Womanismus als Interpretationsmethode literarischer Texte. Die Religiöse Struktur moderner Frauenbilder bei Heinrich Böll.

Postfeministische Analyse und Befreiungstheologie bei Heinrich Boell


Doktorarbeit / Dissertation, 2010

280 Seiten, Note: 2


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS.

Gliederung

Abstract

Kapitel.1. Zur Rezeption der deutschen Literatur in Nigeria bzw. in Afrika. Womanismus als Methode
1.1. Einleitende Bemerkungen
1.2. Literatur und Gesellschaft. Erwartungs- und Rezeptionshorizont
1.3. Aktuelle Lage der Hochschulgermanistik bzw. der deutschen Literatur in Nigeria
1.4. Umriss der Hochschulgermanistik in Afrika
1.5. Die Schwierigkeiten bei der Vermittlung bzw. der deutschen Literatur in Nigeria
1.6.Schluss und mögliche Vorschläge: Womanismus als Adressaten orientierte und Kultur kontrastive Methode der deutschen Literaturwissenschaft in Afrika

Kapitel 2 Theoretischer Rahmen
2.1 Einleitung
2.2 feministische Kritik
2.3. Womanismus
2.4 Motherismus
2.5 Stiwanismus
2.6 Ein Plädoyer für Womanismus

Kapitel 3 Feminismus und Womanismus: Punkte der Berührung und der Divergenz
3.1 Einleitung
3.2 Feminismus
3.3 Womanismus
3.3.1 Einleitung
3.3.2 Womanismus: Definition und historischer Hintergrund
3.3.3 Womanismus als Geistesprodukt der Negritude und afrikanischer Kritik
3.4 Die Überschneidungen und die Differenzen zwischen dem Womanismus und dem westlich-abendländischem Feminismus
3.5 Überleitung zu Heinrich Böll und seinen womanistischen Werken

Kapitel 4 Lebensgeschichte und Kirchenbild Heinrich Bölls
4.1 Einleitung
4.2 Kindheit, Katholische Erziehung und Bildung
4.3 Zeithistorischer Hintergrund (1929-1945)
4.4 Politische Instabilität und Wirtschaftskrise
4.5 Religiöse und kirchliche Krise

Kapitel 5 Frauenliteratur im Werk Heinrich Bölls
5.1 Einleitung
5.2 Die Verlorene Ehre der Katharina Blum
5.2.1 Interpretation
5.3 Gruppenbild mit Dame
5.3.1 Einleitung
5.3.2 Inhalt
5.3.3 Interpretation
5.4 Ansichten eines Clowns
5.4.1 Einleitung
5.4.2 Inhalt
5.4.3 Interpretation
5.5 Frauen vor Flusslandschaft
5.5.1 Einleitung
5.5.2 Inhalt/Interpretation
5.6 Womanistische Interpretation
5.7 Schluss

Kapitel 6 Kirchenbild im Werk Heinrich Bölls
6.1 Einleitung
6.2 Die böllsche Prophezeiung
6.3 Cäcaro-Papismus und Materialismus
6.4 Moral und Sakrament
6.5 Schluss

Kapitel 7 Sexismus in den Religionen und Kulturen
7.1 Geschlechterdiskriminierung in den Weltreligionen
7.2 Frauen und Religion
7.3 Christentum
7.3.1 Das Scheitern der Frauen in Führungsrollen im Christentum
7.3.2 Frauen aus der Sicht des Christentums
7.3.3 Die Erfahrungen von Frauen im Christentum in den ersten zwei Jahrtausende
7.3.4. Die Erfahrungen von Frauen von 30 bis 1500 N. Christus
7.3.5. Schlussbemerkungen
7.4 ISLAM
7.4.1.Die Unterdrückung von Frauen in Islam: Die absolute Blocade ihres Strebens nach Führungspositionen
7.4.2. Der Standpunkt des Korans(Sure Annisa) über Frauen
7.4.3. Scheidung in Islam
7.4.4. Wie der Islam mit Ehebruch umgeht
7.4.5. Sexismus in Islam
7.4.6. Vorschriften
7.4.7. Inkulturation und Akkulturation
7.4.8. Die Reaktion der muslimischen Frau auf Sexismus
7.4.9. Schlussbemerkungen
7.5. Andere Religionen
7.6. Frauen in der Traditionellen Afrikanischen Religion(T.A.R)
7.7. Schluss
7.8 Literaturverzeichnis

Gliederung

Nach dem Abstract, in dem die Ziele der Arbeit vorgestellt werden, versuche ich im ersten Kapitel die Arbeit im Kontext der neuen Bestimmungen interkultureller Germanistik zu situieren. Hieraus soll klar werden, dass die Dissertation sowohl aus meinem persönlichen Interesse als auch aus dem Interesse aller Germanisten durchgesetzt wird, um einen Ausweg aus der germanistischen Sackgasse zu finden.

Im zweiten Kapitel werden die theoretischen Rahmen analysiert. Dabei werde ich die folgenden Begriffe und feministischen Fachausdrücke theoretisch definieren und einschätzen: Feministische Kritik, Womanismus, Motherismus, Stiwanismus. Dann werden diese als Unterthemen genauer betrachtet. Abschließend werde ich für den Womanismus als geeignete literarische Deutung feministischer Texte Heinrich Bölls plädieren.

Im dritten Kapitel versuche ich die Konzepte von Feminismus und Womanismus zu vertiefen, wobei ich erhebliche Differenzen und Zerstreuungspunkte analysiere. Im Folgenden führe ich aus, dass ich als Afrikaner mit dem afrikanischen Hintergrund des Sklaven-Handels, des Kolonialismus und des Neu-Imperialismus sowie der Negritude, Heinrich Böll und sein Werk bzw. die deutsche Literatur nur mit der soziologischen bzw. neu-marxistischen Literaturkritik betrachten möchte. Daraufhin versuche ich diese Untersuchung den afrikanischen Rezipienten zu vermitteln, die ja die deutsche Literatur durch europäische bzw. abendländische Kritik, sei sie hermeneutische textimmanente Deutung oder feministische Literaturtheorie, kaum verstehen können.

Im vierten Kapitel gehe ich auf die Lebensgeschichte Heinrich Bölls ein. Die Lebensgeschichte, die hier aufgezeigt werden soll, basiert auf der Überzeugung des Schriftstellers, dass sein literarisches Engagement tief von seiner Lebenserfahrung geprägt ist. In der Trümmer- und Tendenzliteratur kann sich der Schriftsteller den Luxus des l'art pour l'art nicht leisten; stattdessen soll die Literatur der Gesellschaft den Spiegel vorhalten. Daher werde ich die Unterthemen Kindheit, Katholische Erziehung und Bildung sowie Zeithistorischer Hintergrund (1929-1945) detailliert behandeln.

Nach einer Darstellung der Beziehung von Literatur zu ihrem Milieu komme ich im fünften Kapitel zur Frauenliteratur im Werk Heinrich Bölls. Zunächst werde ich die Erzählung Die verlorene Ehre der Katharina Blum sowie die Romane Gruppenbild mit Dame, Ansichten eines Clowns und Frauen vor Flusslandschaft in den einzelnen Abschnitten allgemein inhaltlich interpretieren. Dann gehe ich auf die womanistische Interpretation ein.

Im sechsten Kapitel soll ausschließlich das Kirchenbild im Werk Heinrich Bölls untersucht werden. Böll hat viel gegen die Amtskirche polemisiert. Hier werden seine Einwände analysiert und seine Alternativen genauer erläutert.

Im siebten Kapitel werde ich die Untersuchung über das Bild der Frau globalisieren, indem ich die Frauenbildgestaltung in den Weltreligionen darstelle. Zunächst werde ich den Sexismus in ausgewählten Religionen global präsentieren. Danach werden Genderdifferenzen und -konflikte in Islam, Christentum und in der Traditionellen Afrikanischen Religion (T.A.R) detailliert erläutert. Im weiteren Verlauf des Kapitels soll die Reaktion der Frauen analysiert werden. Da die theoretische Einschätzung dieser Arbeit teilweise auf der afrikanischen Kultur basiert, soll diese Kultur auch feministisch untersucht werden.

Der Hauptteil der Arbeit soll verdeutlichen, dass Heinrich Böll sich als Womanist profiliert hat. Bisher haben Feministen ihn und sein Werk - zum großen Teil unangemessen - kritisiert. Eine ganzheitliche Lesewiederholung der ausgewählten Erzählungen und Romane Heinrich Bölls soll die Kritik der Feministen entkräften: Im Gegensatz zur Meinung gewisser Kritiker, dass Böll in seinen Romanen nur eine konservative Frauengestalt und ein antifeministisches Bild tradiert hat, hat diese Arbeit entdeckt, dass der Schriftsteller durch seine stilistischen und literarischen Ansätze die Situation der Frau veranschaulicht hat - und das mehr als manche der sogenannten Feministen. Bölls methodische Vorgehensweise passt am besten in das Modell des Postmodernen Feminismus, in dem sich auch die womanistische Theorie befindet. Ich versuche dabei zu erforschen, wie das afrikanische Publikum deutsche Literatur lesen, verstehen und auswerten kann - auch, wenn solche Literatur bereits auf Englisch oder Französisch übersetzt ist. Mit einer womanistischen Interpretation kann man - meiner Ansicht nach - damit anfangen, das Interesse der afrikanischen Rezipienten zu wecken. Diese Vermittlungsrolle soll dazu dienen, das Fundament des Literaturlektorats - das Lesen von Literatur - als Mittel zu gebrauchen, Afrikaner für Germanistik bis auf Hochschulebene zu begeistern.

Abstract

Untersuchungen zum Bild der Frau in den Religionen und in der Literatur sind kein Novum. Häufig waren Frauen ein großes Thema - sowohl in der Religions- als auch in der Literaturwissenschaft. In Judentum, Christentum und Islam wurden seit deren Anfangszeiten literarische Frauenfiguren von männlichen Autoren geschaffen. Da der Orient, die Geburtsstätte der drei Religionen, schon lange vorher vom Patriarchat geprägt war, verfassten die meist männlichen Autoren patriarchalisch orientierte Geschichten, die Frauen zu Wesen zweiter Klasse degradierten. So entstanden Stereotypen, Vorurteile sowie Vorverurteilungen Frauen gegenüber, und die Männer stellten sich selbst in das Zentrum der herrschenden Geschichte und des Literaturkanons. Einerseits schrieben sie, was sie über Frauen dachten; ihre Frauenbilder entsprachen jedoch kaum dem Bild, das die Frauen von sich selbst hatten. Andererseits missbrauchten sie das religiöse Empfinden der Frauen und beuteten es aus.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit weiteren Untersuchungen über die Frauenkonzeption in den oben genannten Religionen, sowie mit ihren fiktionalen Bildern in ausgewählten Romanen und Erzählungen Heinrich Bölls. Ziel dieser Arbeit ist es, die Bemühungen der feministischen Literaturwissenschaftler bei ihrer Entdeckung der verlorenen Geschichte der Frauen zu untersuchen.

Die weibliche Identität ist in Europa viel stärker entwickelt als in Afrika. Die europäische Frau hat über Jahre gekämpft, um sich von patriarchalischer Unterdrückung und Subjektivität zu befreien; trotzdem bestehen immer noch Desiderata. Wie schon gesagt, ergibt eine Analyse der Frauengeschichte sowohl in den Religionen als auch in den Kulturen viele Beispiele von Ungerechtigkeit, Vorurteilen und Diskriminierung. In einigen Religionen (Christentum {Katholische Kirche}), Islam, Judentum und Traditionelle Afrikanische Religion {T.A.R}) haben Frauen überhaupt keine Möglichkeit, den Gottesdienst als Hauptzelebrantinnen zu leiten. Niedere Funktionen können sie stets übernehmen, Grenzen aber gibt es immer dann, wenn es um höhere Ämter geht. Meine erste Doktorarbeit Women's Experiences in selected African Feminist literary Texts (ein Teil davon ist unter dem Titel: Women in World Religions and Literatures veröffentlicht (Münster, Imprintverlag ISBN 978-3-936536-25-5)) beschäftigt sich zum Großteil mit diesem Thema: Sie ist eine Stellungnahme für die Außenseiter, die Ausgegrenzten und Unterdrückten der Gesellschaft.

Literatur kann, wie eingangs ausgeführt, als eine Widerspiegelung des gesellschaftlichen Geschehens aufgefasst werden. In diesem Sinne spielen fiktionale Texte eine große Rolle in der Vorstellung der gesellschaftlichen Ereignisse und Erlebnisse. Heinrich Bölls Tendenzliteratur repräsentiert literarisches Engagement. Dem kleinen Mann sowie dem unterdrückten Geschlecht ist er stets nahe geblieben. Diese Solidarität mit den kleinen Leuten geht auf Hetzkampagnen der Massenmedien, als auch auf Verfolgungen der Regierung zurück.

Feministisches literarisches Schreiben einerseits und feministisches politisches Engagement andererseits sind sich darin einig, dass die Frauenbilder in den herrschenden männlichen Literaturen bisher meist einseitig, stereotyp und negativ zum Vorteil des dominierenden Geschlechts ausgefallen sind. Schreibende Frauen und feministische Aktivisten und Aktivistinnen, egal ob Linksradikale, Liberale oder Konservative, wollen sich gegen diese Situation wehren: sie suchen sowohl in der Gesellschaft als auch in der Literatur nach weiblicher Identität. Extrem feministische und extrem chauvinistische Gruppen haben durch ihre Äußerungen und Tätigkeiten in Europa und Amerika - aber auch zum Teil in den Entwicklungsländern - einen so starken Einfluss gehabt, dass sowohl in der Kirche als auch in der Gesellschaft ungünstige Konsequenzen dieses Einflusses hervorgetreten sind, wie zum Beispiel Ehekrisen, Bevölkerungsrückgang, Vernachlässigung von mütterlichen Pflichten, Selbstmorde, Amokläufe und der Verfall sittlicher und religiöser Werte. Diese Erlebnisse ergeben sich laut Böll in gewissem Maße aus der Reaktion des weiblichen Geschlechts auf die Tyrannei des männlichen Geschlechts und der Amtskirche und ihrer Anhänger. Doch eine solche Reaktion darf nicht übertrieben werden: in diesem Punkt, unter anderem, befindet sich die Auseinandersetzung zwischen Womanisten und abendländischen Feministen. Für meine Fallstudie möchte ich folgende fiktionale Texte Heinrich Bölls heranziehen: Die verlorene Ehre der Katharina Blum, Gruppenbild mit Dame, Ansichten eines Clowns und Frauen vor Flusslandschaft.

Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel mögliche Vorschläge zu unterbreiten und Hinweise zu geben, die eine Verbesserung der bei Böll geschilderten Lage in Gang setzen könnten. Um dieses Ziel zu erreichen, bevorzuge ich als theoretischen Rahmen den Womanismus, also eine Lösung, die nur in einer multikulturellen Gesellschaft gefunden werden kann; eine Art Zurückkehren zur Quelle (zur Natur). Unter Womanismus versteht man die nachvollziehbare Ideologie der afrikanischen Frauen, in der sie ihre eigenen Interessen als auch die Interessen ihrer Kinder und Männer verstehen; ihre Bedürfnisse befinden sich tief innerhalb des Wohls der Gemeinde. Um ihre Ziele zu erreichen, bevorzugen die afrikanischen Womanisten Gender-Ergänzung, Dialog und Gender-Komplementarität. Da sie Teil eines Verwaltungssystems sind, das sowohl eine männliche und eine weibliche Hierarchie besitzt und in dem Männer und Frauen die Macht teilen, sind Beschwerden selten. Wenn Beschwerden entstehen, bevorzugen sie Dialog und Schlichtung statt Konfrontation. Offensichtlich ist diese unsere Methode also sozialgeschichtlich bedingt und folglich nicht textimmanent. Die womanistische Methode ist ursprünglich afrikanisch und sieht Mann und Frau als komplementär an. Denn der biologische Unterschied zwischen den Geschlechtern ist so evident und unabweisbar wie die Notwendigkeit ihres arbeitsteiligen Zusammenwirkens bei der Zeugung von Nachkommen. Scheinbar sollen die Geschlechter sich also ergänzen statt sich zu konfrontieren; in diesem Zusammenhang wird auch nicht von Verdrängung oder Ablösung gesprochen. Diese Weltanschauung besteht auch in Europa und muss dort nur entdeckt werden: Das Kirchen- und Gesellschaftsbild bei Heinrich Böll ist womanistisch orientiert, wie die Themen und Motive in seinen Romanen und Erzählungen bezeugen, wie etwa authentische Liebe, Moral und Sexualität, die ehrbare Frau, Trinität des Weiblichen, Ästhetik des Humanen, das reine Mädchen, Realismus, Humanismus, Barmherzigkeit und Solidarität mit den kleinen Leuten und den Außenseitern. Weit entfernt sind wir hier von der Strömung des L'art- pour-l'art. Bei diesen Texten würde eine hermeneutische textimmanente Interpretation und Ästhetik nicht greifen. Als Afrikaner kann ich mir unter den oben geschilderten Bedingungen den Luxus von l'art pour l'art nicht leisten.

Hier soll also versucht werden, eine bestimmte deutsche Literatur afrikanisch zu machen. Ich frage mich, wie ich als Afrikaner mit dem oben skizzierten Hintergrund das Werk eines deutschen Schriftstellers verstehen kann, um es afrikanischen Rezipienten schließlich zugänglich zu machen. Ich versuche dabei zu erforschen, wie das afrikanische Publikum deutsche Literatur lesen, verstehen und auswerten kann - auch, wenn solche Literatur bereits auf Englisch oder Französisch übersetzt ist. Eine womanistische Interpretation könnte, meiner Ansicht nach, ein Anfang sein, das Interesse der afrikanischen Rezipienten zu wecken. Diese Vermittlungsrolle soll dazu dienen, das Fundament des Literaturlektorats - das Lesen von Literatur - als Mittel zu gebrauchen, Afrikaner für Germanistik bis auf Hochschulebene zu begeistern.

Die Frage, die dabei gestellt wird, ist folgende: wenn man den Afrikanern die feministischen Romane und Erzählungen Bölls vermitteln will, wird es dann angemessener und ergebnisorientierter sein, diese Texte mit dem Womanismus oder mit dem abendländischen Feminismus literarisch zu deuten? Meines Erachtens ist es klar, dass hier der Womanismus besser geeignet ist. Die oben genannten Texte des böllschen Werkes gehören meiner Meinung nach zur Tendenz- und zur Trümmerliteratur, weshalb sie geeignet sind, Afrika literarisch zu begegnen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich Heinrich Böll bei seiner literarischen Schöpfung als Womanist bewährt hat. Seine Protagonisten und Protagonistinnen sind es, die allein seine Vision traditioneller Gemeinschaft von Menschen verwirklicht haben. Die Eheschließung zwischen Kirche und Staat bildet große Hindernisse bei der erwarteten prophetischen Rolle der Kirche in dieser Gemeinschaft. Religiöse Strukturen sollen verhindern, dass innerhalb ihrer Verwaltungen und Mitgliedschaften Paragraphen-reiterei, Materialismus, Kasuistik und Heuchelei herrschen. In der Zeit unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges(1945) hat Böll selbst erfahren, wie unmenschlich und unsolidarisch die Kirche sich gegenüber der obdachlosen und hungernden Bevölkerung verhalten hat.

1. ZUR REZEPTION DER DEUTSCHEN LITERATUR IN NIGERIA BZW. IN AFRIKA.

1.1.Einleitende Bemerkungen

Angesichts einer Gesellschaft, die das Fach „Deutsch als Fremdsprache“ als Makler der Propagierung ihrer gesamten kulturellen Produkte attraktiver machen will, um dadurch die drei Komponenten der Germanistik, nämlich Linguistik, Literaturwissenschaft und deutsche Landeskunde, in die Zukunft unserer globalisierten Welt projizieren zu können, möchte ich in der vorliegenden Arbeit die Problematik solch eines Projekts in Afrika bzw. Nigeria betrachten. Diese Neubestimmung und aufklärerische Tätigkeit des deutschen Bildungsministeriums ist in Anbetracht dessen dringender geworden, dass im Vergleich mit der Verbreitungsgeschwindigkeit anderer europäischer Sprachen, etwa des Englischen, des Französischen und des Spanischen, die deutsche Sprache schlechte Noten bekommt. So konstatiert Zimmermann (1989:14):

Seit die Zahl der Deutschlernenden in der Welt zurückläuft, wird Deutsch als Fremdsprache von der auswärtigen Kulturpolitik der Bundesrepublik verstärkt gefördert. Jetzt müssen die Politiker aber auch endlich erkennen, so fordert Wierlacher gemeinsam mit Großklaus ('Zur kulturpolitischen Situierung fremdsprachlicher Germanistik, insbesondere in Entwicklungsländern' 1980), dass die Attraktivität des Faches zum Teil von seinen Kultur- und wissenschaftlichen Komponenten abhängt. Insbesondere in Ländern der Dritten Welt muss die wirtschaftlich-technische Entwicklungshilfe ergänzt werden durch eine kulturwissenschaftlich-pädagogische.

Im Fall eines großen Industrielandes, das vom Verkauf von Produkten abhängig ist, darf es skandalös genannt werden, dass weder in den sogenannten Entwicklungsländern noch in den sogenannten entwickelten Ländern seine Sprache als Fremdsprache verbreitet ist; sobald sich ein Deutscher im Ausland befindet, muss er sofort Englisch sprechen. Auch die Radiosendung - Die Deutschewelle ist mehr englisch als deutsch. Da die deutsche Sprache in einem konsumorientierten Kontinent wie Afrika so mangelhaft und schwach platziert ist, verschlechtert dies konsequenterweise die Rezeptions- und Vermittlungslage der zugehörigen Literatur und weiterhin des Dialogs der Kulturen.

Zu fragen ist, wie es zu diesem wenig zufriedenstellenden Zustand kommen konnte. Als erstes ist festzuhalten, dass bisher das Lehr- und Lernziel der deutschen Literaturwissenschaft eine ungenügende Kulturmündigkeit geliefert hat. Literatur soll sich des sprachlichen Zeichensystems zur Vermittlung bedienen; die Germanisten in unserem Kontext haben zwar die korrekten Vermittlungsgegenstände, können aber den Empfänger kaum erreichen. Dieser Fehlgeburt liegt die Inkompetenz der Vermittler zugrunde, ihre eigene Kultur der fremden zu vermitteln. Deswegen haben bisher die afrikanischen Empfänger sowohl den Inhalt als auch die Darstellungsmittel kaum aufgenommen. Der Prozess der Gegenstandsrezeption des Kunstwerks kann nur erfolgen, nachdem der Empfänger die literarische Mitteilung wahrgenommen hat. In diesem Sinne werde ich die Rolle der Literatur in der Gesellschaft analysieren. Das dialogische Verhältnis zwischen den deutschen Künstlern und den afrikanischen Lesern in der ganzen Rezeptionsästhetik bleibt immer noch gestört, weil den Auslandsgermanisten sowohl die Vermittlungskompetenz als auch die Immersion in die Xenologie, das Bad in der fremden Kultur, als auch in die Aufsatz-Kultur fehlen.

Der Empfänger soll das literarische Produkt vor dem Hintergrund seines literarischen und kulturellen Erwartungshorizonts und seiner Lebenserfahrung sowie seiner Weltanschauung rezipieren. Die Grundlegung der >Konstanzer Schule< von Hans R. Jauß (Literaturgeschichte als Provokation, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1970) war auf sieben Thesen gegründet. Jauß stellt hier die Rolle des Lesers bei literarischem Schaffen dar; diese Funktion aber kann der Rezipient nur erfüllen, wenn der Autor bzw. der Künstler gewisse Bedingungen geschaffen hat:

Erstens ist der Prozess der Produktion und Rezeption eines literarischen Werkes nicht konstant. Er verhält sich sowohl bei den zeitgenössischen Rezipienten als auch bei den nachfolgenden Lesern je nach Rezeptionsbedingungen unterschiedlich. Zweitens soll jedes Kunstwerk für die Leser ein Zusammenspiel von Fiktion und Wirklichkeit auf der einen Seite, auf der anderen eine Wechselwirkung zwischen ihrer Lebenserfahrung und ihrem Erwartungshorizont sein. Drittens existiert eine ästhetische Distanz zwischen den sich wandelnden Horizonten früherer und späterer Werke. Der Künstler muss damit rechnen, die Publikumserwartungen regelmäßig unterhalten zu können. Viertens könnten die Einschätzungen und Auswertungen des Erstpublikums von späteren Rezipienten begutachtet und rekonstruiert werden. Fünftens ist der Verlauf der literarischen Evolution unberechenbar. Daher müssen sowohl die Künstler als auch die Literaten ihre Bildung stets akribisch und heuristisch aktualisieren. Sechstens sind literarische Reihen aus produktionsästhetischer Perspektive immer heterogen; was dabei konstant bleibt, ist die Syntax: Gattungen, Stilarten, rhetorische Figuren, während variable Faktoren die Semantik ausmachen: Themen, Motive und Bilder. Außer diesen ist nichts homogen. Siebtens ist keine Literaturgeschichte eine literarische Insel außerhalb der allgemeinen gesellschaftlichen Geschichte. In dieser Weise soll die Literatur für die entsprechende Gesellschaft relevant sein. Jeßling und Köhnen (2007: 296) haben diese Leitthesen von Jauß im Folgenden weiter erklärt:

Jauß hat für seinen Ansatz, dass nun die Mitarbeit des Lesers am Text untersucht wird, einen Paradigmenwechsel proklamiert. Denn es sei der Leser, der prinzipiell erst das Kunstwerk >realisiert<, das heißt es durch seine Arbeit in seinen mannigfachen Aspekten einlöst bzw. zur Geltung bringt. Insofern sei auch die Literaturgeschichtsschreibung so zu konzipieren, dass sie vor allem die Leserreaktion auf Texte beschreibt. Diese sollen im Spiegel ihrer Wirkungsgeschichte dargestellt werden, die sie in unterschiedlichen historischen Epochen entfaltet haben. Erst im Lauf einer langen Rezeptionsgeschichte - so die Arbeitshypothese der von Jauß begründeten >Konstanzer Schule< - entfaltet ein Text seine Potenziale, und deshalb sollte man ihn vor allem dadurch bestimmen, wie er gelesen worden ist. Dabei sollen nicht nur wissenschaftliche, sondern ebenso Laienlektüren zu Wort kommen - auch sie stehen zu den Texten in einem dialogischen Verhältnis.

Die entscheidende Frage, die dabei geklärt werden soll, ist das Phänomen ästhetischer Wahrnehmung und des Erwartungshorizonts afrikanischer Leser bzw. Partner im Prozess der Propagierung und Situierung deutscher Literatur in Afrika. Hier gehe ich auf die Schwierigkeiten ein, die Germanisten bei ihren Bemühungen um die Hochschulgermanistik in Afrika bisher haben. Meines Erachtens ist dabei die Anwendung der Adressaten- orientierten und kulturkontrastiven Methode der Betrachtung deutscher Literatur in Afrika unerlässlich. Die Gesellschaft für interkulturelle Germanistik (GIG) und ihre zahlreichen Mitarbeiter haben unter ihrem Gründer Alois Wierlacher zwar die Problematik der Konzeption und der Praxis der Auslandsgermanistik identifiziert und konsequenterweise entsprechende wissenschaftliche Debatten - Sammelbände, Monographien, Konferenzen sowie Abhandlungen zwischen Wirtschaftsführern, Medienexperten, Politikern und Akademikern - gründlich in Gang gesetzt, um anschließend Prolegomena einer neuen Disziplin zu diskutieren. Fraglich aber ist, inwiefern diese theoretischen und ideologischen Schritte durch methodische und praktikable Gründlichkeit untermauert sind. Um mögliche Wege zur Praktikabilität dieser regionalen und Adressaten-spezifischen Vermittlung der deutschen Sprache, Literatur und Kultur insbesondere in Afrika bzw. Nigeria zu finden, werde ich zunächst die gegenwärtige Lage der Auslandsgermanistik in Nigeria beschreiben.

Im Bereich Literaturwissenschaft zum Beispiel wird bisher der Frage einer afrikanisch orientierten Methode zur Interpretation deutscher literarischer Texte keine Beachtung geschenkt - oder man hat sich dazu entschieden, dasselbe Grundmuster wie bei der Begegnung mit anderen Kulturen auch in Afrika anzuwenden. Hier werde ich eine Lösung finden, indem ich den Womanismus als geeignete Methode der Interpretation ausgewählter deutscher literarischer Texte in Afrika ausweise. Obwohl dieser ideologisch feministisch orientiert ist, zielt er grundsätzlich auf das holistische Wohl beider Geschlechter ab, und darauf, das Wohl der ganzen Familie zu fördern. In diesem Zusammenhang versuche ich also die deutsche Literatur Afrika-spezifisch zu machen und dadurch ihrer ästhetischen Wahrnehmung und dem angetroffenen Erwartungshorizont bei den Afrikanern einen fruchtbaren Boden zu schaffen.

1.2.Literatur und die Gesellschaft. Erwartungs- und Rezeptionshorizont

Literatur ist nie von einem sozialen Milieu losgelöst vorstellbar, und als gesellschaftliche Institution weist sie eine gewisse ästhetische Milieuzugehörigkeit auf, die unersetzlich ist. Als Teil einer vorgegebenen Kultur bedient sie sich der Schöpfung von Kultur bzw. von Gesellschaft zur Verwirklichung ihrer Ziele. Zeichen, Symbol und Normen sind entsprechende gesellschaftliche Eigenschaften, die die Gesellschaft der Literatur als Medium zur Verfügung gestellt hat. Nachdem die Literatur ihre Kunst geschaffen hat, kann man sie nur im Kontext des Milieus, der Ethnien und der Epoche einer gewissen Gesellschaft interpretieren. Auch die Künstler selbst gehören der Gesellschaft an und tragen durch ihre Arbeit zur ästhetischen Entwicklung dieser Gesellschaft bei. Diese Idee habe ich in ' Women's Experiences in Selected African Feminist Literary Texts ' (Dissertation, 2006), vgl. auch Orjinta, Women in World Religions and Literatures (2007: 85) diskutiert:

[…]Literature exists only in a social milieu, as part and parcel of a given culture. One could interpret a literary work within the context of race, milieu and moment. Race refers to the human population involved; milieu applies to the socio-political or cultural setting. In a word literature depends on the society.

Darüber hinaus haben René Wellek und Austin Warren bereits früher die These wesentlich weiterentwickelt, dass Literatur das Leben imitiert. Anders ausgedrückt kann man auch die Theorie vertreten, dass die Literatur die Gesellschaft widerspiegelt. Die Gesellschaft ist allerdings heute so weit globalisiert, dass der gängige Satz The world is a global village eine gewisse Berechtigung hat . Daher ist heute zumindest theoretisch mit sofortiger Wirkung die weltweite Resonanz und Einprägung eines lokal determinierten ästhetischen Werks zu bemerken. In diesem Zusammenhang gehe ich davon aus, dass die Kunst nicht nur die heimische Gesellschaft spiegelt, sondern das globale Dorf ausdrückt. Jeder Künstler verfolgt, je nach Begabung, eine gegebene Richtung in diesem Prozess der Spiegelung seiner aktuellen Gesellschaft. Wellek und Warren (1963:79) haben diese Auffassung wie folgt untermauert:

Bei der Betrachtung der Beziehung zwischen Literatur und Gesellschaft geht man für gewöhnlich von dem von De Bonald übernommenen Satz aus, dass ,,Literatur ein Ausdruck der Gesellschaft'' sei. Aber was bedeutet dieser Satz? Wenn er annimmt, dass Literatur zu irgendeiner gegebenen Zeit die gesellschaftliche Situation 'richtig' widerspiegelt, so ist er falsch. Er wäre bloß ein vager Gemeinplatz, unklar, bedeutete er nur, dass die Literatur das Leben spiegele oder ausdrücke. Ein Dichter drückt unvermeidlich seine gesamte Lebenserfahrung und Lebensanschauung aus. Doch es wäre ganz offensichtlich unwahr, wollte man behaupten, dass er die Ganzheit des Lebens - oder auch nur das ganze Leben einer gegebenen Zeit - vollständig und erschöpfend ausdrücke. Es ist ein bestimmtes Kriterium der Wertung, wenn man sagt, ein Dichter solle das Leben seiner eigenen Zeit vollständig ausdrücken, er solle seine Zeit und seine Gesellschaft 'repräsentieren'[…]. Im größten Teil der soziologischen Literaturkritik scheinen [die Begriffe] zu bedeuten, dass ein Dichter eine bestimmte gesellschaftliche Situation, z.B. den traurigen Zustand des Proletariats, beachten müsse, oder gar, dass er eine bestimmte Haltung und Ideologie des Kritikers teilen solle.

In dieser Weise spielt der Künstler je nach Gattung und Tendenz die Rolle des Propheten, des Komikers, des Satirikers, des Mahners, des Propagandisten, Bürgerrechtlers, des Kulturaktivisten etc. Weiterhin bemühen sich die Künstler, dass ihre Werke die aktuelle Lage spiegeln und gesellschaftlich relevant sind, indem sie unterschiedliche Haltungen einnehmen, Einstellungen darstellen und Intensitäten einsetzen. Dadurch entstehen verschiedene gesellschaftspolitische Gruppen wie etwa die Engagierten, die Konservativen, die Radikalen, die Marxisten, die Kapitalisten und die Liberalen. So versteht man die soziologische Methode der Literatur. Der Künstler versucht seine Aufgabe so zu verstehen, dass aus seinem Werk gewisse gesellschaftliche Fragen rekonstruierbar werden - je nach Geschmack bzw. Erwartungshorizont seines Konsumenten. Der erste Nobelpreisträger Nigerias für Literatur, Wole Soyinka, hat sich zum Beispiel bemüht, durch sein satirisches Schreiben und durch sein Theater eine bestimmte literarische Gattung zu vertreten. Er engagiert sich als moralisches Gewissen seiner Landsleute; durch seine Zivilcourage und seinen zivilen Ungehorsam ist er eine moralische Autorität in seinem Land, das reich ist, aber tief von Korruption, schlechter Verwaltung und Misswirtschaft geprägt ist. Literarisches Schaffen und Hermeneutik soll also für die aktuelle Gesellschaft relevant sein; Wellek und Waren (1963: 86) kommen zu der Überzeugung, dass die Wirkung der Gesellschaft auf den Dichter im Zusammenspiel zwischen Fiktion und Wirklichkeit auch eine Gegenleistung vom Dichter zu erwarten hat:

Der Dichter wird nicht nur durch die Gesellschaft beeinflusst: er beeinflusst sie. Die Kunst gibt nicht nur das Leben wieder, sondern sie formt es auch. Es ist möglich, dass Menschen ihr Leben nach dem Vorbild fiktiver Helden und Heldinnen gestalten.

Die beiden Autoren (1963: 87) führen das Argument fort, dass die Literatur die Erlebnisse, Sitten, Lebenserwartungen und Weltanschauungen der gegebenen Gesellschaft abstrahieren solle:

Die innerhalb der Beziehung zwischen Literatur und Gesellschaft bei weitem am häufigsten benützte Methode ist die Untersuchung literarischer Werke als gesellschaftlicher Dokumente, als vermutlicher Gemälde einer gesellschaftlichen Wirklichkeit. Es besteht allerdings kein Zweifel, dass irgendein Gesellschaftsbild von der Literatur abstrahiert werden kann. Dies war sogar eine der ersten Methoden, in der systematische Gelehrte von der Literatur Gebrauch gemacht haben. Thomas Warton, der erste wirkliche englische Literaturhistoriker, führte aus, die Literatur habe ,,das besondere Verdienst, die Merkmale der Zeiten treulich wiederzugeben sowie die malerischste und ausdrucksvollste Darstellung der Sitten zu bewahren“. Für ihn und viele seiner gelehrten Nachfolger war die Literatur in erster Linie eine Schatzkammer für Trachten und Sitten, ein Quellenbuch der Kulturgeschichte.

Nichtsdestoweniger kann ich auch den Standpunkt vertreten, dass die Literatur die Umrisse einer gegebenen gesellschaftlichen Geschichte nicht braucht, um künstlerische Werte zu schaffen oder zu verstärken. Unser Argument gilt nur für diejenigen Gesellschaften und sozialpolitischen und wirtschaftlichen Milieus, in denen der Erwartungshorizont des Publikums eine solche Rezeptionsästhetik und Auswertung verlangt. In Litt é rature francaise du XX è Si è cle (2009: 29) habe ich auch dieses Argument wie folgt verfochten:

On peut interpréter une œuvre littéraire dans le contexte de race, de milieu et de moment. La race se rapporte à la population humaine; le milieu s'applique au contexte sociopolitique ou culturel, alors que le moment veut dire l'époque sous considération. Malgré tout on accepte que le contexte le plus directe d'une œuvre littéraire, soit sa tradition linguistique et littéraire. Mais une telle source linguistique et littéraire ne peut jamais être coupée d'un contexte soit social, soit politique, soit économique et culturel. Bref la littérature dépend de la société. Voici l'observation faite par Wellek et Waren (1956: 106): one must admit that the social condition seems to determine the possibility of the realization of certain aesthetic values, but not the values themselves. Cette constatation n'implique guère que la littérature peut remplacer la sociologie, la politique ou l'histoire. Bref la littérature reflète la société dans laquelle elle se trouve.

Desweiteren schaffen und verkaufen sowohl der Autor als auch der Makler ein literarisches Produkt, kulturelle Werte, die in einer gegebenen Zeit unter bestimmten gesellschaftlichen und materiellen Bedingungen entstanden sind. Alle Kunstschaffenden im Land müssen in ihren schöpferischen Individualitäten miteinander konkurrieren. Ihr Gedankengut, egal, ob es durch Menschen, Vision oder Offenbarung erstanden ist, lässt sich im eigenen Lande durch die Muttersprache verkaufen. Wenn dies der Fall wäre, dann wäre ihre Aufgabe leichter geworden, weil sie mit Adressaten rechnen können, mit denen sie gleiche Sprache, Weltanschauung und Kultur teilen. Nichtsdestoweniger müssen sich diese Schöpfer und Makler von Kunstwerken im eigenen Lande noch stärker bemühen, ihr Genie und ihre Vision einem skeptischen Publikum zu verkaufen. Man geht also davon aus, dass der Künstler je nach Neigung und historischem Kontext das Sprachrohr seiner Gesellschaft (Mimesis), der Schöpfer und Innig-Eigentümer -Besitzer seines Schaffens (Unnachahmlichkeit, l'art pour l'art) oder der fähige und begabte Lehrling sein kann; seine Tätigkeit ist am leichtesten, so lange er sich im eigenen Lande und für sein eigenes Volk bemüht. Im Ausland aber wird automatisch das Gegenteil der Fall, dort muss er mit fremden Menschen, fremden Sprachen, fremden Weltanschauungen, fremden Erwartungshorizonten rechnen. Hier kommen die Prozesse der ästhetischen Wahrnehmung und Rezeptionsästhetik in ihrer Totalität ins Spiel. Hier ist der Leser König, kaum der Text.

1.3. Aktuelle Lage der Hochschulgermanistik bzw. der deutschen Literatur in Nigeria.

Nach Einschätzungen der Experten wächst die Bevölkerung von Nigeria jährlich um ca. 2,4 %, so dass akribisch heuristische Prognosen davon ausgehen, dass 2015 bereits 161 Mio. Menschen in Nigeria leben. Wenn man weiter nachvollziehbare Untersuchungen im Bereich der nigerianischen Bevölkerung durchführt, kommt man zum Schluss, dass jeder 6. Afrikaner Nigerianer ist. Zur Bevölkerung dieses Landes zählen über 250 ethnische Gruppen und Nationalitäten mit eigenen Sprachen und Dialekten. Die alte Hauptstadt und das jetzige Kommerz-Zentrum Nigerias, Lagos, zählt zu den 14 Megastädten der Welt; das sind Tokio (Japan), Mexiko Stadt (Mexiko), New York (U.S.A), Mumbai bzw. Bombay (Indien), Lagos (Nigeria), Sao Paulo (Brasilien), Shanghai (China), Buenos Aires (Argentinien), Delhi (Indien), Djakarta (Indonesien), Karatschi (Pakistan), Djaka(Bangladesh), Kairo (Ägyptien), Kalkuta (Indien), deren Einwohnerzahlen sich in den letzten 50 Jahren mindestens verzwanzigfachten. Bisher stammen außerdem die „Titanen“ der Literatur in Afrika aus Nigeria, Chinua Achebe und Wole Soyinka; letzterer ist der einzige farbige Mann der Welt (neben Toni Morrison), der mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde. Amtssprache Nigerias ist Englisch, und seit einigen Jahrzehnten ist Französisch die zweite Nationalsprache. Diesem Zustand liegen die aggressive französische Sprach- und Kulturverbreitungs-strategie sowie Investitionen zu Grunde, die diese flankieren. Nigeria ist der größte Markt Afrikas, eine Demokratie, und politisch-strategisch für jedes Land wichtig; aus diesem Grund haben alle Länder diplomatische Vertretungen in Nigeria.

Wenn wir die aktuelle Bestandlage der Situierung der deutschen Sprache und Literatur analysieren, wird man kaum die ganze Politik der Regenerierung und Attraktivität der Auslandsgermanistik in Schwarz-Afrika bzw. im Afrika südlich der Sahara verstehen. Was Afrika angeht, die Vernachlässigung eines so riesigen Landes, oder die geringe Aufmerksamkeit, die man der Auslandsgermanistik in Nigeria schenkt, entkräftet fast alle Polemik der interkulturellen Germanisten. Beispielweise enthält laut Olajumoke Oladele ("German Studies in Nigeria, Past and Present" in: Ife Journal of Foreign Languages, (IJOFOL), Ile-Ife, 2007) die aktuellste Mitgliedsliste (2010) des nationalen Vereins der Germanisten in Nigeria (NaToG) nur 19 Namen von Lektoren und Lektorinnen. Ich interessiere mich in dieser Untersuchung für Afrika südlich der Sahara, weil meines Erachtens der Teil Afrikas nördlich der Sahara stark arabisiert ist. Während manche dieser Länder bevorzugen, sich mit der arabischen Union zu identifizieren, gehen einige, etwa Marokko, sogar bereits dazu über, sich um Mitgliedschaft bei der Europäischen Union zu bewerben oder nach der Idee des französischen Staatspräsidenten Sarkozy eine gemeinsame Mediterrane Union zu gründen. Außerdem soll hier die Frage gestellt werden, ob Afrika nördlich der Sahara mit Afrika südlich der Sahara was kulturelles gemeinsam hat. Deswegen kann hier die Situation der Sekundär- und Hochschulgermanistik in Nordafrika nicht berücksichtigt werden. Näher gehe ich dagegen auf die aktuelle Lage der Hochschulgermanistik im bevölkerungsreichsten Land Afrikas, Nigeria, ein. Im Rahmen dieser Analyse werde ich zu Beginn einen nachvollziehbaren und akribischen Überblick über die bisherigen Bemühungen der Lehr- und Lernbedingungen des Fachs Deutsch als Fremdsprache präsentieren. Nach einer Darstellung der aktuellen Situation der Germanistik in Nigeria bzw. in Afrika südlich der Sahara, komme ich zu der Frage, ob die bisherigen und fortschreitenden Bemühungen darauf zielen, Afrika zu germanisieren; d.h. ob hierin eine moderne Taktik des Kulturimperialismus zu sehen ist, oder eher die Intention, eine symbiotische Begegnung sowie ein ausgeglichenes Zwiegespräch zwischen der deutschen und den afrikanischen bzw. nigerianischen Kulturen zu schaffen. Trotz allem, selbst wenn Deutschland nur seine Produkte in Afrika verkaufen will, ist Nigeria ein wichtiger Partner. Mit so einem wichtigen Partner wird es schwierig, Geschäfte zu machen, ohne dass man für die eigene und die fremde Kultur mündig wird. Für die Germanisten dort, Makler beider Kulturen, sind sowohl Identität als auch Alterität unerlässlich.

Deutsch wird im Lehrplan des nigerianischen Schulsystems erst 1859 eingeführt und in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts als Scientific German ein obligatorisches Fach für Studierende am University College, Ibadan. In beiden Fällen meinten weder die Studierenden noch die Lektoren es ernst. 1960, mit der Souveränität Nigerias, wurde Deutsch an derselben Hochschule als Nebenfach angeboten. 1976 erfolgt eine Aufwertung des Fachs zu einem achtsemestrigen Diplomstudiengang. Im folgenden Jahr wurde es möglich, den Studierenden Französisch und Deutsch als Kombinatorischen Bachelor of Arts Studiengang mit zwei Schwerpunktfächern fortan an der Ibadan Hochschule anzubieten (vgl. Olajumoke Seweje: op. cit.). Deutsch gehört seitdem zu den Sprachen, die man an der Universität Ibadan kombinatorisch studieren kann, um als Studienabschluss einen Bachelor of Arts in Europäischen Studien zu erlangen. Die Universität von Ibadan ist eine der vier Universitäten bzw. eine der 96 Hochschulen Nigerias (inklusive der Fachhochschulen), die Deutsch als Nebenfach oder kombinatorisches Bachelorstudium anbieten. An der Universität von Ife verschlechterte sich die Situation: Deutsch als Studiengang wurde dort 1968 eingeführt und zunächst zu einem Fach aufgewertet, das mit Englisch, Geschichte, Philosophie und Yoruba kombinierbar war. 1975 versuchte man, einen Studiengang Komparatistik mit Deutsch, Portugiesisch, Spanisch, Englisch und Französisch zu etablieren. Der Mangel an Deutsch-Lehrkräften aber torpedierte diese Bemühung. Daraufhin ging es für die Germanistik steil bergab, bis sie nur noch den Rang eines Wahlfachs hatte. Die Universität versuchte, die miserable Situation zu verbessern; und nun kann man endlich wieder Deutsch als kombinatorisches Fach oder als Hauptfach studieren.

Die Französistik bleibt trotzdem in ihrer Vorherrschaft immer noch unerreichbar, einflussreicher und mächtiger als die Germanistik.

Das nigerianische Bildungssystem ist unter anderem stark an akademische Titel gebunden. Je höher der akademische Titel, desto rasanter der Aufstieg, desto erfolgreicher und mächtiger wird der Lektor. In manchen Fällen sind die Lektoren für das Fach Deutsch, besonders die aus Deutschland stammenden, nur je nach dem mit Masters bzw. Magister, auch Staatsexamen und Diplom-Zeugnissen ausgestattet. Ein Doktorgrad bzw. eine Habilitation sind jedoch sehr wichtig, auf der einen Seite das Fundament und auf der anderen eine Bedingung, um gewisse mächtige Positionen innerhalb der Universitäten zu erwerben: Senats-Leiter oder -Mitglied, Dekanats-Leiter, Präsident, Professor etc. Hier werden die wichtigsten Entscheidungen getroffen; jeder der Anwesenden beginnt erst mit der Verteidigung der Wählerschaft seines Wahlkreises, dies nennt man den nigerianischen Faktor. An der Universität von Ibadan zum Beispiel sind die meisten Institutsleiter aus dem französischen oder russischen Fachbereich. Dr. Edith Ihekweazu an der nigerianischen Universität Nsukka war eine Ausnahme, die von 1972 bis 1991, als sie verunglückte, sehr einflussreich war und viel für das Germanistikstudium gekämpft hat. Damals war die Universität Nsukka die einzige nigerianische Universität, an der man den Studiengang Germanistik bis zum Promotionsstudium absolvieren konnte. Möge Edith Ihekweazu in Frieden ruhen! Diese Universität hat seit 1961 ein ständiges Institut für Fremdsprachen mit wechselnden Institutsleitern, darunter mindestens zweimal auch deutsche Lektoren. Zwischen 1967 und 1970 jedoch war die Universität wegen des Biafra-Bürgerkriegs gesperrt. An der Universität von Nigeria habe ich ein kombinatorisches Bachelorstudium mit zwei Schwerpunktfächern, Französistik und Germanistik, absolviert, einschließlich eines Auslandssemesters an der Universität des Saarlandes. Für das Master- und Promotionsstudium war ich an der Universität von Ibadan. Ich musste leider French Studies/European Studies auswählen, weil der Fachbereich Germanistik kaum dafür ausgestattet war, auf einem solchen Niveau zu studieren. Die Universität von Nigeria, Nsukka, hatte auch nach dem Tod der Dr. Edith Ihekweazu, und spätestens seit 1998, aufgehört, Germanistik als Studiengang bis zur Promotion anzubieten.

Neuerdings versuchen einige nigerianische Hochschulen, etwa Benin, Owerri, Abraka, Ekpoma, Port-Harcourt, Jos, Uyo, Maidugiri, Ilorin und Calabar, Deutsch als Wahlfach einzuführen. Sowohl die Bemühungen des Fachs als auch die Qualität des Unterrichts sind jedoch zu schwach. In manchen Fällen sind diese Anstrengungen meines Erachtens Übungen in Versuch und Irrtum; so rechnet man mit einer Art Einzelkampf-Taktik. Sobald der zuständige Lektor abgezogen oder versetzt wird, oder im schlimmsten Fall der Tod eintritt, stirbt auch mit prompter Wirkung das Fach. Dieses Phänomen findet sich auch bei der Einführung des Fachs Deutsch als Fremdsprache in den heutigen Eliteschulen, privaten Sekundarschulen und Priesterseminare. Dabei bleiben die Chancen nur Kindern begüterter Eltern vorbehalten. Ich habe an der Babcock Universität, Ilisan, Lagos, lange darum gekämpft, Deutsch als Fremdsprache als Studiengang einzuführen und danach das GoetheInstitut informiert. Dieses Fach habe ich zwischen 2002 und 2007 gelehrt, aber seitdem ich wegen des Sabbaticals im Ausland war, ist es gestrichen. Olajumoke Seweje (op.cit.) führt zahlreiche Beispiele an, die meine Erfahrungen untermauern:

The situation is similar at the Ambrose Ali University (formally Edo State University). German is taught as an elective course to students of French and international relations. However, only the French students lose a whole year of German, because of the Year Abroad programme in Badagry. Students of international relations usually have a better opportunity of keeping their knowledge of German throughout their period of study. The course is being taught by a lecturer, Mr. Iriogbe, who is an Engineer by profession. There are usually about 200 students in just a single class of German. The Delta State University, Abraka offered 3 hours of German per week as service course to students of French. The students also go for the Year Abroad program me after the second year and come back in the fourth year like in Ilorin and Ambrose Ali universities.1 Mr. Klu Koffi was the only lecturer for the course until his death in 2001. This has put a stop to the teaching of German in Abraka. German started at the University of Benin in 1981 with 32 Students of French, whose number had doubled within the space of four years. However, it was only taught as an auxiliary course for two years. As from 1984, it was extended to 3 years, meaning that students could continue with the language on their return from Badagry. Only two lecturers taught the course for many years before they left the services of the University.2 Presently, there is only a part-time lecturer for German at the University of Benin. German studies had to be suspended in Port Harcourt, Uyo, Jos and Owerri for lack of lecturers. However, the language is usually offered whenever the opportunity arises. For example, German was taught for a year in 2000, because the institution was able to engage a lecturer, who had come to spend his sabbatical leave at the University, and had knowledge of German.3

Was die Sprachimmersion oder das Sprachbad angeht, besteht seit den 70er Jahren die Möglichkeit, nigerianische Studierende an eine Partneruniversität nach Deutschland zu senden, um dort ein Auslandssemester zu verbringen. Erwähnungswert waren die Universität Jena in der damaligen DDR und die Universität des Saarlandes, Saarbrücken. In Zeiten besserer Wirtschaftskonjunktur trug die nigerianische Regierung alle Kosten des Auslandssemesters. Das Auslandssemesterprogramm war einwandfrei und erfolgreich organisiert. Als später die Wirtschaftskrise eintrat, mussten sich die Studierenden an den Kosten des Programms stark beteiligen. Manche Familien mussten sogar Kredite aufnehmen, um ein Auslandssemester zu ermöglichen. Für den Fall der Zahlungsunfähigkeit hatten viele Familien vereinbart, dass ihre Kinder im Ausland blieben, um durch Jobs oder andere Geschäfte genug Geld für die Rückzahlung der Kredite zusammenzubringen.

Deswegen musste das gutgemeinte Sprach- und Kulturbad ‚Auslandssemester‘ scheitern. Ich absolvierte selbst ein solches Auslandssemester und kehrte rechtzeitig wieder an meine nigerianische Universität zurück, um das letzte Jahr des Studienganges abschließen zu können. Es war damals sehr schwer, die finanziellen Lasten zu tragen. Abgesehen von finanziellen Faktoren hat man auch mit den organisatorischen und logistischen Gegebenheiten zu kämpfen. Die Studierenden waren frustriert; manche mussten von ihrem Fach zu Englisch, Französisch, Russisch oder Spanisch wechseln. Meine Gruppe musste zum Beispiel noch wegen unerwarteter Botschaftsformalitäten fast einen Monat in Lagos warten, nachdem wir uns schon von unseren Angehörigen verabschiedet hatten. Wir waren 600 Kilometer von Zuhause in der damaligen Hauptstadt von Nigeria gestrandet: ein Komm-heute-komm-morgen-Theater. Dem Versagen gewisser Studierender an der Aufgabe, rechtzeitig ihr Auslandssemester zu absolvieren oder im schlimmsten Fall weiter in Europa zu bleiben, liegt gewissermaßen das Versagen des Bundesbildungsministerium, des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD) und der nigerianischen Regierung zugrunde. Natürlich erwiesen sich auch manche Studenten während des Programms nicht wirklich als gewissenhaft und verantwortlich. Die gegenseitige Abwälzung der Verantwortung zwischen den betroffenen Studenten und den zuständigen Behörden und die lächerliche Weise, in der diese Geschichte innerhalb und außerhalb von Nigeria kolportiert wurde, fand ich skandalös. Konsequenterweise war das gut gemeinte Auslandssemester mit dem Ziel des studentischen Ausbaus der fachlichen, kulturellen und sprachlichen Kenntnisse unterminiert, das Projekt gescheitert. Dieses Phänomen der Instabilität und des Scheiterns kennzeichnet bisher fast alle Bemühungen bei der Einführung und Aufrechterhaltung dieses Fachs in Nigeria. Egal, ob bei der Gründung von Klubs, beim Lern- und Lehrplan in der Sekundarschule oder beim Studiengang an den Hochschulen - man rechnet kaum mit einer ausdauernden Erfolgsgeschichte. Olajumoke Oladele (ebd.) bestätigt dieses Faktum wie folgt:

[…] The attempt was however unsuccessful, as the German government did not agree with the conditions given by the Nigerian government, that German teachers and teaching materials should be provided by the German government before the setting up of the clubs. The German foreign office admonished the German embassy in Lagos to exercise caution and not raise the hopes of the Nigerian government, with the promise of German teachers and materials for the projects..4 This brought a temporary halt to the attempt at establishing the German language in Nigerian secondary schools. [...]Lifeforte High Secondary School. However, the challenge was taken up again in the late 90s as German was introduced in some secondary schools as pilot projects[...] One of the schools that took up the challenge, because of its international prospects, was Lifeforte private secondary school, in Ibadan. Early November, 1997, the school introduced the language as an elective course for all junior classes with the aim of coaching pupils up to GCE O- Level. A Youth Corper and former graduate of the University of Ibadan, was the first German teacher for the school. She however left the school after her National Youth Service at the end of 1998 in order to pursue postgraduate studies abroad [...] The Vale College. Another secondary school that responded positively to this project was the Vale College, in Ibadan. [ …] In the year 2002, she left the school after her national service and this has put an end to the teaching of German in the school. […] However, German is currently being taught since 2002 at the British International School, Victoria Island, Lagos. In a conversation with the principal of the school, it was gathered that many of the pupils showed interest in the subject and were even looking forward to taking German in their GC A-level exams. The school might nevertheless have to stop the teaching of the language due to lack of qualified teachers for the subject.

Ab 1997 begann man noch ein neues Experiment mit den sogenannten Equivalent Year Abroad Programms (EYAP). Diese sollten am Goethe-Institut Lagos stattfinden. Solch ein Sprach- und Kulturbad in einer Fremdsprache im eigenen Land war sowohl für die Studierenden als auch für das Publikum unvorstellbar. Nigeria besitzt nur ein einziges Goethe-Institut. Heute scheint es, als hätten sich die Germanisten der Universitäten dem Goethe-Institut untergeordnet, die, je nach Nachfrage, Deutsch als Fremdsprache anbieten. Das betrifft nicht nur das ‚Auslandssemestersurrogat‘/die faktische Streichung des Auslandssemesters, sondern auch verschiedene Ermächtigungs- und Zulassungs-prüfungen, sowie deren Vorbereitungen, die heute die Nigerianer lieber am Goethe-Institut als an den Germanistischen Instituten absolvieren wollen. Es stellt sich deswegen die Frage, ob diese Germanistischen Institute sowohl in Nigeria als auch in ganz Afrika endgültig die Flinte ins Korn geworfen haben. Tun die Französen ihr Auslandssemester beim Alliance Fran ҫ aise in Nigeria, wenn ich fragen darf? Die Französen haben einfach ein Auslandssemesterdorf - the French language village in Badagry konstruiert und ausgestattet. Goethe Institut hat auch wenig Platz fuer alle Studierenden, die hin fuer EYAP gehen sollen. Besonders müssen die Studenten selber Unterkunft in Lagos suchen. Mit dem Verkehrschaos in Lagos ist der Student manchmal vier Stunden unterwegs. Wenn man meinte, die Studenten werden in Deutschland weglaufen oder dort um Asyl bewerben, soll man, genau wie die Französen eine echte Alternative finden - etwa ein Sprachbaddorf bauen.

Wenn aber sich diese germanistischen Institute in der Tat geschlagen gegeben haben, würde meine Forderung nach einer für Afrika adäquaten, adressatenorientierten, kulturkontrastiven, effizienten und nachvollzieh-baren, sowohl theorie- als auch praxisorientierten Interkulturellen Germanistik nicht nur unerlässlich, sondern dringend. Nur in so einem Rahmen könnte die deutsche Sprache und Literatur im Blickpunkt der afrikanischen Öffentlichkeit stehen, deren Interesse wecken und einem empfangsbereiten und dankbaren Publikum begegnen.

1. 4. Umriss der Entwicklung in Afrika.

Am Anfang war der Kolonialismus. Die Kolonialmächte hatten in den Schulcurricula Deutsch eingetragen, obwohl kein Deutsch unterrichtet wurde, bzw. wenn überhaupt, dann in den deutschen Kolonien. Solch eine Förderung konnte nicht auf Dauer erfolgen, da Deutschland nach dem ersten Weltkrieg 1918 seine afrikanischen Kolonien an die Siegernationen verloren hatte. Dennoch wurden die ersten Eintragungen für Deutsch als Fremdsprache in den Sekundarschulen Afrikas dokumentiert: in Nigeria 1959, Uganda 1969/70, North Afrika 1918/19, Ghana ca. 1963, Südafrika 1830. Diese daseinsorientierte Einführung blieb genauso ohne tatsächliche Wirkung - bis zur Epoche der Souveränität in den 1960er Jahren. Deutsch (DU) wurde damals wegen des Deutsch-französischen Kulturabkommens von 1963 eher im frankophonen Afrika als in den anglophonen Ländern unterrichtet. Abgesehen von diesem Abkommen hatten schon die Franzosen Deutsch nicht nur in Frankreich, sondern auch in den Kolonien (auch in France Outre Mer) im Lehrplan. Die mit dem Unterricht betrauten Erzieher, Kolonialverwalter und Pädagogen hatten die deutsche Sprache wegen der kriegerischen Auseinandersetzung mit Deutschland bzw. aus strategischen Gründen studiert. Nach der Unterzeichnung des Deutsch-Senegalesischen Kulturabkommens von 1968 wird Deutsch als Fremdsprache im Senegal seit 1972 ab der ersten Klasse der Sekundarschule unterrichtet. Das Lehrwerk ''Yao lernt Deutsch'' im DaF- Bereich war dort bereits 1971 eingeführt worden. 1973 wurde eine germanistische Abteilung an der Fakultät der Geisteswissenschaften der Universität Dakar eingerichtet. Genau wie in Nigeria (wo durch private Initiative der nigerianischen Lektoren, NAToG, ein Verein der deutschen Germanisten mit eigener Zeitschrift gegründet wurde) wurde im Senegal 1982 die erste germanistische Zeitschrift in Afrika, die ''Etudes Germano-Africaines", veröffentlicht. Im Gegensatz zur miserablen Lage der Germanistik in den anglophonen Ländern Afrikas ist die Situation in den frankophonen Ländern tröstlich. Tröstlich allerdings in dem Sinne, dass bisher die drei Hochschulen (Yaoundé I, Dschang und Douala), die Germanistik anbieten, ihre Dissertationen und Habilitationsschriften in Europa schreiben lassen (Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 13:1, 2008, S. 9). Dennoch stellt Aoussine Seddiki (ODV-Zeitschrift, Nr.12, Juni 2005:81) fest:

Die Zahl der Studierenden in den frankophonen Ländern entwickelt sich ständig. Im Senegal, in Kamerun, Elfenbeinküste, Benin, in Mali, in Madagaskar und Togo bestehen die größten Abteilungen mit oft mehreren hundert Studenten, während in den anglophonen Ländern das Deutschstudium an den Universitäten eine geringere Rolle spielt.

Für Ost-Afrika wird es hier ausreichen, die Stellung der Germanistik in Kenia zu berücksichtigen. Laut Aoussine Seddiki (ODV-Zeitschrift, op. cit.S79) bieten 22 Sekundarschulen in Kenia Deutschunterricht an. Dazu feiert man an diesen Schulen jährlich ein Deutschfestival. Leider aber fehlt den Schülern das Interesse an einem anschließenden Germanistikstudium, obwohl die University of Nairobi ein solches Fach anbietet. Hier braucht es etwa eine Sensibilisierung der Kenianer durch interkulturelle Kommunikation.

Die Lage der Germanistik in Südafrika ist etwas komplizierter, aber nicht weniger schlecht. Für die farbigen Südafrikaner war der Staat Deutschland zuerst einer der Anhänger des verbrecherischen Apartheidregimes Südafrikas. Dieter Welz (''Dialog der Kulturen oder das große Weltgespräch auf Deutsch,über den Gebrauchswert einer 'Interkulturen Germanistik' für Süd Afrika und die Welt'' In Zimmermann, Peter: Interkulturelle Germanistik, Dialog der Kulturen auf Deutsch? (1989: 155)) gründet sein Argument der Beteiligung Deutschlands nicht nur am Kolonialismus sondern auch an der Apartheid auf die Stellungnahme Edith Ihekweazus:

Das Dilemma von Germanistik und Deutschunterricht im südlichen Afrika rührt daher, dass Deutsch in Afrika als koloniales Erbe (Namibia) und neokoloniales Instrument (Apartheidgermanistik) in Erscheinung tritt (cf. Prinz 1987: 229). Die Rede von Kulturvergleich und Kultur- Kontrastivität ist gut und schön und lässt sich im ''Euro-amerikanischen Kontext'' (Ihekweazu 1985:98) leicht im Munde führen. Es nimmt sich aber eher zynisch aus, wenn man der dritten Welt mit Adressaten-Bezug, Kulturvergleich und der gleichen mehr kommt; denn hier befindet man sich am ''Tatort der historischen Aktivitäten'', denen die Euro-amerikanische Zivilisation zu einem nicht unerheblichen Teil'' ihre materielle Basis verdankt und deren destruktiver Effekt auf die Ausgangskultur der Lernenden nicht zu leugnen ist'' (ebd.) und einen Erfüllungsgehilfen bescherte, nämlich Werner Eiselen, der 1924 in Hamburg promovierte.

Die südafrikanische Mehrheit findet es besonders schwer, zu vergessen, dass Deutschland 'das internationale Übereinkommen über die Bekämpfung und Ahndung des Verbrechens der Apartheid' vom 18.7.1976 nicht ratifizierte. Welzer wiederholt die Idee von Leopold Senghor zu diesem Thema:

Das 'Internationale Übereinkommen über die Bekämpfung und Ahndung des Verbrechens der Apartheid' vom 18.7.1976… ist von der Bundes- Republik nicht ratifiziert worden. Dennoch ist unbestritten, dass sich auch aus dieser Konvention Völkerrechtsnomen ergeben, die ohne weiteres bindend sind - z.B. die Bestimmungen, die der Völkermord-Konvention entnommen sind, und die Qualifizierung der Apartheid als Verbrechen, die der Sicherheitsrat in der Resolution 556 vom 23.10.1984 übernommen hat.

Laut Welzer sind 'der Schwerpunkt der deutschen Kulturarbeit in Süd-Afrika die privaten deutschen Schulen[…]'. Diese Schulen sind allerdings seiner Meinung nach weiße Elite- Schulen. Die europäische Minderheit des Landes besteht, nach Einschätzungen von demographischen Experten, zum großen Teil aus seit der Kolonialepoche Deutschlands um 1882 zurückgebliebenen deutschen Immigranten. Wenn wir den Lagebericht der Germanistik in Südafrika richtig analysieren, bestätigt sich, dass es sich dabei noch nicht um eine Erfolgsgeschichte handelt. Hier ist mehr von Südafrika zu erwarten, da dieses Land, wie gesagt, eine starke deutschsprachige Minderheit hat. Diese Minderheit könnte damit anfangen, Alterität, Besinnung und Versöhnung wachsen zu lassen, um anschließend die Mehrheit des Landes für eine Begegnung mit deutscher Sprache und Kultur zu sensibilisieren.

1.5. Die Schwierigkeiten bei der Vermittlung der deutschen Sprache und Literatur in Nigeria bzw. Afrika

Angesichts der oben geschilderten wenig zufrieden stellenden Bestandsaufnahme der afrikanischen Germanistik möchte ich zu Beginn dieses Kapitels die möglichen Blockaden akribisch und kritisch analysieren, um anschließend Vorschläge zu unterbreiten. Zunächst sind ein paar ungerechtfertigte und falsche Eindrücke zu korrigieren: Erstens die Behauptung von Albert Gouaffo (2004:1), dass die afrikanische Germanistik die jüngste Germanistik der Welt sei. Anhand der verfügbaren historisch-politischen und literarischen Daten über frühe deutsch-afrikanische Kontakte und Beziehungen ist diese Behauptung kaum haltbar. Manchmal wird eine solche Charakterisierung Afrikas als Entschuldigung der Unfähigkeit und Rückentwicklung des Kontinents präsentiert. Anhand der anthropologischen und geschichtlichen Quellen lassen sich die frühesten Kontakte und Begegnungen zwischen Afrikanern und Deutschen mehrere Jahrhunderte zurückdatieren. In Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, begann eine der ersten Begegnungsphasen zwischen Afrika und dem Deutschen Reich im Jahre 1882, die sich zum Völkermord an den Herero und Namagua im Jahre 1904 entwickelte. Dieses Ereignis kündigte bereits im Voraus die Apartheid an. Michael Mann, Soziologe der Universität von Kalifornien, hat viel in diesem Bereich geforscht (siehe Michael Mann : South-West Africa: The Genocide of the Hereros, 1904-1905; www.globalsite.ac.uk.2001; Bley H. 1971 South-West Africa under German Rule 1894-1914.) Historische Forschung kann meiner Meinung nach nur akribisch und heuristisch sein, wenn der Forscher aus verschiedenen Perspektiven eine ausgeglichene Darstellung gewinnt. Fraglich wird, wie man zu der Schlussfolgerung gekommen ist, dass Afrika die jüngste Germanistik der Welt besitzt. Folglich wäre kritisch nachzufragen, mit welchem Kontinent und unter welchen Kriterien Albert Gouaffo seine vergleichende Studie durchgeführt hat. Am transatlantischen Sklavenhandel z.B. war Deutschland von Anfang an beteiligt. Laut Patricia M. Muhammad (International Slave Trade: A Forgotten Crime against Humanity As Defined By International Law, siehe www.auilr.org/pdf/19/19-4-3pdf) sollen die Deutschen mit den Holländern kollaboriert haben, um den Sklavenhandel zu fördern:

The first Dutch entrance into the slave trade began with collaboration with German merchants from the Hansaports. Id. Holland Captain Jons Bartelson, sailing under the Brandenburg flag, led an expedition that launched the involvement of Germans in the African slave trade.

Dies ereignete sich 1450. Die niederländisch-deutschen Sklavengeschäfte in Südwestafrika endeten 1807. Ein solch riesiger internationaler Menschenhandel kann nicht betrieben worden sein, ohne dass dabei interkulturelle Kommunikation stattfand, wobei die deutschen Händler Informationen und Ideen sprachlich und literarisch mit ihren afrikanischen Mittelmännern und Sklaven ausgetauscht haben müssen. Es muss also eine Art Deutschkurs gegeben haben. Dolmetscher und Übersetzer mussten ausgebildet bzw. geschult werden. Meines Erachtens ist diese frühkolonialistische Begegnung Teil der Geschichte der afrikanischen Germanistik. Deshalb bin ich schockiert, wenn ich lese, dass die Afrikanische Germanistik die jüngste Germanistik der Welt sei.

Aoussine Sedikki meint in Eine Afrikanische Germanistikroute ohne regionale Grenze? Warum nicht? (ebd.), trotz der schon von Germanisten wie Arnd Witte vertretenen Position Fremdsprachenunterricht und Eigenkultur: Kulturgeprägte Bedingungen, kulturangemessene Unterrichtsmethoden und subjektive Lehrtheorien von DaF-Lehrkräften in Nigeria. (1996), dass der Begriff 'Afrikanische Germanistik' ein Phantom sei. Er verfolgt die Argumentation, dass bei der Situierung und Verbreitung der deutschen Sprache und Kultur in Afrika fast alles einwandfrei sei. Abgesehen von dieser skandalösen Art von Recherchen fährt er damit fort, Afrika zu beschreiben, als wäre es ein Dorf oder ein einzelner Staat. Auf diese Weise kann ein Forscher den Fehlschluss der Verallgemeinerung begehen. Eine solche Verallgemeinerung entsteht, wenn Wissenschaftler versuchen, ihren Förderern und Unterstützern zu schmeicheln, und diese zu befriedigen suchen. Am markantesten ist die Behauptung auf Seite 84:

Allerdings wuchs in diesem Zeitraum insgesamt die Zahl der Lehrer und Lerner auf dem Kontinent rasant an, insgesamt um 250%, und punktuell kam es zu Zuwachsraten von über 400% (Nordafrika).

Demgegenüber hat Alois Wierlacher zahlreiche Werke und Beiträge sowohl der Regenerierung des Fachs Deutsch als Fremdsprache als auch der Verbesserung des auswärtigen Rufs der deutschen Kultur gewidmet. Zu verweisen ist hier unter anderem auf Werke wie: Wierlacher, Alois (Hg.) Fremdsprache Deutsch 1 u. 2 (1980) ; Das Fremde und das Eigene. Prolegomena zu einer interkulturellen Germanistik (1985) ; Perspektiven und Verfahren interkultureller Germanistik, Akten des 1. Kongresses der Gesellschaft für Interkulturelle Germanistik (1987). Dabei interessieren wir uns für das, was er und seine Mitarbeiter über Interkulturalität im Rahmen der neuen Bestimmung des Krisenmanagements wie es in '' Der fremde Lerner und die fremde Sprache'' von Josef Gerighausen und Peter C. Seel (in Wierlacher, A. et al. (Hg.): Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache 1984/85:126-162) ausgedrückt wird. Diese Autoren sehen sich als Krisenmanager, die auf alle Fälle das angeblich sinkende Schiff der Germanistik retten wollen. Faktum aber ist, dass die deutsche Sprache neuerdings stark amerikanisiert wird; eine Art Infiltration der deutschen Sprache, Literatur und Kultur durch amerikanische Gegenkultur bzw. Konkurrenz. Im Ausland bemerkt man schon die wesentliche Unordnung und Anarchie bei der Logistik und Bürokratie der germanistischen Behandlungsplanung. Im Bereich Wirtschafts- und Exportwachstum hat China Deutschland überholt. Darüber hinaus ziehen viele deutsche Betriebe und Firmen ins Ausland, besonders nach Asien und Afrika. Zu diskutieren ist, wie diese Firmen im Ausland mit den härtesten Gegnern unter schärfsten ausländischen Bedingungen überleben können, ohne Alterität und Kulturmündigkeit. Hier sind die markantesten Schlagwörter, die diese Sackgasse bezeichnen können, ''ethnozentrische Isolierung'', ''Kulturkonflikt'', interkulturelle Verflechtung, Modernisierungsschaden-kompensationspolitik, Dialog der Kulturen, Akkulturation der Afrikaner, Le Transfer Culturel, Neuimperialismus, ''Philologie der Kulturen-Begegnung'', Germanisierung, Afrikanisierung, Entwicklungshilfe, Sprachvermittlung, und Marketingstrategie und Industrieöffentlichkeitsarbeit. Die Art und Weise, in der diese gutgemeinte Politik durchgeführt wird, ist undurchsichtig. Es bestehen bereits gute Ideen, gut ausgestattete Agenturen und riesige Haushalte; jedoch lässt sich vieles nicht durchsetzen. Aus diesem Grund erklären Gerighausen und Seel (1985:154) folgendes:

Interkulturelle Kommunikation bedeutet Krisen-/Konfliktmanagement: Reale Krisensituationen zwischen ''Industrie-'' und ''Entwicklungsländern'' werden umdefiniert in „Missverständnis'' -Situationen, die durch ''interkulturelle Kommunikation'' bereinigt werden können. Politische und ökonomische Krisen, die die Beziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern bestimmen, beherrschen, sollen verhandlungsfähig gemacht werden. Deshalb werden sie zurückgeführt auf Verstehens-, Verständnis, Verständigungsprobleme zwischen Partnern.

''Missverständnisse'' kann man aufklären. Durch die Umdeutung politischer Verhältnisse in Kommunikationsverhältnisse sind politische Konflikte leichter zu handhaben. Dadurch dient sie dem Krisenmanagement.

Dem deutschen Bildungsministerium war diese Krisenlage zweifellos bewusst. Die Bundeskanzlerin selbst meinte am 16. Oktober 2010 beim CDU-Jugendtreffen in Potsdam, dass die deutsche multikulturelle Politik gescheitert sei. Solche Äußerungen, fast 20 Jahre nach dem Anfang der Tätigkeit Alois Wierlachers und seiner Notmannschaft signalisieren, dass etwas falsch gelaufen sein muss. Deswegen musste Alois Wierlacher damals mit sofortiger Wirkung von der Universität Heidelberg an die Bayreuther Universität versetzt werden, um dort die Reform und Neubestimmung des Fachs Deutsch als Fremdsprache alias Interkulturelle Germanistik weiter mitgestalten zu können. Seitdem ist die Universität Bayreuth unter anderem das Pilgerzentrum der Erforschung und Entwicklung dieser ''interkulturellen Variante globaler Germanistik''. Eine klare und scharfe Deutung der Orientierung solch eines Kulturdialogs soll viele Missverständnisse schlichten. Der Makler soll dem emanzipierten Leser deutlich machen, dass eine Industriegesellschaft einen Teil ihrer Geisteswissenschaft zu einer Kompensationswissenschaft umdeuten möchte, um dem Interesse ihrer Marktwirtschaft zu dienen; eine Art Heirat des Traditionalismus mit der technisch-industriellen Modernisierung. In unserem Kontext stellt man also die Germanistik in den Dienst der Industrie und des Marketings. Wenn dies der Fall ist, ist es schwer zu verstehen, warum die germanistischen Fächer in fast allen Ländern Schwarz-Afrikas unter unmöglichen finanziellen Lasten leiden. Man fragt sich, weshalb die deutschen Unternehmen so üppig in Werbung und Sport investieren, während sie der Verkehrssprache, der Literatur und der Landeskunde kaum Aufmerksamkeit schenken. Haben sie endgültig Englisch als Ersatzsprache auserwählt? Zum Vergleich braucht man nur wenig zu forschen, wie viel Frankreich für die Civilisation francaise und die Alliance Francaise weltweit ausgibt. Beispielweise musste die französische Regierung sich stark daran beteiligen, das Auslandssemesterdorf The French Language Village an der Grenze zwischen Nigeria und der Republik Benin bauen und ausstatten lassen. Das Zentrum mit dem Status einer Hochschule ist als französisches Kultur- und Sprachbad gedacht. Dadurch stellt die Regierung den ärmeren nigerianischen Familien einen Ersatz für das Auslandssemester bereit.

Außer der aus zu niedrigen Investitionen resultierenden Blockade und der Unordnung bei der Benennung und Richtungspolitik der Behandlungsplaner, komme ich zum Problem des Personals bzw. dem Problem der Lektoren und Lektorinnen. Um die Vermittlung und Erforschung deutscher Literatur, Sprache und Landeskunde unter den Bedingungen ihrer Fremdheit bei dieser Neubestimmung zu ermöglichen, müssen zuerst die deutschen Vermittler ihre Rolle reflektieren bzw. komplett überdenken. Entsorgt gehören fortan Unterwerfungsmentalität und Superioritätskomplex, Stereotypie und Klischees, wie sie Helmut Glück (Meins und Deins = Unsers?, Ü ber das Fach ''Deutsch als Fremdsprache'' und die Interkulturelle Germanistik'', (1989: 57)) anhand eines Gedichtes von Josef Reding, in: Wiemer 1974: 196, exemplifiziert: mehr schlecht als recht polnische wirtschaft heißt durcheinander/judenschule bedeutet viel krach, spanische fliegen und ars armanda/ französische Krankheit bald danach schwedengardinen für halunken/potemkinsche dörfer ohne dach hottentotten verlogen, verstunken/englische Krankheit macht kinder schwach asiatischem Lächeln traue nie alles schlechte kommt aus dem ausland alles rechte/aus deutschem hausstand so wird es sein/ so ist es gewesen; so kann unser Kind/ es im lesebuch/ lesen.

Helmut Glück geht davon aus, dass fortan ''in Stellungbeschreibungen, in denen Germanisten für eine Tätigkeit im Ausland gesucht werden, […] Qualifikation in diesem Fach'' erwartet wird. Ich würde hinzufügen, dass diese Voraussetzung der eigen- und fremdkulturellen Kompetenz für alle Deutschen gelten sollte, die irgendetwas mit dem Ausland zu tun haben, in Branchen wie dem Tourismus, als Übersetzer, Lektor, in der Staatsverwaltung, in NGOs, Sekretariatsberufen, sowie im Auswärtigen Amt und im Außenhandel usw. Nicht genug damit, dass der Makler dieser Sprache und Kultur kompetent in seiner Muttersprache, Literatur und Kultur sein muss, er sollte auch doppelt und vielseitig in Sachen Auslandskulturen und Weltanschauung bewandert sein. In erster Linie ist der Vermittler deutscher Sprache, Literatur und Kultur dabei angehalten, ausländischen Kulturen respektvoll und auf Augenhöhe zu begegnen. Er zeigt seine eigen- und fremdkulturelle Kompetenz, indem er durch seine Weltoffenheit die Situierung und Relevanz von deutschen kulturellen Produkten sichert. Der Lektor/Vermittler darf also weder Propagandist noch offener oder versteckter Rassist sein; sein Ziel darf nicht sein, die Lernenden zu missionieren bzw. zu assimilieren oder sie auf irgendwelche Weise zu indoktrinieren, damit sie ihre eigene nationale Identität verlieren. Helmut Glück (ebd.76) betont in dieser Hinsicht folgendes:

Sie wollen die Ausländerbevölkerung nicht assimilieren (=germanisieren, und das ist ein böses Wort), sondern ihnen ihre ''nationale Identität'', ihre Sitten, Gebräuche, Heiratstraditionen, Bekleidungsbräuche und Ernährungsgewohnheiten erhalten.

In zweiter Linie und zwar, was die Literaturwissenschaft und Sprache angeht, sollen sich die Germanisten nicht bemühen, den Afrikaner bzw. den Ausländer umzuwandeln in einen Deutschen, dessen Großeltern und Eltern Afrikaner bzw. Ausländer sind. Der Schriftsteller Abdoulaye Sadji Abdou (1958:72) dokumentiert in diesem Zusammenhang den Fehler der Franzosen:

Quand l'école prend l'enfant noir, la première chose qu'elle interdit est l'usage de sa langue maternelle. Au fur et à mesure que cet enfant grandit, naît chez lui un complexe qui l'incline à préférer inconsciemment la culture occidentale, à vouloir s'identifier en tout et pour tout avec l'homme occidental. D'autre part sa civilisation propre lui est cachée. On l'habitue à penser que sa race n'a jamais rien été, que ses valeurs sont dérisoires, et qu'il n'a point d'histoire.

Die europäischen Nationen haben diese Taktik ausschließlich angewandt. Obwohl aus privater Initiative gewisse französische und englische Literaten afrikanische Sprachen gelernt und diese dann sogar gelehrt haben, schenken die deutschen Lektoren dieser Bemühung kaum Aufmerksamkeit. Sie wollen über den Einheimischen stehen und im Ausland ein Leben im Elfenbeinturm führen. In Bezug auf Alterität bzw. Kulturmündigkeit sind die meisten kaum vorbereitet. Bei einem Fall hat ein Makler die afrikanische Gastfreundlichkeit, Aufmerksamkeit, Umarmung, Handhalten, Gastgeben/treffen Zuhause statt in der Kneipe, dem Restaurant oder der Bar, spontane Einladung zum Essen als Homosexualität und Vergewaltigungsversuch gedeutet. Er dachte, dass solche Gesten Dating-Bewerbungen, Anmachen oder Vergewaltigungsfallen signalisierten. Er verbreitete Gerüchte dieser falschen Interpretation. In Folge dessen verlor er seine ahnungslosen Schüler und Studenten, und sein Einsatz dort war gescheitert.

Diese Lage verschlimmert sich weiter, weil die deutschen Germanisten nur knapp befristete Verträge unterschreiben. Oft, laut gewissem Bericht, ist das touristische Interesse wichtiger als der ‚Maklerjob‘ für die Germanistik. Auch die Frauen, die mit Nigerianern verheiratet und seit mehr als 30 Jahren in Nigeria ansässig sind, sprechen mit ihren Kindern vorwiegend Englisch. Deswegen sind manche dieser Mischlinge etwas problematisch: Ihre Mütter sind weder in der eigenen noch in der fremden Sprache und Kultur mündig. Diese Unmündigkeit wird auf ihre Kinder übertragen. Infolgedessen sind die Mischlinge weder Europäer noch Afrikaner. Keine der beiden Kulturen findet sie als Botschafter oder Vermittler der gegebenen Kulturen akzeptabel. Am Ende geben sich viele Mischlinge mit der Nachahmung der afro-amerikanischen Ghetto-und Gangster-Subkultur zufrieden.

Egal wie gründlich und fleißig der afrikanische Rezipient die Fremdsprache sowie das Fremdkulturbad verinnerlicht hat, bleibt er immer noch Nichtmuttersprachler. Er kann die Fremdsprache kaum ohne Fehler und akzentfrei sprechen und schreiben. Bei Kontakten zwischen Kulturen muss man unweigerlich Kulturschocks erwarten; es sollte jedoch nicht überraschen, dass aus der importierten Version der Fremdsprache einheimische und „hausgemachte“ Varianten entstehen. Ähnliches kennt man aus der englischen und französischen Sprache: So gibt es heute amerikanisches, britisches, afrikanisches und Pidgin Englisch; starke Differenzen bestehen auch zwischen der französischen Sprache und ihren Versionen in diversen frankophonen Ländern. Ich selbst habe frankophone afrikanische Literatur studiert. Hier bestehen seit langem schon an afrikanische Traditionen und Rezeptionsbedingungen sich anpassende Methoden der Literaturdeutung. Gleichermaßen soll der Vermittler der deutschen Sprache, Literatur und Kultur nicht schockiert sein, wenn der afrikanische Literaturwissenschaftler eine an afrikanischen Bedürfnissen orientierte

Methode zur Interpretation der deutschen Literatur anwendet. Im Gegenerwartungshorizont seiner afrikanischen Rezipienten erschiene es als fremd, wenn er hier auf eine an deutsche Traditionen sich anpassende, werkimmanente Methode zurückgriffe. In diesem Zusammenhang sei E.Alione So’s '' Befremdliche Augen-Blicke auf einem Rummelplatz '' (1989:93) mit den Ideen Wierlachers zitiert:

Unter interkultureller Germanistik verstehen wir eine Wissenschaft, die die hermeneutische Vielfalt des globalen Interesses an deutschsprachigen Kulturen ernst nimmt und kulturvariante Perspektiven auf die deutsche Literatur weder hierarchisch ordnet noch als Handicap einschätzt, sondern als Quelle zu besserem, weil multiperspektivischem Textverstehen erkennt und anerkennt (Wierlacher 1985:X)

In der Kolonialzeit waren die Einwohner der Kolonien gezwungen, fremde Sprachen zu erwerben. Heute ist das Gegenteil der Fall. Die Menschen lernen neue Sprachen aus Interesse, Begabung, Beruf, Ruf und Motivation sowie zur Sensibilisierung. Hier soll angedeutet werden, dass in unserer globalisierten Welt das Interesse an fremder Sprache, Kultur und Literatur sowie an kulturellen Produkten zum großen Teil an den Ruf des Vermittlungslandes gebunden ist. Deutschland genießt weltweit den Ruf guter Qualität seiner kulturellen Produkte. Diese Ausschließlichkeitskonserve hat Deutschland neuerdings nicht mehr. Es gibt bereits zahlreiche Konkurrenten; außerdem andere Erwartungen. In Entwicklungsländern wie Nigeria, wo Korruption und Misswirtschaft nicht selten sind, stehen die Eliten und Mittelschichten denjenigen ausländischen Firmen sehr kritisch und ablehnend gegenüber, die mit korrupten militärischen und politischen Machthabern kollaborieren und so das Land wirtschaftlich und politisch ins Chaos stürzen. Solche Firmen und deren Herkunftsländer sind unter den so genannten kleinen Leuten und auch bei der Mehrheit der Bevölkerung unpopulär. Solche Unpopularität bzw. solcher Hass tickt als Zeitbombe in der Mitte der Gesellschaft. Am berüchtigtsten sind heutzutage Konzerne wie Shell, British Petrol und die Bilfer Berger Bauaktiengesellschaft (Julius Berger). Julius Berger wurde laut Orjintas The Sin Of Conformity (2001: 49-56) 1965 in Nigeria als Aktiengesellschaft gegründet. 1998 wurde einer ihrer Kollaborateure, ein pensionierter Militärchef, ihr Chairman. Sie hatte viele wichtige Aufträge zu verbuchen (auf nationaler wie auf regionaler Ebene, und zwar in insgesamt 36 Bundesstaaten), darunter der Bau von Straßen, Autobahnen, Brücken, Stadions, Öffentlichen Repräsentationsbauten, Kasernen, Dämmen; auch Teile der neuen Hauptstadt Nigerias Abuja usw. wurden von Julius Berger übernommen. Manchmal soll diese deutsche Firma sogar mit Erdöl bezahlt worden sein. Ihre Finanzen wurden 1996 und 1997 folgendermaßen eingeschätzt:

So in 1996 the company was reported to have posted a turnover of #5.6 Billion. In 1997 it was #7.8 Billion (cf.Mike Agwulonu: Daily Champion, Sat, Sept. 21, 1998). […] We must note that in spite of the huge profits, and in spite of the intervention of the former Minister of State of the Federal Capital Abuja Madam Ikejiani Clark, the company still transports her Nigerian labor force in trailers that are actually meant for cattle. Such trailers have been sighted in Port Harcourt sometime in September 1998: Berger: AA779 ABC; Berger BA323 BNY.

Die Mitarbeiter - man zählt 21.073 Angestellte - verrichten harte Knochenarbeit und verdienen Hungerlöhne. Solche Konzerne sind ein Schandfleck für ihre Heimatsländer, weil sie deren guten Ruf beschädigen.

Es bleibt das Problem der miserablen Finanzierungslage der Sekundärschul- und Hochschulgermanistik in Afrika. Überall in Schwarzafrika sind die Finanzmängel der deutschen Kultur- und Germanistikzentren auffällig. Das einzige Goethe-Institut Nigerias in Lagos schrumpft kontinuierlich. Um überleben zu können, ist es zum Business Center umgewandelt. Fast alle Dienste müssen bezahlt werden, und auch sehr teuer. Es hat allmählich gewisse Leistungen der Hochschulabteilungen übernommen. So findet das „Auslandssemester“ mit dem dazu gehörigen Kultur- und Sprachbad, das eigentlich der Benennung getreu im Ausland absolviert werden sollte, am Goethe-Institut Lagos statt. Die Studierenden müssen sich selbst in Lagos Wohnungen suchen, um den Unterricht am Goethe-Institut besuchen zu können. Bald an der Universität von Lektoren und Dozenten betreut, bald zusammen mit Anfängern am Goethe-Institut von den dortigen Lehrern unterrichtet, finden angehende Germanisten in Nigeria alles andere als ermutigende Bedingungen vor. Wenn die finanzielle Lage des Goethe-Instituts schon so hart ist, kann man verstehen, wie schwer die aktuelle Finanzkrise die Germanistikabteilungen des Landes trifft. Manfred Prinz identifiziert in seinem Beitrag in Peter Zimmermann (ebd. 175-189) andere Schwierigkeiten, die bewältigt werden müssen:

- Mängel in der grammatischen Progression und in der Explizitheit in der Präsentation;
- Mangel in der Präsentation des Wortschatzes;
-Ungleichgewichtige Behandlung der deutschsprachigen Staaten (mangelnde Berücksichtigung der D.D.R);
-Vorwurf des Paternalismus und des Neokolonialismus;
- mangelnde Berücksichtigung der sprachlichen und kulturellen Ausgangssituation der Schüler, zu starke Berücksichtigung des Französischen als Bezugssprache;
- mangelnde Kohärenz im inhaltlichen Aufbau;
- mangelnde Berücksichtigung des Senegalesen Kontexts, starke Anlehnung an die ivorische,, togoische Realität.

Die oben erwähnte Blockade folgt unter anderem aus anderen tief ergreifenden Problemen, wie Helmut (1989:57) erklärt:

[…] für viele Länder der Dritten Welt muss davon ausgegangen werden, dass die Ausbildung der Lehrer mangelhaft ist und Fortbildung nur sporadisch stattfindet, dass die Ausstattung der Schulen miserabel und ihre Versorgung mit Lehrmaterial unzureichend ist. Man muss davon ausgehen, dass viele Hochschulausrichtungen, die mit dem Studium der deutschen Sprache befasst sind, ihre Aufgaben nicht befriedigend erfüllen können, weil keine Fachbibliotheken existieren, die diesen Namen verdienen, weil der Bezug von Büchern und Zeitschriften aus dem Ausland wegen Devisenmangels oft nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, weil die Möglichkeiten zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchs vielfach außerordentlich bescheiden sind[…]

Darüber hinaus zwingen Faktoren wie extrem niedrige Gehälter in manchen Ländern die Hochschullehrer, zeitraubenden Nebenjobs nachzugehen (und Teile der akademischen Lehre überforderten Assistenten zu übertragen), was ihrer eigenen Weiterqualifikation sowie der Weiterentwicklung ihrer Assistenten nicht zuträglich sein kann. Bauliche und infrastrukturelle Voraussetzungen fehlen, wie etwa Seminar-, und Diensträume, oder technische Ausstattungen wie Wandtafeln, Videoanlagen, Photokopiergeräte, Tageslichtschreiber, Kassettenrekorder, Beamer, Computer und Tonbandgeräte. Wenn es diese gibt, sind sie oft defekt oder außer Betrieb. Die örtlichen Behörden sind überfordert, da sie zahlreiche Sprachen befürworten sollen. Wierlacher hat sich bemüht, die Debatte in Gang zu setzen. Meiner Ansicht nach werden sich seine Theoreme und Thesen jedoch nicht lohnen, so lange sowohl die deutsche Regierung als auch die örtlichen Regierungen die finanzielle Verantwortung einander zuschieben. Laurien (1987:5) kommt hier zu Wort:

Wer die Ausbreitung von Deutsch als Fremdsprache in armen Ländern wie den meisten afrikanischen um jeden Preis befürwortet, muss sich auch klar darüber sein, dass die Förderung des Deutschunterrichts mit finanziellen Mitteln unter Umständen einen Eingriff in die Infrastruktur, zumindest in die Ausbildungsstruktur eines solchen Landes darstellen kann, über dessen Folgen man sich klar sein sollte. Es ist in der Regel nicht zu erwarten, dass sich derartigen kulturpolitischen Vorstellungen erhebliche Widerstände von Seiten der jeweiligen Regierung entgegenstellen werden, denn die Einrichtung des Faches Deutsch an Schulen und Universitäten ist ja meist - oder ist es jedenfalls in der Hoffnung der Beteiligten - mit finanziellen Zuwendungen […] verbunden. Warum so ein attraktives Angebot ablehnen?

1.6.Schluss und mögliche Vorschläge

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Bemühung der Germanisten unter der Führung Wierlachers um eine neue Bestimmung der Germanistik im Ausland zweifellos ein wünschenswerter und gutgemeinter Schritt ist. Ich habe aber zu zeigen versucht, dass ihre Thesen und Theoreme erst dann die gewünschte Wirkung entfalten können, wenn sie in Praxis-orientierte Tätigkeiten umgesetzt werden. Außerdem fragt man sich manchmal, ob die Verfasser dieser Beiträge alles ernst und ehrlich gemeint haben, oder ob sie routinemäßig Thesen aufgestellt haben, um die Zahl ihrer Publikationen zu mehren und konsequenterweise akademischen Aufstieg zu erreichen. Diese Fragestellung wird unabweisbar, wenn nach ca. 30 Jahren der Interkulturellen Germanistik, die Vielzahl der Probleme besonders in Afrika bestehen bleibt. Man sollte erwarten, dass wir nun in Afrika schon fast 100 Prozent einheimische Germanisten und Lektoren haben - wie die französischen Abteilungen in Nigeria. So müsste der DAAD nicht mehr so viel Haushalt bereitstellen, um jährlich für Auslandslektoren und Germanisten zu sorgen. Mein Anliegen ist es daher, uns alle zu sensibilisieren, zuallererst die afrikanische Hochschulgermanistik so bald wie möglich unabhängig werden zu lassen. Der europäische Paternalismus muss aufhören, damit diese Germanistik ein für allemal erwachsen werden kann. Nigeria ist beispielweise ein englischsprachiges Land. Trotzdem ist Französisch dort seit langem heimisch. Das deutsche Bildungsministerium sollte mit sofortiger Wirkung verstehen, dass es viel billiger ist, wenn man in Nigeria ‚maßgeschneiderte‘ germanistische Lehrkräfte hat. Zweitens und im Zusammenhang mit dem ersten Punkt muss die Literatur dieser Germanistik sich afrikanisieren. Daher möchte ich die afrikanische literarische Theorie des Womanismus auf ausgewählte Werke Heinrich Bölls anwenden.

Meines Erachtens sollte man, neben dem Deutschsprachbaddorf(German language village), auch ein Elite-Germanistik-Institut in Afrika bzw. in Nigeria aufbauen, wo Germanisten ausgebildet werden können. Die Absolventen dieses Instituts würden das Fundament zur Gründung weiterer germanistischer Abteilungen in ihren Ländern bzw. Bundesländern werden. Denn die gleichzeitige Verbreitung des Fachs an den Universitäten Nigerias bzw. Afrikas, ohne dass eine einzelne besser mit Lehrkräften und Lehr- und Lernmaterial ausgestattet wird, hatte bisher nur unzufriedenstellende Ergebnisse. Nehmen wir das Beispiel der Universität Bayreuth: Jeder, der sein Studium im Bereich Interkulturelle Germanistik bzw. interkulturelle Kommunikation oder Afrikanistik ausrichtet, studiert hier. Auch Barack Obamas Schwester folgte dieser Richtung: Auma Obama, die in Kenia aufgewachsen war, studierte Mitte der Achtziger Jahre Deutsch als Fremdsprache in Heidelberg. Für ihr Promotionsstudium musste sie aber nach Bayreuth und schrieb dort bei Alois Wierlacher, dem Begründer der interkulturellen Germanistik und dem vorsitzenden Begründer der Gesellschaft der Interkulturellen Germanistik (GIG) ihre Doktorarbeit. Zu fragen ist, wie viele Afrikaner es sich leisten können, nach Bayreuth zu kommen, um dort zu studieren.

[...]

Ende der Leseprobe aus 280 Seiten

Details

Titel
Womanismus als Interpretationsmethode literarischer Texte. Die Religiöse Struktur moderner Frauenbilder bei Heinrich Böll.
Untertitel
Postfeministische Analyse und Befreiungstheologie bei Heinrich Boell
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut fuer Deutsche Philologie)
Note
2
Autor
Jahr
2010
Seiten
280
Katalognummer
V263032
ISBN (eBook)
9783656516835
ISBN (Buch)
9783656516897
Dateigröße
1461 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit hat schon eine englische Fassung. Diese Fassung wird mit der Kritik der Fachleuten veroeffentlicht.So kann man von den Verbesserungen viel lernen. This work is an attempt to export the post-feminist ideologie of the WOMANISM which hitherto has a Developing World pedestal.Her merits and demerits are highlighted vis a vis the western feminism. Heinrich Boell's novels and writings were re-read and re-appraised from a womanist point point of view and not from text-immanent or hermeneutics bias.
Schlagworte
Boell, Womanismus, Feminismus, Motherismus, Stiwanismus, Postfeminismus, Auslandsgermanistik, Befreiungstheologie, Literarischekritik, Theorie der Literatur, Komparatistik, Uebersetzung, Frauenbilder, l'art pour l'art, Mutterkontinent
Arbeit zitieren
Dr. Dr. Ikechukwu Aloysius Orjinta (Autor:in), 2010, Womanismus als Interpretationsmethode literarischer Texte. Die Religiöse Struktur moderner Frauenbilder bei Heinrich Böll., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263032

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