Adaption der Kreditrisikosteuerung einer Genossenschaftsbank an die Anforderungen von Basel II


Diplomarbeit, 2004

110 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

II Abbildungsverzeichnis

III Abk¸rzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Beschreibung des Problems
1.2 Gliederung der Arbeit

2 Darstellung der bisherigen Steuerung
2.1 Kurzportrait der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG
2.2 Bisherige Form des Risikomanagements in der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG
2.2.1 Die vier Risikogruppen
2.2.2 Das SMART-Bilanzanalyseprogramm
2.2.2.1 Die Diskriminanzanalyse
2.2.3 Der R-Index
2.2.4 GENO-FBS
2.2.4.1 Vorgehensweise von GENO-FBS
2.2.4.2 Weitere Funktionen von GENO-FBS
2.2.4.3 Kritische Betrachtung von GENO-FBS
2.2.5 Das BVR-I-Rating: (R)isiko (B)onit‰t (S)icherheitenñSystematik
2.2.5.1 Vorgehensweise zur Ermittlung eines Ratings
2.2.5.1.1 BVR-I-Ratingmodule
2.2.5.1.2 Die Bonit‰tseinstufung mit Hilfe des BVR-I- Ratings
2.2.5.1.3 Die Einstufung in eine Sicherheitenklasse
2.2.5.1.4 Die Feststellung der Risikoklasse
2.2.6 Systematische Auswertung des Kreditportfolios
2.2.7 Die Einzelwertberichtigung
2.2.8 Die Mindestanforderungen an das Kreditgesch‰ft (MaK)
2.2.8.1 Die bisherige Umsetzung der MaK
2.2.9 Die Verbriefung von Kreditrisiken

3 Anforderungen und Ver‰nderungen durch Basel II
3.1 Kurz¸berblick von Basel I
3.2 Inhalte und Absichten von Basel I
3.3 Der neue Basler Akkord (Basel II)
3.4 Die drei tragenden S‰ulen des neuen Baseler Akkordes
3.4.1 Die erste S‰ule ñ Quantitative Eigenkapitalanforderungen
3.4.2 Die zweite S‰ule ñ Qualitative Aufsicht
3.4.3 Die dritte S‰ule ñ Transparenz
3.5 Die Berechnung der Mindest-Kapitalanforderungen
3.6 Die Mindestrelation zwischen Eigenkapital und gewichteter Risikoaktiva (Grundsatz I oder Solvabilit‰tskoeffizient)
3.7 Das aufsichtsrechtliche Eigenkapital
3.8 Die gewichtete Risikoaktiva
3.8.1 Definition des Risikos
3.8.1.1 Ursachenbezogener Ansatz
3.8.1.2 Wirkungsbezogener Ansatz
3.8.2 Marktrisiken
3.8.3 Operationelle Risiken
3.8.4 Kreditrisiken (Adressrisiko)
3.8.4.1 Der Standardansatz
3.8.4.2 Der IRB-Ansatz
3.8.4.3 Risikokomponenten des IRB-Ansatzes
3.8.4.3.1 Probability of Default (PD)
3.8.4.3.2 Loss Given Default (LGD)
3.8.4.3.3 Exposure of Default (EAD)
3.8.4.3.4 Maturity (M)
3.8.4.3.5 Risikogewichtetes Aktivum (RWA)
3.8.4.3.6 Risikogewicht (RW)
3.8.4.3.7 Basisansatz (Foundation Approach)
3.8.4.3.8 Anforderungen an die IRB-Ans‰tze
3.8.4.3.9 Berechnung der Eigenkapitalunterlegung
3.8.4.3.10 Berechnung f¸r Kredite an Banken, Staaten und Unternehmen
3.8.4.3.11 Fortgeschrittener Ansatz (Advanced Approach)

4 Ans‰tze der Kreditrisikosteuerung
4.1 Gesetz ¸ber das Kreditwesen (Kreditwesengesetz - KWG)
4.2 Die Kreditrisikosteuerung
4.2.1 Definition des Kreditrisikos
4.2.2 Das Bonit‰tsrisiko
4.3 Die Kreditrisikosteuerung in Banken
4.3.1 Formen der Kreditw¸rdigkeitspr¸fung im Firmenkundengesch‰ft
4.3.2 Rating - was genau zeichnet es aus?
4.4 Risikoadjustierte Bepreisung bei Einzelkrediten
4.4.1 Standard - Risikokosten
4.4.1.1 Erwartete Ausfallrate (Ausfallwahrscheinlichkeit)
4.4.1.2 R¸ckzahlungsquote bei Ausfall bzw. Insolvenz
4.4.1.3 Kreditvolumen bzw. Kredit‰quivalent
4.4.2 Ist ñ Risikokosten
4.4.3 Optionspreistheorie
4.4.4 Vor- und Nachteile der risikoadjustierten Kreditbepreisung

5 Portfoliosteuerung im Kreditbereich
5.1 Portfoliomodelle
5.1.1 Aufgaben von Portfoliomodellen
5.1.1.1 Korrelation
5.1.1.2 Diversifikation
5.1.1.3 Standardabweichung
5.1.2 Wahrscheinlichkeitsverteilung von Kreditausf‰llen
5.1.2.1 Einfluss der Anzahl der Brachen auf die Diversifikation der Verlustverteilung
5.1.2.2 Credit-Value-at-Risk
5.1.2.2.1 Beispielberechnung des unerwarteten Verlustes (Credit-Value-at-Risk)
5.1.2.3 Das Risikoergebnis
5.1.3 Einteilung von Portfoliomodellen
5.2 CreditMetrics
5.2.1 Vorgehensweise bei CreditMetrics
5.2.1.1 Migrationstabelle f¸r den einj‰hrigen Betrachtungszeitraum
5.2.2 Die Monte-Carlo-Simulation
5.2.3 Kritische W¸rdigung des CreditMetrics
5.3 CreditPortfolio View
5.3.1 Die Vorgehensweise bei CreditPortfolio View
5.3.1.1 Die Ermittlung makroˆkonomischer Faktoren
5.3.1.2 Der Risikofaktor
5.3.1.3 Projizierung von Ausfallraten und Risikofaktoren mit Hilfe der Monte-Carlo-Simulation
5.3.1.4 Ermittlung der Verlustverteilung
5.3.1.5 Kritische W¸rdigung des CreditPortfolio View
5.4 CreditRisk+
5.4.1 Vorgehensweise bei CreditRisk+
5.4.1.1 Bei unver‰nderlichen Ausfallraten und Unabh‰ngigkeit zwischen den Kreditnehmern
5.4.1.1.1 Interpretation des Ergebnisses
5.4.1.2 Bei ver‰nderlichen Ausfallraten und Abh‰ngigkeiten zwischen den Kreditnehmern
5.4.1.3 Das ˆkonomische Kapital
5.4.1.4 Kritische W¸rdigung des CreditRisk+
5.5 Credit Portfolio Manager
5.5.1 Kritische W¸rdigung des Credit Portfolio Managers

6 Kreditrisikomanagement in Genossenschaftsbanken
6.1 Das Projekt VR-Control
6.2 Das Verbundeinheitliche Ratingsystem
6.2.1 Das BVR-II-Ratingverfahren ÑMittelstandì
6.2.2 Das BVR-II-Ratingverfahren ÑOberer Mittelstandì
6.2.3 Weitere Ratingverfahren
6.3 Kalkulation von Risikopr‰mien
6.4 Die Portfoliosteuerung anhand des VR-CreditPortfolioManagers
6.4.1 Vorgehensweise des VR-CreditPortfolioManagers (VR-CPM)

Abbildungsverzeichnis

1. Konjunktur- und Insolvenzentwicklung in Deutschland

2. Die Einstufung in eine Sicherheitenklasse

3. Sicherheiten-Risikoschl¸ssel-Matrix

4. Risikonote-Maflnahmen-Matrix

5. Die drei tragenden S‰ulen des neuen Baseler Akkordes

6. Berechnung der Eigenmittel f¸r den Grundsatz I

7. Risiken des Kreditgebers

8. Berechnung des Erwarteten Verlustes

9. Definition der Ist-(Ausfall-)Risikokosten

10. Wahrscheinlichkeitsverteilung von Kreditausf‰llen

11. Einfluss der Anzahl der Brachen auf die Diversifikation der Verlustverteilung

12. Beispielhafte Korrelation verschiedener Branchen im Kreditportfolio

13. Bestimmung des Credit-Value-at-Risk

14. Kalkulation der Standardabweichung der Ist- zu den Standardrisikokosten

15. Migrationstabelle f¸r den einj‰hrigen Betrachtungszeitraum

16. Beispielberechnung des Krediterwartungswertes der Anleihe

17. Interpretation des Risikofaktors

18. Beispielrechnung zur Projizierung von Ausfallraten und Risikofaktoren

19. Musterportfolio CreditRisk+

20. Ermittlung des erwarteten Verlustes mittels Exposure-B‰ndern

21. Berechnung der Verlustverteilung in CreditRisk+

22. Konzept der Kreditrisikosteuerung in Genossenschaftsbanken

23. Noch zu entwickelnde Ratingverfahren

24. Berechnung des Konditionsbeitragsbarwertes

25. Risikoergebnis des Kreditportfolios (vermˆgensorientiert)

26. Risikoergebnis aus dem Bestand (periodisch)

27. Die Ergebniskomponenten der Gesamtbank

Abk¸rzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Beschreibung des Problems

ÑDer Eckpfeiler des Bankgesch‰fts ist die ‹bernahme und das Management von Risiken.ì1

Bereits im Jahre 1996 hat die Deutsche Bank AG in ihrem Gesch‰ftsbericht erkannt, was heute f¸r jedes Kreditinstitut allerhˆchste Priorit‰t besitzt. Denn die eindeutig dominierende Ursache f¸r Schieflagen und massive Ergebniseinbr¸che der Banken sind Kreditrisiken, die falsch eingesch‰tzt wurden und sich aufgrund der allgemeinen schlechten wirtschaftlichen Lage in den sprunghaft angestiegenen Insolvenzzahlen ausdr¸cken.

Konjunktur- und Insolvenzentwicklung in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung Nr. 1, Eigene Darstellung; Quelle: Statistisches Bundesamt, Neue Baseler Zeitung

Neben der hohen Kreditrisikovorsorge belasten niedrige Gewinne, verursacht durch den harten Wettbewerb untereinander sowie mit aufstrebenden Spezialinstituten wie Direkt- und Autobanken und die Verringerung der Margen im traditionellen Kreditgesch‰ft die Gewinnsituation der klassischen Kreditinstitute. Die Folge sind hohe Verluste der Banken, die nur auf Kosten von Eigenkapital bew‰ltigt werden kˆnnen. Als aktuelle Beispiele dienen hier die WestLB AG, die HypoVereinsbank AG sowie die Commerzbank AG, die allesamt durch eine stark erhˆhte Risikovorsorge in die Verlustzone geraten sind.

Aber nicht nur die Groflen der Branche haben mit diesen Problemen zu k‰mpfen. Gerade die als Hauptfinanziers des deutschen Mittelstands auftretenden Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Sparkassen leiden unter der Insolvenzwelle, die den Mittelstand momentan erfasst. Problematisch ist, dass vielen Kreditinstituten gar nicht immer bewusst ist, was f¸r ein Risiko sie in ihren Kreditb¸chern beherbergen. Deshalb ist ein funktionierendes Kreditrisikomanagement zur Steuerung des Kreditgesch‰ftes unerl‰sslich, um zuk¸nftige Bankinsolvenzen, wie in der Vergangenheit bei der Frankfurter Gontard & MetallBank AG oder der SchmidtBank AG zu vermeiden.

Dieses alles hat auch den Gesetzgeber verst‰rkt auf den Plan gerufen. Mit dem sog. Basel-II-Abkommen sind Richtlinien und Ans‰tze zur verbesserten Steuerung des Kreditmanagementprozesses festgelegt worden, um eine Reduzierung des Eigenkapitals der Banken durch Forderungsausf‰lle zu vermeiden. Die Entwicklung und Umsetzung solcher Ans‰tze sind sehr zeit- und kostenaufwendig. Deshalb haben die - gemessen an der Bilanzsumme - zumeist kleineren Volks- und Raiffeisenbanken bisher weitestgehend auf ein modernes Kreditrisikomanagement verzichtet. Seit kurzer Zeit steht den Volks- und Raiffeisenbanken mit VR-Control (VR steht als Abk¸rzung f¸r Volks- und Raiffeisenbanken) ein Gesamtbanksteuerungs- konzept zur Verf¸gung, das sie in ihrem Kreditrisikomanagement unterst¸tzt.

1.2 Gliederung der Arbeit

Die Arbeit umfasst neben der Einleitung und dem Fazit f¸nf Kapitel, die sich in drei Hauptteile aufteilen. Im ersten Hauptteil werden im zweiten Kapitel das bisherige Kreditrisikomanagement einer Genossenschaftsbank am Beispiel der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG aufgezeigt und im dritten Kapitel die Anforderungen und ƒnderungen an die Kreditrisikosteuerung, hervorgerufen durch Basel II, kurz dargestellt. Im zweiten Hauptteil befasst sich das vierte Kapitel mit der Thematik ÑKreditrisikoì sowie der risikoadjustierten Bepreisung von Einzelkrediten. Im f¸nften Kapitel werden die Erkenntnisse der Kreditw¸rdigkeitspr¸fung aus dem zweiten Kapitel und der risikoadjustierten Bepreisung aus dem dritten Kapitel genutzt, um sich dann mit den Mˆglichkeiten der Kreditportfoliosteuerung auseinander zu setzen.

Der dritte Hauptteil baut auf den Erfahrungen der bisherigen Kapitel auf. Dabei wird das zuk¸nftige Kreditrisikomanagement in Genossenschaftsbanken als Teil der Gesamt- banksteuerung im Rahmen des Projektes VR-Control aufgrund der in dieser Arbeit erlangten Ansichten kritisch betrachtet. Schliefllich wird auch der derzeitige Stand der Umsetzung in der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG aufgezeigt.

2 Darstellung des bisherigen Kreditrisikomanagements

2.1 Kurzportrait der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG

Die Volksbank Paderborn-Hˆxter eG ging aus dem Zusammenschluss der Volksbank Paderborn eG und der Volksbank Hˆxter-Beverungen eG zum 01.01.2003 hervor. Durch die Fusion entstand, gemessen an der Bilanzsumme von ¸ber drei Milliarden Euro, eine der grˆflten Volksbanken Nordrhein-Westfalens, deren ¸ber 700 Mitarbeiter an mehr als 60 Standorten alle Produkte einer Universalbank anbieten. Das in Ostwestfalen gelegene Gesch‰ftsgebiet umfasst ca. 2.500 km2 und entspricht geographisch ziemlich genau der Grˆfle des Saarlandes.2,3 Die Bevˆlkerungsanzahl von 440.000 ist mit der einer Groflstadt wie Leipzig oder Dresden zu vergleichen.4

Das bilanziell ausgewiesene Eigenkapital der fusionierenden Banken betrug zum 31.12.2002 144,8 Millionen Euro, die Kundenforderungen 1.859,6 Millionen Euro, die Kundeneinlagen 2.181,2 Millionen Euro.

Die Volksbank Paderborn-Hˆxter eG gehˆrt der Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken e.V. (Garantiefonds und Garantieverbund) an.5

2.2 Bisherige Form des Risikomanagements in der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG

Die bisherige Form des Risikomanagements hatte viele Pfeiler, war aber dennoch nicht so ausgepr‰gt, wie es in den neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarungen vorgeschrieben ist. Die Ver‰nderungen im Laufe der Zeit sind sehr dynamisch und greifen ineinander ¸ber. Manche Anforderungen aus Basel II sind bereits erf¸llt, bei Anderen werden gerade die Vorbereitungen getroffen.

In diesem Kapitel soll auf folgende Bausteine des Risikomanagements eingegangen werden:6

1. Die vier Risikokreditgruppen
2. Das SMART-Bilanzanalyseprogramm
3. Der R-Index
4. Das Programm GENO-FBS
5. Das BVR-I-Rating
6. Die systematische Auswertung des Kreditportfolios
7. Die Einzelwertberichtigung
8. Die Mindestanforderungen an das Kreditgesch‰ft (MaK)
9. Die Verbriefung von Kreditrisiken

2.2.1 Die vier Risikogruppen

Die vergebenen Kredite wurden bisher in vier Risikogruppen unterteilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Neukredite wurden i. d. R. nur in den Risikogruppen 10 und 20 vergeben. In den schlechteren Risikogruppen (30 und 40) wurden unter Umst‰nden Sanierungskredite (Liquidit‰t, die zur Gesundung dem Unternehmen zur Verf¸gung gestellt wird) gew‰hrt bzw. bestehende Engagements prolongiert.

Vor der Einf¸hrung der Risikogruppen Ñ10 ñ 40ì wurden sie mit Ñ1, 2 a, 2 b und 3ì bezeichnet. Die Kriterien zur Abstufung waren bereits die gleichen.7

2.2.2 Das SMART-Bilanzanalyseprogramm

Angefangen hat das Risikomanagement im Firmenkundengesch‰ft mit der Einf¸hrung des selbstentwickelten Bilanzanalyseprogramms ÑSMARTì in Verbindung mit einer Diskriminanzanalyse. Bis zum Jahr 2000 wurde diese Form der Aufbereitung der Bilanzen, die auf einige wenige Bilanzkennzahlen ausgelegt war, durchgef¸hrt. Zwei dieser Kennzahlen, die Eigenkapitalquote und die Gesamtkapitalrentabilit‰t, wurden verwendet, um den sogenannten ÑR-Indexì zu berechnen. Zus‰tzlich wurden die zu bewilligenden Kredite im Rahmen der Kreditprotokollierung verbal beurteilt sowie eine Kapitaldienstf‰higkeitsberechnung (KDF-Berechnung) durchgef¸hrt. Anschlieflend erfolgte die Einordnung des Kreditnehmers in eine der vier Kreditrisikogruppen.

Den Hauptausschlag f¸r die Einstufung in eine der vier Kreditrisikogruppen ergab sich aus dem Kreditprotokoll des Firmenkundenberaters und des Sachbearbeiters, der oftmals mit Hilfe seiner Erfahrung und den persˆnlichen Kenntnissen der wirtschaftlichen Lage sowie den privaten Verh‰ltnissen des Kreditnehmers nebst den angebotenen Sicherheiten seine Einsch‰tzung Ñaus dem Bauchì heraus f‰llte.8

2.2.2.1 Die Diskriminanzanalyse

Bei der Diskriminanzanalyse wird angenommen, dass sich ¸ber einen l‰ngeren Zeitraum Bilanz- und GuV-Daten (Gewinn und Verlustrechnung) aus den Jahresabschl¸ssen guter und schlechter Unternehmen so signifikant voneinander unterscheiden, dass daraus Erkenntnisse ¸ber Ausfallpotenziale der betrachteten Unternehmen abgeleitet werden kˆnnen. Als gute Unternehmen werden solche eingestuft, die bis zum gegenw‰rtigen Zeitpunkt keine Zahlungsstˆrungen vorweisen, wobei schlechte Unternehmen, die zudem nicht ¸ber eine ausreichende Bonit‰t f¸r eine Kreditvergabe verf¸gen, Zahlungsstˆrungen zeigen. Mit Hilfe von aussagef‰higen Bilanzkennziffern, die zu einer Diskriminanzfunktion kombiniert werden, werden gute von schlechten Unternehmen unterschieden, und es kann so eine erste Grobeinteilung erfolgen, um mehr Zeit f¸r die Analyse der Unternehmen zu haben, die sich in der Grauzone, zwischen Ñgutì und Ñschlechtì, befinden.

Als Kritik an diesem Verfahren wird oftmals angef¸hrt, dass nur mit vergangenheitsbezogenen Daten gearbeitet wird. Deshalb sollten zukunftsorientierte Einsch‰tzungen und Beurteilungen quantitativer und qualitativer Daten sowie weitere soft-skills die Kreditentscheidung erg‰nzen.9

2.2.3 Der R-Index

Der R-Index wurde von Dr. G¸nter Reimund, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Volksbank Paderborn eG und damals zust‰ndig f¸r den gesamten Bereich Kredit innerhalb des Vorstandes, im Rahmen seiner Dissertation entwickelt. Die Kernaussage dieses R-Index ist, dass ein Kredit an eine Unternehmung vergeben werden kann, wenn folgendes gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2.4 GENO-FBS

Im Jahr 2000 wurde ÑGENO-FBSì, ein einheitliches Bilanzanalyse-Programm, im Genossenschaftsbereich, eingef¸hrt. Dieses Bilanzanalysetool ist weit umfassender als das bisherige SMART-Programm. Neben der Ermittlung traditioneller Bilanzkennzahlen lieferte dieses Programm einen Risikoindex (Gesamtscoringwert). Dieser Gesamt- scoringwert nach Professor Dr. G. Weinrich basiert auf den Einflussfaktoren: Finanzkraft, Ertragskraft, Kapitalkraft und Zahlungsverhalten. Zwischen den Einflussfaktoren bestehen keine mathematische Zusammenh‰nge und die Ermittlung des Risikoindex ist f¸r den Auflenstehenden somit nicht objektiv nachvollziehbar (sogenannte Blackbox). Dieses f¸hrte immer wieder zu Kritik an diesem Wert. Aus dem Ergebnis der Geno-FBS-Auswertung zusammen mit dem Votum der Organisations- bereiche Markt und Marktfolge kann wiederum eine Eingruppierung in eine der vier Kreditrisikogruppen zustande.10

2.2.4.1 Vorgehensweise von GENO-FBS

Dieses Bilanzanalyseprogramm erarbeitet in drei Schritten einen Gesamtscoringwert f¸r das zu bewertende Unternehmen. Im ersten Schritt werden 14 Bilanzkennzahlen anhand der Bilanz errechnet. Im zweiten Schritt werden diese zu vier Einzelscoringwerten (Einflussfaktoren) komprimiert. Im letzten Schritt werden diese vier Werte in einer ÑBlackboxì zu einem Gesamtscoringwert verdichtet.11 Da zur Ermittlung auf eine grofle Anzahl an Vergleichsdaten zur¸ckgegriffen werden muss, kann keine Individualisierung bezogen auf die einzelnen Banken erfolgen, da diese zu wenige Kunden haben, um die erforderliche Menge an Datenmaterial bereitzustellen.12

2.2.4.2 Weitere Funktionen von GENO-FBS

GENO-FBS bietet aber noch weitere Funktionen aufler der Ermittlung des Gesamtscoringwertes an - zum Beispiel

- eine ¸bersichtliche Aufbereitung der Bilanz
- die Ermittlung diverser Kennzahlen
- Branchen- und Zeitvergleiche

2.2.4.3 Kritische Betrachtung von GENO-FBS

Die Aussagekraft des Gesamtwertes in bezug auf die erfolgte Einstufung des Unternehmens hing nat¸rlich stark von der Aktualit‰t der Bilanz und von der Rechtsform der Unternehmung ab. Bei grˆfleren Kapitalgesellschaften konnte von einer guten Aussagekraft ausgegangen werden, denn die Zahlen waren i. d. R. aktuell und nicht mit eventuellen privaten Bilanzierungsinteressen bez¸glich der Steuer, wie es schon mal bei kleineren GmbHs vorkommt, durchsetzt.13 Um dieses Problem zu umgehen, wurde zus‰tzlich noch ein Votum erstellt, in dem der Sachbearbeiter auf die persˆnlichen Umst‰nde der Gesch‰ftsf¸hrung n‰her einging. Zusammen mit dem Ergebnis aus dem GENO-FBS erfolgte die Einstufung des Unternehmens in eine der Kreditrisikogruppen. Ein weiterer Kritikpunkt ergab sich bei der Nutzung des Branchen- und Zeitvergleiches. Da dieses Angebot kostenpflichtig ist, wird es von den Banken auch nur bei Zweifel bez¸glich der Bonit‰t der Unternehmen bei Kreditanfragen genutzt. Im Gegenzug werden dann diese Daten dem Datenpool von GENO-FBS zur Verf¸gung gestellt. Die Folge ist, das der Datenanteil von Ñschlechtenì Unternehmen ¸berproportional ¸berwiegt und so der Branchenvergleich ein negativ verzerrtes Bild widerspiegelt.

Mittlerweile wurde GENO-FBS im Bereich des Firmenkundenratings eingestellt. Was beibehalten wurde, ist die Auswertung der Bilanz, und anstelle des Gesamtscoring- wertes tritt nun ein Wert f¸r die Benotung der hard-skills im Rahmen des bereits eingef¸hrten Moduls f¸r Firmenkundenrating beim BVR-II-Ratingverfahren (Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken), der sich auf Kennzahlen und der mit GENO-FBS aufbereiteten Bilanz begr¸ndet.14

2.2.5 Das BVR-I-Rating: (R)isiko-, (B)onit‰t-, (S)icherheiten ñ Systematik

Im Jahr 2002 wurde mit dem BVR I ñ Rating das erste standardisierte Ratingverfahren eingef¸hrt. Charakteristisch f¸r dieses Programm ist, dass neben der Beurteilung der Bilanz (hard-skills) auch Bereiche wie Unternehmensumfeld, Management oder das Produkt, bzw. die Dienstleistung (soft-skills) verst‰rkt in der Risikoeinstufung des Unternehmens Beachtung finden. Dieses Rating liefert der Bank eine Einstufung hinsichtlich der Bonit‰t des Kunden (Schulnotensystem von 1 bis 6). Zusammen mit der aus dem operativen System der Genossenschaftsbanken (BB3) hergeleiteten Note f¸r die Besicherung (auf Basis der Absicherungsquote) kann hier anhand einer Matrix eine Gesamtrisikoeinstufung und letztendlich die Zuordnung zu einer der vier Risikogruppen erfolgen.15,16

2.2.5.1 Vorgehensweise zur Ermittlung eines Ratings

Die Kunden werden dreistufig betrachtet. Zum einen wird eine Note f¸r die Bonit‰t des Kunden festgelegt. Dieses erfolgt mit Hilfe von Rating- bzw. Scoring-Verfahren. Aktuellstes Verfahren ist hier das BVR-II-Rating. Da dieses noch nicht f¸r alle Kundengruppen seitens des BVR zur Verf¸gung steht, wird parallel auch noch das BVR-I-Rating eingesetzt. Im Mengenkreditgesch‰ft kommt das BB3-Antrags-Scoring zum Einsatz.

Zus‰tzlich zur Einstufung der Bonit‰t erfolgt eine Notenvergabe f¸r die Besicherung des Kreditnehmers. Je nach prozentualer Absicherung des Kunden erfolgt eine automatische Notenvergabe durch das operative System der Genossenschaftsbanken BB3 (100% Absicherung = Note 1; 0% Absicherung = Note 6). Auf Grundlage einer verbandsseitig festgelegten, einheitlichen ‹berleitungsmatrix erfolgt dann systemseitig die Vergabe einer Risikonote und einer Kreditrisikogruppe. Der festgelegten Risikonote ist dann wiederum hausintern eine ÑZuk¸nftige Handhabung f¸r das Engagement zugeordnetì.17

2.2.5.1.1 BVR-I-Ratingmodule

Das BVR-I-Rating besteht aus f¸nf Modulen f¸r die unterschiedlichen Kundengruppen:

1. Qualifizierte Firmenkunden (Unternehmen)
2. Mengen-Firmenkunden (Kleingewerbetreibende)
3. Freiberufler
4. Landwirte
5. Qualifizierte Privatkunden (grˆflere private Finanzierungen, z. B. Baufinanzierungen)

F¸r das Mengengesch‰ft im Privatkundenbereich wird ein Scoring-Verfahren eingesetzt. Mit Hilfe dieser Module kann die Bonit‰t des Kreditnehmers eingestuft werden.

2.2.5.1.2 Die Bonit‰tseinstufung mit Hilfe des BVR-I-Ratings

Die Bewertung der ÑBonit‰tì des Unternehmens erfolgt durch eine Beurteilung von f¸nf Bonit‰tsklassen, drei qualitative und zwei quantitative, die wiederum insgesamt 17 Unterklassen, sogenannte Bonit‰tskriterien aufweisen.18 Jeder Bonit‰tsklasse kommt systemseitig die gleiche Gewichtung zu. Die Volksbank Paderborn-Hˆxter eG hat jedoch in bestimmten Bonit‰tskriterien Ausschlusskriterien festgelegt, damit Kreditnehmer mit schlechten wirtschaftlichen Daten nicht aufgrund der soft-skills zu gut bewertet werden. Die Benotung der Bonit‰tskriterien wird mittels einer Vergabe von Noten vorgenommen, wobei sich die Skalierung am deutschen Schulnotensystem orientiert. Demnach ist die Note Ñ1ì das beste und die Note Ñ6ì das schlechteste Ergebnis. Die Endnote einer Bonit‰tsklasse kommt durch Summierung der einzelnen Noten der jeweiligen Bonit‰tskriterien mit anschlieflender Division durch die Anzahl der bewerteten Bonit‰tskriterien in der jeweiligen Bonit‰tsklasse zustande.

Hierzu ein kurzes Beispiel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Gesamtnote der Bonit‰tseinstufung ergibt sich analog zur Benotung der einzelnen Bonit‰tsklasse, indem die Endnoten der Bonit‰tsklassen, wiederum summiert und anschlieflend durch die Anzahl der in die Summe eingegangen Bonit‰tsklassen dividiert wird. Die Gesamtnote wird gegebenenfalls aus Gr¸nden der vorsichtigen Bewertung eines Engagements aufgerundet.

2.2.5.1.3 Die Einstufung in eine Sicherheitenklasse

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung Nr. 2, Eigene Darstellung, vgl. Biegert (2001) S. 123

2.2.5.1.4 Die Feststellung der Risikoklasse

Die Ermittlung der Risikoklasse erfolgt anhand der Gesamtnote aus den Bonit‰tsklassen und der Einstufung in eine Sicherheitenklasse ¸ber einen Risikoschl¸ssel, der in folgender Matrix ablesbar ist:

Sicherheiten-Risikoschl¸ssel-Matrix

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung Nr. 3; vgl. Biegert (2001), S. 123

Zur Feststellung des Risikoschl¸ssels sei angenommen, dass bei der Bewertung eines Beispielunternehmens XY bisher folgende Aussagen getroffen worden sind:

Bonit‰tseinstufung: 3

Sicherheitenklasse: 2

Im Schnittpunkt der Kombination Bonit‰tseinstufung ì3ì und der Sicherheitenklasse ì2ì liegt das Feld mit der Risikoschl¸sselkombination ì232ì. Diese ist wie folgt zu interpretieren:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Erweiterung zu dieser oben angef¸hrten Matrix gibt es eine zus‰tzliche Matrix, die diesen RBS-Schl¸sseln (Risiko, Bonit‰t, Sicherheit) Kreditrisikogruppen (10 bis 40) zuordnet.19

Die nun zu ergreifenden Maflnahmen hinsichtlich der Betreuung lauten wie folgt:

Risikonote-Maflnahmen-Matrix

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung Nr. 4; Aus dem Kredithandbuch der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG

2.2.6. Systematische Auswertung des Kreditportfolios

Im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung einer aktiven Kreditrisikosteuerung wurde das gesamte Kreditportfolio im Jahr 2000 segmentiert, um festzustellen, wie das Kreditrisiko bez¸glich der Kreditrisikogruppen, Branchen oder Volumina der einzelnen Engagements aufgestellt ist. Ziel war es, Klumpenrisiken in Branchen oder Volumina einzelner Kunden aufzudecken und entsprechende Gegenmaflnahmen wie z. B. eine bessere Verteilung des Kreditrisikos, einzuleiten.20

2.2.7 Die Einzelwertberichtigung

Das Kreditinstitut ist in seiner Funktion als Kaufmann21 nach dem Gesetz dazu verpflichtet, nach der Ñkaufm‰nnischen Vorsichtì zu bilanzieren, das heiflt alle potentielle Risiken zu bewerten und gegebenenfalls Vorsorge in Form von Einzelwertberichtigungen zu treffen oder Abschreibungen durchzuf¸hren.22

Deshalb werden f¸r die Kredite, die der Risikogruppe 40 angehˆren, Einzelwertberichtigungen vorgenommen, die sich dann in der Gewinn- und Verlustrechnung der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG unter der Position ÑAbschreibungen und Wertberichtigungen auf Forderungen und bestimmte Wertpapiere sowie Zuf¸hrung zu R¸ckstellungen im Kreditgesch‰ftì wiederfinden.23 Abgeschriebene Kredite werden sowohl aus der Risikogruppe 40 als auch aus dem operativen System BB3 herausgebucht.

2.2.8 Die Mindestanforderungen an das Kreditgesch‰ft (MaK)

Die Mindestanforderungen an das Kreditgesch‰ft liegen seit Dezember 2002 vor. Ihre Umsetzung soll bei den Kreditinstituten in zwei Schritten erfolgen: Die inhaltliche Umsetzung bis zum 30. Juni 2004 und die notwendigen Anpassungen im IT-Bereich bis zum 31. Dezember 2005. Die MaK bilden inhaltlich f¸r die Banken drei Themenschwerpunkte:

1. Die Entwicklung einer Kreditrisikostrategie als Rahmen f¸r die Gesch‰fts- aktivit‰ten sowie deren Dokumentation im Kreditgesch‰ft.
2. Die Festlegung von Standards f¸r die Organisation des Kreditgesch‰ftes, unter anderem f¸r die verschiedenen Prozesse bzw. Teilprozesse (Dokumentation in den Organisationsrichtlinien).
3. Die systematische Identifizierung, Steuerung und ‹berwachung von Risiken im Kreditgesch‰ftì.24

Zu 1) Die Kreditinstitute sollen anhand einer Ist-Analyse der gesch‰ftspolitischen Ausgangssituation, einer Einsch‰tzung der zuk¸nftigen Risiken bez¸glich des Kreditgesch‰ftes und einer Absch‰tzung, wie viel Kreditrisiko das Institut ¸berhaupt tragen kann, eine Kreditrisikostrategie festlegen.
Zu 2) Der Kreditbereich muss organisatorisch aufgeteilt werden, d. h. es werden die Bereiche ÑMarktì und ÑMarktfolgeì eingerichtet, die gemeinsam zu einer objektiveren Kreditentscheidung kommen sollen. Zudem soll ein Ñvom Markt g‰nzlich unabh‰ngiges ‹berwachungssystem auf Portfolioebene und ein unabh‰ngiges Berichtswesenì eingerichtet werden,25 um die Ñin Zukunft immer wichtiger werdende Portfoliosteuerung zu ber¸cksichtigenì.26

Zu 3) Die Kreditinstitute m¸ssen ¸ber geeignete Risikoklassifizierungsverfahren verf¸gen, um eine moderne Portfolio- bzw. Gesamtbanksteuerung betreiben zu kˆnnen.27

2.2.8.1 Die bisherige Umsetzung der MaK

Wie es nach dem MaK vorgeschrieben ist, wurde eine Gruppe (Spezialkredit- management) eingerichtet, die sich speziell mit kritischen Kreditengagements besch‰ftigt. Dies geschah zum einen im Hinblick auf die Anforderungen der MaK, zum anderen aber auch aufgrund der Gegebenheiten der Praxis. ‹ber die Anforderungen der MaK hinaus wurde eine spezielle Abteilung ÑKreditrisikomanagementì gegr¸ndet. Die Mitarbeiter dort beobachten vergebene Kredite der Bank in bezug auf Unregelm‰fligkeiten bei der R¸ckf¸hrung, um hier anhand eines Fr¸hwarnsystems rechtzeitig eingreifen zu kˆnnen.

Weitere Aufgabenbereiche dieser Mitarbeiter sind:

1. die Festlegung der relevanten Prozesse und einzusetzenden Verfahrensweisen im Kreditgesch‰ft
2. die Bestimmung des Sicherheitenwertes f¸r grofle Immobilien durch unabh‰ngige Wertgutachten
3. die Durchf¸hrung des Zentralen Mahnwesens im Bereich der Servicekunden

2.2.9 Die Verbriefung von Kreditrisiken

Diese Form des Kreditrisikomanagements ist erst in den letzten Jahren verst‰rkt aufgetreten. Seit Beginn der 80er Jahre gibt es ein sehr dynamisches Wachstum auf diesem Markt in den USA, der nun auch auf Europa ¸bergeschwappt ist.28 Im Jahr 2003 beteiligte man sich erstmalig in Zusammenarbeit mit der Deutschen Genossenschafts-Hypothekenbank (DG Hyp) an einer ABS (Asset Backed Security) und konnte so Kreditrisiken aus dem Portfolio Ñauslagernì. Der Vorteil f¸r das Kreditinstitut liegt darin, dass es auf diesem Weg sein Kreditportfolio vom Kreditrisiko entlasten kann und so auch dementsprechend weniger Eigenkapital zur Hinterlegung der Risikoaktiva vorhalten muss. Diese Auslagerung des Risikos erfolgte in Form eines Credit Default Swap. Der Preis, den die Volksbank Paderborn-Hˆxter eG (Risikoverk‰ufer) an die DG Hyp als Abnehmer (Risikok‰ufer) des Kreditrisikos zahlen muss, ist als eine Art Versicherungspr‰mie zu sehen29, denn die Kredite selber werden auch noch weiterhin von der Bank bilanziert. Der Kunde bemerkt von dieser Transaktion nichts, da nur das Kreditrisiko in Form des Ausfallrisikos des Kreditnehmers auf die DG Hyp ¸bertragen wird.

3 Anforderungen und Ver‰nderungen durch Basel II

3.1 Kurz¸berblick von Basel I

Im Juli 1988 wurde im schweizerischen Basel die erste und noch voraussichtlich bis Ende 2006 g¸ltige Vereinbarung des Ausschusses der Zentralbanken und Bankenaufsichtsinstanzen der sogenannten G 10 Staaten30 zur Eigenkapitalunterlegung von Forderungen der (internationalen) Banken gegen¸ber Schuldnern aus dem Nichtbankensektor verˆffentlicht. Alle teilnehmenden Staaten hatten diese Vereinbarungen bis zum Ende des Jahres 1992 umzusetzen. Diese Richtlinien hatten keinen gesetzlichen Charakter, da der Basler Ausschuss nicht in der Lage war, Gesetze zu verabschieden. Allerdings kam die Wirkung der getroffenen Vereinbarungen einem Gesetz gleich, da sie eine sehr starke faktische Bindungswirkung f¸r nationale Bankaufsichtsbehˆrden hatte. Mittlerweile haben die Zentralbanken von mehr als 100 Staaten diese Richtlinien umgesetzt.

3.2 Inhalte und Absichten von Basel I

Das 1988 verabschiedete Papier hatte seinen Ursprung in der Tatsache, dass ìdas Eigenkapital der wichtigsten Banken weltweit aufgrund des anhaltenden Konkurrenzkampfs auf einen gef‰hrlichen Tiefstand gesunken warì.31 Daraufhin wurde im Basel I ñ Papier vereinbart, dass Kreditinstitute Kredite an ihre Kunden mit acht Prozent Eigenkapital hinterlegen m¸ssen, damit bei Kreditausf‰llen die Bilanz der Gesch‰ftsbank nicht in eine bedrohliche Schieflage ger‰t und letztendlich die Zahlungsunf‰higkeit der Bank festgestellt werden muss, was dann dem gesamten Finanzsystem einen Schaden in Form von Vertrauensverlust in das System als solches bescheren w¸rde.

3.3 Der neue Basler Akkord (Basel II)

Gut elf Jahre nach der Verˆffentlichung von Basel I hat man sich Gedanken ¸ber eine Reformierung der damals getroffenen Vereinbarungen gemacht und ein neues Papier entwickelt, das sich auf drei tragende S‰ulen st¸tzt, um erhˆhte Sicherheit und Solidit‰t im weltweiten Finanzsystem zu gew‰hrleisten. Gleichzeitig wird mit der vor- geschriebenen Einf¸hrung eines Ratings des Kreditnehmers ein neues Zeitalter bei der Vergabe von Krediten in den Kreditinstituten eingel‰utet. Rating hat es schon immer gegeben, jedoch war es vorher nicht an allgemeing¸ltige Regeln gekn¸pft, wie sie jetzt im Konsultationspapier der ÑNeuen Baseler Eigenkapitalvereinbarungì vorliegen, sondern die einzelnen Kreditinstitute konnten ihre Kreditnehmer nach eigenen Verfahren einsch‰tzen und ihre internen Schl¸sse daraus ziehen. Auswirkungen auf die gewichtete Risikoaktiva und somit auf das zu hinterlegende Eigenkapital hatten diese Einsch‰tzungen aber nicht, denn bei der Anrechnung der Kredite auf die gewichtete Risikoaktiva z‰hlte nur, welchem Segment der Kreditnehmer hinzuzurechnen ist, nicht aber seine Bonit‰t. Dies ist eine der wichtigsten Neuerungen, die Basel II bringen wird. Zuk¸nftig spielt gerade die Bonit‰t, festgestellt durch interne oder externe Ratings, und die mit ihr verbundene Ausfallwahrscheinlichkeit der Kredite die entscheidende Rolle, mit wie viel Prozent der vergebene Kredit auf die Risikoaktiva der Bank angerechnet wird. Unver‰ndert bleibt die Hˆhe des Eigenkapitals, dass auch weiterhin mindestens acht Prozent der gewichteten Risikoaktiva betragen muss.

Eine weitere bemerkenswerte Neuerung ist die Beachtung des operationellen Risikos der Bank. Seine W¸rdigung findet es darin, dass ein gewisser Prozentsatz vom Bruttodurchschnittsgewinn der letzten drei Jahre mit 100 Prozent der gewichteten Risikoaktiva hinzugerechnet wird und so auch mit Eigenkapital unterlegt werden muss.32

3.4 Die drei tragenden S‰ulen des neuen Baseler Akkordes

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung Nr. 5 vgl. Hoffmann (2001), S. 9

3.4.1 Die erste S‰ule ñ Quantitative Eigenkapitalanforderungen

Sie besch‰ftigt sich mit den Mindeststandards der Eigenkapitalausstattung der Banken. Die vier grundlegenden Elemente sind:

- eine aufsichtsrechtliche Eigenkapitaldefinition
- die risikogewichtete Aktiva
- die Berechnung der Mindesteigenkapitalquote
- die Behandlung des operativen Risikos33

3.4.2 Die zweite S‰ule ñ Qualitative Aufsicht

ÑDas aufsichtliche ‹berpr¸fungserfahren der Neuen Eigenkapitalvereinbarung soll nicht nur sicherstellen, dass Banken ¸ber angemessenes Eigenkapital f¸r alle ihren Gesch‰ften inh‰renten Risiken verf¸gen, sondern sie soll die Banken auch darin best‰rken, bessere Risikomanagementverfahren f¸r die ‹berwachung und Steuerung ihrer Risiken zu entwickeln und anzuwenden.ì34

Hier befasst sich der Baseler Akkord ausf¸hrlich mit der Qualit‰t der Bankenaufsicht, indem vier sogenannte Grundprinzipien vereinbart werden:

- Bankinterne Verfahren zur Beurteilung der angemessenen Eigenkapitalaus- stattung
- Eigenkapital ¸ber den aufsichtrechtlichen Mindestquoten
- ‹berpr¸fung der bankinternen Kapitalad‰quanzmessung und ñstrategien durch die Aufsicht
- Fr¸he Intervention der Aufsicht bei Gef‰hrdung der Einhaltung der Mindest- kapitalanforderungen35

3.4.3 Die dritte S‰ule ñ Transparenz

Sie setzt sich mit der Marktdisziplin auseinander. Hierunter sind Maflnahmen zu verstehen, welche die Kreditinstitute zu einer offenen, transparenten und verl‰sslichen Informationspolitik gegen¸ber den Marktteilnehmern bez¸glich

- Anwendungsbereich
- Eigenkapitalstruktur
- Risikoengagements
- angemessener Eigenkapitalausstattung anhalten bzw. verpflichten.

3.5 Die Berechnung der Mindest-Kapitalanforderungen

Als Kernst¸ck der Neuen Baseler Eigenkapitalvereinbarung ist die erste S‰ule zu bezeichnen, da die Regelungen, die unter ihr aufgef¸hrt werden, fast die H‰lfte des gesamten neuen Konsultationspapiers ausmachen. Hier wird ausf¸hrlich auf die Berechnung der Mindest-Eigenkapitalanforderungen f¸r das Kreditrisiko, Marktrisiko und das operationelle Risiko eingegangen.

Sie bestehen aus der Definition der Begriffe:

- Mindestrelation zwischen Eigenkapital und gewichteter Risikoaktiva (Grundsatz I oder auch ÑSolvabilit‰tskoeffizientì genannt)
- aufsichtsrechtliches Eigenkapital
- gewichtete Risikoaktiva36

3.6 Die Mindestrelation zwischen Eigenkapital und gewichteter Risikoaktiva (Grundsatz I oder Solvabilit‰tskoeffizient)

Wie bereits in Basel I festgelegt, wird die Mindesteigenkapitalquote im Verh‰ltnis zur gewichteten Risikoaktiva weiterhin acht Prozent betragen, beziehungsweise darf die Summe der gewichteten Risikoaktiva einer Bank maximal das 12,5fache ihres aufsichtsrechtlichen Eigenkapitals betragen. Das Verh‰ltnis kann auch so dargestellt werden:37,38

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.7 Das aufsichtsrechtliche Eigenkapital

Die Eigenmittel werden inß10 KWG (Kreditwesengesetz) definiert. Sie setzen sich zusammen aus dem Kernkapital, dem Erg‰nzungskapital und den Drittrangmitteln. Kern- und Erg‰nzungskapital bilden zusammen das haftende Eigenkapital. Erg‰nzungskapital und Drittrangmittel sind nur begrenzt ber¸cksichtigungsf‰hig. So wird z. B. Erg‰nzungskapital nur bis zu 100% des Kernkapitals als haftendes Eigenkapital f¸r den Grundsatz I anerkannt.

Berechnung der Eigenmittel f¸r den Grundsatz I

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung Nr. 6; Berechnung der Eigenmittel f¸r den Grundsatz I39

Zur Vermeidung einer Doppelbelegung von Kapital d¸rfen Eigenmittel, die bereits zur Unterlegung anderer Risiken (z. B. Groflkredit¸berschreitungen gem. ßß 13 u. 13a oder bedeutender Beteiligungen gem.ß12 KWG) genutzt werden, nicht zur Unterlegung von Risikopositionen im Rahmen des Grundsatzes I herangezogen werden.

3.8 Die gewichtete Risikoaktiva

Die gewichtete Risikoaktiva ist die Summe aller Risken, die nach dem Grundsatz I mit Eigenkapital zu hinterlegen ist. Die Risiken teilen sich auf in:

- Marktrisiken
- Operationelle Risiken
- Kreditrisiken (Adressrisiko)40

3.8.1 Definition des Risikos

Eine klassische Definition des Risikos in der Betriebswirtschaftslehre wird man vergebens suchen. Die verschiedenen Ans‰tze lassen sich aber auf zwei verschiedene Grundrichtungen komprimieren:41,42

- ursachenbezogener Ansatz

[...]


1 vgl. Deutsche Bank 1996, S. 29

2 vgl. http://www.vb-paderborn-hoexter.de 10.11.2003, 16.40 Uhr

3 vgl. Jahresbericht 2002 der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG, S. 7

4 vgl. http://www.leipzig.de bzw. http://www.dresden.de 10.11.2003, 16.45 Uhr

5 vgl. Jahresbericht 2002 der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG, S. 15

6 aus einem Interview mit der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG am 13.11.2003, vertreten durch J¸rgen Pachur

7 Definitionen nach dem operativen System der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG, genannt BB3

8 aus einem Interview mit der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG am 13.11.2003, vertreten durch Stefanie Cooper

9 vgl. Dahmen; Jacobi; Rossbach (2003), S. 122

10 aus einem Interview mit der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG am 13.11.2003, vertreten durch J¸rgen Pachur

11 vgl. Anlage Nr. 1

12 vgl. Kastens/Reents (2000), S.118 - 120

13 vgl. Kastens/Reents (2000), S. 121

14 aus einem Interview mit der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG am 13.11.2003, vertreten durch J¸rgen Pachur

15 vgl. Biegert (2001), S. 15 ff

16 vgl. Anlagen Nr. 2 und Nr. 3

17 vgl. Anlage Nr. 4

18 vgl. Hromadka/Dˆring (2002)

19 vgl. Anlage Nr. 2 und Nr. 3

20 aus einem Interview mit der Volksbank Paderborn-Hˆxter eG am 13.11.2003, vertreten durch J¸rgen Pachur

21 vgl. HGBß1, Abs. 1

22 vgl. HGBß253, Abs. 3 und 4

23 vgl. Jahresabschluss Volksbank Paderborn eG 2002 ñ Kurzfassung-, S. 4

24 vgl. Lehnhoff (2003), S. 16

25 vgl. Lehnhoff (2003), S. 17

26 vgl. Lehnhoff (2003), S. 17

27 vgl. Lehnhoff (2003), S. 18

28 vgl. http://www.treasury.at 10.12.2003, 17.30 Uhr

29 vgl. Beike/Schl¸tz (2001), S. 521-522

30 Der Basler Ausschuss f¸r Bankenaufsicht ist ein Ausschuss von Bankenaufsichtsbehˆrden, der von den Pr‰sidenten der Zentralbanken der L‰nder der Zehnergruppe 1975 ins Leben gerufen wurde. Er setzt sich zusammen aus hochrangigen Vertretern der Bankenaufsichtsbehˆrden und Zentralbanken von Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Luxemburg, den Niederlanden, Schweden, der Schweiz, den USA und dem Vereinigten Kˆnigreich.

31 vgl. Fischer/Mengers (2001), S. 102

32 vgl. Schulte-Mattler (2003), S. 392

33 vgl. Die Neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung, Abs. 7-160

34 vgl. Die Neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung, Abs. 678

35 aus ÑAktueller Diskussionsstand zur Neufassung der Baseler Eigenkapitalvereinbarungì, LZB im Freistaat Bayern, Hauptbereich Bankenaufsicht

36 vgl. Die Neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung, Abs. 21

37 vgl. Die Neue Baseler Eigenkapitalvereinbarung, Abs. 22

38 zur Definition der Risikoaktiva und deren Anrechnung vgl. Grundsatz I, ßß 4, 6 - 13

39 vgl. http://www.bundesbank.de/bank/bank_eigen_grund.php, 13.12.2003, 14.00 Uhr

40 vgl. Tietmeyer, Hans; Rolfes, Bernd (2002), S. 4

41 vgl. Schulte/Horsch (2002), S. 14

42 vgl. Schulte/Horsch (2002), S. 14

Ende der Leseprobe aus 110 Seiten

Details

Titel
Adaption der Kreditrisikosteuerung einer Genossenschaftsbank an die Anforderungen von Basel II
Hochschule
Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
110
Katalognummer
V27167
ISBN (eBook)
9783638292870
Dateigröße
954 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Adaption, Kreditrisikosteuerung, Genossenschaftsbank, Anforderungen, Basel
Arbeit zitieren
Stefan Haneke (Autor:in), 2004, Adaption der Kreditrisikosteuerung einer Genossenschaftsbank an die Anforderungen von Basel II, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27167

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