Zufall und Kontingenz in Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften"


Masterarbeit, 2013

87 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen
2.1 Forschungsstand 
2.2 Zufall, Kontingenz und Möglichkeit
2.3 Systemtheoretischer Bezug 
2.4 Roman der Moderne: Musils Mann ohne Eigenschaften

3 Zufall/Kontingenz im Mann ohne Eigenschaften
3.1 Zufall als Vorfall und Einfall
3.2 Kontingenz der Geschichte 
3.3 Utopie des Essayismus 
3.4 Ulrichs Möglichkeitssinn 
3.5 Kontingenzkultur der Moderne 
3.5.1 Wissenschaft als Fremdreferenz
3.5.2 Identitätskrise
3.6 Strategien der Kontingenzbewältigung 

4 Zusammenfassung

5 Literaturverzeichnis 
5.1 Primärliteratur
5.2 Sekundärliteratur

1 Einleitung

In Niklas Luhmanns Systemtheorie ist der Begriff der Kontingenz ein wichtiges Kennzeichen der Moderne. Nachdem sich Kontingenz im 18. Jahrhundert als ein neu erkanntes Phänomen gegenüber der christlich geprägten Providenz zu behaupten hatte, stellt sie am Ende der Moderne, das heißt zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits einen zentralen Aspekt eines neuen Erkenntnismodells der modernen Wissenschaft dar. Bei dem neuen Weltbild einer Kontingenzkultur wird von Wahrscheinlichkeit und Unbestimmtheit statt von Wahrheit und Notwendigkeit ausgegangen.

Auch in der Literatur der Moderne findet der Begriff der Kontingenz auf vielfältige Weise Eingang: In der Gattung des Romans nehmen möglichkeitsoffene Formen und Stilmittel wie Montagetechnik, Ironie oder hohe Reflexionsdichte zu. Ungelenkte freie Rezeption und variable Offenheit der Romanhandlung eröffnen dem Leser ein vorher unzugängliches Möglichkeitsspektrum. Musils Werk gilt als Musterbeispiel für die literarische Bearbeitung des Phänomens der Kontingenz. Sein Protagonist Ulrich benutzt die Fähigkeit alles „Mögliche“ zu denken, die Wirklichkeit nicht wichtiger zu nehmen als die gedachte Möglichkeit und durch den Verzicht auf Festlegung, den Möglichkeitssinn zu leben.

Diese Masterarbeit untersucht, wie Kontingenz und das damit eng verbundene Motiv des Zufalls in Robert Musils Roman Mann ohne Eigenschaften relevant werden und welche Realitäten, Probleme und Folgerungen sich daraus ergeben. Im Einzelnen befasst sich die Arbeit mit folgenden drei Fragekomplexen:

Als erstes stellt sich die Frage, nach Inhalt und Form von Zufall und Kontingenz in Musils Werk. Hierbei wird zunächst exemplarisch zu untersuchen sein, wie und wo Zufälliges im Text geschieht und wie sich Ulrichs Möglichkeitssinn durch kontingentes Denken ausdrückt. Ziel ist dann, anhand der ausgewählten Textstellen, ein Muster in Ulrichs Denken zu erkennen, welches seine Weltanschauung der Kontingenz schlüssig beschreiben kann.

Als zweites ist die Frage zu beantworten, worauf der Protagonist Ulrich seine kontingente Weltanschauung gründet. Mit dieser Fragestellung stehen die Ursachen und Einflüsse im Mittelpunkt, die über die Grundhaltung des Autors den Möglichkeitssinn Ulrichs erzeugen. Um diese Fragestellung zu beantworten, wird man neben dem historischen Kontext und den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen des Zeitalters vor allem die Wissenschaft als Fremdreferenz des Teilsystems Literatur in den Blick nehmen müssen, die den Autor prägten.

Schließlich ist zu klären welche Strategien der Beobachter Ulrich entwickelt, um sich auf die neue Situation in einer Kontingenzkultur der Moderne einzustellen. Hierbei sind, ausgehend von der Krise, die ein kontingentes Weltbild für das Individuum der Moderne mit sich bringt, mögliche Haltungen Ulrichs als Strategien zur Bewältigung der Krise der Moderne aufzuzeigen.

Nach dieser Einleitung werden im zweiten Kapitel die Grundlagen für die Analyse erarbeitet. Als erstes wird der für die Arbeit relevante Forschungsstand skizziert. Danach folgt ein Abriss über Zufall und Kontingenz aus begriffsgeschichtlicher Perspektive und aus einer naturwissenschaftlichen und philosophischen Sicht. Dann wird mit den Konzepten der Beobachtung, Kontingenz und Fremdreferenz der systemtheoretische Bezug zur Fragestellung hergestellt. Das Kapitel schließt mit Angaben zum Inhalt und Aufbau des Werkes sowie seiner Einordnung in die Gattung des modernen Romans.

Den Schwerpunkt der Arbeit bildet das dritte Kapitel, wo zunächst anhand von ausgewählten Beispielen des Textes die Rolle von Zufall und Kontingenz untersucht wird. Zum einen werden die Zufälle in den Eingangskapiteln der beiden Bücher betrachtet und zueinander in Beziehung gesetzt (Kapitel 3.1). Zum anderen wird Ulrichs kontingente Einstellung zur Geschichte (Kapitel 3.2) und sein komplexes Verständnis von Literatur (Kapitel 3.3) analysiert. Darauf aufbauend kann eine Skizze des Möglichkeitssinns des Protagonisten Ulrich erstellt werden (Kapitel 3.4). In einem Zwischenschritt werden die wissenschaftlichen Einflüsse sowie die sozialhistorischen Gegebenheiten der Zeit ermittelt und die daraus ableitbaren Probleme dargestellt, die zu einer Identitätskrise des Subjekts führten (Kapitel 3.5). Abschließend wird untersucht, ob und wie der Autor beim Umstieg auf diese kontingente Weltanschauung über die Haltung des Protagonisten Strategien zur Bewältigung der Krisensituation formulieren kann (Kapitel 3.6). In Kapitel vier werden die Ergebnisse zusammengefasst und eine Gesamteinordnung versucht.

Damit das komplexe Thema im Umfang einer achtzigseitigen Masterarbeit bearbeitet werden kann, sind eine methodische Vorgehensweise sowie eine strenge inhaltliche Abgrenzung notwendig. Aufgrund von gesellschaftlichen, gesellschaftspolitischen und soziokulturellen Bezügen des Werkes ist eine soziologische Dimension der Analyse von Vorteil. Luhmanns Systemtheorie bildet dazu den grundlegenden methodischen Rahmen. Im Detail wiederum wird textnah gearbeitet. Die inhaltliche Abgrenzung erfolgt sowohl werkorientiert als auch motivorientiert, das heißt einerseits durch Musils Mann ohne Eigenschaften und andererseits durch Kontingenz beziehungsweise Zufall. Andere grundlegende Aussagen des Werkes, beispielsweise zur Moral, Mystik oder Seele, werden nur aus der Sicht der Fragestellung der Arbeit gestreift oder gar nicht in die Betrachtung mit einbezogen. Der Schwerpunkt der Analysearbeit bezieht sich auf die ersten drei veröffentlichten Teile vom Mann ohne Eigenschaften, die nichtveröffentlichen Schriften und Fragmente Aus dem Nachlaß werden ergänzend hinzugenommen.

Der Form halber wird darauf hingewiesen, dass diese Arbeit im Hinblick auf die Fragestellung nur eine der vielen möglichen Lesarten des Werkes Musils darstellen kann. Eine ausholende Begriffsklärung sowie die ausführliche Diskussion von Detailfragen sind im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich. Im Übrigen wird davon ausgegangen, dass der Leser dieser Arbeit sowohl mit Musils Werk, dem sozialhistorischen Kontext des Themas, als auch den Fachtermini von Luhmanns Systemtheorie in Grundzügen vertraut ist.

Diese Masterarbeit reiht sich in den Studiengang Master Europäische Moderne: Geschichte und Literatur ein, indem sie mit systemtheoretischem Bezug am Beispiel von Musils Roman Mann ohne Eigenschaften aufzeigt, wie man mit einem neuen Weltbild und Erkenntnismodell literarisch umgehen kann, welches sich im langen 19. Jahrhundert sukzessive entwickelte, um sich am Ende der Moderne als Kontingenzkultur zu etablieren.

2 Grundlagen

2.1 Forschungsstand

Im diesem Kapitel wird der aktuelle Forschungsstand[1] zur Fragestellung aus Sicht der Literaturwissenschaft kurz dargestellt. Zum einem werden Beiträge vorgestellt, die sich mit dem literarischen Zufall oder der Kontingenz als Phänomen der Moderne in allgemeiner Form befassen. Zum anderen sind Arbeiten berücksichtigt, die sich mit Musils Mann ohne Eigenschaften entweder aus der Perspektive des Zufalls beziehungsweise der Kontingenz befassen, die das Werk aus Sicht der Systemtheorie betrachten oder die beides kombinieren.

Drei Autoren haben sich in den 1970er Jahren mit dem literarischen Zufall beschäftigt. Ernst Nef untersucht in seinem Beitrag den Zufall in der Erzählkunst[2] monographisch von Voltaire bis Döblin. Erzählerischer Zufall ist für ihn kein künstlerischer Mangel, sondern ein legitimes Mittel. Er ist „eine Koinzidenz von Begebenheiten, die zum Fortgang der Handlung beiträgt und weder direkt durch den Erzähler, noch unmittelbar in der Handlung hergeleitet wird“[3]. Der Zufall hebe sich damit vom Ordnungsprinzip der Geschlossenheit und logischen Folgerichtigkeit des Handlungsablaufs ab. In einem historischen Rückblick stellt er die vereinfachende These auf, dass der erzählerische Zufall aufgrund der Säkularisierung in der modernen Erzählkunst sein Ende finde, da diese dem genannten Ordnungsprinzip nicht mehr unterliege[4]. In der modernen Erzählkunst verliere der Zufall „den Charakter einer Kontingenz, in der ein Sinn versteckt ist“[5]. Nef bleibt bei dieser einseitigen Betrachtung stehen und diskutiert die Kategorie eines Ordnungs-, Totalitäts- und Sinnverlusts in der modernen Erzählkunst nicht weiter, sondern lässt diese nur als Negativbewertung stehen.

Diesen letzten gedanklichen Faden Nefs greift Erich Köhler in seiner romanistischen Studie Der literarische Zufall, das Mögliche und die Notwendigkeit[6] auf, in der er Reflexionen über die wachsende Relevanz des Möglichen in der Moderne anstellt und die Konsequenzen analysiert, die sich daraus für den Roman ergeben. In Bezug auf Nefs Argumentation entgegnet er, dass das Ordnungsprinzip als Maß für den Zufall eben nicht verschwunden sei, “nur hat die Ordnung sich in Unordnung verkehrt, in die Absurdität, in welcher der Zufall herrscht und somit nicht mehr das Andere, sondern das Konstitutive ist“[7].

Ernst Müller wiederum spricht in seinem Aufsatz Der Zufall im Roman. Anmerkungen zur erzähltechnischen Bedeutung von Kontingenz[8] dem Zufall ausdrücklich einen Sinn zu, denn im Unterschied zum natürlichen Zufall in der Wirklichkeit, sei der Erzähler für zufälliges Geschehen im Roman sinnstiftend verantwortlich. Jedoch relativiert er diese Position in der darauffolgenden epochenspezifischen Diskussion von Kontingenz.[9] Dem Zufall im modernen Roman erkennt Müller, ähnlich wie Nef, die Sinnstiftung wieder ab, denn wo „alles zufällig wird, hat der Zufall als kompositorisches Moment ausgespielt“[10].

Ab den 1980er Jahren verlagert sich das Forschungsinteresse vom literarischen Zufall zur Kontingenz. Die erste erwähnenswerte Arbeit dazu ist Werner Fricks zweibändige Studie Providenz und Kontingenz[11]. Sie wurde im Jahre 1988 als Untersuchung der Schicksalssemantik im deutschen und europäischen Roman des 17. und 18. Jahrhunderts veröffentlicht. Kontingenz wird darin als „defizienter Modus von Sinn, Kohärenz und finaler Ordnung durch negative Bestimmungen wie Nicht-Notwendigkeit, Irregularität, Unselbständigkeit, Unberechenbarkeit, Unvorhersehbarkeit etc. charakterisiert“[12]. Fricks detailreiche Arbeit verdeutlicht die Unüberschaubarkeit der begriffsgeschichtlichen Linien von Kontingenz und den Variantenreichtum der Begründungen für die Umbrüche in der Zeit der Aufklärung[13].

Jürgen Petersens Studie Der deutsche Roman der Moderne[14], hat nicht unerheblich dazu beigetragen, dass Kontingenz in der Literatur mit Modernität in Verbindung gebracht wird, obwohl die Begriffe Kontingenz und Zufall in seinem Text überhaupt nicht vorkommen. Sein Einleitungskapitel trägt den Titel „Die Entfaltung der Wirklichkeit als reine Möglichkeit in der Moderne“. Dieses Leitmotiv seiner Arbeit, welches er für die Analyse von Musils Mann ohne Eigenschaften anwendet, bildet die Brücke zur vorliegenden Arbeit.

Michael Makropoulos untersucht in Modernität und Kontingenz[15] deren Zusammenhang. Er stellt fest, dass Kontingenz in der europäischen Geschichte einem stetigen Wandlungsprozess unterliege und ein ausgesprochenes Kontingenzbewusstsein erst in der modernen Gesellschaft Einzug halte.[16] Diese Entgrenzung des Kontingenzbereichs öffne ein unabsehbares Möglichkeitsspektrum. Der Autor zieht zur Verdeutlichung dafür, dass Kontingenz eine zentrale Kategorie der Modernität sei, philosophische, soziologische, geschichtswissenschaftliche und literarische Texte heran. Der Anschlusspunkt für die vorliegende Arbeit ist, dass er am Bespiel von Paul Valerý`s Reflexionen und Musils Mann ohne Eigenschaften die Möglichkeitsoffenheit und Krisenanfälligkeit der modernen Welt diskutiert.[17]

Die Beiträge in dem 1998 von Gerhard von Graevenitz und Odo Marquard herausgegebenen Band Poetik und Hermeneutik[18], welcher sich ganz dem Thema Kontingenz widmet, gehen von der grundlegenden These des zunehmenden Kontingenzbewusstseins in der Geschichte aus: In der Antike war alles notwendig und fast nichts kontingent, in der christlichen Welt war Gott notwendig und die von Gott geschaffene Welt kontingent und in der modernen Welt schließlich ist nichts mehr notwendig und alles kontingent.[19] Die Tendenz der zunehmenden Bedeutung von Kontingenz wird in den Einzelbeiträgen aus unterschiedlichem wissenschaftlichem Blickwinkel betrachtet. Für diese Arbeit ist vor allem der soziologische Beitrag von Michael Makropoulos von Interesse, auf dessen Hauptwerk oben bereits hingewiesen wurde.

Matthias Luserkes Untersuchung Wirklichkeit und Möglichkeit[20] ist eine modaltheoretische Analyse des Wirklichkeits- und Möglichkeitsbegriffs im Werk von Robert Musil, die diese Arbeit als Grundlage für die Auslegung von Ulrichs Möglichkeitssinns verwendet. Zum gleichen Thema wird die Studie von Sebastian Hüsch Möglichkeit und Wirklichkeit[21] herangezogen, die Robert Musils Mann ohne Eigenschaften mit Sören Kierkegaards Entweder – Oder in dieser Hinsicht vergleicht.

Der Beitrag Musils Philosophie[22] von Hans-Joachim Pieper befasst sich mit dem Einfluss der Philosophie von Mach und Nietzsche auf Musils Werk. Von Belang ist vor allem die Verbindung zwischen dem Essayismus Musils und dem Perspektivismus von Nietzsche.

Ingrid Berger legt mit ihrem Werk Musil mit Luhmann[23] eine systemtheoretische Interpretation vor, die am Beispiel von Musils Mann ohne Eigenschaften den funktionalen Zusammenhang von Kontingenz, Beobachtung und Literatur darlegt. Es handelt sich um eine vergleichende Analyse zwischen Luhmanns Systemtheorie und Musils Werk. Im ersten Teil werden die literaturtheoretischen Grundlagen der Systemtheorie erklärt, welche dann im zweiten Teil am Werk praktisch angewandt werden. Dass sich der Roman für eine solche parallele Lektüre eignet, zeigt sich erstens an der Idee des Möglichkeitssinns Ulrichs, die als Indikator von Kontingenz fungiert und zweitens an seiner Eigenschaftslosigkeit, die ihn zu einer literarischen Idealbesetzung eines Beobachters von Beobachtungen macht. Für die vorliegende Arbeit dient die systemtheoretische Vorgehensweise bei der Interpretation des Werkes als Grundlage, insbesondere dort, wo die Verbindung zwischen Möglichkeit, Kontingenz und Beobachtung hergestellt wird.

Die Habilitationsschrift Kontingenz und Zufall[24] des Historikers Peter Vogt ist als Ideen- und Begriffsgeschichte die aktuellste und zugleich umfassendste Arbeit zum Thema. In einer umfangreichen philosophisch-geschichtlichen Darstellung, die aber auch für eine literarische Betrachtung offen ist, wird das Zufällige, Schicksalhafte und Unverfügbare facettenreich aus verschiedenen Perspektiven reflektiert. Für die vorliegende Arbeit sind seine Anmerkungen zur Akzeptanz der Unverfügbarkeit von Geschichte in Musils Mann ohne Eigenschaften sowie die Darlegung, der in der zeitgenössischen Philosophie formulierten Plädoyers für mögliche Formen der Bewältigung von Kontingenz und Zufall, von Interesse.

Martin Dillmann untersucht in Poetologien der Kontingenz[25] anhand Musils Romanfragments die Kontingenzsemantik der Klassischen Moderne. Er geht von einem fundamentalen Paradigmenwechsel in den Naturwissenschaften im ersten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts aus, den er vor allem an der Quantentheorie, der Heisenbergschen Unschärferelation und der Relativitätstheorie festmacht.[26] Er vertritt die These, dass Musil mit Ulrichs Möglichkeitssinn einen Kontingenzbegriff verbinde, der eine positive Sinnstiftung erzeuge. Die Argumentation Dillmanns, bildet eine Position bei der Ermittlung der Kontingenzbewältigungsstrategie Ulrichs.

Für Teilaspekte der naturwissenschaftlichen, philosophischen oder historischen Einordnung des Werkes Musils in Bezug auf Kontingenz und Zufall sind noch folgende Studien von Interesse:

Die Arbeit Durch geheime Anordnung des Zufalls[27] von Sebastian Speth untersucht die Beziehungen zwischen Literatur und Wissen verbunden mit einer erzähltheoretischen Analyse am Beispiel des Zufalls und der Kontingenz im Mann ohne Eigenschaften. Im ersten Teil werden mathematisch-philosophische Beiträge um die Jahrhundertwende analysiert, die von Musil direkt rezipiert wurden, um im zweiten Schritt die literarische Gestaltung dieser Kenntnisse zu untersuchen. Von Interesse hier ist insbesondere die Vielschichtigkeit der Darstellung des Zufalls in Musils Werk.

Barbara Neymeyr nimmt in Identitätskrise - Kulturkritik – Experimentalpoesie[28] den Einfluss der Nietzsche-Rezeption im Mann ohne Eigenschaften genauer unter die Lupe und konstatiert, dass Musils zentrale Fragestellung auf die moderne Identitätskrise abziele, die seit Nietzsches Attacke auf ein am Begriff des Individuums orientiertem Persönlichkeitskonzept, zu einem Epochenthema geworden sei.

In seinem Beitrag Kontingenzregulierung?[29] geht David Wachter davon aus, dass Musils Roman ein literarisches Denkexperiment einer konstruktiven Krisenbewältigung sei. Musils Textstrategien von Mehrdeutigkeit, Ironisierung und Perspektivierung seien Bestandteile dieses Experiments, dass die Optionen möglicher Kontingenzregulierung gezielt durchdenke und zugleich in der Schwebe halte.

Franziska Bomski versucht mit ihrem Beitrag Der Zufall in Robert Musils Mann ohne Eigenschaften[30] durch eine textimmanente Analyse[31] über den Zufall das Verhältnis des Romans zum Wissen herzustellen. Dabei unterscheidet sie narratologisch zwischen einer analytisch-retrospektiven Erzählerperspektive, die eine implizite Bezugnahme auf den mathematisch-physikalischen Kontext herstelle und einer lebensweltlich-praktischen Perspektive der Protagonisten, die sich mit den Redeakten der Figuren explizit auf die Darstellung des mathematischen Wissens vom Zufall beziehe. Bomski zeigt nachvollziehbar, wie die beiden epistemischen Ebenen gegenseitig ineinandergreifen: einerseits in der Rolle General Stumms in der »Parallelaktion« als Prinzip der kleinen Ursachen mit großer Wirkung, und andererseits in Ulrichs Reflexionen über zwei grundsätzlich mögliche lebenspraktische Konsequenzen aus der mathematischen Modellierung des Zufalls.

2.2 Zufall, Kontingenz und Möglichkeit

Die Herkunft der Begriffe Zufall und Kontingenz ist verschlungen und nicht lückenlos geklärt. Kontingenz kommt vom lateinischen contingentia, was wörtlich »zusammen (sich) berühren« bedeutet und dem deutschen »zusammenfallen« entspricht. Daraus leitet sich die Begriffsgruppe des Zufalls und der Zufälligkeit ab.[32] Der Zufall beinhaltet im Sinne einer notwendigen oder glücklichen Fügung die deterministische Komponente des Schicksals, welche in der Literatur der Antike und des lateinischen Mittelalters auf die begrifflichen Vorläufer »Tyche« und »Fortuna« zurückzuführen ist. Hinter dem Schicksal verbirgt sich eine höhere Macht, die das Leben einer Person ohne menschliche Einwirkung beeinflusst.[33] Es geht um das, was der Mensch nicht in seiner Verfügungsgewalt hat und um die Frage, inwieweit das Handeln des Menschen selbstbestimmt sein kann. Im Bereich der Religion sind Prädestination und Vorherbestimmung die Entsprechungen des Schicksals.[34]

Ab der Neuzeit verlagern sich diese Problemzusammenhänge des Zufalls weitgehend auf die Kontingenz-Problematik und ab dem 18. Jahrhundert auf die Funktion des Zufalls als Erkenntnismittel.[35] Den Begriff Kontingenz (griechisch ἐνδεχόμενον) bestimmte bereits Aristoteles in seiner Metaphysik mit einer Klarlegung, die heute als zweiseitige oder symmetrische Möglichkeit bekannt ist. Demnach ist kontingent oder möglich, was weder notwendig noch unmöglich ist.[36] Diese Basisdefinition von Aristoteles, welche auch die enge Beziehung zwischen Kontingenz und Möglichkeit prägt, gilt im Grundsatz bis heute.[37]

Ein Zufall bedeutet im allgemeinsten Sinne das Zutreffen eines Sachverhaltes, der nicht hinreichend durch Kausalverhältnisse oder sonstige Abhängigkeitsverhältnisse zu anderen bestimmt wird.[38] Innerhalb dieser Kernbedeutung des Zufalls ist zwischen den Zufallsarten erstens Zufall gegenüber Gründen und Ursachen und zweitens Zufall als Koinzidenz zu unterscheiden.[39] Bei einem Mangel an hinreichenden Gründen oder Ursachen geht man von einem Zufall aus. Ein Grund ist ein Oberbegriff für Ursache. Für einen Unfall beispielsweise kann man viele Gründe angeben, aber nur eine Ursache.[40]

Ein Zufall als Koinzidenz ist der Zusammenfall zweier unabhängiger Ereignis-Kausalketten. Zwei Ereignisse haben Auswirkungen aufeinander, obwohl deren Ursachen keine Abhängigkeitsverhältnisse haben. Wenn alle Zufälle ein Zusammenfallen von mehreren Komponenten darstellen, wären alle Zufälle gleichzeitig auch Koinzidenzen. Die Abgrenzung erfolgt dadurch, dass bei einer Koinzidenz von zwei ganzen Sachverhalten in Form von Ereignisketten gesprochen wird, die zeitlich und/oder räumlich zusammenfallen und nicht nur zwei Fakten oder Tatsachen verknüpfen. Eine Koinzidenz kann man deshalb immer aus zwei komplementären Perspektiven der beiden Sachverhalte beschreiben.

Eine weitere Differenzierung ist die zwischen subjektivem und objektivem Zufall.[41] Der subjektive Zufall beruht auf einem Mangel der Kenntnis von Ursachen eines Sachverhalts, während der objektive Zufall vom tatsächlichen Nichtvorhandensein solcher Ursachen in der Realität ausgeht.[42] Entscheidend sind in diesem Zusammenhang zwei Erkenntnisse: erstens, dass beim subjektiven Zufall gar nicht mehr vom Zufall gesprochen werden kann, sobald man die Ursachen dafür erkannt hat und zweitens, dass der objektive Zufall in der Realität weder nachgewiesen noch ausgeschlossen werden kann, da man nicht weiß, ob man Ursachen in der Zukunft wird identifizieren können oder nicht[43]. Daraus folgt, dass jeder erlebte Zufall zunächst subjektiv ist.

Die Wahrscheinlichkeitsrechnung ist innerhalb der Stochastik[44] die Wissenschaft, die die Regeln des Zufalls erforscht. Der Zufall wird erst durch eine Wahrscheinlichkeit messbar. Zufälle sind etwas Wirkliches, während Wahrscheinlichkeiten sich auf Möglichkeiten beziehen. Man kann zwar eine Wahrscheinlichkeit für ein Ereignis angeben, aber dass es dann tatsächlich eintritt, ist immer noch Zufall, denn die Wahrscheinlichkeit sagt gerade nichts über die Wirklichkeit eines oder mehrerer Fälle aus, sondern gewichtet nur Möglichkeiten zueinander[45]. Da es beim Zufall diese Gewichtungskennzahl nicht gibt, ist er nicht durch Gesetze beschreibbar.

Auch der Zusammenhang zwischen Zufall und Kontingenz liegt in der Unterscheidung zwischen Wirklichkeit und Möglichkeit. Der Zufall ist ein Ereignisbegriff der Wirklichkeit, er lässt sich weder rückgängig machen, noch wiederholen. Er ist immer das, was tatsächlich der Fall ist und niemals etwas, das der Fall sein könnte. Zufälle sind demnach bereits eingetretene Wirklichkeiten[46], die vordem offene Möglichkeiten waren. Kontingenz hingegen ist nicht nur ein Gegenbegriff zur Notwendigkeit und zur Unmöglichkeit[47], sondern auch ein Gegenbegriff zur Wirklichkeit[48]. Kontingenz ist der Bereich für Zustände, Objekte, Ordnungen oder Strukturen, in denen sich Zufall realisiert. Dieser Bereich darf nicht determiniert sein, muss nicht ordnungslos sein, aber er muss Unregelmäßigkeiten zulassen.[49] Deshalb ist Zufall, was auch anders hätte sein können, während Kontingenz in Sinne einer Modalkategorie von Möglichkeit das ist, was so oder anders sein kann. Zufall als nicht notwendig Wirkliches ist realisierte Kontingenz.[50] Oder nach Vogts Definition formaler ausgedrückt: „Kontingenz im Sinne eines wie auch immer zu bestimmenden nicht notwendigen Möglichen und Zufall im Sinne eines wie auch immer zu bestimmenden nicht notwendigen Wirklichen“[51].

2.3 Systemtheoretischer Bezug

Für die Analyse von Zufall und Kontingenz bildet Luhmanns Systemtheorie den methodischen Rahmen. Dabei sind Analogien zwischen den systemtheoretischen Konzepten und inhaltlichen Themen oder formalen Aspekten des Werkes aufzudecken. Kaum ein Roman besitzt deutlichere Anknüpfungspunkte zur Systemtheorie als Musils Mann ohne Eigenschaften. Ulrich wird über weite Strecken des Werkes als reflektierende und beobachtende Figur dargestellt.[52] Mit seinem Möglichkeitssinn denkt er über Alternativen zur Wirklichkeit nach. Damit wird der methodische Bezug zu Beobachtung und Kontingenz, als zentrale Konzepte der Systemtheorie, deutlich. Daneben wird das Konzept der Fremdreferenz für die Einflüsse von Wissenschaft zur Literatur angewandt. Diese drei Konzepte der Systemtheorie sind für das Verständnis der vorliegenden Arbeit von grundlegender Bedeutung und werden im Folgenden kurz skizziert. Alle weiteren systemtheoretischen Bezüge werden an entsprechender Stelle der Analyse direkt eingeführt.

Ein wichtiges Kennzeichen des Übergangs zur Moderne ist, dass Selbstbeschreibungen reflektiert werden. Im Kontext der Selbstbeschreibungen des Gesellschaftssystems vollzieht sich die radikale Veränderung des Übergangs der Beobachtung erster Ordnung zur Beobachtung zweiter Ordnung.[53] Kausalbeziehungen zwischen System und Umwelt kann nur der Beobachter feststellen. Beobachten ist Unterscheiden und Bezeichnen und bezieht sich auf den Verlauf der Operationen im System. Die Beobachtung selbst ist auch eine Operation. Sie kann aber nicht auf sich selbst bezogen werden, denn das führt zur Paradoxie[54]. Deshalb bedarf es eines Beobachters zweiter Ordnung, der den ersten Beobachter beobachtet.

Nach Luhmann kam ab 1800 die Beobachtung zweiter Ordnung verstärkt hinzu. Es werden nicht unmittelbar Objekte und Sachverhalte der „Welt“ beobachtet, sondern es handelt sich um die Beobachtung von Beobachtern. Den Beobachter zweiter Ordnung interessiert was andere beobachten, untersuchen, unterscheiden und beschreiben. Die Beobachter-Haltung wird damit zum Charakteristikum der modernen Gesellschaft.[55]

Der Zusammenhang zwischen Kontingenz und Beobachtung in der Systemtheorie wird aus einer Passage in Luhmanns Die Kunst der Gesellschaft deutlich:

„Der Beobachter erster Ordnung konzentriert sich auf das, was er beobachtet, und erlebt bzw. handelt in einem Horizont relativ geringer Information […] Er lebt in einer »wahr-scheinlichen« Welt. Der Beobachter zweiter Ordnung sieht dagegen die Unwahrscheinlichkeit des Beobachtens erster Ordnung. Jeder Handgriff, der getan, jeder Satz, der gesprochen wird, ist extrem unwahrscheinlich, wenn er als Auswahl aus allen anderen Möglichkeiten betrachtet wird. […] Aber als Beobachtung zweiter Ordnung kann sie die Unwahrscheinlichkeit der Beobachtung erster Ordnung (einschließlich der eigenen) noch thematisieren. Sie kann zumindest größere Auswahlbereiche erfassen, kann dort Kontingenzen feststellen, wo der Beobachter erster Ordnung glaubt einer Notwendigkeit zu folgen oder ganz natürlich zu handeln.“[56]

Und weiter heißt es bei Luhmann: „die Welt des Möglichen ist eine Erfindung des Beobachters zweiter Ordnung, die für den Beobachter erster Ordnung notwendig latent bleibt“[57]. Dillmann schließt daraus folgerichtig, dass Beobachtung erster Ordnung kontingenzblind, während Beobachtung zweiter Ordnung kontingenzbewusst sei.[58]

Auch die Systemtheorie auf die oben eingeführte Bestimmung der Kontingenz nach Aristoteles als symmetrische Möglichkeit. „Kontingent ist alles, was weder notwendig noch unmöglich ist.“[59] Kontingenz entsteht nach Luhmann schon beim Selektionsprozess der Kommunikation. Jeder einzelne Prozessschritt ist eine Entscheidung für einen bestimmten inhaltlichen Sinnvorschlag und gegen andere mögliche und damit „in sich selbst ein kontingentes Vorkommnis“[60]. Da an einer Kommunikation mindestens zwei Instanzen beteiligt sind, die die eigenen Selektionen darauf ausrichten, dass die andere Seite auch selektiert, liegt sogar eine „doppelte Kontingenz“[61] vor. Medien wie Sprache, Geld, Wahrheit oder Liebe ordnen Möglichkeiten und machen Kommunikation wahrscheinlicher. Unter „der Bedingung doppelter Kontingenz [wird] jede Selbstfestlegung, wie immer zufällig entstanden und wie immer kalkuliert, Informations- und Anschlußwert für anderes Handeln gewinnen. Gerade weil ein solches System geschlossen-referentiell gebildet wird, also A durch B bestimmt wird und B durch A, wird jeder Zufall, jeder Anstoß, jeder Irrtum produktiv.“[62] Durch das Potential des Zufalls wird das System ausgeweitet und auf eine höhere Ebene befördert. Der Zufall als das Differente und nicht Kategorisierbare wird damit als Möglichkeit gesehen, etablierte Ordnungen aufzubrechen und so aus dem Unbestimmbaren neue Sinnvorschläge zu beziehen.

Systeme beobachten, indem sie zwischen sich selbst als Selbstreferenz und der Umwelt als Fremdreferenz differenzieren. „Systeme, die im Medium Sinn operieren, können, ja müssen Selbstreferenz und Fremdreferenz unterscheiden.“[63] Selbstreferenz bedeutet, dass die Operationen und Elemente eines Systems sich auf das System selbst beziehen. Es geht also um den permanenten Bezug von Elementen des Systems auf andere Elemente des Systems. Bei der Fremdreferenz hingegen werden Elemente der Umwelt auf das System bezogen. Auch diese Umwelteinflüsse werden mit systemeigenen Operationen verarbeitet. Systeme brauchen Informationen aus der Umwelt, um neue Elemente zu erzeugen und nicht zu erstarren. Auf diese Weise kann Fremdreferenz in das System einbezogen werden, ohne dass es seine Autonomie verliert. Der Unterschied zwischen System und Umwelt wird dabei immer wieder neu geschaffen und in den Systemoperationen wiederholt.[64]

2.4 Roman der Moderne: Musils Mann ohne Eigenschaften

Das Geschehen des Romans bewegt sich im historischen Kontext der KuK-Monarchie des frühen 20. Jahrhunderts. Der sozialhistorische und gesellschaftliche Rahmen des Romans setzt sich aus unterschiedlichen Aspekten zusammen: Einfluss der Industrialisierung, technischer Fortschritt, Erkenntnisumbruch der Naturwissenschaften, Kritik der Aufklärung, Philosophie des Idealismus und bürgerliche Ideale der Moderne. Nachdem drei Karriereversuche scheitern, nimmt sich der Protagonist Ulrich im August 1913 für ein Jahr „Urlaub vom Leben“. Auf Verlangen seines Vaters gerät er in die Dienste der Parallelaktion, die die Vorbereitung für das siebzigjährige Thronjubiläum von Kaiser Franz Joseph im Jahr 1918 übernehmen soll. Der symbolische Akt ist eine Konkurrenzveranstaltung zu den Feierlichkeiten des dreißigstes Regierungsjahres des deutschen Kaisers Wilhelm II. Die Interessen der Teilnehmer der Parallelaktion driften jedoch so weit auseinander, dass sich keine dem großen Ganzen dienende Idee finden lässt, mit der sich alle identifizieren könnten. Ulrich erkennt bald, dass die Idee zum Scheitern verurteilt ist und versucht auf anderem Wege seinem Leben Inhalt zu geben: Er entwirft mit seinem ausgeprägten Sinn für Mögliches alternative Wirklichkeiten, über die er sein Lebensziel zu finden versucht.

Die Idee Musils für den Roman ist in einer fast dreißigjährigen Arbeit gereift.[65] Viele Erfahrungen und Erlebnisse, die Musil seinem Protagonisten Ulrich und der anderen Figuren im Mann ohne Eigenschaften zukommen lässt, sind realen Vorbildern des eigenen Umfelds entnommen.[66]

Inhaltlich wird die Identitätskrise des Individuums als wesentliches Problem der Moderne thematisiert.[67] Die Blütezeit des Romans im 17. und 18. Jahrhundert baute in der Tradition des Bildungsromans auf eine Einheit von Subjekt und Welt. Ab etwa Mitte des 19. Jahrhunderts setzt durch Naturwissenschaft und Philosophie eine Hinterfragung der Paradigmen ein, welche die Subjektivität der Aufklärung und des Idealismus bestimmen. Der Anspruch des Subjekts konnte mit der durch die aufkommende Naturwissenschaft abgesicherten Objektivität im realistischen Roman noch in Einklang gebracht werden. Im Zuge der Naturalismuskritik trat eine deutliche Distanzierung gegenüber dem traditionellen Roman auf.[68] Die Auflösung des Subjekts ist nach Sieglinde Grimm nur ein Zerfall der Bestimmung durch Aufklärung und Idealismus, während das Subjekt als Individuum davon nicht betroffen sei. Die Gründe für diese Krise des Romans ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind „potentieller Sinnverlust des transzendental heimatlosen Subjekts“, „Zerfall überzeitlicher Werte“, „Krise des realistischen Literaturbewußtseins“ und „Bedeutungsverlust epischer Wahrheiten“.[69] Als Beschreibung eines möglichen Weges aus dieser literarischen Krise, verweist Grimm auf Petersens Analyse über den „Roman der Möglichkeit“ mit Ulrich als Mann ohne Eigenschaften,[70] was die hohe Bedeutung des Werkes noch einmal unterstreicht.

Nach Vietta handelt es sich beim Mann ohne Eigenschaften um einen Reflexionsroman der literarischen Moderne.[71] Die Erzählgestaltung geht mit einer hohen Reflexionsdichte einher. Formal wird diese aus unterschiedlichen Perspektiven und mit Stilmitteln des modernen Erzählens ausgedrückt. Wichtigste Kompositionselemente dabei sind der Essay und der Dialog. Beide Elemente können einen Sachverhalt aus mehreren Blickwinkeln in Augenschein nehmen: der Essay durch perspektivische Betrachtungsweise, die Wechselrede durch Erörterung zwischen mehreren Figuren. Musil erwartet dabei „keine Totallösung, sondern nur eine Reihe von partikulären“[72] Lösungen. Die Erzählperspektive wechselt im Roman zwischen einem auktorialen Erzähler und den persönlichen Blickwinkeln der Romanfiguren. Eine klare Zuordnung der verwendeten Perspektive ist oft nicht möglich, weil „die Grenzen zwischen diesen beiden Positionen gerade in einem Rückblick häufig verschwimmen.“[73] Die Hauptanteile der Erzählperspektive nehmen der Erzähler und Ulrich ein. Indem sie die Teilnehmer der Parallelaktion beobachten, sind sie aus systemtheoretischer Sicht beide Beobachter zweiter Ordnung. Der Erzähler nimmt im Vergleich zu Ulrich eine breitere Perspektive ein, da er das gesamte Spektrum der Denk- und Lebensentwürfe von allen Romanfiguren beobachten und kommentieren kann. Zu der Fragestellung, inwieweit die Formeln des Mannes ohne Eigenschaften Robert Musil als Autor betreffen, schreibt er selbst am 12. Januar 1928:

[...]


[1] Aufgrund der Intensivierung der Musil-Forschung in den letzten Jahren ist auch die Menge der Forschungsbeiträge deutlich angestiegen. Im Rahmen einer Masterarbeit kann kein umfassender Forschungsstand geboten werden, sondern nur perspektivisch aus Sicht der konkreten Fragestellung der Arbeit ein Überblick versucht werden. Allerdings musste auch hier aus Gründen der Vielfalt eine weitere Auswahl stattfinden, so dass vor allem Beiträge erwähnt sind, die den Analyseteil oder die Ergebnisse dieser Arbeit maßgeblich beeinflussten. Ausgenommen davon ist die historische Darstellung des literarischen Zufalls.

[2] Nef, Ernst: Zufall in der Erzählkunst, Bern, 1970.

[3] Ebd., S. 7.

[4] Ebd., S. 116.

[5] Nef stellt eine historische Kontinuität der Entwicklung des Zufalls fest: aus großen, auffallenden Zufällen mit geringer Wahrscheinlichkeit bei Voltaire und Eichendorff werden kleine Zufälle mit großen Folgen bei Stendal und Döblin, da sich die metaphysischen Implikationen auflösen. Vgl. Neff, S. 109. Die Darstellung von Totalität und durchgängiger Sinnerfülltheit der Welt stelle für sie kein Problem dar, weil sie eine solche Darstellung gar nicht mehr versuche. Vgl. ebd., S. 116.

[6] Köhler, Erich: Der literarische Zufall, das Mögliche und die Notwendigkeit, München, 1973.

[7] Ebd., S. 98.

[8] Müller, Klaus-Detlef: Der Zufall im Roman, in Wiedemann, Conrad (Hg.): Germanisch-Romanische Monatsschrift, Band 28, Heidelberg, 1978, S. 265-290.

[9] Den zufälligen Vorgängen im Barockroman spricht er ihre Zufälligkeit ab, da sie „vom Ende der Handlung aber rückblickend als Teile eines großen Plans erkennbar werden“, eigentlich nur die vorläufige Grenze des menschlichen Erkenntnisvermögens markieren und die Romanautoren auf der Ebene des Sinns mit einer göttlichen Erklärung den Zufall wieder aufheben. Vgl. Müller, S. 267.

[10] Ebd., S.277.

[11] Frick, Werner: Providenz und Kontingenz, erster Teilband, Tübingen, 1988.

[12] Ebd., S. 11.

[13] Ebd. S. 10 und S. 3f.

[14] Petersen, Jürgen H.: Der deutsche Roman der Moderne, Stuttgart, 1991.

[15] Makropoulos, Michael: Modernität und Kontingenz, München, 1997.

[16] Als Beispiel führt er die Überschreitung der im Mittelalter scheinbar unüberwindbaren Grenze zwischen Land und Meer durch die Seefahrt der Neuzeit an. Sie gibt mit dem Ziel der menschlichen Glückssuche als „mögliches Neues“ den zuvor chaotischen und ordnungswidrigen Ozeanen, eine eigene Ordnung. Seit der Aufklärung fühlt sich der Mensch berechtigt, in breitem Maße scheinbar feststehende Ordnungsvorgaben grundsätzlich zu hinterfragen. Vgl. Makropoulos 1997, S. 7ff.

[17] Die Moderne führt den modernen Menschen in eine Krise. Diese Argumentation führe Musil in radikalisierter Form weiter, indem der Erzähler im Mann ohne Eigenschaften am Beispiel der Wahrnehmung einer modernen Großstadt beschreibt, wie sich der Mensch von der Wirklichkeit entfernt. Vgl. Makropoulos 1997, S. 135.

[18] Graevenitz, Gerhart/ Marquard, Odo (Hg.): Kontingenz, Poetik und Hermeneutik, Band 17, München, 1998.

[19] Ebd., S. XII.

[20] Luserke, Matthias: Wirklichkeit und Möglichkeit, Modaltheoretische Untersuchung zum Werk Robert Musils, Frankfurt am Main, 1987.

[21] Hüsch, Sebastian: Möglichkeit und Wirklichkeit, Stuttgart, 2004.

[22] Pieper, Hans-Joachim: Musils Philosophie, Essayismus und Dichtung im Spannungsfeld der Theorien Nietzsches und Machs, Würzburg, 2002.

[23] Berger, Ingrid: Musil mit Luhmann, München, 2004.

[24] Vogt, Peter; Kontingenz und Zufall. Eine Ideen- und Begriffsgeschichte, Berlin, 2011.

[25] Dillmann, Martin: Poetologien der Kontingenz, Wien, 2011.

[26] Den Bezug zwischen den Naturwissenschaften und Literatur in der Kontingenzsemantik der Moderne stellt der Autor über den Diskurs von Joseph Vogls „Poetologie des Wissens“ her, bei dem auf der Basis von diskurs- und systemtheoretischen Überlegungen Foucaults und Luhmanns eine Grenzbeschreibung zwischen Literatur und Wissen versucht wird. Ebd.

[27] Speth, Sebastian: „»Durch geheime Anordnung des Zufalls« Kontingenz in Musils Mann ohne Eigenschaften “, in: Dannenberg, Lutz et.al. (Hg.): Scientia Poetica, Band 13, Berlin, 2009, S. 194-229.

[28] Neymeyr, Barbara: Identitätskrise - Kulturkritik – Experimentalpoesie, in: Valk, Thorsten (Hg.): Friedrich Nietzsche und die Literatur der klassischen Moderne, Berlin, 2009, S. 163-182.

[29] Wachter, David: Kontingenzregulierung? Zur Poetik funktionaler Gesellschaftsorganisation in Robert Musils Mann ohne Eigenschaften, in: Innenhofer, Roland et.al. (Hg.): Das Mögliche regieren, Bielefeld, 2011, S. 73-91.

[30] Bomski, Fransika: Der Zufall in Robert Musils Mann ohne Eigenschaften, in: Albrecht, Andrea et.al. (Hg.): Zahlen, Zeichen und Figuren, Berlin 2011, S. 413-436.

[31] Ihre Analyse basiert methodisch und terminologisch auf der Erzähltheorie von Martinez / Scheffel.

[32] Seit Kant hat sich die irreführende Übersetzung von contingentia als Zufälligkeit eingebürgert. Aus diesem Grunde wird heute auch nicht klar zwischen der Kontingenz als Möglichkeitsbereich und Zufall als realisiertes Ereignis unterschieden. Vgl. Ritter, Joachim/Gründer, Karlfried (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 4: I-K, Darmstadt, 1976, S. 1027f.

[33] Ritter, Joachim/Gründer, Karlfried (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 12: W-Z, Darmstadt, 2004, S. 1409.

[34] Ritter, Joachim/Gründer, Karlfried (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 8: R-Sc, Darmstadt, 1992, S. 1275.

[35] Ritter, 2004, S.1416f und 1419f.

[36] Ritter, 1976, S. 1028f.

[37] Aufgrund der aristotelischen Definition der symmetrischen Möglichkeit und der Verwendung in der Literatur werden die Begrifflichkeiten Kontingenz und Möglichkeit in dem hier verwendeten Sinne als Synonyme behandelt. Auf eine Unterscheidung im nachfolgenden Text wird gesondert hingewiesen.

[38] Dies ist eine mathematisch-philosophische Definition. Es ist deshalb im Blick zu behalten, dass bei der späteren Analyse nicht der Zufall der Wirklichkeit im Zentrum steht, sondern der literarische Zufall.

[39] In der Literatur sind verschiedene Kategorisierungen von Zufall vorgeschlagen worden. Die Arbeit bezieht sich auf Geier. Geier, Fabian: Die Irrelevanz des Wirklichen. Oder: Zufall als Individualitätsproblem, Freiburg, 2007, S. 85f. Neben diesen beiden Zufallsarten, gibt es noch die Sonderform der Akzidenz. Die Akzidenz ist nach Aristoteles eine unwesentliche Eigenschaft, die ihrem Wesen nach dem Subjekt oder Objekt nicht hätte zukommen müssen und deshalb zufällig ist. Beispielweise die Musikalität eines Bildhauers. Akzident ist, was verschwinden kann, ohne dass das Subjekt oder Objekt untergeht.

[40] Mögliche Gründe wären, dass man ein Auto besitzt, dass man einen Führerschein gemacht hat, dass man an diesem Tag das Auto benutzen wollte oder ähnliches, während die Ursache eindeutig im technisches Versagen oder einer Unaufmerksamkeit liegt. Vgl. Geier, Fabian: Die Irrelevanz des Wirklichen. Oder: Zufall als Individualitätsproblem, Freiburg, 2007, S. 87f.

[41] In der Fachliteratur werden je nach Disziplin teilweise andere Begrifflichkeiten für diese Unterscheidung verwendet. Statt subjektiver/objektiver Zufall benutzt die Mathematik öfter relativer/absoluter Zufall, und die Philosophie wiederum Zufall ex alio/ex nihilo oder ontologischer/epistemologischer Zufall. Im Grundsatz sind die Begrifflichkeiten synonym zu verwenden.

[42] Geier, S. 95.

[43] Daraus folgt im Übrigen, dass der objektive Zufall weder unmöglich noch notwendig ist, was der Definition der Kontingenz entspricht. Die philosophische Frage nach der Existenz des Zufalls, scheint nicht entscheidbar zu sein und bleibt als Dilemma bestehen. Dies soll hier aber nicht weiter vertieft werden. Vgl. Geier, S. 99.

[44] Die Stochastik ist ein Teil der Mathematik und ein Oberbegriff für die Statistik und die Wahrscheinlichkeitstheorie.

[45] Ausgenommen davon sind die Wahrscheinlichkeitswerte 0 und 1, d. h. Gewissheit und Unmöglichkeit. Vgl. Geier, S. 106.

[46] Das eigentümliche am Zufall ist, „dass er zwar nicht hätte eintreten müssen, aber de facto eingetreten ist“. Vgl. Geier, S. 43. Auch Aussagen über Zufälle in der Zukunft, wie „Wenn morgen die Sonne schiene, wäre das ein glücklicher Zufall“, verlieren nicht die Dimension wirklich und definitiv zu sein, da es hier nicht um die Vielheit von Möglichkeiten geht, sondern es bezeichnet genau die eine, die dann auch einzutreten hat, wenn sie als Zufall gelten soll.

[47] Vgl. Anmerkung 36.

[48] Geier, S. 49.

[49] Hoffmann, Arnd: Zufall und Kontingenz in der Geschichtstheorie, Frankfurt am Main, 2005, S. 49, S. 54, S. 58f und S. 65.

[50] Ebd., S. 65.

[51] Vogt, S. 185.

[52] Sogar Wolf, der sich in seiner Gesellschaftsanalyse des Werkes vor allem auf Pierre Bourdieus Sozioanalyse stützt und in interpretatorischer Hinsicht den auf systemtheoretischer Basis erstellten Deutungen ein gewichtiges inhaltliches Defizit bezüglich des ideologiekritischen Aspekts zurechnet, bescheinigt systemtheoretischen Untersuchungen „vor allem aber hinsichtlich der zahlreichen gedanklichen »Parallelen« zwischen Ulrich/Musil und Luhmann zum Teil bemerkenswerte Ergebnisse“, vgl. Wolf, Norbert Christian, Kakanien als Gesellschaftskonstruktion, Wien, 2011, S. 37.

[53] Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft, erster und zweiter Teilband, Frankfurt, 1997, S. 880 und S. 1141.

[54] Bei einer wahr/unwahr-Unterscheidung z.B. kann nicht beobachtet werden, ob diese Unterscheidung ihrerseits wahr oder unwahr ist. Es führt zum „blinden Fleck“. Zur Auflösung der Paradoxie schlägt Oliver Jahraus den Faktor Zeit vor. Eine Beobachtung zu einer späteren Zeitstelle kann an einer früheren Zeitstelle zwischen Beobachtung und Operation unterscheiden. Nach Jahraus wird Literatur dann modern, wenn sie sich als System beobachten lässt, und da Literatur selbst ein Kommunikationssystem ist, kann sich Literatur auch selbst beobachten. Vgl. Jahraus, Oliver: Literatur als Medium, Göttingen, 2003, S. 198, S. 516, und S. 525f.

[55] Luhmann, Niklas: Beobachtungen der Moderne, Opladen, 1992, S. 8.

[56] Luhmann, Niklas: Die Kunst der Gesellschaft, Frankfurt, 1995, S. 103f.

[57] Ebd., S. 104.

[58] Dillmann, S. 18.

[59] Luhmann, 1992, S. 96.

[60] Im ersten Schritt bestimmt der Beobachter durch einen selektiven Akt der Aufmerksamkeit was zur Information wird (Selektion der Information), in einem zweiten Schritt fällt Alter die Entscheidung, ob eine Information als Mitteilung für Ego wird (Selektion der Mitteilung) und im dritten Schritt selektiert Ego das, was er von Alter als Mitteilung interpretiert (Selektion des Verstehens). Vgl. Luhmann, 1997, S. 190.

[61] Luhmann, 1984, S. 148ff.

[62] Ebd., S. 165.

[63] Luhmann 1997, S. 51.

[64] Ebd., S. 45, S. 92ff und S. 754.

[65] Die Entstehungsgeschichte des Romans kann nach Arntzen aus der Arbeitsweise Musils abgeleitet werden: einer ersten Sammelphase und einer zweiten Planungsphase. Vgl. Arntzen, Helmut: Musil-Kommentar zu dem Roman »Der Mann ohne Eigenschaften«, München, 1982, S. 30f. Demnach ist anzunehmen, dass in einer Vorphase des Romans erste Intentionen, Themen, Motive und Figuren vermutlich bereits um die Jahrhundertwende, jedoch spätestens ab 1905 gesammelt wurden. Nach den Kriegsjahren als Übergangsphase begann 1918 die zweite Phase mit unterschiedlichen Titeln für das Werk, bis ab circa 1927 der endgültige Name „Der Mann ohne Eigenschaften“ fest stand. Ab Januar 1929 arbeitete Musil an der Reinschrift des ersten Buches, welches 1930 in einem ersten Band erscheint. Die Arbeit am zweiten Buch schließt sich nahtlos an und wird Ende 1932 in einem weiteren Band als Anfangsteil des zweiten Buches veröffentlicht. Ab da arbeitet Musil an der Weiterführung des zweiten Buches in einem dritten Fortsetzungsband, welcher aber nie abgeschlossen und veröffentlicht wird. Unterbrochen von den politischen Veränderungen, arbeitet er mühsam an den Druckfahnen-Kapiteln 39 bis 58, deren Druck er aber 1938 wieder zurückzieht. Bis zu Musils Tod im Jahre 1942 bewegt sich seine Arbeit zwischen Terminsetzung und Terminaufhebung, zwischen Schreiben und Umschreiben, was als Prinzip der Romangenese gesehen werden kann. Vgl. Arntzen, Helmut: Musil-Kommentar zu dem Roman »Der Mann ohne Eigenschaften«, München, 1982, S. 49f.

[66] So schildert Corino beispielsweise auf knapp einhundert Seiten die vermuteten Vorbilder für nahezu aller Figuren des Romans. Er lässt mehrere Möglichkeiten einer Figurengenese zu und vermutet eine Mischung aus mehreren realen Vorbildern für eine Figur. Bei dem Patchwork der Diotima-Figur beispielsweise benennt der Autor der Biographie mindestens fünf Personen aus dem realen Leben des Romanautors. Vgl. Ebd., S. 855 ff. Auch bekannte Größen gelangten so in das Werk: Ludwig Klages als Meingast und Arnheim als Synthesefigur von Walther Rathenau und Thomas Mann. Vgl. Ebd., S. 306 und 917 ff. Parallelen zu Erlebnissen aus Musils Kindheit, seiner Ausbildung beim Militär oder als Ingenieur, der Freundschaft mit Gustl Donath und seiner geistig erkrankten Ehefrau Alice Charlemont sowie die langjährige Ehe Musils mit Martha Marcovaldi sind im Roman aufgegriffen und verarbeitet. Vgl. Corino, Karl: Robert Musil. Eine Biographie, Reinbek bei Hamburg, 2003.

[67] Dies ist nach Vietta wichtiges Merkmal des modernen Romans. Vgl. Vietta, Silvio: Der europäische Roman der Moderne, München, 2007, S. 176f.

[68] Grimm, Sieglinde: Sprache der Existenz. Rilke, Kafka und die Rettung des Ich im Roman der klassischen Moderne, Tübingen, 2003, S. XIIf und XX.

[69] Ebd., S. XIII.

[70] Als Wege der Forschung aus der Krise werden Günter Blambergers „Gesinnung zur oder gegen die Totalität“, Ulf Eiseles „Roman des Diskurses“, Hans-Georg Potts Forderung nach einer „neuen Theorie des Romans“ sowie Jürgen H. Petersens „Roman der Möglichkeit“ erwähnt. Vor allem die gelisteten Lösungen sind jedoch mehr Zustandsbetrachtungen und Forderungen als Lösungen aus einer Krise. Vgl. Grimm, S. XIII.

[71] Vgl., Vietta, S. 174 ff. An dieser Stelle wird nicht zwischen Moderne und Spätmoderne unterschieden, auch wenn in der Literatur manchmal zwischen mehreren Phasen der Moderne unterschieden wird. Matthias Wilde beispielsweise unterscheidet in eine Klassische Moderne mit Selbstreflexivität und eine zweite Moderne, die als Metabeobachtung die Selbstreflexivität selbst beobachtet. Vgl. Wilde, Matthias: Die Moderne beobachtet sich selbst, Heidelberg, 2009, S. 269.

[72] Musil, Robert: Gesammelte Werke, II Essays und Reden, Kritik, Frisé, Adolf (Hg.), Reinbek bei Hamburg, 1978, S. 1335. Vgl. auch Erhart, Claus: Der ästhetische Mensch bei Robert Musil, Innsbruck, 1991, S. 248f. [zitiert als GW II]

[73] Erhart, S. 241.

Ende der Leseprobe aus 87 Seiten

Details

Titel
Zufall und Kontingenz in Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften"
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Kulturwissenschaften)
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
87
Katalognummer
V268743
ISBN (eBook)
9783656597353
ISBN (Buch)
9783656597339
Dateigröße
813 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zufall, Kontingenz, Robert Musil, Systemtheorie, Mann ohne Eigenschaften, Möglichkeitssinn, Essayismus, Identitätskrise, Kontingenzbewältigung, Möglichkeit, Wirklichkeit, Moderne, Niklas Luhmann
Arbeit zitieren
Oto Morár (Autor:in), 2013, Zufall und Kontingenz in Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268743

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