Einfachheit als notwendiges Bewertungskriterium


Seminararbeit, 2012

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

I. Grundlagen
A. Besteuerungsgrundsätze
B. Bedeutung der Einfachheit

II. Notwendigkeit der Einfachheit im Steuerrecht
A. Notwendigkeit aus juristischer Sicht
1. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
2. Rechtsprechung
B. Notwendigkeit aus ökonomischer Sicht
1. Senkung der Steuererhebungskosten
2. Wachstumspotential durch Steuervereinfachungen
C. Notwendigkeit aus Sicht der Betroffenen
1. Steuerpflichtige
2. Steuerberater
3. Finanzverwaltung
D. Konfliktpotentiale und Grenzen der Einfachheit
1. Einfachheit versus Gerechtigkeit
2. Wahrung bestimmter Grundanforderungen an ein Steuersystem

III. Lösungsansätze zur Vereinfachung des Steuerrechts
A. Allgemeine Ansätze
1. Einführung einer Kopfsteuer.
2. Abschaffung zahlreicher Ausnahmeregelungen
B. Konkrete Reformvorschläge
1. „Der Karlsruher Entwurf“ von Paul Kirchhof
2. „Der Heidelberger Entwurf“ von Manfred Rose

Schluss.

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Besteuerungsgrundsätze nach Smith

Abbildung 2: Besteuerungsgrundsätze nach Lang

Abbildung 3: Übersicht Steuererhebungskosten

Einleitung

Das deutsche Steuerrecht sorgt nicht nur auf nationaler Ebene immer wieder für Aufmerksamkeit oder sogar Kritik. Kein anderes nationales Steuerrecht wird so häufig zum Gegenstand der Literatur, wie das Deutsche. Unter insgesamt 200 Ländern ist Deutschland das Land mit der umfangreichsten Steuerliteratur. Insgesamt sind sogar fast 70 Prozent der erschienenen Literatur zum Thema Steuern in Deutsch verfasst.1 Dabei wird von einem Steuersystem nach allgemeinen Grundsätzen doch Gerechtigkeit, Neutralität und Einfachheit gefordert. Aber kann vor allem die Forderung nach Einfachheit in Deutschland durch immer wieder neue Teil- und Ausnahmeregelungen, zusätzliche BMF-Schreiben und Verwaltungsanweisungen überhaupt noch gewahrt werden? Das deutsche Steuersystem wird vielfach als Paragraphen-Dschungel bezeichnet, der dringendst einer grundlegenden Reform unterzogen werden sollte, um so die allgemeinen Anforderungen an ein Steuersystem wieder erfüllen zu können.

Im Rahmen dieser Arbeit werden zunächst die Grundsätze der Besteuerung vorgestellt. Es wird dann vor allem auf den Aspekt der Einfachheit als eine notwendige Anforderung eingegangen. Hierzu wird zunächst erklärt, was unter Einfachheit zu verstehen ist und ob diese überhaupt notwendigerweise im Steuerrecht erfüllt werden muss. Diese Notwendigkeit wird zum einen aus juristischer und zum anderen aus ökonomischer Sichtweise betrachtet. Schließlich soll die Notwendigkeit der Einfachheit auch aus dem Blickwinkel der Betroffenen des Steuersystems erfolgen. Zum Schluss werden allgemeine und konkrete Lösungsvorschläge zur Umsetzung von Einfachheit in einem Steuersystem vorgestellt. Bei den konkreten Reformvorschlägen werden der Karlsruher Entwurf von Paul Kirchhof und die Einfachsteuer nach Manfred Rose anhand ihrer wichtigsten Punkte kurz vorgestellt.

I. Grundlagen

A. Besteuerungsgrundsätze

Einem Steuersystem liegen ganz allgemein bestimmte Besteuerungsprinzipien zu Grunde. Diese können - je nach Betrachtungsweise - sehr verschieden eingeteilt werden, doch beziehen sie sich im Großen und Ganzen alle auf dieselben Grundanforderungen, die ein Steuersystem erfüllen sollte.

Eine der ältesten Einteilungen der Besteuerungsgrundsätze stammt wohl von Adam Smith aus seinem Werk „Wealth of Nations“. Hierin führt er folgende Besteuerungsgrundsätze auf:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Besteuerungsgrundsätze nach Smith2

Der Grundsatz der Gleichheit wird im deutschen Steuerrecht durch das Leistungsfähigkeitsprinzip erfüllt. Jeder Steuerpflichtige soll nur so viel Steuern zahlen, wie es ihm nach seiner persönlichen Leistung auch möglich ist. Außerdem soll jeder Steuerpflichtige mit dem gleichen Einkommen auch dieselbe Steuerlast tragen müssen. Im Sinne der Bestimmtheit muss es jedem Steuerpflichtigen klar sein, wann er welche Steuer in welcher Höhe zu zahlen hat. Die Bequemlichkeit meint, dass eine Steuer zu der Zeit in der Weise erhoben werden soll, die dem Bürger am angenehmsten ist. Unter Wohlfeilheit ist schließlich zu verstehen, dass die Steuererhebungskosten möglichst gering ausfallen sollten, beziehungsweise in angemessenem Verhältnis zu den dadurch erzielten Steuereinnahmen stehen sollten.3 Diese „klassischen Steuermaximen“, wie sie John Stuart Mill bezeichnet4, umfassen die absoluten Grundanforderungen an ein Steuersystem. Im Laufe der Zeit wurden diese Grundanforderungen durch die verschiedensten Autoren je nach persönlichem Blickwinkel immer wieder neu unterteilt und genauer präzisiert. Ein Beispiel hierfür ist die Einteilung der Besteuerungsgrundsätze nach Lang:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Besteuerungsgrundsätze nach Lang5

Die vier Grundmaximen nach Lang werden zwar anders bezeichnet als bei Smith, sie meinen aber dennoch inhaltlich dieselben Punkte. So ordnet Lang beispielsweise dem Grundsatz der Gleichheit nach Smith noch den der Gerechtigkeit über. Für Lang ist unter dem Postulat der Gerechtigkeit einerseits, wie auch bei Smith, die Verankerung des Leistungsfähigkeitsprinzips zu verstehen. Andererseits aber auch die ökonomische Effizienz der Besteuerung, da nur bei deren Verwirklichung neutrale Entscheidungen und somit Gerechtigkeit sicher gestellt werden können.6 Stärker unterscheidet sich die Darstellung nach Lang im Vergleich zu der nach Smith nur im Grundsatz der Praktikabilität. Dieser ist bei Smith nicht ausdrücklich einzeln erwähnt, sondern eher im Grundsatz der Wohlfeilheit mit inbegriffen. Lang hingegen weist die Praktikabilität als Besteuerungsgrundsatz mit auf, der die Aspekte Bestimmtheit, Transparenz, Wohlfeilheit und schließlich die Einfachheit beinhalten muss.

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird vor allem die Forderung nach Einfachheit genauer betrachtet. Es wird gezeigt, was mit dieser Forderung eigentlich gemeint ist und ob es überhaupt nötig und möglich ist, diese Forderung zu erfüllen.

B. Bedeutung der Einfachheit

Um überhaupt feststellen zu können, ob Einfachheit als Bewertungskriterium eines Steuerrechts notwendig ist, ist zunächst die Frage zu klären, was unter der Forderung nach Einfachheit verstanden wird.

Zum einen meint Einfachheit, dass ein Steuerrecht nicht durch eine hohe Anzahl an Einzelfällen und Ausnahmeregelungen unnötig aufgebläht und verkompliziert werden sollte. So könnte eine Steuervereinfachung ganz simpel als eine Streichung von zahlreichen Ausnahmeregelungen und Steuerbegünstigungen für bestimmte Personenkreise verstanden werden.7 Des Weiteren wird unter Einfachheit auch die Formulierung des Gesetzestextes in einer „klaren Sprache“ verstanden.8 Eine verständliche Formulierung führt dazu, dass die Gesetze folgerichtig angewandt werden und es zu keinen Auslegungs- oder Anwendungsschwierigkeiten kommt.9 Diese leichte Anwendbarkeit ist sowohl für den Steuerpflichtigen, als auch für Finanz- und Kontrollbehörden von Vorteil. Durch eine erhöhte Verständlichkeit und leichte Anwendbarkeit kann zudem beim Steuerzahler eine bessere Akzeptanz der Steuergesetze erzielt und somit beispielsweise Steuerhinterziehung vermieden werden.10 Mit der leichten Anwendbarkeit ist ebenso gemeint, dass beispielsweise die „Art der Ermittlung des Einkommens“ einfach sein sollte.11

Ökonomisch wird unter der Forderung nach Einfachheit vor allem die Minimierung von Kosten verstanden. Damit gemeint sind sowohl die Kosten, die der Finanzverwaltung anfallen, als auch die, die beim Steuerpflichtigen mit der Steuererhebung verbunden sind.12

Somit meint die Forderung nach Einfachheit im Steuerrecht sowohl die einfache Ausgestaltung und Formulierung des Rechts an sich, wodurch eine erhöhte Verständlichkeit und leichte Administrierbarkeit erzielt werden kann, als auch die Minimierung von Erhebungskosten, die durch ein einfaches Recht erreicht werden kann.

Inwiefern die Forderung nach Einfachheit vor allem aus juristischer und ökonomischer Perspektive überhaupt gerechtfertigt ist und was durch die Erfüllung dieser Forderung erreicht werden könnte, wird in den folgenden Abschnitten erläutert.

II. Notwendigkeit der Einfachheit im Steuerrecht

A. Notwendigkeit aus juristischer Sicht

1. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

Das Grundgesetz soll alle unsere grundlegenden Werte- und Gerechtigkeitsvorstellungen nicht nur verankern, sondern auch dafür Sorge tragen, dass diese in anderen Gesetzen umgesetzt werden. So wird vom Grundgesetz „Lastengerechtigkeit, Einfachheit, Prinzipienhaftigkeit und Folgerichtigkeit“ in Bezug auf das Steuerrecht gefordert.13 Die Forderung nach Einfachheit ist somit allein schon verfassungsrechtlich festgelegt. Konkret kommt diese Forderung nach Einfachheit vor allem im Artikel 20 des Grundgesetzes zum Ausdruck. Dieser beinhaltet das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot, welches so ausgelegt wird, dass „der Betroffene [] die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung [] erkennen können [muss], dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag“14 Damit der „Betroffene“, in diesem Fall also der Steuerpflichtige, die Rechtslage genau erkennen kann, muss das Gesetz zwingend einfach sein, um so jedem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu geben, den Sachverhalt auch verstehen zu können. Kirchhof begründet die Forderung nach Einfachheit außerdem damit, dass ein Rechtsstaat zu scheitern droht, wenn der Bürger das Recht, dem er sich unterwerfen soll, nicht verstehen kann.15 Sind Gesetze so komplex, dass sie der Staatsbürger nicht mehr versteht, verstößt dies zudem gegen das Demokratieprinzip nach Artikel 20 Grundgesetz, da dann die staatliche Gewalt mit dem Erlass dieses komplexen Gesetzes nicht mehr den Staatsbürger repräsentiert.16 Des Weiteren ergibt sich aus Artikel 2 Absatz 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 1 GG, dass Gesetze für den Bürger nicht nur verständlich sein müssen, sondern dass es ihm in Bezug auf das Steuerrecht auch möglich sein muss, „seine Steuerbelastung ohne fremde Hilfe zu berechnen“.17 Schließlich verstoßen zu komplexe und somit nicht einfache Gesetze gegen die in Artikel 19 Absatz 4 GG verankerte Garantie des Rechtsschutzes.18

2. Rechtsprechung

Immer wieder werden beim Bundesfinanzhof oder dem Bundesverfassungsgericht Klagen bezüglich der Verfassungswidrigkeit bestimmter Steuerrechtsnormen eingereicht. So wurde beispielsweise die Verfassungsmäßigkeit der beschränkten Absetzbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bezweifelt.19 Auch wurden ganz konkret ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 2b EStG laut. Auf Grund des Verstoßes gegen den Grundsatz der Normenklarheit wurde der Paragraph dann im Urteil des BFH auch als verfassungswidrig eingestuft.20 Die Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz wurde außerdem auch bei § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2b EStG durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt.21

Die Einreichung solcher oder ähnlicher Klagen ist in der Rechtsprechung ein alltäglicher Vorgang. So ist es auch nicht verwunderlich, dass in den Einkommensteuerbescheiden, die i.d.R. jeder Steuerpflichtige erhält, zu lesen ist: „Der Bescheid ist nach § 165 Abs. 1 S. 2 AO teilweise vorläufig“.22 Sofern über eine mögliche Verfassungswidrigkeit einer Steuerrechtsnorm noch kein Urteil gesprochen wurde, bzw. eine bestimmte Rechtsfrage noch nicht in der Liste der Vorläufigkeitsvermerke im Anhang des Steuerbescheides aufgeführt wurde, sollte der Steuerpflichtige Einspruch unter Verweis auf ein etwa anhängiges Verfahren gegen seinen Steuerbescheid einlegen.23 Ein System, in dem der Steuerpflichtige nicht sicher davon ausgehen kann, dass die gültigen Steuerrechtsnormen, die er zur Ermittlung seiner Steuerschuld anzuwenden hat, auch wirklich verfassungskonform und somit anwendbar sind, kann keineswegs als ein einfaches System bezeichnet werden.

[...]


1 Vgl.: Focus Money - Steuern vereinfachen: Interview mit P. Kirchhof (2004), S. 4.

2 Quelle: Eigene Abbildung in Anlehnung an Tipke K./Lang J., Steuerrecht (2010), S. 198.

3 Vgl. Tipke, K./Lang, J., Steuerrecht (2010), S. 197.

4 Vgl. Tipke, K./Lang, J., Steuerrecht (2010), S. 197.

5 Quelle: Eigene Abbildung in Anlehnung an Tipke, K/ Lang, J., Steuerrecht (2010), S. 198ff.

6 Vgl. Tipke, K./Lang, J., Steuerrecht (2010), S. 198.

7 Vgl. Fuest, C./Peichl, A./Schaefer, T., Führt Steuervereinfachung zu einer „gerechteren“ Einkommensverteilung? (2006), S. 4.

8 Schreiber, U., Besteuerung der Unternehmen (2008), S. 7.

9 Vgl. Schreiber, U., Besteuerung der Unternehmen (2008), S. 8.

10 Vgl. Bizer, K., Steuervereinfachung und Steuerhinterziehung (2008),S. 16.

11 Schreiber, U., Besteuerung der Unternehmen (2008), S. 7.

12 Vgl. Rose, M./Rimmler, M.R./Scholz, M.T./Zöller, D., Kosten der Erhebung von Unternehmenssteuern in Deutschland (2007), S. 5.

13 Birk, D., Verfassungsfragen im Steuerrecht - Eine Zwischenbilanz nach den jüngsten Entscheidungen des BFH und des BVerfG (DStR 2009 Heft 18).

14 BFH-Beschluss vom 6.September 2006 (XI R 26/04), BStBl. II 2007, S.167.

15 Vgl. Kirchhof, P., Bundessteuergesetzbuch - Ein Reformentwurf zur Erneuerung des Steuerrechts (2011), S. 6.

16 Vgl. Towfigh, E. V., Komplexität und Normenklarheit - oder: Gesetze sind für Juristen gemacht (2008), S. 34.

17 Weber-Grellet, H., Steuern im modernen Verfassungsstaat (2001), S. 122.

18 Vgl. Towfigh, E. V., Komplexität und Normenklarheit - oder: Gesetze sind für Juristen gemacht (2008), S. 33.

19 Vgl. Leitsätze zum Urteil des BVerfG 2BvR 301/98 vom 7.Dezember 1999.

20 Vgl. BFH-Beschluss vom 6.September 2006 (XI R 26/04), BStBl. II 2007, S.167.

21 Vgl. Urteil des BVerfG vom 27.Juni 1991, BStBl. II 1991, S.654.

22 Renz, A., Verfassungswidrigkeit von Steuergesetzen und kein Ende (2005).

23 Vgl. Renz, A., Verfassungswidrigkeit von Steuergesetzen und kein Ende (2005).

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Einfachheit als notwendiges Bewertungskriterium
Hochschule
Universität Bayreuth
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
26
Katalognummer
V267792
ISBN (eBook)
9783656582724
Dateigröße
925 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einfachheit, bewertungskriterium
Arbeit zitieren
Sabrina Rosnitschek (Autor:in), 2012, Einfachheit als notwendiges Bewertungskriterium, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/267792

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