Methoden zur Bilanzierung von Unternehmenserwerben - Darstellung und ökonomische Analyse


Diplomarbeit, 1999

89 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlagen des Konzernabschlusses
2.1. Der Konzernbegriff
2.2. Konzernformen
2.2.1. Der Unterordnungskonzern
2.2.1.1. Der Vertragskonzern
2.2.1.2. Der faktische Konzern
2.2.2. Der Gleichordnungskonzern
2.3. Konzerndarstellungskonzepte
2.3.1. Die Einheitstheorie
2.3.2. Die Interessentheorie
2.4. Adressaten, Interessenten und Zwecke des Konzernabschlusses
2.5. Aufstellungsregelungen
2.5.1. Das Konzept der „einheitlichen Leitung“
2.5.2. Das „Control“-Konzept

3. Der Konsolidierungskreis
3.1. Der Grundsatz der Einbeziehungspflicht
3.2. Einbeziehungsverbote
3.3. Einbeziehungswahlrechte
3.4. Die Gestaltung des Konsolidierungskreises als Mittel der Konzernbilanzpolitik

4. Die Kapitalkonsolidierung
4.1. Aufgabe und Umfang der Kapitalkonsolidierung
4.2. Begriff und Umfang der zu konsolidierenden Anteile
4.3. Begriff und Umfang des konsolidierungspflichtigen Kapitals der einbezogenen Unternehmen
4.4. Kapitalkonsolidierungssystematik in den US-GAAP
4.5. Erwerbsmethode
4.5.1. Konzeption der Erwerbsmethode
4.5.2. Ursachen für die Entstehung eines Unterschiedsbetrages
4.5.3. Varianten der Erwerbsmethode
4.5.3.1. Die Buchwertmethode
4.5.3.2. Neubewertungsmethode
4.5.4. Problematik der Aufdeckung und Zuordnung stiller Reserven und Lasten
4.5.5. Behandlung der Unterschiedsbeträge aus der Kapitalkonsolidierung
4.5.6. Der Ausweis der Anteile außenstehender Gesellschafter
4.6. Die Interessenzusammenführungsmethode
4.6.1. Konzeption der Interessenzusammenführungsmethode
4.6.2. Konsolidierungstechnik
4.7. Die Wahl der Kapitalkonsolidierungsmethode als Mittel der Konzernbilanzpolitik
4.7.1. Die Anwendung der Erwerbsmethode vor dem Hintergrund des Kapitalgeberschutzes
4.7.2. Die Anwendung der Interessenzusammenführungsmethode vor dem Hintergrund des Kapitalgeberschutzes

5. Aktuelle Tendenzen im Bereich der Kapitalkonsolidierung...
5.1. Die Fresh-Start-Methode
5.1.1. Darstellung und Konzeption
5.1.2. Vergleich mit den bisher diskutierten Methoden
5.2. Stand der aktuellen Diskussion

6. Kritische Würdigung

7. Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Konzernformen

Abbildung 2: Kapitalgeber im Konzern

Abbildung 3: Aufstellungspflicht nach HGB

Abbildung 4: Kreis der in den Konzernabschluss und Konzernlage- bericht einzubeziehenden Unternehmen

Abbildung 5: Konsolidierungswahlrechte gemäß § 296 HGB

Abbildung 6: Methoden zur Behandlung der Beteiligungen an zu konsolidierenden Unternehmen

Abbildung 7: Methoden der Kapitalkonsolidierung (Vollkonsolidierungs- methoden)

Abbildung 8: Unternehmensverbindungen und Kapitalkonsolidierung

Abbildung 9: Behandlung ausstehender Einlagen bei Tochterunter- nehmen

Abbildung 10: Systematik der Unternehmenserwerbe in den US-GAAP und die daraus resultierende Wahl der Konsolidierungsmethoden. .

Abbildung 11: Aufteilung des Unterschiedsbetrages bei der Buchwert- methode

Abbildung 12: Konzernbilanzpolitik im Rahmen der Kapital- konsolidierung gemäß § 301 HGB

Abbildung 13: Zusammenfassender Vergleich der betrachteten Konsolidierungsmethoden

Methoden zur Bilanzierung von Unternehmenserwerben - Darstellung und ökonomische Analyse

1. Einleitung

Angesichts der ständig zunehmenden Zahl von Unternehmens- übernahmen und Zusammenschlüssen wird der Komplex der Bilanzierung sogenannter „Business Combinations“ immer wichtiger, sodass die in diesem Zusammenhang angewandten Methoden und Theorien einer kritischen Analyse unterzogen werden sollen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Methoden zur Bilanzierung von Unter- nehmenserwerben darzustellen, und diese vor dem Hintergrund des Kapitalgeberschutzes näher zu beleuchten. Bei der Bilanzierung von Unternehmenserwerben sind mehrere Bereiche der Konzernrechnungs- legung betroffen. Dem soll im Aufbau der Arbeit Rechnung getragen werden.

In einem ersten Schritt werden die wichtigsten, die Konzern- rechnungslegung betreffenden, Begriffe und Theorien kurz aufgezeigt, und in den Kontext des Kapitalgeberschutzes gestellt. Die Gestaltung des Konsolidierungskreises und die damit verbundenen Probleme werden im dritten Kapitel der Arbeit erläutert. Im Anschluss daran werden die Methoden zur Kapitalkonsolidierung, die im Mittelpunkt des Interesses bei der Bilanzierung von Unternehmenserwerben stehen, sowie ihre möglichen Auswirkungen auf den Konzernabschluss näher betrachtet. Der aktuellen Entwicklung im Bereich der Bilanzierung von Unternehmenserwerben soll mit einer kurzen Erläuterung der sog. „Fresh Start“-Methode Rechnung getragen werden, die als Ersatzlösung für die Interessenzusammenführungsmethode diskutiert wird.1

2. Grundlagen des Konzernabschlusses

Zu Beginn sollen die wichtigsten Begriffe und Theorien, die für das Verständnis der vorliegenden Arbeit unabdingbar sind, dargestellt und erläutert werden. Das kodifizierte Konzernrecht in Deutschland bezieht sich bisher nur auf Aktiengesellschaften. Das nicht kodifizierte Konzern- recht leitet sich aus allgemeinen Grundsätzen des Gesellschaftsrechtes ab, die meist auf dem Wege der Rechtsprechung auf Konzerne übertragen wurden.2

Dient der nach den Regeln des HGB aufgestellte Einzelabschluss einer Kapitalgesellschaft noch als Grundlage der Ausschüttungsbemessung und Ermittlung der relevanten Steuerlast (Zahlungsbemessungs- funktion)3, lässt sich dies jedoch nicht auf den Konzernabschluss übertragen. Er dient zwar den Aktionären der Muttergesellschaft u.U. als Benchmark für evt. Didvidendenforderungen, wird jedoch keinesfalls in Fragen der Steuerbemessung herangezogen.

Der Konzernabschluss (im Folgenden mit KA abgekürzt) kann als eigen- ständiges, die Einzelabschlüsse der Konzerngesellschaften ergänzen- des Instrument4 völlig auf die sog. Informationsfunktion ausgerichtet werden.5 Begründet wird die Notwendigkeit der Aufstellung eines KA mit der mangelnden Aussagekraft von Einzelabschlüssen (im Folgenden EA genannt) wirtschaftlich abhängiger Unternehmen. Gemäß § 297 II S. 2 HGB soll der Konzernabschluss „unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ des Konzerns vermitteln. Die EA der Tochtergesellschaften sind für eine solche Darstellung ungeeignet, da in ihnen noch die vielfältigen konzerninternen Verflechtungen, wie beispielsweise Lieferbeziehungen oder Kapitalverflechtungen, enthalten sind. Für einen externen Bilanzleser ist es jedoch nicht möglich, diese zu erkennen und bei der Bilanzanalyse zu berücksichtigen.

Das KapAEG hat mit der Einführung des § 292a HGB erneut für einen großen Einschnitt in der deutschen Konzernrechnungslegung gesorgt. Es ermöglicht börsennotierten Kapitalgesellschaften, ihre Abschlüsse nun auch „nach international anerkannten Rechnungslegungs- grundsätzen“6 wie z.B. den IAS oder den US-GAAP aufzustellen. Konzernabschlüsse bilden ein wichtiges Instrument für Gesellschafter, Finanzanalysten und u.U. auch für die Mitarbeiter im Rahmen ihrer Kontroll- und Analyseinteressen. Oftmals werden nur noch die Konzern- abschlüsse veröffentlicht, sodass sie die einzige zur Verfügung stehende Informationsquelle für die o.g. Interessenten sind.7

Durch die Bildung neuer Börsensegmente wie dem „Neuen Markt“ hat die Analyse von Konzernabschlüssen erneut an Bedeutung gewonnen. Gerade in stark wachsenden Branchen mit hohem unternehmerischen Risiko wie z.B. Telekommunikation und Informationstechnologie ist ein starker Trend zur Konzentration und somit zur Bildung neuer Konzerne erkennbar. Daher sollte ein Konzernabschluss alle relevanten Informationen für eine gehaltvolle und korrekte Analyse bereitstellen.8

Im Folgenden sollen die mit der Kapitalkonsolidierung zusammen- hängenden Risiken für die unterschiedlichen Kapitalgeber eines Konzerns und eventuelle Kritikpunkte aufgezeigt werden, wobei auf eine Erläuterung der unterschiedlichen Konzerndarstellungskonzepte und (Voll-)Konsolidierungsmöglichkeiten nicht verzichtet werden kann.

2.1. Der Konzernbegriff

Der Konzernbegriff taucht auf Grund der aktuellen Entwicklung immer häufiger in den Medien auf und bedarf einer genauen Abgrenzung und Erklärung. Hergeleitet wird der Begriff aus dem lateinischen Wort „concernere“, was soviel wie zusammenfügen bzw. vermischen heißt.9

Ein Konzern besteht aus rechtlich selbstständigen, jedoch wirtschaftlich voneinander abhängigen Unternehmen. Die rechtliche Konzerndefinition ist in § 18 AktG kodifiziert. Danach liegt ein Konzern immer dann vor, wenn ein oder mehrere Unternehmen unter der einheitlichen Leitung eines anderen Unternehmens stehen. Die Konzerndefinition des Aktienrechts ist rechtsformneutral formuliert, lässt sich also auch auf andere Gesellschaftsformen übertragen.10

Innerhalb eines Konzernverbundes wird mittels des Tatbestands der einheitlichen Leitung dessen rechtliche Einheit fingiert. Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist nicht auszuschließen, dass er zukünftig auch eine eigene Rechtspersönlichkeit erhält.11 Die speziellen, den Konzern betreffenden Rechtsvorschriften lassen sich mit den Auswirkungen auf das Umfeld des Konzerns erklären. Eine Konzernbildung hat vielfältige Auswirkungen auf Gesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmer sowohl der herrschenden Mutterunternehmung, wie auch der abhängigen Konzerngesellschaften. Ihre Interessen gilt es zu wahren. Besonders betroffen sind die Gläubiger bzw. Minderheitsgesellschafter der abhängigen Konzernunternehmen, da die Entscheidungen der Konzernleitung nicht zwangsläufig ihren eigenen Interessen ent- sprechen.

Der Begriff der einheitlichen Leitung ist im Gesetz nicht näher konkretisiert. Im Sinne der Schutzbedürfnisse der o.g. Gruppen, ist es angebracht, „den Begriff der einheitlichen Leitung weit auszulegen“12. Nach der h.M. wird davon ausgegangen, dass für die Erfüllung des Tatbestands der einheitlichen Leitung wichtige Aufgabenbereiche wie z.B. „Finanzierung, die langfristige Geschäftspolitik und die grundsätzlichen Fragen der Geschäftsführung zentral geplant und hierarchisch koordiniert“13 werden.

2.2. Konzernformen

Ein Konzern, der sich in der Regel aus einer Vielzahl der unterschiedlichsten Gesellschaften zusammensetzt kann in vielerlei Gestalt auftreten. Eine erste Unterscheidung lässt sich an der Art der hierarchischen Struktur eines solchen Verbundes festmachen. Liegt im Konzern ein Über-/Unterordnungsverhältnis vor, spricht man von einem Unterordnungskonzern. Stehen die Unternehmungen jedoch gleichbe- rechtigt auf einer Stufe, handelt es sich um einen sog. Gleichordnungs- konzern.14 Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die wichtigsten vorherrschenden Konzernformen, die im Anschluss daran kurz erläutert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Konzernformen.15

Zusätzlich zu den innerhalb des Unterordnungskonzerns abgebildeten Konzernformen ist noch eine weitere mögliche Ausprägung zu nennen, der qualifiziert faktische Konzern. Diese Konzernform wird jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht behandelt.

2.2.1. Der Unterordnungskonzern

Innerhalb eines Unterordnungskonzerns steht ein herrschendes Unternehmen an der Spitze eines oder mehrerer abhängiger Unternehmen und leitet diese einheitlich.

Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Unternehmen ist in § 17 I AktG definiert. Demnach muss es dem herrschenden Unternehmen möglich sein, die Geschäftspolitik des abhängigen Unternehmens zu bestimmen.

Da die Beurteilung, ob ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Unternehmen existiert, von außen nur schwer durchführbar ist, hat der Gesetzgeber für die in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen in § 17 II AktG die Beweislast umgekehrt. Es gilt somit für in Mehrheits- besitz stehende Unternehmen die Vermutung, dass sie abhängig sind. Diese kann jedoch vom Unternehmen widerlegt und muss vom Abschlussprüfer bestätigt werden.16 Zur Begründung eines Konzerns, muss zusätzlich zu dem bestehenden Abhängigkeitsverhältnis auch noch der Tatbestand der einheitlichen Leitung erfüllt sein. Dieser wird im Laufe der weiteren Ausführungen näher erläutert.

Wie in bereits in Abbildung 1 gezeigt, lassen sich innerhalb des Unterordnungskonzerns die Formen Vertrags-, Eingliederungs- und faktischer Konzern unterscheiden.

2.2.1.1.Der Vertragskonzern

Im Vertragskonzern beruht das Abhängigkeitsverhältnis der beteiligten Unternehmen auf einer vertraglichen Grundlage. Der Konzern wird letztlich die neue Anspruchseinheit für alle Eigner und Gläubiger.17

Diese vertragliche Grundlage bildet ein Beherrschungsvertrag zwischen herrschendem und abhängigem Unternehmen. Durch einen solchen Beherrschungsvertrag erhält das herrschende Unternehmen eine weitgehende Weisungsbefugnis gegenüber der abhängigen Gesell- schaft. „Zulässig sind alle Weisungen, soweit sie nicht den geltenden Gesetzen ... , dem Konzerninteresse oder der Satzung der abhängigen Gesellschaft widersprechen, und soweit sie nicht auf die Gewinn- abführung hinauslaufen ..."18. Der Vorstand der abhängigen Gesellschaft hat den Weisungen auch dann zu folgen, wenn diese nachteilig für das Unternehmen sind oder zu einer verdeckten Gewinnabführung führen.19 Die Vorschriften zum Schutz des Vermögens der abhängigen Gesellschaft20 sind durch den § 291 III AktG aufgehoben.

Ein Beherrschungsvertrag kann auf Grund der starken Schutzbedürf- nisse der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter nur unter strengen Auflagen wirksam geschlossen werden. So müssen beispielsweise die Hauptversammlungen beider Gesellschaften mit ¾-Mehrheit dem Vertrag zustimmen.21 Außerdem haben die betroffenen Gesellschafter Anspruch auf umfangreiche Informationen. Auf die Besonderheiten im Falle einer Kündigung des Beherrschungsvertrages wird hier nicht näher eingegangen.

Die Gläubiger werden durch verschiedene Vorschriften geschützt. In den fünf auf den Abschluss des Beherrschungsvertrages folgenden Jahren, muss die gesetzliche Rücklage so dotiert werden, dass sie zusammen mit der Kapitalrücklage 10 % des Grundkapitals beträgt. „Aus- schüttungen sind erst möglich, nachdem zusätzlich zur Dotierung der gesetzlichen Rücklage auch ein Verlustvortrag abgedeckt wurde.“22 Außerdem ist die herrschende Gesellschaft verpflichtet, entstehende Jahresfehlbeträge, soweit sie nicht durch eine Auflösung von Gewinnrücklagen, die während der Vetragslaufzeit gebildet wurden, glattgestellt werden konnten, auszugleichen. Kritisch ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass das Vermögen der abhängigen Gesellschaft lediglich auf einer vergangenheitsorientierten Basis erhalten wird. Bei Beendigung des Beherrschungsvertrages gehen die Haftungsansprüche, die die Gläubiger der abhängigen Gesellschaft gegenüber hatten, auf das herrschende Unternehmen über. Ist die Haftungsmasse aufgebraucht, können sie sich mit ihren Forderungen an das herrschende Unternehmen wenden.23

Da auch die Minderheitsgesellschafter durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrages erheblich in ihren Rechten und Einfluss- möglichkeiten eingeschränkt werden, muss ihnen eine angemessene Ausgleichszahlung (an Stelle der Dividende24 ) oder Abfindung (Kauf der Anteile) gewährt werden.25 Es liegt bei den Minderheitsgesellschaftern, für welche Art des Nachteilsausgleichs sie sich entscheiden.26

Entscheidet sich der Minderheitsgesellschafter für die Ausgleichs- zahlung, ist er weiterhin an der Gesellschaft beteiligt. Wählt er dagegen die Abfindung als Form des Nachteilsausgleichs, scheidet er aus dem Gesellschafterkreis aus. In diesem Fall sind ihm als Abfindung gemäß § 305 AktG Bargeld oder Aktien der herrschenden Gesellschaft anzubieten. Steht jedoch die herrschende Gesellschaft ihrerseits in einem Abhängigkeitsverhältnis, sind dem ausscheidenden Gesell- schafter Aktien dieser Gesellschaft oder wiederum eine Barzahlung als Abfindung anzubieten. Die Entscheidung darüber, ob eine Abfindung in Aktien oder als Barzahlung angeboten wird, liegt bei der herrschenden Gesellschaft bzw. deren Konzernmutter.27

Im Zusammenhang mit der Ausgleichszahlung lassen sich zwei, von der Art des zu Grunde liegenden Vertrages abhängige Varianten unter- scheiden. Liegt ein Beherrschungsvertrag in Kombination mit einem Gewinnabführungsvertrag oder nur letzterer alleine vor, handelt es sich bei der Ausgleichszahlung um eine sog. Rentengarantie. Wurde da- gegen nur ein Beherrschungsvertrag abgeschlossen, spricht man von einer sog. Rentabilitätsgarantie. In sachlicher Hinsicht besteht zwischen beiden Ansprüchen jedoch kein Unterschied.28 Innerhalb dieser Ausgleichszahlungsformen lassen sich fixe, variable oder kombinierte Varianten unterscheiden. Die Bemessungsgrundlage für diese Zahlungen bildet meist, im Fall eines Gewinnabführungsvertrags mangels Gewinn bei der abhängigen Gesellschaft zwangsläufig, der Gewinn der herrschenden Gesellschaft.29 Wird der Beherrschungs- vertrag beendet, richten sich die Ansprüche der Minderheitsgesell- schafter wieder ausschließlich gegen die zuvor abhängige Gesellschaft.

Problematisch ist die Ermittlung der Höhe der jeweiligen Ausgleichs- bzw. Abfindungszahlungen. Der Begriff der „Angemessenheit“ wird im Gesetz nicht näher konkretisiert. In der Literatur herrscht Einigkeit darüber, dass der Umfang der Ansprüche auf Basis einer Unter- nehmensbewertung zu bestimmen ist. Die Ermittlung eines solchen, auf Prognosen der zukünftigen Erfolgsaussichten der abhängigen Gesellschaft beruhenden Unternehmenswertes, ist jedoch äußerst vage und unsicher. Gesucht werden muss eine Abfindung, die den Gewinnerwartungen der abhängigen Gesellschaft vor Abschluss des Beherrschungsvertrages entspricht. In der Regel sind in eine solche Unternehmensbewertung mehrere Unternehmen einzubeziehen, da Synergieeffekte zwischen den Konzernunternehmen zu berücksichtigen sind. Als schwierig erweist sich hierbei wiederum die Ermittlung des den abzufindenden Gesellschaftern zustehenden Teils der Synergieeffekte.

Die Unternehmensbewertung führt oft zu einer Benachteiligung der Minderheitsgesellschafter, da das herrschende Unternehmen der Auftraggeber einer solchen Bewertung ist. Es wird die bewertenden Sachverständigen beeinflussen, die bei einer solchen Bewertung zwangsläufig entstehenden Spielräume in seinem Ermessen zu nutzen.

Auch die den Minderheitsgesellschaftern zur Verfügung stehenden Rechtsmittel führen nicht zu einer wirklichen Interessenwahrung dieser Gruppe, da von der Rechtsprechung zur Unternehmenswertermittlung vergangenheits- oder substanzwertorientierte Verfahren herangezogen werden. Bei erfolgskräftigen und stark expandierenden Unternehmen führen diese Verfahren jedoch nicht zu einem realistischen, die Interessen der Minderheitsaktionäre wahrenden Unternehmenswert.30

Die Minderheitsaktionäre sind somit in einer äußerst schlechten Position, da es ihnen nicht oder nur begrenzt möglich ist, ihr Risiko zu minimieren.

Der Mehrheitsgesellschafter hingegen kann, erscheint ihm der vom Gericht festgelegte Ausgleichs- oder Abfindungsbetrag als zu hoch, den Vertrag innerhalb von zwei Monaten ohne Einhaltung einer Kündigungs- frist kündigen. Er trägt somit nur das Risiko eines verlustfreien Rückzuges.31

2.2.1.2.Der faktische Konzern

Wenn die einheitliche Leitung über ein abhängiges Unternehmen aus- geübt wird, ohne dass diese vertraglich fixiert ist, handelt es sich um einen faktischen Konzern. Er ist zwar nicht ausdrücklich gesetzlich kodifiziert, doch er ist zulässig, wenn er im Rahmen der §§ 311 ff. AktG praktiziert wird.32

Da auch im faktischen Konzern von außen schwer zu beurteilen ist, ob ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt, hat das Mutterunternehmen die Abhängigkeitsvermutung zu widerlegen. Innerhalb eines aktienrecht- lichen faktischen Konzerns „bleiben die einzelnen konzerngebundenen Unternehmen als eigenständige Anspruchseinheiten erhalten“33. Den Minderheitsgesellschaftern und Gläubigern steht der Konzern nicht als Anspruchseinheit zur Verfügung.

Aus dieser Sichtweise resultieren weitreichende Rechtsfolgen für die beteiligten Gesellschaften, die den Schutz der o.g. Gruppen gewähr- leisten sollen. Das herrschende Unternehmen darf nach § 311 I AktG die abhängige Gesellschaft, soweit diese eine Aktiengesellschaft ist, grundsätzlich nicht zur Durchführung für sie nachteiliger Rechts- geschäfte veranlassen. Der Grundsatz darf jedoch durchbrochen werden, wenn die Minderheitsgesellschafter und Gläubiger für Nachteile, die diesen aus eventuell nachteiligen Rechtsgeschäften bzw. Maßnahmen entstehen, entschädigt werden. Diese Form von Nachteils- ausgleichs ist an das einzelne Rechtsgeschäft bzw. die einzelne Maßnahme gebunden. Es lassen sich jedoch innerhalb eines so engen Verbundes und bei starker Abhängigkeit kaum einzelne Rechts- geschäfte und Maßnahmen isolieren, sodass es fast unmöglich sein dürfte, einen angemessenen Nachteilsausgleich zu erreichen.

Die Höhe und Form des Nachteilsausgleichs werden im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. § 317 II AktG orientiert die Messung des Nachteilsausgleichs am Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, ein wenig konkretisierter Begriff.34

Verstärkend kommt hinzu, dass die Minderheitsgesellschafter und Gläubiger nicht für die Nachteile entschädigt werden, die ihnen allein aus dem bestehenden Abhängigkeitsverhältnis entstehen. Es lässt sich innerhalb des Verbundes oft nur schwer feststellen, wie sich eine vergleichbare unabhängige Gesellschaft verhalten hätte. Der Nachteilsausgleich des § 311 I AktG wird n diesen Situationen versagen, sie werden nicht ausreichend geschützt.35

Der in § 312 AktG vorgeschriebene, vom Vorstand der abhängigen Gesellschaft zu verfassende Abhängigkeitsbericht soll die Einfluss- nahme der herrschenden Gesellschaft aufzeigen und als Grundlage für den Nachteilsausgleich dienen. Er ist vom Aufsichtsrat und Abschluss- prüfer zu prüfen. Die Erstellung des Abhängigkeitsberichtes unterliegt den bereits o.g. Schwierigkeiten. Auch die an seiner Erstellung und Prüfung beteiligten Personen haben nur ein zweifelhaftes Interesse an einer ordnungsgemäßen Berichterstattung, da ihre Mandate oftmals vom Votum der durch die herrschende Gesellschaft dominierten Gremien und Organe abhängen.36

Handelt es sich bei der abhängigen Gesellschaft um eine GmbH, sind Minderheitsgesellschafter und Gläubiger durch die besondere Treue- pflicht der Gesellschafter geschützt. Die abhängige Gesellschaft sowie die an ihr beteiligten Minderheitsgesellschafter dürfen durch das herrschende Unternehmen in keiner Weise geschädigt werden. Wird gegen die Treuepflicht verstoßen, ist das herrschende Unternehmen zum Schadenersatz verpflichtet.37

2.2.2. Der Gleichordnungskonzern

Beim Gleichordnungskonzern des § 18 II AktG sind zwei nicht voneinander abhängige Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefasst, wobei die Aussage, einem Gleichordnungskonzern fehle es an einem Abhängigkeitsverhältnis, in der Literatur nicht unumstritten ist.38

Ein Gleichordnungskonzern kann sowohl auf einer vertraglichen wie auch auf einer faktischen Grundlage entstehen. Beim vertraglichen Gleichordnungskonzern wird i.d.R. ein von beiden Unternehmen gebildetes Leitungsorgan eingesetzt, während ein faktischer Gleichordnungskonzern auf Grund einer personellen Verflechtung zwischen den beteiligten Unternehmen entstehen kann.

Der Gleichordnungskonzern ist nicht zur Konzernrechnungslegung ver- pflichtet, da es ihm an einem Subordinationsverhältnis mangelt, welches gem. § 290 II HGB die Konzernrechnungslegungspflicht auslöst.39

2.3. Konzerndarstellungskonzepte

In der Literatur wird eine Vielzahl von Konzerndarstellungskonzepten diskutiert. Die Diskussion beschränkt sich im Wesentlichen jedoch auf die zwei nachfolgend erläuterten Konzepte, die Einheits- und die Interessentheorie.

2.3.1. Die Einheitstheorie

Das der deutschen Gesetzgebung weitgehend zu Grunde liegende Konzerndarstellungskonzept ist die sog. Einheitstheorie, auch „EntityConcept“ genannt. Ihr Hauptmerkmal ist die Betrachtung der am Konzern beteiligten Gesellschaften als wirtschaftliche Einheit, ungeachtet ihrer jeweiligen rechtlichen Selbstständigkeit.40

Diese Sichtweise resultiert aus der starken Position der Obergesellschaft. Die Leitungsmacht des Mutterunternehmens erstreckt sich auch über die Disposition des Vermögens der einzubeziehenden Tochterunternehmen, die somit wie unselbstständige Betriebsabteilungen zu behandeln sind.41

Auf die Gestaltung des Konzernabschlusses hat diese Betrachtungs- weise erhebliche formelle und materielle Auswirkungen.42 Als Konsequenz hieraus, sind alle Transaktionen zwischen den Konzern- unternehmen als innerbetriebliche Leistungs- oder Lieferbeziehungen zu betrachten. Aus dem Realisationsprinzip des § 252 I Ziff. 4 HGB folgt, dass die aus diesen „Innenumsätzen“ resultierenden Gewinne als noch nicht realisiert betrachtet und somit eliminiert werden müssen.

Im HGB findet die Einheitstheorie ihren Niederschlag vor allem im § 297 III Satz 1 HGB. Die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der in die Konsolidierung einbezogenen Unternehmen ist demnach im Konzernabschluss so darzustellen, als ob sie insgesamt ein einziges Unternehmen bildeten. Die Konzernbilanz muss somit die Schulden und Vermögensgegenstände aller zur wirtschaftlichen Einheit Konzern gehörenden Unternehmen enthalten. Maßgeblich für Ansatz und Bewertung der Positionen ist das für das Mutterunternehmen geltende Recht. Es besteht somit u.U. ein erheblicher Anpassungsbedarf.

Gewährt das für das Mutterunternehmen geltende Recht jedoch Ansatz- bzw. Bewertungswahlrechte, dürfen diese unabhängig von ihrer Ausübung in der Bilanz des MU für die einzelnen TU neu ausgeübt werden. Es ist lediglich das für das MU geltende Recht, nicht die einzelne für das MU angewendete Methode ausschlaggebend.43 Diese Unabhängigkeit in der Ausübung der Wahlrechte eröffnet jedoch große bilanzpolitische Spielräume für die Gestaltung des Konzernabschlusses.

Die Einheitstheorie behandelt alle am Konzern beteiligten Gesellschafter, unabhängig davon, ob es sich um Mehrheits- oder Minderheitsgesellschafter handelt, als Eigenkapitalgeber des Konzerns.

Der Konzernabschluss im Sinne der Einheitstheorie dient sowohl dem Informationsbedürfnis der Anteilseigner der Muttergesellschaft sowie den Interessen vorhandener Minderheitsgesellschafter.

2.3.2. Die Interessentheorie

Die Interessentheorie betrachtet die Konzernbilanz als eine erweiterte Bilanz des Mutterunternehmens. Aufgabe der Konzernbilanz ist es folglich, den Aktionären der Obergesellschaft aufzuzeigen, welche Vermögens- bzw. Erfolgsanteile aus den bestehenden Beteiligungen der Mutterunternehmung zuzuordnen sind.44

Der wesentliche Unterschied zur Einheitstheorie liegt in der Behandlung eventueller Minderheitsgesellschafter. Sind diese nach der Einheits- theorie wie Eigenkapitalgeber der wirtschaftlichen Einheit Konzern zu behandeln, so sind sie im Sinne der Interessentheorie Fremdkapital- geber, Gläubiger des Konzerns. Würde die Interessentheorie konsequent umgesetzt, wären nur die Vermögens- und Erfolgsanteile, die der Obergesellschaft zustehen, zu konsolidieren. Auch die Liefer- beziehungen zwischen den Konzernunternehmen wären nur quotal zu eliminieren, der auf die Minderheiten entfallende Teil wie ein Umsatz mit konzernfremden Dritten zu behandeln. Es gäbe somit keine Voll-, sondern lediglich eine Quotenkonsolidierung.

In Deutschland findet die Interessentheorie lediglich in den eher seltenen Fällen der Quotenkonsolidierung für Gemeinschaftsunternehmen (§ 310 HGB) sowie der Konsolidierung nach der Interessenzusammenführungsmethode (§ 302 HGB) ihren Niederschlag.

2.4. Adressaten, Interessenten und Zwecke des Konzernabschlusses

Kein Tag vergeht ohne neue Nachrichten über Unternehmens- zusammenschlüsse, Aufkäufe oder strategische Allianzen. Die aktuelle Entwicklung deutet darauf hin, dass Konzernabschlüsse bei der Bewertung und Analyse von Unternehmensübernahmen zunehmend an Bedeutung gewinnen werden. Die Zahl der Unternehmenserwerbe, national wie international, nimmt rasant zu.45 Markante Beispiele für diese aktuelle Entwicklung sind die Übernahme des englischen Mobilfunkbetreibers One2One durch die Deutsche Telekom sowie der Erwerb von Otelo, einer gemeinsamen Tochtergesellschaft von RWE und Veba, durch Mannesmann-Arcor. Die Reihe ließe sich noch beliebig fortsetzen. Doch „auch unterhalb der Riege der Großunternehmen geht das Fusionsfieber in der deutschen Wirtschaft um“46. Betroffen von den diversen Unternehmenserwerben sind nicht nur die Mitarbeiter der Gesellschaften. Gerade für die Kapitalgeber, egal ob es Eigen- oder Fremdkapitalgeber sind, ist ein solcher Schritt oft mit vielen Risiken (natürlich auch Chancen) verbunden. „Was aus der Sicht speziell der Manager der Obergesellschaft, (...) als Vorteil erscheint, kann aus Perspektive der Eigner der Tochtergesellschaften, der Gläubiger, (...) unvorteilhaft sein.“47 Welche Funktion kommt den Konzernabschlüssen vor diesem Hintergrund zu?

Zweck des Einzelabschlusses von Kapitalgesellschaften ist gemäß § 264 II HGB die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz und Ertragslage der Gesellschaft. Er dient in Deutschland als Grundlage der Steuer- und Ausschüttungsbemessung.

Im Folgenden soll aufgezeigt werden, warum zusätzlich zu den Einzelabschlüssen der zum Konzern gehörigen Unternehmen noch ein Konzernabschluss aufgestellt werden soll bzw. muss.

Das Interesse der Eigner und Gläubiger am traditionellen Einzel- abschluss galt primär den Größen Gewinn, Vermögen und Kapital.48 Doch schon im Einzelabschluss besteht durch die Möglichkeit der Nutzung von Ermessensspielräumen sowie vom Gesetzgeber gewährter Wahlrechte, ein erheblicher bilanzpolitischer Spielraum. Im Konzern- verbund werden diese Spielräume durch die vielfältigen Möglichkeiten der Einflussnahme seitens der herrschenden Gesellschaft vergrößert, sodass die Einzelabschlüsse weiter an Aussagekraft verlieren.

„Heute gilt mehr als jemals zuvor, dass bei einer Analyse konzernmäßig verflochtener Unternehmen nur der Konzernabschluss die wirtschaftliche Situation dieser Unternehmensgruppe zutreffend abbilden kann.“49 Aufgabe des Konzernabschlusses ist es also, den externen Adressaten relevante und verlässliche Informationen über die wirtschaftliche Einheit Konzern zur Verfügung zu stellen, aus denen sich wiederum Schlüsse auf die einzelne Konzerngesellschaft ziehen lassen.

Adressaten des Konzernabschlusses im Sinne des Gesetzes sind der Aufsichtsrat und die Gesellschafter der Muttergesellschaft (§ 337 AktG sowie § 42a IV GmbHG)50, doch der Kreis der an ihm interessierten Personen bzw. Gruppen ist weitaus größer. Die folgende Matrix soll einen Überblick über die primären Interessenten des Konzern- abschlusses geben, auf deren Bedürfnisse dann im weiteren Verlauf näher eingegangen werden soll.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Kapitalgeber im Konzern.

Alle diese Kapitalgeber haben primär ein Interesse an der zukünftigen Erfolgskraft des Konzernverbundes sowie dessen Möglichkeit, seinen gegenwärtigen und künftigen Zahlungsverpflichtungen nachzu- kommen.51

Wie bereits dargestellt wurde, kann innerhalb eines Konzerns durch geschaffene Abhängigkeiten und die dadurch geschaffene Leitungsmacht der herrschenden Gesellschaft, der Jahresabschluss einer abhängigen Unternehmung stark in seiner Aussagekraft eingeschränkt werden. Das Interesse der abhängigen Konzern- gesellschaft wird im Konzerninteresse zurückgestellt, sodass von einer Erfüllung der Informationsfunktion des Einzelabschlusses der abhängigen Gesellschaft gem. § 264 II HGB u.U. nicht mehr gesprochen werden kann. Im Folgenden sollen die etwaigen Informationsdefizite der Einzelabschlüsse anhand der weiter oben bereits erläuterten Konzernformen des Vertrags- und des faktischen Konzerns dargestellt werden.

Im Vertragskonzern ist die Dringlichkeit für einen Konzernabschluss besonders hoch, da dieser sowohl die einheitliche Leitung, d.h. die uneingeschränkte Weisungsbefugnis gegenüber der Geschäftsleitung der abhängigen Gesellschaft, besitzt und als Anpruchseinheit für Eigner und Gläubiger fungiert. Die aus den Einzelerfolgsrechnungen der abhängigen Gesellschaften resultierenden Erfolge sind auf Grund der Konzernverflechtungen als Basis für die Prognose künftiger Erfolge unbrauchbar. Auch die Vermögens- und Kapitalmassen der am Konzern beteiligten Unternehmen haben nur noch in ihrer Summe eine Aus- sagekraft, da sie durch die uneingeschränkte Weisungsbefugnis der herrschenden Gesellschaft beliebig verschoben werden können.

Die Gläubiger der abhängigen Gesellschaften haben ein Interesse an einem KA, da der Konzern für die bei ihnen u.U. entstehenden Verluste einstehen muss. Auch die Eigner der abhängigen Gesellschaften interessieren sich für den Erfolg des Gesamtkonzerns, da die Muttergesellschaft, im Falle eines vereinbarten variablen Ausgleichs, für diesen einstehen muss.52 Aus Sicht des Konzerns dagegen kann auf die Einzelabschlüsse der abhängigen Gesellschaften nicht verzichtet werden, da diesen nun der Charakter von Segment-Informationen zukommt, und sie für eine Prognose des künftigen Gesamtkonzern- erfolgs unabdingbar sind.

„Der mangelnden Verlässlichkeit der Einzelvermögen und -kapitalien steht ein begrenztes Interesse an diesen Größen gegenüber, weil die Zielerreichung aller Eigner und Gläubiger nicht von den Einzel- unternehmen, sondern vom Vertragskonzern insgesamt abhängt.“53

Für den faktischen Konzern lässt sich die Relevanz eines Konzernabschlusses schwerer beantworten. Das Interesse der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter der abhängigen Gesellschaft wird primär dem Einzelabschluss gelten, da sie nach wie vor die einzige Anspruchseinheit dieser Gruppen darstellt. Greifen die Schutzmechanismen der §§ 311 ff. AktG nicht, liegt das Risiko allein bei ihnen.

Die Einzelerfolgsrechnung der Obergesellschaft lässt im Gegensatz zu einer konsolidierten Konzernerfolgsrechnung keine Rückschlüsse auf die den Erfolgen zu Grunde liegenden Umsatzerlöse zu. Diese dürften jedoch für die Eigner und Gläubiger der Muttergesellschaft eine interessante Größe bzw. Information darstellen. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass sich die Obergesellschaft ausschließlich auf Konzern- leitungsaufgaben beschränkt, während das operative Geschäft bei den Tochtergesellschaften erfolgt.

Konzernabschlüsse sollen die aus den Einzelabschlüssen der beteiligten Gesellschaften resultierenden Informationsdefizite beseitigen54 und dazu beitragen, die Risiken der mit dem Konzern in Verbindung stehenden Kapitalgeber zu mindern. Die Informationsfunktion ist der zentrale Zweck einer Konzernrechnungslegung.

In der Literatur werden eher beiläufig auch noch andere Funktionen bzw. Zwecke des Konzernabschlusses genannt, von denen zwei hier auf Grund ihrer zunehmenden Relevanz nicht unerwähnt bleiben sollen.

Im Zusammenhang mit der Ausschüttungsbemessung der Oberge- sellschaft kommt dem Konzernabschluss eine wachsende Bedeutung zu.55 Viele Konzerne passen den Konzerngewinn an das Bilanzergebnis der Muttergesellschaft an und veröffentlichen nur noch die Konzern- abschlüsse.56

Im Bereich des unternehmerischen Führungsinstrumentariums gewinnt der Konzernabschluss ebenfalls zunehmend an Bedeutung. Er ist Instrument für die finanzwirtschaftliche Steuerung und Kontrolle des Konzerns. Wird der Konzernabschluss ausschließlich für diese Zwecke erstellt und nicht veröffentlicht, kann auch auf die Ausnutzung bilanzpolitischer Spielräume verzichtet und Modifikationen hinsichtlich des Konsolidierungskreises vorgenommen werden.57 Es handelt sich dann um sog. Plankonzernabschlüsse, mit denen die bilanzpolitischen Auswirkungen bestimmter Handlungsweisen überprüft werden können, um so eine langfristige Optimierung der Konzernbilanzpolitik zu erreichen.58

[...]


1 Vgl. DRSC: Diskussionspapier zum Thema „Einheitliche Bilanzierung von Unternehmenserwerben“, Bonn 1999, S. 2. Siehe auch FASB: Invitation to Comment - Methods of Accounting for Business Combinations: Recommendations of the G4+1 for Achieving Convergence, in: Financial Accounting Series No. 192-A, Norwalk 1998, S. 54 ff.

2 Schildbach, Thomas: Der Konzernabschluss nach HGB, IAS und US-GAAP, München und Wien 1998, S. 19.

3 Vgl. Busse von Colbe/Ordelheide 1993, S. 15.

4 Vgl. Wysocki, Klaus von: Konzernrechnungslegung unter Berücksichtigung des Bilanzrichtliniengesetzes, Düsseldorf 1986, S. 21.

5 Vgl. Schildbach 1998 , s. 17 § 292a Ziff. 2a) HGB.

6 Vgl. Scheren, Michael: Konzernabschlusspolitik - Möglichkeiten und

7 Grenzen einer zielorientierten Gestaltung von Konzernabschlüssen, Stuttgart 1993, S. 3 f.

8 Vgl. hierzu auch Haller, Axel: Wesentliche Ziele und Merkmale US-ameri- kanischer Rechnungslegung, in: Ballwieser, Wolfgang: US-amerikanische Rechnungslegung, Stuttgart 1998, S. 10 f.

9 Vgl. Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter: Der Konzernabschluss - Lehrbuch und Fallstudie zur Praxis der Konzernrechnungslegung, Stuttgart 1999, S. 52.

10 Vgl. Schildbach 1998, S. 20.

11 Vgl. Emmerich, Volker/Sonnenschein, Jürgen (1997): Konzernrecht - Das Recht der verbundenen Unternehmen bei Aktiengesellschaft, GmbH, Personengesellschaften, Genossenschaft, Verein und Stiftung, München 1997, S. 56.

12 Vgl. Schubert, Werner (1989): Konzern als Zusammenschlussform, in: Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (Hrsg.): Handbuch der Konzern- rechnungslegung - Kommentar zur Bilanzierung und Prüfung, Stuttgart 1989, S. 153, Rn 8.

13 Schildbach 1998, S. 20.

14 Vgl. Schubert, Werner 1989, S. 152, Rn. 3.

15 Quelle: Baetge, Jörg (1997): Konzernbilanzen, Düsseldorf 1997, S. 3.

16 Vgl. ADS 1997 § 17 AktG, Tz. 97. Zu den Kriterien, die für eine Widerlegung der Abhängigkeitsvermutung ausreichen vgl. Emmerich/ Sonnenschein 1997, S. 55 ff.

17 Schildbach 1998, S. 24 f.

18 Schildbach 1998 , S. 25.

19 Vgl. Beckmann, Ralph (1995): Der Richtlinienvorschlag betreffend Übernahmeangebote auf dem Weg zu einer europäischen Rechtsangleichung, in DB 1995, S. 2407.

20 Vgl. §§ 57, 58 und 60 AktG.

21 Vgl. Schubert 1989 , S. 170, Rn. 78.

22 Schildbach 1998 , S. 28.

23 Vgl. Schildbach 1998 , S. 28 f.

24 Vgl. Beckmann 1995, S. 2407.

25 Vgl. Schubert 1989, S. 163, Rn. 54.

26 Oft wird in diesem Zusammenhang auch der Begriff „Dividendengarantie“ gebraucht.

27 Vgl. Schildbach 1998, S. 30.

28 Vgl. Schubert 1989, S. 163, Rn. 56 f.

29 Vgl. Schildbach 1998, S. 29.

30 Vgl. Schildbach 1998, S. 32.

31 Vgl. Schildbach1998, S. 33.

32 Vgl. ADS 1997, § 18 AktG, Tz. 7.

33 Schildbach 1998, S. 21.

34 Vgl. ADS 1997, § 311 AktG, Tz. 41.

35 Vgl. Emmerich/Sonnenschein 1997, S. 338 ff.

36 Vgl. Schildbach 1998, S. 24.

37 Vgl. Schildbach 1998 , S. 33.

38 Vgl. hierzu Wellkamp, Ludger (1993): Der Gleichordnungskonzern - Ein Konzern ohne Abhängigkeit?, in: DB 1993, S. 2517. Wellkamp sieht im Falle nachteiliger Weisungen für ein beteiligtes Unternehmen eine Ausgleichspflicht gem. der §§ 300 ff. AktG begründet.

39 Vgl. Siebourg, Peter (1989): Pflicht zur Aufstellung, in: Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (Hrsg.): Handbuch der Konzernrechnungs- legung - Kommentar zur Bilanzierung und Prüfung, Stuttgart 1989, S. 803, Rn. 116 ff.

40 Vgl. Lutter, Bernd/Rimmelspacher, Dirk (1992): Einheitstheorie und Kapitalkonsolidierung - mehr Konflikt als Konsens?, in: DB 1992, S. 485.

41 Vgl. ADS 1997 , Vorbemerkungen zu den §§ 290-315 HGB, Tz. 19.

42 Vgl. Küting/Weber 1999 , S. 53.

43 Vgl. Bussen von Colbe/Ordelheide 1993 , S. 95

44 Vgl. ADS 1997 , Vorbemerkungen zu den §§ 290-315 HGB, Tz. 21 ff.

45 Das Bundeskartellamt hat einen Anstieg der vollzogenen/angezeigten Zusammenschlüsse im Zeitraum von 1995-1998 von 23,4% festgestellt. Die Zahl der angemeldeten Zusammenschlüsse stieg im selben Zeitraum sogar um 44,5 %. Quelle: Bundeskartellamt (1999): Bundeskartellamt - Statistik, http://www. bundeskartellamt.de/statistik.html.

46 Schmid, Klaus-Peter: Der Hunger ist ungestillt, in: Die ZEIT, Hamburg, Nr. 28 vom 8. Juli 1999, S.31.

47 Schildbach 1998 , S. 11.

48 Vgl. Schildbach 1998 , S. 37.

49 Bruns, Hans-Georg (1993): Der Konzernabschluss aus Sicht des Bilanzanalytikers, in: GCA (Hrsg.): Konzernabschluss in der Praxis - Rechtliche und betriebswirtschaftliche Probleme, Erfahrungsberichte, Wiesbaden 1993, S. 142

50 Vgl. Busse von Colbe/Ordelheide 1993 , S. 13.

51 Vgl. Schildbach 1998 , S. 37.

52 Vgl. Schildbach 1998 , S. 39. Ebenda, S. 40.

53 In diesem Zusammenhang wird auch der Begriff der „Kompensations- funktion“ des Konzernabschlusses genannt.

54 Vgl. Baetge 1997 , S. 29.

55 Vgl. Busse von Colbe/Ordelheide 1993 , S. 23.

56 So veröffentlichte beispielsweise die Veba in ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 1998 nur einen rudimentären Jahresabschluss der Veba AG (S. 18), aber einen ausführlichen Konzernabschluss mit den zugehörigen Erläuterungen (S. 67 ff.). Vgl. Veba: Geschäftsbericht 1998, Düsseldorf und Berlin 1998.

57 Vgl. Busse von Colbe/Ordelheide 1993 , S. 24.

58 Vgl. Kuhn, Ulrich (1991): Der Plankonzernabschluss als Führungs- instrument, in: Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (Hrsg.): Das Konzernrechnungswesen des Jahres 2000, Stuttgart 1991, S. 344 ff.

Ende der Leseprobe aus 89 Seiten

Details

Titel
Methoden zur Bilanzierung von Unternehmenserwerben - Darstellung und ökonomische Analyse
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Lehrstuhl für Theoretische BWL I - Unternehmensprüfung Prof. Dr. Hannes Streim)
Note
2,3
Autor
Jahr
1999
Seiten
89
Katalognummer
V26775
ISBN (eBook)
9783638290166
ISBN (Buch)
9783638721172
Dateigröße
640 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Methoden, Bilanzierung, Unternehmenserwerben, Darstellung, Analyse
Arbeit zitieren
Johannes Korten (Autor:in), 1999, Methoden zur Bilanzierung von Unternehmenserwerben - Darstellung und ökonomische Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26775

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