Die Beziehungen Marokkos zu Europa, im Besonderen der Europäischen Union


Seminararbeit, 2003

17 Seiten, Note: Sehr Gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die bilateralen Beziehungen zu Frankreich und Spanien
2.1. Kurzer historischer Abriss der Beziehungen zur Kolonialmacht Frankreich
2.2. Der heutige Stand der Beziehungen zu Frankreich
2.3. Die Beziehungen zu Spanien

3. Die EU und der Mittelmeerraum
3.1. Historischer Abriss: Die vier Phasen der Mittelmeerpolitik der EU
Phase 1: Die ersten Assoziationsabkommen, die 60er
Phase 2: Die globalere Ausrichtung der Mittelmeerpolitik; ab
Phase 3: Eine erneuerte Mittelmeerpolitik; ab
Phase 4: Von der euro-maghrebinischen zur euro-mediterranen Partnerschaft 1992 -
3.2. Der Barcelona Prozess, Beginn einer multilateralen Initiative der EU im Mittelmeerraum
3.3. Die Ziele und Struktur der euro-mediterranen Kooperation nach Barcelona

4. Marokkos Beziehungen zur EU
4.1. Der Status Quo der interregionalen Aktivitäten Marokkos sowie der Abkommen mit der EU

5. Das Assoziationsabkommen EU - Marokko
5.1. Die Natur und Struktur der der Assoziationsabkommen neuen Generation
5.2. Das Assoziationsabkommen mit Marokko

6. Finanzielle Kooperation: Finanzprotokolle und das MEDA Programm

7. Konklusion: Wem nützt die Euro-Mediterrane Integration? Perspektiven für Marokko

Abkürzungsverzeichnis

Dokumente und Primärquellen

Literatur

1. Einleitung

Das Ziel dieser Arbeit ist, die Beziehungen Marokkos zu Europa darzustellen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Beziehungen zur Europäischen Union und deren neuester Initiative, der Euro-Mediterranen Partnerschaft. Die Ursprünge der Beziehungen liegennatürlich vor der Periode der Kolonialzeit, doch während letzterer hat sich der enge Kontakt des Königreiches zum angrenzenden Europa begründet. Diese Zeit ist auch für die heutigen Beziehungen noch prägend Aus diesem historischen Kontext heraus beschreibe ich die erste der drei Säulen der Beziehungen Marokkos zu Europa, und zwar der bilateralen Beziehungen zu europäischenStaaten, primär Frankreich und sekundär Spanien. Die zweite der Säulen sind die nach demEntstehen der Europäischen Gemeinschaft und später Union getroffenen bilateralenAbkommen zwischen Marokko und der Union. Die dritte und jüngste Säule sind diemultilateralen Konferenzen des in Barcelona begonnenen Prozess einer euro-mediterranenPartnerschaft. Sie sind als Ergänzung der bilateralen Beziehungen gedacht, bzw. schaffen sieeinen neuen Rahmen für diese (z.B. die Grundstruktur der Assoziationsabkommen). DiesePartnerschaft ist multilateral strukturiert, sie schließt die Mittelmeeranrainerstaaten ein, undsoll die bisherige beinahe rein ökonomische Beziehungen um kulturelle und soziale Aspekteerweitern.

Methodisch möchte ich Primärquellen der Analyse unterziehen, wie zum Beispiel das Assoziationsabkommen Marokkos mit der Eu, sowie die Erkenntnisse durch Konsultation vonSekundärliteratur erweitern. Ich peile eine historisch-politikwissenschaftliche Darstellung an,die jedoch trotz des limitierten Platzes juristische und ökonomische Aspekte nichtausklammern soll.

Den Ausgangspunkt für meine Darstellung bildet daher ein historischer Abriss der Beziehungen zur Kolonialmacht Frankreich. Dann folgt eine Betrachtung des Status quo der bilateralen Beziehungen zu Frankreich sowie Spanien, das in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Ich beschränke mich dabei auf die groben Züge der Beziehungen, gehe etwa nicht im Detail auf die bilateralen Verträge ein und klammere auch die WestsaharaProblematik weitgehend aus. Diese war ein problematischer Punkt der Beziehungen zuFrankreich und Spanien. Heutzutage ist es jedoch um sie, zumindest in Bezug auf dieBeziehungen zu Marokko, still geworden.

Darauf folgt eine Darstellung der Entwicklung der europäischen Mittelmeerpolitik. In diesemKontext betrachte ich Marokko im multilateralen Barcelona Prozess. Im Anschluss skizziere ich die aktuelle Lage Marokkos im internationalen Kontext. In diesem Zusammenhang werde ich kurz auf regionale Kooperationen eingehen, die ihrerseits mit der EU in Beziehung treten wollen. Ein Beispiel wäre die UMA, l’Union du Maghreb Arabe, der Versuch einerKooperation der Maghrebländer.

Dann werde ich das Assoziationsabkommen näher betrachten; den bilateralen Teil der Beziehung zu Europa. Den Schlusspunkt bilden die finanziellen Instrumente der Kooperation, gefolgt von der Konklusion, die sich ökonomischen Perspektiven widmet.Der Prozess der Integration im Mittelmeer steht in Konkurrenz zu jenem im Osten. JederIntegrationsprozess in der Union von der gesetzten Priorität und den somit zugeteilten Mitteln abhängig. In diesem Kontext könnte der Erweiterungsprozess der Union in Richtung Osten den Integrationsprozess im Mittelmeerraum beeinflussen, zwei Prozesse mit unterschiedlichen Zielsetzungen: Im ersteren die Erweiterung der Union, durch Beitritt der beteiligten Länder; im letzteren die Schaffung einer Freihandelszone bis 2010.

2.Die bilateralen Beziehungen zu Frankreich und Spanien

2.1. Kurzer historischer Abriss der Beziehungen zur Kolonialmacht Frankreich

Den Grundstein für die wirtschaftliche und auch politische Orientierung Marokkos primär Richtung Europa legt die Kolonialmacht Frankreich, die nach dem Abkommen von Algésirasvon 1906 bis 1912 den Grossteil Marokkos besetzt und 1912 ein Protektorat einrichtet, das biszur Unabhängigkeit 1956 besteht. 1957 konstituiert sich Marokko als Königreich.1 Im selben Jahr schließt das junge Königreich mehrere Kooperationsverträge (conventions decoopération administrative, technique, culturelle, judiciaire) mit der Ex-Kolonialmacht, dieden 35 000 Beamten des Protektorats ermöglicht, als technische Berater weiter zu arbeiten.Noch 1963, sieben Jahre nach der Unabhängigkeit, kontrolliert die französische Industrie dieHälfte der marokkanischen. Der marokkanische König Hassan II fühlt sich bemüßigt, dieDekolonialisierung voran zu treiben. Die „Politik der Marokkanisierung“ von Grundbesitzsowie Fabriken führt zwar zu einem Rückgang der französischen Präsenz, jedoch naturgemäßzu einem gespannteren Verhältnis zu Frankreich. Die Spannungen zwischen Frankreich unterGénéral de Gaule und Marokko unter Hassan II gipfeln in der Affäre Ben Barka. Unter Valéry Giscard d’Estaing normalisieren sich die Beziehungen wieder und münden in eine intensivierte Kooperation, die unter François Mitterrand fortgesetzt wird.2

2.2. Der heutige Stand der Beziehungen zu Frankreich

Frankreich war und ist der wichtigste wirtschaftliche Partner, der größte Kreditgeber und finanzieller Partner. Mehr als 400 französische multinationale Konzerne sind in Marokko tätig. Die größte Anzahl von Touristen in Marokko kommt aus Frankreich, die meisten marokkanischen Emigranten gehen dorthin.

Die französische Botschaft in Rabat wird von der französischen Diplomatie als die viertwichtigste nach Berlin, London und Washington eingestuft. Frankreich unterhält das größte Netz kultureller Institutionen und Bildungseinrichtungen, was zur Erhaltung des hohen Verbreitungsgrades der französischen Sprache beiträgt, insbesondere bei der politischen und wirtschaftlichen Elite Marokkos.

Frankreich beansprucht die Mittlerrolle zwischen der EU und den arabischen Staaten im Maghrebraum, fundiert auf den guten Beziehungen, wurzelnd in der historischen Präsenz.3

2.3. Die Beziehungen zu Spanien

In den neunziger Jahren werden die Beziehungen zwischen Spanien und Marokko immer enger. Insbesondere im Rahmen der wirtschaftlichen Beziehungen übertrifft Spanien den Haupthandelspartner Marokkos, Frankreich, in gewissen Jahren (im Bereich desWarenaustausches wie im Bereich der Direktinvestitionen).

Spanien ist an seinem südlichen Nachbarn aufgrund verschiedener Kontaktpunkte besondersinteressiert, seien dies die Fischereizone, marokkanische Immigranten, Gastarbeiter,Studenten, illegale Immigration, Drogenschmuggel, nicht zuletzt die landwirtschaftlicheKonkurrenz.

Spanien, das wieder eine bedeutende Macht im Mittelmeerraum werden will, sieht in Marokko seine Speespitze in Nordafrika. In dieser Hinsicht versucht es auch kulturell Einfluss zu gewinnen, durch die Schaffung eines Netzes spanischer Schulen.4

3. Die EU und der Mittelmeerraum

3.1. Historischer Abriss: Die vier Phasen der Mittelmeerpolitik der EU

Phase 1: Die ersten Assoziationsabkommen, die 60er

Die erste Phase der Beziehungen der EG zum Mittelmeerraum in den 60er Jahren ist geprägt durch das geopolitische Interesse Griechenland und die Türkei im westlichen Block zu halten. Außer diesen Ländern sind nur die Maghrebstaaten Marokko und Tunesien Gegenstand einer gemeinschaftlichen Politik.5

Die Europäische Gemeinschaft legt mit dem Art. 238 im Vertrag von Rom im Jahr 1957 den Grundstein für die Erhaltung der Beziehungen zu den Kolonien nach deren Unabhängigkeit. Zu Beginn sind diese Beziehungen von Frankreich geprägt, das über starke wirtschaftliche Bindung zu vor allem Marokko und Tunesien verfügt. 1963 regen diese beiden LänderVerhandlungen über Assoziationsverträge an, die im Jahr 1969 unterzeichnet werden. Diese Verträge sind reine Wirtschaftsabkommen, beinhalten jedoch eine Klausel, welche dieRespektierung der Charta der Vereinten Nationen vorschreibt.

Phase 2: Die globalere Ausrichtung der Mittelmeerpolitik; ab 1972

Am Gipfel von Paris, 1972, wird die Basis für Verhandlungen über eine engere Kooperationmit den Mittelmeeranrainerstaaten sowie Jordanien gelegt, die 1973 beginnen. Es wird nichtein multilateraler Vertrag geschlossen, wie im Rahmen der AKP, sondern parallel zwischenEG und den einzelnen Staaten verhandelt. Die Verträge, nunmehr Kooperationsverträge,werden im April 1976 mit den drei Maghrebstaaten geschlossen, mit Ägypten, Jordanien undSyrien im Jänner 1977, dem Libanon im Mai 1977, und Jugoslawien im April 1980. Das Zieldieser Verträge ist die Zirkulation von Industriegütern zu erleichtern, sowie, jedochbeschränkt, von Agrarprodukten. Bei ersteren werden die Zollbeschränkungen aufgehoben,bei letzteren nur reduziert.

Die Aufnahme Spaniens und Portugals in die EG 1986 veranlasst Marokko zu einem symbolischen Akt im Juli 1987, um seine politische Orientierung Richtung Europa zu demonstrieren: dem Ansuchen um Aufnahme in die EG. Die Außenminister der zwölf weisen dieses Ansuchen erwartungsgemäß zurück, es führt jedoch zu einer Wiederbelebung des euromarokkanischen Dialogs.

Am 24. Februar 1987 wird ein Fischereiabkommen zwischen der EG und Marokko geschlossen, das die bestehenden Abkommen mit Portugal und Spanien ersetzt und auf alle Mitgliedstaaten erweitert. Das Kooperationsabkommen EG-Marokko von 1976 - sowie die der anderen Mittelmeeranrainerstaaten - werden an die durch die Aufnahme von Spanien und Portugal geänderten Bedingungen angepasst.

Das Ziel der Verträge der 2. Generation ist, den Warenaustausch zwischen der EG und den Mittelmeeranrainerstaaten zu stimulieren, die industrielle sowie landwirtschaftlicheEntwicklung zu fördern und Finanzmittel in der Form von Hilfen und Darlehen in diese Länder zu transferieren.

Der Erfolg dieser Politik bleibt aus, der Austausch bleibt einseitig und die Abhängigkeit der Mittelmeeranrainerstaaten vergrößert sich, anstatt dass ihre Wirtschaft konsolidiert wird. Deshalb unternimmt die EG eine weitere Änderung ihrer Mittelmeerpolitik.

Phase 3: Eine erneuerte Mittelmeerpolitik; ab 1989

1989 publiziert die europäische Kommission eine Evaluierung der Mittelmeerpolitik seit den 70ern sowie den Vorschlag einer Adaption im Dokument „Vers une PolitiqueMéditerranéenne Rénovée“.6

1992 schafft die, seit dem Maastrichter Vertrag nunmehr Europäische Union, den juristischenRahmen für die Erweiterung der Kooperation durch eine Erhöhung der Finanzhilfe und einenverbesserten Zugang zum europäischen Markt, die regionale Dimension der Kooperationgewinnt an Bedeutung. Der institutionelle Rahmen, auf Basis der Kooperationsverträge, wirdbelassen.7

Phase 4: Von der euro-maghrebinischen zur euro-mediterranen Partnerschaft 1992 - 1995

Seit 1992 entwickelt sich parallel zur erneuerten Mittelmeerpolitik das Projekt der EuroMediterranen Partnerschaft.

Die Pfeiler dieser Partnerschaft sollen sein:

- politischer Dialog
- wirtschaftliche Kooperation
- freier Warenaustausch
- finanzielle Zusammenarbeit

[...]


1 historische Eckdaten aus Le Petit Larousse

2 SEIGNARD Laurent: Le Pari européen du Maroc, S70 in NOUAILHAT Yves-Henri

3 VERMEREN, Pierre; 2001; S223-224

4 VERMEREN, Pierre; 2001; S223

5 aus KHADER Bichara: Le Partenariat euro-méditerranéen: le processus de Barcelone, une synthèse de la problematique in KHADER Bichara (éd); 2001 sowie MEKAOUI, Adam ; 2000

6 Communication de la Commission au Conseil SEC (90) 812 final «Vers une politique méditerranéennerénovée»

7 MEKAOUI, Adam; 2000; S35

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Beziehungen Marokkos zu Europa, im Besonderen der Europäischen Union
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Die EU und der Nahe Osten - Entstehung einer gemeinsamen Außenpolitik
Note
Sehr Gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
17
Katalognummer
V26592
ISBN (eBook)
9783638288811
ISBN (Buch)
9783638806190
Dateigröße
498 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Beziehungen, Marokkos, Europa, Besonderen, Europäischen, Union, Nahe, Osten, Entstehung, Außenpolitik
Arbeit zitieren
Mag. Stefan Svec (Autor:in), 2003, Die Beziehungen Marokkos zu Europa, im Besonderen der Europäischen Union, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26592

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