Die Bedeutung der LehrerInnen-SchülerInnen Beziehung im Rahmen des Classroom Managements


Examensarbeit, 2013

59 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung

1 Erläuterung zum Begriff des Classroom Managements
1.1 Die Lehrerperspektive: Schwierigkeiten im Umgang mit Schülern
1.2 Historischer Wandel

2 Ansätze des Classroom Managements
2.1 Der traditionelle Ansatz
2.2 Der Ansatz nach Kounin
2.3 Comprehensive Classroom Management

3 Klassenführungsstile und ihre Wirkung
3.1 Egalitärer Führungsstil
3.2 Autoritärer Führungsstil
3.3 Autoritativer Führungsstil

4 Die Lehrer-Schüler Beziehung
4.1 Schülerwünsche an die Lehrperson
4.1.1 Sozial engagierte Lehrkräfte
4.2 Verantwortung für die Lehrer-Schüler Beziehung
4.3 Gestaltung einer angemessenen Lehrer-Schüler Beziehung im Rahmen eines effektiven Classroom Managements
4.3.1 Positive Lehrer-Schüler Beziehung als Störungsprävention (Larrivee)
4.3.2 Regeln (Schülersicherheit)
4.3.3 Abwechslungsreiche Arbeitsformen/Kooperative Arbeitsformen (Schülerautonomie)
4.3.4 Authentizität der Lehrperson
4.3.5 Klassenklima (zugehörigkeit, peer-relationships)
4.3.6 Humor
4.3.7 Fairness
4.3.8 Aktives Zuhören
4.3.9 Respektvolles Verhalten

5 Fazit

6 Erklärung

0 Einleitung

Im Rahmen des Classroom Managements hat die Lehrperson viele Unterschiedliche Funktionen im schulischen Kontext zu erfüllen. Zum einen dient es der möglichst ungehinderten Vermittlung von Unterrichtsinhalten und zum anderen der Sozialisierung der SchülerInnen. Das erste Kapitel soll den Begriff des Classroom Managements erläutern. Offenbar konnte sich bisher kein einheitliches Verständnis von dem etablieren, welche Dimensionen des Unterrichtens dem Sammelbegriff des Classroom Managements zugehörig sind.

Als nächstes wird der Wandel, welchem das Konstrukt des Classroom Managements unterlag, kurz beschrieben.

Es ist nicht verwunderlich, dass SchülerInnen und LehrerInnen unterschiedliche Perspektiven einnehmen; es herrschen unterschiedliche Rollen, Ziele, Sorgen und Machtverhältnisse unter ihnen. Zunächst wird der LehrerInnenperspektive Aufmerksamkeit gewidmet und dargestellt warum das Classroom Management eine solchermaßen kritische Stellung einnimmt. Dabei soll das LehrerInnenverständnis verdeutlicht und aufgezeigt werden an welchen Stellen Problematiken verborgen liegen.

Danach werden drei Ansätze zum Classroom Management vorgestellt. Diese gehen von verschiedenen Anhaltspunkten aus, adressieren verschiedene Bereiche und sind weisen unterschiedliche Qualitäten für das Unterrichtsgeschehen sowie für den Aufbau einer positiven LehrerInnen-SchülerInnen Beziehung auf.

Im Hinblick auf das emotionale und psychische Wohlergehen der zu Unterrichtenden sowie deren kognitiven Förderung, sollen mögliche Führungsstile näher betrachtet werden.

1 Erläuterung zum Begriff des Classroom Managements

Classroom Management ist ein in seiner Tradition ein ausgesprochen amerikanischer Begriff. In der pädagogischen Fachliteratur werden verschiedene Ausdrücke für die Übersetzung des Begriffs verwendet. In der deutschsprachigen Literatur werden Bezeichnungen wie „Klassenführung“ (Mayr, 2006, S. 227; Seidel, 2009, S. 137), „Klassenleitung“ (Bastian, 2012, S. 6), „Klassenmanagement“ (Wellenreuther, 2005, S. 244), „Führung in der Schule“ bzw. „Führung von Klassen“ (Glöckel, 2000, S. 7) verwendet. Schönbächler (2008) ergänzt die Termini „Unterrichtsführung“, „Unterrichtsmanagement“ und „Klassenorganisation“ (S. 17).

Des Weiteren wird der Begriff des Classroom Mangements, begrifflich wie auch inhaltlich, häufig auf den effektiven Umgang mit Unterrichtstörungen, bzw. Disziplinproblemen reduziert.

Eine etwas umfassendere Definition von Classroom Management ist die Folgende: „Klassenmanagement umfasst alle Lehreraktivitäten, die das Interesse der Schüler auf den Unterricht lenken und sie somit von Verhaltensweisen abhalten, den Unterricht zu stören“ (Wellenreuther 2005, S. 244). Diese Erläuterung impliziert für den Begriff des Classroom Managements eine Erweiterung: Zum Umgang mit Unterrichtsstörungen kommen nun Handlungen, die Schüler dazu zu bewegen, sich: „. . . möglichst aktiv und intensiv mit schulischen Inhalten auseinanderzusetzen“ (ebd. , S. 245). Eine ähnliche Definition findet sich auch bei Seidel. Sie formuliert das Ziel eines Classroom Managements wie folgt: „. . . dient Klassenführung somit der Herbeiführung positiven und erwünschten Verhaltens durch eine maximale Bereitstellung von aktiver Lernzeit“ (Seidel, 2009, S. 137). Daraus ist zu schließen, dass es sich nicht nur um die Beeinflussung von Schülerverhalten, sondern zudem, um die positive Beeinflussung der Schülereinstellung handelt. Diese Auffassung wird auch von Schönbächler (2008) geteilt. Sie stellt dar, dass das Classroom Management „organisatorische wie personelle Führungsaufgaben“ beinhaltet (S. 17). Seidel (2009) ordnet dem Begriff der Klassenführung drei Dimensionen zu: „Umgang mit Störungen“ (S.143); „Management von Lernzeit“ (S. 145) und „Begleitung von Lernprozessen bei Schülern“ (S. 146).

Bezüglich einer Definition des Begriffs habe ich auf Anfrage beim Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW folgende Antwort erhalten: „Classroom Management wird allgemein als die Kompetenz von Lehrkräften zur effektiven Klassenführung verstanden. Hierzu werden für Lehrerinnen und Lehrer zahlreiche Fortbildungen angeboten. Eine spezielle Definition des Schulministeriums NRW ist mir nicht bekannt“ (K. D. Schmitd, persönl. Mitteilung, 27.03.2013).

Eine detaillierte Umschreibung, welche auch die persönlichen Bedürfnisse der SchülerInnen berücksichtigt, wird von der Bildungsdirektion Zürich vorgeschlagen:

Klassenführung ist alles, was Lehrpersonen mittels Aktivitäten und Haltungen zur Steuerung der Interaktionen in der Klasse beitragen, wobei ihnen bewusst ist, dass die Klasse mehr ist als die einzelnen Schüler und, dass sich die individuellen und die sozialen Lernpro- zesse gegenseitig beeinflussen. Ziel ist ein Klassenklima, welches gute Lehr- und Lernprozesse ermöglicht, die Entfaltung und den Schutz jedes Einzelnen gewährleistet, den Schülern ermöglicht, an gemeinschaftsbildenden Aktivitäten zu lernen und die Motivation der Schüler stärkt, sich zugunsten der Gemeinschaft einzusetzen (Bildungsdirektion Kanton Zürich, 2011, S. 2).

Wenn auch der Ausdruck „Management“ den Nachteil hat, dass er zwischenmenschliche Beziehungen nicht ausreichend berücksichtigt (Schönbächler, 2008), wird nachfolgend ausschließlich, aus Gründen der Übersichtlichkeit, der Begriff Classroom Management gebraucht.

1.1 Historischer Wandel

Laut Schönbächler 2008 hat sich das Verständnis von Classroom Management sukzessive im Wandel der Zeiten verändert und kann in drei Phasen eingeteilt werden. Lange wurde der Begriff des Classroom Managements vom Behaviorismus dominiert. Noch in den 1960er und 1970er Jahren lag der Fokus auf der Konfliktbewältigung. Behavioristische Ansätze kennzeichnen diesen Zeitraum, in welchem das erwünschte Schülerverhalten mit Belohnungen und Sanktionen forciert wurde. Bis in die frühen 1980er Jahre schloss sich eine Phase an, die, auf Grund der Erkenntnisse von Kounin, Emmer und Evertson den Schwerpunkt auf die Prävention von Störverhalten legte. Konsequenzen für das Schülerverhalten sollten nun die ganze Lerngruppe, anstelle der EinzelschülerIn betreffen. Die modernen Ansätze zum Classroom Management zeichnen sich durch die Integration der Tendenzen beider Phasen als auch deren Weiterentwicklung aus: „Der Wandel im Klassenmanagement ist eng verknüpft mit dem Paradigmenwechsel des Lernbegriffs von einem behavioristischen zu einem konstruktivistischen, der auch im deutschsprachigen Raum festgestellt werden kann“ (Schönbächler, 2008, S. 21f.).

1.2 Die Lehrerperspektive: Schwierigkeiten im Umgang mit Schülern Friedman (2006) stellt fest, dass arbeitsbedingter Stress aus einer unglücklichen Konstellation von persönlichen Eigenschaften und dem umgebungsbedingten Klima verursacht wird. Bedingen sich diese beiden Faktoren positiv, so hat dies auch günstige Auswirkungen für die Institution Schule und das Wohlbefinden der Lehrkraft. Friedmans Untersuchungen ergaben, dass ambitionierte Lehrkräfte vor allem drei Dimensionen ihrer Arbeit als besonders wichtig empfanden: „Friendship and support“, „Empathy and caring“ und „Supportive teaching“ (Friedmann, 2006, S. 931). Im Gegenzug erwarteten diese LehrerInnen Befriedigung ihres Bedürfnisses nach Macht und Einfluss bzw. Respekt und Anerkennung. Bei einer vorherrschenden Inkompatibilität zwischen LehrerInnenbedürfnis, -fähigkeit und der Arbeitswirklichkeit (z.B. fehlende Unterstützung seitens der Schule als Organisation), resultiert Stress. An dieser Stelle wird offenkundig welche immense Bedeutung dem Classroom Mangagement zukommt, denn die Lehrkraft muss sich einen Großteil ihres eigenen Arbeitsumfeldes schaffen, um so für die eigenen Bemühungen von den SchülerInnen entlohnt zu werden. Scheitert sie an dieser Stelle, riskiert sie ihr eigenes Wohlbefinden, ihre Gesundheit und auf lange Sicht, auch die Arbeitsfähigkeit und somit die eigene Karriere.

„Unterrichtsstörungen können bis zu 60 Prozent einer Unterrichtsstunde ausmachen und umfassen zeitlich sowohl die störenden Aktionen der Schülerinnen und Schüler selbst als auch die Maßnahmen, die Lehrerinnen und Lehrer ergreifen, um diese abzustellen“ (Bründel & Simon, 2007, S. 13). Nolting (2002) verweist auf die LehrerInnenausbildung, um zu erklären, dass solch ein überdimensionierter zeitlicher Aufwand auf Disziplinschwierigkeiten verwendet wird: „Eine Klasse zu führen ist für Lehrer/innen in der Regel die schwierigste Aufgabe – und zugleich die, auf die sie am wenigsten vorbereitet werden“ (S. 11). In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass ein gelingendes Classroom Management nicht ausschließlich eine Frage der Vorbereitung ist: „Es ist bekannt, dass der Umgang mit Unterrichtsstörungen und Disziplinkonflikten zu den stärksten Belastungen im Lehrerberuf gehört, unabhängig vom Alter oder von der Dauer der Berufserfahrung“ (Lohmann, 2012, S. 15). Friedmann (2006) macht deutlich, dass Burnout als Folge von zeitlich andauernden Stressfaktoren zu verstehen ist, welchen keine Aufmerksamkeit, im Sinne von Hilfe durch eine professionelle Stelle, gewidmet wurde. Dass es eine Möglichkeit gibt solche Stressfaktoren durch eine Änderung des Classroom Managements zu reduzieren, macht die Signifikanz dessen deutlich.

Im Rahmen einer Studie wurde festgestellt, dass das Classroom Management auch seitens der Lehrer als komplexes Konstrukt wahrgenommen wird. Woolfolk Hoy & Weinstein (2006) berichten von einer Studie in der LehrerInnenannahmen untersucht wurden. Es wurde herausgefunden, dass LehrerInnen dem Classroom Management drei Aspekte zuordnen: „behaviors needed to facilitate orderly and organized instruction . . ., behaviors needed to facilitate the development of supportive student-teacher relationships . . ., and the behaviors needed to prevent opportunities for student misbehavior . . .“ (Martin, Yin & Baldwin, 1998, zitiert nach Wookfolk Hoy & Weinstein, S. 195).

In Bezug auf die Qualität des eigenen Handelns hat Schönbächler in ihrer Studie zur Lehrpersonen- und Schülerperspektive im Hinblick auf Klassenmanagement herausgefunden, dass die LehrerInnen selbstsicher sind: „Das eigene Klassenmanagementhandeln wird von den Lehrkräften insgesamt positiv beurteilt“ (Schönbächler, 2012, S. 191). Probleme mit dem Störverhalten von Schülern hängen: „. . . aus der Lehrpersonensicht nur am Rande mit der Ausgestaltung des Klassenmanagements zusammen. . .“ (ebd., S. 191).

Cothran & Ennis (2000) haben vier LehrerInnen zu den Haltungen der SchülerInnen befragt. Einige beklagten die Teilnahmslosigkeit der SchülerInnen. Sie suchen den Fehler für die spärliche Beteiligung bei den zu Unterrichtenden, beklagen Desinteresse für die Unterrichtsinhalte und begegnen der Sichtweise der SchülerInnen mit Ignoranz: „The teachers did not believe their role was to serve as the primary catalyst for student engagement“ (Cothran & Ennis, 2000, S. 110). Andere Lehrkräfte sind sich der SchülerInnenbedürfnisse wohl bewusst, sehen sich mit der Aufgabe jeder einzelnen SchülerIn Aufmerksamkeit zu widmen schlichtweg überfordert. Eine sehr engagierte LehrerIn äußerte: „Everyone seems so needy. At some point during the class I'm having to give individual encouragement and attention to every student. I'm exhausted by the end of the day from trying to motivate everyone“ (ebd. S. 111).

Disziplinprobleme bewegen Lehrer zu Schulwechseln oder gar dazu den Beruf aufzugeben. In Ausnahmefällen ist es tatsächlich das Gewaltbereite Verhalten der SchülerInnen, welches das Classroom Management zu einer schwierigen Aufgabe macht, wenn auch aktuell eine erhöhte Gewaltbereitschaft an Hauptschulen festzustellen ist. Im Vergleich zu 2006 ist der Anteil der berichteten Schlägereien um 6% gestiegen (Albert et al., 2011). Cothran & Ennis (2000) berichten von einer LehrerIn, in deren Umfeld eine Lehrperson in der Schule erschossen wurde: „'. . . There are three kids we don't even say anything to they're so dangerous' (S. 111). Ein solcher Erfahrungsschatz unter LehrerInnen spiegelt in der Bundesrepublik die absolute Ausnahme wider.

In einer Studienanalyse von Lewis, Romi, Qui & Katz, 2005 wurde festgestellt, dass ca. 30%, der in den frühzeitigen Ruhestand gehenden Lehrkräfte, mangelhafte Disziplin seitens der Schüler als Grund für die Berufsaufgabe nannten. Häufig sind Stress und Burnout eine Folgeerscheinung von einem autoritärem Führungsstil (Lunenburg & Cadavid, 1992; zitiert nach Woolfolk Hoy & Weinstein, 2006). Beklagt werden am häufigsten Lärm, lautes Lachen und Unterhaltung. Unaufmerksamkeit, Unpünktlichkeit, nicht vorbereitet sein und Verlassen des Arbeitsplatzes stellen weitere Störungen dar (Kounin, 2006). Die meisten Unterrichtsstörungen sind als nicht gegen die Lehrperson gerichtet zu verstehen, bereiten der Lehrkraft aber dennoch Stress (Friedmann, 2006).

Nolting (2002) berichtet von einer Stichprobe von 101 LehrerInnen an unterschiedlichen Schultypen, die befragt wurden welche Kriterien Disziplinproblemen entgegenwirken. 20,3% der befragten Lehrpersonen gaben an, dass die Gestaltung der sozio-emotionalen Beziehungen von Wichtigkeit sind. Lediglich 2,3% waren der Meinung, eine gute LehrerInnen-SchülerInnen Beziehung sei zuträglich.

Die Qualität des Classroom Managements ist dem zur Folge also aus LehrerInnensicht relevant, indem es Unterrichtsstörungen, sowie die daraus resultierende Unzufriedenheit, Stress und die Gefahr eines Burnouts für die Lehrkräfte, reduzieren kann.

2 Ansätze des Classroom Managements

Die Ansätze zum Classroom Management unterscheiden sich maßgeblich. Eine vollständige Darstellung ist an dieser Stelle auf Grund des Umfangs nicht möglich. Daher beschränke ich mich auf einige ausgewählte Theorien. Die dargestellten Ansätze sind in ihrer Reihenfolge am historischen Wandel orientiert.

2.1 Der traditionelle Ansatz

Der traditionelle Ansatz der Verhaltensmodifikation erinnert an die Konditionierung von B. F. Skinner. Haag & Streber (2012) stellen dar, dass beim Verstärkungslernen experimentell gewonnene Beobachtungen über das Lernen auf die Unterrichtsführung übertragen wurden.

Allerdings ist davon auszugehen, dass Verhaltensmodifikation auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein nicht grundlegend neuer Gedanke war. Bereits im 1. Buch Mose ist die Rede davon, dass Gott auf die Handlung Evas mit einer sanktionierenden Reaktion reagiert.

Laut Haag & Streber (2012) ist es der Leitgedanke des Behaviorismus, dass eine bestimmte Operation, wie positive Verstärkung (positiver Reiz erfolgt auf ein erwünschtes Verhalten), negative Verstärkung (negativer Reiz entfällt nach erwünschtem Verhalten), indirekte Bestrafung (positiver Reiz entfällt nach unerwünschtem Verhalten), direkte Bestrafung (negativer Reiz erfolgt auf ein unerwünschtes Verhalten) oder Löschung (positiver bzw. negativer Reiz entfällt nach einem Verhalten), dem Schüler verdeutlicht welches Verhalten adäquat ist und welches nicht.

Präventive Maßnahmen spielen in diesem Ansatz keine Rolle. Signifikant ist: „. . . dass der Lehrer meist erst reagiert, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist: Wenn massive Arbeitsverweigerungen auftreten, Aufsässigkeiten. . .“ (Wellenreuther, 2005, S. 257).

Schönbächler (2008) stellt dar, dass obwohl solche Ansätze wie das einst beliebte „Assertive Discipline“ von Canter und Canter an Ansehen verloren haben, sind die behavioristischen Operationen, im Sinne der Instrumentalisierung von Lob, Zuwendung, des Einsatzes von Belohnungssystemen oder auch von bewusstem Ignorieren, durchaus noch präsent in zahlreichen aktuellen Ansätzen zum Classroom Management sind: „. . . allerdings nun eingebettet in einem Rahmen, der die Kooperation und Selbstbestimmung der Schülerinnen und Schüler betont -, ist die Vereinbarung von begründeten Klassenregeln und die Implementierung von Handlungsprozeduren sowie ihre Durchsetzung“ (Schönbächler, 2008, S. 59.). Abschließend hält Schönbächler fest, dass: „sofern sie [behavioristische Formen des Lehrerhandelns] bewusst und differenziert eingesetzt werden, wertvolle und empirisch bewährte Instrumente für das Klassenmanagement, auf die nicht verzichtet werden kann“ sind (ebd. S. 59).

Auf das Lehrer-Schüler Verhältnis wird im Rahmen des Behaviorismus nicht explizit Stellung genommen. Allerdings ist zu beachten, dass „Assertive Discipline“ ein Stück weit seiner Zeit voraus war. Wenngleich auch der Ansatz typisch für den Behaviorismus ist: „The assertive discipline approach upholds that, as a teacher, you have both a right and a responsibility to establish order in classrooms_that is, to maintain an effective and efficient learning environment through teaching obedience to authority“ (Porter, 2006, S. 35), wird ein Schwerpunkt auf das Sicherheitsbedürfnis der Schüler gelegt. Die Schüler sollen davor bewahrt werden ein Verhalten zu realisieren, welches sie später bereuen würden(Porter, 2006). Die Regeln, welche von den Schülern beachtet werden sollten, sowie die folgenden Konsequenzen, werden eingangs vermittelt: „. . . determine classroom rules and deliver positive consequences for comliant behaviour and negative consequences for rule violations“ (ebd. S. 35).

Es handelt sich folglich um einen Ansatz in dem bereits vorausgeplant wird. Darüber hinaus soll die Kooperation der Schüler durch die Herstellung einer warmherzigen Lehrer-Schüler Beziehung begünstigt werden: „. . . your relationships with students, while warm, will confirm your authority within the classroom. Warm, positive relationships in the classroom allow you to have an influence on students“ (ebd. S.35). Porter impliziert, dass eine positive Lehrer-Schüler Beziehung, im Rahmen der „assertive discipline“, zu gegenseitigem Respekt und somit auch zur Einhaltung von Regeln führt. Dennoch gibt sie zu bedenken: „Although assertive discipline advocates warm relationships with students, their experience of being under control of someone else is unlikely to be received warmly by them which, in turn, will damage the student-teacher relationship . . .“(ebd. S. 43).

2.2 Der Ansatz nach Kounin

Wie bereits angemerkt, ist das vorausplanende, präventive Lehrerhandeln ein maßgebliches Kennzeichen der moderneren Ansätze. Für die Weiterentwicklung des Classroom Managemants gilt Kounin als fortschrittlich (Seidel, 2009). Er fand heraus, dass destruktive Zurechtweisungen sich auf die ganze Klasse im Sinne von einem Nachlassen der Lernlust und der negativen Beurteilung des Lehrers auswirken. Hingegen entfallen diese Nebenwirkungen bei konstruktiver Zurechtweisung (Wellenreuther, 2005).

Laut Kounin, 2006 ergab die Analyse von Videoaufzeichnungen aus Klassenzimmern keine auffälligen Unterschiede im Umgang von Lehrpersonen mit Unterrichtsstörungen, wohl aber in der Organisation des Unterrichts: „ . . . daß in der Tat ganz bestimmte Verhaltensweisen von Lehrern existierten, die mit dem Führungserfolg korrelierten . . .“(Kounin, 2006, S. 85). Folglich wurden Dimensionen des Lehrerverhaltens herauskristallisiert, welche das Ziel haben gute Mitarbeit der SchülerInnen zu forcieren und Unterrichtsstörungen zu vermeiden:Allgegenwärtigkeit und Überlappung, Reibungslosigkeit und Schwung, Gruppenmobilisierung, sowie Programmierte Überdrussvermeidung bzw. Abwechslung. Diese Ausdrücke haben sich mittlerweile als feststehende Begriffe etabliert und werden von Kounin wie folgt definiert.

Die Allgegenwärtigkeit bezeichnet eine Form des Lehrerhandelns: „. . . wobei der Lehrer zu erkennen gab, dass er über alle Vorgänge [im Klassenraum] im Bilde war . . .“ (Kounin, 2006, S. 85). Um die gewünschte Wirkung zu erzielen, muss die Lehrperson sofort auf das Fehlverhalten der SchülerInnen reagieren und sich auf das Objekt beziehen, welches die Quelle des sich möglicherweise ausbreitenden und/oder verstärkenden Störverhaltens darstellt.

Wubbles, Brekelmans, van Tartwijk & den Brok (2011) stellen dar, dass es bei dieser Dimension primär darum geht den SchülerInnen ein Gefühl der Lehrerdominanz zu vermitteln: „ The more the teacher facilitates visual contact with the class, the more his or her behavior is perceived as dominant. (Wubbles et al., 2011, S. 1179). Am dominantesten jedoch wird die Lehrperson empfunden, wenn Augenkontakt mit einer eindringlichen verbalen Ausdrucksweise kombiniert wird.

Die simultane Beschäftigung mit zwei Ereignissen während des Unterrichts kennzeichnet den Begriff der Überlappung (Kounin, 2006). Kounin kommt zu dem Schluss, dass: „. . . Allgegenwärtigkeit als auch Überlappungsverhalten des Lehrers in signifikanter Beziehung zu seinem Führungserfolg stehen, daß aber Allgegenwärtigkeit im Vergleich zur Überlappung dabei die größere Rolle spielt“ (Kounin, 2006. S. 99).

Wellenreuther erklärt die Dimension der Flüssigkeit / Bewegung im Unterricht wie folgt: „Wenn ein Unterricht durch unnötigen Leerlauf, Verzögerungen, Punkte, die zum Lernen nicht gehören, Weitschweifigkeiten, Überproblematisieren von Kleinigkeiten gekennzeichnet ist, dann macht der Unterricht weniger Spaß und die Schüler haben nicht so recht Lust, sich am Unterricht aktiv zu beteiligen“ (Wellenreuther, 2005, S. 271). Kurz gefasst handelt es sich also um die Vermeidung von Verhalten, das dem Nachvollziehen der Unterrichtsstruktur hinderlich ist.

Bei der Gruppenmobilisierung geht es darum die gesamte Klasse aktiv für den Unterricht zu gewinnen. Möglichst viele SchülerInnen sollen aufgerufen werden, dabei aber nicht erahnen können wer von ihnen als nächstes Aufgerufen wird. Es sollten auch solche mit in das Unterrichtsgeschehen einbezogen werden die sich nicht melden, um so ihre Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten (Kounin, 2006).

Die letzte Dimension der Überdrussvermeidung zielt auf die abwechslungsreiche und intellektuelle Herausforderung der SchülerInnen ab. Kounin (2006) stellt fest, dass: „. . . Aktivitäten die lediglich Ausdauer verlangen, schneller Überdruß aufkommen lassen als Aktivitäten, die das Denk- und Urteilsvermögen beanspruchen“ ( S. 142).

Kounin (2006) verdeutlicht die Bedeutsamkeit seines Ansatzes: „Methoden der Steuerung von Unterrichtsabläufen scheinen ferner eine größere Bedeutung für die Kontrolle von Fehlverhalten zu besitzen als Methoden des Umgangs mit Fehlverhalten selbst“ ( S. 116).

In Bezug auf die Lehrer-Schüler Beziehung hält Kounin (2006) fest, dass er im Rahmen seiner Studien versuchte: „. . . über simplifizierende Slogans wie 'ein gutes Verhältnis herstellen' [. . .] sowie 'über die vornehmliche Beschäftigung mit Eigenschaften wie 'Freundlichkeit', 'Wärme', 'Geduld', 'Verständnis', 'Kinderliebe' und ähnlichen Attributen des Menschen im Allgemeinen hinauszugelangen (S. 149). Für hinreichend hält Kounin diese nicht für ein effektives Classroom Management, auch wenn er sie für erstrebenswert erachtet.

[...]

Ende der Leseprobe aus 59 Seiten

Details

Titel
Die Bedeutung der LehrerInnen-SchülerInnen Beziehung im Rahmen des Classroom Managements
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
59
Katalognummer
V263277
ISBN (eBook)
9783656529712
ISBN (Buch)
9783656537908
Dateigröße
607 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bedeutung, lehrerinnen-schülerinnen, beziehung, rahmen, classroom, managements
Arbeit zitieren
Patrick Ellrott (Autor:in), 2013, Die Bedeutung der LehrerInnen-SchülerInnen Beziehung im Rahmen des Classroom Managements, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263277

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