Schnitzlers „Leutnant Gustl“ und Hofmannsthals „Die Reitergeschichte“

Ein literaturwissenschaftlicher Vergleich


Seminararbeit, 2012

12 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Welche Parallelen gibt es zwischen beiden Geschichten?

Schnitzler und Hofmannsthal in ihrer Zeit

Die Rolle der Armee als Identifikationsinstrument bei Hofmannsthal und Schnitzler

Der Tod als Thema des morbiden „fin de siécle“ Lebensgefühls

Textstellen und Anmerkungen

Zeiten, Stil und Textmerkmale

Literaturangaben

Einleitung

In dieser Poseminararbeit werden Parallelen zwischen den beiden Texten gezogen, die zeitgeschichtlichen Hintergründe beleuchtet sowie eine sprachliche Analyse der Texte vorgenommen. Dabei werde ich, um den Rahmen der vorgegebenen Seitenzahl nicht zu sprengen, bei allen Punkten auf die ausgewählten Textpassagen genauer eingehen.

Ein sprachlicher Vergleich wird zeigen, welche Phrasen stellvertretend für den Geist der vorigen Jahrhundertwende eingebaut sind. Die Hintergründe zum Weltbild der Protagonisten aus dem Militärmilieu bei Schnitzler und bei Hofmannsthal werden offengelegt und die Intentionen der Hauptfiguren verdeutlicht.

Zudem werden in verkürzter Form Erzählzeit und Erzähltechniken der Autoren analysiert.

Welche Parallelen gibt es zwischen beiden Geschichten?

1. Beide Geschichten spielen sich innerhalb eines Tages oder einer Nacht ab.
2. Beide Geschichten haben einen männlichen Protagonisten, der in Militärdiensten steht.
3. In beiden Geschichten spielt der Tod, der ständiger Begleiter von Waffengewalt ist, eine Rolle. Bei Hofmannsthal werden dienstliche Morde als Soldat einerseits und die Hinrichtung von Lerch thematisiert, bei Schnitzler spielen der Selbstmord und die Gefahr tödlich ausgehender Duelle eine Rolle.
4. In beiden Geschichten geht es letztlich um verletzte Ehre oder Erniedrigung.
5. In beiden Geschichten stehen außerfamiliäre Frauen als nicht ernstzunehmende Spielgefährtinnen da. Die Protagonisten sehen sie als Beute, Geldquelle oder Eroberung, aber nicht als Menschen. (die „süßen Mädel“ bei Schnitzler, der Gustl „spricht“ ja auch von „anständigen Mädchen mit Kaution“ und den Kosten, die für eine Eroberung und Liaison entstehen. Die „anständigen Mädchen mit Kaution“ sind die „zum Heiraten“ gewesen, weil sie einen Erbteil hatten)
6. In beiden Geschichten kommt die Wut auf die privilegierten Vorgesetzten zum Tragen bei „LG“ nur in einer kurzen Passage auf S. 15 wo es heißt: „Na ja, der Herr Oberst wird in zwei Stunden nobel nachreiten... die Herren haben's gut – ja, ja, rechts g'schaut! – Ist schon gut... Wenn ihr wüßtet, wie ich auf euch pfeif!“

In der „Reitergeschichte“ hingegen wird im Lauf der ganzen Erzählung immer wieder diese unterschwellige Wut anhand der Ohnmacht des Wachtmeisters aufgrund seiner Position spürbar.

Schnitzler und Hofmannsthal in ihrer Zeit

Das Wien der vorigen Jahrhundertwende war einerseits geprägt von Weltflucht in die Operettenkultur, die von ernsthaften Autoren verabscheut wurde, und andererseits von neuen Strömungen, die auf die politische Situation reagierten. Man spürte ein Heraufdämmern des Zerfalls der alten Weltordnung unter der k & k Monarchie. In ganz Europa bildeten sich nationalistische Strömungen, der von 1898 bis 1910 amtierende Wiener Bürgermeister Karl Lueger wandte Antisemitismus als politisches Instrument an, die von Marx und Engels inspirierten sozialen Bewegungen begannen, ihre Bedingungen einzufordern.

Zeitschriften wurden gegründet („Ver Sacrum“ der Wiener Sezessionisten, „Jugend“ in München, „Die Fackel“ von Karl Kraus) und es bildeten sich Kaffehausliteratenzirkel, besonders im Griensteidl und nach dessen Schließung im Cafe Central. Die als „Wiener Moderne“ bezeichneten Literaten waren untereinander nicht oft befreundet. Eher liest man immer wieder, wer wen nicht mochte, so z.B. wurde Herman Bahr, der seit 1891 von der „Überwindung des Naturalismus“[1] ausging, von Karl Kraus als „Herr aus Linz“ bezeichnet.

Die beiden Autoren Hofmannsthal und Schnitzler waren befreundet und pflegten einen regen Briefwechsel, der beim Fischer Verlag zwar erschienen, aber mittlerweile leider vergriffen ist.

Bei Zeman[2] heißt es weiters:

SCHNITZLER nützte die moderne Seelenkunde zu einer satirischen Meisterleistung: Ihm, dem Nervenarzt und Zeitgenossen SIGMUND FREUDS hatte sich ein Stil eröffnet, der aus der Bewusstseinslage eines Menschen selbst, diesen und die Umwelt psychologisch auf`s Nuancierteste zu charakterisieren gestattete; der innere Monolog des Leutnant Gustl war literarisch eine Novität für den österreichischen Raum und eine ironische Abrechnung mit dem österreichischen Militarismus.[3]

Die Rolle der Armee als Identifikationsinstrument bei Hofmannsthal und Schnitzler

Beide Protagonisten sind jedenfalls von der militärischen Karriere abhängig. Sogar dem überheblichen Leutnant Gustl wird irgendwann klar, dass er „für was anderes doch zu blöd“ sei. Bei Lenz erübrigt sich die Frage, da er finanziell keine anderen Möglichkeiten hat, als das was er gelernt hat, nämlich beim Militär zu arbeiten, anzuwenden. So viele Jahre ist er jetzt schon dort – im Gegensatz zum jungen Gustl – und auch in einem echten Aufstand kämpft er – wovon der Gustl ja träumt.

[...]


[1] Herbert Zeman (Hrsg.):Literaturgeschichte Österreichs. Graz: Akademische Druck- u. Verlagsanstalt 1996.

S.421 f

[2] Ebda.

[3] Ebda S 425

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Schnitzlers „Leutnant Gustl“ und Hofmannsthals „Die Reitergeschichte“
Untertitel
Ein literaturwissenschaftlicher Vergleich
Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz  (Germanistik)
Veranstaltung
Proseminar
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2012
Seiten
12
Katalognummer
V266659
ISBN (eBook)
9783656568223
ISBN (Buch)
9783656568209
Dateigröße
484 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
schnitzlers, leutnant, gustl, hofmannsthals, reitergeschichte, vergleich
Arbeit zitieren
Luitgard Kastelliz (Autor:in), 2012, Schnitzlers „Leutnant Gustl“ und Hofmannsthals „Die Reitergeschichte“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266659

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