Kindheit und Jugend Friedrichs II.


Hausarbeit, 2009

27 Seiten, Note: 2,3

Ralf Hikschl (Autor:in)


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Ausgangslage: Sizilien unter Staufischer Herrschaft
2.1 Das Erbe Friedrichs II. und die Sicherung seiner Erbansprüche 
2.2 Der Kampf um Macht und Einflussnahme
2.2.1 Walter von Pagliara
2.2.2  Markward von Annweiler
2.2.3 Wilhelm von Capparone
2.2.4 Papst Innozenz III. und die Vormundschaft

3. Der junge Friedrich - Mythos und Wirklichkeit
3.1 Die Geburt Friedrichs
3.2 Friedrichs frühe Kindheit (1194-1198)
3.3 Erziehung, Aussehen und Charakter
3.3.1  Höfisches Umfeld und Erziehung
3.3.2 Äußeres Erscheinungsbild
3.3.3 Charaktermerkmale

4. Pubertas

5. Resümee und Fazit

Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Am zweiten Weihnachtstag des Jahres 1194 wurde in einer kleinen Provinzstadt Mittelitaliens ein Kind geboren, das später zu einem der umstrittensten, dafür aber einflussreichsten deutschen Herrscher des europäischen Mittelalters werden sollte. Dieser Herrscher sollte noch vor seinem vierten Lebensjahr Vollwaise werden und über sein Leben sollten fortan verschiedene Personen und Parteien bestimmen. Mit dem Erreichen des 14. Lebensjahres streifte der Thronfolger seine ihm testamentarisch auferlegte Vormundschaft ab und nahm sein Schicksal weitgehend selbst in die Hand. Er zog 1212, nachdem er 1211 zum römisch-deutschen König gewählt wurde, nach Deutschland, um für eine lange Zeit die Geschichte Deutschlands und Europas zu prägen.[1]

In dieser Arbeit soll quellennah und forschungsorientiert versucht werden ein möglichst ganzheitliches Bild Friedrichs II. in seinen frühen Lebensjahren, seiner Kindheit und Jugend in Sizilien nachzuzeichnen. Die Arbeit wird im Folgenden grob Themenbereiche unterteilt werden. Da Friedrichs Leben unmittelbar an die politische Lage Siziliens geknüpft war und analog dazu unabdingbar von der politischen Entwicklung in dem Königreich beeinflusst wurde, ist es zwangsläufig notwendig, die verschiedenen Personen und Parteien, die in seiner Kindheit und Jugend auf der Insel agierten und das Leben des jungen Herrschers teilweise bestimmten, in das Untersuchungsfeld mit einzubeziehen. Deshalb soll im ersten Teil versucht werden, die Ausgangslage und die politischen Hintergründe auf der Insel Sizilien verständlich zu machen. Dies ist notwendig, um einen Überblick über das quellentechnisch im Dunkeln liegende frühe Kapitel seines Lebens zu verschaffen.

Der Fokus der Arbeit liegt auf der Kindheit und Jugend Friedrich II. in Sizilien. Dabei ist es auch ein Anliegen dieser Arbeit – sofern möglich – zwischen Mythos und Wirklichkeit bei der Darstellung Friedrichs Kindheit und Jugend, anhand der einzig aus der Zeit erhaltenen Quelle aus dem Jahre 1207, und anderen Geschehnissen zu trennen.[2]

Es erscheint plausibel, der Kindheit und Jugend als Untersuchungsfeld mit Friedrichs Wahl zum deutschen König und Zug ins deutsche Reichsgebiet 1211/1212 ein Ende zu setzen.

Als problematisch erweist sich die Quellenlage zum Untersuchungsgegenstand:

Quellen über die Geburt, Kindheit und Jugend Friedrich II. geben kaum solide Auskunft und erschweren deshalb die Forschung und Arbeit zu diesem Thema. Viele Chroniken sind entweder nicht erhalten oder stammen nicht aus Friedrichs Zeit, sondern wurden erst Jahrzehnte später verfasst.[3]

Als Quellenband dient die Quellensammlung von Klaus von Eickels und Tania Brüsch[4]. Die Arbeit wurde durch die Aufbereitung der meist in Latein verfassten Quellen um vieles vereinfacht. Als historiographische Quelle dienten die Chroniken von  Matthäus Paris aus der Abtei St. Albans in England und die des Salimbene de Adam aus Parma.[5]

Auch wenn man, vor allem aufgrund der mangelnden Quellen, nicht im Stande ist, die Darstellung des ersten Lebensabschnitts in Sizilien gänzlich nachzuzeichnen, bietet das Vorhandene doch einen Überblick über die spätere Zeit Friedrichs als Herrscher.

Man muss zwischen einer klassischen und modernen Sichtweise Friedrichs II. unterscheiden: Die klassische ist in vieler Hinsicht überholt, bedingt durch die mangelnde Quellenlage und den damit einhergehenden vergrößerten Spekulationsraum. So wird einem hier ein eher romantischer und verklärter Blick auf die Person Friedrichs geboten.  Man erblickt in Friedrich den modernen und idealen Führer, einen „stupor mundi“ – Verwandler der Welt[6] oder als  intellektuellen,  humanistischen Herrscher, als „Wegbereiter der Renaissance“[7], was  an sich eine gewagte Einschätzung ist, die einer gründlichen Prüfung bedürfte. Zu dieser Forschungsmeinung, die Friedrich als Synthetiker zwischen Orient und Okzident und als eine Art seit langem erwarteten Heiland sieht, zählt  die umfassende und bisweilen profunde Biographie von Ernst Kantorowicz.[8] Eine anderes, detailliertes Werk, das der genannten Richtung zugeordnet werden kann, liefert in englischer Sprache Thomas Van Cleve.[9]

Zu den neueren Werken und der modernen Forschersicht, die sich mit der Person Friedrichs, mit der Mythenbildung und seiner Rolle als Herrscher kritischer auseinandersetzen und sich von dem romantischen Blick distanzieren, zählen David Abulafias „Herrscher zwischen den Kulturen“,[10] Wolfgang Stürners „Friedrich II.“[11] und Hubert Houbens (Taschen-)Buch[12]. Obwohl Abulafia mit seinem Werk nicht versucht  einen neuen Ansatz zu finden, wie er sagt, sondern eine neue Sichtweise auf Friedrich II.[13].Er behauptet außerdem, dass man anhand des neuen Wissens eine Neubewertung Friedrichs wagen könne.[14] Dabei geht er von den Forschungsansätzen van Cleves und Kantorowicz aus, kommt aber zu neuen Erkenntnissen. Houbens Buch ist unter den aufgeführten Titeln das aktuellste Werk und dient meiner Arbeit als Grundlagenwerk.  Ertrag- und aufschlussreicher als viele Monographien erscheinen die Zeitschriftenartikel, die zu dem Thema verfügbar sind. Besondere Relevanz weisen dabei die Artikel von Theo Kölzer[15] und Wolfgang Stürner[16] auf.

2. Ausgangslage: Sizilien unter Staufischer Herrschaft

2.1 Das Erbe Friedrichs II. und die Sicherung seiner Erbansprüche

1186 war es Friedrich Barbarossa gelungen, Konstanze, die Tochter Rogers II. von Hauteville, mit Heinrich VI., seinem Sohn und dem rechtmäßigen staufischen Thronfolger, zu verheiraten. Als 1189 unerwartet Wilhelm II. von Sizilien starb, fiel rechtmäßig die Herrschaft Konstanze und ihrem Ehegatten zu. Diese musste jedoch erst  erstritten werden. Politische und persönliche Gegensätze flammten wieder auf, besonders jene zwischen Erzbischof Walter von Palermo und Vizekanzler Matthaeus von Aiello.[17] Aiello war es nun, der sich gegen eine deutsche Vorherrschaft auf der Insel und eine Angliederung an das römisch-deutsche Imperium stellte. Um die politischen Absichten geltend zu machen, bedurfte es eines Herrscherkandidaten. Diesen fand man in Tancred von Lecce. Dieser illegitime Enkel Rogers II., wurde mit Zustimmung des Papstes am 18. Januar 1190 in Palermo zum König gekrönt.[18] Unterdessen war Heinrich entschlossen die Politik seines Vaters, den sog. „Erbreichsplan“, durchzusetzen. Darin beabsichtigte er die Wahlmonarchie des Heiligen römischen Reiches in eine Erbmonarchie umzuwandeln, also die „Erblichkeit der römisch-deutschen Königskrone“[19] für die Staufer durchzusetzen. Als Gegenleistung bot er den weltlichen Fürsten die Erblichkeit ihrer Reichslehen und den geistlichen Fürsten den Verzicht auf das königliche Spolienrecht.[20] Der Erbreichsplan hätte dazu geführt, dass der Kirchenstaat  vom Reichsgebiet dauernd umschlossen gewesen wäre und der Papst die Lehensherrschaft über die Insel Sizilien verloren hätte. Das war der Grund, weshalb Papst Clemens  III. ( bis 1191) die Gegenseite unterstützte und auch sein Nachfolger Cölestin III. den Erbreichsplan ablehnte.[21]

Heinrich zog unterdessen 1194 ein zweites Mal, nachdem er 1191 gescheitert war, nach Italien. Er hatte das Glück, dass Tancred bereits 1193 gestorben war. Im Bündnis mit Pisa und Genua stehend, sollte er seinen Siegeszug mit der Kaiserkrönung in der Hauptstadt Siziliens, in Palermo, feierlich abschließen. Es schien, als ob Friedrich über eine günstige Ausgangslage verfügte und wohlbehütet aufwachsen konnte.

Nach dem Tod Heinrichs übernahm Konstanze die Staatsgeschäfte im Königreich Sizilien. Sie richtete ihr Interesse auf die Wahrung der Macht für sich und Friedrich. Obgleich ihr Mann eine gegen die kirchlichen Interessen gerichtete Politik verfolgt hatte, bei der er die Verbindung zwischen Imperium und Regnum herzustellen beabsichtigte, zwangen die Umstände sie zu einer Kursänderung. Sie suchte den Kompromiss mit der Kurie. Denn es war unumgänglich, einen starken Schirmherren für sich und ihren Sohn zu finden.

Im Mai des Jahres 1198 hatte Philipp von Schwaben, der jüngere Bruder Heinrichs VI., sich zum deutschen König wählen und krönen lassen. Dieser hatte, an dem imperialen staufischen Reichsgedanken festhaltend, zunächst die Regentschaft für den schon zum deutschen König gewählten, doch nicht gekrönten unmündigen Neffen Friedrich übernommen, sich nach der Königserhebung des Welfen Otto IV. durch die Welfenpartei jedoch von der  Stauferpartei überreden lassen, sich selbst zum Gegenkönig gegen Otto IV. erheben zu lassen, um die staufische Macht im Reich zu sichern.[22] Daraufhin ließ Konstanze jeglichen Anspruch auf die römische Krone für Friedrich fallen.[23] Sie glaubte wahrscheinlich, durch den Verzicht auf die Kaiserkrone und das Imperium für Friedrich, bei dem sie weiterhin den Papst in Gegnerschaft gehabt hätte und durch die Beschränkung des Machtanspruchs auf die Insel, die Herrschaft für sich und ihren Sohn sichern zu können. Andernfalls hätten beide unweigerlich den Papst in Gegnerschaft gehabt.

[...]


[1] Hubert, Houben, Kaiser Friedrich II., Herrscher, Mensch und Mythos, Stuttgart 2008, S.34

[2] Die Quelle wird aus der Darstellung Houbens entnommen;Ebenda, S.109-110.

[3] Salimbene de adam, Chronik, hg. von Oswald Holder-Egger ( MGH, Scriptores cronica fratris Salimbene de Adam ordinis Minorum) Hannover 1905-1913.

[4] Klaus, van Eickels; Tania, Brüsch, Kaiser Friedrich II., Leben und Persönlichkeit in Quellen des Mittelalters, Düsseldorf 2000.

[5] Houben, S. 14.

[6] Hans Martin, Schaller, Kaiser Friedrich II., Verwandler der Welt, Zürich 1964.

[7] Franz, Kampers, Kaiser Friedrich II., Wegbereiter der Renaissance, in: Monographien zur Weltgeschichte, Bd.34, Hrsg. von Eduard Henck, Bielefeld u.a. 1929.

[8] Ernst, Kantorowicz, Kaiser Friedrich II., Düsseldorf u.a. 1963.

[9] Thomas, Cleve van, The Emperor Frederick II of Hohenstaufen, Immutator mundi, Oxford 1972.

[10] Abulafias Arbeit stellt nach Houben eine Art „Anti-Kantorowicz“dar, s.dazu Houben, S.10

[11] Nach Houben müsse jede weitere „Beschäftigung mit Friedrich II.“ von Stürner ausgehen,s. dazu Houben, S.10.

[12] Hubert, Houben, Kaiser Friedrich II., Herrscher, Mensch und Mythos, Stuttgart 2008.

[13] Abulafia, S.9.

[14] Ebenda, S.9.

[15] Theo, Kölzer, Ein mühevoller Beginn: Friedrich II. 1198-1212, in: De litteris, manuscriptis, inscriptionibus...,

Festschrift zum 65. Geburtstag von Walter Koch, Hrsg. von Theo, Kölzer u.a., Wien 2007.

[16] Wolfgang, Stürner, Die Kindheit und Jugend Friedrichs II., in: Mezzogiorno - Federico II - Mezzogiorno. Atti del convegno internazionale di studio promosso dall'Istituto internazionale di studi federiciani, Hrsg. von C. D. Fonseca , Rom 1999, S. 467-479.

[17] Stürner, S.34.

[18] Ebenda, S.34-35.

[19] Houben, S.27.

[20] Brockhaus Enzyklopädie, 5. Band, DOM-EZ, Wiesbaden 1968, S. 626-627.

[21] Strürner, S. 35. S. dazu auch: Eva, Sibylle; Gerhard, Rösch, Kaiser Friedrich II. und sein Königreich Sizilien, Sigmaringen 1995, S. 38.

[22] Herbert,Grundmann, Wahlkönigtum, Territorialpolitik und Ostbewegung im 13. und 14. Jahrhundert, in: Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 5, Stuttgart 1980, S. 17-18.

[23] Van Eickels, S. 35.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Kindheit und Jugend Friedrichs II.
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Historisches Institut)
Note
2,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
27
Katalognummer
V268857
ISBN (eBook)
9783656598527
ISBN (Buch)
9783668105034
Dateigröße
545 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Friedrich II.
Arbeit zitieren
Ralf Hikschl (Autor:in), 2009, Kindheit und Jugend Friedrichs II., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268857

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