Gerechtigkeit in der Organallokation in Deutschland


Hausarbeit (Hauptseminar), 2013

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Aktuelle Situation in der Organtransplantationsmedizin
2.1 Kurze Geschichte der Organtransplantation
2.2 Organmangel
2.2.1 Ursachen des Organmangels
2.2.2 Organhandel als Folge des Organmangels
2.2.3 Aktuelle Praxis in der Organallokation

3. Neue Lösungsansätze für eine gerechte Organallokation

4. Quellen

Gerechtigkeit in der Organallokation in Deutschland

1. Einleitung

Ich befasse mich in dieser Arbeit mit dem ethisch schwierigen und rechtlich komplizierten Thema der gerechten Verteilung nicht-regenerierbarer Organe in Deutschland. Dabei ist es mir wichtig darzustellen, wie die aktuelle problematische Situation auf diesem Gebiet aussieht, die Gründe dafür herauszufinden und nach möglichen Lösungen der Probleme zu suchen. Ich beziehe mich jedoch nicht ausschließlich auf Deutschland, sondern gelegentlich auch auf andere Länder, vor allem die Schweiz, die USA, Indien und Osteuropa, um Vergleiche zu ziehen und aufgrund mancher fehlender Messdaten und Fakten, welche aber den Bedingungen und Gegebenheiten in Deutschland ähneln. Manchmal beziehe ich mich aber auf das Ausland ganz einfach deswegen, weil es dann in diesen Fällen in internationalem Bezug zu Deutschland steht oder auch, weil diese Daten und Fakten in den Gesamtzusammenhang des hier behandelten Themas gehören.

2. Aktuelle Situation in der Organtransplantationsmedizin

Das Problem, wie das knappe Gut Organe verteilt werden soll, ist in seinem Kern nicht medizinischer, sondern ethischer und rechtlicher Natur.[1]

Dieses Zitat von Gutmann beinhaltet die Aussage, dass die Organe knapp sind. Warum aber besteht dieses Problem?

Dass Ressourcenknappheit in der medizinischen Versorgung der Bevölkerung vorherrscht, ist schon seit Jahren allgemein bekannt. Ironischerweise resultiert diese Situation aus dem medizinischen Fortschritt, wodurch die Behandlungen immer teurer werden bei mehr oder weniger gleichbleibenden zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln, desweiteren durch vermehrt chronisch Erkrankten, welche behandelt werden müssen. Und nicht nur das Geld wird knapp im Gesundheitswesen, sondern auch die Zeit und die humanen Ressourcen.[2] Die Ärzte und das Pflegepersonal sind stark an diese Rahmenbedingungen gebunden und dadurch wirken sich diese Verknappungen auf die Patienten aus. Dieser Situation versucht man durch „Einführung neuer Organisations- und Steuerreformen, Prioritätensetzungsprozesse sowie Rationalisierungs- und Rationierungsmassnahmen“ Herr zu werden.[3]

Unter dem Druck dieser Verknappungen muss sich nun stärker auf die Ein- und Durchführung eines Systems der gerechten Verteilung dieser knappen Ressourcen konzentriert werden.[4]

Über die Wichtigkeit dessen äußert sich Kersting: „Gesundheit bzw. der Zugang zur Gesundheitsversorgung ist ein Gut, das der Einzelne für die Verwirklichung seiner Lebensmöglichkeiten braucht, jedoch nicht selbst sicherstellen kann. Der Einzelne ist auf die Kooperation der Gesellschaftsmitglieder angewiesen, um Zugang zu diesem Gut zu erhalten.“[5]

Wie hoch ist hierbei im Speziellen die Wichtigkeit von Organtransplantationen und damit die Wichtigkeit der Organressourcen einzuschätzen? Kostka schreibt dazu: „Mit der Organtransplantation kann Patienten geholfen werden, die durch das Versagen einzelner oder mehrerer Organe vom Tode bedroht sind oder deren Lebensqualität massiv eingeschränkt ist.“[6] Die Transplantation stellt also eine außerordentliche medizinische Behandlungsmethode, die oft über Tod und Leben entscheidet, dar.

Wie aber kam es bzw. kommt es zu der Verknappung von Organen? Was sind außerdem die Folgen dieses Umstandes und wie wird aktuell damit umgegangen?

2.1 Kurze Geschichte der Organtransplantation

Die moderne Geschichte der Transplantationsmedizin begann am 07. März 1902 in Wien, als Emerich Ullmann der Wiener Ärztegesellschaft über die „Transplantation von Hundenieren in die Leiste oder an die Halsgefässe“ berichtete. Doch bestand bei diesen Eingriffen noch vor allem das Problem der Organabstoßung. Alexis Carrel brachte die Medizin dann durch verbesserte Methoden der Nierenverpflanzungen und durch das Experimentieren mit den Transplantationen von Herz, Milz, Dünndarm und Schilddrüse bei Tieren einen großen Schritt weiter. Die Transplantationen glückten und waren auch Langzeiterfolge, vor allem dadurch, dass das Problem der Abstoßung der Organe umgangen worden war: Carrel verpflanzte dafür autologe, also vom gleichen Organismus stammende, Organe. Doch wurden fremde Organe immer noch vom Organismus abgestoßen.[7]

1944 entdeckte Peter Bryan Medawar die Immunreaktion des Körpers als Ursache der Organabstoßung und erhielt dafür im Jahre 1960 zusammen mit Frank MacFarlane Burnet den Nobelpreis für Medizin[8], dem „Sinnbild für die Wegweisung im immunologischen Bereich“ der Organtransplantationsmedizin.[9]

Im Jahre 1954 aber schon wurde die erste Niere erfolgreich in einen Fremdorganismus transplantiert: die Niere eines Zwillings wurde dem eineiigen Bruder eingepflanzt und dadurch abermals die damals schon als Ursache bekannte Immunreaktion umgangen.[10] Dieses Problem wurde schließlich in der Folgezeit durch die Immunsuppression gelöst.

Soweit zur Erforschung und Ermöglichung der Organtransplantation, welche natürlich ein großartiger Schritt der Medizin darstellt und die wirksamste oder oft einzige Methode zur Behandlung von Patienten darstellt, deren Organe schlecht funktionieren oder versagen. Doch entstanden auch hier wieder neue Schwierigkeiten und Herausforderungen, nicht im medizinischen, sondern im strukturellen Bereich.

2.2 Organmangel

Um eine medizinische Behandlung durchzuführen, sind natürlicherweise auch die dafür geeigneten Ressourcen nötig. Wenn diese fehlen, vor allem bei schweren medizinischen Situationen, bei denen es um Leben und Tod des Patienten geht und der Eingriff die einzige oder beste Möglichkeit seiner Rettung darstellt, ist der Ressourcenmangel ein großes, nicht mehr ganz neues aber immer noch sehr aktuelles, Problem in der Transplantationsmedizin. Largiadèr schreibt dazu:

Zu Beginn des Jahres 2010 zählte […][die] Kandidatenwarteliste [des United Network for Organ Sharing (UNOS)] 106 411 Patienten; im ganzen Jahr 2009 standen aber nur 14 631 Spender (Verstorbene und Lebendspender) zur Verfügung […]. […] Die Situation in den europäischen Ländern ist ganz ähnlich. Dies führt zur Frage: Werden zu viele Patienten auf die Wartelisten genommen, stagniert die Organgewinnung oder sind beide Faktoren für diese höchst unbefriedigende Sachlage verantwortlich?[11]

Diese Frage werde ich im Folgenden versuchen zu beantworten.

2.2.1 Ursachen des Organmangels

Der […] Anstieg [der Zahl der wartenden Transplantationskandidaten] enspricht […] einer Entwicklung, die die moderne Medizin und Chirurgie seit 1850 prägt: Je besser die Behandlungen und je günstiger die Resultate, desto häufiger wird ein bestimmtes Verfahren und insbesondere eine bestimmte Operation von den Ärzten empfohlen und durchgeführt. Und umso häufiger wird sie von Patienten auch gewünscht.[12]

[...]


[1] Gutmann, Thomas; Schneewind, Klaus A.; Schroth, U.; Schmidt, V. H.; Elsässer, A.; Land, W.; Hillebrand, G. F. (2003): Grundlagen einer gerechten Organveteilung. Berlin, Heidelberg, New York: Springer-Verlag (MedR, Schriftenreihe Medizinrecht). S. 257.

[2] Kostka, Ulrike (2008): Gerechtigkeit im Gesundheitswesen und in der Transplantationsmedizin. Mehrdimensionale Handlungsfelder als systematische und normative Herausforderung für die Bioethik und Theologische Ethik. Basel: Schwabe (Ethik und Recht, 4). S. 27.

[3] Kostka: S. 27.

[4] Kostka: S. 31.

[5] Kostka: S. 31.

[6] Kostka: S. 73.

[7] Largiadèr, Felix (2008): Transplantation von Organen. Von der Mythologie bis zur erlebten Gegenwart. Basel: EMH, Schweizerischer Ärzteverl. S. 43 ff.

[8] Largiadèr: S. 50 f.

[9] Largiadèr: S. 51.

[10] Largiadèr: S. 52.

[11] Largiadèr: S. 289.

[12] Largiadèr: S. 290.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Gerechtigkeit in der Organallokation in Deutschland
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Seminar Praktische Philosophie: Gerechtigkeit und Gesundheitssystem
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
17
Katalognummer
V263715
ISBN (eBook)
9783656524304
ISBN (Buch)
9783656530954
Dateigröße
495 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Philosophie, Praktische Philosophie, Ethik, Organmangel, Organverteilung, Organallokation, Organtransplantation, Organhandel, Organraub, Gerechtigkeit
Arbeit zitieren
B.A. Manuel Kröger (Autor:in), 2013, Gerechtigkeit in der Organallokation in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263715

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