Die natürlichen Sprachlehrmethoden nach Sauveur und Berlitz


Hausarbeit, 2004

17 Seiten


Leseprobe


Gliederung

I. Einleitung

II. Hintergrund und Theorie der „Natürlichen Methode“

III. Fremdsprachenvermittlung nach der „Natürlichen Methode“
a) Methode nach Sauveur
b) Methode nach Berlitz

IV. Grundlagen für den modernen Fremdsprachenunterricht

V. Kritik der „Natürlichen Methode“

VI. Fazit

VII. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Münstersche Zeitung, 12/2003:

"Einen Meilenstein hat Maximilian D. Berlitz gesetzt, als er 1878 eine völlig neue Unterrichtsmethode entwickelte, um Fremdsprachen leicht und schnell zu lernen. (...) Bis zu diesem Zeitpunkt lernten Menschen stur die Grammatik und Vokabeln und übersetzten von einer in die andere Sprache. Doch Berlitz zeigte ihnen, wie sie in der neuen Sprache denken konnten. Damit waren sie in der Lage, sie wirklich erfolgreich zu sprechen."

Westfalen Blatt, Bielefeld, 29.10.2003:

"Die unterrichtete Berlitz Methode ist eine speziell entwickelte Lerntechnik, die auf Dialog basiert und für eine hohe Sprachkompetenz sorgt. Mit dieser Methode haben schon über 30 Millionen Menschen weltweit erfolgreich eine Sprache gelernt."

Handelsblatt Junge Karriere - 12.2002:

"Die so genannte Direktmethode, die vor fast 125 Jahren von Maximilian Berlitz erfunden wurde, ist die am weitesten verbreitete Unterrichtsform."

So und ähnlich sieht die heutige Resonanz auf die vor über 125 Jahren entwickelte „natürliche“ Sprachlernmethode nach Lambert Sauveur und Maximilian Berlitz aus. Diese Art der Fremdsprachenvermittlung ist nach wie vor beliebt und erfolgreich. Die Entwicklung der Natürlichen Methode Ende des 19. Jahrhunderts stellte eine Revolution auf dem Gebiet der Sprachlehrmethoden dar. Auch heute noch wird nach den Ansätzen Sauveurs und Berlitz' unterrichtet, wenn auch meist in abgewandelter Form. Die vorliegende Seminararbeit beschäftigt sich mit diesen Ansätzen. Zunächst wird erläutert, vor welchem Hintergrund die „Natürliche Methode“ der Fremdsprachenvermittlung entstanden ist und welche Theorien ihr zugrundeliegen. Anschließend rücken die Methoden selbst in den Vordergrund. Es werden die entscheidenden Gesichtspunkte dargestellt: Wie sind die einzelnen Methoden aufgebaut, nach welchem Schema laufen sie ab? Das darauf folgende Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, welche Grundlagen der „Natürlichen Methode“ sich im modernen Fremdsprachenunterricht wiederfinden und integrieren lassen. Abschließend werden die Vor- und Nachteile der Methode behandelt. Es wird der Frage nachgegangen, welche Aspekte sinnvoll sind und welche Faktoren sich negativ auf den Fremdsprachenerwerb auswirken können. Im Fazit werden am Ende die wichtigsten Punkte der Arbeit zusammengefasst und es wird ein Ausblick gegeben.

II. Hintergrund und Theorie der „Natürlichen Methode“

Bevor Lambert Sauveur den Grundstein für die „Natürliche Methode“ der Fremdsprachenvermittlung legte, die Maximilian D. Berlitz später perfektionierte, beherrschte die Grammatik-Übersetzungs-Methode (GÜM) das Unterrichtsbild. Diese Methode vermittelte die Fremdsprache durch Übersetzungen von der Muttersprache in die Fremdsprache und umgekehrt, und durch das explizite Erklären grammatischer Regelhaftigkeiten. Doch Ende des 19. Jahrhunderts kam Kritik an dieser Art der Fremdsprachenvermittlung auf: „The reaction against the old grammar-translation method, [...] caused people to question the wisdom of teaching by deduction – that is, by providing rules first. A teacher who imagines that effective learning would naturally follow if he provided his students with rules and principles on which to base their exercises overlooks the proved fact that the process is full of psychological weaknesses.“[1] Sauveur u.a. bezeichneten die GÜM als steril und ineffizient: „Have we been able up to this day,[...], not to make progress in teaching, and to continue to move in a routine so miserable? One complains everywhere of the teaching, of its powerlessness in Europe as in America, of the defects in its methods. In your country,[...], Messrs. Jules Simon and Michel Bréal have just published writings in which they point out the poverty of teaching. [...] I have not found there any hope of a radical change, and it is such a revolution that is needed at any price.“[2] Sauveur traf in New Haven auf Professor Heness, der neue Ansätze im Fremdsprachenunterricht entwickelt hatte. Sauveur übernahm diese Ansätze, wobei er sich gleichzeitig auf die alten Sprachlehrmethoden von Rabelais und Montaigne stützte, und entwickelte daraus seine „Natürliche Methode“. Wichtigstes Merkmal dabei war der völlige Verzicht auf die Muttersprache, auf Übersetzung und auf Grammatikübungen. Das Hauptelement des Unterrichts war für Sauveur die Kommunikation. Alle Werke zur Vermittlung grammatikalischer Regeln, die zur damaligen Zeit im Fremdsprachenunterricht nach der GÜM eingesetzt wurden, waren für Sauveur wertlos, ja er war sogar überzeugt, dass sie mehr Schaden als Nutzen brachten.[3] Ferner kritisierte er auch die Werke und Unterrichtsmethoden zur Übung von Konversation. Die Gesprächssituationen, die vor der Natürlichen Methode üblich waren, waren nach Sauveur künstlich, simpel und einfallslos. Die damaligen Schüler lernten in den Dialogen keine wirklich wichtigen Themen kennen, in denen sie ihren Geist und ihre Meinung einbringen konnten, sondern sie unterhielten sich über banale Dinge wie etwa das Wetter. Dieser Punkt war für Sauveur eines der entscheidensten Mankos der GÜM. Er wollte ‚richtige’ Konversationen, damit die Schüler auf hohem geistigen Niveau sprechen konnten. Entscheidend hierfür war auch die Kompetenz der Lehrkraft; sie musste die Fremdsprache so gut beherrschen, dass eine Konversation auf hoher geistiger Ebene möglich wurde: „You, who are studying French, need a person to teach it to you, who has at least as may ideas as you. If not, your teacher will not give you a language sufficient to express your ideas; in English you may be an intelligent and educated person, but in French you will be a poor, stupid creature, who can speak of nothing but the rain and the beautiful weather [...].“[4] Sauveurs Methode war sehr erfolgreich und wurde innerhalb von zehn Jahren nach Gründung seiner Sprachenschule als wichtigste neue Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts in Amerika angesehen.

Die Anfänge der natürlichen Sprachlehrmethode nach Berlitz und der heute so erfolgreichen Berlitz-Sprachschulen liegen in den USA. Maximilian D. Berlitz wanderte 1872 nach Amerika aus, mit der Absicht, dort nach der damals vorherrschenden GÜM zu unterrichten. Seine Karriere verlief sehr erfolgreich, und bald stieg er zum Eigentümer des Warner Polytechnic College auf, wo er selbst Deutsch und Französisch unterrichtete. Auf der Suche nach einem Assistenten für Französisch stellte er den Franzosen Nicholas Joly ein. Als dieser seine neue Stelle antreten wollte, war Berlitz erkrankt und Joly musste, ohne ein Wort Englisch zu sprechen, Berlitz’ Schülern Französisch beibringen. Er behalf sich, indem er den Schülern verschiedene Objekte zeigte und ihnen den französischen Namen beibrachte oder Verben spielerisch darstellte. Es stellte sich heraus, dass diese Methode eine sehr viel effektivere Art der Fremdsprachenvermittlung darstellte als die bis dahin fast unumstrittene Grammatik-Übersetzungs-Methode. Die Schüler waren aktiv und interessiert und lernten die Fremdsprache viel schneller als nach der alten Methode.[5] Die Berlitz-Methode war für den Gruppenunterricht mit Erwachsenen, hauptsächlich Einwanderern in die USA, gedacht. Sie begann mit Französisch- und Deutschunterricht, 1882 folgten dann Englisch und weitere Sprachen. Berlitz verfasste zwei Lehrbücher, „Method for teaching modern languages. English Part. First & Second Book”, nach denen alle Lehrer in seinen Sprachschulen unterrichteten. In den 30 Jahren nach Gründung seiner ersten Schule wurde seine Methode so erfolgreich, dass er bis zum Ende des 19. Jahrhunderts insgesamt 16 Schulen in Amerika und weitere 30 in Europa eröffnete. Die Berlitz-Methode, die inzwischen beim Patentamt registriert ist, wird heute durch die Berlitz Languages, Inc. Weltweit in über 450 Sprachcentern unterrichtet und ist somit eine der erfolgreichsten Sprachlehrmethoden überhaupt.

III. Fremdsprachenvermittlung nach der „Natürlichen Methode“

a. Methode nach Lambert Sauveur (1826-1907)

Sauveurs Arbeitsbücher tragen die Titel „Causeries avec mes élèves“ und „Introduction to the Teaching of Living Languages without Grammar or Dictionary“. In letzterem legte Sauveur dar, wie eine Fremdsprache (in diesem Fall Französisch) am besten zu vermitteln sei. Das Hauptaugenmerk richtete Sauveur auf folgende Gesichtspunkte: „The persons who will employ it for the study of French, will learn there a rich and varied language; at the same time they will cultivate their minds and elevate their thoughts.“[6]

Sauveurs Sprachlehrmethode verzichtete völlig auf den Gebrauch der Muttersprache, auf Grammatik und auf ein Wörterbuch, und zwar aus folgendem Grund: „... nothing can solace him [the teacher] for the ennui which grammars cause him; this is a suffering which kills, or at least shortens life, and takes from the mind all freshness and vigor.“[7] Die Schüler sollten von der ersten Unterrichtsstunde an nur die Fremdsprache hören und nur in der Fremdsprache sprechen. Diese erste Unterrichtsstunde beschrieb Sauveur selbst so: „What is then, this lesson? It is a conversation during two hours in the French language with twenty persons who know nothing of this language. After five minutes only, I am carrying on a dialogue with them, and this dialogue does not cease. It continues the following day, and ends only the last day of the year. Not a word of English is pronounced, and everything is understood, and all talk. I have never seen a single pupil who did not understand and talk from his first hour.“[8]

Die wichtigsten Unterrichtsmittel bei Sauveur waren Gesten und Objekte. Dies war vor allem in der ersten Unterrichtsstunde wichtig, da die Schüler zu diesem Zeitpunkt noch über keinen Wortschatz in der Fremdsprache verfügten. Beispielsweise lernten die Schüler das französische Wort für „Finger“, indem der Lehrer seinen Finger hochhielt, ihn den Schülern zeigte und ihn in der Fremdsprache benannte. Genauso wurden auch andere Objekte vermittelt, beispielsweise zeigte der Lehrer auf die Tür und sagte das französische Wort dafür. Konkret lief Sauveurs erste Unterrichtsstunde folgendermaßen ab:

„I raise quickly my finger before you, and show it to you. Do you not understand, whatever language you may be, that that means there is the finger ? And if I point my extended forefinger towards the table or the door, do you not understand that I say, There is the table; there is the door ? And if, on showing you the finger, I say in my French language , Voilà le doigt, do you not understand that the french pronounce these words to indicate that thing? There is my dictionary commenced, and now you understand me instantly, if I continue by saying to you, There is the forefinger; there is the book, etc. Then I count my ten fingers, and you count with me, always in French. We find ten fingers on our hands, and immediately I show them to you; and, drawing an inference form our numeration, I turn my forefinger towards myself, pronouncing these words , I have ten fingers; and I add instantly, pointing my finger towards you, You have ten fingers, madame. Immediately I commence to make you speak, by asking you how many fingers you have, and you answer, I have ten fingers. To a second question, How many fingers have I ? you answer me, You have ten fingers. From this time, the dialogue advances without ceasing again.“[9]

In der ersten Unterrichtsstunde wurden bereits etwa 120 bis 130 Wörter vermittelt, die, laut Sauveur, auch behalten wurden. Die Unterrichtsaktivität lag, vor allem zu Beginn des Sprachenlernens, hauptsächlich beim Lehrer, was eine große Sprachkompetenz der Lehrenden voraussetzte. Aus diesem Grund waren zur damaligen Zeit die Lehrer ausschließlich Personen, deren Muttersprache die zu vermittelnde Fremdsprache war.

Sauveurs Buch „Causeries avec mes élèves“ ist das Begleitbuch zu seinem Fremdsprachenunterricht. Sauveur empfahl, daß das Buch im Unterricht selbst nicht geöffnet werden sollte, sondern daß die Schüler sich damit zuhause auf den Unterricht vorbereiten sollten, und auch das sollte frühestens einen Monat nach Kursbeginn eingeführt werden. Im Unterricht selbst sollten sich die Schüler nur auf das gesprochene Wort konzentrieren.

[...]


[1] Gauntlett, J.O.: Teaching English as a Foreign Language. London: Macmillan & Co. Ltd., 1966. S. 35.

[2] Howatt, A.P.R.; Smith, Richard C. (Hrsg.): Foundations of Foreign Language Teaching. Nineteenth-Century Innovators. Volume 5: Lambert Sauveur and Maximilian Berlitz. London & New York: Routledge, 2000. S. 15/16.

[3] Vgl. Howatt, A.P.R.; Smith, Richard C. (Hrsg.): Foundations of Foreign Language Teaching. Nineteenth-Century Innovators. Volume 5: Lambert Sauveur and Maximilian Berlitz. London & New York: Routledge, 2000. S. 37.

[4] Ibid. S. 43.

[5] Vgl. http://wais.stanford.edu/Language/language_berlitz.html

[6] Howatt, A.P.R.; Smith, Richard C. (Hrsg.): Foundations of Foreign Language Teaching. Nineteenth-Century Innovators. Volume 5: Lambert Sauveur and Maximilian Berlitz. London & New York: Routledge, 2000. S. 3/4.

[7] Howatt, A.P.R.; Smith, Richard C. (Hrsg.): Foundations of Foreign Language Teaching. Nineteenth-Century Innovators. Volume 5: Lambert Sauveur and Maximilian Berlitz. London & New York: Routledge, 2000. S. 10.

[8] Ibid. S. 8.

[9] Ibid. S. 9.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die natürlichen Sprachlehrmethoden nach Sauveur und Berlitz
Hochschule
Universität Regensburg  (Anglistik und Amerikanistik)
Veranstaltung
Seminar Methodische Ansätze der Fremdsprachendidaktik
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V26603
ISBN (eBook)
9783638288873
ISBN (Buch)
9783656619680
Dateigröße
537 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprachlehrmethoden, Sauveur, Berlitz, Seminar, Methodische, Ansätze, Fremdsprachendidaktik
Arbeit zitieren
Nicole Lohr (Autor:in), 2004, Die natürlichen Sprachlehrmethoden nach Sauveur und Berlitz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26603

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