Umsetzung islamischer Essgewohnheiten im klinischen Bereich


Referat (Ausarbeitung), 2014

29 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Methodik

3. Koran, Scharia, Fatwa

4. Muslimische Essgewohnheiten und Rituale
4.1 Halal/helal, haram
4.2 Fleisch im Islam
4.3 Gelatine
4.4 Alkohol
4.5 Pflichten gegenüber Kranken

5. Organisation der Speisenproduktion und Verteilung
5.1 Küchenorganisatorische Hintergründe
5.2 Mögliche Zertifizierungen für Klinikküchen

6. Beispielhafte Umsetzung einer halal/helal Kost
6.1 allgemeine Umsetzung von Speisen für Muslime
6.2 Klinikum Hanau
6.3 Sana Klinikum Hameln-Pyrmont

7. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anlagenverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1

haram und halal in Lebensmitteln

1. Einleitung

Ein Teil der Tätigkeit von Diätassistenten ist die Überwachung der Speisenproduktion im klinischen Bereich. Immer wieder kommt es vor, dass Speisen für Muslime angefragt werden. In den meisten Fällen werden dann Speisen ohne Schweinefleisch zubereitet bzw. dem Klienten angeboten. In dieser Arbeit soll beschrieben werden, ob dies ausreicht oder ergänzenden Maßnahmen notwendig wären um Speisen für Muslime anzubieten.

Im Jahr 2000 hat Collatz als Vorsitzender des Ethno-Medizinischen-Zentrums Hannover im Rahmen einer Fachtagung: Muslime im Gesundheitswesen (S. 9f) einen Vortrag gehalten. Der Titel war: Aspekte der Versorgung von Muslimen im Gesundheitswesen . Er stellt fest, dass die Religiosität und die spezifischen Bedürfnisse bei muslimischen Patienten zu dem Zeitpunkt kaum diskutiert wurden. Im Rahmen einer Umfrage wurden 11 Krankenhäuser in Hannover und Umgebung befragt. Eine Frage ging um das Speisenangebot für Muslime. Laut Collatz gaben alle Krankenhäuser an, Speisen ohne Schweinefleisch und Alkohol anzubieten. Er sah dies zu diesem Zeitpunkt positiv und ging davon aus, das kein Handlungsbedarf besteht.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BMI) hat zusammen mit dem Deutschen Islam Konferenz (DIK) im Jahr 2009 eine Studie: Muslimisches Leben in Deutschland veröffentlicht. Laut dieser Studie leben zwischen 3,8 und 4,3 Muslime mit Migrationshintergrund (S. 80) in Deutschland. Den größten Anteil, mit rund 1,5 Millionen, machen Muslime türkischer Herkunft aus (S. 70). Mit 74,1% ist die sunnitische Glaubensrichtung als der größte Anteil angegeben, gefolgt von Aleviten mit 12,7%.

Die meisten Muslime in dieser Untersuchung geben an „eher gläubig“ zu sein (S. 141f), wobei sich Frauen gläubiger einschätzen als Männer. Dieses Ergebnis zieht sich durch fast alle Herkunftsländer und Glaubensrichtungen. Als „Gar nicht gläubig“ sahen sich nur wenige (4%). Die überwiegende Anzahl der befragten Muslime gaben an, dass sie sich an die entsprechenden Speisevorschriften halten (S. 154). Je nach Glaubensrichtung reicht der Anteil von 91,2% bei den Sunniten bis zu 49,4% bei den Aleviten. Laut der Untersuchung waren 54, 8% (S. 104) der Muslime aus muslimischen Ländern zwischen 25 und 64 Jahren. Das bedeutet, dass in den nächsten Jahren die Zahl der Muslime in den Kliniken vermutlich steigen wird.

2. Methodik

Für die Pflege bzw. zu Muslimen im Krankenhau gibt es inzwischen einige Literatur. Darin wird in der Regel nur kurz auf Speisevorschriften eingegangen, problematisiert werden eher medizinische Probleme im Rahmen des Fastens, Medikamente mit Gelatine oder anderen Inhaltsstoffen vom Schwein und geschlechtsspezifische Probleme.

Um Informationen und Literatur zur Gemeinschaftsverpflegung bzw. zu Speisevorschriften zu erhalten wurde im Internet recherchiert. Dabei wurden folgende Begriffe in die Suchmaschine eingegeben: Muslim und Essen Krankenhaus/Klinik, muslimisches Essen Krankenhaus/Klinik, Essen Muslime, halal, helal, Muslim im Krankenhaus/in Klinik, halal/helal Krankenhaus- bzw. Klinikessen

Zusätzlich wurden verschiedene islamische oder islamisch-deutsche Gesellschaften und Zertifizierer (insgesamt sieben) zu folgenden Punkten angefragt:

- Nach islamischen Essgewohnheiten zertifizierte Kliniken/Krankenhäuser,
- Vorgaben für eine mögliche Zertifizierung von Klinken/Krankenhäusern,
- Mögliche Annahme eines zertifizierten Speisenangebotes durch Muslime,
- Untersuchungen, wie Muslime im klinischen Bereich ihre Speisen auswählen bzw. zusammenstellen,
- Mitbringen von Speisen durch Angehörige.

Der Rücklauf war sehr gering, es gingen lediglich zwei Antworten ein (Mailverkehr vom 04.07. und 30.08.2013). In beiden war zu lesen, dass Muslime Fisch oder vegetarische Essen wählen würden bzw. sie Speisen von Angehörigen erhalten. Zu Studien, wie Muslime im klinischen Bereich mit dem Speisenangebot umgehen, konnten keine Angaben gemacht werden bzw. waren keine Studien bekannt.

Um unabhängig von Internetauftritten ein Bild zu bekommen, ob es Kliniken gibt, die muslimisches Essen z. B. in Kooperation mit islamischem Gesellschaften zubereiten, wurde über den Berufsverband der Diätassistenten (VDD) im Mitgliederforum eine entsprechende Anfrage (Anlage 3) gestellt. Bis zur Abgabe dieser Arbeit gab es keine Resonanz bezüglich der Umsetzung. Es wurde lediglich auf mögliche höhere Kosten hingewiesen.

Ergänzend wurden Schüler[1] der Fachschule für Diätassistenten formlos zum muslimischen Essen in verschiedenen Kliniken befragt (Anlage 1, Punkt 6.1)

3. Koran, Scharia, Fatwa

Für gläubige Muslime ist der Koran maßgebend für das tägliche Leben. Daraus werden sowohl Regeln für das Beten, den Umgang mit dem anderen Geschlecht und für das Essen abgeleitet. Nach Köck, Murtaza (2009, S. 24) werden drei Konfessionen unterschieden, die Sunniten, Schiiten und Karidschiten, die den Koran[2] jeweils unterschiedlich auslegen.

Prenner (in Grabner-Haider 2006, S. 290) schreibt, das der Koran und die Sunna zu „de facto gleichrangingen Quellen“ wurden. Dabei verwischte sich der Unterschied zwischen Offenbarung (Koran) und Inspiration (Hadtih). Er schreibt weiter, dass sich in der Scharia (als nicht kodifiziertes Recht) die Vorstellung verbindet, dass der gesamte Lebensvollzug des Menschen gegenüber Gott und der Gesellschaft nach göttlichen Gesetzen geregelt ist. Sie ist, nach Prenner, gegliedert in Ritualpflichten, zwischenmenschliche Beziehungen, Strafrecht, Verwaltungsrechtsowie Krieg und Frieden. Weiterhin findet eine Unterscheidung in geboten (wadschib), empfohlen, wünschenswert (mandub), erlaubt (mubah), verpönt, missbilligt (makruh), verboten (haram). Zusätzlich kann durch Rechtgutachten, sog. Fatwas, oder Gegenfatwas legitimiert werden, was erlaubt oder nicht erlaubt ist. Bei der Fatwa handelt es sich um ein Privaturteil eines Gelehrten (ebd. 318). Klöcker, Tworuschka (2005, S. 92) schreiben, dass, auf Anfrage, neue Speisenprodukte schariarechtlich (Fatwa) auf Zulässigkeit hin geprüft werden.

Für Muslime gehören rituelle Waschungen vor dem Gebet zu vorgeschriebenen Ritualen. Der bloße Kontakt mit z. B. unerlaubtem Fleisch führt zu ritueller Unreinheit und macht entsprechende Kulthandlungen (ohne Waschung) ungültig (Prenner S. 288, Klöcker, Tworuschka S. 92).

4. Muslimische Essgewohnheiten und Rituale

Wie in der Einleitung beschrieben sind in Deutschland überwiegend Sunniten türkischer Herkunft ansässig. Nicht immer wurde in der vorliegenden Literatur darauf hingewiesen um welche Richtung des Islam es sich in den Veröffentlichungen handelt. Im klinischen Bereich ist zudem nicht bekannt aus welcher Glaubensrichtung die jeweiligen Muslime kommen. In dieser Arbeit kann daher nur ein allgemeiner Überblick gegeben werden.

Zu den Ritualen im Islam zählt das Fasten im Monat Ramadan. Jeder Muslim, der die Pubertät erreicht hat (Köck, Murtaza 2009, S. 81) und fähig ist das Fasten zu ertragen führt dieses durch. Dabei geht es um abgezählte Tage des Fastens, die auch nachgeholt oder im Ausnahmefall über das Speisen von Armen ausgeglichen werden können. Wer krank oder auf Reisen ist kann z. B. die Fastentage zu einem anderen Zeitpunkt nachholen. Chronisch Kranke, Kinder und geistig Behinderte sind beispielweise von Fasten befreit. Auf das Fasten soll hier nicht ausführlich eingegangen werden, da dies für die Speisenzubereitung im klinischen Bereich keine Rolle spielt.

Köck, Murtaza (S. 86) zitieren den Koran: „ Oh ihr, die ihr glaubt. Esst von den guten Dingen, mit denen Wir euch versorgten, und dankt Gott, so dass ihr Ihm dient. Verboten hat Er euch nur Krepiertes und Blut und Schweinefleisch und das worüber ein anderer als Gott angerufen wurde. Wer aber dazu gezwungen ist, ohne (das Maß) zu übertreten, auf dem sei keine Sünde; siehe Gott ist verzeihend und barmherzig. (2:172-173)“. Daraus ergeben sich ergeben sich folgenden Verbote:

- Fleisch von Tieren, die eines natürlichen Todes gestorben sind,
- Fließenes Blut, aus Blut hergestellte Speisen wie Blutwurst,
- Fleisch vom Schwein,
- Fleisch, das nicht Gott geweiht ist,
- Alle Arten von alkoholischen Getränken.

4.1 Halal/helal, haram

Halal kommt aus dem Arabischen und bedeutet. das Zulässige, Erlaubte und Gestattete. Das Gegenteil davon ist haram für das Unzulässige, Verbotene und nicht Gestattete. Islamologisch bedeutet dies, dass halal alles umfasst was zulässig und islam-konform ist und wofür eine Belohnung von Allah im Diesseits und im Jenseits zu erwarten ist. Helal kommt aus der türkischen Sprache und meint ebenfalls erlaubt oder legitim.[3]

Haram sindalle Dinge, die Muslimen verboten sind und für die bei Missachtung eine Bestrafung von Allah am jüngsten Tag und im Diesseits zu erwarten ist. Es gibt zwischen haram und halal eine Grauzone, die makruh, die vorsichtshalber zu meiden ist. Halalcontrol® schreibt, die islamische Grundregel lautet: „Grundsätzlich sind alle Dinge Halal. Haram sind nur Dinge und Handlungen, die als solche nach der Schari´a eingestuft werden.“ Lebensmittel, die mit unreinen Gegenständen in Berührung kommen, gelten als haram. Die folgende Übersicht zeigt die ungefähre Einteilung von Lebensmitteln und Speisen in haram und halal.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: haram und halal in Lebensmitteln; aus Özoguz (2011, S. 83)

[...]


[1] Gemeint sind beide Geschlechter

[2] Es wurde die übliche deutsche Schreibweise gewählt. Je nach Literatur wird auch Qur`an verwendet.

[3] Halal und helal wird im Folgenden so verwendet, wie dies die jeweiligen Autoren getan haben.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Umsetzung islamischer Essgewohnheiten im klinischen Bereich
Hochschule
Katholische Hochschule Freiburg, ehem. Katholische Fachhochschule Freiburg im Breisgau
Veranstaltung
Ethische Diskurse und Entscheidungsfindung im pluralistischem Umfeld
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
29
Katalognummer
V270069
ISBN (eBook)
9783656613893
ISBN (Buch)
9783656613886
Dateigröße
869 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
umsetzung, essgewohnheiten, bereich
Arbeit zitieren
B. A. Michaela Pohl (Autor:in), 2014, Umsetzung islamischer Essgewohnheiten im klinischen Bereich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270069

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