Die postmoderne Metropolis: Kennzeichen und Entwicklungsprozesse am Beispiel von Los Angeles


Hausarbeit (Hauptseminar), 2013

35 Seiten, Note: 1,70


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Los Angeles – a place where it all comes together

2 Die postmoderne Metropolis Los Angeles
2.1 Der Weg zur Postmetropolis
2.1.1 Amerikanisierung und Re-Hispanisierung
2.1.2 Infrastruktur als Wachstumsvoraussetzung
2.1.3 Industrielle Zeitalter
2.1.4 Gegenwärtige Situation
2.1.5 Bevölkerungszuwachs und ethnischer Wandel
2.2 Dimensionen der ökonomischen Restrukturierung
2.2.1 Transformationsprozesse auf dem ethnischen Arbeitsmarkt
2.2.2 Armut in Los Angeles
2.3 Globalization in Los Angeles

3 Postmoderne Stadtentwicklung in Los Angeles
3.1 Wirtschaftliche Entwicklungsdynamik
3.2 Postmoderne Stadtgesellschaft in einer Fractal City
3.2.1 Mosaikhafte Stadtlandschaft
3.2.2 Diskriminierung
3.3 Postmoderne Stadtstrukturen
3.3.1 Postsuburbanisierung – Exopolis, Edge City & Outer City
3.3.2 The outside becoming inside – Die Innenstadt wird zur Peripherie
3.3.3 Gated Communities
3.3.4 Smart Growth & Grow Greener
3.3.5 Keno Capitalism
3.4 Postmoderne Raumkontrolle
3.4.1 Place Making
3.4.2 BIDs
3.4.3 Homeless Dumping und andere Methoden der indirekten Steuerung
3.4.4 Skid row
3.4.5 Taking Burgess back to the future
3.5 Postmoderne Stadtpolitiken
3.5.1 Minimal Cities
3.5.2 CIDs
3.6 Postmoderne Stadtrepräsentation
3.6.1 Hyperrealität
3.6.2 Mediale Repräsentation der Stadt
3.6.3 Stadt als Themenpark
3.7 Postmoderne und das Mensch-Natur-Verhältnis

4 Fazit

Glossar

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Santa Monica Mountains

Abbildung 2: Der Korridor zum Hafen von Los Angeles

Abbildung 3: Entwicklung der Einwohner und Erwerbspersonen

Abbildung 4: Prognose der Bevölkerungszusammensetzung in Los Angeles

Abbildung 5: Anteil der Personen unterhalb der Armutsgrenze

Abbildung 6: Stärksten Bevölkerungsgruppen in Los Angeles

Abbildung 7: 60-Mile-Circle um Los Angeles

Abbildung 8: Keno Capitalism - Struktur einer postmodernen Stadt

Abbildung 9: Street Cleanings

Abbildung 10: Enteignung von Obdachlosen

Abbildung 11: Ecology of Fear Modell von Davis

Abbildung 12: Kleinstadt Celebration in Florida

Abbildung 13: Bonaventure Hotel Los Angeles

1 Los Angeles – a place where it all comes together

Los Angeles hat in den letzten Jahrzehnten unter Stadtgeographen und Stadtsoziologen große Aufmerksamkeit gefunden und mittlerweile wohl Chicago als weltweit bestuntersuchte Stadt verdrängt. L.A. hat sich als modellhafter bzw. paradigmatischer Ort der postmodernen Stadt etabliert, der sich in seiner Komplexität und Widersprüchlichkeit der Geometrie klassischer Stadtmodelle weitgehend entzieht (Gans et al. 2006, S. 309).

Allerdings widerspricht das allgemeine Vorstellungsbild der Megastadt L.A. der Möglichkeit, diese Stadt als Vorbild anzusehen, dem andere Städte in ihrer Entwicklung nachstreben sollten. Nachteile wie immer auftretende Naturkatastrophen, bei denen durch Erdbeben sowie Buschfeuer zahlreiche menschliche Tragödien in den Medien zu erkennen sind, oder auch Bilder der Gewaltkriminalität und Drogenhandel präsentieren ein Negativbild, das als Grundlage zur weltweiten Erkenntnis dient, dass die Stadt Los Angeles als entwicklungsleitendes sowie positives modellhaftes Vorbild vollkommen ungeeignet ist (Fröhlich 2003, S. 5).

Von Los Angeles lernen heißt vielmehr die komplexe Geographie der Stadt ernst zu nehmen und die Vielzahl der Phänomene in ihrer Außergewöhnlichkeit zu beobachten und zu verstehen. Ziel einer derartigen Beschäftigung ist es nicht die Stadt als Entwicklungsmodell der zukünftigen Stadtentwicklung darzustellen, sondern die Besonderheiten der Stadt als allgemein gültige Tendenzen der Stadtentwicklung zu untersuchen. Die Tendenzen, die in dieser Stadt auftreten und auch in Großstädten wie New York, Chicago oder Washington D.C. zu beobachten sind, gelten als Ausdruck der postmodernen Stadtforschung und stellen die ökonomischen, gesellschaftstheoretischen und politischen Ansätze der Postmoderne dar (Dear 2002, S. 21).

Die in Los Angeles entwickelte Vorstellung von postmoderner Stadtforschung stellt einen Sonderfall da, in dem in den letzten 20 Jahren eine Gruppierung von Wissenschaftlern entstanden ist, die als L.A. School bezeichnet wird. Diese Gruppe genießt innerhalb des akademischen Kreises der anglo-amerikanischen Stadtforschung große Aufmerksamkeit und propagieren die zentrale Bedeutung von L.A. und die Bedeutsamkeit der von ihnen geforderten theoretischen Neuausrichtung der Stadtforschung. Der Stadtwissenschaftler Edward Soja hat eine Untersuchung von L.A. damit begründet, dass eine einzigartige Vielfalt von Entwicklungsprozessen in Los Angeles mit enormer Deutlichkeit zu beobachten ist und somit die Gesetzmäßigkeiten der Stadtentwicklung unter den gegebenen politisch-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erkenntlich werden (Fröhlich 2003, S. 7).

2 Die postmoderne Metropolis Los Angeles

Los Angeles ist auch eine multikulturelle Stadt. In einem Lexikon würde dieser Begriff einen Ort umschreiben, in dem verschiedene Kulturen ineinander übergehen oder zumindest in fließenden Übergängen existieren. In L.A. ist das Gegenteil der Fall: Viele Kulturen grenzen aneinander, gehen aber nie ineinander über. L.A. ist eine streng nach Rassen getrennte Stadt. Das fing in der 40er Jahren an, als der damalige Polizeichef Parker die Stadt gewaltsam in Zonen einteilte und dabei auch eine weiße Sicherheitszone einrichtete. Diese Hinterlassenschaft hat sich aufgelöst, trotzdem: Irgendetwas führt dazu, dass sich hier alle – Anglos, Latinos, Afroamerikaner, Chinesen, Koreaner, Japaner, Äthiopier usw. - von sich aus in ihr jeweiliges Viertel zurückziehen. Kann sein, dass die Metropole die meisten Ausländer der Welt beherbergt, in L.A. jedenfalls leben sie alle in streng getrennten neighbourhoods (Rühle 2008).

Dies ist eines von vielen Merkmalen der Stadt Los Angeles, die sich auf die postmoderne Stadtstruktur und Stadtgesellschaft auswirken. Weitere Kennzeichen und Entwicklungsprozesse werden in dieser Arbeit ausführlich erläutert sowie zu Beginn eine kurze Darstellung der historischen Entwicklung präsentiert.

2.1 Der Weg zur Postmetropolis

L.A. wurde 1781 als spanische Siedlung mit dem Namen „Das Dorf unserer lieben Frau, Königin der Engel des Flusses Portiuncula“ gegründet. 1835 wurde Los Angeles Hauptstadt der mexikanischen Region Alta California und nach dem Amerikanisch-mexikanischen Krieg wurde es 1848 den USA angegliedert (Rühle 2008).

2.1.1 Amerikanisierung und Re-Hispanisierung

Die Amerikanisierung der Region L.A. ging mit vielfältigen Konflikten zwischen ethischen Gruppen einher. Die Boomphase der 1870er bis nach dem zweiten Weltkrieg war die Episode weitgehender Dominanz weißer US Amerikaner in Südkalifornien. Der Wandel der Bevölkerungsanteile und die Veränderungen der wirtschaftlichen Basis der Region, wurden von massiven Spannungen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen begleitet. Das Gleiche gilt ebenfalls für den von einem der wichtigsten Stadtforscher von L.A., Edward Soja, als „WASPing of Los Angeles“ bezeichneten Vorgang der Übernahme aller einflussreichen politischen Positionen durch white anglo-saxon protestants. Gegenwärtig zeichnet sich jedoch eine Umkehrung der Amerikanisierung in Form von einer Re-Hispanisierung ab: Die durch Immigration verursachte Zunahme der hispanischstämmigen Bevölkerungsgruppen der Region bis zum Erreichen einer relativen, in Teilgebieten sogar absoluten Mehrheit der Bevölkerung stellt bald womöglich das Ende der historischen Phase des US-amerikanischen, weißen Los Angeles dar, wobei hinsichtlich der politischen Vorherrschaft noch nicht von einer Dominanz der Hispanics gesprochen werden kann (Fröhlich 2003, S. 63f).

2.1.2 Infrastruktur als Wachstumsvoraussetzung

Im Jahr 1876 hatte der Anschluss an kontinentale Eisenbahnlinien zwei wesentliche Effekte auf die Stadtentwicklung: Zum einen waren die landwirtschaftlichen Erzeugnisse optimaler zu vermarkten, was zu einer starken Ausdehnung des ersten Sektors in Form von intensiven, bewässerten Gartenbau wie Zitruskulturen geführt hat und die bisher extensive Weidewirtschaft abgelöst. Zum anderen wurde der Raum Los Angeles als attraktiver Wohnstandort sowie als touristisches Ziel vermarktet. Zielgruppe dieser Anwerbestrategie waren Farmer und Kleinbürger aus dem Mittleren Westen sowie Leute, die aufgrund von gesundheitlichen Gründen das südkalifornische Klima suchten. Außerdem zog es auch viele Geschäftsleute in die Stadt, die an der aufstrebenden Entwicklung der Gegend teilhaben wollten.

Während der Boomphase der 1920er Jahre erfolgte eine enorme Ausdehnung des Straßenbahnnetzes, die schließlich durch die Motorisierung der Bevölkerung von Los Angeles nach dem Zweiten Weltkrieg gestoppt wurde und eine Expansion der Stadtentwicklung, die nun über die von schienengebundenen Verkehrsmitteln vorgegebenen Korridore hinaus stark vorangetrieben werden konnte, ermöglichte (Fröhlich 2003, S. 66ff).

2.1.3 Industrielle Zeitalter

Das industrielle Zeitalter begann in L.A. mit der Erschließung erster Ölfelder. Zwischen 1920 und 1990 entwickelte sich das Gebiet zur führenden Industrieregion der USA und wies die höchsten Zuwächse an industrieller Beschäftigung im ganzen Land auf. Bevor jedoch wichtige Branchen wie die Automobilproduktion, die Rüstungsindustrie oder die Luft- und Raumfahrt wesentliche Impulse für die Entwicklung von Los Angeles brachten, etablierte sich mit der Filmproduktion der Industriezweig, der bis heute die größte weltweite Präsenz aufweist und in dem die Stadt mit Abstand die führende Region der USA darstellt. Im Jahr 1990 hatte Los Angeles einen Anteil von ca. 30% der Beschäftigten und knapp 50% des Einkommens, das in den USA erzielt wurde. Als der erste Film 1909 in Los Angeles gedreht worden war, siedelten sich in den nächsten 5 Jahren 70 Filmstudios an und gegen Ende der 1920er Jahre hatte sich ein Komplex von großen Studios entwickelt wie z.B. Fox, MGM, Universal, Warner Brothers oder Paramount, die bis heute die weltweite Filmindustrie bestimmt (Fröhlich 2003, S. 74f).

2.1.4 Gegenwärtige Situation

Der Kern des Agglomerationsraumes bildet die Stadt Los Angeles mit ca. 3,7 Millionen Einwohnern und das Los Angeles County, das aus 89 Kommunen besteht, mit etwa 9,5 Millionen Einwohnern. Die Kommunen sowie weitere gemeindefreie Gebiete (unincorporated areas) wurden zwischen 1850 (Los Angeles) und 1991 (Calabsasas, Malibu) gegründet. Die Abgrenzung der Stadt ist das Ergebnis anhaltender Veränderungsprozesse. Neben dem enormen Größenwachstum, resultierte der Ausdehnungsprozess in der ungewöhnlichen Gestalt des Stadtgebietes, das gemeindefreie Gebiete oder unabhängige Kommunen einschließt, sich über naturräumliche Umstände, z.B. die Abtrennung von San Fernando Valley durch die Santa Monica Mountains (Abbildung 1), hinwegsetzt und im Süden durch einen Korridor (Abbildung 2) die Areale um den Hafen der Stadt mit dem restlichen Gebiet von Los Angeles verbindet (Gans et al. 2006, S. 310).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Santa Monica Mountains

Quelle: http://www.hikespeak.com/img/la/Runyon/Runyon_Canyon_IMG_4354.jpg

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Der Korridor zum Hafen von Los Angeles

Quelle: http://1.bp.blogspot.com/-3ckEgnPgOwI/TbD1lFGZtzI/AAAAAAAA5o4/9u_EULsR3Rw/s1600/Los-Angeles-Neighborhood-Map-2.jpg

2.1.5 Bevölkerungszuwachs und ethnischer Wandel

Zwischen 1980 und 2000 stieg die Bevölkerungsanzahl des Los Angeles County um 27,3% von 7,5 auf 9,5 Millionen. In der letzten Dekade des Jahrtausends konnte allerdings ein negatives Wanderungssaldo vorgewiesen werden, das durch einen Wanderungsgewinn aus dem Ausland, teils legal, teils illegal, vor allem aus Mexiko sowie dem asiatischen Raum kompensiert werden konnte. Die enorme Bedeutung der Einwanderung wird am Anteil der außerhalb der USA Geborenen (foreign born) an der Gesamtbevölkerung des L.A. County deutlich. Dieser betrug im Jahr 2000 36,2% und mit diesem Wert lag Los Angeles nach Miami und Jersey City an dritter Stelle. Unter den Hispanics stellten die foreign born 49,5% und bei den Asiaten erreichte der Wert sogar 70,5%. In den letzten Jahrzehnten hat sich ein fundamentaler Wandel in der ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung vollzogen. Stellten die Weißen 1980 noch 53,5% der Einwohner, so sank ihr Anteil bis zum Jahr 2000 auf nun knapp 31%. Im Vergleich dazu stieg der Prozentwert der Hispanics von 27,6% auf 44,6%. Während die Asiaten ihren Wert von 5,9% auf 11,8% verdoppeln konnten, sanken die Bevölkerungsanteile der Afro-Amerikaner aufgrund einer Rückwanderung in meist traditionelle Herkunftsgebiete der Südstaaten von 12,4% auf 9,4% (Abbildung 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Entwicklung der Einwohner und Erwerbspersonen nach ethnischen Gruppen

Quelle: Gans et al. 2006, S. 311

Entscheidend für die weitere Entwicklung der ethnischen Struktur ist dabei der unterschiedliche Altersaufbau der ethnischen Gruppen. Im Jahr 2000 stellten die Hispanics bereits 57,5% der Einwohner unter 18 Jahren, während der Anteil bei den weißen nur noch 19,8% betrug. Für die Differenzierung des Arbeitskräftepotentials bedeutet das folgendes: Die weiße Bevölkerungsschicht nahm mit einem Bevölkerungsanteil von 30,9% immerhin noch 36,5% aller Erwerbspersonen ein, die Hispanics trotz ihres Anteils von 44,8% nur 38,5%. Diese Unterschiede sind auf zwei miteinander verknüpfte Gründe zurückzuführen, und zwar zum einen auf die eben erwähnte unterschiedliche Altersstruktur der Bevölkerungsgruppen und zum anderen auf die starken Differenzen in der Beteiligung am Erwerbsleben (Gans et al. 2006, S. 310ff).

Das Bevölkerungswachstum im Großraum L.A. ist seit 1990 im Vergleich zu den 1980er Jahren deutlich schwächer verlaufen, denn mit Steigungsraten von ca. 9,1-10,6% ist Los Angeles bzw. Los Angeles County deutlich langsamer gewachsen als der Staat Kalifornien mit 17,0%. Außerdem ist eine Ost-West Differenzierung innerhalb der Wachstumsdynamik deutlich, da die östlichen Teilgebiete Riverside oder Orange mit Raten von bis zu 37,5% sich schneller entwickelten als die Region Los Angeles (Fröhlich 2003, S 79).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Prognose der Bevölkerungszusammensetzung in der Region Los Angeles (Mio)

Quelle: Fröhlich 2003, S. 84

Die heutige Zusammensetzung der Bevölkerung ist das Resultat eines langfristigen Prozessen des Rückgangs der weißen Bevölkerung bei gleichzeitigem Ansteigen der hispanischen und asiatischen Bevölkerungsteile. In dem Gebiet Los Angeles ist dieser Veränderungsprozess am weitesten fortgeschritten und in den letzten zwei Jahrzehnten mit großem Fortschritt verlaufen. Die Abbildung 4 zeigt die Prognosen des kalifornischen Finanzministeriums sowie des U.S. Census Bureau, die diese Entwicklungsdynamik bis 2020 als weiterhin anhaltend sehen. Während für die afro-amerikanischen und weißen Bevölkerungsgruppen nur leichte Gewinne bzw. Verluste vorhergesehen werden, verzeichnen die hispanischen und asiatischen Gruppen hingegen die deutlichsten Zuwächse. So würden der Grafik entsprechend die Hispanics im Jahr 2020 mit 10,52 Millionen Einwohnern fast die Hälfte der auf knapp 22,5 Millionen Einwohner gestiegenen Gesamtbevölkerung der Region L.A. betragen (Fröhlich 2003, S. 83f).

2.2 Dimensionen der ökonomischen Restrukturierung

Als besonders paradigmatisch für den neuen Stadttyp der Postmetropolis wurde von Soja ein tief greifender Strukturwandel charakterisiert, der sich im Stadtraum von Los Angeles in den letzten Jahrzehnten vollzogen hat. Unter den von ihm beschriebenen „six restructurings of Los Angeles“ sind drei von besonderer Bedeutung. Als erstes sind die fundamentalen Umbrüche der Produktionsstruktur erwähnenswert, die durch die Teilprozesse der Deindustrialisierung, Reindustrialisierung und Tertiärisierung gekennzeichnet sind. Zweitens ist L.A. nach New York zur bedeutendsten Global City der Vereinigten Staaten geworden. Dies ist bereits seit den 1970er Jahren in Form von intensiven internationalen Kapitalverflechtungen und Investitionen, insbesondere im Stadtzentrum, ersichtlich, aber auch im Zustrom von Immigranten, die ein nahezu unerschöpfliches Reservoir an billigen Arbeitskräften bereitstellen. Schließlich noch der sozio-ökonomische Prozess der Restrukturierung, der von Soja als polarized metropolis bezeichnet wird. Diese Fragmentierung und Polarisierung der Stadtlandschaft hat verschiedene Komponenten: Unter Polarisierung kann zum einen die Expansion des oberen und unteren Segments des Arbeitsmarkts und damit auch der Gesellschaft verstanden werden. Dabei erodiert allerdings der Anteil der Beschäftigten der mittleren Qualifikationsstufe, wie beispielsweise der Facharbeiter sowie technischer Berufe und damit der Mittelklasse insgesamt. Andererseits wird die ethnische Dimension der sozialen und wirtschaftlichen Polarisierung deutlich in Form von massiver Einwanderung von v.a. Hispanics und Asiaten in ein höchst sensibles und keineswegs spannungsfreies ethnisches Gebiet, das Schau Ort von bereits gewalttätigen Auswirkungen war, wie die Unruhen des Jahres 1992 belegen. Die sozioökonomischen Restrukturierungsprozesse in Los Angeles sind das Ergebnis von enormen Veränderungen auf der Nachfrage- und Angebotsseite des Arbeitsmarktes. Dabei ist zum einen auf die starke Expansion der Wirtschaft Südkaliforniens seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hinzuweisen, anderseits auch auf die hohe Arbeitslosenrate, die mit Ausnahme weniger Jahre seit 1967 immer über dem nationalen Durchschnitt lag, und mit der speziell der Raum Los Angeles zu kämpfen hatte. Der fast vollständige Niedergang der klassischen bzw. fordistischen Industriezweige begann schon seit Mitte der 1960er Jahre einzutreten. Im Verlauf dieser Industrialisierung ist die gesamte Automobil- und Reifenindustrie im Raum L.A. verschwunden, aber auch die Stahlindustrie hat große Beschäftigungseinbußen hinnehmen müssen. Während der 1970er Jahre fand zwar ein Beschäftigungswachstum statt, jedoch ausschließlich in den oberen und unteren Arbeitsmarktsegmenten. Es entwickelte sich zum Teil eine große Schicht hochqualifizierter und in der Regel akademisch ausgebildeter Führungskräfte in Managementberufen. In den Schlüsselbranchen der Hochtechnologie entwickelte sich des Weiteren eine große Gruppe ungelernter bzw. angelernter Berufstätige, die für Fließbandtätigkeiten eingesetzt werden. Dieses bipolares Spektrum von Arbeitsplätzen ist einen Merkmal für die Technopolen der postfordistischen Periode des Raumes Los Angeles (Gans et al. 2006, S. 313f).

2.2.1 Transformationsprozesse auf dem ethnischen Arbeitsmarkt

Ebenso ist die Verteilung der Erwerbslosen, die einer deutlichen Divergenz unterliegt, typisch für eine postfordistische Stadt. Die Arbeitslosenquote der Stadt Los Angeles betrug im Jahr 2000 9,3% und überstieg damit den kalifornischen Durchschnitt um fast 100%. Zudem gilt die Stadt als einzige Region, bei der die Arbeitslosigkeit zwischen 1990 und 2000 deutlich anstieg. Alle übrigen Counties verzeichnen einen Wert von ca. 5%, Orange County weist sogar einen Rückgang der Arbeitslosigkeit auf 2,5% auf (Fröhlich 2003, S. 84).

[...]

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Die postmoderne Metropolis: Kennzeichen und Entwicklungsprozesse am Beispiel von Los Angeles
Hochschule
Universität Augsburg
Veranstaltung
Hauptseminar Geographische Stadtforschung
Note
1,70
Autor
Jahr
2013
Seiten
35
Katalognummer
V268463
ISBN (eBook)
9783656595090
ISBN (Buch)
9783656595076
Dateigröße
2243 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Los Angeles, Metropolis, Postmoderne
Arbeit zitieren
Andre Eichmann (Autor:in), 2013, Die postmoderne Metropolis: Kennzeichen und Entwicklungsprozesse am Beispiel von Los Angeles, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268463

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