Soziales Kapital und Arbeitssuche


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

14 Seiten, Note: 2


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Begriffserklärungen
2.1 „Beziehungen“
2.2 Soziales Netzwerk
2.3 Soziales Kapital

3. Theorienansätze.
3.1 Job-Search-Theorie
3.2 Homophilie-Prinzip
3.3 Netzwerktheorie

4. Hypothesen und empirische Evidenzen.
4.1 These der informellen Suche als hauptsächliche Suchstrategie
4.2 These der günstigeren Platzierung über soziales Kapital
4.3 These der günstigeren Platzierung über „Weak-Ties“

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Normalerweise können Personen durch zwei Verfahren auf berufliche Positionen gelangen: formelle Verfahren und informelle Verfahren (vgl. Voss, 2008, S.321). Formelle Wege sind dadurch gekennzeichnet, dass sie prinzipiell jedem Arbeitsuchenden zugänglich sind. Dazu gehört zunächst der gesamte Bereich der öffentlichen Arbeitsvermittlung, z.B. Arbeitsämter. Neben dem Arbeitsamt gelten auch private Vermittlungsinstanzen als formelle Suchstrategien: z.B. öffentlich zugängliche Medien, vor allem Zeitungen, und private gewerbsmäßige Arbeitsvermittlung, z.B. Personalberater. Eine weitere Variante formeller Methoden ist der sogenannte Direktkontakt zwischen Bewerber und Unternehmen. Viele Unternehmen stellen Jobangebote in eigenen Internetseiten vor und bieten Online-Bewerbungen, oder manche stellen ein Schild „help wanted“ oder „wir stellen ein“ vor dem Werksportal, damit sich die Arbeitsuchenden direkt bei der Firma bewerben können. Alle anderen Wege der Arbeitsuche gelten als informell. Hierzu zählen alle Kontakte, die Arbeitsuchende in ihren Beziehungsgeflechten untereinander haben. Die Positionen, die man durch informelle Methoden gefunden hat, sind meist nicht ausgeschrieben. Dazu gehören sowohl einfache Hilfstätigkeiten als auch besonders wichtige und gut dotierte Führungspositionen.

Das Verwenden von „Beziehungen“ ist bei Arbeitsuche recht wirksam. Die vorliegende Arbeit möchte einen Beitrag zum besseren Verständnis über die Rolle von „Beziehungen“ bei Stellensuche liefern. Welche Rolle spielen „Beziehungen“ bei Arbeitsuche? Welche anderen Variablen sind bei Arbeitsuche über persönliche Beziehungen noch zu beachten? Ich werde „Beziehungen“ durchgehend als „soziales Kapital“ im Sinne von Pierre Bourdieu und James Coleman intepretieren und diese Grundbegriffe in Teil II der Arbeit erklären. In Teil III der Arbeit werde ich die theoretischen Vorüberlegungen der informellen Arbeitsuche darstellen: das Job-Search-Modell, Homophilie-Prinzip und die Netzwerktheorie. In Teil IV werden empirische Befunde zur Rolle des sozialen Kapital bei Arbeitsuche präsentiert. Die Ergebnisse der diversen empirischen Studien werden dargestellt, ob sie die drei Thesen, die zum Untersuchungsthema aufgestellt werden, unterstützen oder widerlegen. Am Ende werden die Resultate zusammengefasst, bewertet und auf das Wesentliche reduziert.

2. Begriffserklärungen

2.1 „Beziehungen“

Nach Peter Runia sind grundsätzlich zwei Arten von Beziehungen zu unterscheiden (vgl. Runia, 2002, S.22):

(1) Soziale Beziehungen aufgrund emotionaler oder traditionaler Verbindung,
(2) Soziale Beziehungen aufgrund rationaler, utilitaristischer Verbindung.

Unter „Beziehungen“ versteht man soziale Beziehungen, die für eigene zwecke oder für den eigenen Vorteil nutzbar sind. „Beziehungen“ sind durch ihren Tauschgeschäfte-Charakter gekennzeichnet, d.h. soziale Beziehungen stellen wechselseitige Verpflichtungen dar. Wenn man eine „Beziehung“ in Anspruch nimmt, muss man damit rechnen, eine Gegenleistung in Form von einem „Gefallen“ zu erbringen. „Beziehungen“ beruhen auf dem Reziprozitäts- prinzip, d.h. „Gleiches mit Gleichem vergelten“. Durch einen Reziprozitätshandlung entsteht so eine exklusive und verbindliche Beziehung. Heutzutage spielen gemeinschaftliche Beziehungsgeflechte eine wichtige Rolle. Durch Teilnahme an Gemeinschaften aller Art, z.B. Clubs, Vereinen, Nachbarschaft, etc., werden Kontakte gegründet, die zu potentiellen „Beziehungen“ führen, welche dann als soziale Ressourcen eingesetzt werden können.

2.2 Soziales Netzwerk

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Jedes Individuum ist in ein „Netzwerk“ von sozialen Beziehungen zu Verwandten, Freunden und seinen Mitmenschen eingebettet, d.h. es verfügt über ein persönliches soziales Netzwerk. In allgemeinster Form bezeichnet ein „Soziales Netzwerk“ eine Menge von Individuen, die untereinander durch Sozialbeziehungen verbunden sind (vgl. ebd., S.25). Oft wird das Netzwerk als ein System von Transaktionen analysiert, in dem Ressourcen getauscht und Informationen übertragen werden. Indem man die empirischen sozialen Netzwerke beschreibt und analysiert, kann man die Konsequenzen der Netzstruktur für das Handeln der Akteure entdecken. Die Dichte des Netzes, die Erreichbarkeit der Akteure sowie die Stärke/Schwäche der Beziehungen werden hierbei häufig diskutiert (vgl. ebd., S.31). Bei Anwendung des Netzwerkkonzeptes werden Individuen häufig als „Unternehmer“ ihrer Sozialbeziehungen im Sinne von Manipulatoren betrachtet. Hier wird ein Brückenschlag zum „sozialen Kapital“ vollzogen: Die Sozialbeziehungen sind in diesem Falle Sozialkapital, „das als Ressource zur Lebens- und Konfliktbewältigung ausgeschöpft und angesichts von Armutslagen zu ‘Überlebensnetzen’ geknüpft werden kann“(Kardorff, 1995, S.405).

2.3 Soziales Kapital

Bourdieu definiert Kapital als „akumulierte Arbeit, entweder in Form von Materie oder verinnerlichter, ‚inkorporierter’ Form“ (Bourdieu, 1983, S.183). Nach jeweiligem Anwendungsbereich gibt es drei verschiedene Arten von Kapital: das ökonomische, kulturelle und soziale Kapital. Während das ökonomische Kapital direkt in Geld konvertiert werden kann, sind das kulturelle und soziale Kapital nur unter bestimmten Voraussetzungen in ökonomisches Kapital konvertierbar. Das ökonomische Kapital eignet sich besonders zu Institutionalisierung in der Form des Eigentumsrecht; das kulturelle Kapital in Form von schulischen Titeln und das soziale Kapital in Form von Adelstiteln (vgl. ebd. S.185). „Das Sozialkapital ist die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen gegenseitigen Kennens oder Anerkennens verbunden sind; oder, anders ausgedrückt, es handelt sich dabei um Ressourcen, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruhen“ (ebd. S.190). Der Umfang des Sozialkapitals, das der einzelne besitzt, hängt sowohl von der Ausdehnung seines Beziehungsnetzes ab, als auch von dem Umfang des Kapitals, über das seine Mitmenschen verfügen (vgl. ebd. S.191).

Coleman betrachtet soziales Kapital als „sozialstrukturelle Ressourcen, die für das Individuum Kapitalvermögen darstellen“ (Coleman, 1991, S.392). Er definiert das soziale Kapital über seine Funktion und behauptet, dass das Sozialkapital kein Einzelgebilde darstellt, sondern aus einer Vielzahl verschiedener Gebilde zusammengesetzt ist. In Coleman’s Theorie unterscheiden sich 6 Formen des sozialen Kapitals (ebd. S.396): (1) Verpflichtungen und Erwartungen: Soziales Kapital bedeutet hier ein „System gegenseitigen Vertrauens“. (2) Informationen: Informationen ist ein wichtiges Kapital, weil sie zu Schaffung einer Handlungsgrundlage beitragen können. Soziales Kapital bedeutet hier das Informationspotential, welches in sozialen Beziehungen steckt. (3) Normen und (wirksame) Sanktionen: Hier ist soziales Kapital Normen gemeint. Wenn eine wirksame Norm existiert, dann stellt man Eigeninteressen zurück, um im Interesse eines Kollektivs zu handeln. (4) Herrschaft: Indem man Kontrollrechte über bestimmte Aktion von anderen Akteuren sammelt, verfügt man über mehr Macht, diese Aktion zu beeinflussen. Sozialkapital stellt hier Macht dar. (5) Übereignungsfähige Organisation: Eine Organisation, die im Hinblick auf eine bestimmte Menge von Zielen gegründet worden ist, kann auch anderen Zielen dienlich sein und ist somit das soziale Kapital darstellt, das nutzbar ist. (6) Zielgerichtete Organisation: Sozialkapital ist hier direkte Resultate von Investitionen, welche sich einen Geweinn erhoffen, z.B. eine gewerbliche Organisation. „Bei der Gründung... wandelt ein Unternehmer ... Finanzkapital in physisches Kapital in Form von Gebäuden und Geräten um oder auch in soziales Kapital, das in der Organisaiton von Positionen besteht, und in Humankapital in Form von Personen, die die Positionen besetzen“ (ebd., S.406)

[...]

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Details

Titel
Soziales Kapital und Arbeitssuche
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Hauptseminar: Sozialkapital
Note
2
Autor
Jahr
2009
Seiten
14
Katalognummer
V270649
ISBN (eBook)
9783656621942
ISBN (Buch)
9783656621850
Dateigröße
361 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Soziales Kapital, Arbeitsuche
Arbeit zitieren
Diplom-Soziologin Univ. Henghui Huang (Autor:in), 2009, Soziales Kapital und Arbeitssuche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270649

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