Pflicht und Neigung bei Kant. Was bestimmt den moralischen Wert einer Handlung?

Immanuel Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten


Hausarbeit, 2013

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
2.1 Der gute Wille
2.2 Die Pflicht und die Neigung

3 Das Problem
3.1 Menschenfreund vs. Menschenfeind

4 Reaktion
4.1 Schiller – Über Anmut und Würde
4.2 Schiller - Gewissensskrupel und Decisium

5 Wie sollen wir Kant verstehen?

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Welche Handlung ist die moralisch wertvollere? Die Hilfe, die ich meinen Freund zukommen lasse, oder jene, die mein Feind genießt?

Im ersten Abschnitt der „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ gibt uns Kant eine Vorstellung davon, wodurch eine Handlung einen moralischen Wert erlangt.

Moralisch wertvoll sei eine Handlung, sobald diese rein aus Pflicht ausgeführt werde. Es dürfe uns nichts weiter zu dieser Handlung motivieren, als die Pflicht oder genauer, die Achtung vor dem Gesetz. Das bedeutet, Neigungen wie Liebe oder Mitleid als Motiv machen eine Handlung nicht moralisch und somit ist Kant der Ansicht, nur die Hilfe meinem Feind gegenüber sei wirklich moralisch.

Intuitiv steht man dieser These eher skeptisch gegenüber.

Diese rigorose Sichtweise Kants veranlasste Schiller, das Gedicht „Gewissensskrupel und Decisium“ zu schreiben, welches diesen Zwiespalt überspitzt darstellt.

Auch in seiner philosophischen Schrift „Über Anmut und Würde“ bezieht sich Schiller auf die Position Kants zum moralischen Wert einer Handlung.

Ich möchte in dieser Hausarbeit den Weg Kants zu seinem Pflichtbegriff erläutern und in diesem Zusammenhang aufzeigen, was er unter einer „moralisch wertvollen Handlung“ versteht. Anschließend stelle ich Schillers Gegenposition aufgrund seiner Gedichte „Gewissensskrupel“ und „Decisium“ sowie seiner philosophischen Schrift „Über Anmut und Würde“ dar. Zum Schluss werde ich zu einer Lösung kommen, die uns Kants These verständlich und akzeptabel macht. Dazu werde ich anhand des ersten Abschnittes untersuchen, ob und wo Kant seinen Aussagen zu viel Interpretationsspielraum gelassen hat. Ich beziehe mich auf die Sekundärliteratur „Kants Gesinnungsethik“ von Harald Köhl (1990) und Kants „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Ein einführender Kommentar“ von Dieter Schönecker/ Allen W. Wood.

2 Grundlegung zur Metaphysik der Sitten

Kant verfolgt in seiner Schrift „ Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ das Ziel, das oberste Prinzip der Moralität, zum einen aufzusuchen und zum anderen festzusetzen (Kant: GMS, S. 392). In den ersten beiden Abschnitten widmet er sich der Aufsuchung des obersten moralischen Prinzips, indem er den Kategorischen Imperativ aus den Begriffen des Wollens und der Pflicht entwickelt. Der Kategorische Imperativ ist ein Prüfschema mit dem man seine Handlung auf den moralischen Wert hin testen kann. Erst wenn die Maxime meiner Handlung zum allgemeinen Gesetz werden kann, ist diese moralisch gut (Kant: GMS, S. 421).

Im letzten Abschnitt beschäftigt sich Kant mit der Festsetzung des obersten moralischen Prinzips, also des Kategorischen Imperativs und stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage nach der Möglichkeit eines Kategorischen Imperativs.

Kant hält es für notwendig eine reine Moralphilosophie zu schaffen. Dabei bedeutet rein, dass sie komplett von der Empirie getrennt ist, also nicht auf Erfahrungen gegründet ist, sondern „a priori“ (Kant: GMS, S. 389) abgeleitet wird. A priori bedeutet laut Kant: aus der reinen Vernunft heraus (Kant: GMS, S. 389).

Nur so können die abgeleiteten Prinzipien (Kant nennt sie auch Gesetze) allgemein gelten. Als allgemein kann jedoch auch nur gelten, was für alle denkbar möglichen vernünftigen Wesen, neben dem Menschen, gilt. Dabei ist es unerheblich, ob diese Wesen bestimmte Situationen oder Zustände, in unserer wahrnehmbaren Welt bereits existieren oder existieren können. Denn ein allgemein gültiges und somit moralisches Gesetz muss sogar auch in für uns nicht realen Zuständen gelten können (Kant: GMS, S. 389). Sobald wir nur von unserer eigenen Natur und Wahrnehmung ausgehen, also von unseren Erfahrungen, kann ein Gesetz uns zwar nützlich sein, für diese Momente, für die es entstanden ist, jedoch kann es niemals ein allgemeingültiges moralisches Gesetz sein (Kant: GMS, S. 389).

2.1 Der gute Wille

"Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außer derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille" (Kant: GMS, S. 394)

Der erste Satz in Kants Grundlegung scheint eine Antwort auf eine Frage zu sein, die sich höchstwahrscheinlich schon jeder Mensch einmal gestellt hat: Was ist gut? So gut, dass es nichts Besseres gibt?

Auf die Frage was gut sei, antwortet Kant, dass ein guter Wille uneingeschränkt gut sei. Allerdings ist diese Antwort nicht befriedigend, da dadurch die Bedeutung des Begriffes „gut“ nicht klar definiert ist.

Aber was genau ist ein guter Wille? Welche Eigenschaft macht den Willen uneingeschränkt gut?

Man kann hier einwerfen, dass es viele Eigenschaften gibt, die man spontan für gut hält. Bestimmte „Talente“ (Verstand, Witz, Urteilskraft) (Kant: GMS, S. 393), „Eigenschaften des Temperaments“ (Mut, Entschlossenheit, Beharrlichkeit) (Ebd.) können ohne Zweifel manchmal gut, aber sie können mindestens genausooft äußerst schlecht sein. Mit den „Glücksgaben“ (Macht, Reichtum, Ehre, Gesundheit) (Ebd.), sowie der „Glückseligkeit“ (Zufriedenheit mit dem eigenen Zustand) (Ebd.) verhält es sich ähnlich. Sobald ein schlechter Charakter den Willen beeinflusst, bringen alle diese Gaben unmoralische Handlungen hervor (Ebd.). Beispielsweise kann ein außerordentlich mutiger Mensch mit scharfem Verstand und gutem Ansehen, seine Gaben missbrauchen und anstatt anderen Menschen und der Umwelt zu helfen, nur auf seinen Vorteil bedacht sein und anderen in eigennütziger Absicht schaden.

Somit können Eigenschaften, wie zuvor angeführt, gewiss einen positiven Effekt auf die Entstehung des guten Willens haben, mit der Einschränkung, dass sie in Verbindung mit einem guten Beweggrund stehen müssen. Allein für sich betrachtet haben sie keinen eigenen unbedingten Wert. Kant nennt ihn den inneren Wert. Hier muss immer noch ein guter Wille vorherrschen, damit die Handlung gut ist und das schränkt die Hochschätzung dieser Eigenschaften ein (Kant: GMS, S. 394).

Selbst die Attribute, die den inneren Wert einer Person ausmachen, da sie einen hohen Grad an Selbstbeherrschung erfordern, sind nicht uneingeschränkt gut. Denn wird die Fähigkeit zur „Mäßigung der Leidenschaften“ oder „Selbstbeherrschung“ dazu gebraucht um nur seinem eigenen Vorteil nachzugehen, dann kann dies einen Menschen in ein kaltblütiges Wesen verwandeln, welches ohne Rücksicht auf Verluste handelt (Kant: GMS, S. 394).

Somit wird das Wort „gut“ in verschiedener Weise genutzt, um den Wert von Dingen zu unterscheiden. Gut kann bedeuten, dass etwas gut für etwas anderes ist. Es hat also einen bestimmten Wert in Bezug auf das zu erreichende Ziel. Dieser Wert ist relativ. Davon spricht Kant jedoch nicht, wenn von „uneingeschränkt gut“ die Rede ist. Uneingeschränkt gut ist nur das höchste Gut und dies darf keinesfalls von dem Wert eines anderen Gutes abhängen, sondern muss an sich gut sein. Es muss also einen absoluten Wert haben (vgl. Köhl 1990, S. 27f). Gut ist hier als moralisch gut zu verstehen (vgl. Köhl 1990, S. 28f).

Bis hierhin weiß man nun, was alles nicht als uneingeschränkt gut gelten kann. Aber was der uneingeschränkt gute Wille ist, ist weiterhin unklar.

"Der gute Wille ist nicht durch das, was er bewirkt oder ausrichtet, nicht durch

seine Tauglichkeit zur Erreichung irgendeines vorgesetzten Zweckes,

sondern allein durch das Wollen, d.i. an sich gut[...]" (Kant: GMS, S. 394).

Hier zeigt sich das Prinzip der Gesinnungsethik. Es ist vollkommen egal, was bei einer Handlung für ein Endergebnis erreicht wird. Ob eine Handlung moralisch gut oder schlecht ist, lässt sich allein durch den Grund für diese Handlung erkennen.

Hierbei ist zu beachten, dass man alle verfügbaren Mittel aufbringen muss, um die „Absicht des Willens durchzusetzen“ (Kant: GMS, S. 394), damit man es als Wollen und nicht bloß als Wunsch bezeichnen kann. Man kann sich viele Dinge wünschen, tatsächlich relevant für die moralische Bewertung werden die Wünsche einer Person erst, wenn diese alles daran setzt, den Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen. Zu beachten ist dabei, dass ein aktives Handeln, aber auch das Unterlassen einer Aktion, den bloßen Wunsch in ein Wollen verwandelt. Von nun an ist die Handlung moralisch bewertbar und kann gut oder schlecht sein.

Ist das Wollen ein gutes, dann ist es bereits wertvoll, ohne auf die Folgen zu achten. Die Folgen einer Handlung liegen nicht mehr in der Macht des Handelnden, allein das Wollen ist es, wofür er verantwortlich gemacht werden kann. War es ein guter Wille, der zur Handlung geführt hat, haften wir nicht für die Folgen. Der Wille steht allein für sich. Kant drückt den Sachverhalt folgendermaßen aus:

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Pflicht und Neigung bei Kant. Was bestimmt den moralischen Wert einer Handlung?
Untertitel
Immanuel Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Philosophie)
Veranstaltung
Imannuel Kant Metaphysik der Sitten
Note
1,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
20
Katalognummer
V267839
ISBN (eBook)
9783656593508
ISBN (Buch)
9783656593478
Dateigröße
466 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kant, Immanuel Kant, Pflicht, Neigung, Moral, Handlung, moralische Handlung, Schiller, Anmut und Würde, Friedrich Schiller
Arbeit zitieren
Agnes Bledowski (Autor:in), 2013, Pflicht und Neigung bei Kant. Was bestimmt den moralischen Wert einer Handlung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/267839

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