Vom Wunsch nach Individualität und dem Dilemma der Fertighäuser


Essay, 2011

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einführung in die Thematik

2. Über den Begriff der Individualisierung

3. Von Fertighäusern

4. Fazit

Quellen

Abbildungsverzeichnis und –nachweis

1. Einführung in die Thematik

An einem wundervollen Sonntagmorgen beschlossen meine Freundin und ich Fahrrad fahren zu gehen. Das Ziel unserer Reise war das nicht allzu weit entfernte Großziethen, welches mich letztlich zum Schreiben dieses Essays motivierte. Wir fuhren vorbei an den alten, historischen Häusern, genossen den Blick auf die weiten Felder, die Pferde, die Natur und erfreuten uns an der Landluft. Nach einem weiteren Kilometer befanden wir uns jedoch zu unserer Verwunderung in einer Neubausiedlung aus Fertighäusern, eines an das andere angereiht. Die Atmosphäre an diesem Ort wirkte künstlich, surreal. Zwar hatten die Häuser teilweise unterschiedliche Fassadenfarben oder anders gestaltete Garagen und Zäune, dennoch wirkte alles sehr einheitlich, beinahe monochrom. Die Grundstücksgrößen waren alle identisch, genauso wie der Abstand zur Straße, die Erschließung des Hauses, oder die Zuwendung der Häuser zur Straße.

Angesichts aktueller Theorien, die Individualisierungsprozesse, Entfaltungsfreiheit und Selbstverwirklichung propagieren, fragte ich mich wie es zu solchen Siedlungen kommen konnte, weshalb sich all diese Fertighäuser einer solchen Beliebtheit erfreuten und begann meine Recherche. Die Ergebnisse möchte ich im Folgenden mit dem Leser teilen.

Zunächst soll jedoch der Frage nachgegangen werden, was genau unter Individualisierung verstanden werden kann, was wir meinen, wenn wir diesen Begriff verwenden und wo er seinen Ursprung hat.

2. Über den Begriff der Individualisierung

Der Begriff der Individualisierung stammt aus der Soziologie und beschreibt den Prozess eines Übergangs von der Fremd- zur Selbstbestimmung des Individuums. Geprägt wurde der Begriff unter anderem von dem deutschen Soziologen Ulrich Beck, der mit „Individualisierung“ einen zunehmenden Zwang zur reflexiven Lebensführung, eine Pluralisierung von Lebensstilen, sowie die Tendenz, dass ldentitäts- und Sinnfindung zur individuellen Leistung werde, meint.

„In Ulrich Becks Individualisierungsthese (1983,1986) Bezeichnung für einen Zentralvorgang in der gegenwärtigen modernen Gesellschaft: Die die Lebensführung der Menschen bisher ordnenden großen Gussformen (Zugehörigkeit zu Klasse bzw. Schicht, Familie und Konstellationen von Mann und Frau sowie von Erwachsenen und Kindern, - bei den Männern - lebenslange Berufsarbeit usw.) verlieren an Ordnungskraft; absehbar werde eine dominant aufs Schicksal des einzelnen (Arbeitsmarkt - Individualisierung, aber auch Dominieren von individuellen Interessenlagen in bisherigen Primärgruppen, besonders in Ehe und Familie) zentrierte Lebensform.“ (vgl. Fuchs-Heinritz et al. 2007)

Einhergehend mit Individualisierungsprozessen fand ein Wertewandel statt. Aufgrund der Trennung von Arbeit und Wohnen, der Entstandardisierung der Berufsverläufe und dem Wandel der Familienformen und Lebensverhältnisse, sind die neuen Werte nun Humanverträglichkeit, Selbstbestimmung, Kreativität und Persönlichkeitsentfaltung. Dies äußert sich in dem Vorhandensein von Wahl- bzw. so genannten Bastelbiographien[1], sowie in einer veränderten Gestaltung des Freizeitverhaltens[2], aber auch vor allem in einer veränderten Konsumtionsstruktur. Prägte Henry Ford das Zeitalter der Fließbandfertigung und des Massenkonsums seinerzeit noch mit dem Satz: „Jeder kann sein Auto in einer beliebigen Farbe haben, vorausgesetzt sie ist schwarz“ [3], ist es heutzutage undenkbar, dass individuelle Kundenansprüche nicht berücksichtigt werden und Produkte nicht in verschiedenen Ausführungen oder Farben erworben werden können. Individualität scheint das Motto der Moderne zu sein, welches in jedem Bereich des Lebens Einzug hält. Es scheint immer mehr der Drang zu bestehen sich als einzigartiges Individuum zu präsentieren, sei es die Art und Weise, wie man sich kleidet, welche Kaffeemaschine man besitzt, welches Auto man fährt, oder aber wie und wo man wohnt.

Gerade das Stichwort „Wohnen“ soll nun zum nächsten Teil der Arbeit hinleiten, welcher sich mit Fertighäusern auseinandersetzt.

3. Von Fertighäusern

Als alternative Technik zur „Billigbauweise“ in den 70er Jahren entwickelte sich die Fertighausbranche, die sich heutzutage damit rühmt individuell nach Kundenwünschen konzipieren zu können und einen Anteil von 15,1% aller gesamter Neubauvorhaben von Ein- bis Zweifamilienhäusern ausmacht[4].

[...]


[1] Die Wahl- bzw. Bastelbiographie meint die Option selbst darüber entscheiden zu können, wie der Verlauf der eigenen Biographie aussehen soll. War mein Vater z.B. Tischler, bedeutet dies nun nicht mehr zwangsläufig auch Tischler werden zu müssen.

[2] Die veränderte Form des Freizeitverhaltens äußert sich z.B. darin, dass nun auch vermehrt Jogger und Joggerinnen innerhalb der Stadt auf normalen Straßen wahrgenommen werden können. Freizeitverhalten tritt mehr in den Vordergrund, wird „öffentlicher“ und dient u.a. auch dazu sich „öffentlich“ präsentieren zu können.

[3] Frei aus dem Englischen übersetzt.

[4] Vgl. Axel Springer AG (2011): Welt Online: Bei Eigenheimen nimmt der Anteil von Fertighäusern zu.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Vom Wunsch nach Individualität und dem Dilemma der Fertighäuser
Hochschule
Technische Universität Berlin  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Soziologie der Stadtregionen
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
13
Katalognummer
V264363
ISBN (eBook)
9783656536116
ISBN (Buch)
9783656536260
Dateigröße
869 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wunsch, individualität, dilemma, fertighäuser
Arbeit zitieren
Jennifer Blasinski (Autor:in), 2011, Vom Wunsch nach Individualität und dem Dilemma der Fertighäuser, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264363

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