Neigung zum Tausch als Leitidee bei Adam Smith


Hausarbeit, 2013

18 Seiten


Leseprobe


VERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. NEIGUNG ZUM TAUSCH
2.1 SELBSTINTERESSE, AFFEKTLOGIK UND SYMPATHIE
2.2 ARBEITSTEILUNG
2.3 DER UNPARTEIISCHE ZUSCHAUER
2.4 DAS AXIOM DER UNSICHTBAREN HAND

3. FAZIT

Literaturverzeichnis

1.EINLEITUNG

Der schottische Philosoph Adam Smith (1723-1790) gilt in der zeitgenössi- schen Perzeption als Begründer der Nationalökonomik. Als sein Hauptwerk wird hauptsächlich seitens der Ökonomen überwiegend das Buch „Wohlstand der Nationen“ (1766) angesehen und auf ideologische Weise verehrt. Dabei wird oft die Tatsache übersehen, dass Smith in erster Linie ein Moralphilo- soph in der Tradition damaliger Naturphilosophie war, was auch seinen Ver- such der Erörterung an sich und in sich verschiedener Elemente erklärt, die das System der natürlichen Freiheit im „Wohlstand der Nationen“ stützen soll- ten. Diese natürliche Freiheit entfaltet sich den vielen Deutungen nach in vol- len Zügen erst dann, wenn die Selbstinteressen aller Wirtschaftsakteure der Gesellschaft in eine selbstregulierende, marktwirtschaftliche Ordnung subli- miert werden können.

Siebzehn Jahre vor der Erscheinung des „Wohlstands der Nationen“ veröffent- lichte Smith die „Theorie der moralischen Gefühle“, ein Buch das ihm schlag- artig Ruhm als Philosoph bescherte. In seinem ersten Werk postuliert Smith die Evidenz gerechten und fairen Handelns dem Anderen gegenüber von Na- tur aus. Über Sympathie (Empathie) ist der Mensch befähigt, Beweggründe der Anderen zu verstehen, um dementsprechend ethisch zu handeln - was ein Widerspruch zum Selbstinteresse aufbaut. Dieser Widerspruch ist im Allge- meinen bekannt als „Adam-Smith-Problem“. In der „Theorie der moralischen Gefühle“ lesen wir so Smith als Ethiker, und im „Wohlstand der Nation“ er- scheint Smith als Ökonom.

Was ist aber Ethik, und was ist Ökonomik? Ökonomik ist die Lehre des rech- ten Wirtschaftens, und ihr Gegenstand sind die Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise. Ethik ist die Lehre des rechten Handelns, und ihr Gegens- tand sind moralische Gebote in einer Gesellschaft. Ethik und Ökonomik sind als wissenschaftliche Disziplinen erst seit 200 Jahren streng getrennt - der Begriff „oikonomikos“ beinhaltet dagegen immer noch die Synthese der Be- deutung von „oikos“ (das Haus, Haushalt) und von „nem“ (wohl regeln, recht organisieren). Ein „oikonomikos“ ist derjenige, der nicht nur Erträge der Hauswirtschaft verwaltet, sondern sich auch um die moralische Beziehungen kümmert, welche die Grundlage einer funktionierenden Hauswirtschaft bilden. Wird in der Hauswirtschaft geklaut, gelogen, asymmetrisch verteilt - sprich,unmoralisch gehandelt - bricht die Produktion irgendwann in sich zusammen.

Somit beinhalten ökonomische Handlungen immer ein moralisches Gebot, und ohne dieses Gebot ist auch das moderne Wirtschaften nicht möglich. Nur scheinbar widersprüchlich, befinden sich Ethik und Ökonomik in einer engen Beziehung zueinander, was sich bei Smith deutlich liest: Die Neigung zum Tausch, als die Komponente des Menschentums, ist nicht nur auf materiellen Tausch begrenzt, sondern sie findet auch auf emotionaler Ebene statt - durch gegenseitige Anerkennung, via Sympathie.

Eine allgemeine Neigung zum Tausch ist als verbindendes Glied und zentraler Gedanke in Smiths Philosophie zu betrachten, und anhand dieser These werde ich in dieser Arbeit auch die Exegese der Grundbegriffe vornehmen, die Smiths Werke auszeichnen: „Arbeitsteilung“, „Der unparteiische Zuschauer“, „Sympathie“, „Unsichtbare Hand“ und „Selbstinteresse“. Anschließend wird im Fazit eine Zusammenfassung der Erkenntnisse geleistet.

2. NEIGUNG ZUM TAUSCH

Im Unterschied zu den Tieren, verfügen Menschen über Wertbewusstsein, und dieses Wertbewusstsein ist die Grundlage jedes sozialen Verhaltens. Die Vor- stellung der Werte durch Symbole und das Bewusstsein darüber entstehen aus der instinktiven Neigung zum Tausch und sie sind die Grundlage der Kommu- nikation. Diese Kommunikation ist nicht nur intellektueller Natur, sondern sie kennzeichnet auch unser Affektleben - und die Ökonomie, inklusive unseres monetären Systems, mit dem Symbol des Geldes an der erster Stelle. So ist Ökonomie durchaus ein Kommunikationsprozess, und sie besteht nicht nur aus Zahlungen und Nichtzahlungen,1 sondern ihr Bestehen und ihre Existenz setzen einen starken Affekt-Unterbau voraus. Es ist so schon verwunderlich, dass manche ökonomischen Interpretationen von Smiths Werken einerseits seine Beschäftigung mit dem menschlichen Gefühlsleben kontinuierlich aus- blenden, und andersrum ein fast religiöser Glaube an die Macht der Werbung und ihre Rolle in der Wirtschaft pflegen, wenn es sich um das ankurbeln von Verkaufszahlen handelt. Die Werbung, als Kunst der Gefühlsmanipulation betrachtet, kann so ihre Existenz auch nur der Neigung zum Tausch verdan- ken. Smith ist dieser Fehler nicht unterlaufen - er hatte als Gegenstand seiner Betrachtungen eben nicht den intelligenten, unfehlbaren und emotionslosen Menschen vor Augen, wie allzu oft das Wunschbild des homo oeconomicus präsentiert wird. Der Gegenstand seiner Betrachtungen war der intelligente, aber durchaus affektive Mensch, der auf paradoxe Weise ständig dem zuwi- derhandelt was ihm persönlich, aber auch gleichzeitig der Gesellschaft als angemessen und vorteilhaft erscheinen kann.

Als Ethiker stand Smith dem Vertreter des moralischen Gefühls Francis Hut- cheson sehr nah, der mit seinen Ideen neben Smiths Freund und Landsmann David Hume auch den jungen Immanuel Kant beeinflusst hat.2 Als Vater der Nationalökonomie hat Smith vorausschauend die Dynamik des Marktes auf die industrielle Produktion geknüpft, im Vergleich zu den französischen Phy- siokraten, welche die produktive Kraft und den Ursprung des Reichtums in Grund und Boden sahen. Die Wohlstandssteigerung könnte nach Smith erst dann stattfinden, wenn die industrielle Produktion die Wirtschaft eines Landes bestimmt. Die vorhergehende agrarische Stufe der Gesellschaft, die als primä- res Ziel eine flächendeckende Selbstversorgung und Autarkie hatte, musste dabei zwangläufig in eine Stagnation treten. Der Tausch gewinnt so neue ge- schichtliche Formen:

„Die moderne Welt ist dabei überhaupt eine solche, in der tendenziell alle menschlichen Be- ziehungen in Tauschrelationen aufgelöst werden. Der Tausch findet grundsätzlich auf dreifa- che Weise statt: als Tausch der Arbeitskraft gegen den Lohn, des Bodens gegen die Rente oder des Kapitals gegen den Gewinn. (…) …die industrielle Produktion setzt Investitionen voraus, die auch grundsätzlich neue Formen der Wertschöpfung als möglich erachten und auf sie hin angelegt sind.“3

Smith beobachtet: Die Neigung zum Tausch ist nur dem Mensch vorbehalten.4 Sie ist natürlichen Ursprungs und äußert sich in der Regel nicht als rationales Verhalten. Die Neigung zum Tausch ist in erster Linie instinktives Handeln, das sich aber maßgeblich von dem tierischen Verhalten unterscheidet. Um diese Behauptung zu unterstreichen, bedient sich Smith folgenden Beispiels: Bei den Windhunden herrscht anscheinend eine Übereinkunft, wenn sie Hasen jagen - gewisse Kooperation zwischen den Hunden ist notwendig, um sich die Beute gegenseitig zuzutreiben. Dieses Verhalten ist aber nicht an irgendeine Vereinbarung gebunden. Das kooperative Verhalten der Tiere ist lediglich auf dasselbe Objekt ausgerichteter Instinkt. Unmittelbar nach der Jagd ist diese vorherige, anscheinend ausgerichtete Handlung der Tiere eben nicht mehr vorhanden. Genauso hat noch niemand beobachtet, wie zwei Hunde in einer Übereinkunft die Knochen austauschen, anhand eines Eigentumsprinzips. Auch mit seinem Herrchen kann der Hund nur in eine Gefühlsbeziehung treten-durch umschmeicheln gewinnt das Tier die Gunst des Menschen und damit auch das Futter.

Freilich übersieht Smith nicht, dass der Mensch auch dieses Verhalten in den zwischenmenschlichen Beziehungen zeigt. Über die Unterwürfigkeit und Schmeichelei jedoch die Gunst des Mitmenschen zu erlangen ist mühsam und zeitraubend:

[...]


1 (1994, S. 53)

2 (2009b, S. 154)

3 (Ebd. S. 156)

4 (2009a, S. 16)

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Neigung zum Tausch als Leitidee bei Adam Smith
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Institut für Philosophie)
Autor
Jahr
2013
Seiten
18
Katalognummer
V263513
ISBN (eBook)
9783656521730
ISBN (Buch)
9783656526896
Dateigröße
528 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wirtschaft, Ökonomik, Adam Smith, Neigung zum Tausch, Arbeitsteilung, Selbstinteresse, Affektlogik, Sympathie, Der unparteiische Zuschauer, Unsichtbare Hand, Luc Ciompi
Arbeit zitieren
Dragan Ahmedovic (Autor:in), 2013, Neigung zum Tausch als Leitidee bei Adam Smith, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263513

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