Peter Paul Rubens "Amazonenschlacht"


Hausarbeit, 2012

27 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort

2. Amazonenschlacht

3. Historischer Kontext

4. Zum Werk

5. Nachwort

6. Literaturverzeichnis

7. Abbildungsverzeichnis

1. Vorwort

Diese Hausarbeit beschäftigt sich im Rahmen des Proseminars P. P. Rubens mit dem bedeutenden Historiengemälde Amazonenschlacht von 1618.

Dem Betrachter entfaltet sich ein wundervolles, aber auch grausames Szenario. Das Kunstwerk zeigt die berühmt berüchtigten Amazonen, die mit Angst verzerrten Gesichtern vor ihren starken Gegnern fliehen und erbarmungslos dahin gestreckt werden. Die geniale Komposition lässt das Geschehen auf dem Brückenbogen gipfeln, wo die aufbäumenden Pferde und die menschlichen Körper fast zu einer Einheit verschmelzen. Rubens Amazonenschlacht ist ein herausragendes Werk in vielerlei Hinsicht und es soll in dieser Hausarbeit auf einige interessante Aspekte hingewiesen werden.

Nach einer eingehenden Werkbeschreibung werden der Entstehungskontext und wichtige historische Ereignisse aus dem Leben Peter Paul Rubens' mitgeteilt. Untersucht wird auch die Provenienz des Kunstwerks. Anschließend widmet sich die Hausarbeit den Besonderheiten des Gemäldes zu, u.a. das Bildthema, dessen Identifikation problematisch ist, und die verschiedenen Vorbilder, die Rubens genutzt hat; diese sind Tizian, da Vinci und Michelangelo. Interessant sind die Fragestellungen, inwiefern die Renaissancekünstler die Amazonenschlacht beeinflusst haben, weshalb manche Motive gewählt und andere abgelehnt wurden.

Ich beziehe mich hauptsächlich auf das Buch Peter Paul Rubens' Reflexion kunsttheoretischer Topoi in ausgew ä hlten mythologischen Historien von Eveliina Juntunen. Das Werk gibt einen gut fundierten und klaren Überblick über ausgewählte Historiengemälde, die zwischen 1611 und 1618 entstanden sind, und fasst unterschiedliche Hypothesen von Forschern bis dato zusammen. Dabei geht die Autorin in die Tiefe und entwickelt eigene Theorien, gestützt auf zahlreichen Beweisen.

2. Amazonenschlacht

Bei der Schlachtendarstellung Amazonenschlacht (Abb. 1) von Peter Paul Rubens handelt es sich um ein Ölgemälde, dessen hölzerner Bildträger eine Höhe von 120,3 cm und eine Breite von 165, 3 cm besitzt. Ursprünglich war das Kunstwerk nicht datiert, doch man nimmt das Entstehungsjahr 1618 an. In der Literatur wird es auch als die M ü nchner Amazonenschlacht bezeichnet. Zum einen weil es momentan in der Alten Pinakothek in München hängt und zum anderen, um der Verwirrung entgegen zu steuern, da es eine Menge weiterer Gemälde gibt, die denselben Titel tragen. Von Rubens' Amazonenschlacht existiert ein Kupferstich auf sechs Platten von Lucas Vorstermann, einer der begabten Kupferstecher im Atelier von Rubens (Abb. 2). Dieser Kupferstich stellt übrigens die größte Reproduktion eines Originals in der Geschichte der Niederlanden dar.1

In der Amazonenschlacht entfaltet sich dem Betrachter ein erbitterter Kampf, der sich um eine Brücke konzentriert. Von links stürmen Truppen in die obere Bildhälfte und verdichten sich zusammen mit ihren Gegnenrn auf dem Scheitel der Brücke. Rechts sieht man Frauen und Tiere, die vor den siegessicheren Truppen fliehen. Die kämpfenden Reiterfiguren in der unteren Bildhälfte galoppieren auf den Fluss zu, wo am Ufer tote Kriegerinnen liegen und gerade bestohlen werden. Auf der gegenüberliegenden Flussseite stürzen Kriegerinnen mit ihren Pferden kopfüber in die Fluten. Durch die spritzenden Wasserbögen wird der Blick des Betrachters am Flußlauf in die Ferne gelenkt. Dort sieht man, unterhalb der Brücke, Flüchltlinge und weitere Tote, die im Wasser treiben. Im Hintergrund erkannt man die Umrisse einer brennenden Stadt, die dunkle Wolken am Himmel bildet.

Die Farben sind gemischt und erzeugen eine ungeklärte Dramatik. Das Gemälde erzielt eine impressionistische Wirkung beim Betrachter, denn so wie im Impressionismus fängt auch Rubens einen Moment ein, einen Augenblick, wo die männlichen Gegner siegreich sind und ihre Brutalität auch gegenüber dem anderen Geschlecht keinen Halt macht. "Das Kunstwollen des Barocks ist [...] ein filmisches."2 Durch die wischende Farbgebung scheinen auch die Körper von Tier und Mensch eine Einheit zu bilden. Man schaue auf den Brückenscheitel, wo die Amazone in rotem Gewand von ihrem Pferd heruntergerissen wird - dabei wirken sie und das Pferd wie ein miteinander verbundenes Wesen. Das Pferd bäumt sich derart auf, als würde es mit seinem Reiter mitgerissen werden. Martin Warnke schreibt, "die Farben verteilen sich im Bild, als würden sie im Kampfgetümmel verrieben."3 Dadurch, dass die Konturen verschwinden, kommt der Gedanke der Unendlichkeit und die Überwindung der Grenzen hervor, der sich durch die barocke Epoche zieht.4 Tatsächlich wirkt das Bild bei erster Betrachtung wie ein Riesentumult, doch bei einer ausgiebigen Beschauung wird man eine harmonische Ordnung und durchdachte Komposition feststellen.

Neben den brutalen Elementen, die das Bild enthält, wirkt es in seiner Gesamtheit harmonisch und ruhig, was sich auf die Farbgebung zurückführen lässt. Rubens hatte eine ausgewogene Farbwahl getroffen. Man sieht rote Gewände, die die Amazonen bedecken; metallische aufblitzende Brustpanzer und Helme der Krieger; blasse, verdrehte Leichen und verschiedenfarbige Pferde. Alles spielt sich unter einem bedrohlich wirkenden Himmel ab, der zum größten Teil durch aufgehenden Staub und Rauch in ein finsteres, bedrückendes Blau getaucht ist. Frans Baudouin fasst diesen Gedanken so zusammen: Rubens habe ungestüme Vorstellungen in harmonisch ausgewogene Schönheit umgesetzt.5

3. Historischer Kontext

Peter Paul Rubens ist einer der berühmtesten flämischen Maler, der 1577 in Siegen (Westfalen) als Sohn eines Antwerpener Juristen geboren wurde. Nachdem der Vater dieser siebenköpfigen Familie verstarb, kehrte die Familie nach Antwerpen zurück, wo Rubens zunächst als Page bei einer Gräfin diente. Doch seine Leidenschafte brannte für die Malerei und er war u.a. Schüler von Otto van Veen. Dort absolvierte er seine Lehrzeit erfolgreich und wurde zum freien Maler. 1600 reiste er zum ersten Mal nach Italien und im selben Jahr wurde er vom Herzog von Mantua zum Hofmaler ernannt. Er unternahm in dessen Auftrag mehrere diplomatische Reisen in andere italienische Städte und auch in anderen Ländern, z.B. Spanien. Durch seine künstlerische Ader malte er sich in die Herzen derer, mit denen er verhandeln sollte, und erst viel später begann seine diplomatische und politische Karriere zu glänzen. Während seines Aufenthaltes in Italien hatte er sich zu einem Kenner für antike Kunst und Mythologie entwickelt und übte sich zudem fleißig beim Kopieren von Meisterwerken, dazu zählen die Werke Leonardo da Vincis, Michelangelos und anderen. 1608 siedelte Rubens - bereits als berühmte und angesehene Persönlichkeit - nach Antwerpen zurück, wo er ein eigenes Malatelier eröffnete. Seine Werkstatt war gut organisiert und aus ihr gingen famose Künstler hervor: Frans Snyders, Anthonis van Dyck und Jan Brueghel der Ältere, um einige zu nennen.6 7

Rubens zählt zu den Malern des Barock, einer Epoche, die etwa zwischen 1600 und 1750 anzusetzen ist. Ausgehend von Italien ist diese Stilrichtung gekennzeichnet durch das Malerische, Tiefenhafte, Offene, Unklare und Einheitliche, weiterhin durch Dynamik, Prachtentfaltung, Illusionismus und Verschmelzung von Architektur, Plastik und Malerei.8

Viele unterschiedliche Kräfte wirkten in dieser Zeitspanne mächtig: die Kirche, die ihre scheinbare Herrlichkeit durch pompöse und aufwendige Darbietungen offenbaren wollte, besonders da nun die protestantische Gegenreformation greifte. Die Antike und ihre berühmtesten Schriftsteller mitsamt den Mythologien hatten eine besondere Ausstrahlung. Außerdem hatten verschiedene Entdeckungen (Amerika; die Erde ist rund etc.), Kolonisation und aktiver Handel einen bedeutenden Einfluss. Allgemein lässt sich die Stimmung der barocken Menschen als pessismistisch einordnen, da ihnen ihre eigene Endlichkeit, Nichtigkeit und Sterblichkeit zu Bewusstsein drang.9

Peter Paul Rubens begann die Amazonenschlacht um 1618 in Antwerpen zu malen, als er sein 41. Lebensjahr vollendet hatte. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits seit etwa neun Jahren mit seiner sehr geliebten und oft porträtierten Frau Isabella Brant verheiratet.

Das frühste Zeugnis für den Verbleib der Amazonenschlacht liefert uns ein Gemälde von Willem van Haecht (Abb. 3). Es handelt sich dabei um die Darstellung eines Kabinetts aus dem Jahr 1628. Cornelius van der Geest war der Besitzer dieser stattlichen Kunstsammlung und außerdem ein vermögender und angesehener Kaufmann in Antwerpen. In seiner Kunstsammlung hat er dem Gemälde von Rubens einen bevorzugten Platz eingeräumt: es hängt auf Augenhöhe, ist durch das große Fenster gut beleuchtet und besitzt einen zurück geschobenen Vorhang. Man kann nicht sagen, ob van der Geest das Bild in Auftrag gegeben oder ob er es irgendwann später erworben hatte. In der Literatur taucht häufiger die Vermutung auf, Rubens habe die Amazonenschlacht aus Dankbarkeit und als Freundschaftsbeweis gemalt, da van der Geest ihm scheinbar zu einem bedeutenden Künstlerauftrag verholfen habe. Ohne handfeste Beweise bleibt dies Spekulation. Doch mit bestimmter Sicherheit lässt sich sagen, dass van der Geest und Rubens guten freundschaftlichen Umgang gepflegt hatten. Dies geht aus verschiedenen Quellen hervor.

Das Gemälde von Willem van Haecht zeigt außerdem einige Personen von höherer Rangstellung in der Kammer. Man beachte jedoch, dass nicht alle Abgebildeten beim Entstehungszeitpunkt anwesend waren. Es ist nicht notwendig auf alle Persönlichkeiten des Gemäldes einzugehen - man sei auf die Literatur verwiesen. Doch, um einige zu nennen, erkennt man die niederländischen Erzherzöge Albert und Isabella in der linken unteren Bildecke, deren Besuch bei Cornelius van der Geest im Jahr 1615 verzeichnet wurde. Weitere Personen sind der polnische Thronfolger Wladislaw Sigismund I. und verschiedene Antwerpener Künstler: z.B. Rubens, der sich zum Erzherzog Albert neigt. Seine Haltung und sein Gestus lassen darauf schließen, dass er etwas zu erläutern scheint. Man nimmt an, dass dies mit der Tätigkeit als Hofmaler zusammenhängen könnte. Denn eine der wichtigsten Aufgaben der Hofmaler war die Beratung in künstlerischen Angelegenheiten. Hinter Rubens befindet sich van Dyck, der zu diesem Zeitpunkt dessen Schüler war. Schließlich ist der Gastgeber selbst anwesend und deutet auf das Madonnenbild von Quinten Massys.

Nach dem Tod von van der Geest hatte Kardinal Richelieu die Amazonenschlacht erworben. Im Jahr 1719 war es in einer Düsseldorfer Galerie nachgewiesen. Seit 1806 befindet es sich in der Bayerischen Staatsgemäldesammlung.

4. Zum Werk

Vorarbeiten10

Es gibt keine eindeutigen Hinweise auf Vorstudien, die Rubens zur Amazonenschlacht gemacht hatte. Lediglich sind einige Zeichnungen mit Griechen und Amazonen enthalten. Beispielsweise gilt Abb. 4/S.136! als Skizze und zeigt verschiedene Figuren und Pferde, aber keine Kampfspuren. Insgesamt kann man zur Bildentstehung wenig sagen. Man kann höchstens von dem Bestehenden auf das Vorangegangene schließen.

Die Identifikation des Bildthemas11

Das grundsätzliche Problem, vor dem man bei diesem Werk steht, ist die Identifikation des Bildthemas. Rubens hatte eine Vielzahl an literarischen Quellen zum Angebot, von denen nur einige wenige genannt werden sollen.

Ein Mythos, der in der Literatur häufiger in Erwägung gezogen wird, ist der Raub des Theseus. Diese Erzählung handelt von der Entführung der Amazonenkriegerin Hippolyte durch Theseus, der sich in sie verliebt hatte. Er bringt sie nach Athen und macht sie zu seiner Gemahlin, doch schürt er damit den Zorn der anderen Amazonen, die daraufhin auf Rachefeldzug gegen die Stadt Athen gehen. Sie werden von den Griechen grausam dahin gestreckt und auch Königin Hippolyte stirbt in diesem Krieg.

In einem weiteren Mythos bekommt Herkules (oder Herakles) eine Vielzahl von Aufgaben, um durch ihren erfolgreichen Abschluss den Göttern gleich gestellt werden zu können. Eine der Aufgaben lautete, den goldenen Gürtel der Amazonenkönigin Hippolyte in seinen Besitz bringen. In einem erbitterten Kampf zwischen Herkules, seinen Gefährten und den Amazonen kommt er als Sieger hervor. Einige der Figuren in der Amazonenschlacht werden durch manche Attribute ausgezeichnet, z.B. durch Helme, die zwar spezifisch ausgearbeitet sind, aber dennoch nicht klar genug hervorkommen, dass man deren Träger mit völliger Sicherheit als Herkules oder andere mythische Protagonisten definieren könnte.

[...]


1 Juntunen, Eveliina: Peter Paul Rubens' Reflexion kunsttheoretischer Topoi in ausgew ä hlten mythologischen Historien (1611 - 1618). Petersberg: Michael Imhof Verlag 2005, S. 120.

2 Hauser, Arnold: Sozialgeschichte der Kunst und Literatur, München 1978, S. 460.

3 Warnke, Martin: Rubens. Köln: DuMont 2011, S. 100.

4 Hauser, Arnold: Sozialgeschichte der Kunst und Literatur, München 1978, S. 458f.

5 Baudouin, Frans: Peter Paul Rubens, Königsstein 1985.

6 http://www.whoswho.de/templ/te_bio.php?PID=879&RID=1 (13.03.2012)

7 http://www.peterpaulrubens.org/biography.html (13.03.2012)

8 Nerdinger, Winfried: Perspektiven der Kunst, München 1990, S. 333.

9 Hauser, Arnold: Sozialgeschichte der Kunst und Literatur, München 1978, S. 464f.

10 Juntunen, S. 121.

11 Juntunen, S. 120.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Peter Paul Rubens "Amazonenschlacht"
Hochschule
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)  (Institut für Kunst- und Baugeschichte)
Veranstaltung
Proseminar: Rubens
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
27
Katalognummer
V268009
ISBN (eBook)
9783656581451
ISBN (Buch)
9783656581161
Dateigröße
4891 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
peter, paul, rubens, amazonenschlacht
Arbeit zitieren
Diana Migura (Autor:in), 2012, Peter Paul Rubens "Amazonenschlacht", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268009

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