Das Bildnis des Christian Kracht

Zur Selbstinszenierung des Autors Christian Kracht im Paratext


Bachelorarbeit, 2012

99 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Methodik
1.1 Einführung - Der mit den Medien tanzt
1.2. Annahmen und Methodik

2. Der Autor ist tot - es lebe der Autor?
2.1 Überlegungen zu Autor und Autorschaft
2.2 Roland Barthes - Tod des Autors
2.3 Boris Ejchenbaum - Das literarische Leben
2.4 Michel Foucault - Was ist ein Autor?
2.5 Dirk Niefanger - Label und Logo
2.6 Inszenierung, Maskerade und Theatralität - Der Autor als Schauspieler
2.7 Forschungsstand zur Autorinszenierung Christian Krachts
2.8. Christian Kracht und der Dandyismus

3. Analyse
3.1 Das versteckte Triptychon - Autorinszenierung im Peritext des Gelben Bleistifts
3.1.1 Vorüberlegungen zur Abgrenzungsstrategie in Krachts Reisetexten
3.1.2 Der Gelbe Bleistift - Umschlagseite eins
3.1.3 Der gelbe Bleistift - Umschlagseite vier
3.2 Verschweigen, verschwinden, verändern - Autorinszenierung im Epitext Internet
3.2.1 Vorüberlegungen zum Begriff Epitext
3.2.2 Bedeutung des Internets für die „moderne" Autorinszenierung
3.2.3 Das Schweigen des Dandys - Krachts stille Inszenierung in Facebook
3.2.4 Krachts Ästhetik des Verschwindens in Text, Bildern und im Netz
3.2.5 Heimlich inszeniert - Christian Krachts Interventionen in Wikipedia

4. Fazit und Ausblick

5. Anhang

6. Literaturverzeichnis
6.1. Primärliteratur
6.2. Sekundärliteratur
6.3 Hilfsmittel
6.4. Internetquellen
6.5. Bildquellen

1. Einleitung und Methodik

1.1 Einführung - Der mit den Medien tanzt

Der Künstler ist der Schöpfer schöner Dinge. Kunst offenbaren, den Künstler verbergen, ist das Ziel der Kunst. (...) Alle Kunst ist zugleich Oberfläche und Symbol. Wer unter die Oberfläche gräbt, tut es auf eigene Gefahr. Wer das Symbol herausliest, tut es auf eigene Gefahr. In Wahrheit ist der Betrachter, nicht aber das Leben ein Spiegel. Gegensätze in den Urteilen über ein Kunstwerk beweisen seine Neuheit, Vielfältigkeit und Lebenskraft. Wenn die Kritiker untereinander uneinig sind, ist der Künstler mit sich einig gewesen. Man kann einem Menschen verzeihen, dass er etwas Nützliches schafft, solange er nicht verlangt, dass man seine Arbeit bewundert. Die einzige Entschuldigung für den, der etwas Nutzloses tut, liegt darin, dass man seine Schöpfung inbrünstig bewundert. Alle Kunst ist gänzlich nutzlos.1

Aus der Vorrede Oscar Wildes zum Roman Das Bildnis des Dorian Gray, der dieser Arbeit seinen Namen gab.

Der Literaturwissenschaft fehle es schlichtweg an „Stil", einem Schriftsteller wie ihm gerecht zu werden, urteilte einmal Mara Delius in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.2 Er fasziniert, begeistert und irritiert3, heißt es wiederum an einer anderen Stelle, in der Einleitung eines Sammelbands zu Leben und Werk des Schweizers. Und in der Süddeutschen Zeitung konnte man lesen, seine „stete Rede vom Werteverfall und einer Identitätskrise des modernen Subjekts, sein Gebaren als postmoderner Dandy' und reaktionärer Schnösel'"4 besitze Kalkül. Summa Summarum lassen sich die Aussagen auf eine übertragbare Formel bringen: Wie kaum ein anderer deutschsprachiger Autor seiner Zeit schafft es Christian Kracht, „die Medien zum Tanzen zu bringen" (Süddeutsche Zeitung)5.

Für viele ist er ein Buch mit sieben Siegeln. Das Interesse an seiner Person steht dem Interesse an seinen Bestsellern in nichts nach. Fakt ist: Wo Interpretationen enden, wo die Sinnsuche zu Zugängen zu Leben und Werk beginnt kommt Krachts offeriertes Identitätsangebot ins Spiel. Ein Angebot von Informationen verpackt als Inszenierungsstrategien, die sich anschicken, jene Leerstellen im Autorprofil füllen zu wollen, welche sich Lesern durch „einfache Deutungen verschließen]"6. Das Bildnis des Christian Kracht ist das Resultat, das aus diesen Prozessen entsteht; ein mediales Selbstporträt, das sich aus der Strichführung diverser Selbstinszenierungen zu einer kohärenten Identität zusammenfügt.

Mal affektiert, mitunter versteckt, manchmal auch scheinbar beiläufig passiert sie, die Autorinszenierung des umstrittenen Schriftstellers aus Saanen. Ob im Verwirrspiel um sein wahres Ich, im Moment der ästhetischen Selbststilisierung oder als Grenzgänger zwischen Autor, Figur und Erzähler - Christian Kracht beherrscht die Mechanismen der Aufmerksamkeit, sein literarisches Provokationspotenzial reicht weit über die bloße Textebene hinaus. Man könnte auch sagen, Kracht folgt frei einem Aphorismus Salvador Dalis, der als Aufgabe von Kunst postuliert hatte, systematisch Verwirrung zu stiften, das setzte Kreativität frei.

Neu ist die Idee nicht, sich als Literat medial in Szene zu setzen. Als bekannteste und wohl erste deutsche „Inszenierungsgruppe" traten Marcel Reich-Ranicki, Hellmuth Karasek und weitere Figuren des Literatursystems in Erscheinung, als sie zwischen 1988 und 2001 in der ZDF-Sendung Das Literarische Quartett vor der Kamera standen. Gab „Literaturpapst" Reich-Ranicki vor, lediglich über Bücher sprechen zu wollen7, nutzen heute vornehmlich jüngere Autoren ihren Status als prominente, teils skandalbehaftete Schriftsteller dazu, um als Moderatoren und „Medienjongleure" in Formaten wie Stuckrad-Barre Late Night (ZDF neo) oder Roche & Böhmermann (ZDF.kultur) ihren Bekanntheitsstatus auszubauen. Wechselwirkungen zwischen Images, Werken und den Verkaufszahlen ihrer Bücher nicht ausgeschlossen.

Auch Christian Kracht hat sich einen Ruf als Inszenator erarbeitet. Verantwortlich ist dafür aber paradoxerweise seine ausgestellte mediale Scheue und Zurückhaltung. Teils augenscheinlich, teils subtil in Illustrationen, Fotografien, Buchumschlägen oder Äußerungen stößt man auf verschiedene Ausdrucksformen, in denen sich seine Identitätsentwürfe in radikalen ästhetischen Geschmacksurteilen manifestieren. Im Gegensatz zum inflationären Auftreten Stuckrad-Barres setzt sich der Schweizer eher punktuell-provokant in Szene, getreu dem Motto „Qualität statt Quantität":

Kracht gibt den auf sich selbst bezogenen Dandy, dessen Pose der leise Abgang ist, während Stuckrad-Barre sich eher gebärdet wie ein Popstar, dem der laute Auftritt geziemt.8

Nur ein Beispiel von vielen ist etwa Krachts Wortmeldung zur Frage, was denn die beste Bank sei, erschienen im fingierten Kolloquiumsband Tristesse Royale9 des selbsternannten popkulturellen Quintetts.

JOACHIM BESSING: Aber gerade während eines Umzugs werden doch die größten Investitionen fällig. Da zählt doch jede Mark.

Christian Kracht, der während dieses Gesprächs mehr und mehr in sich zusammensinkend geschwiegen hat, richtet sich auf, räuspert sich lautlos. CHRISTIAN KRACHT: Welche der Deutschen Großbanken hat denn die beste Corporate Identity?

JOACHIM BESSING: Die Deutsche Bank.

CHRISTIAN KRACHT: Ich werde von der Privatbank Conrad Hinrich Donner betreut, und ich möchte niemals in meinem Leben wählen müssen zwischen Deutsche Bank, Dresdner Bank, Hamburger Sparkasse und wie sie alle heißen, weil ich finde, daß die alle schlimm aussehen. Die Logos sind schlecht, die verwendeten Schriften ein Grauen, die Gebäude furchtbar. Wie habt ihr es geschafft, euch für eine dieser Banken zu entscheiden? (...) [E]s ist doch immens wichtig, wie die Bank aussieht. Auch wenn man die Bank nie betritt, hat man doch die Karten und die Eurocheques, auf denen Logo und Name der Bank aufgedruckt sind.10

Statt die Vorzüge der Geldvermehrung hervorzuheben, referiert die Autorfigur hier genüsslich über die Ästhetik seiner Privatbank. Im Sinne eines „rigiden Selbstentwurf[s]" besetzt er damit eine stilisierte Position, die Erwartungen irritiert, indem sie sich „gegen die Uniformierung und gegen die utilitaristische Wertvorstellungen der Bourgeoisie richtet"11.

Doch nicht nur wegen seinen umstrittenen Äußerungen in Tristesse Royale als einer der „faselnden Fünf" (so der Titel eines SPIEGEL-Artikels über eine Lesung des Quintetts12 ) oder dem Erstlingserfolg Faserland machte der Autor von sich reden. Entscheidend waren seine Selbststilisierung, sein Originalitätswille sowie die „[ä]sthetische Rebellion" des „rebellischen Ästheten" (Schickedanz)13, die Kracht den Ruf als Decadent oder Dandy einbrachten'14. Eine Rolle, in der viele Feuilletonisten die Verkörperung des ästhetischen Lebensentwurfs seines Erzählers aus dem vermeintlich auto(r)biografisch geschriebenen Roman Faserland15 sahen.

Krachts 1995 erschienener Debütroman löste augenblicklich heftige Kontroversen aus. Das Feuilleton setzte den empirischen Autor und den Ich-Erzähler gleich, was das narratologische Dogma der Trennung von Autor und Erzähler in Frage stellte16. Die Ursache sahen Kritiker in dem vermeintlichen Zusammenfallen von auktorialer und narratorialer Stimme. Darauf deutet auch Ulrich Greiner in der ZEIT hin17:

Es fällt aber auf, dass die meisten jüngeren deutschen Autoren eine Vorliebe für das Präsens hegen, oftmals verbunden mit der ersten Person Singular. Das erzeugt den Anschein von Unmittelbarkeit, obwohl doch jeder Leser weiß, dass Autor und Ich-Erzähler nicht dasselbe sind. Ein Satz wie „Ich sitze am Küchentisch und beobachte eine Fliege auf meinem Handrücken" bedeutet nicht, dass der Autor am Küchentisch sitzt und eine Fliege auf seinem Handrücken beobachtet (...). Im Roman ist das Präsens ein Stilmittel, das von großen Schriftstellern, die in der Regel das Präteritum bevorzugen, zur Steigerung der Intensität eingesetzt wird.18

Auch auf anderen Wegen hat Christian Kracht sein selbsterschaffenes Enigma weiter angeschürt: Maßgeblich seine Selbstinszenierungen in den Medien trugen zum Verwirrspiel bei, was überhaupt „die wahre Natur" des Autors ist, welcher Teil in seinen Romanen niedergeschrieben steht sowie was schlichtweg frei erfunden ist. Sein dekadenter Auftritt in Tristesse Royale im Jahr 1999 als Mitglied im Kreise deutscher „Popliteraten"19, sowie seine Selbstdarstellung als dandyhafter Flaneur in Der gelbe Bleistift (2000)20 sind nur weitere Exempel der kulturellen Darstellungsformen, die im Verweisquadrat zwischen Werk, Leben, Inszenierung und praktizierter Kulturpoetik angesiedelt sind. Symptomatisch für Krachts Außendarstellungen ist die adaptierte nonkonformistische Rolle, die jede Erwartung just in dem Moment unterläuft, nachdem sie sich gerade gefestigt hat. Das macht ihn als Autor unangreifbar, das macht ihn so reizvoll21.

Bezeichnend dafür steht sein Bekenntnis zur Oberschicht in der ZEIT (9.9.1999)22 („Ich bin ja sehr reich"), und dessen spätere Verneinung in der Harald Schmidt Show23 auf die Frage des Gastgebers: „Sie sind von Haus aus reich, wie man so sagt?" - „Nein, das stimmt nicht. Nee, gar nicht". Eine lakonische Antwort wie auch jene Replik darauf, ob Kracht den alternden, immer noch aktiven Rockstar Mick Jagger abstoßend empfindet: „Nein..." - „Eigentlich schon, aber Sie geben es nicht zu." - „...ja, das stimmt".

Rainald Goetz Reaktion in seinem Blog Klage lautete daraufhin: „Ein „hochinteressante[r] Hochpunkt seiner später überkokett kultivierten Weirdness 24. Krachts Antworten sind nur zwei von vielen Beispielen eines ironischen, konterkarierenden, auch in seinen Romanen eingesetzten Verfahrens unter dem Namen sous rature25 Die Reihe lässt sich fortsetzen. Etwa mit Krachts Faszination für die „Camp"- Ästhetik26 totalitärer Staaten im Allgemeinen und der des diktatorisch regierten Nordkoreas im Besonderen, was er im Vorwort eines Bildbands kundtut:

Kim Jong Ils Volksrepublik ist eine gigantische Installation", schreibt Kracht, „ein manisches Theaterstück, das sich anschickt, in seiner hermetischen Akribie und seiner perfekten Potemkinisierung einen ganzen Staat zu simulieren. Nur, und das ist die zentrale Frage - für wen eigentlich?27

Die Reihe lässt sich weiter fortsetzen. So hat Kracht „vor allem in seinen kürzeren Texten wie in Der Gelbe Bleistift oder New Wave Formen der Reportage, des Essays und der fiktionalen Erzählung so eng miteinander verwoben, dass sie, auch im Blick auf seine stets sorgfältig inszenierte öffentliche persona, nicht mehr voneinander zu trennen sind."28 Verfahren wie diese machen den Autor und seine Werke interessant für Leser wie Marketingabteilungen. Christine Künzel konstatiert in der Einleitung ihres Bandes Autorinszenierungen:

Verlage scheinen sich seit den 1980er Jahren verstärkt auf Marketingstrategien zu verlassen, die mit Techniken der (Selbst-)Inszenierung und der Darbietung von Literatur als ,Event' einhergehen. Spätestens die Popkultur und ihre Autoren - von Bret Easton Ellis über Nick Hornby bis hin zu den deutschen Literaten von Tristesse Royale — haben inzwischen deutlich gemacht, welche Macht Markennamen und Labels in der postmodernen Gesellschaft haben können.29

Christian Krachts „provokative Posen30 polarisieren. Bis heute ist sich der Literaturbetrieb über den Schweizer uneinig; Kritiker giften wie goutieren: Die einen attestieren ein „reaktionäre[s] Schnöseltum ohne jeden Biss 31. Auch vom popkulturellen Quintett als „Nabelschau-Artisten im Hotel Adlon"32 ist polemisierend die Rede. Andere wiederum bescheinigen Kracht eine feinsinnige Rollenprosa im Rahmen einer kulturellen „ironischen Zeichenproduktion"33, wieder andere erkennen dandyeske Spielfiguren in seinen Romanen, die der Autor unter dem „grauen Tuch der Langeweile" zappeln lässt34. Denn auch in den Romanen Faserland und 1979 bedient sich Kracht dem Trick, seine Protagonisten „so dumm darzustellen, dass sie an der Oberfläche haften bleiben beziehungsweise an ihr entlangschlittern und einfach nicht tiefer dringen.35

Neben der verschafften Aufmerksamkeit hat der Inszenierungseffekt seinen Preis: Statt dass Krachts Auftritte auf den künstlerischen Wert seiner Werke aufmerksam machen, gerät die Bedeutung der Romane zunehmend ins Hintertreffen zugunsten eines interpretatorischen Blicks auf den außerliterarischen Autorkontext:

Es ist nicht neu oder ungewöhnlich, dass Künstler sich ihr Werk begleitend um eine theatralische Identität bemühen, und sie können so gut darin werden, dass man sich für ihr Leben mehr interessiert als für ihr Werk. Oder sie können Opfer ihrer eigenen Inszenierung werden, die ihnen zu viel abverlangt, die sie zu sehr fesselt oder langweilt. Als postmoderne Errungenschaft gilt darum, dass man in seinem Leben nicht nur eine, sondern mehrere künstlerische Identitäten durchexerzieren kann - auch mit verschiedenen Namen - und dass das den Ruhm sogar noch steigert.36

Plastisch hat dies die Debatte um eine Spiegel-Rezension zum Roman Imperium (2012) illustriert. Kurz zusammengefasst: Autor Georg Diez hatte Christian Kracht einen „Türsteher der rechten Gedanken" bezichtigt, weil die mutmaßlich rassistischen Kommentare der Hauptfigur für Krachts eigene Meinung stünden. Als Argumentationsbasis zieht Diez einen veröffentlichten Briefwechsel heran, der Krachts Aufenthalt in einer obskuren Deutschkolonie in Paraguay belegt37 '. Hintergrund ist auch ein früherer Artikel der Süddeutschen Zeitung, der die Unheilige Allianzen von Black-Metal-Musikern, Pop-Literaten und Neue Rechte kritisch beleuchtet:

In dem Interview berichtet Kracht davon, wie er David Woodard im Jahr 2003 bei den Vorbereitungen für das Magazin Der Freund kennengelernt hat. Gemeinsam sei ihnen im Laufe der Zeit die Idee gekommen, zweimal im Jahr Expeditionsreisen nach „Nueva Germania" zu unternehmen. „Mein eigenes Interesse", sagt Kracht, „galt zu dieser Zeit der Verbreitung der Gedanken Kim Jong-Ils, des Führers der Demokratischen Volksrepublik Korea". Rasch sei er mit Woodard übereingekommen, „die beiden Topoi Nueva Germania und Nordkorea zu vereinen". Daraus sei der Plan erwachsen, eine abgewandelte Form der sogenannten „Dream Machine" (ein Pappzylinder mit Schlitzen, der auf einem Plattenteller um eine Glühbirne rotiert) in „Nueva Germania" in Serie produzieren lassen und zudem eine luxuriösere und elegantere Variante für Kim Jong-Il zu bauen. Auf mehrfache Nachfrage der SZ, ob er von dem Abdruck eines Interviews in dem Darkwave- Fanzine Zwielicht und von dem neuheidnischen und neonazistischen Kontext des Magazins gewusst habe, antwortete Christian Kracht ausweichend und war zu keiner Stellungnahme zu bewegen.38

Der empirischen Person Christian Kracht ein „antimodernes, demokratiefeindliches, totalitäres Denken"39 in den Mund zu legen, mag in ihrer Schärfe radikal und strittig sein. Doch wirft Georg Diez Fragen auf, die sich fast automatisch stellen, wenn ein Autor mit Inszenierungsstrategien die Grenzen zwischen Fiktion und Realität, Leben und Werk verschwimmen lässt: Wie viel Verantwortung trägt ein Autor als Verfasser für sein Werk und seine Figuren? Oder: Wie viel von Christian Krachts mühsam gepflegtem Medien-Image entspricht seiner „Realperson"? Was davon lässt sich als biographische „Abfärbung" in einem literarischen Produkt aufspüren? Ob dies wissenschaftliche Fragestellungen sind, darüber streitet sich die Germanistik. Tatsache ist: Nicht nur der Text allein, auch die Autorinszenierung, oder anders gesagt, die Art und Weise, wie sich ein Schriftsteller gegenüber der Öffentlichkeit präsentiert bzw. sich marketingstrategisch verkauft, beeinflusst unweigerlich die Lesart seiner Werke.

1.2. Annahmen und Methodik

Wer der Mensch Christian Kracht tatsächlich ist, bleibt für Außenstehende eine spekulative Frage. Wie der selbststilisierte Autorentwurf aber im sogenannten Paratext gestaltet ist, ist eine spannende Fragestellung, mit der sich diese Arbeit beschäftigen soll. Krachts Autorinszenierung im Internet und die Darstellungsweise als Figur im literarischen Beiwerk eines seiner Bücher dienen dieser Arbeit als Untersuchungsgegenstände. Dabei nehme ich an, dass der Peritext40 (Titel, Vorwort, Illustrationen, Porträtfotos, Aufmachung des Covers- und Buchrückens etc.) maßgeblich Krachts Autorentwurf komponiert. Auch die Elemente „anywhere out of the book"41 setzen Farbtupfer auf das Bildnis des Christian Kracht. Damit sind Kommentare, Briefwechsel oder Äußerungen in Interviews, heutzutage auch das Internet gemeint, die Gerard Genette mit dem Begriff Epitext zusammenfasst 42. Hinzu kommt, dass der empirische Autor höchstwahrscheinlich in die Gestaltung seines eigenen Artikels in der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia eingegriffen hat. Alles in allem resultieren daraus Wechselwirkungen zwischen Werk, Beiwerk und einem Dichterleben mise en scene, die, vom „Moment der Theatralität und Performativität" getragen43, immer wieder beim Publikum für Verwirrung stiften.

Zunächst ist zu konstatieren, dass öffentliche Auftritte und Inszenierungen von Autoren weit über den Literaturbetrieb hinaus zugenommen haben und damit einem generellen Trend der Medialisierung Folge leisten: „Was wir über unsere Gesellschaft [...] wissen, wissen wir durch die Massenmedien"44, um Luhmanns berühmtes Diktum zum Gedanken anzuführen, dass alle uns zur Verfügung stehenden Informationen über Autoren auf der Achse der Selektion massenmedial archiviert sind und ausschließlich über das System der Massenmedien abgerufen werden können45. Man könnte spitz formulieren: Was wir über unsere Autoren, deren Bücher und Christian Kracht wissen, wissen wir dank Radio, Fernsehen, Internet, literarische Texte und dem optisch konsumierbaren Beiwerk von Büchern (z.B. Cover und Buchrücken).

Meine Arbeit stützt sich grundsätzlich auf die Annahme, dass Popliteratur sich zwar der Oberfläche zuwendet, ohne aber dabei oberflächlich sein zu wollen; dies ist auf Christian Krachts Komposition von Identität anwendbar. Das geht dem Ziel meiner Untersuchung voraus, wonach Christian Krachts Posen eine Übereinkunft von Hoch- und Populärkulturen ermöglichen, da die Selbstinszenierung für verschiedene Adressatenkreise unterschiedlich komplexe Deutungsvorschläge bereithält. Wie der Begriff Oberfläche verstanden werden kann entfaltet Ingo Niermann im Schlusswort der Aufsatzsammlung „Poetik der Oberfläche" wie folgt:

Man kann die Gedanken seiner Mitmenschen nur anhand dessen deuten, was sie sagen, was sie tragen und wie sie sich bewegen. Ein Roman, in dem telepathische Kräfte eine Rolle spielen, gilt als phantastisch. Oberflächlich zu urteilen bedeutet, außen und innen als gleich anzunehmen. Die Worte betreffend, die der andere spricht, ist das vor allem naiv. (...) Oberflächlich schließt man von einer ordentlichen Kleidung oder Wohnung auf einen aufgeräumten Geist. Jemand, der sich teuer kleidet oder einrichtet, ist auch ein wertvoller Mensch. (...) Den Ästhetizismus - er zelebriert die Oberfläche in deutlicher Trennung zum Innen- hält man dagegen für oberflächlich. So ignorant der Ästhetizismus auch wirken mag, beruht er doch auf einem differenzierten Verständnis von Innen und Außen und nimmt die Rollentheorie vorweg. 46

Niermanns poetologische Überlegungen zu den ästhetizistischen Verfahren der Oberfläche knüpfen ferner an das Konzept von Pop an:

Pop soll überall verstanden werden und ist darum in seinen Inhalten meist einfach und oberflächlich. Avantgardistische Kulturformen, die das Präfix Pop tragen, affirmieren den Pop auf ästhetizistische Weise. Während sich der alte Ästhetizismus einer sakralen Herrschaftskultur annahm, widmet sich dieser Pop zweiter Ordnung einer Oberfläche, die nicht mehr zu sein beansprucht als banal. Seine Verspanntheit rührt, wenn überhaupt, nicht direkt vom Gegenstand her, sondern von dessen Beliebigkeit. Der Pop zweiter Ordnung wird meist als Kommentar auf die Welt des Massenkonsums begriffen: Seine inhaltliche Leere solle dessen Oberflächlichkeit noch überspitzen.47

Kennzeichen von Pop ist das „Crossover" - die permanente Grenzüberschreitung, das Durchkreuzen der sog. Low und High Culture48. Davon abgesehen ist die sogenannte Popliteratur weniger in ihren ästhetischen Verfahren als in einer produktiven Rezeption begründet:

Es geht vor allem darum zu zeigen, daß die Rezipienten von populärer Kultur die von der Kulturindustrie bereitgestellten Signifikanten auf höchst subjektive Weise dekodieren und umfunktionieren können. In diesem Sinne ist Popliteratur zu verstehen als eine Literatur der zweiten Worte' bzw. als eine ,Kunst über Zeichen und Zeichensysteme', indem sie sich mit den von anderen populären Genres (Musik, Film, Werbung, Comic u.a.) vorgefertigten Produkte bzw. (Marken)Zeichen auseinander setzt.49

Popkulturelle Inszenierungen äußern sich an der Oberfläche. Bei Kracht sind das beispielsweise Fernsehauftritten, die ästhetizistische Gestaltung von Buchcover und Klappentexte, bis hin zur offensichtlichen Autorinszenierung oder als Verfasser im Internet.

Eine Motivation für diese Analyse ist das Anknüpfen an einen aktuellen und jungen Forschungszweig. Ferner motiviert mich die Tatsache, dass Christian Krachts Autorinszenierung im Paratext bislang nur bruchstückhaft erforscht worden ist50. Wenn überhaupt wurde das Augenmerk in den meisten Fällen hauptsächlich auf Grenzverwischungen zwischen Selbstdarstellungen der empirischen Autorfigur Christian Kracht und verschiedenen fiktionalen Romanfiguren gelegt, etwa der Pa- rade-Dandy Christopher in 197951 ', oder der namenlose, schnöselige Ich-Erzähler in Faserland52. So hat etwa Fotis Jannis die umstrittene Forderung aufgestellt, die Trennung von Erzähler und Autor in Krachts Debütroman aufzuheben „solange nichts dagegenspricht":

Im Fall von Faserland und der dem Roman folgenden Popliteratur haben zahlreiche Paratexte die autobiographische Qualität des Textes hervorgehoben. Sie gilt, wie schon erwähnt, als typisch für diese Texte, und demzufolge liegt es nahe, die zweite Möglichkeit, also die Deckung von Erzähler- und impliziter Autorposition in dieser Passage anzunehmen, solange nichts dagegenspricht. Außerdem, und damit wird der Schritt vom impliziten Autor zum Autor als Urheber aller seiner Schriften getan, hat Christian Kracht durch Interviews und seine anderen Texte deutlich gemacht, daß die soziale Distinktion über die Kenntnis von hochpreisigen Markenprodukten und deren Erwerb seine durchaus ernst gemeinte Position ist.53

Differenzierter äußert sich Thomas Borgstedt zu Christian Krachts und Michel Houellebecqs provokativen-popliterarischen Grenzübertretungen:

Der Fiktionalitätsgrad und der Kunstanspruch werden in diesen popliterarischen Texten merklich zurückgenommen, wodurch sie sich vom artistischen Intertextualismus und Historismus vieler einschlägig ,postmoderner' Texte der 1980er und 1990er Jahre absetzen. So ist der autobiographische Charakter der Romane oft derart stark, dass man sich einer entsprechenden Zuordnung von Autor und Protagonisten nur schwer entziehen kann, zumal der Autor parallel damit beschäftigt ist, das eigene Image im gleichen Sinn zu inszenieren. Neben Medienauftritten dienen dazu Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen im nichtfiktionalen Bereich. Die vermeintliche Referentialisierbarkeit der Protagonisten und ihrer Haltungen ist für den Provokationseffekt mitverantwortlich, denn sie verleiht dem fiktionalen Diskurs aktuelle Relevanz.54

Die Frage, wie viel Figur im Autor oder wie viel Autor in den Figuren steckt, lasse ich ausdrücklich unangetastet - zumal ich von einem solchen Ansatz kein Ergebnis erwarte, das man als wissenschaftlich-nützlich bezeichnen kann. Daher befasse ich mich auch nicht mit der Analyse von textlich-interpretatorischen Überschneidungen zwischen fiktionaler und faktualer Ebenen, also der Frage danach, welche Rückschlüsse man aus einem Vergleich von der „inhaltlichen" Ausstaffierung der vier Romane55 und dem (inszenierten) Leben des Autors ziehen kann.

Vielmehr möchte ich Einsichten in Christian Krachts „Inszenierungsbauplan" geben, indem ich unterschiedliche Wirkungsstätten des Paratexts fokussiere, in denen Wechselwirkungen zwischen der Gestaltung, den erzeugten Autordarstellungen und der Rezeption stattfinden. Die Untersuchung belege ich zum Teil anhand von älteren Werken oder Beiträgen (u.a. in Tristesse Royale, Der gelbe Bleistift, Ferien für immer, Mesopotamia und The Ministry of Truth), in denen Krachts Autorinszenierungen besonders deutlich hervortreten.

Mein Vorgehen fokussiert grundsätzlich zwei Stufen. In einem ersten Schritt betrachte ich die sprichwörtlich visuelle Oberfläche, auf der eine sogenannte oberflächliche Inszenierung erfolgt: Cover- und Homepagegestaltungen, Illustrationen und Fotografien mit Aufnahmen des Autors im Innen - und Außenteil der Werke sollen berücksichtigt werden. Daneben richte ich meinen Blick auf angeordnete Textstrukturen, etwa in Form von Inhaltsverzeichnissen, Anhängen oder Buchrücken, in denen sich codierte Inszenierungsbotschaften explizit oder implizit verbergen. Nicht unberücksichtigt bleiben im Inszenierungsort Internet auch versteckt gestreute Informationen des Autors, was man getrost als versteckte Inszenierungsstrategie bezeichnen kann. Deren Kopplungen zu anderen paratextuellen Darstellungsformen sind darin eingeschlossen.

Abschließend möchte ich einige Worte über den Nutzen meiner Bestandsaufnahme zu Inszenierungsverfahren am Beispiel Christian Kracht verlieren. Ungeachtet der vielen interessanten Aspekte möchte und muss ich mein Vorhaben innerhalb des Rahmens einer Bachelorarbeit auf einzelne Teilbereiche beschränken. Ich konzentriere mich auf so gut wie unerforschte Forschungsgebiete: den Peritext des gelben Bleistifts, Krachts Selbstinszenierungen auf offiziellen Autorenseiten im Internet, sowie seine Eingriffe in Wikipedia.

Zunächst werde ich ausführlich auf Begriffe wie Autor, Autorfunktion, Inszenierung und Theatralität eingehen. Diese werde ich einschließlich der Forschungskonzepte zueinander in den Kontext setzen - eine notwendige Recherche, die jedoch in vielen Untersuchungen bislang nur stiefmütterlich behandelt worden ist, da lediglich auf Titel verwiesen wurde, aber kaum deren Sinnzusammenhänge erklärt worden sind56. Daran schließt sich ein Abschnitt zum Forschungsstand der Krachtschen Inszenierungspraxis an.

Methodisch stütze ich mich auf Begriffe aus Gerards Genettes Werk Paratext. Hilfreich sind die bisher erarbeiteten Argumentationslinien zu Christian Krachts ästhetischem Auftreten, die ich aus gegebenem Anlass aus der aktuellen Forschung herleite57. Schlaglichter auf die Ausdrucksformen und den (literarisch-)historischen Kontext der Inszenierungsverfahren liefern die breitgefächerte Literatur zur Dandy- ismus-Forschung 58. Gerade weil er „eine ästhetische Lebenshaltung kultiviert", steht Kracht in Tradition einer klassischen Dandyfigur, entsprechend vielversprechend erscheint daher, das „Verhältnis von dandyistischem Selbstentwurf und der jeweiligen ästhetischen Struktur" seines Werks zu betrachten59.

2. Der Autor ist tot - es lebe der Autor?

2.1 Überlegungen zu Autor und Autorschaft

Kaum ein vergleichbarer literaturwissenschaftlicher Begriff hat so im Kreuzfeuer gestanden wie der des Autors. Lange wurde die Autorfunktion ins Abseits gedrängt, vor über fünfzig Jahren der Autor für tot erklärt. Nach dem umfassenden Abgesang schien der Autor endgültig begraben und mit ihm auch Argumente, die für die Relevanz seiner Existenz im literaturwissenschaftlichen Diskurs sprachen. Seine Auferstehung feierte er erst in anderen Disziplinen: Allen voran ist es Untersuchungen der Theaterwissenschaft und interdisziplinären Ansätzen zwischen Literaturwissenschaft und Kulturwissenschaft zur Inszenierung und Theatralität in den 1990ern zu verdanken, dass der Autorbegriff inzwischen in der Forschung wieder an Bedeutung gewonnen hat und die „Tabuisierung des empirischen Autors für die Interpretation"60 auch durch literaturwissenschaftliche Titel wie Die Rückkehr des Autors61 weitgehend korrigiert worden ist.

Erhob Roland Barthes noch den mahnenden Finger gegen jegliche Vermischung von Erzähler, Autor und Figuren in der Analyse fiktionaler Texte, hat sich die heutige Forschung weiterentwickelt. Weniger geht es darum, Barthes Standpunkt zu untermauern, zwischen den Instanzen von textlicher und empirischer Ebene zu unterscheiden. Vielmehr werden aktuell Selbststilisierungs- und Inszenierungsstrategien, wechselseitige Schnittmengen zwischen empirischen und fiktiven Ebenen sowie die medialen Austragungsorte dieser Grenzverwischungen in den Blick genommen. Die Fragestellungen sind dabei weitreichend und komplex: Mit welchen Werkzeugen schneidern Autoren eine autobiografische Wahrheit aus den „Mischstoffen" von Leben und Inszenierung62 ? Welche Auswirkungen und Anschlussmöglichkeiten initiiert dieses „Identifikationsdesign" für Wissenschaft und Leser als Interpretations- und Identifikationsangebot?

Das wachsende Interesse an der Konstellation von Autor, Autorschaft, Autorschaftsdarstellungen in Bild und Text, der Relevanz von Geschlechterrollen sowie der individuellen ästhetischen Signatur bzw. dem Label oder der Legitimation von Interpretationen deutet auf die zunehmende Bedeutung hin, die sich in vielen literatur- und kulturwissenschaftlichen Publikationen der letzten Jahre widerspiegelt und grundsätzlich für diese Arbeit die Frage nach Funktion, Rollen und Entwicklung dieser Begriffe in den Vordergrund rückt63.

Zunächst scheint es angebracht, die Verwendungsweise des Autorbegriffs näher zu bestimmen. Einer Definition zufolge ist ein Autor der „[g]eistig[e] Urheber (vorzugsweise literarische[r] Texte (...)", wobei sich Autor als praktisch wie texttheoretisch umfassend einsetzbarer Begriff erweist, der jede Form einer personalen Urheberschaft für schriftliche Texte umfasst64. Daneben regeln Vorstellungen von Autorschaft, also der zur Autorentätigkeit dazugehörige Kontext, die Produktion und Rezeption der Lektüre65. Kaum woanders ist eine Definition aber so wenig hilfreich wie hier, denn der Begriff Autor und das mit ihm verbundene Konzept der Autorschaft trugen über die Jahrhunderte viele Gesichter.

Bereits die Antike verfügt über ein Autorbewusstsein und richtet ihre Bewertungsskala nach sprachlicher Ausdrucksqualität, die sich in dichotomer Beziehung zwischen Werk und Autornamen äußert66. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gewinnt der Begriff Autor parallel mit dem dann längere Zeit bevorzugten Begriff des Schriftstellers (der seinerseits Skribent verdrängt) durch die Genieästhetik eine künstlerische Autorität, die mit der Ausprägung eines auktorialen Selbstbewusstseins einhergeht67. Die Autorschaftsfigur der Genieästhetik organisiert ihre Vorstellung um den Begriff des „Schöpfers", indem sie die Gottähnlichkeit des Autors im Akt der Produktion unterstreicht und den Künstler im Mythos als „Schöpfer" des „höchsten Naturwerkes" stilisiert, wie dies etwa Edward Young im Buch Über die Original-Werke von 1760 darlegt 68. Dabei versteht das genieästhetische Konzept die Nachahmung als Mimesis, welche zum Original zurückführt, sofern „sie göttlich inspirierte Nachahmung der Natur ist"69.

Erst das forschungsgeschichtliche Konzept der Moderne verabschiedet sich vom emphatischen Verständnis des „Autor-Genies":

Sie dezentriert den Autorbegriff und die von ihm abgeleitete Vorstellung des vollendeten Werks, das die Welt kommunikativ ordnen kann, zugunsten eines ,offenen', universalen Textbegriffes, der die Fähigkeit zum autonomen, sinnstiftenden Zugriff des Verfassers relativiert. Die Einsicht in das allgemein sprachliche wie textlich immer schon ausformuliert vorhandene Vorgabematerial läßt Vorstellungen einer medialen Artikulationsweise von „Geschrieben-Werden" zu.70

Aus diesem kurzen Abriss wird deutlich, dass sich der Autorbegriff nicht als systematische und überzeitliche Kategorie einordnen lässt, sondern in zeitlich verschiedenen Kontexten auch unterschiedlich verwendet worden ist.

Bernhard F. Scholz verdeutlicht, dass der sich wandelnde Autorbegriff „selten oder nie etwas mit der Überprüfung einer Hypothese auf Grund empirischer Daten zu tun habe", sondern aus „sich verändernden poetologischen, apologetischen ästhetischen, bisweilen selbst theologischen, in jedem Falle aber mehr oder weniger normativ eingefärbten, ideologischen" Argumentationszusammenhängen resultiert und auf unterschiedliche „kulturelle Bedürfnisse" reagiert'71. Dabei gilt für die Auffassung vom Autor dasselbe, wie Nathalie Amstutz für den Begriff Autorschaft herauskristallisiert hat: Dass sich dessen Geschichte nicht als eine kontinuierliche Folge sich ablösender Konzepte liest, sondern sich in Überschneidungen, Verwerfungen und Rückgriffen äußert72 - was sich jüngst in Phänomenen wie Fotis Jannidis Aufsatzsammlung zur Rückkehr des Autors im Verhältnis zum genieästhetischen Konzept zumindest in Grundzügen zeigen lässt.

2.2 Roland Barthes - Tod des Autors

Seit der Veröffentlichung des berühmten Aufsatzes La mort de l'auteur hat der narratologische Grundsatz, Autor, Erzähler und Figuren voneinander zu trennen, in der Literaturwissenschaft lange als unumstößliches Dogma gegolten73. Roland Barthes Abgesang auf den Rückgriff auf die Autorintention wurde als „Echo auf Nietzsches Proklamierung des Gottestodes"74 verstanden und gilt als „das wohl einflussreichste Plädoyer für eine Verabschiedung des Autors aus der Interpretation literarischer Texte"75. Über Jahrzehnte hinweg avancierte der „Autortod" als strukturalistische Position zum geflügelten Wort - und bedeutete anfangs einen provokativen Anstoß für die Literaturkritik. Allerdings ist das Diktum nicht als Feldzug gegen die Schriftsteller zu verstehen, sondern als Kritik gegen die biographische Aufschlüsselung von Texten sowie die Relevanz des empirischen Autors als Bedeutungsinstanz eines Textes, wobei Barthes die Lektüre als Produzentin von Bedeutung ins Zentrum rückt76.

In dem 1968 in der französischen Zeitschrift „Manteia" publizierten Artikel distanziert sich Barthes von der Idee der gängigen Forschungspraxis, die es bis dahin für ein probates Mittel hielt, sich die vermeintlichen Absichten des Verfassers bei literaturwissenschaftlichen Untersuchungen nutzbar zu machen. Insbesondere richtet sich Barthes apodiktische Speerspitze gegen die sogenannte explication du texte, einer in französischen Schulen und Universitäten institutionalisierten Methode, mit der eine Verbindung zwischen Autorbiographie und Werkbedeutung hergeleitet werden sollte77.

In erster Linie verwirft Barthes die Vorstellung einer autonomen Urheberschaft. In La mort de l'auteur stellt er die These auf, dass weder eine fixierte Deutungshoheit durch den Autor bei der Interpretation zulässig sei, noch die Textbedeutung auf sonstige Weise eindimensional-statisch bestimmt werden könne. „Wer spricht hier?", fragt Barthes, als er zu Beginn des Aufsatzes einen Erzählerkommentar aus Balzacs Novelle Sarrasine exemplarisch anführt. „Ist es der Held der Novelle (...)? Ist es das Individuum Balzac mit seiner persönlichen Philosophie der Frau? Wir werden es nie erfahren können, einfach deswegen weil die Schrift [ecriture] jede Stimme, jeden Ursprung zerstört. Die Schrift ist der unbestimmte, uneinheitliche, unfixierbare Ort (...), in dem sich jede Identität aufzulösen beginnt, angefangen mit derjenigen des schreibenden Körpers 78.

Die unformulierte Antwort auf die Frage „Wer spricht?" lautet daher: Niemand spricht! Mit der Ablösung der Stimme von ihrem Ursprung verabschiedet sich der Autor mit all seinen Ideen und vermeintlichen Intentionen79. Die Relikte, die von Barthes Autordekonstruktion als leere Worthülsen übrig bleiben, läuten einen Neubeginn ein: „[E]s beginnt die Schrift 80 - wobei jene „Schrift" eine von subjektiven Intentionen losgelöste archetypische Struktur vergleichbarer Größe darstellt, auf deren Gerüst ein breiter Horizont an mehrstimmigen Deutungsmöglichkeiten aufgespannt werden kann. Nach diesem Verständnis kann die „Autorillusion" folglich die Interpretation eines Textes beharken, erst nach dessen Befreiung ist es möglich, die textliche Grundlage „unabhängig" davon zu rezipieren.

Ohnehin lohnt es sich genauer zu fragen, in welchen Rahmen Barthes die Autorkategorie setzt, deren Verschwinden er aus der literaturwissenschaftlichen Methodik im Titel plakativ gefordert hat. Als Ausgangspunkt führt er den Autor auf seine ursprüngliche Mediumfunktion in archaischen Kulturen zurück81. Der Erzähler selbst habe zwar durch die performance - der „Beherrschung des Erzählcodes" - in Erscheinung treten können. Die vermeintliche künstlerische Kreativität des Autors reduziert Barthes jedoch auf den handwerklichen Aspekt des Schreib- bzw. Erzählakts und sieht in dem scripteur82 lediglich den Produzenten eines vorgegebenen Sprachmaterials83. Somit weist Barthes dem Autor ausdrücklich nur eine phatische Funktion84 in der Übermittlung von Material zum Rezipienten zu85, spricht ihm außerdem jede genieästhetische Relevanz bei der autonomen Komposition des Erzählstoffs ab, indem er den Erzählstoff zum intertextuellen86 „Gewebe von Zitaten" erklärt 87. Anders formuliert: Wie ein Interpret eines nationalen Liedguts besitzt auch der Erzähler/Autor im Sinne Barthes kein „Copyright" über tradierte Erzählformen, da diese wie ein traditionelles Volkslied in denselben oder ähnlichen Strukturen von Generation zu Generation weitergegeben werden.

Dieses Verständnis verdeutlicht, dass Barthes der Autorkategorie jede Gestaltungsfreiheit abspricht und die Autorfigur lediglich als notwendige Durchgangsstation im Erzählablauf sieht - zumal er darüber hinaus den Autor als soziales Konstrukt und Erfindung der modernen, individualisierten Gesellschaft klassifiziert88. Insbesondere der Positivismus habe der „modernen Figur" des Autors einen falschen Wert beigemessen, der sich (zum Ärger Barthes) in autobiographischen Deutungsmustern verschiedener Provenienzen (Tagebüchern, Zeitungsinterviews etc.) niedergeschlagen hat89. Die Folgen: Hauptsächlich die „Person des Autors"90 wird durch die beschriebene Entwicklung zum Sinnangebot und Mittelpunkt des literaturwissenschaftlichen Analyseprozesses, die vorliegende literarische Struktur aber entrückt in die Bedeutungslosigkeit als Zeugnis autobiographischen Schaffens.

Jedoch ist auch die Deutung der Autorintention nicht endgültig bestimmbar. Ohnehin ist der Sinn eines Textes ständig im Wandel begriffen. Um dem intertextuellen und eigendynamischen Charakter literarischer Texte gerecht zu werden, fordert Roland Barthes deshalb die Entwicklung einer neuen, rein auf den Text ausgerichteten Lesart; diese soll sich dem Rückgriff auf die Autorintention entledigen und sich zur Aufgabe machen, die verschwommenen Sinngebungsstrategien zu entwirren, damit die Texte zu einer vom Entstehungskontext abgelösten ecriture werden können91. „Die Geburt des Lesers ist zu bezahlen mit dem Tod des Autors"92 - mit diesen Worten schließt Barthes Aufsatz und überlässt dem Rezipienten das Feld der Textinterpretation.

La mort de l'auteur leistet als rhetorisch wirkungsvolle Forderung nach der Absetzung des Autorbegriffs einen potenten Ansatz, um auf narratologischer Ebene das Geflecht von Autorfigur, Erzähler, Protagonisten zu entknäulen. Barthes Einsatz für eine ursprunglose Literatur gegen die seit dem 19. Jahrhundert vertretenen psychologisierenden und autobiographischen Lesarten hat sich heute in der Literaturwissenschaft zu einer fruchtbaren Debatte um die Bedeutung des Autors entwickelt, die sich etwa in Michel Foucaults Text Was ist ein Autor? (1969) unmittelbar fortsetzte.

Barthes Standpunkt lässt sich insofern zusammenfassen, dass sich in einem Text nichts weiter außer der Sprache selbst ereignet. Der Autor verleiht ihr (als Kanal) nur seine Stimme - ob in einer Erzählung, einer Autorenlesung oder in neuerer Form bei der Aufnahme eines Hörbuchs bzw. Fernseh- oder Radioauftritts. Das paratextuelle Beiwerk des Autors, wie Kleidung, Herkunft, Mode oder Äußerung sind nach Barthes Verständnis indes obsolet und werden ausgeklammert. Gerade letztere Punkte machen deutlich, dass Roland Barthes Aufsatz ohne jeden Zweifel diametral den multimedialen Selbststilisierungen gegenüber steht und sich folglich die Annahme des Autortods als Konzept überholt hat.

Will man Autorinszenierungen in die literaturwissenschaftlichen Analysen integrieren, stößt Barthes voreiliger Ruf nach dem Tod des Autors hier ohnehin an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. Die Gründe dafür sind gleichermaßen in Barthes Forderung nach einer ausschließlich textimmanenten Interpretation, wie in dessen eigener Operation auf der Textdeutungsebene zu finden. So unterschlägt Barthes Modell der (Nicht-)Autorschaft nicht nur jede außertextliche Kategorie, sondern verwehrt sich dadurch auch der Untersuchung jeglicher paratextueller Erscheinungen, in die Autorinszenierungen einzuordnen wären93

2.3 Boris Ejchenbaum - Das literarische Leben

Es wird oft vergessen, dass die Diskussion über das Vorhaben, außerliterarische Einflüsse in die literaturwissenschaftliche Forschung zu integrieren und dem autobiographischen Leben des Autors Gewicht zu verleihen, bereits im Jahr 1929 mit dem russischen Formalisten Boris Ejchenbaum ihren Ursprung genommen hat. In Das literarische Leben94 postuliert Ejchenbaum die Idee, über die streng formalistischen Überlegungen hinauszugehen und das literarische Leben95 in die Literaturwissenschaft einzubeziehen, um den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Umwälzungen der russischen Revolution Rechnung zu tragen96.

Allerdings sieht Ejchenbaum in den außerliterarischen Phänomenen lediglich Hilfswerkzeuge für die literaturwissenschaftliche Disziplin, um Wechselwirkungen und Beziehungen zwischen dem literarischen Leben und dem sich ständig verändernden literarischen Faktum zu formulieren97. Ejchenbaum unterstreicht, dass diese Erkenntnisse nur dazu benutzt werden sollten, um die „spezifischen Eigenschaften und die Beziehungen zwischen den Erscheinungen festzustellen"98, jedoch nicht, um die argumentative Basis für ein kausales Bedingungsverhältnis zu bilden. Infolgedessen kritisiert er die Vorgehensweise der „literarischen Sozialisten"99, die nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung literarische Werke als Ergebnisse aktueller politischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Verhältnisse erforschen - und damit die auf den Autor einwirkenden Einflüsse als Textaussage heranziehen100. Es ist unschwer zu erkennen, dass sich Barthes und Ejchenbaums Aufsätze eines ähnlichen Untersuchungsgegenstands bedienen. Beide erörtern die Beziehung von inner- und außertextlichen Elementen unter verschiedenen Gesichtspunkten. Dabei thematisieren sie aber nur bedingt die Rolle des Autors und gehen dessen unbestimmten Status nicht auf den Grund. Mit Antworten auf die Fragen, was man konkret unter einem Autor zu verstehen hat oder welche Einflussmöglichkeiten der Schriftsteller auf die Wechselwirkungen zwischen Welt, Werk und Leben einnehmen kann, können weder Barthes noch Ejchenbaum dienen.

2.4 Michel Foucault - Was ist ein Autor?

Einen ersten Schritt in diese Richtung machte erst Michel Foucault mit dem Text Qu'est-ce qu'un Auteur?101. Sein eingeführtes Modell der Autorfunktion entspricht nicht dem empirischen Autor „aus Fleisch und Blut", leitet sich jedoch von dessen Werk und öffentlichem Auftreten ab 102. En contraire zu Barthes stellt Foucault nicht das Vorhandensein oder die Bedeutung des Autors für den Kulturdiskurs in Frage103 („Je n'ai pas dit que l'auteur n'existe pas"104 ), sondern weist ihm - insbesondere als fonction classificatoire - eine Ausnahmestellung im literarischen Diskurs zu105:

Ein Autorname ist nicht einfach ein Element in einem Diskurs [...]; er besitzt in Bezug auf andere Diskurse eine bestimmte Rolle: er garantiert ihre Einteilung.106

Dabei setzt sich Foucault in unterschiedlichen Blickwinkeln mit den Wirkungsmechanismen von Autorname, Autorfunktion und dem Autor als Diskursivitätsbegründer auseinander 107. Autorschaft wird bei ihm als Funktion eines Diskurses, das heißt auch eines historischen Konzepts, verstanden 108. Insbesondere dem Autornamen als Eigennamen spricht er eine große Relevanz als fonction classificatoire im literarischen 109 Diskurs zu110

1. Autorname: man kann ihn nicht wie eine festgelegte Beschreibung behandeln; aber man kann ihn ebensowenig wie einen gewöhnlichen Eigennamen behandeln.
2. Aneignungsverhältnis: der Autor ist genaugenommen weder der Eigentümer seiner Texte, noch ist er verantwortlich dafür; (...)
3. Zuschreibungsverhältnis: der Autor ist sicherlich derjenige, dem man das Geschriebene oder Gesagte zuschreiben kann. Aber die Zuschreibung - selbst wenn es sich um einen bekannten Autor handelt - ist das Ergebnis komplizierter kritischer Operationen. (...)111

Die psychisch konstruierte Zuschreibung, die einem Autornamen anhaftet, geht somit aus unserer Projektion hervor, wie ein Autorsubjekt auf spezifische Weise seine Texte komponiert112. Mithilfe des Autorbegriffs „können Einheiten konzipiert werden, sei es ein einheitliches Wertniveau, ein einheitliches Feld eines begrifflichen und theoretischen Zusammenhangs, stilistische Einheit oder ein einheitlich historischer Moment"113. Nach diesem Verständnis schnürt der Autorbegriff nach innen ein Paket aus spezifischen symptomatischen Prinzipien, gleichzeitig exponiert der Eigenname ein berechenbares ästhetisches Konzept nach außen und reduziert die Komplexität an wahrscheinlichen Ausdrucksmöglichkeiten auf eine Teilmenge in Differenz zur Gesamtheit aller Fälle:

Die „fonction classificatoire" hilft eine Reihe von Texten abzugrenzen, zuzuordnen und in einen Diskurszusammenhang zu stellen. Ausdrücklich gelingt über den Autornamen ein intertextueller Bezug zu anderen Texten. Aber die klassifikatorische Funktion ist nach Foucault vor allem textuell (wenn auch nicht in seiner Funktion auf einen Text) zu denken, da der Autorname keinen Ort „dans l'etat civil des homme" habe. 114

Ungeachtet seines Eigenwerts lässt sich ein Autorname im literarischen Feld in Relation zu anderen positionieren, da sein Konstruktionsprinzip entweder der einen Reihe oder der anderen ähnelt bzw. entspricht. Damit lässt sich eine Gruppe von Texten klassifizieren (wobei nicht alle notwendigerweise vom gleichen Autor stammen müssen), die zusammen eine „Diskursformation" - so Foucault - bilden (hier wären etwa die Autoren der Gruppe 47 zu nennen, die zumindest in ihren Anfangsjahren als homogen betrachtet werden können)115.

2.5 Dirk Niefanger - Label und Logo

Foucaults diskurszentriertes Modell macht Dirk Niefanger zum Ausgangsmodell seiner Untersuchung zu Autor, Label und Logo116. Dabei zieht er Foucaults Überlegungen zur fonction classificatoire als theoretischen Grundstock heran. Seine Untersuchung handelt davon, wie sich die Autorfunktion zum einzelnen Text und zum überlieferten empirischen Autor und dem Habitus117 verhält. Niefanger diskutiert, wie sich die Bezugspunkte des Autornamens (eine Verknüpfung von „Diskurs, empirischer Autor und Texte bzw. andere Produkte") je nach historischem Kontext untereinander bedingen118. Dabei rückt nicht die Beziehung des Autors zum eigentlichen Text in den Mittelpunkt, sondern die Relation zwischen dem Autornamen als außertextliches Label, das ein „interpretatives Verhältnis" (Niefanger) zum Werk einnimmt119.

Niefanger schlägt damit eine Richtung ein, die auch außertextliche Elemente in ihre Analyse miteinbezieht. Diese ist gleichzusetzen mit einer Lossagung von Foucaults Standpunkt vom Autor als „entmaterialisiert[e] Funktion, als diskursiver Effekt120 (Künzel), der „ausschließlich auf die Diskursebene bezogen bleib[t] .121 Mehr noch weitet Niefanger den Blickwinkel auf diejenigen Felder aus, die Gerard Genette mit seiner Paratext-Theorie122 erfasst hat:

[Genette] analysiert den Autornamen (wie den Titel, das Vorwort, die Widmung oder das Motto) als Paratext im engeren Sinn, nämlich als textuelles Rahmenstück des Haupttextes. Er steht - wie jeder Paratext - in einem engen und komplexen Verhältnis zu diesem, ist aber keineswegs sein Bestandteil, sondern stellt eine andere Ebene im Textensemble dar, das das Werk (oder das Buch) als Ganzes ausmacht. Der Autorname steuert die Lektüre des Haupttextes, er informiert gegebenenfalls [...] über den Ort des Textes im Diskurs, über den Urheber oder den Besitzer der Urheberrechte, aber auch über den empirischen Autor oder ein bestimmtes Bild desselben.123

Demzufolge begreift Niefanger die Funktion des paratextuellen Autornamens als Zugang zum Haupttext, die eine „bestimmte Rezeptionsweise" steuert124. Wie ein Hinweisschild, das auf ein Produkt aufgeklebt wird, ist auch der Eigenname des Autors auf einem Buch platziert; jene Autormarke enthält eine (vermeintlich) unikale Eigenschaft, als Zeichen ist sie semantisch „vorbelastet" und an einem spezifischen Punkt des literarischen Raumes verortet. So formuliert (oder zumindest: skizziert) der Autorname bereits vor der ersten Zeile des Haupttextes eine Erwartungshaltung und steuert damit eine bestimmte Lesart:

Statt von einer „fonction classificatoire" könnte in diesem Fall eher von einem „Label" gesprochen werden, das als Etikett, Ordnungshilfe, Qualitätsbezeichnung usw. fungiert. [...][Der Autorname] gibt Hinweise über den Wert (etwa das latente symbolische Kapital] eines Textes, über dessen Positionierung im jeweiligen Diskurs und den Ort des Autors im kulturellen Feld; er vermittelt ein Image und verspricht eine bestimmte Qualität. Daß diese Hinweise verschlüsselt, ja, kompliziert codiert sind, versteht sich von selbst.125

Paradoxerweise ist die Einheitlichkeit, aus der das Autorlabel vorgibt zu bestehen, keineswegs ein unhinterfragbares Gebilde, sondern eine künstliche Schöpfung, die den Leitlinien ökonomischer und kultureller Gesetze (v.a. den Strategien des Marketings) folgt:

[Der Autorname] steht nicht für ein einheitliches Produkt, sondern für eine Produktpalette mit unterschiedlichen Qualitäten; er suggeriert aus ökonomischen und kulturpolitischen Gründen eine Einheitlichkeit, die einer genaueren Betrachtung der Texte häufig nicht standhält.126

Will sagen: Wenn man die zur Schau gestellten Attribute addiert, entsteht ein Image, das Niefanger Label nennt. Eine Lücke dieses deskriptiven Ansatzes ist jedoch, dass der Labelbegriff relativ statisch gefasst ist und nicht auf die Veränderungen eingeht, die ein Künstlerimage im Laufe verschiedener Produktionsphasen erfahren kann. Zusammengefasst kann man Niefangers Überlegungen zum LabelBegriff als positiven Beitrag zur Autorforschung vermerken, da er die über Jahrzehnte zurückgedrängte Autorkategorie neu belebt hat. Zum einen stützt sich das ausgearbeitete Konzept auf verschiedene fundierte und angesehene Theorieansätze. Zum anderen - was fast noch wichtiger ist - entwirft Niefanger mit Logo127 und Label spezifische begriffliche Werkzeuge, mit denen nachvollzogen werden kann, dass der Autorname sich nicht als beliebiger, irrelevanter Zusatz im Werkkontext, als bloße Formsache erweist, sondern als Wirkungselement zentral einzuordnen ist, was im Besonderen in der Auseinandersetzung mit den innertextlichen und außertextlichen Inszenierungen Christian Krachts terminologisch Verwendung finden wird.

2.6 Inszenierung, Maskerade und Theatralität - Der Autor als Schauspieler

Mit den Überlegungen zu Niefanger wurde jener Abschnitt eingeleitet, der sich jüngeren Forschungserträgen zu Entwürfen von „theatraler" Autorschaft und autorpoetischen Selbstinszenierungen auseinandersetzen soll. In Anbetracht des relativ engen Korsetts dieser Ausarbeitung soll nicht auf alle Ansätze eingegangen werden128, es werden lediglich diejenigen beleuchtet, die entweder einen substanziellen oder diskutierbaren Beitrag zur Autorinszenierung geleistet haben.

Zunächst möchte ich darstellen, was die bisher erarbeiteten Konzepte zur Autorschaft mit Inszenierungsstrategien verbindet. Allen voran steht die Tatsache, dass eine hermetische Abtrennung der Kategorien Werk und Autor deshalb nicht möglich ist, da beiden literarischen Erscheinungen eine soziale Genese vorangeht, welche die beiden Fälle - wenn auch nicht gegenseitig bedingt, dann doch - miteinander verbindet129. Weil der literarische Text deshalb in manchen Fällen, je nach Intensivität des Verbindungsverhältnisses Werk - Autor, nicht isoliert betrachtet werden kann, ist es durchaus ratsam, auch die Eigenleistung des Autors in die Analyse miteinzubeziehen.

Ein ergiebiger Ansatz, auf den zuletzt Niefanger verwies ist etwa, Selbstinszenierungen von Autoren als Form von Paratext, konkreter als Epitext130 zu verstehen. Jörg Döring hat einen Aufsatz den paratextuellen Effekten von Tristesse Royale gewidmet. Unter dem Verweis auf Gerard Genette beschreibt er einleitend die Gemeinplätze, an denen sich paratextuelle Inszenierungen äußern:

Unter Paratext versteht Genette das „Beiwerk", den „Begleitschutz" des literarischen Textes: zum einen das Ensemble „verbaler wie auch nichtverbaler Produktionen" wie Autorname, Titel, Buchcover, Ausstattung, Klappentext, Vorwort und Il lustrationen, durch das ein Text erst zum Buch wird. Solche Paratexte, die zum Korpus des Buches gehören und den literarischen Text einem Mantel gleich (im wörtlichen wie im übertragenen Sinne) ,einkleiden', nennt Genette Peritext. Zum anderen solche Texte, die in räumlichem Abstand zum Buchkörper angesiedelt und doch auf ihn bezogen sind. Genette nennt sie Epitext: so wie Interviews oder öffentliche Selbstkommentare der Autoren, verlegerische Texte oder privater Epitext wie Tagebücher, Briefäußerungen und mündliche Mitteilungen. Die Summe aus „Peritext + Epitext", so lautet Genettes Formel, ergibt den „Paratext".131

Damit ist ein weites Feld gespannt, das eben bereits Dirk Niefanger vermessen hatte:

Autorinszenierungen finden sich heute in den unterschiedlichsten Medien, in der Literatur selbst, in deren materiellem Umfeld wie auf Buchrücken und Klappentexten, auf Fotos, in Interviews, im Internet, in Fernsehshows oder Videoclips. Sie nehmen dort zwar selbst häufig fiktive oder zumindest stark stilisierte Züge an, sie dienen aber dennoch dazu, die tatsächliche Position des Autors im literarischen Feld zu stärken.132

In der späteren Analyse wird Genettes Paratexte das methodische Hauptwerk sein, auf das sich meine Untersuchung zur paratextuellen Inszenierung der Kunstfigur Christian Kracht stützen wird. Dennoch soll vorher von dieser abstrakten Ebene abgesehen werden, wie auch Christine Künzel kritisierte, Genettes Konzept würde den Aspekt der Körperlichkeit verdrängen und zu bedenken gab, der Autor sei zunächst als ,leibhaftige' Person zu sehen 133.

Diese zwei Gedankengänge sind keine unvereinbaren Standpunkte. Als besondere Eigenheiten, die den individuellen Autorkörper formen, fallen einem etwa Attribute wie Kleidung, Frisur, Make-Up und Accessoires ein. Aber auch der Stimme wird eine semantische Bedeutung in Rückkopplung auf die Rezeption von Werken zugeschrieben; insbesondere, wenn der Autor selbst als Sprecher im Aufnahmestudio in Erscheinung tritt134, wie dies bei Christian Kracht der Fall ist, der im Hörbuch Faserland seinem schnöseligen Ich-Erzähler in einer monotonen, gelangweilten Tonlage einen unverwechselbaren Sound verpasst 135.

Wie der Körper als diskursiv und performativ begriffen werden kann, beschreibt der Text Das Unbehagen der Geschlechter136. Judith Butler kommt darin auf diePsychoanalytikerin Joan Riviere zu sprechen 137, die das Konzept der Maskerade von geschlechtstypischen Verhaltensweisen im Jahr 1929 auf Frauen anwandte, welche sich in der männlich dominierten beruflichen Domäne durch eine affektierte Inszenierung femininer Rollenstereotypen versuchten, wobei durch den Tabubruch die befürchtete Angst und Vergeltung der Männer abgewendet werden sollte 138.

Maskerade ist demnach ein Spiel mit Rollen, Klischees und Machtverhältnissen. Sie hebt die ausdrucksstarke, strategische Seite der Geschlechterrolle hervor und äußert sich in einem über den Körper überformten Inszenierungsakt. Performativität meint das Konkretisieren und Ausführen einer Sprechhandlung. Im besonderen Fall artikuliert sie sich durch ein intendiertes symbolisch ausstaffiertes Handeln, wodurch Botschaften über den Körper als Medium nach außen projiziert werden können. Dieser Vorgang formt eine subjektiv-künstlich angelegte Identität aus, die sich in der Gender-Theorie als Schutzwall vor die befürchteten Ängste stellt. Dieser Gedankengang lässt sich freilich auch auf männliche Inszenierungen übertragen und an textlichen und außertextlichen Phänomenen, wenn auch mit Vorsicht, fortführen. Ein Beispiel ist etwa das Gruppenbild auf der Erstausgabe von Tristesse Royale, auf dem die Herren ihre ausgestellte männliche Geschlechterzugehörigkeit in Text und Bild performativ genau so als bleibender Wert in die Welt setzen, was sie spielerisch ausstellen 139.

Thomas Borgstedt führt Judith Butlers Idee weiter, indem er das MaskeradeKonzept auf „popliterarische Reinszenierungen männlichen Geschlechtsverhaltens"140 der Autoren Christian Kracht und des Franzosen Michel Houellebecq überträgt. Deren Performance zeichne sich durch das Spiel mit ironischen Affirmationen von Gender-Rollen aus. Houellebecqs und Krachts Versteckspiel mit Geschlechter-Stereotypen liest Borgstedt als Kompensationsversuch, der auf einen symbolischen Mangel an Männlichkeit rekurriert141. Das männliche Geschlechtsgebaren sieht Borgstedt als nach außen getragene Antwort, die auf die Frage des Geschlechterverhältnisses übertrieben zur Schau gestellt wird142. Die Schriftsteller Houellebecq und Kracht seien sich in dem Punkt ähnlich, indem sie als Inszenierungsakteure mit Provokationen und politischer Inkorrektheit kokettierten, und sich in bewusst-ironischen Haltungen zu gesellschaftlich tabuisierten Diskursen äußerten, um auf die gesellschaftlichen und geschlechtlichen Folgen der 1968er- Kulturrevolution zu reagieren143.

Ist das Autordasein also ein intendiertes Spiel mit Klischees, der Autor ein Schauspieler mit Maske, seine Bühne die Literarität? Titel, wie Klaus Bartels Untersuchung zu Stefan George „Die zwei Körper des Dichters"144 legen eine solche Annahme nahe. Vor allem kultur- und theaterwissenschaftliche Untersuchungen zeugen von einer Abkehr von textuell basierten Analysen zugunsten eines Schwerpunkts auf Inszenierungspraktiken des Autors. Augenscheinlich sind die Fachausdrücke Inszenierung und Theatralität zentrale Bestandteile dieser Betrachtungsweise, wenn auch häufig angeführt und zitiert, mangelt es vielen Aufsätzen einer fundierten Konkretisierung. Um einen ähnlichen Mangel an terminologischer Unschärfe zu vermeiden, möchte ich zunächst eine kurze Begriffserklärung herleiten.

Achtung verdienen die wegbereitenden Arbeiten der Theaterwissenschaftlerin Erika Fischer-Lichte, die dem Theatralitätsbegriff (auf der Grundlage Nikolai Evreinovs 145 ) zwei Geltungsbereiche zugeschrieben hat: Während Fischer-Lichte dem Terminus einerseits eine rein auf die ästhetische Eigenart als Kunstform bezogene Variante bestimmt, konzipiert ihn die zweite Variante als eine anthropologische, rezeptionsästhetische Kategorie146, als „kulturerzeugendes Prinzip"147 im „Modus der Zeichenverwendung durch Produzenten und Rezipienten 148, als kreisförmigen Prozess, der quasi als menschliches Zusammenspiel von Darstellern und Zuschauern funktioniert (in eigenen Worten: schöpferisches Hervorbringen der Theatralität über das Medium der Körperlichkeit; Anschlussreaktion149 der Rezipienten als unterschiedliche Bewertung nach dem binären Code 150 „theatral/nicht-theatral", abhängig von der jeweiligen Perspektive)151. Im Ganzen betrachtet erwähnt Fischer-Lichte vier Aspekte, die den generell auf Kultur bezogenen Begriff der Theatralität näher bestimmen:

1. den der Performance, die als Vorgang einer Darstellung durch Körper und Stimme vor körperlich anwesenden Zuschauern gefaßt wird und das ambivalente Zusammenspiel aller beteiligten Faktoren beinhaltet;
2. den der Inszenierung, der als spezifischer Modus der Zeichenverwendung in der Produktion zu beschreiben ist;152
3. den der Korporalität, der sich aus dem Faktor der Darstellung bzw. des Materials ergibt, und
4. den der Wahrnehmung, der sich auf den Zuschauer, seine Beobachterfunktion und - perspektive bezieht.153

In der Weiterentwicklung dieses Ansatzes setzt sich Doris Bachmann-Medick 154, unter anderem in Anlehnung an Michail Bachtins Theorie des Karnevals und des Dialogischen155 mit dem Begriff performative turn auseinander, mit dem sie nicht weniger als einen neuen wissenschaftlichen Umgang mit dem konventionellen Textbegriff proklamiert156. Die Betonung auf den Inszenierungsaspekt verteidigt Bachmann-Medick durch das Aufkommen diverser „Performationsschübe"157 ' seit den 1960er Jahren: Ereigneten sich Inszenierungen anfangs auf gesellschaftlich abgeschotteten künstlerischen Schauplätzen - etwa in Form von PerformanceKunst der 60er Jahre, Aktionskunst oder experimentellen Theater, „die den Aufführungscharakter des Ästhetischen betont[en] und Ereignisse statt Werke in Szene setzt[en]158 - haben sich Inszenierungen auf gesamtgesellschaftliches Panorama ausgeweitet und innerhalb weniger Jahre auch Eingang in die Alltagskultur gefunden159.

Bachmann-Medick spricht von einer „in die Gegenwart reichende[n] Theatralisierung der Lebenswelten durch Medieninszenierungen und Informationsvisualisierungen - bis hin zum Computer als Bühne für Internet-Auftritte. Entscheidend ist hier das Phänomen der durchgreifenden Theatralisierung der gegenwärtigen Medien- und Inszenierungsgesellschaft, (...) [in der] sich die Subjekte nach dem Verlust fester Orientierungsvorhaben weitgehend durch Selbstinszenierung in ihrer Gruppenzugehörigkeit erkennbar machen müssen"160. Kurzum: Als antistrukturkritische Auslegung richtet der performative turn das Schlaglicht auf „die Ausdrucksdimension von Handlungen und Handlungsereignissen bis hin zur sozialen Insze nierungskultur 161, wobei der Ansatz grundsätzlich der Textgenese als sozialen Prozess Rechnung trägt und gleichzeitig versucht, durch die Vorstellung von „Text als Kultur"162 für den Aufführungscharakter von Kultur zu sensibilisieren163. Demnach liegt die Entdeckung des performative turn vor allem darin, dass sich alle Äußerungen als Praktiken und damit immer auch als Inszenierungen bzw. Performances begreifen lassen164:

Performanz, Performance und Performativität werden zu neuen kulturwissenschaftlichen Grundbegriffen. Sie beziehen sich auf das Gemachtsein von Sprache und Wirklichkeit und dienen der Analyse von sozialen Selbstdarstellungen ebenso wie von Formen politischer Theatralität bis hin zu Schauplätzen militärischer Konflikte. Wie kann man mit Sprache Handlungen auslösen, wie wird Wirklichkeit produziert und in Szene gesetzt? Während sich die Textkategorie eher auf die Sedimentation von Bedeutungen richtet, geht es hier um die Frage, durch welche Handlungsvollzüge (kulturelle) Bedeutungen erzeugt werden165 Die Semantik von Kunst, die ursprünglich an das Werk gebunden war, weitet sich damit aus - und wird auch zu einer Frage nach dem inszenierten Lebensstil des Künstlers. Vor allem Pop lebt von Aufführungscharakter und der „Ästhetik des Performativen"166, dessen Mythos sich aus dem Versprechen auf Non-Konformität, der Negierung des Gewöhnlichen sowie der Authentizität des Unverwechselbaren speist167.

2.7 Forschungsstand zur Autorinszenierung Christian Krachts

Auf den ersten Blick sind Einwände innerhalb der traditionell analytisch- textlastigen literaturwissenschaftlichen Disziplin durchaus berechtigt, weshalb „Oberflächenphänomene" wie das mise en scene des Autors Kracht überhaupt als relevante Gegenstände eines Ansatzes akzeptiert werden können. Doch der lange wie in Stein gemeißelte Glaubenssatz vom Tod des Autors ist seit wenigen Jahren im Begriff zu bröckeln. Forscher wie Till Huber oder Moritz Baßler, die sich mit deutschsprachiger Popliteratur befasst haben, erkennen hinter der vermeintlich belanglosen, zur Schau gestellten Hülle ein komplexes, semiotisches Spiel mit kulturellen Symbolen und Rekursen, eine „Poetik der Oberfläche 168, die Bezüge zwischen den sogenannten popliterarischen und popkulturellen Autorschaftskonzepten und dem ästhetischen Kompositionsprinzip des Dandyismus herstellt169.

Insbesondere Christian Kracht „als dem wohl einflussreichsten und vielgestaltigsten unter den 'Kiwi-Popliteraten'"170 wird in vielen Aufsätzen große Beachtung geschenkt. Dabei befassen sich die Untersuchungen - und das kann in diesem sensiblen Forschungsfeld, um Missverständnisse vorzubeugen, nicht oft genug betont werden - nicht mit psychologisierenden oder positivistischen Mutmaßungen, etwa, welche „Privatperson" sich hinter Christian Kracht verbirgt oder welche versteckten Antriebe des Krachtschen Seelenlebens für Inszenierungen und dessen Roman- und Textproduktion verantwortlich gemacht werden können.

Im Großen und Ganzen sehen jene Untersuchungen in Krachts Selbstentwürfen ein Verfahren kompositorischer Autorpoetik, die sich in an der „Oberfläche" manifestierten Motiven äußert, als komponierte und inszenierte Identität, die sich der poetischen Funktion der Ästhetik, der sozialen Distinktion und Provokation und des Non-Konformismus verpflichtet. Davon zeugen unter anderem Titel wie Der postmoderne Dandy - die Figur Christian Kracht zwischen ästhetischer Selbststilisierung und aufklärerischem Sendungsbewusstsein (Lettow)171 oder Dirk Niefangers Aufsatz Provokative Posen. Zur Autorinszenierung in der deutschen Popliteratur"172. Will man mehr über einzelne Kracht-Inszenierungen erfahren, ist die Anzahl an wissenschaftlichen Aufsätzen relativ ergiebig. Auch wenn die Lektüre keine kritischen Betrachtungen bereithält, ist hier in erster Linie die Aufsatzsammlun „Christian Kracht. Zu Leben und Werk" zu nennen".173

[...]


1 Wilde, Oscar: Das Bildnis des Dorian Gray. Übersetzt von Richard Zoozmann. O.O. 1992. Quelle: http://projekt.gutenberg.de. S. 3-4.

2 Süselbeck, Jan: Irony, over. Erschienen in Jungle World. Nr. 18. 06.05.2010. Quelle: http://jungleworld. com/artikel/2010/18/40880.html. Aufgerufen am 10.05.2012.

3 Birgfeld, Johannes und Conter, Claude D.: Vorwort. In: Ders. (Hrsg.): Christian Kracht. Zu Leben und Werk. Köln 2009. S. 9-10. Hier: S. 9.

4 Tillmann, Markus: Unheilige Allianzen: Christian Kracht, David Woodard und die Neue Rechte. In: Süddeutsche Zeitung. Erschienen am 13. September 2007. S. 16.

5 Ebd.

6 Birgfeld, Johannes und Conter, Claude D.: Vorwort. S.10.

7 „In dieser Sendung, sagte ich, dürfe es keinerlei Bild- oder Filmeinblendungen geben, keine Lieder oder Chansons, keine Szenen aus Romanen, keine Schriftsteller, die aus ihren Werken vorläsen oder, in einem Park spazieren gehend, diese Werke gültig erklärten. Auf dem Bildschirm sollten bei uns ausschließlich jene vier Personen zu sehen sein, die sich hier über Bücher äußern und, wie zu erwarten war, auch streiten würden." Reich-Ranicki, Marcel: Fragen Sie Reich-Ranicki. Gegen die heiligen Gesetze des Fernsehens. Erschienen in der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung am 29.06.2009, Nr. 147.

8 Lettow, Fabian: Der postmoderne Dandy - die Figur Christian Kracht zwischen ästhetischer Selbststilisierung und aufklärerischem Sendungsbewusstsein. In: Köhnen, Ralph (Hrsg.): Selbstpoetik 1800-2000. Ich-Identität als literarisches Zeichenrecycling. Frankfurt a.M. 2001. S. 285-S. 304. Hier: S. 299.

9 Bessing, Joachim (Hrsg.): Tristesse Royale. Das popkulturelle Quintett mit Joachim Bessing, Christian Kracht, Eckhart Nickel, Alexander v. Schönburg und Benjamin v. StuckradBarre. 4. Auflage. Berlin 2009. S. 23.

10 Bessing, Joachim (Hrsg.): Tristesse Royale. S. 23.

11 Gnüg, Hiltrud: Kult der Kälte. Der klassische Dandy im Spiegel der Weltliteratur. Stuttgart 1988. S. 17.

12 Broder, Henryk M. und Mohr, Reinhard: Die faselnden Fünf. In: Der Spiegel. Erschienen am 06.12.1999. Nr. 49. S. 264-265.

13 So ein Arbeitstitel von Schickedanz, Hans-Joachim: Ästhetische Rebellion und rebellische Ästheten. Eine kulturgeschichtliche Studie über den europäischen Dandyismus. Band 66. Frankfurt a.M. 2000.

14 Vgl. die Begriffe in: Barstad, Guri Ellen u.a. (Hrsg.): Dilettant, Dandy und Decadent. Band 1. Hannover-Laatzen 2004.

15 Kracht, Christian: Faserland. Köln 1995.

16 Vgl. Thon, Jan-Noel: Auto(r)fiktion. Zum vermeintlichen Zusammenfallen von auktorialer und narratorialer Stimme bei Christian Kracht und Benjamin von Stuckrad-Barre. Vortrag in der Veranstaltungsreihe: Poetik der Oberfläche. Die deutschsprachige Popliteratur der 1990er Jahre. Hamburg 2009. Quelle: http://lecture2go.uni-hamburg.de/veranstaltungen/-/v/141. Zuletzt aufgerufen am 24.04.2012.

17 Diese Gedanken sind Jan-Noel Thons Vortrag im Rahmen einer Ringvorlesung an der Uni Hamburg entlehnt. Ebd.

18 Greiner, Ulrich: Falsches Präsens. Erschienen in der Wochenzeitung ZEIT am 06.05.2009. Nr. 19. Zuletzt aufgerufen unter http://www.zeit.de/2009/19/Glosse-Literatur am 24.04.2012.

19 Vgl. Grabienski, Olaf u.a.: Auslotung der Oberfläche. In: Huber, Till u.a. (Hrsg.): Poetik der Oberfläche. Die deutschsprachige Popliteratur der 1990er Jahren. Berlin u.a. 2011. S. 1-9. Hier: S. 6.

20 Kracht, Christian: Der gelbe Bleistift. 3. Auflage. Köln 2000.

21 Vgl. Birgfeld, Johannes: Theaterauslöschung - Kunstbegehren. Krachts und Horzons Theaterstück Hubbard (2006) mit Seitenblicken auf Der Freund. In: Ders. und Conter, Claude D. (Hrsg.): Christian Kracht. Zu Leben und Werk. Köln 2009. S. 204-221. Hier: 204 f.

22 Zit n. Baßler, Moritz: Der deutsche Pop-Roman. Die neuen Archivisten. München 2002. S.115.

23 Die Harald Schmidt Show (12.10.2001). Sat 1. http://www.youtube.com/watch?v=GUJypXBsJJQ. Aufgerufen am 25.04.2012.

24 Zit. n. Schumacher, Eckhard: Omnipräsentes Verschwinden: Christian Kracht im Netz. In: Birgfeld, Johannes und Conter, Claude D. (Hrsg.): Christian Kracht. Zu Leben und Werk. Köln 2009. S. 187-201. Hier: S. 198: Eintrag vom 18. 5. 2008, hier zitiert nach Goetz, Rainald: Klage. Frankfurt/ M.: Suhrkamp 2008, S. 418.

25 Vgl. Baßler, Moritz: Der deutsche Pop-Roman. S. 133.

26 Vgl. zum Camp-Begriff: Sontag, Susan: Notes on „Camp" (1961). In: Everett, Sally (Hrsg.): Art Theory and Criticism. An Anthology of Formalist Avant-Garde, Contextualist and Post-Modernist Thought. Jefferson u.a. 1991. S. 96-109.

27 Zit. n. Domsch, Sebastian: Antihumaner Ästhetizismus. Christian Kracht zwischen Ästhetik und Moral. In: Birgfeld, Johannes und Conter, Claude D. (Hrsg.): Christian Kracht. Zu Leben und Werk. Köln 2009. S. 165-178. Hier: S. 178.

28 Domsch, Sebastian: Antihumaner Ästhetizismus. S. 172.

29 Vgl. Künzel, Christine: Einleitung. In: Künzel, Christine u.a. (Hrsg.): Autorinszenierungen. Autorschaft und Literarisches Werk im Kontext der Medien. Würzburg 2007. S. 15.

30 Vgl. den Titel von Niefanger, Dirk: Provokative Posen. Zur Autorinszenierung in der deutschen Popliteratur. In: Pankau, Johannes G. (Hrsg.): Pop-Pop-Populär. Popliteratur und Jugendkultur. Bremen, Oldenburg 2004.

31 Ziegler, Helmut: Die Woche. Zit. nach Kracht, Christian: Der gelbe Bleistift. Zitat auf dem Buchrücken.

32 Jung, Thomas K.: Ende gut, alles gut - Oder der Pop frißt seine Kinder. Thesen zur Popliteratur von ihrem Ende her erzählt. In: Johannes G. Pankau (Hrsg.): Pop Pop Populär. Popliteratur und Jugendkultur. Oldenburg 2004. S. 131-145. Hier: S. 145.

33 Frank, Dirk: Literatur aus reichen Ländern. Ein Rückblick auf die Popliteratur der 1990er Jahre. In: Huber, Till u.a. (Hrsg.): Poetik der Oberfläche. Die deutschsprachige Popliteratur der 1990er Jahren. Berlin u.a. 2011. S. 27-48. Hier: S. 39.

34 Vgl. Werber, Nils: Das graue Tuch der Langeweile. Der Dandy als Motiv und Verfahren der Literatur 1900/2000. In: Tacke, Alexandra und Weyand, Björn (Hrsg.): Depressive Dandys. Spielformen der Dekadenz in der Pop-Moderne. Köln, Weimar, Wien 2009.

35 Niermann, Ingo: Oberfläche. In: Huber, Till u.a. (Hrsg.): Poetik der Oberfläche. Die deutschsprachige Popliteratur der 1990er Jahren. Berlin u.a. 2011. S. 227-229. Hier: S. 228.

36 Niermann, Ingo: Die Erniedrigung im Werk und Leben Christian Krachts. In: Birgfeld, Johannes und Conter, Claude D. (Hrsg.): Christian Kracht. Zu Leben und Werk. Köln 2009. S. 179-186. Hier: S.181.

37 Vgl. Diez, Georg: Die Methode Kracht. S. 100-103. In: Der Spiegel. Nr. 7. Erschienen am 13.2.2012.

38 Tillmann, Markus: Unheilige Allianzen: Christian Kracht, David Woodard und die Neue Rechte. In: Süddeutsche Zeitung. Erschienen am 13. September 2007. S. 16.

39 Vgl. Diez, Georg: Die Methode Kracht. S. 103.

40 Vgl. Genette, Gerard: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Aus dem Französischen von Dieter Hornig. Frankfurt a.M. u.a. 1989. S. 9.

41 Vgl. Ebd. S. 328

42 Vgl. Ebd. Nach Genettes Definition lässt sich auch der Gesprächsband Tristesse Royale als Epitext begreifen.

43 Künzel, Christine: Einleitung. S. 16.

44 Luhmann, Niklas: Die Realität der Massenmedien. Opladen 1996. S.9.

45 Vgl. Werber, Nils: „Das graue Tuch der Langeweile". S. 67

46 Niermann, Ingo: Oberfläche. S. 227.

47 Ebd. S. 228.

48 Vgl. Klein, Gabriele: Pop leben. Lebensstil als Inszenierungsstrategie. In: Pankau, Johannes G.: Pop, Pop, Populär. Popliteratur und Jugendkultur. Bremen u.a. 2004. S. 17-26. Hier: S. 19.

49 Jung, Thomas K.: Ende gut, alles gut – Oder der Pop frißt seine Kinder. S. 134-135.

50 Explizit in: Döring, Jörg. Paratext Tristesse Royale.

51 Kracht, Christian: 1979. Köln 2003.

52 Kracht, Christian: Faserland. Köln 1995.

53 Jannidis, Fotis: Zwischen Autor und Erzähler. In: Detering, Heinrich (Hrsg.): Autorschaft. Positionen und Revisionen. Weimar, Stuttgart 2002. S. 540-556. Hier: S. 554-555.

54 Borgstedt, Thomas: Pop-Männer. Provokation und Pose bei Christian Kracht und Michel Houellebecq. In: Stephan, Inge und Winckler, Lutz (Hrsg.): Männlichkeit als Maskerade. Kulturelle Inszenierungen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Literatur-Kultur-Geschlecht. Band 18. Köln u.a. 2003. S. 221-245. Hier: S. 228.

55 Gemeint sind Faserland, 1979, Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten und Imperium.

56 Eine positive Ausnahme ist: Niefanger, Dirk: Der Autor und sein Label. Überlegungen zur fonction classificatoire Foucaults (mit Fallstudien zu Langbehn und Kracauer). In: Detering, Heinrich (Hrsg.): Autorschaft. Positionen und Revisionen. Weimar, Stuttgart 2002. S. 521-539.

57 Bis einschließlich das Jahr 2011.

58 Einschließlich und darüber hinaus zu Dandyismus und dem „Dandy“ Christian Kracht: Barstad, Guri Ellen u.a. (Hrsg.): Dilettant, Dandy und Décadent. Band 1. Hannover-Laatzen 2004; Bartels, Klaus: Trockenlegung von Feuchtgebieten. Christian Krachts Dandy-Trilogie. In: Huber, Till u.a. (Hrsg.): Poetik der Oberfläche. Die deutschsprachige Popliteratur der 1990er Jahren. Berlin u.a. 2011; Baßler, Moritz: Der deutsche Pop-Roman. Die neuen Archivisten. München 2002; Clarke,

David: Dandyism and Homosexuality in the Novels of Christian Kracht. S. 36-53. In: Whitinger, Raleigh (Hrsg.): Seminar. A Journal of Germanic Studies. Volume XLI. Number 1, February 2005. Toronto 2005; Gnüg, Hiltrud: Kult der Kälte. Der klassische Dandy im Spiegel der Weltliteratur. Stuttgart 1988; Grundmann, Melanie (Hrsg.): Der Dandy. Wie er wurde, was er war – eine Anthologie. Böhlau u.a. 2007; Lettow, Fabian: Der postmoderne Dandy – die Figur Christian Kracht zwischen ästhetischer Selbststilisierung und aufklärerischem Sendungsbewusstsein. In: Köhnen, Ralph (Hrsg.): Selbstpoetik 1800-2000. Ich-Identität als literarisches Zeichenrecycling. Frankfurt a.M. 2001; Stephan, Inge und Weigel, Sigrid (Hrsg.): Depressive Dandys. Spielformen der Dekadenz in der Pop-Moderne. Band 26. Köln 2009; Schickedanz, Hans-Joachim: Ästhetische Rebellion und rebellische Ästheten. Eine kulturgeschichtliche Studie über den europäischen Dandyismus. Band 66. Frankfurt a.M. 2000.

60 Amstutz, Nathalie: Autorschaftsfiguren. Inszenierung und Reflexion von Autorschaft bei Musil, Bachmann und Mayröcker. Wien 2004. S. 13.

61 Vgl. Jannidis, Fotis u.a. (Hrsg.): Rückkehr des Autors. Zur Erneuerung eines umstrittenen Begriffs. Tübingen 1999.

2 Der Begriff Inszenierung rekurriert auf das französische „mise en scene"; der Terminus wurde geprägt und ins Deutsche übernommen zu einer Zeit zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert während weitgreifender Veränderungen im Theaterwesen, u.a. als der Regisseur vom Arrangeur zum künstlerischen Schöpfer aufstieg. Nicht von ungefähr assoziiert man den Inszenierungsbegriff mit dem semantischen Feld des Theaters, zu dem Schlagworte wie Aufführung, Schauspieler/Darsteller, Leiblichkeit, Körper, Schauspiel, Spiel, Szene, Zuschauer/Beobachter, Wahrnehmung etc. gezählt werden. Vgl. Fischer-Lichte, Erika und Pflug, Isabel (Hrsg.): Inszenierung von Authentizität. Tübingen 2000. S. 14 f.

63 Vgl. Amstutz, Nathalie: Autorschaftsfiguren. S. 5-12.

64 Kleinschmidt, Erich: Autor. Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte, hrsg. von Harald Fricke, Bd. 1., A-G, 3. neubearb. Aufl., Berlin, New York 1997. S. 176-180. Hier: S. 176-177.

65 Vgl. Amstutz, Nathalie: Autorschaftsfiguren. S. 1.

66 Kleinschmidt, Erich: Autor. S. 178.

67 Vgl. Ebd. S. 177-179.

68 Vgl. Amstutz, Nathalie: Autorschaftsfiguren. S. 3. Zit n. Ebd.: Young, Edward: Gedanken über die Original-Werke. 1977 o.O. S. 46.

69 Ebd. S. 3 f.

70 Ebd. Kleinschmidt. S. 179.

71 Scholz, Bernhard F.: Alciato als emblematum pater et princeps. Zur Rekonstruktion des frühmordernen Autorbegriffs!. In: Jannidis, Fotis u.a. (Hrsg.): Rückkehr des Autors. Zur Erneuerung eines umstrittenen Begriffs. Tübingen 1999. S. 321-351. Hier: S. 324. Zitiert nach Niefanger, Dirk: Der Autor und sein Label. S. 523.

72 Vgl. Amstutz, Nathalie: Autorschaftsfiguren. S. 9.

73 Barthes, Roland: La mort de l’auteur. In: Manteia (1968). Deutsche Übersetzung v. Martinez, Matias in: Jannidis, Fotis et al (hrsg.): Texte zur Theorie der Autorschaft. Stuttgart. Stuttgart 2000. S. 185-193.

74 Amstutz, Nathalie: Autorschaftsfiguren. S. 12.

75 o.V.: Einleitung: Barthes, Roland: Der Tod des Autors. In: Jannidis, Fotis et al (hrsg.): Texte zur Theorie der Autorschaft. Stuttgart. Stuttgart 2000. S. 181.

76 Vgl. Amstutz, Nathalie: Autorschaftsfiguren. S. 12-13.

77 Vgl. o.V.: Einleitung: Barthes, Roland: Der Tod des Autors. S. 181.

78 Ebd. S. 185.

79 Vgl. Ebd. S. 185.

80 Ebd. S. 185.

81 Vgl. Ebd. S. 186.

82 Kommentar zum Begriff „scripteur": Noch im Mittelalter war das Schreiben bzw. Abfassen und Kopieren von lateinischen Schriften eine ars für spezialisierte Schreibkräfte in klösterlichen Skriptorien. Diese handwerkliche Tätigkeit kann jedoch nicht mit unserem heutigen Verständnis von Bildung und Alphabetismus gleichsetzt werden, da nur literati (die Gelehrten), nicht aber die scriptoris selbst, über die Lesefähigkeit der Werke verfügten. Einem scripteur wird in der Auffassung Barthes also eine ähnliche Funktion als medialem Kanal wie dem mittelalterlichen scriptor zugeschrieben.

83 Ebd. S. 185.

84 In Anlehnung an Jakobsons Kommunikationsmodell dominiert die phatische Funktion in Barthes Verständnis von einem ,neutralen' Erzählermedium. Vgl. phatische Funktion vs. emotive Funktion: „...die PHATISCHE Funktion, offenbart sich in einem überschwänglichen Austausch ritualisierter Formeln" (S. 91) im Vergleich zu „Die sogenannte EMOTIVE oder ,expressive' Funktion, die sich an den SENDER richtet, bringt die Haltung des Sprechers zum Gesprochenen unmittelbar zum Ausdruck." (S.89). Jakobson, Roman: Linguistik und Poetik (1960). In: Holenstein, Elmar; Schelbert, Tarcisius (Hrsg.): Jakobson, Roman: Poetik. Ausgewählte Aufsätze 1921-1971. 2. Auflage. Frankfurt am Main 1989. S. 83-119.

85 Vgl. Barthes, Roland: Der Tod des Autors. S. 186.

86 Zum Verhältnis von Autor und Intertextualität ist v.a. folgender Aufsatz hervorzuheben: Martinez, Matias: Autorschaft und Intertextualität. In: Jannidis, Fotis u.a. (Hrsg.): Rückkehr des Autors. Zur Erneuerung eines umstrittenen Begriffs. Tübingen 1999. S. 465-479. Darin vertritt Martinez u.a. die Auffassung: „Ich möchte in meinem Beitrag zeigen, daß der Verzicht auf den Autor [_] sachlich unhaltbar ist. Auf der Grundlage intertextualitätstheoretischer Argumente läßt sich der Autor aus der Textinterpretation nicht verabschieden. Vielmehr bleibt er selbst in Fällen von extremer Intertextualität ein notwendiger (wenngleich nicht hinreichender) Bezugspunkt der Interpretation. Eine Intertextualitätstheorie, die elementare Voraussetzungen ästhetischer Sinnbildung erfassen will, muß am Autorbegriff festhalten.“ Ebd. S. 466.

87 o.V.: Einleitung: Barthes, Roland: Der Tod des Autors. S. 181.

88 Vgl. Ebd. S. 186.

89 „Der Autor beherrscht immer noch die literaturgeschichtlichen Handbücher, die Biographien der Schriftsteller, die Zeitschrifteninterviews und sogar das Selbstverständnis der Literaten, die in ihren Tagebüchern, Person und Werk verschmelzen möchten. Unsere heutige Kultur beschränkt die Literatur tyrannisch auf den Autor, auf seine Person, seine Geschichte, seinen Geschmack, seine Leidenschaften." Ebd. S. 186.

90 Ebd.

91 Vgl. o.V.: Einleitung: Barthes, Roland: Der Tod des Autors. S. 182.

92 Ebd. S. 193.

93 Vgl. u.a. Niefanger, Dirk: Provokative Posen. S.89.

94 Ejchenbaum, Boris: Das literarische Leben. In: Striedter, Jurij (Hrsg.): Russischer Formalismus. Texte zur allgemeinen Literaturtheorie und zur Theorie der Prosa. 3. Auflage. München 1971. S. 462-481.

95 Das literarische Leben, das Ejchenbaum auch mit Genesis umschreibt, umfasst jene Merkmale, welche die Literatur zu einem bestimmten Zeitpunkt bedingen, etwa die soziale Stellung der Literatur und des Schriftstellers, die Relation zwischen Schriftsteller und Leser, sowie der Komplexitätsanspruch der Rezipienten bei der Lektüre. Vgl. Ejchenbaum, Boris: Das literarische Leben. S. 467

96 Vgl. Ebd. S. 465: „Mit anderen Worten, es besteht das Bedürfnis, neue Probleme aufzuwerfen und neue theoretische Hypothesen aufzustellen, in deren Licht sich diese vom Leben herausgestellten Fakten als bedeutsam erweisen". Vgl. außerdem Ebd. S. 467.

97 Vgl. Ebd. S. 475.

98 Ebd.

99 Ebd. S. 473.

100 Vgl. Ebd.

101 Foucault, Michel: Qu'est-ce qu'un Auteur? Originalfassung in: Bulletin de la Societe frangaise de Philosophie 64 (1969). S. 73-104. Auf Deutsch übersetzt: Foucault, Michel: Was ist ein Autor? In: Jannidis, Fotis et al (Hrsg.): Texte zur Theorie der Autorschaft. Stuttgart. Stuttgart 2000. S. 198229.

102 Vgl. Niefanger, Dirk: Der Autor und sein Label. Überlegungen zur fonction classificatoire Foucaults (mit Fallstudien zu Langbehn und Kracauer). In: Detering, Heinrich (Hrsg.): Autorschaft. Positionen und Revisionen. Weimar, Stuttgart 2002. S. 521-539. S. 523.

103 Vgl. Ebd.

104 Zit. nach Ebd.

105 Vgl. Künzel, Christine: Einleitung. S. 10.

106 Zit. nach Ebd.: Foucault, Michel: Was ist ein Autor? In: Ebd.: Schriften zur Literatur. Frankfurt a.M. 2003. S.244.

107 Vgl. Einleitung: Foucault, Michel: Was ist ein Autor? In: Jannidis, Fotis et al (Hrsg.): Texte zur Theorie der Autorschaft. Stuttgart. Stuttgart 2000. S. 194.

108 Vgl. Amstutz, Nathalie: Autorschaftsfiguren. S. 13.

109 „Eine Menge von Aussagen, die einem gleichen Formationssystem angehören, bilden einen Diskurs“. Einleitung: Foucault, Michel: Was ist ein Autor? In: Jannidis, Fotis et al (Hrsg.): Texte zur Theorie der Autorschaft. Stuttgart. Stuttgart 2000. S. 194. Unter Diskurs versteht man auch den mündlichen oder schriftlichen Gedankenaustausch, der sich mit einem bestimmten Thema oder Problem auseinandersetzt.

110 „Un nom d’auteur n’est pas simplement un élément dans un discours (qui peut être sujet ou complément, qui peut être remplacé par un pronom, etc.); il exerce par rapport aux discours un certain rôle: il assure une fonction classificatoire; un tel nom permet de regrouper un certain nombre de textes, de les délimiter, d’en exclure quelques-uns, de les opposer à d’autres. En outre il effectue une mise en rapport des textex entre eux.“ Zit. nach Niefanger, Dirk: Der Autor und sein Label. S. 523.

111 Foucault, Michel: Was ist ein Autor? S. 198.

112 Vgl. Einleitung: Foucault, Michel: Was ist ein Autor? S. 195.

113 Vgl. Ebd. S. 195.

114 Niefanger, Dirk: Der Autor und sein Label. S. 524.

115 Vgl. Ebd.

116 Vgl. dazu Niefanger, Dirk: Der Autor und sein Label.

117 Im Sinne Pierre Bourdieus. Vgl. hierzu: Bourdieu, Pierre: Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes. Übersetzt von Bernd Schwibs und Achim Russer. Frankfurt am Main 1999; Ebd: Zur Genese der Begriffe Habitus und Feld. In: Steinrücke, Margareta (Hrsg.): Bourdieu, Pierre: Der Tote packt den Lebenden. Hamburg 1997.

118 Vgl. Niefanger, Dirk: Der Autor und sein Label. S. 524-525.

119 Vgl. Ebd. S. 526.

120 Künzel, Christine: Autorinszenierungen. S. 10.

121 Niefanger: Der Autor und sein Label. S. 525.

122 Genette, Gérard: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Aus dem Französischen von Dieter Hornig. Frankfurt a.M. u.a. 1989.

123 Niefanger, Dirk: Der Autor und sein Label. S. 525.

124 Vgl. Ebd. S. 525.

125 Ebd. S. 525 und S. 526.

126 Ebd. S. 525.

127 Anmerkung: Da ich Label für diese Arbeit eine höhere Relevanz einräume, habe ich bewusst bei Logo auf eine nähere Bestimmung verzichtet. Nachzulesen beim zitierten Aufsatz von Dirk Niefanger.

128 Diejenigen, die sich neuerdings mit der Autorrolle in fiktionalen Texten auseinandersetzen, werden ganz ausgeklammert (was indes nicht an dem Wert deren Arbeit festzumachen ist) allen voran Jannidis, Fotis u.a. (Hrsg.): Rückkehr des Autors.

129 Unter Strukturalisten ist dies ein heikler, streitbarer Punkt, siehe: Ejchenbaum, Boris: Zur Frage der „Formalisten" (Überblick und Antworten). In: Günter, Hans und Hielscher, Karla (Hrsg.): Marxismus und Formalismus. Dokumente einer literaturtheoretischen Kontroverse. München 1973. S. 69-82. Hier: S. 78.

130 Genette, Gerard: Paratexte. S. 328 f.

131 Döring, Jörg: Paratext Tristesse Royale. S. 178.

132 Niefanger, Dirk: Provokative Posen. S. 87.

133 Vgl. Künzel, Christine: Einleitung. S. 11.

134 Vgl. Ebd. S. 11.

135 Christian Krachts hat sich als Sprecher neben seinen eigenen Romanen „Faserland“, „1979“ und „Ich werde hier sein, im Sonnenschein und im Schatten“ mittlerweile auch Fremdtexten gewidmet. Aufgeführt sind diese u.a. unter http://www.christiankracht.com/audio.htm. Aufgerufen am 30.03.2012.

136 Butler, Judith: Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt a.M. 1991. S. 75-93.

137 Vgl. Ebd. S. 83 f.

138 Vgl. Borgstedt, Thomas: Pop-Männer. S. 223-224.

139 Vgl. Glawion, Sven und Nover, Immanuel: Das leere Zentrum. Christian Krachts ‚Literatur des Verschwindens’. In: Stephan, Inge und Weigel, Sigrid (Hrsg.): Depressive Dandys. Spielformen der Dekadenz in der Pop-Moderne. Literatur-Kultur-Geschlecht. Band 26. Köln 2009. S. 101-120. Hier: S. 102.

140 Borgstedt, Thomas: Pop-Männer. S. 224.

141 Vgl. Ebd.

142 Vgl. Ebd.

143 Vgl. Ebd.

144 Bartels, Klaus: Die zwei Körper des Dichters. Stefan Georges Arbeit an seinem öffentlichen Gesicht. In: Künzel, Christine u.a. (Hrsg.): Autorinszenierungen. Autorschaft und Literarisches Werk im Kontext der Medien. Würzburg 2007. S. 25-46.

145 Vgl. Evreinov, Nikolai: Teatr dlja sebja [Theater für sich selbst]. St. Petersburg 1915; zit. n.: Fischer- Lichte, Erika u.a. (Hrsg.): Arbeitsfelder der Theaterwissenschaft. Band 15. Tübingen 1994.

146 Vgl. Fischer-Lichte, Erika: Theatralität und Inszenierung. In: Fischer-Lichte, Erika und Pflug, Isabel (Hrsg.): Inszenierung von Authentizität. Tübingen 2000. S. 11-27. Hier: S. 18-19.

147 Fischer-Lichte, Erika: Theatralität und Inszenierung. S. 18.

148 Ebd. S. 19.

149 Im systemtheoretischen Sinne Niklas Luhmanns.

150 Ebd.

151 Fischer-Lichte, Erika: Theatralität und Inszenierung. S. 18-19.

152 Ebd S. 20: „(...) und [mit Inszenierung] den Aspekt von Theatralität meint, der auf die schöpferische Hervorbringung zielt (...) In diesem Sinne meint der Begriff Kulturtechniken und Praktiken, mit denen etwas zur Erscheinung gebracht wird. Entsprechend wir Inszenierung als ein ästhetischer bzw. ästhetisierender Vorgang begriffen (...)".

153 Ebd.

154 Vgl. Bachmann-Medick, Doris: Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften. Hamburg 2006. S. 104-144.

155 Bachtin fixiert dabei den Karneval, die Lachkultur und die Sprache des Mittelalters und rückt die rituelle, kulturell-semantische Aufführungspraxis in den Mittelpunkt und fordert unter anderem die Anerkennung der „Vielstimmigkeit" des Textkörpers ein.

156 Hinsichtlich der Stichwörter „Theatralität" und „Authentizität" wären frühere, wegbereitende Arbeiten der Theaterwissenschaften zu nennen, insbesondere: Fischer-Lichte, Erika und Pflug, Isabel (Hrsg.): Inszenierung von Authentizität. Hier: S. 11-27, S. 59 f.

157 Ebd. S. 108.

158 Ebd. S. 108.

159 Vgl. Bachmann-Medick, Doris: Cultural Turns. S. 108.

160 Ebd.

161 Ebd. S. 104.

162 Vgl. Ebd. S. 106.

163 Vgl. Ebd. S. 104-106.

164 Vgl. Ebd. S. 107.

165 Ebd. S. 109-110.

166 Fischer-Lichte, Erika: Ästhetik des Performativen. Frankfurt a.M. 2004; Mersch, Dieter: Ereignis und Aura. Untersuchungen zu einer Ästhetik des Performativen. Frankfurt a.M. 2002. Zit n. Klein, Gabriele: Pop leben. In: Pankau, Johannes G.: Pop, Pop, Populär. Popliteratur und Jugendkultur. Bremen u.a. 2004. S. 17- 26.

167 Vgl. Klein, Gabriele: Pop leben. S. 21.

168 Huber, Till u.a. (Hrsg.): Poetik der Oberfläche. Die deutschsprachige Popliteratur der 1990er Jahren. Berlin u.a. 2011.

169 http://www.literatur-und-pop.de/poetik-der-oberflaeche/index.html. Aufgerufen am 04.04.2012.

170 Ebd

171 Lettow, Fabian: Der postmoderne Dandy - die Figur Christian Kracht zwischen ästhetischer Selbststilisierung und aufklärerischem Sendungsbewusstsein.

172 Niefanger, Dirk: Provokative Posen. Zur Autorinszenierung in der deutschen Popliteratur. In: Pankau, Johannes G. (Hrsg.): Pop-Pop-Populär. Popliteratur und Jugendkultur. Bremen, Oldenburg 2004. S. 85-101.

173 Birgfeld, Johannes und Conter, Claude D. (Hrsg.): Christian Kracht. Zu Leben und Werk. Köln 2009.

Ende der Leseprobe aus 99 Seiten

Details

Titel
Das Bildnis des Christian Kracht
Untertitel
Zur Selbstinszenierung des Autors Christian Kracht im Paratext
Hochschule
Universität Stuttgart
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
99
Katalognummer
V262569
ISBN (eBook)
9783656511199
ISBN (Buch)
9783656510680
Dateigröße
2380 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Untersuchung zu Christian Krachts Selbstinszenierung gehört zu den wenigen ihrer Art, die ihre Überlegungen auf eine breite theoretische Grundlage stützt. Im Mittelpunkt stehen Krachts Selbstdarstellung im Beiwerk der Bücher sowie die inszenierte Autor-Figur im Internet. Die Studie bewegt sich zwischen Theorien von Autorschaft, zur Analyse dienen strukturalistische und medienwissenschaftliche Methoden. Besonderen Fokus wird auf den Wikipedia-Eintrag von Christian Kracht gelenkt: Dabei wird offenbar, dass der Schriftsteller sein Wiki-Profil höchstwahrscheinlich mehrmals selbst geändert hat.
Schlagworte
Christian Kracht, Faserland, Imperium, Georg Diez, Skandal, Selbstinszenierung, Autorschaft, Autor, Paratext, Genette, Pop-Literatur, Pop, Dandy, Dandyismus, Dandysmus, Der gelbe Bleistift, Ästhetizismus, Wikipedia, Tristesse royale, Druckfrisch, Harald Schmidt, Oberfläche, Poetik der Oberfläche, Judith Butler, Maskerade, Distinktion, Umschlag, Autoren-Porträt, Autorinszenierung, Autor-Inszenierung, Facebook, Nordkorea, Versionsgeschichte, Manipulation
Arbeit zitieren
David Fischer (Autor:in), 2012, Das Bildnis des Christian Kracht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/262569

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