Mittelalterliche Klosterhospitalsgeschichte

Von den ersten Xenodochien bis zum 12. Jahrhundert


Seminararbeit, 2011

24 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Erste fürsorgliche Schritte

3. Benedikt von Nursia

4. Der Klosterplan von St. Gallen

5. Reformprozesse: Cluny bis zu den Zisterziensern

6. Leben und Aufgaben in einem Klosterhospital

7. Ende der „Monopolstellung“

8. Literaturverzeichnis

Mittelalterliche Klosterhospitalsgeschichte

Von den ersten Xenodochien bis zum 12. Jahrhundert

„Man sollte nie vergessen, daß [sic] der erste Punkt das Wohl der Kranken ist – nicht die Billigkeit, nicht die architektonische Schönheit.”[1]

(Florence Nightingale)

1. Einleitung

Wenn man über Hospitalgeschichte spricht, so kann man in der Tat sagen, dass es sich dabei um eines der angenehmeren historischen Forschungsfelder handelt. Gerade weil die Geschichte der Kriege, der Gewaltanwendungen und der Vergeltungsaktionen so groß ist, ist der Blick auf die segenreichen Tätigkeiten vieler Menschen ein umso erfreulicher. Auch wenn manche Helfer mit noch so großer Begeisterung am Werk waren, so konnte ihre Wirkungszeit maximal zwischen 20 und 30 Jahren dauern. Es gelang aber einigen Wohltätern, Einrichtungen zu schaffen, die weit über die Spanne ihres Lebens hinaus bestanden und über sehr lange Zeit Kindern und Kindeskindern immer wieder in den schwierigsten Stunden ihres Lebens entscheidend zur Hilfe standen.[2]

Diese Proseminararbeit entstand im Rahmen des an der Universität Salzburg von Frau Prof. Dr. Christine Janotta im Wintersemester 2010/2011 gehaltenen Proseminars Mittelalterliche Geschichte (Reichtum und Armut im Mittelalter). Die vorliegende Arbeit stellt einen Versuch dar, aufzuzeigen wie sich die Hospitalgeschichte (mit besonderem Augenmerk auf die Klosterhospitalgeschichte) schon im frühen Mittelalter zu entwickeln begann. Darüber hinaus soll auch dargestellt werden, dass die ersten Vorläufer der mittelalterlichen Hospitäler bei genauerer Betrachtung mancherorts auch schon in der Spätantike zu finden sind.

Wichtige im Laufe der Arbeit zu erörternde Punkte werden unter anderem die ersten fürsorglichen Schritte bzw. die Vorläufer der mittelalterlichen Hospitalfürsorge sein. Dabei soll besonders der christliche Grundgedanke in den Vordergrund gerückt werden und auf die sieben Werke der Barmherzigkeit eingegangen werden. Das darauffolgende dritte Kapitel dieser Arbeit widmet sich mit Benedikt von Nursia einem Menschen, der nicht nur mit der sogenannten „Regula Benedicti“ die Grundlagen für die Entwicklung des Hospitalwesens im Abendland geschaffen hat, sondern weithin auch als Begründer des Mönchtums in Westen verstanden wird. Weiterführend soll hier der benediktinische Gedanke genauer unter die Lupe genommen werden und die Entwicklungen in den ersten Jahrhunderten nach Benedikt von Nursia beleuchtet werden.

Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit dem Plan des Klosters St. Gallen, mit Hilfe dessen die pflegerischen Elemente eines typischen Klosterhospitals beschrieben werden sollen. Im darauffolgenden Abschnitt dieser Arbeit werden die Kirchenreformen des 10., 11. und 12. Jahrhunderts dargestellt. Dabei soll das Hauptaugenmerk auf die Entstehung des Klosters von Cluny sowie auf die Gründung des Zisterzienserordens gelegt werden. Diese Reformen trugen zum Wiedererstarken der Kirche bei, nachdem es zu einem geistigen und wirtschaftlichen Niedergang der Klosterwelt im 9. und zu Beginn des 10. Jahrhunderts gekommen war. Kapitel sechs widmet sich dem Leben im Klosterhospital und soll die unterschiedlichen im Klosterhospital vorherrschenden Aufgaben noch einmal aufzeigen.

Im Bereich der Medizin- und Hospitalgeschichte wurden vor allem seit Mitte der 1980er Jahre wichtige Forschungsergebnisse erzielt. Hervorzuheben sind hier laut Spielbüchler besonders die Publikationen von Dieter Jetter, Erwin Ackerknecht, Heinrich Schipperges und Peter Wunderli. Mittlerweile ergeben diese „Klassiker“ der Medizingeschichte zusammen mit einigen neueren Veröffentlichungen wie zum Beispiel jene von Neithard Bulst, Wolfgang Eckart, Kay Peter Jankrift und Marie-Luise Windemuth ein klares und aufschlussreiches Bild der Medizin- und Hospitalgeschichte.[3]

An dieser Stelle soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass die vorliegende Arbeit ihren Fokus so gut wie möglich auf die Geschichte des Klosterhospitals von der Antike bis hin zum Mittelalter richtet. Aus Platzgründen wird nicht detaillierter auf die Medizin im Mittelalter als solche bzw. auch nicht auf die Armut im Mittelalter näher eingegangen. Vom zeitlichen Aspekt her versucht diese Arbeit, ihren Rahmen von der Spätantike über das Frühmittelalter bis hin zum Hochmittelalter zu spannen. Auf die klösterliche Hospitalgeschichte im Spätmittelalter soll somit nicht mehr näher eingegangen werden, weil dies der Umfang dieser Proseminararbeit nicht erlauben würde.

2. Erste fürsorgliche Schritte

Auch wenn man die Anfänge der Philosophie, der Demokratie sowie auch der Technik und der Medizin bis in die griechische Frühzeit zurückverfolgen kann, so ist es wider Erwarten nie gelungen, die Wurzeln der Hospitäler in der Antike freizulegen. Aus heutiger Sicht kann man festhalten, dass es weder in Sparta noch in Athen Krankenhäuser oder etwas, was dem gleichen würde, gegeben hat. Auch in so großen Städten wie Alexandria und Rom sind nie Hospitäler gegründet worden. Stattdessen konnte man aber feststellen, dass es im pharaonischen Ägypten bereits Tempel gegeben hat, in denen Pilger übernachten konnten.[4]

Zwischen 600 und 500 vor Christus soll es an Tempelbezirken, auch im heutigen Europa, die ersten nachweisbaren Pilgerherbergen gegeben haben. So kennt man heute ca. 100 bis 200 solche Asklepieien, welche zuerst vor allem um Athen und an der kleinasiatischen Küste lagen. Später verbreiteten sich diese Einrichtungen über fast alle Mittelmeerländer bis nach Nordafrika und Italien.[5]

Die Anfänge unseres heutigen Krankenhauswesens gehen bis ins frühe Mittelalter zurück. Zu dieser Zeit – vor über tausend Jahren – entwickelten sich die ersten karitativen Wohlfahrtseinrichtungen. Die Einrichtungen entstanden auf dem Boden des aufblühenden Christentums und der christlichen Idee der Nächstenliebe und Barmherzigkeit, wie sie im Matthäusevangelium beschrieben wird.[6]

Es gab zwar zu der damaligen Zeit schon eine gegenseitige Hilfe innerhalb des Familien- und Sippenverbandes sowie unter Freunden (vor allem im vorderasiatischen sowie im griechisch-römischen Raum), auch gab es im Judentum bereits Institutionen, die es sich zur Pflicht gemacht hatten, Hilfe zu gewähren, aber neu und auch von anderer Qualität war die tätige Nächstenliebe der Christen zur Linderung der allgemeinen Armut.[7]

Laut Dieter Jetter dürften die ersten Vorläufer der heutigen Krankenhäuser - sogenannte Xenodochien - im 4. Jahrhundert nach Christus entstanden sein. Angeblich soll der römische Kaiser Julian seine Beamten angewiesen haben, in allen Städten Xenodochien errichten zu lassen.[8] Bei diesen Xenodochien handelte es sich mehr oder weniger um Fremdenherbergen, in denen Pilgern, Reisenden und Bedürftigen Unterkunft und Fürsorge jeglicher Art zuteil wurde.[9]

Bereits im vierten Jahrhundert soll der Bischof und Kirchenlehrer Basilius der Große Normen entwickelt haben, die für das Christentum lange prägend waren und von den Basilianern der Ostkirche heute noch als musterhaft empfunden werden. So soll Basilius der Große einer der ersten gewesen sein, der die Liebe zu Gott und zum Nächsten immer wieder betonte und versuchte, sie als Norm einzuführen.[10]

Die wirklich institutionelle Krankenpflege begann in Europa dann mit den Hospitalsgründungen der christlichen Ordensgemeinschaften im frühen Mittelalter. Bei den ersten Hospitälern handelte es sich dabei um sozial-karitative Institutionen, in denen zunächst vor allem kranke Reisende versorgt, später aber auch unterschiedliche Arten von Hilfsbedürftigen aufgenommen wurden. Zu diesen Hilfsbedürftigen zählten sowohl Arme, Kranke, Sieche, Geisteskranke und auch alte Menschen. Gegen Bezahlung konnten sogenannte Pfründner auch eine auf Dauer angelegte Versorgung in den ersten Hospitälern finden.[11] Man kann somit festhalten, dass das frühmittelalterliche Hospital eine Einrichtung der Armenfürsorge, eine Herberge und ein Aufbewahrungsort für ansonsten Unversorgte gewesen ist.[12]

Die Hospitäler bildeten somit die Keimzelle stationärer Krankenpflege im europäischen Abendland. Im weströmischen Reich bürgerte sich im 4., 5. Jahrhundert die aus dem lateinischen stammende Bezeichnung Hospiz oder Hospital für von der christlichen Idee getragene Unterkunftsstätten ein. Dieser Begriff wurde von „hospitale“ (gastlich) entlehnt. Später kam auch noch der Begriff des „Nosokomeon“ (griechisch: nosos = die Krankheit, komeo = ich pflege) für das Krankenhaus hinzu.[13] Der Begriff des Hospitals bezeichnet ein Versorgungshaus in einem sehr viel umfassenderen Sinn als der heutige, moderne Begriff des Krankenhauses.[14]

Bereits seit den Anfängen des Christentums gehörte es zur Pflicht der Caritas, Kranke zu besuchen und sie zu pflegen. Den frühen Christen waren auch schon die sechs Werke der Barmherzigkeit nach dem Matthäus Evangelium (25, 35-46) geläufig. Diese lauteten:

- Die Hungrigen speisen
- Die Dürstenden tränken
- Die Fremden beherbergen
- Die Nackten bekleiden
- Die Kranken pflegen
- Die Gefangenen besuchen[15]

Die Bestattung der Toten wurde später im 12. Jahrhundert als siebtes Werk von der katholischen Kirche in den Kanon der Barmherzigkeit aufgenommen.

[...]


[1] Murken Axel Hinrich, Vom Armenhospital zum Großklinikum. Die Geschichte des Krankenhauses vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Köln 1988, 9.

[2] Vgl. Jetter Dieter, Das europäische Hospital. Von der Spätantike bis 1800, Köln 1986, hier 8.

[3] Vgl. Spielbüchler Michaela, Die Anfänge des Salzburger Hospitalwesens am Beispiel der früheren Armenhospitäler bei der Johanneshofkapelle, des Spitals des hl. Laurentius, des Magdalenenspitals sowie des Domkapitelspitals in der Kaigasse, phil. Diplomarbeit, Universität Salzburg 2010, hier 10.

[4] Vgl. Jetter Dieter, Grundzüge der Hospitalgeschichte, Darmstadt 1973, 1.

[5] Vgl. Jetter 1973, 1-2.

[6] Vgl. Murken 1988, 13.

[7] Vgl. Windemuth Marie-Luise, Das Hospital als Träger der Armenfürsorge im Mittelalter, Stuttgart 1995, 17.

[8] Vgl. Jetter 1973, 5.

[9] Vgl. Murken 1988, 13.

[10] Vgl. Jetter 1973, 7.

[11] Vgl. Moritz Werner, Das Hospital im späten Mittelalter. Ausstellung des städtischen Staatsarchivs Marburg, Marburg 1983, 57.

[12] Vgl. Kolling Hubert, „Die Sorge für die Kranken steht vor und über allen anderen Pflichten“ – die mittelalterlichen Wurzeln der Krankenpflege: in: Aumüller Gerhard, Hg., Der Dienst am Kranken. Krankenversorgung zwischen Caritas, Medizin und Ökonomie vom Mittelalter bis zur Neuzeit; Geschichte und Entwicklung der Krankenversorgung im sozioökonomischen Wandel, Marburg 2007, 65-85, hier 65.

[13] Vgl. Murken 1988, 13.

[14] Vgl. Moritz 1983, 57.

[15] Vgl. Kolling 2007, 66.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Mittelalterliche Klosterhospitalsgeschichte
Untertitel
Von den ersten Xenodochien bis zum 12. Jahrhundert
Hochschule
Universität Salzburg  (Fachbereich Geschichte)
Note
1
Autor
Jahr
2011
Seiten
24
Katalognummer
V264527
ISBN (eBook)
9783656538103
ISBN (Buch)
9783656538301
Dateigröße
1994 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mittelalterliche, klosterhospitalsgeschichte, xenodochien, jahrhundert
Arbeit zitieren
Bakk. Komm. BA Josef Schopf (Autor:in), 2011, Mittelalterliche Klosterhospitalsgeschichte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264527

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