Die Zerstörung der französischen Flotte in Mers-el-Kebir am 3. Juli 1940


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

26 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

2 Einleitung

3 Die Ereignisse des Sommers 1940- ein geschichtlicher Überblick
3.1 Vorgeschichte
3.1.1 Der Fall Frankreichs
3.1.2 Der Waffenstillstand mit Deutschland
3.1.3 Die Reaktion Englands
3.1.4 Die Vorbereitung des Unternehmens „Catapult“
3.2 Das Drama in Mers-el-Kebir
3.2.1 Ereignisse in englischen Häfen, sowie in Alexandrien und Dakar
3.2.2 Die Ereignisse in Mers-el-Kebir vor dem britischen Angriff
3.2.3 Der Angriff auf die französische Flotte
3.3 Reaktionen und Folgen

4 Die Ereignisse aus der Sicht von de Gaulle und Churchill
4.1 General de Gaulle
4.1.1 Ausschnitt aus den Memoiren de Gaulles
4.1.2 Inhalt und Interpretation
4.2 Winston S. Churchill
4.2.1 Ausschnitt aus einer Rede Churchills
4.2.2 Inhalt und Interpretation
4.3 Vergleich der Sichtweisen

5 Konklusion

6 Literaturverzeichnis

7 Anhang

2 Einleitung

Vorliegender Text befasst sich mit der Zerstörung der französischen Flotte durch das Englische Königreich am 3. Juli 1940. Dieses Unternehmen ist auch unter dem Namen „Operation Catapult“ bekannt und wurde gleichzeitig in verschiedenen Häfen durchgeführt: in Alexandrien, den englischen Häfen Portsmouth und Plymouth, in Dakar und Mers-el-Kebir, an der oranischen Küste Algeriens. Ich konzentriere mich in meiner Arbeit vorwiegend auf die Ereignisse in Mers-el-Kebir, welche die schwersten Folgen und meisten Reaktionen auslösten und in ihrem Ablauf am bekanntesten sind.

Der erste Teil befasst sich mit jenen Ereignissen und der Vorgeschichte aus einem neutralen Blickwinkel, der zweite Teil beinhaltet Ausschnitte aus einer Rede Churchills am 4. Juli 1940, einen Tag nach der Tragödie in Mers-el-Kebir, sowie aus den Kriegsmemoiren Charles de Gaulles, der sich zu jenem Zeitpunkt in England aufhielt.

3 Die Ereignisse des Sommers 1940- ein geschichtlicher Überblick

3.1 Vorgeschichte

3.1.1 Der Fall Frankreichs

Nachdem das Nazideutschland unter Hitler am 14. Juni 1940 in Paris eingefallen war und die Stadt erobert hatte, wurde der Sitz der französischen Regierung nach Bordeaux verlagert; Ministerpräsident war zu jenem Zeitpunkt Paul Reynaud. Dieser hatte sich zum Ziel gesetzt, den Krieg gegen Deutsche und Italiener fortzuführen, da Frankreich außerdem über „die nach England zweitgrößte Flotte Europas, über Nordafrika und ausgedehnte überseeische Besitzungen verfügte[1] “ und notfalls nach Nordafrika auszuweichen. Englische Truppen kämpften noch zu jenem Zeitpunkt zusammen mit den französischen gegen den gemeinsamen Feind und die französische Regierung hatte mit der britischen am 28. März ein Übereinkommen geschlossen, „das die beiden Partner verpflichtete, keinen Frieden mit dem Feind zu schließen[2] “. Zu seinem Kabinett gehörte auch Marschall Pétain, der Vizeminister, der zur immer mehr an Einfluss gewinnenden Gruppe der Defaitisten zählte, die mit Deutschland einen Waffenstillstand aushandeln wollten. Auf seiner Seite war auch General Weygand, welcher fest davon überzeugt war, dass jeder Widerstand vergeblich sei. General de Gaulle war Unterstaatsekretär im Verteidigungsministerium[3] und verhandelte die meiste Zeit für Reynaud mit der englischen Regierung.

Bei einem Treffen Churchills mit Reynaud am 13. Juni 1940 sichert der französische Ministerpräsident dem englischen Premier zu, vierhundert gefangene deutsche Piloten, deren Flieger zum Großteil von der königlichen Luftwaffe abgeschossen worden waren, nach England zu bringen, damit diese nicht von den Deutschen befreit und gegen England eingesetzt werden. De Gaulle reist noch am selben Tag nach England um mit den Briten den Umzug der französischen Regierung nach Nordafrika vorzubereiten[4].

Während dieser Zeit spitzt sich die Lage in der französischen Regierung immer weiter zu und die Defaitisten unter Marschall Pétain gewinnen immer mehr an Macht. Schließlich gelingt es ihnen, durchzusetzen, mit den Deutschen die Bedingungen eines Waffenstillstandes auszuhandeln. Reynaud konnte eine Konsultation der Briten durchsetzen und die französische Regierung stellt den Engländern folgende Anfrage: „Wäre England trotz der Vereinbarung vom 28. März 1940, die jede Waffenniederlegung seitens eines einzigen Partners verbietet, damit einverstanden, dass Frankreich beim Gegner anfragt, welches seine Waffenstillstandsbedingungen für Frankreich wären?[5] “. Die britische Regierung willigt überraschenderweise ein, unter der Voraussetzung, dass die französische Flotte in englische Häfen überführt werden solle, um zu vermeiden, dass sie in die Hände des Feindes falle[6].

Um Reynaud zu unterstützen und die französische Regierung und Defaitisten dazu zu bringen, den Kampf fortzuführen, hatte de Gaulle mit Sekretären der britischen Regierung und Premierminister Churchill ein einzigartiges Projekt ausgearbeitet, welches von der britischen Regierung gutgeheißen wurde und welches eine Erklärung „einer unauflöslichen Union zwischen England und Frankreich[7] “ beinhaltete. Diese Proklamation der Union wurde Reynaud durch General de Gaulle übermittelt und sah eine Verschmelzung der Behörden und Zusammenarbeit auf allen Ebenen während des Krieges vor („die beiden Regierungen erklären, dass Frankreich und Grossbritannien nicht länger zwei Nationen sein sollen, sondern zusammen eine französisch-britische Union bilden[8] “).

Nachdem Reynaud von de Gaulle am 16. Mai über die Union telefonisch unterrichtet worden war, sieht er der Sitzung des Ministerrates zuversichtlich entgegen, da er meint, die Defaitisten nun überzeugen zu können, nicht zu kapitulieren.

Doch es kommt anders, da Marschall Pétain und seine Anhänger sich weigeren, das Dokument zu prüfen[9] ; die Mehrheit des Kabinetts spricht sich für einen Waffenstillstand aus. Die Folge ist der Rücktritt Reynauds. Marschall Pétain wird mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Dieser bittet die Deutschen am 17. Juni sofort um Waffenstillstandsbedingungen.

Noch am selben Tag übermittelt die britische Regierung Pétain ein Angebot, die Flotte in britische Gewässer zu übersiedeln, doch Marineminister Admiral Darlan weigerte sich, die Flotte auslaufen zu lassen, da er eine Besetzung ganz Frankreichs fürchtet; er gibt aber sein Wort, dass die Flotte französisch bleiben oder sich selbst versenken würde[10]. Auch Appelle de Gaulles und englischer Minister an die neue französische Regierung bleiben erfolglos.

De Gaulle flieht noch am selben Abend nach London und richtet am 18. Juni seinen bekannten Appell über das britische Radio BBC an das französische Volk, weiterzukämpfen und nicht aufzugeben: „...Denn Frankreich ist nicht allein! Es ist nicht allein! Es ist nicht allein! Es hat ein großes Weltreich hinter sich...Ich General de Gaulle, zur Zeit in London, fordere die französischen Offiziere und Soldaten auf, ob sie sich mit oder ohne Waffen auf britischem Boden befinden oder befinden werden, sich mit mir in Verbindung zu setzen...“. Der Grundstein für die Widerstandsbewegung, das Freie Frankreich, war gelegt[11].

General Weygand, unter Pétain Minister der Nationalen Verteidigung, verweigert die Zusammenarbeit.

In seiner Rede am folgenden Tag geht der General noch weiter und erklärt, „im Namen Frankreichs“ zu sprechen[12].

General de Gaulle sollte noch am 30. Juni eine Vorladung erhalten, sich im Gefängnis in Toulouse zu stellen; der Kriegsrat verurteilte ihn zum Tode[13].

3.1.2 Der Waffenstillstand mit Deutschland

Die Waffenstillstandsverhandlungen, welche die französische Regierung bereits am 17. Juni über Madrid eingeleitet hatte, waren hart: Über die Hälfte von Frankreich, der gesamte Norden und die Atlantikküste bis zur spanischen Grenze, einschließlich Paris sollten von deutschen Truppen besetzt werden. Die Besatzungskosten sollten von Frankreich getragen werden und in der unbesetzten Zone eine deutschfreundliche Regierung eingesetzt werden[14]. Am entscheidendsten ist an dieser Stelle Artikel 8 der Waffenstillstandsbedingungen, der die französische Flotte betrifft. Er lautet:

„Die französische Flotte wird sich in später zu benennenden Häfen versammeln. Sie wird dort unter deutscher oder italienischer Kontrolle demobilisiert und entwaffnet. Die deutsche Reichsregierung erklärt der französischen Regierung feierlich, dass sie nicht die Absicht hat, diese Flotteneinheiten zu eigenen Kriegseinsätzen zu benutzen- außer solchen Schiffen, die zum Schutz der Küste und zum Minenräumen notwendig sind[15] “.

Der Waffenstillstand mit Deutschland wird am 22. Juni 1940 unterzeichnet, einen Tag später auch mit Italien, und tritt am 25. Juni in Kraft[16].

De Gaulle kündigt am 23. Juni daraufhin die Gründung eines französischen Nationalkomitees an (Comité national fran¸ais), das das freie Frankreich vertreten sollte und wird am 28. Juni von der britischen Regierung als Vertreter des freien Frankreichs anerkannt[17].

3.1.3 Die Reaktion Englands

Schon als die französische Regierung in Waffenstillstandsvertretungen mit Deutschland getreten war und die Flotte nicht in englische Häfen verlegt hatte, waren die Engländer in höchster Sorge, dass die Flotte in die Hände der Deutschen fallen könne. Artikel 8 der Waffenstillstandsbedingungen bestärkte sie in ihrer Sorge, da die französische Flotte in voller Armierung unter Kontrolle des Feindes gelangen würde. Außerdem glaubten sie nicht, dass Hitler sich an Artikel 8 halten würde.

Zwar versicherte Admiral Darlan den Briten, die Flotte werde sich selbst versenken, bevor sie in Feindeshand falle und erließ am 24. Juni einen Befehl an alle französischen Flotteneinheiten, dass die französischen Schiffe französisch bleiben und sich im Notfall selbst versenken müssten, jedoch schenkte die britische Regierung diesem Befehl keinen Glauben und war wenig überzeugt, dass die Franzosen verhindern könnten, dass die Flotte in deutsche Hände fällt[18]. Churchill wusste vom verschlüsselten Befehl Darlans und führt die komplette Nachricht sogar in seiner Biografie an[19].

Er bezeichnet die Situation, in der es einerseits darum geht, einen Verbündeten nicht anzugreifen und anderseits das eigene Land zu schützen als „griechische Tragödie[20] “.

3.1.4 Die Vorbereitung des Unternehmens „Catapult“

Aus Furcht, die französische Flotte könne in die Hände der Deutschen geraten und gegen die britische verwendet werden, wurde das „Unternehmen Katapult“ geplant. General de Gaulle wurde nicht eingeweiht[21].

Dabei handelt es sich um ein Codewort für den Versuch der Briten, sich aller erreichbaren Flotteneinheiten zu bemächtigen und sie aus dem Verkehr zu ziehen, also entweder zu beschlagnahmen, unter britische Kontrolle zu bringen oder außer Gefecht zu setzen und zu vernichten. Man versuchte dadurch, Druck auf die französische Regierung auszuüben und eine friedliche Lösung über Verhandlungen zu finden. Sollte dies nicht gelingen, waren britische Truppen verpflichtet, Gewalt anzuwenden.

Die britische Regierung zweifelte an der Loyalität der Franzosen[22], welche an Artikel 8 festhielten und nach Ansicht Churchills nur eine „Marionettenregierung der Deutschen waren“. Sie waren überzeugt, dass die Flotte in deutsche oder italienische Hände fallen würde, vor allem nachdem die Deutschen am 29. Juni das grüne Licht für die Entwaffnung in nordafrikanischen und französischen Häfen gegeben hatte.

Das Unternehmen Katapult wird für den 3. Oktober unter der Führung von Vizeadmiral Sir James Sommerville und der speziell gebildeten „Force H“ angesetzt.

3.2 Das Drama in Mers-el-Kebir

3.2.1 Ereignisse in englischen Häfen, sowie in Alexandrien und Dakar

In den englischen Häfen Portsmouth und Plymouth an der englischen Südküste lief die Besetzung der französischen Flotte ohne größere Zwischenfälle ab, sie wurde am Morgen des 3. Juli um 4.45 Uhr[23] gestürmt und die Besatzung war so überrascht von dem Übergriff, dass sie fast keinen Widerstand leistete und floh.

Auch in Alexandrien gab es kein Blutvergießen, Admiral Godefroy lässt den Befehl Darlans unbeachtet und unterstellt sich Admiral Cunningham[24].

In Dakar wird das Schlachtschiff „Richelieu“ am 8.Juli von englischen Torpedofliegern angegriffen und zerstört.

Die größte Tragödie spielt sich jedoch in Mers-el-Kebir statt, in dem an Oran (Algerien) grenzenden Marinehafen.

[...]


[1] Egbert Kieser, „Unternehmen Seelöwe“-die geplante Invasion in England 1940. Seite 113

[2] Winston S. Churchill, der zweite Weltkrieg (Band zwei, Buch eins). Seite 240.

[3] Charles de Gaulle, der Ruf. Seite 49

[4] Egbert Kieser, „Unternehmen Seelöwe“-die geplante Invasion in England 1940. Seite 115

[5] Charles de Gaulle, der Ruf. Seite 62

[6] Geschichte Europas 1815-1980. Seite 528.

[7] Winston S. Churchill, der zweite Weltkrieg (II,1). Seite 246.

[8] Winston S. Churchill, der zweite Weltkrieg (II,1). Seite 251.

[9] Egbert Kieser, „Unternehmen Seelöwe“- die geplante Invasion in England 1940. Seite 116.

[10] Egbert Kieser, „Unternehmen Seelöwe“- die geplante Invasion in England 1940. Seite 117.

[11] Geoffrey Best, Churchill- A study in Greatness. Seite 245.

[12] Peter Schunk, Charles de Gaulle- Ein Leben für Frankreichs Größe. Seite 163.

[13] Charles de Gaulle, der Ruf. Seite 77.

[14] Geschichte Europas 1815-1980. Seite 529.

[15] Winston S. Churchill, der zweite Weltkrieg (II,1). Seite 117.

[16] Peter Schunk, Charles de Gaulle- Ein Leben für Frankreichs Größe. Seite 164.

[17] Bernard Ledwidge, de Gaulle. Seite 70.

[18] Winston S. Churchill, der zweite Weltkrieg (II,1). Seite117ff.

[19] in Winston S. Churchill, der zweite Weltkrieg (II,1). Seite118

[20] Winston S. Churchill, der zweite Weltkrieg (II,1). Seite 282

[21] Bernard Ledwidge, de Gaulle. Seite 72.

[22] Winston S. Churchill, der zweite Weltkrieg (II,1). Seite 120.

[23] Winston S. Churchill, der zweite Weltkrieg (II,1). Seite 120.

[24] Egbert Kieser, „Unternehmen Seelöwe“- die geplante Invasion in England 1940. Seite 124.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die Zerstörung der französischen Flotte in Mers-el-Kebir am 3. Juli 1940
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Institut für Übersetzen und Dolmetschen)
Veranstaltung
"Charles de Gaulle" (Hauptseminar)
Note
2,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
26
Katalognummer
V26941
ISBN (eBook)
9783638291293
Dateigröße
718 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit beschreibt die Ereignisse des Sommers 1940 aus der Sicht von Charles de Gaulle und Winston Churchill. Es werden Reden der beiden Protagonisten analysiert und die wichtigen Ereignisse des zweiten Weltkrieges, die mit diesem Ereignis in Zusammenhang stehen, beschrieben. Der Anhang enthält nur Verweise zu Literatur, die Texte wurden aus Büchern kopiert und in die Hausarbeit eingefügt.
Schlagworte
Zerstörung, Flotte, Mers-el-Kebir, Juli, Charles, Gaulle
Arbeit zitieren
Heike Winter (Autor:in), 2003, Die Zerstörung der französischen Flotte in Mers-el-Kebir am 3. Juli 1940, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26941

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