Wege aus der Schattenwirtschaft - Ursachen und Folgen der Schattenwirtschaft sowie Handlungsempfehlungen


Seminararbeit, 2004

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Die Schattenwirtschaft als ökonomisches Phänomen
2.1. Definition der Schattenwirtschaft
2.2. Messung der Schattenwirtschaft
2.2.1. Direkte Ansätze
2.2.2. Indirekte Methoden
2.2.3. Kausale Methoden
2.3. Höhe der Schattenwirtschaft

3. Ursachen der Schattenwirtschaft
3.1. Staatliche Aktivität
3.2. Arbeitszeiteffekte
3.3. Hemmschwelleneffekt

4. Folgen der Schattenwirtschaft
4.1. Fiskalische Effekte
4.2. Verteilungseffekte
4.3. Allokationseffekte
4.4. Stabilisierungswirkung

5. Wirtschaftspolitische Handlungsempfehlungen
5.1. Fiskalische Maßnahmen
5.2. Deregulierung
5.3. Transferumgestaltung

6. Fazit

1. Einleitung

Jeder fünfte Deutsche hat in seinem Leben schon einmal „schwarz gearbeitet“, so das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage (vgl. Annette Mummert und Friedrich Schnei- der, 2001). Die Ursachen dafür sind vielfältig, doch vor allem treibt ein großer Steuer- und Abgabenblock die Menschen in die Schattenwirtschaft. Neben der offiziellen Wirt- schaft ist so ein zweiter, verborgener Sektor jenseits der Erfassung durch die amtliche Statistik entstanden.

Das Ziel dieser Arbeit ist die Extraktion eines wirtschaftspolitischen Maßnahmenbündels, das dem Phänomen der dualen Ökonomie entgegengesetzt werden kann und damit Wege aus der Schattenwirtschaft aufzeigt.

Dazu werden zunächst die gebräuchlichen Definitionen von Schattenwirtschaft einge- führt und ein Überblick über die unterschiedlichen Erfassungsmethoden gegeben, um dann eine Quantifizierung der inoffiziellen Wirtschaft für Deutschland vorzunehmen. Daraufhin werden die wichtigsten Ursachen für die Entstehung der Schattenwirtschaft analysiert, wobei ein Schwerpunkt auf der Betrachtung staatlicher Einflüsse liegt. Aus der Existenz und Dynamik schattenwirtschaftlicher Prozesse ergeben sich gesamtwirt- schaftliche Konsequenzen, die im anschließenden Kapitel untersucht werden. Schließ- lich werden aus der Wechselwirkung von Ursachen und Folgen Handlungsempfehlun- gen für die Wirtschaftspolitik abgeleitet.

2. Die Schattenwirtschaft als ökonomisches Phänomen

Im wissenschaftlichen Diskurs über die Schattenwirtschaft werden zum Teil sehr unterschiedliche Abgrenzungskonzepte zugrunde gelegt. Zur exakten Vergleichbarkeit ist daher eine besondere Beachtung des Begriffsverständnisses nötig.

2.1. Definition der Schattenwirtschaft

Eine weit verbreitete, am Konzept der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung anset- zende Definition der Schattenwirtschaft verwendet Friedrich Schneider (2004, S. 3). Sie umfasst alle laufenden, nicht registrierten ökonomischen Aktivitäten, die zum offiziell berechneten bzw. beobachteten Bruttoinlandsprodukt beitragen.

Einen umfassenderen Begriff prägt Roberto Del’Anno (2003, S.4) mit der Abgrenzung von Schattenwirtschaft als solche ökonomischen Aktivitäten und den daraus abgeleiteten Einkommen, die staatliche Regulierung, Besteuerung oder Beobachtung verhindern oder ihr anderweitig ausweichen.

Eine präzisere Definition liegt dem System of National Accounts (SNA) von 1993 zugrunde. Es gliedert schattenwirtschaftliche Aktivitäten unter dem Begriff der „NonObserved Economy“ (OECD, 2002) in drei Problemfelder (ebd.): 1. Underground production Dieser Sektor erfasst alle Tätigkeiten aus dem Bereich der produktiven und lega- len Betätigung, die jedoch absichtlich gegenüber Behörden verheimlicht werden (vgl. ebd.). Antonella Baldassarini und Claudio Pascarella (2003, S.5) trennen dabei zwischen ökonomischen und statistischen Gründen: Unter den Begriff der ökonomischen Anreize fallen dabei etwa Steuer- und Abgabenhinterziehung o- der auch die Verheimlichung der Umgehung arbeitsschutzrechtlicher Vorschrif- ten. Statistische Hintergründe ergeben sich dahingegen aus der mangelnden Sensibilität der befragten Personen für die Notwendigkeit präziser Angaben sowie Unschärfen des statistischen Erhebungssystems.

2. Informal production

Dieser Bereich umfasst die Einheiten, die Güter und Dienstleistungen mit dem primären Ziel produzieren, Beschäftigung und Einkommen bei den betroffenen Personen zu generieren (OECD 2002, S. 162). Charakterisierend sind dabei insbesondere ein niedriger Organisationsgrad, eine verschwindend geringe Trennung zwischen den Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital sowie ein geringes Produktionsausmaß (vgl. ebd.).

3. Illegal production

Der illegale Sektor umfasst alle Güter und Dienstleistungen, deren Verkauf, Verbreitung oder Besitz gesetzlich verboten ist (vgl. OECD 2002, S.38). Eben- falls werden damit Produktionsaktivitäten bezeichnet, die an sich legal sind, je- doch von dafür nicht autorisierten Personen durchgeführt werden, also etwa nicht zugelassenes Glücksspiel oder Wilderei (vgl. OECD 2002, S. 152).

Die Grenzen zwischen den einzelnen Sektoren, insbesondere zwischen der underground production und der illegal production, sind jedoch nicht eindeutig zu ziehen (OECD 2002, S. 38)

2.2. Messung der Schattenwirtschaft

Schattenwirtschaft ist nach ihrer Definition nur schwer erfassbar. Daher haben sich unterschiedliche Methoden zu ihrer Quantifizierung herausgebildet, die direkte oder indirekte Ansätze verfolgen.

2.2.1. Direkte Ansätze

Die direkten Methoden zur Ermittlung der Höhe der Schattenwirtschaft verfolgen mik- roökonomische Ansätze. Die Datengewinnung erfolgt mittels Befragungen oder Steuer- untersuchungen (vgl. Friedrich Schneider, Dominik H. Ernste, 2002, S. 15). Im ersten Fall werden Personen aus privaten Haushalten oder Unternehmen nach ihren schattenwirtschaftlichen Betätigungen befragt und die Ergebnisse auf gesamtwirtschaft- liche Größen hochgerechnet (vgl. Dominik H. Ernste 2002, S. 15). Die Erhebung über Steuerabgleiche geschieht mittels Stichprobenvergleich zwischen dem angegebenen zu versteuernden Einkommen und dem tatsächlich durch die Steuerbehörden ermittelten Einkommen.

Die Aussagekraft dieser Ergebnisse bedarf jedoch einer kritischen Würdigung. Die Qua- lität von Befragungen hängt zum einen stark von der Kooperation der befragten Perso- nen ab (vgl. Friedrich Schneider, Dominik Ernste, 2002, ebd.) und kann zum anderen durch unzureichende Befragungstechnik Interviewereffekten unterliegen (vgl. Dominik H. Ernste 2002, S. 16). Besonders zu berücksichtigen ist dabei, dass eine direkte Befra- gung nach einer schattenwirtschaftlichen Betätigung vom Betroffenen das Eingeständ- nis gesetzeswidrigen Verhaltens voraussetzt und daher zu verzerrten Ergebnissen führt (vgl. Friedrich Schneider, Dominik H. Ernste, 2002, S. 15). Wird dies berücksichtigt, können insbesondere Informationen über die Struktur der Schattenwirtschaft hinsicht- lich der Sektorenverteilung abgeleitet werden (vgl. Friedrich Schneider, 2004, S.30). Die Aussagekraft von Erhebungen zur Steuerhinterziehung hängt ausschließlich vom Erfolg der Steuerbehörden hinsichtlich der Aufdeckung des unversteuerten Einkom- mens ab. Somit ist eine systematische Unterschätzung zu erwarten (vgl. Friedrich Schneider, 2004, S. 31).

2.2.2. Indirekte Methoden

Auf Basis von makroökonomischen Aggregaten wird durch die Interpretation von Indi- katoren auf die Entwicklung der Schattenwirtschaft geschlossen (vgl. Friedrich Schnei- der, 2004).

Ein zentraler Untersuchungsgegenstand indirekter Methoden ist der Geldmarkt. Eine grundlegende Annahme ist dabei die überwiegende Bar-Abwicklung schattenwirtschaft- licher Transaktionen zwecks ihrer Verschleierung. Daran knüpft der Bargeldumlaufan- satz an: Mit einem ökonometrischen Modell wird aus verschiedenen Determinanten wie dem Zinssatz, dem Einkommen oder dem Preisniveau eine quasi natürliche Bargeld- nachfrage geschätzt. Diese wird mit der tatsächlichen Entwicklung des Bargeldbedarfs verglichen. Die Differenz aus beiden wird als Indikator für die Entwicklung der Schat- tenwirtschaft angesehen, da sie den Teil der Geldnachfrage angibt, der nicht für Transaktionen in der offiziellen Wirtschaft verwendet wird (vgl. ebd.).

Monetäre Ansätze werden zur Approximation schattenwirtschaftlicher Betätigung so häufig eingesetzt wie keine andere Methode (vgl. Friedrich Schneider, 2003, S. 150). Auch deshalb müssen die von Dominik H. Ernste (2003, S.19) oder Friedrich Schneider (2004, S.34-35) genannten Schwachstellen sorgfältig berücksichtigt werden:

- Die Annahme reiner Bargeldabwicklung ist unzutreffend.
- Das Modell liefert nur zuverlässige Werte, sofern die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes in beiden Teilen der dualen Ökonomie aus offizieller und verdeckter Wirtschaft gleich ist.
- Aussagen über absolute Veränderungen bedürfen einer Referenzperiode ohne schattenwirtschaftliche Betätigung.
- Die Geldnachfrage muss um die Auslandskomponente (Einsatz der Heimatwäh- rung als schattenwirtschaftliche Zweitwährung im Ausland) bereinigt werden. Neben den monetären Ansätzen kommen zur Schätzung des Ausmaßes der Schatten-wirtschaft auch andere Methoden zum Einsatz.

Der Elektrizitätsverbrauchsansatz nimmt an, dass für wirtschaftliche Prozesse der Verbrauch von Strom unerlässlich ist. Zwischen der Entwicklung der Elektrizitätsnachfrage und der Entwicklung des BIP wird daher eine Elastizität von nahezu 1 angenommen. Durch die Subtraktion des offiziellen BIP von dem über die Energienachfrage ermittelten alternativen Inlandsprodukt ergibt sich die Schätzung für die Entwicklung der Schattenwirtschaft (vgl. Friedrich Schneider, 2002).

Der Vergleich von dem in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ermittelten Ein- kommen mit einer alternativen Schätzung der Ausgabenseite führt bei fehlerfreier Er- mittlung zu einem zuverlässigen Maß des Ausmaßes der Schattenwirtschaft. Eine solche störfreie Messung ist jedoch nicht durchführbar. Auch eine Messung des Unterschieds zwischen tatsächlicher und offizieller Erwerbsquote wird herangezogen, da die Diffe- renz als Substitution von offizieller durch schattenwirtschaftliche Betätigung gesehen wird. Auch diese Methode unterliegt einer Reihe von Messproblemen (vgl. Friedrich Schneider, Dominik H. Ernste, 2002, S.16-17).

2.2.3. Kausale Methoden

Ausgangsüberlegung kausaler Methoden ist die Abhängigkeit der Schattenwirtschaft von zahlreichen Ursachen, die wiederum eine Reihe von Indikatoren beeinflussen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Wege aus der Schattenwirtschaft - Ursachen und Folgen der Schattenwirtschaft sowie Handlungsempfehlungen
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW))
Veranstaltung
Reformkonzepte für Deutschland
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
20
Katalognummer
V27128
ISBN (eBook)
9783638292535
ISBN (Buch)
9783638748216
Dateigröße
513 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Messung, Ursachen und Folgen der Schattenwirtschaft aus ökonomischer Perspektive, Politikempfehlung
Schlagworte
Wege, Schattenwirtschaft, Ursachen, Folgen, Schattenwirtschaft, Handlungsempfehlungen, Reformkonzepte, Deutschland
Arbeit zitieren
Dipl.-Volksw. Nikolas Neuhaus (Autor:in), 2004, Wege aus der Schattenwirtschaft - Ursachen und Folgen der Schattenwirtschaft sowie Handlungsempfehlungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27128

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