Migrantensprachen: Deutsch in Brasilien


Hausarbeit, 2008

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Migrantensprachen: Deutsch in Brasilien

1.) Einleitung

2.) Historischer Kontext/ Migrantengeschichte
2.1Situation in Deutschland
2.2Situation in Brasilien
2.3Verlauf der Einwanderungen nach Brasilien im 19. Jahrhundert

3.) Sprachkontakt/Soziolinguistik
3.1Isolierung der deutschen Kolonien und ihre Folgen
3.2Verbot der deutschen Sprache in die Folgen
3.3Sprachliche Entwicklungen

4.) Sprachgebrauch und Sprachkompetenz der Deutschstämmigen
4.1Sprachgebrauch in der Familie
4.2Sprachgebrauch in der Öffentlichkeit
4.3Sprachkompetenz

5.) Riograndenser Hunsrückisch
5.1Beispiele für das Riograndenser Hunsrückisch

6.) Sprachkontaktphänomene und sprachliche Beispiele
6.1Code-Switching

7.) Schlussbetrachtung

1.) Einleitung

Mit dieser Hausarbeit möchte ich zunächst die wesentlichen Faktoren darstellen, die zu den Massenauswanderungen nach Brasilien im 19. Jahrhundert geführt haben. Denn nicht nur die Entwicklung in Deutschland, sondern auch die wirtschaftliche Modernisierung in Brasilien spielte eine entscheidende Rolle für die Auswanderungswellen. Die Arbeit soll einen Überblick über die verschiedenen Aspekte der deutschen Auswanderung nach Brasilien, die geschichtlichen Fakten, Faktoren, die zur Entstehung des Riograndenser Hunsrückisch führten und Sprachkontaktphänomene,u.a. geben. Der geschichtliche Aspekt ist hierbei sehr wichtig in Bezug auf den Sprachkontakt zwischen deutschen Einwanderern und portugiesischen Bewohnern, denn wichtige Ereignisse im 20. Jahrhundert (u.a. die Weltkriege, Industrialisierung) wirkten sich entscheidend auf den Sprachkontakt aus. Dies möchte ich dann unter dem Aspekt der Soziolinguistik betrachten. Ich werde das in mehrere Abschnitte unterteilen und auf die anfängliche Isolierung, danach auf das Verbot der deutschen Sprache in Folge des Weltkriegs und die folgende Akkulturation eingehen. Hierzu habe ich mir die Frage gestellt, ob das Verbot der deutschen Sprache wirklich so entscheidend war für den deutsch-portugiesischen Sprachkontakt und ob die Einwanderer danach entscheidend beim Lernen der portugiesischen Sprache gefördert wurden, oder ob es noch andere zu betrachtende Aspekte gibt. Meine Erwartung diesbezüglich ist, dass zwar eine gewisse Änderung eingetreten ist, die Nationalisierungsgesetze aber nicht alleine für die Entstehung von Sprachmischung und Sprachkontakt verantwortlich sind. Ich denke, dass vor allem die neuen Medien diesen Sprachkontakt entscheidend förderten.

Interessant ist es hierbei auch den Sprachgebrauch in der Öffentlichkeit und in der Familie gegenüberstellend zu betrachten, was ich in Kapitel 4 näher erläutern möchte.

Des Weiteren möchte ich den deutsch-portugiesischen Sprachkontakt besonders am Beispiel des Riograndenser Hunsrückisch darstellen, wobei ich mich unter anderem auf die Literatur von ‚Cleo Vilson Altenhofen: Hunsrükisch in Rio Grande do Sul’ beziehe, da dieser den Begriff „Riograndenser Hunsrückisch“ erstmals einführte. Der Sprachkontakt lässt sich sehr gut an verschiedenen Sprachkontaktphänomenen aus den Bereichen Morphologie, Syntax und Phonologie festlegen und durch sprachliche Beispiele verdeutlichen. Bevor ich mich mit dem Thema befasste hatte ich die Erwartung, dass sich das Riograndenser Hunsrückisch allein aus dem Kontakt mit dem Portugiesisch herausgebildet hat. Dies musste ich schon bei der Bearbeitung meines Referats revidieren und werde es noch einmal in der Schlussbetrachtung erläutern. In der Schlussbetrachtung versuche ich abschließend die wichtigsten Aspekte noch einmal zu verdeutlichen, eventuelle Unklarheiten darzustellen und falls möglich zu erklären.

2.) Historischer Kontext / Migrantengeschichte

Die Migration nach Brasilien wurde speziell von den jeweiligen wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Situationen im Herkunftsland Deutschland und Empfängerland Brasilien gefördert. Während sich die Situation in Deutschland zum Negativen änderte, wandelte sich die Situation in Brasilien zum Positiven. Somit war ein gewisser Push und Pull Effekt erkennbar. Also Faktoren, die die Menschen dazu trieben aus Deutschland auszuwandern und nach Brasilien einzuwandern.

Im Jahr 2004 wurde 180. Jubiläum der deutschen Auswanderung nach Brasilien gefeiert[1].

2.1) Situation in Deutschland

Im 19.Jahrhundert war Deutschland (aber auch viele andere europäische Länder) durch große Auswanderungswellen geprägt, welche eine Folge von verschiedenen Faktoren waren. Besonders folgenreich waren hierbei aber vor allem die sozioökonomischen Veränderungen im Staat, die schließlich zu den Auswanderungswellen führten[2]. Dieser Wandel geschah in der Zeit zwischen 1815 und 1871, welche als Übergangszeit von der Agrargesellschaft zur Klassengesellschaft bezeichnet wird[3]. Im 19. Jahrhundert verzeichnete man in Deutschland einen dramatischen Bevölkerungsanstieg von ca. 60 %, während die Produktionszahlen für Lebensmittel nur gering stiegen. Dies verstärkte die Angst vor Überbevölkerung und Massenelend. Somit sahen viele Bewohner die Auswanderung als einzige Möglichkeit an, um das Gleichgewicht am Lebensmittelmarkt zu erhalten. Die Missernten aus den Jahren 1846/47, sowie die Hungersnöte in den Jahren 1816/17 und 1845- 47, führten zum Höhepunkt der Massenauswanderung.

Ein weiterer wesentlicher Faktor war die Industrialisierung, welche Kleinbetriebe gefährdete und viele Handwerker u.A. zum Auswandern „zwang“. Aufgrund der aufkommenden Großindustrie hatten diese Kleinbetriebe keine Möglichkeit zu überleben und die Menschen wanderten in andere Agrarländer aus. Auch die religiöse Unterdrückung und der Wunsch nach einem Stück Land veranlasste viele Deutsche ihr Heimatland zu verlassen und zumeist in „Übersee“ ein neues Leben zu beginnen.

2.2.) Situation in Brasilien

Im 19. Jahrhundert kam es zu weitreichenden Veränderungen im sozioökonomischen System Brasiliens. Besonders die Flucht des portugiesischen Könighauses nach Rio de Janeiro im Jahr 1808 und dem damit zusammenhängenden Aufheben des Kolonialstatus beschleunigte den Modernisierungsprozess[4].1822 wurde Brasilien endgültig von Portugal unabhängig. Im Jahr 1888 wurde die ‚Lei Aurea’ das Ende der Sklaverei verabschiedet, wodurch ein Mangel an Arbeitskräften in der Landwirtschaft entstand, den es zu decken galt. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich der Kaffee zum wichtigsten Exportprodukt, wodurch sich das Wirtschaftszentrum, welches durch die Zuckerproduktion und die Gold- und Diamantenminen in der Zentralregion lag, in die Provinzen Minas Gerais, Rio de Janeiro und São Paulo verlagerte[5]. Doch während die Produktionszahlen stiegen und die Produktion immer mehr verstärkt wurde, hörte der Sklavenhandel aus Afrika nach Brasilien auf und der Mangel an Arbeitskräften für die Plantagen wurde immer größer. Somit versuchten die Plantagenbetreiber europäische Arbeiter zu werben, die diese nun bewirtschaften sollten. Anfangs wurde die Einwanderung der europäischen Arbeiter vom brasilianischen Staat direkt gefördert, doch ab 1830 durfte der Staat dann keine finanziellen Mittel mehr bereit stellen, da die Kosten überschätzt wurden. 1832 wurde ein Gesetz zur Erlangung der Bürgerrechte verabschiedet, wodurch die Einwanderer nach einer gewissen Zeit die Staatsangehörigkeit erlangen konnten. Am 15.November 1889 wurde schließlich die Republik ausgerufen[6]

2.3.) Verlauf der Einwanderungen nach Brasilien im 19. Jahrhundert

Die ersten deutschen Einwanderer kamen bereits im 16. Jahrhundert nach Brasilien und gründeten bereits deutsche Kolonien. Neben den bereits erwähnten großen Auswanderungswellen aus Deutschland nach Brasilien, kam es überall aus Europa zu Massenauswanderungen im 19. Jahrhundert. Eine der bekanntesten deutschen Kolonien „Nova Friburgo“ wurde im Jahr 1819 gegründet und durch die Bewirtschaftung von Landarbeitern und freien Arbeitern wurde ein sozio- ökonomisches System geschaffen. Mit der Gründung der Kolonie wurde auch der Grundstein für die offizielle Hilfe zur Auswanderung von Ausländern durch den brasilianischen Staat gelegt. Mit ihrer Ankunft in Brasilien hegten die Auswanderer die Hoffnung finanziell unterstützt zu werden und als brasilianische Bürger mit allen Rechten vollkommen anerkannt zu werden. Doch dies war nicht der Fall, denn der brasilianische Staat kam nicht mit den vielen Auswanderern und ihrer anderen Kultur klar[7]. Ab 1830 durfte der brasilianische Staat gar keine Zahlungen mehr für die Auswanderungen bereitstellen und somit mussten sich die Auswanderer nun wieder vollkommen selber finanzieren. Somit mussten sich die Einwanderer nun ein eigenes unabhängiges System in den Gemeinden erschaffen und sogar ein eigenes Schulnetz aufbauen. Während die Auswanderer in der deutschen Urheimat wenig gemein hatten, da die unterschiedlichen regionalen Kulturen sehr dominierten, arbeiteten sie nun zusammen und bildeten eine neue gemeinsame Identität[8]. Sie kämpften nun alle mit den gleichen Problemen, denn sie hatten kaum Rechte und lebten vollkommen abgeschottet.

[...]


[1] http://www.colonialvoyage.com/brasilggermany.html

[2] Débora Bendocchi Alvez: Das Brasilienbild der deutschen Auswanderungswerbung im 19. Jahrhundert; S.20

[3] Débora Bendocchi Alvez: Das Brasilienbild der deutschen Auswanderungswerbung im 19. Jahrhundert; S.20ff

[4] Débora Bendocchi Alvez: Das Brasilienbild der deutschen Auswanderungswerbung im 19. Jahrhundert; S. 28

[5] Débora Benocchi Alvez: Das Brasilienbild der deutschen Auswanderungswerbung im 19. Jahrhundert; S 30

[6] Débora Benocchi Alvez: Das Brasilienbild der deutschen Auswanderungswerbung im 19. Jahrhundert; S.31

[7] Prof. Dr. João Klug: Wir Deutschbrasilianer in Tópicos 1/2004

[8] Prof. Dr. João Klug: Wir Deutschbrasilianer in Tópicos 1/2004

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Migrantensprachen: Deutsch in Brasilien
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Institut für Romanische Sprachen und Literaturen)
Veranstaltung
Sprachliche Vielfalt in Brasilien
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V265087
ISBN (eBook)
9783656545323
ISBN (Buch)
9783656545774
Dateigröße
521 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
migrantensprachen, deutsch, brasilien
Arbeit zitieren
Janine Drephal (Autor:in), 2008, Migrantensprachen: Deutsch in Brasilien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/265087

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