Recht und Staat. Die Notwendigkeit des Staates bei Immanuel Kant


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Schriften und Werke bis zur Metaphysik der Sitten

3. Rechtsbegriff in der Einleitung zur Rechtslehre der Metaphysik der Sitten

4. Der Begriff des Eigentums

5. Die Notwendigkeit des Staates

6. Der bürgerliche Zustand als einzig rechtlicher Zustand

7. Schlussfolgerung

Literaturverzeichnis:

1. Einleitung

Immanuel Kant ist, nicht nur in der deutschen Philosophie, einer der be- deutendsten Köpfe der Geschichte. Insbesondere mit seiner Erkenntnistheorie, aber auch mit seinen Werken bezüglich ethischer Fragen liefert Immanuel Kant erstaunliches. Seine Werke wurden zur Grundlagenlektüre ganzer Generation und haben ihre Wirkung bis in die heutige Zeit hinein nicht verloren. Mit seinen be- deutenden Schriften zur Religions-, Rechts- und Geschichtsphilosophie schuf Kant eine neue, umfassende Perspektive in der Philosophie. Hierzu zählt auch sein Alterswerk die Metaphysik der Sitten, in dem er vor allem mit seiner Rechts- lehre prägende philosophische Überlegungen bezüglich der Staatslehre be- gründete, die bis heute ihrer Wirkungen nicht verloren haben. Neben die Definition des Rechts legte Immanuel Kant auch Überlegungen des Privateigen- tums und des Staatsrechts in seiner Metaphysik an, die allerdings bis in die acht- ziger Jahre des 20. Jahrhunderts wenig positive Resonanz fand (Fulda 1998: S.141). Neben dem Privateigentum und dem Begriff des Rechts legt Kant sehr viel Wert auf seine Konzeption des Staatsrechts. Insofern steht meine Arbeit unter der Prämisse der Frage, warum es nach Immanuel Kant notwendig ist, denn Staatszustand aufzusuchen?

Zunächst werde ich deshalb kurz den geschichtlichen Verlauf während der Lebzeiten von Immanuel Kant näher beschreiben, da dieser Verlauf auch maßgebliche Auswirkungen auf seine späteren Werke genommen hat. Im Folgenden werde ich mich, nach der kurzen zeitlichen Übersicht, im Besonderen mit dem Aufbau des kontraktualistischen Staates, mit seinen Vor- und Nachteilen, beschäftigen. Hierzu lege ich kurz dar, in welcher Art und Weise Immanuel Kant in seiner Metaphysik der Sitten zwischen der Rechtslehre und der Tugendlehre und damit auch eine Unterscheidung zwischen Privatrecht und Staatsrecht vornimmt. Des weiteren versuche ich darzulegen, wieso es sich gebietet, den Staat zu ersuchen, da in der politischen Theorie Kants der gleiche gut nachvollziehbare kontraktualistische Dreischritt entsprechend vom Naturzustand, über den Vertrag, hin zum bürgerlichen Zustand dargestellt wird. Hierbei bietet es sich an, den eigentlichen ursprünglichen Naturzustand und den daraus folgenden Vertrag näher zu beleuchten.

Auch möchte ich den Grund für die vollzogene und notwendige Gewaltenteilung im Staat erläutern. Zum Schluss werde ich der Frage nachgehen, welche möglichen Formen der Herrschaft und Regierung Kant in seinen staatsrechtlichen Überlegungen für denkbar hält und warum sich daraus auch ein striktes Verbot auf aktiven Widerstand gegen die oberste Gewalt ableiten lässt. Im Folgenden werde ich nun einen kleinen Überblick über das Wirken von Immanuel Kant darlegen.

2. Schriften und Werke bis zur Metaphysik der Sitten

Immanuel Kant hat während seiner Zeit mit seinen Schriften, vor allem auch aus Gründen der geschichtlichen Entwicklung, zunächst seine rechtsphilosophischen und staatsrechtlichen Überlegungen in vielen kleineren Schriften festgehalten. So hegte er schon vor Beginn der französischen Revolution um 1784 politische Überlegungen in seinem Werk „ Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht “. Insbesondere Aufmerksamkeit wurde aber seinem Werk „ Zum ewigen Frieden" zu Teil, indem er früh über die Gestaltung eines weltumspannenden Bündnisses philosophierte. Diese Überlegungen fanden sehr viel Anerkennung, auch dadurch das sie noch heute entscheidend das geltende Völkerrecht mit beeinflusst haben.

Seine rechtsphilosophischen und staatsrechtlichen Überlegungen führte er dann mit zunehmenden Alter, auf dem Gipfel seines Ruhms, in seinen weiteren Schriften aus (Zotta 2000: S. 30). Zuerst mit den Grundgedanken in der „ Kritik der reinen Vernunft “ (1781, 1787), und dann letztendlich in seinem Alterswerk mit der „ Metaphysik der Sitten “ (1797), in der er umfassend und akribisch, aber dennoch für viele schwer verständlich, seine Philosophie herausarbeitete.

Immanuel Kant war zeit seines Lebens durch den preußischen Staat geprägt, da er in seinem Leben seinen Heimatort Königsberg nicht verlassen hat. Auch die französische Revolution hinterließ einen bleibenden Eindruck, sodass er fortwährend, mit als Begründer der deutschen Aufklärung, für mehr Menschenrechte, Bürgerrechte, Rechtsgleichheit und Gewaltenteilung eintrat, was nicht immer so gewesen ist.

Nach dem einführenden Überblick über das Leben und die Werke Immanuel Kants möchte ich nun im Folgenden näher auf die bereits erwähnten rechtsphilosophischen und staatsrechtlichen Konzeptionen aus seiner Metaphysik der Sitten eingehen.

3. Rechtsbegriff in der Einleitung zur Rechtslehre der Metaphysik der Sitten

Immanuel Kants Rechtsbegriff, welchen er in der Einleitung zu seiner Metaphysik ausarbeitete, stellte zu aller erst auf die Regelung der äußeren Beziehungen im Zusammenleben der Menschen zueinander ab (Zotta 2000: S. 41). Demnach ist der Begriff des Rechts vor allem dadurch gekennzeichnet, wie die Willkür jedes Einzelnen mit der der Anderen nach den allgemeinen Gesetzen der Freiheit zusammengebracht werden kann. Dabei entwickelte Kant erstmalig eine Definition nicht aus der Historie, sondern setzte dieses Rechtsverständnis als bereits gegeben (a priori) voraus. Es ist somit die rein- praktische Vernunft, die einen den Rechtsbegriff erkennen lässt, da sich niemand auf seine Erfahrung berufen kann, weil diese immer durch äußere Einflüsse beständig verändert ist. Allein die Freiheit, sowohl die innere Freiheit des Willens und des Denkens als auch die äußere Freiheit der Handlung, die jeder einzelne Mensch besitzt, lässt die Menschen erkennen, das ohne eine Begrenzung jeder Mensch in der Lage ist auf Kosten der jeweils anderen seine Freiheit maximal auszuleben. Hierfür ist das übergeordnete Recht notwendig, in der jeder erkennt, dass allein nur die Handlung recht sein kann, die jeder Mensch auch einem anderen zugestehen würde, damit er selbst nicht in der Auslebung seiner Handlungen beschnitten wird.

Somit ist das Recht mit der Möglichkeit des Zwangs zur Einhaltung und zur Begrenzung der allgemeinen Freiheit berechtigt. Hierzu sind die drei Rechtspflichten, welche Kant aufstellt bereits a priori von Bedeutung. Erstens soll jeder Mensch rechtlich sein, zweitens soll niemandem durch einen anderen Unrecht angetan werden und drittens, was schon für seine Staatskonzeption wichtig ist, dass jeder in einen Zustand eintreten soll, in dem jeder sein Eigentum gegen alle anderen gesichert haben kann. Hierbei wird deutlich ersichtlich, dass Immanuel Kant die Pflicht eines jeden Einzelnen darin sieht, seine Handlungen im Einklang mit der Vernunft walten zu lassen. Diese Einleitung stellt den ersten Teil seiner Rechtslehre dar, in der er zuerst einmal die Bedeutung des Begriffs des Rechts klärt. Die weiteren Teile der Rechtslehre beziehen sich dann auf das Privatrecht und das öffentliche Recht, auf welche ich gleich noch zu sprechen kommen werde.

Zunächst einmal möchte ich aber noch kurz die Grenze der Rechtslehre zur Tugendlehre ziehen, die in der Metaphysik der Sitten den zweiten großen Teilbereich darstellt. Der Tugendlehre liegt in der Metaphysik vor allem der innere Zwang zugrunde, dass alle Menschen die unbedingte Pflicht haben, ihren Mitmenschen nicht die Menschenwürde abzuerkennen. Das Gebot lautet, die Menschen nie bloß als Mittel, sondern jederzeit immer auch als einen Zweck an sich zu gebrauchen. Diese Erwähnung ist mir wichtig, da hier deutlich wird, welche Bedeutung Immanuel Kant in der Begründung der Menschenrechte besitzt. Es ist nicht umsonst, dass sich die Bundesrepublik Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg fast wortwörtlich dieses Gebot an die erste Stelle des Grundgesetzes gesetzt hat.

Im Folgenden werde ich wie bereits erwähnt auf die beiden verbleibenden Teile der Rechtslehre eingehen, wobei ich das Hauptaugenmerk im Privatrecht auf den Begriff des Eigentums legen möchte, da dieser von entscheidender Bedeutung für die Notwendigkeit des Staates, in der Lehre des öffentlichen Rechts, ist.

4. Der Begriff des Eigentums

Immanuel Kant entwickelte den Begriff des Privatrechts, entgegen aller früheren traditionelleren Werke anderer Vertragstheoretiker, in der Reihenfolge vor dem öffentlichen Recht (Zotta 2000: S. 41). Die Gründe hierfür sind bereits durch seine Definition des Begriffs des Rechts verständlich, da das Recht nach Kant bereits vorstaatlich gegeben ist. Die Definition des Privatrechts ist somit, dass es der Inbegriff all der Gesetze ist, die keine öffentliche Bekanntmachung benötigen.

Das Privatrecht ist das Recht im Naturzustand, da dieser Zustand nach Immanuel Kants Überzeugung kein rechtloser sein kann. Denn auch im vorstaatlichen Stadium pflegen die Menschen Kontakte zwischen einander. In den Anfängen der Metaphysik beschäftigt sich Kant fast ausschließlich mit dem Privatrecht als Sachen- und Eigentumsrecht. Dem Privatrecht wird somit eigentlich nur eine Aufgabe zu Teil, nämlich der Begründung von Eigentum. Es ist fast ausschließlich eine „Eigentumslehre“ (Kersting 1993: S.136, Anm. 53). Für Kant stellt sich vor allem die Frage, inwieweit dieses Eigentum begründet und wie der sich daraus entwickelnden Problematik der Unsicherheit des Eigentums durch Neid und Missgunst der Menschen untereinander, entgegengewirkt werden kann. In der hierzu vorhandenen Literatur ist diese Frage allerdings umstritten, da viele Interpreten der kantischen Lehre keine vernünftige Begründung sehen, warum nach Meinung Kants das Privatrecht eigentlich notwendig ist.1

Für Kant stellt die Arbeit der Menschen in der Metaphysik der Sitten jedenfalls nicht die Begründung dar, wie Eigentum erworben werden kann (Zotta 2000: S. 44). Kants These dagegen, warum Eigentum eigentlich notwendig ist, stellt sich wie folgt dar, dass jeder äußere Gegenstand der Willkür eines jeden unterworfen werden kann. Um den Beweis zu erbringen, versucht er zu begründen, dass jeder Gegenstand, der in Besitz genommen werden kann, auch durch das Recht an sich zum Gebrauch geeignet sein muss. Hierfür beruft Kant sich auf seine sich aus der praktischen Vernunft ergebenden Gesetze. Gesetze sind somit ausschlaggebend, ob es erlaubt sein soll Besitz zu ergreifen oder ob es generell verboten ist. Würden Gesetze aus der Vernunft ein generelles Verbot begründen, so stände dies im absoluten Widerspruch zu der Freiheit, welche jedem von Geburt an zu kommt. Somit kann es nur eine generelle Erlaubnis für den Erwerb von Eigentum geben.

In erster Linie beschäftigt sich Kant auch mit der Bedingung für Eigentum. Allein hierfür führt Kant seinen Begriff des intelligiblen Besitzes ein, der die Frage behandelt, wie Gegenstände erworben werden können, die noch nicht im unmittelbaren Besitz einer Person sind. Diese Erklärung liefert Kant in § 1 seiner Privatrechtslehre. Hierfür unterscheidet er noch einmal zwischen dem Äußeren mein und Dein. Das Äußere "Mein" definiert Immanuel Kant als dasjenige, welches durch Störung oder eine Beeinträchtigung von außen jemanden in seinem Besitz verletzen würde, auch wenn er nicht unbedingt im physischen diesen Gegenstand im Besitz haben muss. Das Eigentum ist somit schon mit der von Geburt an erworbenen Freiheit verbunden (s. o.), sodass jede Beeinträchtigung von außen durch andere Individuen gleichzeitig gegen die allgemeingültigen Rechtsgesetze verstößt. Der unmittelbare physische Besitz ist also bereits durch die allgemeinen Rechtsgesetze geschützt. Der intelligible Besitz, also die Annahme, dass auch Besitztümer gebraucht werden können, die nicht im unmittelbaren physischen Besitz sind, sind nach Kant denkbar. Dies ist auch damit begründet, dass man die Willkürfreiheit der Menschen nicht von vornherein ausschließen kann und somit das Recht besteht, auch Eigentum per Vertrag zu veräußern (Zotta 2000: S. 50). Privateigentum hat somit eine praktische Realität (Zotta 2000: S. 54), die sich allein aus der reinen Vernunft ergibt.

Nach Kant gibt es drei Formen, wie man ursprünglich in den Besitz von Eigentum kommen kann. Da nur die Freiheit ein angeborenes Recht ist, muss somit alles andere von außen erworben werden. Die Gegenstände, die dem ursprünglichen Erwerb somit unterfallen dürfen also nicht im Besitz von jemandem sein, sondern müssen allen Menschen von Anfang an zu Verfügung stehen sein. Die erste Form der Erwerbung ist somit der Boden, die Okkupation. Hierbei ist aber zu beachten, dass man der Erste sein muss, der diesen Boden in Anspruch nimmt, um sich der Zustimmung anderer sicher zu sein (Zotta 2000: S. 72). Die zweite Form des Erwerbs von Eigentum ist der Vertrag, als der Kauf von bereits sich im Besitz anderer befindlicher Gegenstände. Hierzu gehören vor allem das Sachenrecht, aber auch Ehe- und Familienrechte. Die dritte Form des Eigentums, die mir den Erwerb des gleichen ermöglicht, ist die Gerichtsbarkeit. Mir wird von Gerichten somit der Besitz eines Gegenstands per Urteil bestätigt. Diese Formen ermöglichen jedem den Erwerb und Besitz von Eigentum.

Aus dieser Schlussfolgerung ergeben sich aber wie bereits erwähnt die Probleme, dass dieser Besitz im vorstaatlichen Stadium noch keinerlei Sicherung erfahren hat. Diese Problematik führt nun laut Kant dazu über, wieso es einen Staat geben muss und mit ihm das öffentliche Recht. Dies wird nun im Folgenden zu klären sein.

Privateigentum sein soll (Zotta 2000: .S. 43, Anm. 100).

[...]


1 Neumann 1980 und Luf 1978 konnten nur sich nur negativ erschließen, warum das

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Recht und Staat. Die Notwendigkeit des Staates bei Immanuel Kant
Hochschule
Universität Potsdam  (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Einführung in die Geschichte der abendländischen Staatsideen von der Antike bis zur Moderne
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
18
Katalognummer
V272973
ISBN (eBook)
9783656647546
ISBN (Buch)
9783656647539
Dateigröße
562 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kant, Recht, Staat
Arbeit zitieren
Florian Henning (Autor:in), 2008, Recht und Staat. Die Notwendigkeit des Staates bei Immanuel Kant, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272973

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