CLIL (Content Language Integrated Learning) und die Methodik des Bilingual Triangle


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

19 Seiten, Note: 1


Leseprobe


CLIL und die Methodik des Bilingual Triangle

Während sich einige der Experten für den modernen Fremdsprachen nicht alle einig sind, ob der bilinguale Unterricht eigene Methodiken benötigt, existiert im rheinland-pfälzischen Curriculum bereits das erfolgreiche Modell des Bilingual Triangle, das speziell für den bilingualen Unterricht entwickelt wurde und genutzt wird. Die vorliegende Ausarbeitung hat zum Ziel, die verschiedenen Positionen zum bilingualen Unterricht darzustellen und anhand von CLIL-Unterrichtsentwürfen wie etwa dem Bilingual Triangle zu begründen, weshalb eine eigene Methodik notwendig ist und welche Umsetztung CLIL in Deutschland erfährt.

Zunächst soll der Ursprung von BU (Bilingualer Unterricht) oder CLIL (Content Language Integrated Learning) dargestellt werden. 1963, als der Elysée-Vertrag geschlossen wurde, sollten das durch den Zweiten Weltkrieg verfeindete Deutschland und Frankreich nicht nur formell wieder zueinander finden, sondern auch gesellschaftlich und lebensnah, indem die Bewohner beider Länder sich dem Nachbarland kulturell öffnen sollten. Vor diesem Hintergrund wurde diese Idee der Annäherung und des Friedens unter anderem in Form des deutsch-französischen Bilingualen Unterrichts der gesellschaftswissenschaftlichen Fächer in den Schulen umgesetzt (Mentz, 2010: 33). Die aktuelle Beliebtheit des Englischen für den bilingualen Unterrichts ergibt sich konsequent aus den politischen und wirtschaftlichen Globalisierungsprozessen und der daraus resultierenden Funktion der englischen Sprache als Lingua Franca und internationaler Wirtschaftssprache, denn „[a]ls eine solche scheint Englisch prädestiniert zu sein, in einem nichtsprachlichen Fach als Arbeitssprache genutzt zu werden“ (Mentz, 2010: 31).

Bilingualer Unterricht trägt spezielle Merkmale, die ihn vom herkömmlichen Fremdsprachenunterricht deutlich unterscheiden, nämlich dass die Zielsprache nicht wie im Falle des Fremdsprachenunterrichts Gegenstand des Unterrichts ist, sondern Arbeitssprache und Vermittlungsmedium, das zur Aneignung des Sachfaches dient. Diese innovative Funktion der Zielsprache führt dazu, dass Schüler mit zusätzlichen -und im Vergleich zur Erstsprache leistungs- und zeitaufwendigeren- Anforderungen konfrontiert sind, wie kognitive Prozesse in der Zielsprache zu vollziehen statt in der Muttersprache, verstärktes Denken in der Fremdsprache, sowie die eigene verstärkte Sprachproduktion in der Zielsprache, was unter den von Jim Cummins geprägten Begriff der „kognitiven/akademischen Sprachfertigkeit“ CALP (cognitive/academic language proficiency) fällt. In der CLIL-Theorie wird besonderes Augenmerk auf die Verarbeitungstiefe gelegt: „Was Lernende nicht sofort verstehen, weil es ihnen in einer fremden Sprache begegnet, regt sie zum gründlichen Nachdenken über dessen Bedeutung an“ und führt dazu, dass „diese Bedeutung besser im Gedächtnis behält als nur oberflächlich zur Kenntnis Genommenes“ (Breidbach, 2006:11-12).

Zwar unterscheiden sich die (Hinter)Gründe für den CLIL-Unterricht im Falle der bilingualen oder der multilingualen Länder von Deutschland, denn in den ersteren wird „die Sprache, die der eine Teil der Bevölkerung lernt, vom anderen Teil der Bevölkerung tagtäglich gesprochen“ (Lamsfuß-Schenk, Wolff 1999:1). Dennoch sollte CLIL in Deutschland kein Privileg der Gymnasien oder gar der Besten unter den Gymnasiasten bleiben. Susanne Niemeier (2010: 29) unterscheidet hierzu „drei Grundtypen von sozialem Bilingualismus“: Paralleler Bilingualismus, territorialer Bilingualismus und funktionaler Bilingualismus. Der parallele Bilingualismus wird als „Prototyp von Bilingualismus“ gesehen, da Sprachen nebeneinander benutzt werden, er kann auch als Trilingualismus vorkommen, wie es in Luxemburg der Fall ist; territorialer Bilingualismus ist in Kanada vorzufinden, da in der Provinz Québec und in einigen andren Regionen Französisch und im restlichen Kanada Englisch gesprochen wird; der dritte Typ ist der funktionale Bilingualismus, der sich laut Niemeier „momentan im deutschen Fremdsprachenunterricht entwickelt“ (Niemeier ebd.).

Hier bedeutet funktionaler Bilingualismus, „dass Sprache dazu dient, kommunikative Zwecke zu erfüllen“ (Breidbach, 2006:12).

Der bilinguale Unterricht an deutschen Schulen unterscheidet sich aus der soziolinguistischen Perspektive vom natürlichen Bilingualismus, wie von Niemeier (2010:25) betont wird, da die Lernenden die Fremdsprache sehr bewusst lernen und nicht „durch eine doppelte Erwerbsphase“ gehen, deshalb handelt es sich in diesem Falle um eine „additive Art von Bilingualismus“. So führt Niemeier ein Beispiel aus der Forschung zum natürlichen Bilingualismus an, das im institutionalisierten Bilingualismus nicht in der gleichen Weise vorkommt: Eine strukturell einfachere linguistische Form oder auch die ersterworbene Form wird von Kindern in beiden Sprachen benutzt, bis eine komplexere Form der anderen Sprache erlernt wird. Niemeier erklärt: „Des Sprachwechsel ist somit bedingt durch den leichteren und schnelleren mentalen Zugriff auf die ersterworbene/leichtere Form bzw. Struktur, und dieser Wechsel funktioniert in beide Richtungen“ und zusätzlich greift dieser Mechanismus nicht im schulischen Bilingualismus, da die Muttersprache auf einem höheren Niveau beherrscht wird und „als eine Art Plateau dient und einen zuverlässigen Ausgangspunkt für die Fremdsprache bietet“ (Niemeier, 2010: 26).

Niemeier (2010: 28) spricht von einem „unmittelbare[n] oder zumindest als unmittelbar wahrgenommene[n] Bedürfnis, möglichst jedem kanadischen Bürger beide Landessprachen […] zu vermitteln“ und obwohl sich die luxemburgische oder die kanadische Sprachsituation von der deutschen unterscheidet, besteht auch in Deutschland ebenso wie in ganz Europa das Bedürfnis, weitere Fremdsprachen außer der Muttersprache zu lernen und zu beherrschen. In Europa existieren 23 offizielle Amtssprachen, zusätzlich dazu existieren mehr als weitere 100 gesprochene Minderheitensprachen allein in den Ländern des „politischen Europa“, das heißt der Europäischen Union. Eine Offenheit und Interessiertheit an anderen Sprachen ergibt sich automatisch vor diesem Hintergrund, zusätzlich haben viele Länder Europas einen hohen Anteil an Immigranten, die ihre kulturellen Sitten und Bräuche leben und somit eine kulturelle Vielfalt erzeugen, die ebenfalls zur Aufgeschlossenheit gegenüber Sprachen und Kulturen beitragen kann. Zusätzlich ist beobachtbar, dass junge Europäer der kulturellen und sprachlichen Vielfalt gegenüber aufgeschlossener sind als ältere Generationen, die sich im Gegenteil von der kulturellen Vielfalt überrannt fühlen und den monolingualen Habitus befürworten. Die Aufgeschlossenheit der jungen Menschen hat den Vorteil, dass im jungen Alter Sprachen leichter und bereitwilliger erlernt werden; dies macht die europäische Jugend somit zur Zielgruppe des vielfältigen Sprachenangebots.

Laut Wolfgang Hallet weist auch zeitgenössischer CLIL-Unterricht dennoch überwiegend nur solche Methoden auf, die in der Fremdsprachendidaktik verwendet werden - vor allem weil sie dieser entnommen wurden. So behauptet Hallet, „dass die übergroße Mehrzahl der Beiträge und Überlegungen zum bilingualen Unterricht im unmittelbaren Umfeld der Fremdsprachdidaktik angesiedelt ist oder dort ihren Ursprung hat“ (Hallet 1998: 116). Derartige Methoden können der zweifachen Aufgabe von CLIL – Entwicklung von Sprachkompetenz und Sachfachkompetenz- wahrscheinlich nicht gerecht werden, da hierbei nicht hinreichend auf die Spezifika des Sachfaches eingegangen wird; in Hallets Worten sind sie in erster Linie „Ausdruck bildungs- und sprachpolitischer Entscheidungen“ (Hallet 1998: 116).

Zu der Frage nach der Notwendigkeit einer speziellen Methodik für den bilingualen Unterricht existieren dennoch unterschiedliche Meinungstendenzen. Eine von der europäischen durch Studien informierenden Bildungsorganisation „Eurydice“ vorgelegte Studie nimmt die Entwicklung einer CLIL-Methodik als notwendige Voraussetzung für den Erfolg in der Erfüllung des zweifaches Zieles von CLIL – Sprachkompetenz und Sachfachkompetenz- an: „Furthermore, achieving this twofold aim calls for the development of a special approach to teaching in that the non-language subject is not taught in a foreign language but with and through a foreign language“ (Euridyce 2006: 7). In Eike Thürmanns Aufsatz „Eine eigenständige Methodik für den bilingualen Unterricht?“ werden nichtsdestotrotz drei weitere und sogar entgegengesetzte Ansichten (Positionen A, B, C) bezüglich der Forderung nach einer eigenständigen Methodik des BU dargestellt.

Die erste „Position A“ lautet, eine eigenständige Methodik sei nicht nötig und wird von Nando Mäsch vertreten, der den deutsch-französischen BU an Gymnasien jahrzehntelang unterstützt hat. Er präsentiert das Modell der „Methoden-Waage“ vor dem Hintergrund zweier Leitsätze der Utilität und der Generalität, deren erster aussagt, dass alles Nützliche und für SuS Unschädliche im BU verwendet werden dürfe, während der zweite Leitsatz beinhaltet, jeder gute Unterricht folge denselben „allgemein bekannten“ Formen und lasse sich gleich gut auf BU übertragen (Mäsch 1996: 1f.). Die untere Abbildung der „Methoden-Waage“ symbolisiert die Annahme, guter Unterricht geschähe dann, wenn ein Gleichgewicht zwischen lehrer- und schülerorientierten Methoden erreicht werde, wobei die auf der Skala äußersten und hier als gegensätzlich aufgefassten Arbeitsmethoden („Lehrervortrag“, und „Schülervortrag“) die jeweilige lehrer- oder schülerzentrierte Tendenz in ihrer vollen Ausprägung darstellen sollen. Dabei kritisiert Thürmann berechtigterweise, dass die Unterrichtsformen „Einzelarbeit“ und „Schülervortrag“ nicht zwingend schülerorientiert geprägt sein müssen (Thürmann 2010: 73).

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Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
CLIL (Content Language Integrated Learning) und die Methodik des Bilingual Triangle
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (England- und Amerikastudien)
Veranstaltung
Neuere Entwicklungen im Englischunterricht
Note
1
Autor
Jahr
2011
Seiten
19
Katalognummer
V262761
ISBN (eBook)
9783656514930
ISBN (Buch)
9783656514633
Dateigröße
1117 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
clil, content, language, integrated, learning, methodik, bilingual, triangle
Arbeit zitieren
Margarita Apyestina (Autor:in), 2011, CLIL (Content Language Integrated Learning) und die Methodik des Bilingual Triangle, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/262761

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