Die Abtreibungsproblematik und die Frage nach einer Grenzziehung


Seminararbeit, 2002

14 Seiten, Note: Gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Rechtliche Aspekte
2.1 Menschenrechte
2.2 Die rechtliche Situation in Österreich und Deutschland
2.3 Internationaler Vergleich des Abtreibungsrechts

3. Ethische Positionen
3.1 Die konservative katholische Position
3.2 Die liberale Position nach Hoerster

4. Die Problematik der Grenzziehung
4.1 Entwicklungsstadien des Ungeborenen
4.2 Mögliche Grenzziehungen

5.Schlussbemerkungen

6. Verwendete Literatur

1. Einleitung

Das Thema „Abtreibung“ ist eine sowohl in der Ethik, als auch im rechtlichen Bereich und im öffentlichen Diskurs sehr oft diskutierte Materie. Seit den 70er Jahren ist die Abtreibung in Österreich bis zum dritten Monat ohne Angabe von Gründen erlaubt. Und seit diesem Zeitpunkt kam es auch immer wieder zu Kontroversen. Es wurde sogar eine Volksabstimmung eingeleitet, um das Abtreibungsrecht wieder einzuschränken.

Der Kern dieses Problems ist das Recht auf Leben bzw. die Frage, wem dieses Recht zugesprochen werden kann/muss. Erwachsene Menschen besitzen offensichtlich dieses Recht auf Leben. Das heißt, dass kein erwachsener Mensch gegen seinen Willen getötet werden darf. Tiere oder gar Pflanzen besitzen dieses Recht offenbar nicht, denn sie werden unter anderem getötet, um den Menschen als Nahrung zu dienen. Die Mehrheit der Bevölkerung würde sagen, dass hierbei kein Recht des getöteten Tieres verletzt wird, dass diese also auch kein Recht auf Leben besitzen.

Trifft nun dieses Recht aber auch auf den ungeborenen Menschen zu bzw. ab wann hat der Mensch dieses Recht? Die katholische Kirche wäre hier natürlich der Meinung, dass der Mensch schon ab der Befruchtung unantastbar dieses Recht besitzt. Es gibt aber auch viele liberalere Stimmen, die die Abtreibung bis hin zur Geburt befürworten. Es stellt sich die Frage ob und wie ein ethischer Standpunkt in der Frage der Abtreibung eine befriedigende Antwort geben kann.

Der erste Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit den rechtlichen Aspekten der Abtreibung. Dabei wird auf die bestehenden Regelungen in Österreich und Deutschland eingegangen und diese dann auch international verglichen. Im zweiten Abschnitt geht es um die verschiedenen ethischen Positionen zu diesem Thema. Erläutert werden hierbei die konservative katholische Position, die das Recht auf Leben ab der Geburt vertritt, und im Gegensatz dazu die liberale Position nach Norbert Hoerster, der eine Abtreibung bis hin zur Geburt vertritt. Im Anschluss dazu wird noch auf die besondere Problematik der Grenzziehung eingegangen, also bis wann man eine Abtreibung vornehmen (lassen) darf bzw. ab wann einem Menschen das Recht auf Leben zugesprochen werden muss. Es wird sich herausstellen, dass hier eine begründete Setzung einer Frist äußerst schwierig ist.

2. Rechtliche Aspekte

2.1 Menschenrechte

Die 1948 in einer Generalversammlung der UNO deklarierten „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ ist eine Sammlung von Naturrechten, die auch ohne metaphysische Begründung, die Sicherung dieser Rechte für alle Menschen unserer Gesellschaft gewährleisten sollten. Menschenrechte sind in diesem Sinne subjektive Rechtsnormen, die jedem einzelnen Menschen zustehen. Sie sind überstaatlich und im Endeffekt pragmatische Regeln, denen sich die Staaten unterwerfen, die die Menschenrechtserklärung unterzeichnet haben. Dieser pragmatische Aspekt ist im rechtlichen Bereich sehr wichtig, da keine schwierige (wenn nicht unmögliche) transzendentale Erklärung notwendig ist.[1] Man kann sich auf die Menschenrechte berufen und sie als bestehende Regeln unserer Gesellschaft heranziehen. Natürlich hängt aber dann auch viel von der Interpretation dieser Menschenrechte ab, was besonders auch bei der Frage der Abtreibung zu Streitfragen führen kann.

In den 1948 in einer Generalversammlung der UNO deklarierten „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ findet sich im Artikel 3 der Ausspruch:

„Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.“[2]

Die erste Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, wer nun aller mit „jeder“ gemeint ist. Da der Satz allerdings Teil der Menschenrechte ist, ist klar, dass damit „jeder Mensch“ gemeint ist.

Weiters stellt sich die Frage, was nun dieses „Recht auf Leben“ genau ist. Zu aller Erst ist es ein Individualrecht, das allen Menschen um ihrer selbst Willen als Individuen zusteht. Doch wie ist dieses Recht zu verstehen? Norbert Hoerster[3] sieht darin vor allem ein Abwehrrecht, was heißt, dass kein Mensch aktiv getötet werden darf. Interpretiert man das Recht auf Leben nämlich als Anspruchsrecht, hätte auch jeder Mensch das Recht darauf, am Leben erhalten zu werden. Somit hätten wir die Pflicht anderen Menschen, die sich in einer lebensbedrohlichen Situation befinden – beispielsweise durch Hunger oder Krankheit – zu helfen und ihr Leben zu erhalten. So würden in unserer Überflussgesellschaft aber wohl nur die Wenigsten das Recht auf Leben interpretieren.

Schließlich bleibt noch eine Frage bei der Deutung des oben genannten Artikels der Menschenrechte unklar. Nämlich was nun unter „Mensch“ zu verstehen ist. Wie wir später sehen werden, ist das letztendlich die Frage, auf die die Diskussion um die Abtreibung hinausläuft. Denn wenn wir auch den Fötus, den Embryo, oder gar die Zygote als Mensch betrachten, müssen wir ihm auch das in den Menschenrechten verankerte Recht auf Leben zugestehen.

2.2 Die rechtliche Situation in Österreich und Deutschland

In Österreich ist die Abtreibung seit 1975 durch die so genannte Fristenregelung geregelt.[4] Hierbei handelt es sich um den Paragraphen 96 des Strafgesetzbuchs. Hierbei besteht eine Frist von 3 Monaten, in denen jede Frau ihr Kind ohne Angabe von Gründen abtreiben kann. Nach dieser Frist kann das Ungeborene immer noch sogar bis zur Geburt unter bestimmten Bedingungen abgetrieben werden (Indikationsregelung). Diese Indikationen sind:

- wenn der Schwangerschaftsabbruch zur Abwendung einer nicht anders abwendbaren ernsten Gefahr für das Leben oder eines schweren Schadens für die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren erforderlich ist.
- wenn eine ernste Gefahr besteht, dass das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein werde.
- wenn die Schwangere zur Zeit der Schwängerung unmündig gewesen ist.
- wenn der Schwangerschaftsabbruch zur Rettung der Schwangeren aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Lebensgefahr unter Umständen vorgenommen wird, unter denen ärztliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist.

In all diesen Fällen muss der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen werden.

In Deutschland besteht eine ähnliche Regelung.[5] Jedoch kommt hier zur Fristenregelung noch ein Beratungsaspekt hinzu. Und zwar darf die Schwangere die Abtreibung nur durchführen, wenn sie nachweisen kann, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff beraten hat lassen. Diese Beratung soll die Betroffene dazu animieren, „eine verantwortungsbewusste eigene Gewissensentscheidung zu treffen“.[6]

[...]


[1] Vgl. Kindl 1996, S. 103 ff

[2] http://www.uno.de/menschen/menschenrechte/UDHR.htm

[3] vgl. Hoerster 2002, S. 30 ff

[4] vgl. Laun 1992, S. 11f

[5] vgl. Kindl 1996, S. 115ff

[6] Kindl. 1996, S. 130

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Abtreibungsproblematik und die Frage nach einer Grenzziehung
Hochschule
Universität Salzburg  (Institut für Philosophie)
Veranstaltung
Spezialfragen der Ethik: Recht auf Leben
Note
Gut
Autor
Jahr
2002
Seiten
14
Katalognummer
V27008
ISBN (eBook)
9783638291606
Dateigröße
464 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Abtreibungsproblematik, Frage, Grenzziehung, Spezialfragen, Ethik, Recht, Leben
Arbeit zitieren
Gerald Buttinger (Autor:in), 2002, Die Abtreibungsproblematik und die Frage nach einer Grenzziehung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27008

Kommentare

  • Gast am 18.6.2007

    Menschenrechte zu kurz betrachtet..

    Menschenrechte umfassen nicht bloss das Recht auf Leben. Im Zusammenhang mit Abtreibung sind andere Rechte ebenso wichtig. Es gibt z.B. das Recht, nicht der Leibeigenschaft unterworfen zu werden (Art. 4 der Menschenrechtserklärung). Dieses Recht wäre ein Argument gegen Zwangs-Schwangerschaft und Gebärzwang.
    Die Europ. Kommission für Menschenrechte hat den Embryo nicht dem Menschen gleich gestellt - das Recht auf Leben schliesst daher frühes vorgeburtliches Leben nicht ein, bzw. eine Fristenregelung nicht aus.

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