Krieg und Frieden im Angesicht des Klimawandels

Eine Analyse der vom anthropogenen Klimawandel ausgehenden Konfliktrisiken


Bachelorarbeit, 2012

65 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis und chemische Symbole

1. Einleit
1.1 Problemstellu
1.2 Aufbau der Arbei

2. Der anthropogene Klimawande
2.1 Bisherige Beobachtunge
2.1.1 Klimaänderung
2.1.2 Auswirkunge
2.2 Ursac
2.3 Zukunftsszenarie
2.3.1 Emissionen und Klimaänderungen
2.3.2 Auswirkunge

3. Gewaltsame Konflikte und ihre Ursac
3.1 Definition gewaltsamer Konfli
3.2 Konfliktursach
3.2.1 Ökonomische Konfliktursach
3.2.2 Politische Konfliktursac
3.2.3 Demographische und ethnische Konfliktursache
3.2.4 Migration als Konfliktursa
3.2.5 Konfliktgeschichte als konfliktrelevante Rahmenbedingun
3.2.6 Geographie als konfliktrelevante Rahmenbedingun

4. Der Zusammenhang von Klimawandel und Gewaltkonflikten
4.1 Erkenntnisse aus der Umweltkonfliktforschu
4.2 Klimabedingte Konfliktkonstellationen
4.2.1 Der Einfluss des Klimawandels auf konfliktrelevante Kontextbedingunge
4.2.2 Klimabedingter Wassermangel
4.2.3 Ernährungsunsicherheit und Landnutzungskonflikte infolge des Klimawand
4.2.4 Extremwetterereignisse
4.2.5 Klimabedingte Migrat
4.3 Ausgewählte regionale Brennpunkte
4.3.1 Sahelzone
4.3.2 Südasi
4.3.3 Andenregion
4.4 Zwischenstaatliche und globale Herausforderungen und Risike
4.5 Die Gefahr der Versicherheitlichung des Klimawand
4.6 Maßnahmen zur Reduktion des klimabedingten Konfliktrisi

5. Fazit

Literaturverzeich

Abkürzungsverzeichnis und chemische Symbole

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Spätestens seit der Verleihung des Friedensnobelpreises an Al Gore infolge seines Films „Eine unbequeme Wahrheit“ sowie an das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) im Jahr 2007 wird die Rolle des Klimawandels als Auslöser von Gewaltkonflikten in der Öffentlichkeit, Politik und Wissenschaft kontrovers diskutiert.

Die möglicherweise sicherheitspolitischen Risiken des Klimawandels wurden aber auch von weiteren internationalen Akteuren aufgegriffen. Die EU-Kommission sieht im Klima­wandel einen Bedrohungsmultiplikator und bereits heute sowie in Zukunft ein Problem für die internationale Sicherheit (vgl. Europäische Kommission, 2008, S. 2 & 8). Der UN-Sicherheitsrat „expresses its concern that possible adverse effects of climate change may, in the long run, aggregate certain existing threats to international peace and security“ (UNSC, 2011, S. 1). Der UN-Generalsekretär Ban Ki-moon stellte gar einen Zusammen­hang des Darfurkonflikts mit dem Klimawandel her, indem er den Beginn des Konflikts als ökologische Krise bezeichnete, die zumindest in Teilen auf den Klimawandel zurückzufüh­ren sei (vgl. Ban, 2007). Zudem veröffentlichte der Wissenschaftliche Beirat der Bundesre­gierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) 2007 die weltweit erste umfassende wissenschaftliche Auseinandersetzung zum Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und dessen Auswirkungen auf die Sicherheit (vgl. WBGU, 2007).

Doch bewirkt der Einfluss des Menschen überhaupt die Änderung vieler natürlicher physi­kalischer und biologischer Systeme? Verursachen wir gar Bedingungen, mit denen es der aufrecht gehende Mensch noch nie zu tun hatte (vgl. Rahmstorf, 2009, S. 21)? Welche Mechanismen und Ursachen liegen gewaltsamen Konflikten generell zugrunde? Und droht durch die Auswirkungen des Klimawandels tatsächlich die Destabilisierung von Gesell­schaften und Regionen und somit ein erhöhtes Risiko von Gewaltkonflikten?

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Antworten auf diese Fragen zu finden. Dabei wird insbesondere der zentralen Problemstellung nachgegangen, ob und unter welchen Umstän­den die Folgen des Klimawandels zu gewaltsamen Konflikten führen und wie diese be­züglich ihrer Intensität und Reichweite aussehen können.

1.2 Aufbau der Arbeit

Existiert der Klimawandel und ist er vom Menschen verursacht? Dieser Frage soll im folgenden Kapitel durch die Zusammenfassung des Stands der Klimawandelforschung nachgegangen werden. Dabei wird zunächst auf die bereits beobachteten Klimaänderungen und deren Auswirkungen eingegangen. Daran schließt sich eine Ursachenanalyse an, die gleichzeitig die Frage beantworten soll, ob der Klimawandel auf den Menschen zurückzu­führen ist oder durch natürliche Schwankungen erklärt werden kann. Abschließend werden die zukünftig zu erwartenden klimatischen Entwicklungen sowie deren mögliche Auswir­kungen dargestellt.

Das dritte Kapitel widmet sich Ergebnissen der Konfliktforschung. Zu Beginn wird hierbei eine Definition gewaltsamer Konflikte gegeben. Anschließend werden in einem Überblick die in der Konfliktforschung als relevant erachteten Konfliktursachen und Rahmenbedin­gungen vorgestellt. Dabei werden mögliche umwelt- und klimabedingte Ursachen mit Verweis auf das anschließende Kapitel bewusst ausgelassen.

Der zentralen Fragestellung der Arbeit, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Klima­wandel und gewaltsamen Konflikte gibt, wird im vierten Kapitel nachgegangen. Da die klimabezogene Konfliktforschung als Fortsetzung der Umweltkonfliktforschung anzuse­hen ist, wird zunächst die Frage beantwortet, inwieweit Umweltveränderungen zu Kon­flikten führen können. Daran anknüpfend werden mögliche, durch den Klimawandel verursachte Konfliktkonstellationen aufgezeigt. Können die Folgen des Klimawandels z.B. die im dritten Kapitel vorgestellten konfliktrelevanten Kontextbedingungen verstärken? Tragen der klimabedingte Wassermangel sowie Landdegradation und Ernährungsunsicher­heit zu Konflikten bei? Können Extremwetterereignisse und klimabedingte Migration zu Gewaltkonflikten führen? In Kapitel 4.3 werden anschließend mit der Sahelzone, Südasien sowie der Andenregion drei potenzielle regionale Brennpunkte gewaltsamer Konflikte infolge des Klimawandels vorgestellt. Weiterführend wird auf mögliche klimabedingte zwischenstaatliche Konflikte und globale Sicherheitsrisiken eingegangen. Kann beispiels­weise das Schmelzen des arktischen Eispanzers zu Ressourcenkonflikten zwischen den Anrainern des Nordpols führen? Mit der Betrachtung des Klimawandels als sicherheitspo­litischem Problem geht jedoch auch die Gefahr der „Versicherheitlichung“ und somit der unangemessenen und potenziell militärischen Reaktion auf zivile Probleme einher. Darauf wird in Kapitel 4.5 näher eingegangen. Das vierte Kapitel wird mit einem Überblick über mögliche Maßnahmen zur Reduktion des klimabedingten Konfliktrisikos abgeschlossen.

Schließlich werden die gefundenen Ergebnisse im fünften Kapitel zusammengefasst und auf weiteren Forschungsbedarf in der noch jungen Klimakonfliktforschung hingewiesen.

2. Der anthropogene Klimawandel

Insbesondere durch die Veröffentlichung des vierten Sachstandsberichts des IPCC im Jahr 2007 gelang dem Klimawandel der Durchbruch in der öffentlichen Wahrnehmung (vgl. Fuchs, 2010, S. 42). Hierbei lässt sich feststellen, dass sich die Daten- und Beweislage von Bericht zu Bericht klarer und verbesserter darstellt und inzwischen gesicherte Erkennt­nisse über den Klimawandel verfügbar sind (vgl. IPCC, 2008, S. 30ff. & 82).

Unter einer Klimaänderung, aufgrund natürlicher Schwankungen oder menschlicher Akti­vitäten, ist dabei im Verständnis des IPCC die „Zustandsänderung des Klimas, die über Änderungen von Mittelwerten und/oder der Variabilität seiner Eigenschaften identifi­ziert werden kann [...], und die über einen ausgedehnten Zeitraum bestehen bleibt“ (ebd., S. 34) zu verstehen. Unter diesen Voraussetzungen soll im Folgenden der aktuelle Stand der Klimawandelforschung dargestellt werden.

2.1 Bisherige Beobachtungen

2.1.1 Klimaänderungen

Die globale Erwärmung kann durch den Anstieg der mittleren globalen Luft- und Meeres­temperatur, das ausgedehnte Abschmelzen von Schnee und Eis sowie den Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels beobachtet werden (vgl. ebd.). Dabei ist die Mitteltem­peratur als Mittelung über alle Weltregionen sowie Tages- und Jahreszeiten zu verstehen (vgl. Reusswig, 2010, S. 77).

Anhand der Daten zwischen 1906 und 2005 ist bereits eine mittlere Erwärmung von 0,74°C festzustellen. Zum einen ergeben sich dabei jedoch regional teilweise erhebliche Abweichungen vom globalen Trend, sodass vor allem in nördlichen Breiten eine stärkere Erwärmung zu beobachten ist, wodurch die Arktis beispielsweise einen im Vergleich zum globalen Mittel doppelt so starken Temperaturanstieg aufweist. Zum anderen erwärmen sich Landregionen schneller als die Ozeane. (vgl. IPCC, 2008, S. 34; The Government Office for Science, 2011, S. 23; WBGU, 2007, S. 60)

Die bereits stattfindende Erwärmung der Erde wird darüber hinaus anhand einiger Tempe­raturextreme der jüngeren Vergangenheit deutlich. So stellen die vergangenen zwei Jahr­zehnte die zwei wärmsten Dekaden seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen 1850 dar, wobei das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts nochmals 0,2°C wärmer als das vorange­gangene war (vgl. The Government Office for Science, 2011, S. 22). Aber auch die Hitze­welle 2010 in Russland, bei der der heißeste Moskauer Monat Juli aller Zeiten zu ver­zeichnen war, kann – wenngleich es schwierig ist, dem Klimawandel einzelne Klimaer­eignisse zuzuschreiben – mit einer Wahrscheinlichkeit von 80% auf den Klimawandel zurückgeführt werden (vgl. Harmeling, 2011, S. 7f.). Der Juli 2012 stellte in den USA ebenfalls den heißesten Monat seit Beginn der Aufzeichnungen dar und ging mit einer Dürre einher, von der mehr als 60% des Landes betroffen waren (vgl. NOAA National Climatic Data Center, 2012). Zudem konnte in den Jahren 1950 bis 2000 mit einer Wahr­scheinlichkeit von über 90% der wärmste 50-Jahres-Abschnitt auf der Nordhalbkugel seit mindestens 500 Jahren verzeichnet werden (vgl. IPCC, 2008, S. 35).

Durch die globale Erwärmung zeigen sich aber auch Veränderungen in den Nieder­schlagsmustern, bei denen sich wiederum regionale Unterschiede feststellen lassen. Da eine wärmere Atmosphäre mehr Wasser aufnehmen kann, erhöht sich sowohl die Gefahr intensiverer Niederschläge als auch längerer Trockenperioden (vgl. CNA, 2007, S. 57). Im Zeitraum zwischen 1900 und 2005 zeigten sich verstärkte Niederschläge vor allem in Nordeuropa, Zentralasien sowie dem östlichen Nord- und Südamerika. Abnehmende Niederschläge hatten dagegen die Sahelzone, der Mittelmeerraum, das südliche Afrika und Teile Südasiens zu verzeichnen. (vgl. IPCC, 2008, S. 34)

2.1.2 Auswirkungen

Die dargestellten klimatischen Veränderungen rufen bereits vielfältige Auswirkungen hervor. Im letzten Jahrhundert ist der Meeresspiegel mit zunehmender Geschwindigkeit um insgesamt 15 bis 20cm gestiegen. Dies ist zu etwa gleichen Teilen auf die thermische Ausdehnung des Wassers und den Beitrag des zunehmenden Schmelzwassers zurückzu­führen. In den tausend Jahren zuvor findet sich kein annähernd vergleichbarer Wert eines derartigen Anstiegs. (vgl. IPCC, 2008, S. 34; WBGU, 2007, S. 65ff.)

Die seit 1978 verfügbaren Satellitendaten belegen außerdem einen Rückgang der Eis- und Schneebedeckung in vielen Gebieten. Ein Eisverlust von 2,7% pro Jahrzehnt ist in der Arktis festzustellen, aber auch Grönland, die westliche Antarktis und viele Gletscher leiden unter einem Rückgang ihrer Eisbedeckung. Zudem nimmt der saisonal gefrorene Boden in der Nordhemisphäre ab, die Permafrostböden der Arktis erwärmen sich und tauen – mit negativen Folgen für die Stabilität der Siedlungen vieler indigener Völker – bereits teil­weise auf. (vgl. CNA, 2007, S. 58; Fuchs, 2010, S. 41f.; IPCC, 2008, S. 34)

Die Zunahme der Intensität extremer Wetterereignisse mit einer damit einhergehenden Gefahr für die menschliche Gesundheit ist wahrscheinlich ebenfalls auf bereits stattfin­dende klimatische Veränderungen zurückzuführen. Hierunter fallen beispielsweise die durch höhere Meeres- und Atmosphärentemperaturen begünstigten stärkeren tropischen Stürme, die durch intensivere Niederschläge und den Anstieg des Meeresspiegels aus­gelöste­n Flutkatastrophen sowie die zunehmende Zahl extremer Hitzewellen. Dabei erwei­sen sich vor allem ärmere Staaten verwundbar, was sich durch 19 vertretene Ent­wick­lungsländer unter den ersten 20 Staaten des Climate Risk Index widerspiegelt (vgl. Harmeling, 2011, S. 5ff.). Doch auch in Ländern mit höheren Anpassungskapazitäten können extreme Wetterereignisse verheerende Wirkungen entfalten. Dies haben z.B. der Wirbelsturm „Katrina“ in den USA im Jahr 2005, aber auch die mitteleuropäische Hitze­welle im Jahr 2003 mit geschätzten 30.000 bis 50.000 Todesopfern sowie die Hitzewelle im Jahr 2010 in Russland mit etwa 55.000 Todesopfern gezeigt. (vgl. CNA, 2007, S. 58; IPCC, 2008, S. 35ff. & 62; The Government Office for Science, 2011, S. 24; WBGU, 2007, S. 60)

Außerdem lassen sich bereits Auswirkungen auf physikalische und biologische Systeme durch regionale Temperaturänderungen beobachten. Zahlreiche Gletscherseen vergrößern sich und von Gletschern und Schnee gespeiste Flüsse weisen erhöhte Abflussmengen auf. Weiterhin erwärmen sich Gewässer mit negativen Folgen für die Wasserqualität, treten biologische Prozesse im Frühjahr eher ein und verschieben sich geographische Verbreitun­gen von Pflanzen- und Tierarten. (vgl. IPCC, 2008, S. 36)

2.2 Ursachen

Der Grund dafür, dass auf der Erde eine derzeitige Durchschnittstemperatur von etwa +15°C herrscht, ist der sogenannte Treibhauseffekt. Dieser ist ganz natürlich und lebens­notwendig, da ohne ihn eine mittlere Temperatur von -18°C zu erwarten wäre (vgl. Rahmstorf, 2009, S. 19f.). Der Treibhauseffekt ergibt sich durch Treibhausgase in der Atmosphäre, die kurzwellige Sonnenstrahlen passieren lassen, nicht jedoch die von der Erde infolge dessen ausgehenden langwelligen Wärmestrahlen, wodurch sich die Atmo­sphäre erwärmt (vgl. ebd., S. 18f.). Als wichtigste Treibhausgase sind dabei Kohlenstoffdi­oxid (CO2), Methan (CH4), Lachgas (N20), halogenierte Kohlenwasserstoffe und Wasserdampf anzusehen, die sich hinsichtlich ihrer Strahlungseigenschaften und Lebens­dauer in der Atmosphäre unterscheiden (vgl. IPCC, 2008, S. 40f.; Rahmstorf, 2009, S. 19). Der Zusam­menhang von Emissionen und der Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre ist jedoch nicht linear, sondern dynamisch, da die terrestrische und marine Biosphäre, vor allem in Form der Ozeane und Wälder, CO2im sogenannten Kohlenstoff­kreislauf aufneh­men (vgl. Reusswig, 2010, S. 77f.). Darüber hinaus haben Aerosole, also Gemische aus festen und flüssigen Schwebeteilchen und Gasen, wie Sulfat, organischer Kohlenstoff, Ruß, Staub und Nitrat einen kühlenden Effekt und Einfluss auf den Nieder­schlag (vgl. IPCC, 2008, S. 41).

Diesen natürlichen Treibhauseffekt verstärkt der Mensch seit Beginn der Industrialisierung durch die zunehmende Emission von Treibhausgasen. Allein zwischen 1970 und 2004 stiegen die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen um 70% (vgl. ebd., S. 40). In der jüngeren Vergangenheit nahmen die Emissionen weiter zu. Betrug die jährliche Wachstumsrate zwischen 1990 und 2000 etwa 1%, so lag sie zwischen den Jahren 2000 und 2010 bei durchschnittlich 3,4% (vgl. Reusswig, 2011, S. 698f.). Zudem konnte durch Eiskernbohrungen festgestellt werden, dass die globale atmosphärische Konzentration der Treibhausgase als Folge menschlicher Aktivität die natürliche Bandbreite der letzten 650.000 Jahre bei weitem übertrifft (vgl. IPCC, 2008, S. 41; Rahmstorf, 2009, S. 21). Der Anstieg der Treibhausgase ist hierbei vor allem auf die Sektoren Energiegewinnung, Land­nut­zung, Industrie, Verkehr und Landwirtschaft zurückzuführen (vgl. Stern, 2006, S. 4).

Während der Mensch nur indirekte Einwirkung auf die Wasserdampfkonzentration in der Atmosphäre hat (vgl. Rahmstorf, 2009, S. 22f.), stellt CO2mit etwa 77% aller anthropoge­ner – also vom Menschen verursachter – Emissionen das wichtigste Treibhausgas dar (vgl. IPCC, 2008, S. 40). Seit Beginn der Industrialisierung stieg dessen atmosphärische Konzen­tration um 38% von 280ppm auf 386,8ppm im Jahr 2009. Dabei stammen die Emissionen vor allem aus der Nutzung fossiler Brennstoffe und aus Landnutzungsände­rungen wie Entwaldungen. Der Anstieg der Methanemissionen um 152% von 715ppb auf 1803ppb ist insbesondere auf die Landwirtschaft sowie die Nutzung fossiler Brennstoffe zurückzuführen. Die Landwirtschaft ist ebenfalls zum größten Teil für den Anstieg der Lachgasemissionen um 19% von 270ppb auf 322,5ppb verantwortlich. (vgl. IPCC, 2008, S. 41; The Government Office for Science, 2011, S. 22)

Vor dem Hintergrund einer derartigen Emissionssteigerung und dem Wissen über die Bedeutung der Treibhausgase für den Treibhauseffekt ist die globale Erwärmung der letzten 50 Jahre nur noch mit Modellen zu erklären, die den menschlichen Einfluss mitein­beziehen (vgl. CNA, 2007, S. 56; IPCC, 2008, S. 41ff.; The Government Office for Science, 2011, S. 22). Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit lässt sich folglich sagen, dass der menschliche Einfluss gegenüber natürlichen Veränderungen des komplexen Geo-Öko­systems überwiegt und diese somit nicht mehr zur Erklärung des Klimawandels ausreichen (vgl. Rahmstorf, 2009, S. 26ff.; Voss, 2010, S. 18). Die Schwankungen der Sonnenaktivität haben beispielsweise einen vergleichsweise geringen Einfluss von etwa 5% gegenüber den Treibhausgasen (vgl. CNA, 2007, S. 57). Zudem wäre die Erwärmung vermutlich bereits höher ausgefallen, hätten vulkanische und anthropogene Aerosole einen Teil des Tempe­raturanstiegs nicht aufgehoben (vgl. IPCC, 2008, S. 45).

2.3 Zukunftsszenarien

2.3.1 Emissionen und Klimaänderungen

Aussagen über zukünftige Emissionen und Klimaänderungen lassen sich mit Hilfe ver­schiedener Szenarien anstellen, denen unterschiedliche Annahmen zu soziökonomischen, demographischen und technologischen Wandlungsprozessen zu Grunde liegen. Gestärktes Vertrauen in derartige Szenarien ergibt sich daraus, dass die Projektionen des ersten IPCC Berichts für den Zeitraum von 1990 bis 2005 zutrafen (vgl. ebd., S. 49). Solche Szenarien sind dennoch mit gewissen Unsicherheiten verbunden, vor allem durch na­türliche Klimaschwankungen, die das Klima etwas kühler oder wärmer machen können, die Rolle plötzlicher Skalensprünge durch das Erreichen sogenannter Kipppunkte und das teilweise unsichere Verständnis über Wolkenbildung, Aerosole und Rückkopplungseffekte (vgl. Rahmstorf, 2009, S. 33; Voss, 2010, S. 20f.). Als Rückkopplungseffekte können z.B. die abnehmende Reflexion schmelzender Schnee- und Eisschichten, die zu größerer Er­wärmung führt, frei werdendes Methan durch auftauende Permafrostböden, aber auch eine abnehmende CO2-Aufnahmefähigkeit der Ozeane und der Biosphäre angesehen werden (vgl. CNA, 2007, S. 58; Rahmstorf, 2009, S. 34; The Government Office for Science, 2011, S. 23; Voss, 2010, S. 19).

Unabhängig von verschiedenen Szenarien und somit der Stärke des Klimawandels lassen sich jedoch einige allgemeine Aussagen treffen, wonach Änderungen der Wind-, Nieder­schlags- und Temperaturmuster wahrscheinlich sind. Diesbezüglich findet die größte Erwärmung in den meisten hohen nördlichen Breiten, aber auch im Amazonasgebiet und in Teilen Chinas statt. Niederschläge nehmen sehr wahrscheinlich in höheren Breiten zu, wohingegen eine Abnahme über der Amazonasregion, dem südlichen Afrika, Südostasien, dem Mittelmeer­raum und dem östlichen Australien wahrscheinlich ist. Somit zeigen sich regional deutli­che Unterschiede, wobei das verdunstete Wasser nicht zwangsläufig über den Gebieten abregnet, in denen es verdunstet. Global ist bei einer Erwärmung mit einer Zunahme der Niederschläge zu rechnen. (vgl. IPCC, 2008, S. 51; The Government Office for Science, 2011, S. 30ff.; WBGU, 2007, S. 62)

Da das Klimasystem sehr träge auf Veränderungen reagiert, zeigen sich Unterschiede der verschiedenen Klimaszenarien vor allem ab der Mitte des 21. Jahrhunderts (vgl. IPCC, 2008, S. 74; Schaeffer, Hare, Rahmstorf & Vermeer, 2012, S. 2). Dadurch ist bis zum Jahr 2040 – relativ unabhängig von verschiedenen Emissionsszenarien – ein Temperaturanstieg von 1,3°C bis 1,7°C im Vergleich zum Zeitraum von 1981 bis 1999 zu erwarten (vgl. The Government Office for Science, 2011, S. 26).

Bei den derzeitigen Maßnahmen werden die globalen Emissionen, je nach Szenario, um weitere 25 bis 90% zunehmen (vgl. IPCC, 2008, S. 48). Eine dementsprechende Steige­rung der Emissionen würde zu einer weiteren Erwärmung führen, mit weitaus größeren Folgen als den im 20. Jahrhundert erlebten (vgl. ebd., S. 49). Eine zur Minderung der Folgen notwendige Konzentrationsstabilisation der Treibhausgase setzt hingegen die Abnahme der Emissionen nach deren Erreichen des Maximalwerts voraus (vgl. ebd., S. 74). Beispiels­weise erfordert eine Maximalemission im Jahr 2015 zur Stabilisierung der Treibhausgas­konzentration einen weiteren Rückgang um 50 bis 80% bis zum Jahr 2050 (vgl. ebd., S. 75f.). Um ein möglichst niedriges Stabilisierungsniveau zu erreichen, und damit das Risiko schwerwiegender Klimafolgen zu verringern, hängt demzufolge vieles von der Reaktion der Menschheit in den nächsten zwei Jahrzehnten ab (vgl. IPCC, 2008, S. 83f.; Stern, 2006, S. 15; The Government Office for Science, 2011, S. 24).

Hinsichtlich der globalen Erwärmung dient die sogenannte Klimasensitivität als zentraler Vorhersagewert für die Wirkung einer erhöhten CO2-Konzentration auf den Temperatur­anstieg. Bei einer Verdopplung der CO2-Konzentration von 280ppm auf 560ppm ist eine durchschnittliche Erwärmung von 2°C bis 4,5°C zu erwarten (vg. Rahmstorf, 2009, S. 28ff.). Die Szenarien des IPCC sagen auf dieser Grundlage im optimistischsten Szenario eine Erwärmung von 1,1°C bis 2,9°C für den Zeitraum von 2090 bis 2099 im Vergleich zu den Jahren 1980 bis 1999 voraus. Im pessimistischsten Szenario reicht die Bandbreite des Temperaturanstiegs hingegen von 2,4°C bis 6,4°C. (vgl. IPCC, 2008, S. 50). Dass solchen pessimistischen Szenarien keine unrealistischen Annahmen zu Grunde liegen zeigt sich daran, dass die Treibhausgasemissionen im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts noch höher als im pessimistischsten Szenario des dritten Sachstandsberichts des IPCC im Jahr 2001 lagen (vgl. Reusswig, 2011, S. 698). Die Größenordnung einer Erwärmung von mehr als 4°C lässt sich damit veranschaulichen, dass bei der letzten Eiszeit die globale Durch­schnittstemperatur zwischen 4°C und 6°C unter der heutigen lag (vgl. ebd.). Schaeffer et al. rechnen derzeit zudem selbst bei Einhaltung der bei den UN-Klimakonferenzen in Kopenhagen und Cancún beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen mit einer Erwärmung von mehr als 3°C bis zum Jahr 2100 (vgl. Schaeffer et al., 2012, S. 4).

Um einen, wie in Artikel 2 der UN Klimarahmenkonvention beschriebenen „gefährlichen Klimawandel“ (UN, 1992, S. 5) zu verhindern, herrscht inzwischen weitgehender Konsens, dass die globale Erderwärmung auf höchstens 2°C begrenzt werden muss (vgl. Reusswig, 2010, S. 83). Doch selbst um diese Erwärmung, die im Übrigen Rahmenbedingungen entspricht, mit denen es die Menschheit seit mindestens 100.000 Jahren nicht zu tun hatte (vgl. Rahmstorf, 2009, S. 35), zu erreichen, wären mittlerweile weitreichende CO2-Entfer­nungs­technologien und eine Reduktion der Emissionen um 80% bis zum Jahr 2050 not­wendig (vgl. Reusswig, 2010, S. 90; Schaeffer et al., 2012, S. 4).

2.3.2 Auswirkungen

Das Verständnis über einige wichtige Effekte des Meeresspiegelanstiegs ist derzeit noch begrenzt, wächst aber mit zunehmender Forschung. Zukunftsmodelle betrachten daher vor allem die thermische Ausdehnung der Ozeane und weniger die schmelzenden Kontinental­eismassen, die bei einiger Unsicherheit jedoch großes Gefährdungspotenzial beinhalten, weshalb davon auszugehen ist, dass zukünftige Entwicklungen tendenziell eher unter­schätzt werden (vgl. IPCC, 2008, S. 58; Schaeffer et al., 2012, S. 4). Die Ozeane reagieren dabei sehr träge auf klimatische Veränderungen, wodurch der Anstieg der kommenden 50 Jahre bereits durch vergangene Emissionen bestimmt ist und der Pegel auch nach Errei­chen eines Stabilisierungsniveaus der Treibhausgase weitaus länger steigen wird (vgl. The Government Office for Science, 2011, S. 24). Anhand eines semi-empirischen Modells haben Schaeffer et al. den Meeresspiegelanstieg für verschiedene Emissions- und Tempe­raturszenarien berechnet. Bei Einhaltung der Klimaschutzmaßnahmen nach Kopenhagen und Cancún wäre dabei bis zum Jahr 2100 mit einem Anstieg von etwa 96cm gegenüber dem Jahr 2000 zu rechnen (vgl. Schaeffer et al., 2012, S. 2). Bei einem Anstieg der Durch­schnittstemperatur von maximal 3°C, was noch stärkere Emissionsreduktionen vorausset­zen würde, ist bis zum Jahr 2300 von einem mittleren Anstieg von etwa 355cm auszuge­hen, wobei die Bandbreite der Werte bis auf über 5m reicht (vgl. ebd., S. 3). Ein fiktives Szenario, welches von einer vollständigen Reduktion aller menschlicher Treibhausgase bis zum Jahr 2016 ausgeht, führt zu einem mittleren Anstieg von 59cm im Jahr 2100 und 131cm im Jahr 2300 (vgl. ebd., S. 2f.). Aus derartigen Anstiegen des Meeresspiegels ergeben sich große Herausforderungen für Ökosysteme und sozioökonomische Systeme, die mit Gefahren von Überschwemmungen von Küstengebieten und Inseln einhergehen (vgl. Schaeffer et al., 2012, S. 4; Stern, 2006, S. 6). Ein Anstieg von lediglich einem Meter würde beispielsweise dazu führen, dass etwa 20% der Fläche Bangladeschs unter Wasser stünde (vgl. Stern, 2006, S. 7). Zudem besteht die unsichere Gefahr nicht-linearer Er­eignisse wie dem Abschmelzen des grönländischen Eisschilds, das einige Studien bereits ab einer Erwärmung von 3°C für möglich erachten. Dies würde über Jahrhunderte hinweg zu einem zusätzlichen Anstieg von geschätzten 7m führen. (vgl. IPCC, 2008, S. 75; The Government Office for Science, 2011, S. 28; WBGU, 2007, S. 61 & 67).

Darüber hinaus ist eine Abnahme der Schneebedeckung, ein Rückgang des Meereises in der Arktis und Antarktis, eine Zunahme der Auftautiefe der meisten Permafrostböden und eine verstärkte Gletscherschmelze zu erwarten (vgl. IPCC, 2008, S. 51). Der Meeresspie­gel steigt dabei jedoch durch schmelzendes Meereis nicht zusätzlich (vgl. CNA, 2007, S. 58). Allerdings erhöht eine verstärkte Gletscherschmelze den Abfluss vieler von Glet­schern gespeister Flüsse. Kurzfristig vergrößert dies die Überflutungsgefahr, wohingegen langfristig durch einen geringeren Abfluss mit negativen Auswirkungen für die Süßwas­serverfügbarkeit in einigen Regionen zu rechnen ist (vgl. IPCC, 2008, S. 54; Stern, 2006, S. 6; The Government Office for Science, 2011, S. 34).

Auswirkungen auf die Süßwasserverfügbarkeiten ergeben sich auch aus veränderten Tem­peratur- und Niederschlagsmustern. Die verfügbare Wassermenge kann sich dement­sprechend regional stark unterscheiden und wird in Küstennähe zusätzlich durch den steigenden Meeresspiegel und der damit einhergehenden Gefahr der Versalzung des Grundwassers bedroht (vgl. IPCC, 2008, S. 54; WBGU, 2007, S. 68). Durch die höhere Verdunstung ist jedoch davon auszugehen, dass die klimatische Wasserbilanz – und somit das für den Menschen nutzbare Wasser – häufig selbst in den Gebieten abnehmen wird, in denen mehr Niederschlag fällt (vgl. WBGU, 2007, S. 64). Nach wie vor zeigen viele Prognosen auf regionaler Ebene dennoch Unschärfen und verschlechtern somit die Pla­nungsgrundlage für das zukünftige Wassermanagement (vgl. ebd., S. 70). Durch höhere Wassertemperaturen und häufigere Starkregenereignisse ist zusätzlich eine Verschlechte­rung der Wasserqualität in einigen Regionen zu befürchten (vgl. ebd.). Intensivere Regen­fälle haben durch eine erhöhte Variabilität selbst Regionen zu erwarten, in denen ein Niederschlagsrückgang prognostiziert wird, woraus sich einerseits eine erhöhte Über­schwemmungsgefahr ergibt und andererseits die Wahrscheinlichkeit längerer Dürrephasen steigt (vgl. IPCC, 2008, S. 54; The Government Office for Science, 2011, S. 34f.; WBGU, 2007, S. 62). Neben solchen intensiven aber seltenen Ereignisse wie extremen Dürren oder Überschwemmungen können aber auch lang anhaltende Trockenheit und überdurch­schnittliche Regenfälle ähnliche Wirkungen entfalten und eine Gefahr für die Landwirt­schaft, Energieversorgung und die menschliche Gesundheit darstellen (vgl. The Government Office for Science, 2011, S. 29).

Betrachtet man die Auswirkungen des zu erwartenden Klimawandels auf die Landwirt­schaft, so ist ebenfalls stark nach Regionen zu differenzieren. In den meisten niedrigen Breiten ist bereits ab einer Erwärmung von 1°C bis 2°C mit einer Ertragsreduktion und demzufolge mit einem erhöhten Hungerrisiko zu rechnen. Dagegen profitiert die Landwirt­schaft in vielen Regionen höherer Breitengrade von einer Erwärmung von 1°C bis 3°C. Steigt die Durchschnittstemperatur jedoch darüber hinaus, ist mit einem globalen Produk­tionsverlust und teilweise erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen. Preiserhöhungen und ein weiterer Mangel können davon die Folgen sein. (vgl. IPCC, 2008, S. 53; Reusswig, 2011, S. 699ff.; WBGU, 2007, S. 75f.)

Neben klimainduzierten Gefahren für Gesellschaften, Siedlungen und Industrien wird die menschliche Gesundheit durch die Folgen des Klimawandels von Hunger, Überschwem­mungen, zunehmenden Krankheiten und häufigeren extremen Wetterereignissen bedroht. Darunter fallen die prognostizierte steigende Anzahl von Hitzewellen, Dürren, starken Niederschlägen, Unwettern und stärkeren tropischen Wirbelstürmen (vgl. IPCC, 2008, S. 59 & 73). Ist bei Letzteren noch unklar, ob auch deren Häufigkeit zunehmen wird, er­scheint eine stärkere Intensität der Wirbelstürme durch den Anstieg der tropischen Mee­restempe­ratur wahrscheinlich (vgl. IPCC, 2008, S. 51; The Government Office for Science, 2011, S. 35; WBGU, 2007, S. 64). Die Gefahr zunehmender Krankheitsfälle ergibt sich durch Durchfallerkrankungen, die auf Dürren und eine schlechte Wasser­versorgung zurückzuführen sind und die Ausbreitung vektorträchtiger Krankheiten wie Malaria durch die zu erwartende steigende Insektenanzahl (vgl. CNA, 2007, S. 59f.; Stern, 2006, S. 6).

Laut Stern stellt der Klimawandel darüber hinaus eine einzigartige Herausforderung für die Wirtschaft dar, die mit ökonomischen Verlusten in Kriegszeiten oder der großen Depres­sion vergleichbar sei (vgl. Stern, 2006, S. 1f.). Extreme Wetterereignisse können demnach jährliche Kosten von 0,5 bis 1% des globalen Bruttoinlandprodukts verursachen und die Anfälligkeit der Finanzmärkte durch hohe und unsichere Versicherungskosten erhöhen (vgl. ebd., S. 8). Den weltweiten Wohlstandsverlust in den nächsten zwei Jahrhunderten schätzt Stern auf mindestens 5%, bei Einbeziehung marktunabhängiger Auswirkungen könnten sich die Kosten auf bis zu 20% summieren (vgl. Reusswig, 2011, S. 701; Stern, 2006, S. 9f.; WBGU, 2007, S. 76). Das IPCC geht bei seiner Schätzung für dieses Jahrhun­dert von einem Verlust von bis zu 5% des globalen Bruttoinlandsprodukts aus, wobei anzunehmen sei, dass die Kosten momentan eher unterschätzt werden und stark von früh­zeitigen Reaktionsmaßnahmen abhängen (vgl. IPCC, 2008, S. 78). Die Wirtschaft erweist sich dabei verstärkt anfällig, sofern sie an klimasensitive Ressourcen gebunden ist (vgl. ebd., S. 53). Trotz einiger Unsicherheiten zeigen derartige Schätzungen die Richtung und die Größenordnung der wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels auf und legen nahe, dass dieser eine große Gefahr für die sozioökonomische Entwicklung vieler Gesellschaften darstellt (vgl. Stern, 2006, S. 10; WBGU, 2007, S. 65).

Veränderte Umweltbedingungen können außerdem zu einer Verschiebung der Vegetation sowie der Gefährdung vieler Arten und Ökosysteme führen, da deren Widerstandfähigkeit überschritten zu werden droht (vgl. IPCC, 2008, S. 52; Stern, 2006, S. 6; WBGU, 2007, S. 71). Bereits ab einer Erwärmung von 1,5°C bis 2,5°C rechnet das IPCC mit einem Artenver­lust von 20 bis 30% (vgl. IPCC, 2008, S. 58). Durch die zunehmende Aufnahme des anthropogenen Kohlenstoffs besteht für die Ozeane außerdem die Gefahr der Versau­erung. Dies würde mit negativen Auswirkungen auf marine Ökosysteme einhergehen, z.B. für viele schalenbildende Organismen (vgl. IPCC, 2008, S. 58; Rahmstorf, 2009, S. 21).

Darüber hinaus soll an dieser Stelle die Rolle sogenannter Kipppunkte angerissen werden. Diese können als große, nicht-lineare und wenig beherrschbare Veränderungen mit weit­reichenden und sprunghaften Folgen angesehen werden, über deren Verständnis nach derzeitigem Forschungsstand jedoch noch große Unsicherheit herrscht (vgl. Stern, 2006, S. 7; The Government Office for Science, 2011, S. 27; WBGU, 2007, S. 77ff.). Darunter fällt das bereits angesprochene Abschmelzen bzw. der Kollaps großer Kontinentaleismassen bei überschreiten einer kritischen Erwärmung, aber auch die Abschwächung oder gar das Versiegen des Nordatlantikstroms mit tiefgreifenden Konsequenzen für Ökosysteme, das Klima und den Meeresspiegelanstieg. Des Weiteren sind Änderungen in der Monsunzir­kulation mit einschneidenden Folgen für die Landwirtschaft des indischen Subkontinents sowie ein möglicher Kollaps des Amazonasregenwalds mit schwerwiegenden Rückkopp­lungseffekten zu nennen. Letzteres Ereignis hätte vor allem Auswirkungen auf Nieder­schlagsmuster, die CO2-Speicherkapazität sowie die Artenvielfalt. (vgl. IPCC, 2008, S. 58; Stern, 2006, S. 7; The Government Office for Science, 2011, S. 28; WBGU, 2007, S. 62 & 77ff.)

Abschließend ist zu erwähnen, dass die Risiken und Verwundbarkeiten für viele der bisher dargestellten Auswirkungen ungleich verteilt sind. Häufig sind Entwicklungsländer in niedrigeren Breiten größeren Gefahren des Klimawandels ausgesetzt, was durch fehlende Anpassungskapazitäten zusätzlich verstärkt wird (vgl. IPCC, 2008, S. 73; Stern, 2006, S. 7). Da jedoch trotz eines Aufholprozesses vieler Schwellenländer vor allem Industrieländer für die bisherigen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, leiden „die globalen „Armen“ [...] mithin unter den Folgen eines Klimawandels, den vor allem der Lebensstil der globalen „Reichen“ verursacht hat“ (Reusswig, 2011, S. 704).

3. Gewaltsame Konflikte und ihre Ursachen

Um im anschließenden Kapitel auf den Zusammenhang des Klimawandels und gewaltsa­mer Konflikte eingehen zu können, soll an dieser Stelle zunächst ein Überblick über Ergebnisse der Konfliktforschung gegeben werden. Dabei werden in angemessener Kürze zunächst der Begriff des gewaltsamen Konflikts genauer definiert und anschließend die wichtigsten Ursachen und Rahmenbedingungen derartiger Konflikte – mit Verweis auf das nachfolgende Kapitel unter der bewussten Auslassung der Rolle von Umweltveränderun­gen – vorgestellt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 65 Seiten

Details

Titel
Krieg und Frieden im Angesicht des Klimawandels
Untertitel
Eine Analyse der vom anthropogenen Klimawandel ausgehenden Konfliktrisiken
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Institut für Sozialwissenschaften)
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
65
Katalognummer
V265913
ISBN (eBook)
9783656568544
ISBN (Buch)
9783656568537
Dateigröße
668 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Klimawandel, Konflikte, Internationale Politik, Konfliktrisiken, Klimakrieg, Versicherheitlichung, Sicherheit, Frieden, Risikofaktoren, Krieg
Arbeit zitieren
Christian Mutz (Autor:in), 2012, Krieg und Frieden im Angesicht des Klimawandels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/265913

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