Rechtspopulismus und Parteiensysteme. Ein Vergleich zwischen Deutschland und den Niederlanden


Hausarbeit, 2013

40 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

I. Einleitung Seite

II. Begriffsklärungen Seite
1. Rechtspopulismus Seite
1.1 Allgemeines zum Populismus Seite
1.2 Die Vier Dimensionen nach Seite Wielenga und Hartleb
1.2.1 Die Technische Dimension Seite
1.2.2 Die Inhaltliche Dimension Seite
1.2.3 Die Personelle Dimension Seite
1.2.4 Die Mediale Dimension Seite
1.2.5 Rechtspopulismus - eine Seite (ideologische) Annäherung
2. Parteiensystem Seite
3. Stabilität von Parteiensystemen Seite

III. Notwendige Grundlagen der Untersuchung Seite

IV. Theoretischer Hintergrund der Seite Untersuchung
1. System Perspective on Party System Change Seite
2. Social Context Theory Seite

V. Variablendefinition Seite

VI. Forschungsdesign Seite

VII. Hypothesen Seite
1. Hypothese zur abhängigen Variable Seite
2. Hypothesen zur unabhängigen Variablen Seite

VIII. Analyse der abhängigen Variablen Seite
1. Effektive Anzahl Seite
2. Wahlbeteiligung Seite
3. Stärkeverhältnis Parteien Seite
4. Die vier stärksten Parteien Seite

IX. Analyse der unabhängigen Variablen Seite
1. Hypothes 2 Seite
1.1 Anti-Establishment - Politische Seite Autoritäten
1.2 Fremdenabwehr - Immigranten Seite & Muslime
1.3 Charismatische Führerschaft Seite
1.4 Anti-EU-Positionen Seite
1.5 Politische Informationen & Seite Medien
2. Hypothese 3 Seite
3. Hypothese 4 Seite
3.1 Medien - Ein Vergleich Deutschland Seite & Niederlande
3.2 Wahlsystem - Ein Vergleich Deutschland Seite & Niederlande
3.3 Staatsstruktur - Ein Vergleich Deutschland Seite & Niederlande

X. Ergebnis des Vergleichs & Ausblick Seite

XI. Literaturverzeichnis Seite

XII. Internetdatenbanken Seite

XIII. Anhang - Abbildungen Seite

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Effektive Anzahl Parteien im Parteiensystem Seite Deutschland von 1998-

Tab.2: Effektive Anzahl Parteien im Parteiensystem Seite Niederlande von 1998-

Tab.3: Wahlbeteiligung Deutschland - Bundestagswahl Seite

Tab. 4: Wahlbeteiligung Niederlande - Tweede Kamer Seite

Tab. 5: Stärkeverhältnis zwischen den beiden größten Seite deutschen Parteien

Tab. 6: Stärkeverhältnis zwischen den beiden Seite größten niederländischen Parteien

Tab. 7: Die vier stärksten Parteien bei den Seite Wahlen in Deutschland mit Prozentpunkten

Tab. 8: Die vier stärksten Parteien bei den Seite Wahlen in den Niederlanden mit Prozentpunkten

Tab. 9: Parlament, Regierung, Parteien & Polizei Seite

Tab.10: Muslime & Immigranten als Seite Nachbarn - Vertraute Lebensbedingungen

Tab. 11: Starker Führer für das eigene Land Seite

Tab. 12: Anti-EU-Positionen in Deutschland und den Seite Niederlanden

Tab.13: Wie oft wird Politik in den Medien verfolgt? Seite

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Extremismus und Populismus Seite

Abb. 2: Konzept Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit Seite

Abb. 3: Vertikale und horizontale Orientierungen populistischer Seite Ideologien

Abb. 4: Die Analyse von Parteiensystemen Seite

Abb. 5: Das vier Stufensystem des Wandels von Seite Parteiensystemen nach Gordon Smith

Abb. 6: The Process of System Change Seite

Abb. 7: Modifiziertes System von Smith (1) Seite

Abb. 8: A Typology of Research Designs Seite

Abb. 9: Modifiziertes System von Smith (2) Seite

Abb. 10: Wahlergebnisse Deutschland Bundestag Seite Zweitstimmen

Abb. 11: Wahlergebnisse Niederlande Tweede Kamer Seite

Abb. 12: Koalitionsregierungen in den Niederlanden Seite

Abb. 13: Koalitionsregierungen in Deutschland Seite

Abb.14: Modifiziertes System von Smith (3) Seite

I. Einleitung

Rechtspopulismus hat in den politischen Systemen Europas Einzug gehalten und kann im politischen Alltagsgeschäft nicht mehr ignoriert werden. Als ein Beleg hierfür können sowohl die Partij voor die Vrijheid (Partei für die Freiheit) von Geert Wilders in den Niederlanden sowie die Perussuomalaiset (Wahre Finnen) in Finnland dienen als auch Studien und Analysen von HARTLEB („Nach iher Etab- lierung“) oder MESEZNIKOV et al. („Populist Politics and Liberal Democracy in Central and Eastern Europe“). Bisher sind genauere Betrachtungen der Auswir- kungen und des Einflusses von Rechtspopulismus auf etablierte Parteiensysteme eine Rarität; zwar liefert die neuste Publikation von HOLGER ONKEN aus dem Jahr 2013 „Parteiensystem im Wandel“ neue Erkenntnisse und Einsichten, eine Kon- zentration auf Rechtspopulismus findet dabei aber nicht statt. Weiterhin blendet ONKEN die systemisch analytische Perspektive bei seinen Untersuchungen aus.

Dementsprechend ist für die vorliegende Arbeit die anstehende Fragestellung gewählt worden:

Welche Auswirkungen und welchen Einfluss hat Rechtspopulismus auf die Stabilität von Parteiensystemen?

Bevor diese Frage beantwortet werden kann, sollen die zentralen Begriffe der obi- gen Fragestellung näher erläutert werden: Rechtspopulismus, Parteiensystem und Stabilität von Parteiensystemen (Kapitel II). Nachdem (Kapitel III) Hinweise zu notwendigen Grundlagen für diese Untersuchung gegeben wurden werden im Ka- pitel IV die theoretischen Grundlagen dieser Untersuchung beleuchtet. Kapitel V widmet sich der Definition der Variablen, während Kapitel VI Erläuterungen zum Forschungsdesign liefert. Die Hypothesen dieser Untersuchung werden im Kapitel VII präsentiert. Kapitel VIII und IX wenden sich der Analyse der abhängigen und unabhängigen Variablen zu. Dabei wird jeweils eine Antwort auf die im Vorfeld formulierten Hypothesen gegeben. Das abschließende Kapitel X präsentiert das Ergebnis dieses Vergleiches und ein Nebenprodukt dieser Analyse. Ein neues ana- lytische Schema für weitere Forschungen zu diesem Thema.

II. Begriffsklärungen

1. Rechtspopulismus

Da der „allgemeine“ Populismus viele Aspekte enthält, die auch für den Rechtspopulismus gelten, konzentrieren sich die folgenden Ausführungen zunächst hauptsächlich auf den Begriff Populismus.

1.1 Allgemeines zum Populismus

Der Begriff Populismus erfährt größtenteils negative Konnotationen in der Litera- tur und kann als “a potentially dangerous underside of democracy” (ABTS/ RUMMENS 2007: 405) angesehen werden. MÉNY und SUREL nannten dies “a de- mocratic malaise” und ermahnten die politischen Akteure und Bürger zur Obacht (2002: 21). Folgt man WIELENGA und HARTLEB, so ist Populismus per se “ein ungenauer, schillernder und nebulöser Begriff, bei dem jeder, Laie wie Experte, irgendwie zu wissen glaubt, was gemeint ist” (2011: 7). Eine Ergänzung findet diese Aussage durch CANOVAN, “it has precise meanings in a number of specialist discources, but attempts at a general theory have been problematic” (1999: 3). DIEHL bestätigt, dass es bis zum heutigen Tag nicht gelungen ist, eine allgemein- verbindliche Definition von Populismus bzw. Rechtspopulismus zu finden (vgl. 2011: 273). Populismus zu definieren ist “defining the undefinable” (MUDDE 2004: 542). Diese vorliegende Arbeit erhebt nicht den Anspruch diese wissen- schaftliche Lücke zu schließen; vielmehr beschäftigt sie sich mit den herausste- chenden Merkmalen von Populismus und grenzt abschließend Rechtspopulismus von Linkspopulismus ab. Als Basis der Ausführungen dienen die vier konstituti- ven Dimensionen von Populismus nach WIELENGA und HARTLEB.

1.2 Die vier Dimensionen nach Wielenga und Hartleb

Nach WIELENGA und HARTLEB sind die technische, die inhaltliche sowie die personelle und die mediale Dimension konstitutiv für Populismus.

1.2.1 Die Technische Dimension

MUDDE folgend begreift Populismus eine Gesellschaft als “separated into two homogeneous and antagonistic groups, the pure people and the corrupt elite” (2004: 543). Diese antielitäre Haltung “offenbart sich durch eine chronische, agi- tatorisch untermalte Beschwerdeführung im Sinne des Tabubrechens” (WIELENGA/ HARTLEB 2011: 12). Weil gerade Populisten eine “high expectations of the power of politics which is based on the will and wisdom of the people” (VOSSEN 2010: 25) aufweisen, haben sie einen starken voluntaristischen Ansatz. Sie kreieren ein imaginäres Land Namens heartland: “an evocation of that life and those qualities worth defending […] that place, embodying the positive aspect of everyday life” (TAGGERT 2000: 95).

1.2.2 Die Inhaltliche Dimension

Der Begriff heartland führt zu einer Definition von Volk in ethnischer und natio- nalistischer Hinsicht. SWANK und BETZ argumentierten, dass insbesondere rechtspopulistische Parteien in Westeuropa “increasingly articulated a coherent ideology of differentialism and national identity, where immigration and homoge- nizing forces of internationalization are opposed on the ground that right of citi- zens to cultural identity within the nation state should be defended” (2003: 233). Weiterhin wendet sich Rechtspopulismus direct gegen den Islam (BETZ 2002: 253), Immigranten und “categories of people who unrightfully receive social benefits” (DERKS 2006: 181) sowie gegen “Globalkapitalisten” (WIELENGA/ HARTLEB 2011: 12). LUCARDIE bezeichnet diese Gruppen als “out-groups” (2011: 21). Das Konzept von “out-groups” (LUCARDIE 2011: 21) lehnt den pluralisti- schen Aspekt einer Nation ab (vgl. DIEHL 2011: 29) und bestreitet die Komplexi- tät moderner Gesellschaften genauso wie Individualinteressen. Somit kann Popu- lismus als “backward-looking and reactionary” (CANOVAN 2002: 37) bezeichnet werden. Darüber hinaus propagieren Populisten “den verstärkten Einsatz direkt- demokratischer Elemente als unmittelbaren Ausdruck des homogenen Volkswil- len” (DECKER/ LEWANDOWSKY 2008: 11).

Der Aufsatz von SPIER Populismus und Modernisierung beschreibt Populismus als eine Reaktion auf den Prozess der Modernisierung, der ferner zu politischen Protesten führt (2006: 36). Heutzutage wird Modernisierung als ein Prozess ange- sehen, der Anpassungen in den Bereichen der Ökonomie und der sozialen Stan-dards nötig macht (NOHLEN 2010: 626) und zudem von großen Verwerfungen bestimmter Bevölkerungsgruppen im Hinblick auf Wert- und Orientierungs- verluste begleitet wird; zu diesen zählen: Statusangst, Zukunftsunsicherheit und politische Entfremdung (vgl. DECKER/ LEWANDOWSKY 2008: 5).

1.2.3 Die Personelle Dimension

Der zentrale Aspekt der personellen Dimension ist die charismatische Führer- schaft (WIELENGA/ HARTLEB 2011: 12). Charismatische Führerschaft ist eine “personalized leadership” (CANOVON 1999: 6) und “is said to embody the will of the common people [and] is able to speak on their behalf” (ABTS/ RUMMENS 2007: 407). Da der populistische Führer/in gleichzeitig eine Person des dem Volk und Anfüher ist (vgl. PANIZZA 2005: 22), wird ihm häufig das Attribut des Befreiers angehängt (DIEHL 2011: 29).

Der populistische Führer bietet “simplistic solutions to complex political prob- lems in a very direct language, appealing to the common sense of the people and denouncing the intellectualism of the established elites” (ABTS/ RUMMENS 2007: 407) an. Ausgestattet mit “mediagenic personal qualities” (MAZZOLENI 2003: 5), zieht er förmlich das mediale Interesse auf sich und generiert somit seine Popula- rität.

Oftmals findet eine Verschmelzung von populistischer Führerschaft mit der par- teilichen Organisation statt, wie das Beispiel von Geert Wildersund von der Partij voor de Vrijheid in den Niederlanden illustriert (Ein-Mann-Partei). Als Begrün- dung werden die etablierten korrupten Parteien und deren Organisation angeführt (PRIESTER 2012: 79).

1.2.4 Die Mediale Dimension

Bereits 1919 stellt MAX WEBER fest, dass das geschriebene und gesprochene Wort ein bedeutender Faktor für eine zielgerichtete Politik gegenüber der Öffentlichkeit ist (1971: 524) und auch Luhman betont die Bedeutung der Kommunikation über Medien: “Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir duch die Massenmedien.” (1996: 9)

Dabei aggregieren und selektieren Medien “die Erwartungen der Bevölkerung an die Politik und sie informieren über politische Prozesse und interpretieren und bewerten diese” (HOLZ-BACHA 2002: 515). Während eine direkte Kommunikation zwischen Partei und Bürger immer weniger auf direktem Wege stattfindet (vgl.DECKER/ LEWANDOWSKY 2008: 24), unterstützen die Massenmedien Populisten darin, ihre Positionen und Ideen zu verbreiten und zu vermitteln. Die “symboli- sche Beziehung” zwischen Populisten und Medien (vgl. WIELENGA/ HARTLEB 2011: 12) kann als ein Katalysator für populische Agitationen betrachtet werden.

1.2.5 Rechtspopulismus - eine (ideologische) Annäherung

CANOVAN beschreibt Populismus als seine Art thin-centred ideology (2002: 29). “A thin-centred ideology is one that arbitrarily severs itself from wider ideational contexts, by the deliberate removal and replacement of concepts” (FREEDEN 1998: 750). Populismus beinhaltet Elemente unterschiedlicher Ideologien wie “socialism, liberalism, nationalism, communism, ecologism, etc. and combines them among each other if necessary” (MUDDE 2004: 544).

Die populistische Ideologie ist nicht zwangsweise extremistisch, der wesentliche Unterschied zwischen Populismus und Extremismus ist in Anlehnung an RENSMANN die Anti-System-Haltung (vgl. 2006: 69) (siehe auch Abbildung 1). Zieht man die Abbildung 2 mit in die Betrachtung ein, so unterscheiden sich Extremisms von Populismus u.a. in Hinblick auf Homophobie und Antisemitis- mus.

Priester konstatiert, dass Rechtspopulismus in Europa eine wesentlich höhere Af- finität zu rechten Ideologien aufweist als Linkspopulismus (2012: 210); dies wird durch Abbildung 3 veranschaulicht. Rechtspopulisten vertreten u.a. eine starke Anti-EU-Position und das Thema Fremdenabwehr ist bei ihnen zentral. Linkspo- pulismus fordert im Gegensatz zum Rechtspopulismus die „Umverteilung gesell- schaftlichen Reichtums […] der nicht nur der Herstellung sozialen Ausgleichs dient, sondern auch ein subjektives Gerechtigkeitsempfinden gegenüber „denen da oben“ bedienen soll“ (DECKER/ LEWANDOWSKY 2008: 30).

2. Parteiensystem

Ein Parteiensystem kann beschrieben werden als “das Beziehungsgefüge der in einem politischen Gemeinwesen agierenden Parteien, das nach verschiedenen Merkmalen beschrieben werden kann: Anzahl, Größenverhältnisse, Macht- verteilung, ideologische Distanz, Interaktionsmuster der Parteien (vertical unter- einander und horizontal mit gesellschaftlichen Schichten und Interessen- organisationen, Funktionalisierungsgrad, etc.” (BENDEL 2002: 623). DETTERBECK führt an, dass eine Bestimmung von Parteiensystemen einerseits über die Quanti- tät von Parteien erfolgen kann, andererseits “über eine inhaltliche Analyse der Art und Weise ihrer Interaktionen” (2011: 144). “SARTORI”, so DETTERBECK weiter, “spricht hier von Format und Mechanik der Parteiensysteme” (2011: 144). MAIR hingegen betone die unterschiedlichen Arenen des elektoralen Wettbewerbs um Wählerstimmen und den parlamentarischen Wettbewerb um politische Entschei- dungen. Abbildung 4 vereint diese beiden Gedankengänge in einem Schaubild.

LAAKSO und TAAGEPERA betonen vor allem die effective Anzahl von Parteien: “The effective number of hypothetical equal-size parties that would have the same total effect on fractionalization of the system as have the actual parties of unequal size” (LAAKSO/ TAAGEPERA 1979: 4).

3. Stabilität von Parteiensystemen

Die Stabilität von Parteiensystemen lässt sich nach LAUTH und EITH anhand der folgenden Strukturmerkmale analysieren:

“Anzahl der Parteien (“Format”); ideologisch-programmatische Ausrichtung der Parteien; Mitgliederanzahl der Parteien; gesellschaftliche Verankerung der Parteien (“Linkage”); Konfliktstruktur eines Parteiensystems; Stärkeverhältnisse (Wähleranteile, Mandatsanteile) innerhalb eines Parteiensystems (“Fragmentierung”); Stärkeverhältnisse zwischen den bei- den größten Parteien (“Asymmetrie”); Ausmaß der Wahlbeteiligung; Dominanz einer oder mehrerer Parteien; ideologisch-programmatische Polarisierung zwischen den Parteien bzw. Ihren Wählern; Kooperationsfähigkeit der Parteien (“Segmentierung”); Wettbewerbsstruk- tur um Regierungsmacht.” (2012: 138)

GORDON SMITH hingegen hebt den systematischen Wandel von Parteiensystemen hervor und rückt die sich verändernden “Eigenschaften eines Systems” (DETTER-BECK 2011: 156). in den Mittelpunkt. SMITH unterscheidet zwischen vier Stufes des Wandels: “temporary fluctuations; restricted change; general change; transformation” (Smith 1989: 353); siehe hier auch Abbildung 5.

III. Notwendige Grundlagen der Untersuchung

Eine Untersuchung, deren Ausgangspunkt Populismus bzw. Rechtspopulismus darstellt, ist mit dem Junktim der Komplexität der Analyse und seines Gegen- standes behaftet (vgl. DIEHL). Systemische Methodenanalysen haben sich dabei als ein probates Mittel zur Reduktion von Komplexität erwiesen (vgl. MEADOWS). Da Rechtspopulismus und Populismus insgesamt den kumulativen Tatbestand der psychologischen Individualebene inkorporieren (vgl. DIEHL), muss die Mikroebe- ne einer Gesellschaft - das Individuum - Ausgangspunkt jeglicher Wirkungs- analysen sein. Als notwendige Bedingung im Zusammenhang mit Rechts- populismus können somit eine systemische Analysemethode und die psychologi- sche Individualebene angesehen werden.

IV. Theoretischer Hintergrund der Untersuchung

Die Ausführungen GORDON SMITHS in seinem Aufsatz A System Perspective on Party System Change und die der Social Context Theory von EARLE und EARLE sollen theoretische Grundlagen der vorliegenden Arbeit fungieren.

1. System Perspective on Party System Change

Bei der Theorie von GORDON SMITH handelt es sich um eine systemische Analy- semethode. Da diese Theorie nicht auf ein politisches System in Gänze angewandt werden kann, sondern einen einzelnen inhaltlichen Teilbereich thematisiert, kann sie als Theorie mittlerer Reichweite charakterisiert werden (vgl. JAHN). SMITH sieht (siehe Abbildung 6) den Wähler als „the final arbiter of system chan- ge“ an. Als entscheidend bezeichnet er dabei Veränderungen, die sich über eine längere Zeitperiode messen lassen. Abstimmungsverhalten und Wähleranpassun-

gen werden nach SMITH sowohl vom „social context“ als auch von der „social structure“ und den „cleavage patterns“ bestimmt. In SMITHS System nehmen Par- teien eine Schlüsselstellung ein: Sie vermitteln, reagieren und werden beeinflusst. Das Parteiensystem dagegen hat eine passive Rolle, denn es kann nur durch die Parteien selbst verändert werden. „Parties act independently, either alone or as a result of their interaction one with another“ ( SMITH 1989: 355). Parteien, so SMITH, müssen über die Fähigkeit verfügen, neue Strömungen zu adaptieren („adaptive actors“) (SMITH 1989: 356). Die Adaptionsfähigkeit einer Partei resul- tiert einerseits aus dem externen Druck auf die Partei und andererseits aus den „internal needs“. Bei einem Misserfolg der Ausbalancierung könnten Wahlnieder- lagen, innerer Zwist und sogar Abspaltungsbestrebungen innerhalb der Partei eine Konsequenz sein (SMITH 1989: 356).

SMITH bezeichnet die Institutionen (formelle und informelle) und die Wähler als eine Art „remainder of the political system“, wobei er nach wie vor die Wähler als „most fundamental“ in seinem System bezeichnet (vgl. SMITH 1989: 354f.). In Bezug auf den Wähler wird sich diese Arbeit auf den Aspekt „social context“ fokussieren.

2. Social Context Theory

Was bedeutet „social context“? Was beinhaltet die Social Context Theory?

„Social Context theory is presented as a tool of analysis for examing social change and associated needs among individuals in societies over time.“ (EARLE/ EARLE 1999: 1) Die Social Context Theory lässt sich damit ebenfalls als eine The- orie mittlerer Reichweite kennzeichnen, die darüber hinaus auch eine systemische Perspective (EARLE/ EARLE 1999: 2) aufweist und Betrachtungen über die Zeit werden als vitale Komponente auffasst. Zwei zentrale Aspekte sollen hier noch angeführt werden: „Social Context theory has a social psychological orientation“ and „provides a means of examining social agitation forces initiated by individu- als and groups who seek to change or challenge broader societal structures and social beliefs, in order to establish new social behaviour“ (Earle/ Earle 1999: 2).

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Ende der Leseprobe aus 40 Seiten

Details

Titel
Rechtspopulismus und Parteiensysteme. Ein Vergleich zwischen Deutschland und den Niederlanden
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
40
Katalognummer
V267875
ISBN (eBook)
9783656590484
ISBN (Buch)
9783656590453
Dateigröße
890 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
rechtspopulismus, parteiensysteme, vergleich, deutschland, niederlanden
Arbeit zitieren
Stefan Knabe (Autor:in), 2013, Rechtspopulismus und Parteiensysteme. Ein Vergleich zwischen Deutschland und den Niederlanden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/267875

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