Direktinvestitionen im internationalen Wirtschaftsrecht


Seminararbeit, 2002

50 Seiten, Note: 16 Punkte - Sehr gut


Leseprobe


GLIEDERUNG

A. Multilaterale Versicherungssysteme
I.) Die Entstehung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur..
II.) Ziele und Aufgaben der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur..
III.) Die Rechtsnatur der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur
1.) Die Internationale Organisation
2.) Die Rechtspersönlichkeit der MIGA
a) Die Rechtspersönlichkeit der MIGA im Völkerrecht
b) Die Rechtspersönlichkeit der MIGA im innerstaatlichen Recht.
IV.) Der Garantievertrag
1.) Versicherbare Investitionen.
a) Eigenkapitalinvestitionen....
b) Sonstige Direktinvestitionen
c) Sonstige Investitionen
2.) Versicherbare Risiken
a) Das Währungstransferrisiko (Art. 11 a [i] MK)
b) Das Enteignungsrisiko (Art. 11 a [ii] MK)
(1) Eigentumsentziehung
(2) Kontrollentziehung über das Eigentum
(3) Entziehung des Investitionsnutzens
c) Das Vertragsbruchsrisiko (Art. 11 a [iii] MK
d) Das Kriegsrisiko (Art. 11 a [iv] MK)
e) Sonstige versicherbare Risiken (Art. 11 b MK)
3.) Das Versicherungsverfahren
4.) Kosten der Garantie
5.) Rechtslage im Versicherungsfall

B. Nationale Versicherungssysteme
I.) Abgrenzung der Tätigkeiten der Hermes Kreditversicherungs-AG und der PwC Deutsche Revision AG
1.) Die Tätigkeit der Hermes Kreditversicherungs-AG
2.) Die Tätigkeit der PwC Deutsche Revision AG
II.) Gegenstand der Garantien
III.) Gedeckte Risiken
1.) Der Enteignungsfall (§ 4 (1) a) AB)
2.) Der BZ-Fall (§ 4 (1) b) AB)
3.) Der Kriegsfall (§ 4 (1) c) AB)
4.) Der Moratoriumsfall (§ 4 (1) d) AB)
5.) Der KT-Fall (§ 4 (1) e) AB)
IV.) Voraussetzungen für die Haftung des Bundes
1.) Verlust am Kapital
a) bei Beteiligungen
b) bei Kapitalausstattungen bei Niederlassungen oder Betriebsstätten
c) bei Beteiligungsähnlichen Darlehen
2.) Verluste an Erträgen
V.) Antragsverfahren
VI.) Kosten der Garantie
VII.) Der Entschädigungsfall

C. Zusammenfassung und Ausblick

A.Multilaterale Versicherungssysteme

Durch die Zunahme und das Erfordernis von grenzübergreifenden Investitionenwurden in der Vergangenheit viele Probleme aufgeworfen. So konnte insbe- sondere in Entwicklungsländern der Schutz der geplanten oder bereits getätig- ten Investition durch das nationale Recht kaum ausreichend sichergestellt wer- den. Zudem bestand stets die Gefahr, daß ein Staat sein bisher als investitions- freundlich geltendes Recht plötzlich zum Nachteil des Investors ändern konnte.

Dieser Problematik versuchte man in der Vergangenheit auf unterschiedlichste Art und Weise zu begegnen.

Zum einen wurden zwischen dem Investor und dem Gaststaat Verträge (sog. State Contracts) geschlossen1.

Diese Verträge regelten die näheren Modalitäten der Investitionen in den Gast- staat und vermittelten dem Investor dadurch ein gewisses Maß an Sicherheit inBezug auf seine Investition. Aber auch bei diesen State Contracts musste stetsdas nationale Recht des Gaststaates Beachtung finden. Dieses konnte bei- spielsweise regeln, daß sämtliche State Contracts, die der Staat schließt, zwin- gend dem nationalen Recht zu unterwerfen sind2. Der Investor sah sich folglichtrotz des mit dem Gaststaat geschlossenen Vertrages, nach wie vor dessen nati- onalen Gesetzen ausgesetzt.

Zudem haben viele Südamerikanische Staaten auf Grund der bei ihnen gelten- den „Calvo-Doktrin“ stets versucht zu vermeiden einem ausländischen Investorbessere Rahmenbedingungen für seine Investition zu schaffen als einem inlän- dischen3.

Weiterhin kam noch erschwerend hinzu, daß State Contracts prinzipiell keinevölkerrechtlichen Verpflichtungen des Gaststaates gegenüber dem Heimatstaatbegründen4.

Später hielt man es daher hinsichtlich der Absicherung von Investitionsrisiken für vorzugswürdig, daß der Gaststaat und der Heimatstaat des Investors direkt einen Vertrag schließen5.

So wurden in der Vergangenheit neben einer Vielzahl von allgemeinen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsverträgen, die vereinzelt bereits Regelungen zum Schutz von Investitionen enthielten, auch zahlreiche Investitionsschutzverträge zwischen einzelnen Staaten geschlossen6.

In diesen Verträgen verpflichteten sich die Vertragsparteinen in der Regel gegenseitig Investitionen aus dem anderen Staat nicht weniger günstig zu behandeln als Investitionen der eigenen Staatsangehörigen (sog. Inländerbehandlung) und Investitionen von Staatsangehörigen oder Gesellschaften des anderen Staates und die Investoren selbst nicht ungünstiger zu behandeln als solche dritter Staaten (sog. Meistbegünstigung)7.

Inhalt dieser Verträge waren aber auch Bestimmungen, die von der Definition der Investition über den Eigentumsschutz und die Transfermöglichkeiten von Aktiva bis hin zur Frage der Streitbeilegung reichten8.

Neben den oben aufgeführten Verträgen, war der Schutz von Investitionen zumTeil aber auch auf völkerrechtlicher Ebene anerkannt9. Erst das Entstehen derkommunistischen oder sozialistischen Staaten sowie die Unabhängigkeit zahl- reicher ehemaliger Kolonien in Afrika und Asien brachte dieses System desvölkerrechtlichen Investitionsschutzes im 20. Jahrhundert zum Wanken10.Insbesondere hinsichtlich der Enteignung war es bis dahin völkerrechtlich an- erkannt, daß diese nur gegen eine nach dem innerstaatlichen Recht und demVölkerrecht zu bestimmende Entschädigung zulässig sein sollte11.

Nach alledem unterlag der völkergewohnheitsrechtliche Schutz von Direktin- vestitionen insbesondere auf Grund von zum Teil nicht unerheblich voneinan- der abweichenden Regelungen noch unüberschaubaren Unsicherheiten12.

Bereits im Jahre 1948 wurde daher mit der Havanna-Charta erstmals versuchtdurch ein multilaterales Abkommen das komplexe Netzwerk voneinander ab- weichender Investitionsschutzverträge zu ersetzten und eine für alle Teilnehmer einheitliche Regelung einzuführen13.

Die Havanna-Charta enthielt bereits einzelne Bestimmungen zum Schutz von ausländischen Investitionen. Wegen des Scheiterns der Havanna-Charta im amerikanischen Kongress trat diese jedoch nie in Kraft14.

Erstmals wirksam in Kraft getreten ist hingegen 1965 das International Centre for the Settlement of Investment Disputes (ICSID). Die ICSID ist rechtlich selbstständig und bildet als Vergleichs- und Schiedszentrum den organisatorischen Rahmen für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten. In materieller Hinsicht wird der Schutz von Direktinvestitionen auch von der der ICSID zugrunde liegenden Konvention aber nicht geregelt15.

Im Folgenden soll nunmehr gezeigt werden, wie durch die Gründung einermultilateralen Investitionsgarantieagentur der Schutz von Direktinvestitionenvor nicht-kommerziellen Risiken auch auf der materiellen Ebene für eine Viel- zahl von Mitgliedstaaten gewährleistet werden sollte und gegenwärtig auchgewährleistet wird.

I.)Die Entstehung der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur

(MIGA)

Mit dem Ausbruch einer weltwirtschaftlichen Entwicklung, die heute allge- mein als „internationale Schuldkrise“ bezeichnet wird, wurden die Diskussio- nen um die Schaffung einer internationalen Versicherungsagentur im Jahre1982 erneut aufgenommen, nachdem diese seit 1948 immer wieder eingeschla- fen waren16.

Die „internationale Schuldenkrise“ brach aus, weil Mexiko im Jahr 1982 dieZahlungen auf seine enorme Auslandsverschuldung vorübergehend einstellenmusste17.

Um der Verschuldungsproblematik einzelner Entwicklungsländer oder der Dritten Welt als solcher zu begegnen wurden die verschiedensten Ansätze und Lösungsvorschläge konzipiert.

Vor diesem Hintergrund trat mit Hinterlegung der Ratifikationsurkunden der Vereinigten Staaten von Amerika und des Vereinigten Königreiches, das Übereinkommen zur Gründung der MIGA als autonome Internationale Organisation18 und finanziell und rechtlich unabhängiges19 Mitglied der Weltbankgruppe20 am 12. April 1988 in Kraft21.

Der Sitz der MIGA befindet sich in der 1818 H-Street, NW, Washington, D.C. 20433, USA.

Derzeit sind 155 Länder Mitglied der MIGA22.

II.) Ziele und Aufgaben der Mulilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA)

Aufgabe der MIGA ist die Förderung ausländischer Direktinvestitionen durch die Bereitstellung von Versicherungen (Garantien) gegen politisch bedingte (sog. nicht-kommerzielle) Risiken, um den Entwicklungsländern ein attraktives Umfeld für Privatinvestitionen zu verschaffen23.

Nicht-kommerzielle Risiken sind insbesondere Währungstransferbeschränkungen, Enteignung, Krieg und Bürgerkriege.

Zudem fördert die MIGA Auslandsinvestitionen durch Informationsvermittlung zur Verbesserung des Investitionsklimas.

III.)DieRechtsnaturderMulilateralenInvestitions-Garantie-Agentur (MIGA)

Da im Folgenden unter anderem noch zu zeigen sein wird, wie die Geschäftstä- tigkeit der MIGA rechtsdogmatisch einzuordnen ist und wie etwaige Streitig- keiten geschlichtet werden, ist es erforderlich, die Rechtsnatur der MIGA zuuntersuchen.

Gemäß Art. 1 b MK24 ist die MIGA eine durch Gründungsvertrag der Mitglie- der geschaffene Internationale Organisation mit voller Rechtspersönlichkeit.

1.)Die Internationale Organisation

Der Begriff der Internationalen Organisation wird unterschiedlich, nämlich imweiten, oder im engen Sinne verwendet bzw. ganz widersprüchlich interpre- tiert.

Bei der Auslegung der Internationalen Organisation ist zunächst ohne Rücksicht auf die Rechtsform oder die Völkerrechtssubjektivität von zwei Hauptgruppen auszugehen25.

So wird normalerweise eine Differenzierung nach der Art der Mitglieder vorgenommen26. Durch diese Unterscheidung ergeben sich zwei Grundtypen von InternationalenOrganisationen. Zum einen die internationalen zwischenstaatlichen Organisati- onen (=„international governmental organisations“ oder auch „public internati- onal organisations“), diese werden auch als IGO’s oder I.O. im engeren Sinnbezeichnet, zum anderen die internationalen nichtstaatlichen Organisationen(=international nongovernmental organisations), kurz: INGO’s oder NGO’s.

IGO’s sind auf Dauer angelegte funktionale Zweckverbindungen von Staaten, deren Tätigkeit im internationalen Raum folglich aus einer Initiative einer Regierung entsprungen ist27.

INGO’s sind hingegen dadurch gekennzeichnet, daß diese stets auf einer pri- vatrechtlichen Basis autonom organisiert sind und dadurch eine Vereinigungmit privatrechtlichem Charakter darstellen28. INGO’s können folglich als pri- vatrechtliche Vereinigungen auch nicht Träger von völkerrechtlichen Rechtenund Pflichten sein, da sie in der Regel keine Hoheitsrechte im internationalenBereich ausüben29.

Da es sich bei der MIGA unproblematisch um eine IGO handelt ist im Folgenden nur noch auf die IGO’s einzugehen.

2.)Die Rechtspersönlichkeit der MIGA

Weiterhin muß man sich die Frage stellen, auf welcher Ebene der jeweiligenRechtsordnungen eine IGO Rechtspersönlichkeit besitzen kann. Diesbezüglichwurde bereits im Jahre 1957 festgestellt, daß es zwei Schichten von Rechtsord- nungen gibt, in denen eine IGO Rechtspersönlichkeit besitzt, nämlich einerseitsauf der völkerrechtlichen Ebene, als auch im innerstaatlichen Recht30.

a)Die Rechtspersönlichkeit der MIGA im Völkerrecht

Völkerrechtssubjektivität ist die Fähigkeit eines Rechtssubjektes, Träger von völkerrechtlichen Rechten und Pflichten zu sein31. Folglich ist ein Völkerrechtssubjekt eine natürliche oder juristische Person, deren Rechtsverhältnisse unmittelbar durch das Völkerrecht geregelt werden bzw. auf die das Völkerrecht unmittelbar Anwendung finden32.

Völkerrechtssubjekte können daher souveräne Staaten, IGO’s aber auch andere Gebilde wie beispielsweise die katholische Kirche oder das internationale Komitee des Roten Kreuzes sein33. Zunehmend wird sogar natürlichen Personen Völkerrechtssubjektivität zuerkannt.

KeineVölkerrechtssubjektestellenhingegenAmnestyInternationaloderGreenpeace dar, auch wenn diese einen erheblichen internationalen Einflussausüben34.

Hinsichtlich des Umfangs der völkerrechtlichen Rechte und Pflichten dieser Völkerrechtssubjekte ist erneut zu differenzieren.

Hier wird zwischen beschränkten(partiellen) und unbeschränkten Völkerrechtssubjekten unterschieden35.

Zu den unbeschränkten Völkerrechtssubjekten zählen lediglich die souveränen Staaten, da nur diese in vollem Umfang Träger von völkerrechtlichen Rechten und Pflichten sein können36. Sofern hingegen einzelne Rechte und Pflichten auf andere Rechtsträger übertragen werden, werden diese zu beschränkten (partiellen) Völkerrechtssubjekten37.

Die Reichweite dieser Beschränkung hinsichtlich der Anerkennung von Rechten und Pflichten ist im Einzelnen streitig und wird bei den IGO’s nach einer Mindermeinung dahingehend verstanden, daß die funktionelle Beschränkung der Rechtspersönlichkeit der einzelnen Internationalen Organisation so weit geht, daß diese nur solche Rechte und Pflichten wahrnehmen kann, die ihr in ihrem Gründungsvertrag ausdrücklich anerkannt wurden.

Nach herrschender Meinung38 wird das Ausmaß der Beschränkung der Rechtspersönlichkeit hingegen mittels bestimmter Regeln nach dem Grundsatz des „effect utile“39 und der „implied powers“-Lehre40 festgelegt. Ansonsten leiten die IGO’s ihre Subjetstellung aus ihren Gründungsverträgen, die zwischen zwei oder mehreren Staaten geschlossen wurden ab, weshalb sie auch als derivative oder sekundäre Völkerrechtssubjekte bezeichnet werden.

Eine weitere Differenzierung wird zwischen der absoluten und der relativen Völkerrechtssubjektivität gemacht.

Grundsätzlich entfaltet die Völkerrechtssubjektivität Wirkung gegenüber allenMitgliedern der internationalen Gemeinschaft. In dieser Beziehung ist sie abso- lut. Die Rechtspersönlichkeit gilt bei einigen Völkerrechtssubjekten jedoch nurauf Grund einer besonderen Anerkennung, da Nichtmitglieder die rechtlicheExistenz von Internationalen Organisationen als Völkerrechtssubjekte nicht an- zuerkennen brauchen. Diese Abhängigkeit der Rechtspersönlichkeit von derAnerkennung im Verhältnis zu Nichtmitgliedern wird als relative Völker- rechtssubjektivität bezeichnet.

Unter den Internationalen Organisationen genießen lediglich die Vereinten Nationen absolute Völkerrechtssubjektivität in der gesamten Völkergemeinschaft.

Eine letzte Unterscheidung muß zwischen der Völkerrechtssubjektivität und der völkerrechtlichen Handlungsfähigkeit gemacht werden. Die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit kennzeichnet die Fähigkeit eines Völkerrechtssubjekts, die ihm zustehenden Rechte und Pflichten selbst in vollem Umfang wahrzunehmen41. Die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit ist insoweit mit der Handlungsfähigkeit im bürgerlichen Recht vergleichbar42.

Die Völkerrechtssubjektivität hingegen bezeichnet wie oben dargestellt, die Eigenschaft Träger von Rechten und Pflichten sein zu können.

Somit ist nunmehr fraglich, inwieweit der MIGA als IGO ebendiese Völker- rechtssubjektivitätundeinevölkerrechtlicheHandlungsfähigkeitzuerkanntwurde.

Zunächst wäre es möglich, daß der MIGA bereits durch den zwischen den Ver- tragsstaaten geschlossenen Gründungsvertrag Völkerrechtssubjektivität und ei- ne völkerrechtliche Handlungsfähigkeit verliehen wurde. Hierfür müsste dieRechtsfähigkeit der MIGA im Gründungsvertrag hinreichend bestimmt sein.

Gem. Art. 1b) MK besitzt die MIGA „ volle Rechtspersönlichkeit “ und nament- lich die F Ähigkeit, … „ Vertr Äge zu schließen, … bewegliches und unbewegli- ches Vermögen zu erwerben und darüber zu verfügen; … vor Gericht zu ste- hen “ .

Bereits anhand dieser Formulierung wollen einige der MIGA eine selbstständige Völkerrechtssubjektivität zuerkennen43. Diese Völkerrechtssubjektivität sei auch erforderlich, da ansonsten die Einflussnahme einzelner Staaten auf die MIGA drohen würde. Was zufolge hätte, daß die Gewährung von Versicherungsschutz bereits an der ablehnenden Haltung eines beliebigen Mitglieds scheitern könnte. Gem. Ein Vetorecht soll gemäß Art. 15 MK vielmehr nur dem Gaststaat der Investition zustehen.

Aufgrund der notwendigen Unterscheidung der Stellung einer IGO im nationa- len und im internationalen Recht, ist die Aussage die Agentur besitzt Rechts- persönlichkeit vielmehr dahingehend zu untersuchen, ob diese Bestimmungden Charakter der MIGA im internationalen oder im nationalen Recht be- trifft44. Eine reine Wortlautlösung erscheint daher an dieser Stelle als etwasvoreilig.

Andere sehen in den meisten Gründungsverträgen keine ausdrücklichen Be- stimmungen über die Völkerrechtssubjektivität und wollen diese lediglich ausden jeweiligen völkerrechtlichen Pflichten herleiten45. Folglich sei der Gesamt- inhalt der Konvention dahingehend zu untersuchen, ob die dort bestimmte Na- tur, Art der Tätigkeit und die Zwecke der MIGA die Annahme eines Völkerrechtssubjektes rechtfertigen. Eine IGO kann daher nur dann Völkerrechtssubjektivität besitzen, wenn sich aus dem Inhalt des jeweiligen Vertrages ergibt, daß die Vertragsstaaten der betreffenden Organisation eine partielle Völkerrechtssubjektivität verleihen wollten46.

An dieser Stelle muß daher geprüft werden, ob der MIGA durch den Gründungsvertrag gewisse Rechte und Pflichten eingeräumt wurden, die ihrer Natur nach als völkerrechtlich anzusehen sind.

Auffällig ist diesbezüglich zum einen, daß der MIGA gem. Kapitel VII MKausdrücklich in jedem Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates Vorrechte und Im- munitäten eingeräumt wurde, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind(vgl. Art 43 MK).

Zudem hat die MIGA gem. Art. 23 b) ii) MK das Recht inne, eigene investitionsschützende Abkommen mit Entwicklungsländern zu schließen.Als weitere Auslegungshilfe kommen zudem die sog. effect utile-Regel, als auch die Implied powers-Lehre in Betracht.

Nach der effect utile-Regel muß bei der Auslegung von Verträgen ein Rückgriff auf die Ziele der Organisation vorgenommen werden. Hiernach sind die einzelnen Bestimmungen so weit auszulegen, daß der von den Vertragsparteien angestrebte Zweck tatsächlich erreicht werden kann.

Weitergehend werden nach der Implied powers-Lehre in Anlehnung an das in- nerstaatlicheVerfassungsrechteinerOrganisationdiejenigenRechteundPflichten zuerkannt, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt47. Im Be- reich der ihr gestellten Aufgaben kann die MIGA demzufolge auch mit sonsti- gen Staaten außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 23 b) ii) MK völker- rechtliche Abreden schließen48. Mithin kann die MIGA all diejenigen Befug- nisse ausüben, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind.

Aus alledem folgt, daß der MIGA explizite als auch inhärent funktionell beschränkte völkerrechtliche Rechte zuteil werden, welche ihre Stellung als Völkerrechtssubjekt begründen.

b)Die Rechtspersönlichkeit der MIGA im innerstaatlichen Recht

Sofern die Gründungsverträge oder andere Abkommen einer InternationalenOrganisation ausnahmsweise keine konkrete Aussage darüber machen, ob diebetreffende Internationale Organisation im Bereich des innerstaatlichen RechtsRechtspersönlichkeit besitzen soll, kommt ihr diese im innerstaatlichen Rechtder Mitgliedstaaten dennoch zu49. Auf dieser Ebene folgt nämlich aus der An- wendung der Implied powers-Regel erneut, daß man der betreffenden Interna- tionalen Organisation zur effektiven Wahrnehmung ihres Mandats, insbesonde- re bei der Teilnahme am privatrechtlichen Wirtschaftsverkehr, eine innerstaat- liche Rechtspersönlichkeit zuerkennen muß.

Denn ohne die Fähigkeit, bewegliches und unbewegliches Vermögen zu er- werben, Verträge zu schließen und vor staatlichen Gerichten zu klagen undverklagt zu werden, kann eine Internationale Organisation ihre Aufgaben nichterfüllen50.

Die Internationale Organisation hat folglich den Status einer juristischen Person des öffentlichen Rechts51.

Auch der MIGA wurde im Übereinkommen eine solche Rechtspersönlichkeit zuerkannt, da gem. Art. 1 b) MK die MIGA in der Lage sein soll, Verträge zu schließen, bewegliches und unbewegliches Vermögen zu erwerben und darüber zu verfügen, sowie vor Gericht zu stehen.

IV.)Der Garantievertrag

Eine grundlegende Bestimmung erhält der Garantievertrag durch den StandardGarantie-Vertrag und die einbezogenen General Conditions of Gurantee.Die MIGA ist an diesen Standard-Garantie-Vertrag aber nicht gebunden. Vielmehr stehen ihr bei der Vertragsgestalltung Spielräume zu.

1.)Versicherbare Investitionen

Zunächst sind durch die MIGA nur solche Investitionen versicherbar, die inEntwicklungsländern getätigt werden, die selbst Mitglied der MIGA sind52. DieVersicherung von Investitionen in Industriestaaten wird folglich nicht von derMIGA angeboten.

Zudem darf die MIGA grundsätzlich nur gegen solche Risiken versichern, gegen die dem jeweiligen Investor in seinem Heimatstaat keine nationale Schutzvorkehrung beiseite steht. Die Inanspruchnahme der MIGA ist gegenüber einer nationalen Versicherung somit subsidiär53.

Die MIGA will vielmehr lediglich die bereits bestehenden nationalen Versicherungssysteme ergänzen und nur in solchen Mitgliedstaaten in denen bisher noch kein nationales System für die Versicherung nicht-kommerzieller Risiken besteht, erstmals die Möglichkeit einer Versicherung anbieten54.

Für einen Deutschen Investor hat dies beispielsweise zufolge, daß er denbegehrten Versicherungsschutz zunächst bei der in Hamburg ansässigen PWCDeutsche Revision AG, die auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschlandfür die Versicherung von Direktinvestitionen gegen nicht-kommerzielle Risi- ken zuständig ist, beantragen muß. Erst wenn die PWC Deutsche Revision AGden Antrag des Investors zurückweist befasst sich die MIGA mit dem Antragdes Investors.

a) Eigenkapital-Investitionen

Gemäß Art. 12 a MK können Aktien und sämtliche Arten von Anteilsrechten an juristischen Personen oder sonstigen wirtschaftlichen Vereinigungen (Joint Ventures) im Gastland ebenso wie Beteiligungsrechte an den Gewinnen oder Liquidationserlösen von Joint Ventures versichert werden55.Hierbei spielt die Rechtsform des Investitionsobjekts ebenso wenig eine Rolle wie die Höhe der einzelnen Beteiligung56.

Darlehen hingegen werden von der MIGA nur versichert, sofern deren Laufzeit mindestens drei Jahre beträgt. Bei Darlehen von kürzerer Laufzeit müssen besondere Umstände vorliegen, die das Direktorium der MIGA davon überzeugen, das Darlehen trotzdem zuzulassen57.

Sofern eine auf ein Darlehen abgegebene Bürgschaft oder Garantie versichert werden soll kommt es ebenfalls darauf an, ob das jeweilige Darlehen eine Laufzeit von drei Jahren aufweist58.

[...]


1 Häde, Archiv des Völkerrechts, 1997, S. 189.

2 Häde, Archiv des Völkerrechts, 1997, S. 190.

3 Ipsen - Gloria, § 47, Rn. 15; Ebenroth, Rn. 76.

4 Häde, Archiv des Völkerrechts, 1997, S. 191.

5 Häde, Archiv des Völkerrechts, 1997, S. 191.

6 Häde, Archiv des Völkerrechts, 1997, S. 191 f.

7 Häde, Archiv des Völkerrechts, 1997, S. 194.

8 Häde, Archiv des Völkerrechts, 1997, S. 193.

9 Bippus, S. 3.

10 Häde, Archiv des Völkerrechts, 1997, S. 196.

11 Dolzer, S. 22 f.

12 Herdegen, § 18, Rn. 1.

13 Häde, Archiv des Völkerrechts, 1997, S. 203.

14 Häde, Archiv des Völkerrechts, 1997, S. 204.

15 Bippus, S. 218.

16 Müller/Wildhaber, S. 965.

17 Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, § 22, Rn. 12 ff.; Gutowski, Vorwort.

18 Die Rechtsnatur der MIGA soll im Folgenden noch eingehend erläutert werden.

19 Petersmann, S. 13.

20 Die Weltbankgruppe setzt sich zusammen aus den Mitgliederinstitutionen International Bankfor Reconstruction and Development (IBRD), International Development Association (IDA),der International Finance Corporation (IFC) und der Multilateral Investment Guarantee Agen- cy (MIGA). Die IFC und die MIGA sind für die Versicherung und Finanzierung privater Inves- titionen zuständig, wohingegen die IBRD und die IDA Kredite an Staaten, in der Regel Ent- wicklungsländer vergeben.

21 Übereinkommen zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Agentur vom 11.10.1985, BGBl. 1987 II, 455. Im Folgenden MK.

22 Vergleiche hierzu die im Anhang angefügte Liste.

23 Müller/Wildhaber, S. 965.

24 Vergleiche Fußnote 21.

25 Zemanek, S.6.

26 Ipsen - Epping, § 6, S. 67, Rn. 1.

27 Zemanek, S.6.

28 Graf Vitzthum-Graf Vitzthum, S 15, Rn. 19.

29 Ipsen - Epping, § 6, S. 68, Rn. 20.

30 Zemanek, S.18.

31 Herdegen, § 7, Rn. 1; Graf Vitzthum-Klein, S. 305, Rn. 93.

32 Seidl-Hohenfeldern/Stein, Rn. 600; Herdegen, § 7, Rn. 9.

33 Doehring, Rn. 197.

34 Herdegen, § 7, Rn. 1.

35 Bindschedler, S. 1290; Doehring, Rn. 197.

36 Graf Vitzthum-Graf Vitzthum, S. 14, Rn. 18.

37 Seidl-Hohenfeldern/Stein, Rn. 603 f.

38 Seidel-Hohenfeldern/Loibl, Rn. 313.

39 Seidel-Hohenfeldern/Loibl, Rn. 1602.

40 Seidel-Hohenfeldern/Loibl, Rn. 1603.

41 Herdegen, § 7, Rn. 2; Kimminich-Hobe, S. 125.

42 Potocnik, S. 46.

43 Ebenroth/Karl, Art. 1, Rn. 39.

44 Mann, ZHR 1988, S. 305.

45 Zemanek, S. 25.

46 Seidl-Hohenfeldern/Stein, Rn. 604 f.

47 Graf Vitzthum-Klein, S. 347, Rn. 191.

48 Ebenroth/Karl, RIW 1989, S. 2.

49 Graf Vitzthum-Klein, S. 313, Rn. 112.

50 Graf Vitzthum-Klein, S. 313, Rn. 112; Ipsen, § 31, Rn. 42.

51 EuGH Slg 1960, 1115, 1133 (Fieddelaar); Grunwald, EuR 1984, 227 ff.

52 Häde, Archiv des Völkerrechts, S.204 f.

53 § 1.06 Operational Regulations of the Multilateral Investment Guarantee Agency. Im Folgenden OR. Siehe Annex II in Ebenroth/Karl; Ebenroth/Karl, RIW 1989, S. 1.

54 Voss, RIW 1987, 89 ff.; Ebenroth/Karl, RIW 1989, S.1.

55 Ipsen - Gloria, § 47, Rn. 10.

56 Ebenroth/Karl, Rn. 196.

57 Oschmann, RIW 1995, S. 973.

58 Ebenroth/Karl, Rn. 200.

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Direktinvestitionen im internationalen Wirtschaftsrecht
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für internationales Wirtschaftsrecht)
Veranstaltung
Seminar im internationalen Wirtschaftsrecht
Note
16 Punkte - Sehr gut
Autor
Jahr
2002
Seiten
50
Katalognummer
V26572
ISBN (eBook)
9783638288651
ISBN (Buch)
9783638878791
Dateigröße
744 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Direktinvestitionen, Wirtschaftsrecht, Seminar, Wirtschaftsrecht
Arbeit zitieren
Moritz Diekmann (Autor:in), 2002, Direktinvestitionen im internationalen Wirtschaftsrecht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26572

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