausfallrisiken in einer erweiterten Version identisch betrachtet.[38] Zum einen werden Kreditrisiken, die durch den Ausfall der Gegenpartei entstehen, betrachtet, zum anderen wird eine Bonitätsverschlechterung des Schuldners betrachtet, die eine Wertverschlechterung nach Abschluss darstellt.[39]

Das operationelle Risiko umfasst die Gefahren von Verlusten, welche infolge von Unzulänglichkeiten oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen entstehen oder infolge externer Ereignisse eintreten.[40] Dabei sind Rechtsrisiken explizit eingeschlossen, nicht jedoch Reputationsrisiken oder strategische Risiken.[41]

Aus den hier aufgeführten zahlreichen Risiken ergibt sich eine Unsicherheit im fortbestehen einer Bank oder Versicherung. Daraus resultiert die Bedeutsamkeit des Schutzes der Kunden, das heißt der Versicherungsnehmer bzw. der Einleger. Jedoch wird deutlich, dass bei der Versicherung vor allem der Schutz der einzelnen Versicherungsnehmer im Vordergrund steht, bei einer Bank zusätzlich auch die Zahlungsverkehrsfunktion.[42] Daraus resultieren die Installation eines funktionierenden Risikomanagements, die unabhängige Überwachung durch Aufsichtsbehörden und zur Absorption potentieller Verluste, die Notwendigkeit der im Folgenden dargestellten Eigenkapitalvorschriften.

2.2 Zielsetzung, Entwicklung und Aufbau von Solvency II

2.2.1 Zielsetzung und Anwendungsbereich von Solvency II

Solvency II ist das in der europäischen Union laufende Gesetzgebungsprojekt zur Reformierung des Versicherungsaufsichtsrechts.[43] Primäre Zielsetzung hierbei ist, wie bisher auch, der angemessene Schutz von Versicherungsnehmern bzw. von Anspruchsberechtigten.[44] Sekundäres Ziel ist die Finanzstabilität sowie faire und stabile Märkte.[45] Die Reformierung des bisherigen Versicherungsaufsichtsrechts wurde notwendig, da die entstehenden Risiken (Vgl. Kap. 2.1.3) nicht ausreichend berücksichtigt worden.[46] Zudem ist die Vereinheitlichung des Aufsichtsrechts in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten das Ziel. Diesen wurde bisher ein größerer Gestaltungsspielraum eingeräumt, der bei grenzübergreifend tätigen Versicherungen durch Kostensteigerungen problematisch werden oder zu Aufsichtsarbitrage führen konnte.[47]

Gegenstand der Regulierung sind Lebens-, Nichtlebens- und Rückversicherungsunternehmen, die in einem EU-Mitgliedsstaat niedergelassen sind oder eine Niederlassung planen.[48] Ausgenommen sind dabei gesetzliche Sozialversicherungssysteme und kleine Versicherungsunternehmen.[49]

2.2.2 Implementierung von Solvency II durch das Lamfalussy Verfahren

Zur Implementierung von Solvency II wird das Lamfalussy Verfahren angewendet, welches in vier Stufen zur Erlassung eines Gesetzes führt.[50]

Auf der ersten Stufe entscheiden europäisches Parlament und europäischer Rat über Grundsätze des Reglungsprojekts.[51] Im Rahmen von Solvency II führte die erste Stufe zur s.g. Rahmenrichtlinie (RR.), die am 25. November 2009 als Richtlinie 2009/138/EG des europäischen Parlaments und des Rates betreffend „Die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II)“ erlassen wurde.

[...]


[1] Vgl. Hull (2012): 41.

[2] Vgl. Hull (2012): 41.

[3] Gelegentlich findet man bei der Nichtlebensversicherung auch die Bezeichnung Sachversicherung oder Schaden- und Unfallversicherung. In Deutschland hat sich inzwischen der Begriff der Kompositversicherung durchgesetzt, dieser bezeichnet dabei die Versicherung, die alle Versicherungszweige außer Lebens- und Krankenversicherung umfasst. Vgl. Hull (2012): 48 und Wagner (2011): 594.

[4] Vgl. RR Art. 3 bis 12. Bei der Berechnung des Solvenzkapitals findet zusätzlich eine Abgrenzung des Krankenversicherungstechnischen Risikos statt. Vgl. RR. Anhang IV. Siehe Kap. 3.1.2.

[5] Vgl. Farny (2011): 22.

[6] Vgl. Farny (2011): 22.

[7] Hierbei wird die Beobachtung genutzt, dass sich in einem großen Kollektiv die häufigen und die seltenen sowie die großen und kleinen Schäden oder bei einem längeren Zeitraum die frühen und die späten Schäden ausgleichen. Vgl. Nguyen/Romeike (2013): 12, Rockel et al. (2012): 2.

[8] Vgl. Wagner (2011): 621.

[9] Vgl. Wagner (2011): 191, Spar- und Entspargeschäft werden vor allem bei der (kapitalbildenden) Lebensversicherung betrieben, aber auch bei der Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr sowie in besonderer Form in der Krankenversicherung. Vgl. Nguyen/Romeike (2013): 12, Farny (2012): 22f.

[10] Vgl. Nguyen/Romeike (2013): 13, Farny (2012): 55f.

[11] Vgl. Farny (2012): 55f.

[12] Vgl. Farny (2012): 56.

[13] Abhängig von Merkmalen des Versicherungsschutzes sowieso der Versicherungsfälle gibt es weitere Variationen der Intensität auch der des Dienstleistungsgeschäftes. Vgl. Nguyen/Romeike (2013): 14.

[14] Abweichend kann es situationsbedingt in der Lebensversicherung dazu kommen, dass die Bedeutung des Kapitalanlagerisikos überwiegt. Farny (2012): 78f.

[15] Vgl. Hull (2012): 21. Zu den Leistungen zählen auch Beratung, Vermittlung und Verwaltung. Vgl. Becker/Peppmeier (2013): 14.

[16] Der Zahlungsverkehr ist der gegenläufige Strom zum Austausch von Gütern und Dienstleistungen. Da das Kapital häufig nur noch in Form von Buchgeld existiert zöge das Zusammenbrechen des Zahlungsverkehrs massive volkswirtschaftliche Verwerfungen nach sich. Vgl. Günther (2012): 51.

[17] Die Banken betreiben typischerweise Losgrößen-, Fristen- und Risikotransformation. Vgl. Hull (2012): 21.

[18] Vgl. Hull (2012): 21, Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2010): 11.

[19] Es werden also Kapitalgeber und Kapitalnehmer zusammen gebracht. Außerdem stellen Investmentbanken Preise für bestimmte Finanzprodukte und tätigen im Eigenhandel Geschäfte auf eigene Rechnung. Ausführlicher dazu Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2010): 15f., Hull (2012): 27.

[20] Vgl. Wernz (2012): 29.

[21] §1 KWG Abs. 1 führt zwölf verschiedene Geschäfte auf, hinreichend für die Bezeichnung Kreditinstitut ist das Betreiben eines dieser Geschäfte.

[22] §1 KWG Abs. 1a führt ebenso wie Abs. 1 zwölf verschiedene Geschäfte auf, hinreichend ist auch hier das Betreiben eines dieser Geschäfte.

[23] Sollte von dieser Definition abgewichen werden, so wird dies kenntlich gemacht.

[24] Horizontale (wie zuvor beschrieben) und Vertikale Risikotransformation (durch Finanzintermediäre). Vgl. ausführlich Schierenbeck/ Hölscher (1998): 25f.

[25] Vgl. Meusel et. al. (2004): 48. Die Risiken treten in unterschiedlichen Konzentrationen auf, dies ist Geschäftspolitik abhängig, jedoch auch innerhalb einer Branche möglich.

[26] Vgl. Hull (2012): 37.

[27] Für die Beschreibung des versicherungstechnischen Risikos s. Kap. 2.1.1.

[28] Beide sind, wie jedes Unternehmen dem unternehmerischen Risiko ausgesetzt. Vgl. Nguyen / Romeike (2013): 19.

[29] Vgl. Bittermann/Lutz (2003): 392.

[30] Vgl. Bittermann/Lutz (2003): 391. Dabei drückt Marktrisiko, im eigentlichen Sinne das Entstehen durch Marktwertveränderungen aus, wohingegen das Kapitalanlagerisiko auch Emittenten spezifische Risiken umfasst. Vgl. Rolfes (2008): 12.

[31] Bei Versicherungen außerdem das Illiquiditätsprämienrisiko und das Immobilienrisiko vgl. dazu Kap. 3.1.2. Bei Banken zusätzlich Rohstoffrisiken die in Kap. 3.2.2 näher beschrieben werden. Die hier aufgeführten Risiken sind die im Wesentlichen durch den Geschäftsbetrieb bzw. durch die Kapitalanlagen entstehenden Risiken.

[32] Vgl. Rolfes (2008): 12.

[33] Vgl. Schierenbeck/Lister/Kirmße (2008): 6.

[34] Vgl. Schierenbeck/Lister/Kirmße (2008): 6.

[35] Sollte ein Portfolio nicht ausreichend diversifiziert sein, so sollte das systematische Risiko trotzdem berücksichtigt werden. Vgl. Rolfes (2008): 13.

[36] Es erfolgt häufig eine Aufspaltung in Devisenkursrisiko, damit gemeint ist eine betragsmäßige Differenz bei gleicher Fristigkeit und in Swapsatzrisiko, welches durch unterschiedliche Fristigkeit der Positionen auftritt. Vgl. Schierenbeck/Lister/Kirmße (2008): 7.

[37] Vgl. FMA (2012): 41. Dieses Risiko wird häufig auch als Klumpenrisiko bezeichnet. Vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2010): 543.

[38] Vgl. FMA (2012): 40 und Schierenbeck/Lister/Kirmße (2008): 6.

[39] Vgl. Schierenbeck/Lister/Kirmße (2008): 6.

[40] Vgl. BCBS (2006): 144. Die Definition des Baseler Ausschusses ist dabei Weg weisend und hat sich weitestgehend durchgesetzt. Vgl. Hull (2012): 277, Talkenberger/Wehn (2012): 3, Wagner (2011): 453. Ebenso wurde diese Definition für Solvency II übernommen. Vgl. Europäische Union (2009): Art. 13 Abs. 33 sowie EIOPA (2012): 128.

[41] Vgl. BCBS (2006): 144.

[42] Vgl. Kapitel 2.1.2.

[43] Hierbei wird sich, anders als der Name evnt. vermuten lässt, nicht auf die Solvabilitätsvor-schriften beschränkt.

[44] Unter Anspruchsberechtigten versteht man juristische oder natürliche Personen, die einen Anspruch aufgrund eines Versicherungsvertrages besitzen. Vgl. Europäische Union (2009): Nr.16.

[45] Dieses darf das primäre Ziel jedoch nicht beeinträchtigen. Vgl. Europäische Union (2009): Nr.16.

[46] Vgl. European Commission (1999): Z.2.2. Die Solvabilitätsvorschriften seien nicht risikoorientiert und die Eigenmittelvorschriften decken nur das versicherungstechnische Risiko ab. Vgl. FMA (2012): 7.

[47] Das Ziel ist es ein einheitliches „level playing field“ zu schaffen. Vgl. European Commission (1999): Z.2.2.

[48] Vgl. Europäische Union (2009): Art. 2 Nr. 1.

[49] Die genaue Definition findet sich in Artikel 4 Solvency II Richtlinie u.a. darf die Bruttoprämieneinnahme fünf Mio. Euro nicht übersteigen und die gesamten versicherungstechnischen Rückstellungen dürfen 25 Mio. Euro nicht übersteigen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Versicherungen von der Regulierung befreit sind, sie unterliegen dem Aufsichtsregime des Mitgliedsstaates der hier nach eigenem Ermessen Regulieren kann. Vgl. FMA (2012): 9. Die Ausnahmen sind in Artikel 3 bis 12 Solvency II Richtlinie geregelt. Vgl. Europäische Union (2009): Art. 3f.

[50] Dieses Verfahren geht auf den „Ausschuss der Weisen“ unter Vorsitz von Baron Alexandre Lamfalussy zurück, wurde ursprünglich für den Wertpapiersektor entwickelt und sollte den Gesetzgebungsprozess in der EU beschleunigen. Im Dezember 2002 beschloss der Rat der EU es auf den gesamten Finanzsektor auszuweiten. Vgl. Frach (2010): 112f.

[51] Der europäische Rat wird auch als Ministerrat bezeichnet. Vgl. Frach (2010): 113f.

Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
Vergleich der Eigenkapitalvorschriften nach den Standardansätzen von Solvency II und Basel III
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
76
Katalognummer
V273169
ISBN (eBook)
9783656648888
ISBN (Buch)
9783656648840
Dateigröße
893 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
vergleich, eigenkapitalvorschriften, standardansätzen, solvency, basel
Arbeit zitieren
Alexander Just (Autor:in), 2013, Vergleich der Eigenkapitalvorschriften nach den Standardansätzen von Solvency II und Basel III, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273169

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