Funktionelle Veränderungen in humanen Vorhoftrabekeln bei chronischem Vorhofflimmern - In-vitro Untersuchungen mit dem selektiven Blocker des Na+/Ca2+-Austauschers SEA0400


Doktorarbeit / Dissertation, 2010

116 Seiten, Note: magna cum laude


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG
1.1 Das Ruhemembranpotential und das Aktionspotential
1.2 Das Aktionspotential und das Remodeling im Vorhofflimmern
1.3 Die elektromechanische Kopplung
1.4 Der Na+/Ca2+-Austauscher
1.4.1 Der Aufbau des Na+/Ca2+-Austauschers
1.4.2 Die Elektrophysiologie des Na+/Ca2+-Austauschers
1.4.3 Der Na+/Ca2+-Austauscher als pharmakologische Zielstruktur
1.5 Die kontraktile Dysfunktion
1.6 Die Bedeutung des Na+/Ca2+-Austauschers zur Regulation der Kontraktionskraft
1.7 SEA0400 als effektiver Blocker des Na+/Ca2+-Austauscher-Blocker
1.8 Zielsetzung dieser Arbeit

2. MATERIAL UND METHODEN
2.1 Humanes Vorhofgewebe
2.1.1 Gewinnung
2.1.2 Patienten
2.1.3 Präparation und Vorbereitung des Gewebes
2.2 Lösungen
2.2.1 Transportlösung
2.2.2 Tyrode-Lösung
2.3 Verwendete Substanzen
2.3.1 Phenoxybenzamin
2.3.2 Carbamoylcholinchlorid (Carbachol)
2.3.3 2-[4-[(2,5-difluorophenyl)methoxy]phenoxy]-5-ethoxyaniline (SEA0400)
2.3.4 Positiv inotrop wirkende Substanzen
2.3.4.1 Noradrenalin
2.3.4.2 3-Isobutyl-1-methylxanthin (IBMX)
2.3.4.3 4-Aminopyridin
3.4.3.4 G-Strophanthin (Ouabain)
2.4 Grundprinzip und Aufbau der Versuchsapparaturen
2.4.1 Messung der Aktionspotentiale
2.4.2 Messung der Kontraktilität
2.5 Durchführung der Messung
2.5.1 Aktionspotentiale
2.5.2 Kontraktilität
2.5.2.1 Eichung und Vorbereitung der Apparatur
2.5.2.2 Ruhedehnungskurve und Reizstromreduktion
2.6 Versuchsprotokolle
2.6.1 Protokoll 1 - SEA0400 und Noradrenalin
2.6.2 Protokoll 2 - SEA0400, IBMX und Noradrenalin
2.6.3 Protokoll 3 - SEA, 4-Aminopyridin und Noradrenalin
2.6.4 Protokoll 4 - SEA0400, g-Strophanthin und Noradrenalin
2.6.5 Protokoll 5 - Aktionspotentialmessung
2.7 Datenanalyse und Statistik

3. ERGEBNISSE
3.1 Charakteristika der gemessenen Aktionspotentiale und Kontraktionen im SR und AF
3.1.1 Aktionspotentiale
3.1.2 Kontraktilität
3.1.3 Elektrische Stabilität
3.2 Auswirkung einer NCX-Blockade auf die elektromechanische Kopplung
3.2.1 Veränderung von Aktionspotentialen im SR und AF
3.2.2 Veränderung der Kontraktilität im SR und AF
3.2.3 Veränderung der elektrische Stabilität
3.3 Auswirkung einer NCX-Hemmung auf den positiv inotropen Effekt von Noradrenalin
3.3.1 Veränderung der Kontraktionskraft
3.3.2 Veränderung der zeitliche Kontraktionsparameter
3.3.3 Veränderung der elektrische Stabilität
3.4 Bedeutung des NCX für die IBMX- Wirkung im SR
3.4.1 Eigeneffekte von IBMX
3.4.1.1 Veränderungen der Aktionspotentialform durch IBMX
3.4.1.2 Positiv inotroper Effekt von IBMX
3.4.1.3 Effekt von IBMX auf den positiv inotropen Effekt von Noradrenalin
3.4.2 Veränderung der elektrischen Stabilität durch IBMX
3.4.3 Mechanismus der Arrhythmieentstehung nach IBMX-Gabe
3.4.4 Bedeutung des NCX bei den IBMX-Effekten
3.4.4.1 Kontraktilität
3.4.4.2 Elektrische Stabilität
3.5 Die Wirkung von 4-Aminopyridin im SR und AF
3.5.1 Positiv inotroper Effekt von 4-Aminopyridin
3.5.2 Bedeutung des NCX für die positive Inotropie von 4-Aminopyridin
3.6 Die Wirkung von g-Strophanthin im SR
3.6.1 Effekte von g-Strophanthin auf Kontraktilität und elektrische Stabilität
3.6.2 Bedeutung des NCX für die g-Strophanthin-Wirkung

4. DISKUSSION
4.1 Aktionspotentialform und Kontraktionskraft unter Basalbedingungen im SR und AF
4.1.1 Das Aktionspotential unterscheidet sich zwischen SR und AF
4.1.2 Die Kontraktilität unterscheidet sich zwischen SR und AF
4.2 SEA0400 hat im menschlichen Vorhof keinen Einfluss auf das Aktionspotential und die Kontraktilität unter Basalbedingungen
4.3 SEA0400 hat im menschlichen Vorhof keinen Einfluss auf die elektrische Stabilität unter Basalbedingungen
4.4 SEA0400 hat im menschlichen Vorhof keinen Einfluss auf die Wirkung von Noradrenalin
4.4.1 SEA0400 hat keinen Einfluss auf den positiv inotropen Effekt von Noradrenalin
4.4.2 NCX hat keine Bedeutung für die elektrische Stabilität in Anwesenheit von Noradrenalin
4.5 Der positiv inotrope Effekt und die arrhythmogene Wirkung von IBMX werden durch SEA0400 nicht beeinflusst
4.6 SEA0400 hat im menschlichen Vorhof keinen Einfluss auf den positiv inotropen Effekt von 4-Aminopyridin
4.7 NCX hat im menschlichen Vorhof keine Bedeutung für den positiv inotropen Effekt und der Arrhythmogenität von g-Strophanthin
4.8 Zusammenfassende Betrachtung

5. ZUSAMMENFASSUNG

6. LITERATURVERZEICHNIS

7. ANHANG

8. EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

9. DANKSAGUNG

THESEN

Abkürzungsverzeichnis

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1. Einleitung

Die mechanische Aktivität des Herzmuskels wird durch die elektrische Erregung ausgelöst. Verschiebungen des Membranpotentials zu positiveren Werten führen über einen Influx von Extrazellulär zu einem Anstieg der intrazellulären Ca2+-Konzentration ([Ca2+]i). Über Ca2+- vermittelte Ca2+-Freisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum wird [Ca2+]i weiter gesteigert und die Kontraktion ausgelöst. Die veränderte Membranspannung während einer Erregung zeigt einen typischen Verlauf und soll zunächst anhand der Form des humanen Vorhofaktionspotentials beschrieben werden.

1.1 Das Ruhemembranpotential und das Aktionspotential

Grundlage der Erregbarkeit des Herzmuskels ist die Fähigkeit, ein elektrisches Potential über der Zellmembran aufzubauen. Das Ruhemembranpotential (RMP) beträgt im menschlichen Vorhof -74 ± 0,5 mV (n = 89, unveröffentlichte Daten aus dem Institut für Pharmakologie und Toxikologie der medizinischen Fakultät der TU-Dresden). Die Membran ist im Ruhezustand vorwiegend für Kaliumionen (K+) durchlässig. Daher liegt das RMP nahe dem Gleichgewichts-Potential für K+ von -96 mV. Es stellt sich ein etwas weniger negatives RMP ein, weil zusätzlich eine geringe Leitfähigkeit für Natriumionen (Na+) besteht. Die Ungleichverteilung von Na+ und K+ wird mit Hilfe des elektrogenen Transports der Na+/K+- ATPase (NKA) aufrecht erhalten (Abb. 1). Die während des RMP geöffneten K+-Kanäle werden als Einwärstgleichrichter-Kanäle, ihr Strom als IK1 bezeichnet (Koumi et al., 1995).

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Abb. 1 Ionenströme während des Ruhemembranpotentials

Dargestellt sind die Ionenströme über der Membran. Das Ruhemembranpotential wird unter Energieverbrauch durch die Na+/K+-ATPase aufrecht erhalten. Ein Ausgleich des intrazellulären K+-Anstiegs erfolgt durch die ständig geöffneten K+-Kanäle. Die für das Aktionspotential wichtigen spannungsabhängigen Na+ und Ca2+-Kanäle sind in Ruhe geschlossen.

Während eines Aktionspotentials aktivieren spannungsabhängige Ionenkanäle für Na+, Ca2+ und K+ in der Zellmembran. Das kardiale Aktionspotential gliedert sich in eine schnelle Depolarisationsphase (0), eine frühe Repolarisationsphase (1), die Plateauphase (2) und eine späte Repolarisationsphase (3) (Abb. 2). Nach Beendigung des Aktionspotentials folgt die diastolische Phase (4). Das Aktionspotential des Vorhofs zeigt die typische „spike and dome“-Form (Trautwein et al., 1962). Die Gesamtdauer ist kürzer (100 - 300 ms) und die Plateauphase weniger stark ausgeprägt als im Ventrikel. Ursache hierfür ist unter anderem der nur im Vorhof vorkommende K+-Auswärtsstrom Ikur (Fedida et al., 1993; Wang et al., 1993; Amos et al., 1996).

Tab.1 Ionenkonzentration in Extra- und Intrazellularraum, sowie Gleichgewichtspotential in einer menschlichen Herzzelle (Schrader und Kelm, 2005)

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Abb. 2 Aktionspotential eines Vorhoftrabekels von einem SR-Patienten mit beteiligten Ionenströmen

Dargestellt ist ein Aktionspotential im SR eines menschlichen Vorhoftrabekels. Durch die Ziffern 0-3 sind die bezeichnet schnelle Depolarisationsphase (0), früher Repolarisationsphase (1), Plateauphase (2) und späte Repolarisationsphase (3) markiert. In blauer Schrift sind die Auswärts-, durch rote Schrift die Einwärtsströme der einzelnen Phasen gezeigt.

Notwendig zur Auslösung eines Aktionspotentials ist eine Verschiebung des Membranpotentials hin zu positiveren Werten, bis das Schwellenpotential von -55 mV erreicht wird. Bei dieser Spannung kommt es zu einer raschen Öffnung der spannungsgesteuerten Na+-Kanäle (INa) (Fozzard and Hanck, 1996), welche die rasche Depolarisationsphase bestimmen (Catterall et al., 2000). Das Membranpotential verschiebt sich in Richtung Gleichgewichts-Potential von Na+ (+66 mV), erreicht dieses jedoch nicht aufgrund der schnellen Inaktivierung der Na+-Kanäle. In der frühen Repolarisationsphase steigt die Leitfähigkeit für K+-Ionen durch das positivere Membranpotential. Bestimmend ist hier der transiente Kaliumauswärtsstrom Ito (Escande, 1987). Im Gegensatz zum Ventrikel ist im Vorhof in der frühen Repolarisationsphase im Vorhof zusätzlich der ultraschnelle Auswärtsgleichrichterstrom IKur aktiv (Fedida et al., 1993; Wang et al., 1993). Aufgrund seiner langsamen Inaktivierung bleibt dieser K+-Strom bis zum Erreichen des Ruhemembranpotentials aktiv (Amos et al., 1996). Der in Ruhe ständig geöffnete Einwärtsgleichrichter IK1 deaktiviert dagegen aufgrund der Depolarisation während dieser Phase des Aktionspotentials. Bei -30 mV öffnen sich spannungsabhängige L-Typ Ca2+- Kanäle (Nerbonne and Kass, 2005), wobei der depolarisierende Einwärtsstrom ICa,L die Repolarisation verzögert und zur Plateauphase beiträgt. Seine Inaktivierung erfolgt langsam spannungs- und Ca2+-abhängig (Bers and Perez-Reyes, 1999) und beendet damit die Plateauphase. Die späte Repolarisationsphase wird getragen durch die verzögerten Auswärtsgleichrichter IKs und IKr (Horie et al., 1990; Wettwer et al., 2003), aber auch durch IKur und IK1. Eine Beteiligung des Vorwärtsmodus des NCX an der Herausbildung des Aktionspotentials und eine damit verbundener Ca2+-Einwärtstransport wird diskutiert (Ravens and Wettwer, 1989; Bers, 2001).

Zur Vermeidung eines Tetanus, wie er im Skelettmuskel auftreten kann, weist das Aktionspotential eine relativ lange Plateauphase auf. Da während dieser Phase keine neue Erregung möglich ist, spricht man von der absoluten Refraktärzeit. Es schließt sich die relative Refraktärzeit an, in welcher die Erregbarkeit der Zelle herabgesetzt ist, weil sich noch nicht alle Na+-Kanäle schon wieder von der Inaktivierung erholt haben und erneut aktiviert werden können. Die Erholung von dieser Inaktivierung ist ein membranpotential- und zeitabhängiger Prozess.

1.2 Das Aktionspotential und das Remodeling im Vorhofflimmern

Im Vorhofflimmern (AF) verändert sich die Aktionspotentialform grundlegend. Sie ist gekennzeichnet durch eine Verkürzung der Gesamtdauer und der Refraktärzeit (Boutjdir et al., 1986; Bosch et al., 1999; Van Wagoner et al., 1999), sowie einer beeinträchtigten Anpassung der Aktionspotentialdauer (APD) an die Frequenz (Kumagai et al., 1991; Misier et al., 1992; Daoud et al., 1996). Zusätzlich zeigt sich eine Veränderung der vorhoftypischen „spike and dome“-Form zur dreieckigen „triangulären“ Form (Abb. 3) (Bosch et al., 1999; Bosch et al., 2000). Ein Zusammenhang zwischen den beschriebenen Anpassungen des Aktionspotentials und einer veränderten Expression sowie Aktivität verschiedener Ionenströme im AF wurden erstmals durch Wijffels et al. (1995) nachgewiesen.

Unter Remodeling versteht man strukturelle und elektrische Umbauprozesse im Myokardgewebe, welche durch länger anhaltendes AF ausgelöst werden. Nach den heutigen Vorstellungen werden die Remodeling-Prozesse durch die Ca2+-Überladung der Zellen bei AF ausgelöst. Durch die rasche Folge von Aktionspotentialen während der Flimmerepisode kommt es zu der schon beschriebenen intrazellulären Überladung mit Ca2+ und zur beschleunigten Inaktivierung des ICa,L. Die verkürzte Aktionspotentialdauer und Refraktärzeit treten rasch nach Einsetzen des Flimmerns auf (Sueda et al., 2001), weshalb auch hierfür der verminderte ICa,L verantwortlich gemacht wird. Da lang anhaltendes Flimmern zu einer veränderten Proteinexpression führen kann (Yue et al., 1997; Yue et al., 1999), wird eine Verminderung der Expression von ICa,L-Kanälen bis zu 70% in späteren Phasen des AF als Ursache in Betracht gezogen (Bosch et al., 1999; Van Wagoner et al., 1999). Andere Studien zeigen jedoch eine unveränderte Expression (Grammer et al., 2001; Schotten et al., 2003; Christ et al., 2004b). Christ et al. (2004) führen den verminderten ICa,L auf veränderte Phosphorylierung im AF zurück.

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Abb. 3 Aktionspotentiale von Vorhoftrabekeln im SR und AF

Darstellung eines Aktionspotentials im SR mit typischer „spike and dome“-Form (A). Im Gegensatz dazu zeigt das Aktionspotential im AF eine „trianguläre“ Form (B), gekennzeichnet durch wenig ausgeprägte früher Repolarisationsphase und Plateauphase, sowie durch eine kürzere Gesamtdauer.

Weitere relevante Ionenstromveränderungen betreffen die repolarisierenden K+-Ströme (Van Wagoner et al., 1997; Bosch et al., 1999). Der transiente Auswärtsstrom Ito ist um ca. 60% vermindert (Van Wagoner et al., 1997; Bosch et al., 1999; Workman et al., 2001), so dass die frühe Repolarisationsphase des Aktionspotentials weniger stark ausfällt. Zusätzlich findet sich eine erhöhte Aktivität des Einwärtsgleichrichters IK1 (Van Wagoner et al., 1997; Bosch et al., 1999; Dobrev et al., 2001; Workman et al., 2001; Dobrev et al., 2002), während der Acetylcholin-aktivierte K+-Strom IK,Ach vermindert ist (Dobrev et al., 2001; Ehrlich et al., 2004; Cha et al., 2006). Der IK1 wird als Grund für das im Vorhofflimmern herrschende negativere Ruhemembranpotential angesehen (Dobrev et al., 2001; Dobrev et al., 2002). Die Beobachtungen zum IKur zeigen widersprüchliche Ergebnisse. Es wurden sowohl eine verminderte (Van Wagoner et al., 1997; Brandt et al., 2000), als auch eine unveränderte (Bosch et al., 1999; Workman et al., 2001) Stromdichte beobachtet. Der für die schnelle Depolarisation wichtige Na+-Strom unterscheidet sich dagegen bei SR und AF nur unwesentlich (Bosch et al., 1999; Brundel et al., 2001a).

1.3 Die elektromechanische Kopplung

Elektromechanische Kopplung beschreibt die Prozesse, die nach einer elektrischen Erregung der Herzmuskelzelle zur Auslösung einer Kontraktion führen. Die Spannungsänderung der Zellmembran während des Aufstrichs des Aktionspotentials führt dazu, dass spannungsabhängige L-Typ Ca2+-Kanäle sich öffnen und Ca2+-Ionen in die Zelle einströmen. Der Anstieg von Ca2+ auf eine submembranäre Konzentration von 10-6 M löst die Freisetzung von weiteren Ca2+-Ionen aus dem sarkoplasmatischen Retikulum über die Ryanodinrezeptoren (RyR) aus (Sobie et al., 2006). Durch die Ca2+-induzierte Ca2+- Freisetzung aus den intrazellulären Speichern erhöht sich die [Ca2+]i sehr rasch. Für den Anstieg von [Ca2+]i bis auf 10-7 M ist im Wesentlichen die Freisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum verantwortlich, während Ionen aus dem Extrazellularraum eine untergeordnete Rolle spielen. Die Ca2+-Ionen können nun über eine Bindung an die Regulatorproteine Troponin und Tropomyosin eine Konformationsänderung derselben auslösen, welche die hochaffinen Myosinbindungsstellen des Aktin freigibt.

Der Einstrom von extrazellulärem Ca2+ wird durch die zeitabhängige Inaktivierung der L-Typ Ca2+-Kanäle begrenzt. Die durch den ICa,L ausgelöste Ca2+-induzierte Ca2+-Freisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulums ist daher auch limitiert und es wird nur ein Teil des gespeicherten Ca2+ freigegeben (Bassani et al., 1995). Zur Relaxation der kontraktilen Proteine muss die [Ca2+]i unter 10-7 M gesenkt werden. Dadurch werden die Myosinbindungsstellen wieder durch die Regulatorproteine blockiert und eine Kontraktion wird unterbunden. Die [Ca2+]i fällt wieder ab, indem die Ionen größtenteils wieder in das sarkoplasmatische Retikulum über SERCA aufgenommen werden. Ebenfalls an der Calcium- Homöostase beteiligt sind die Mitochondrien. Jedoch scheinen sie bei der akuten Senkung der [Ca2+]i während eines Kontraktionszyklus keine große Bedeutung zu haben (Bassani et al., 1994; Andrienko et al., 2009). Geringfügig findet zusätzlich eine Abgabe in den Extrazellularraum über die SL-Ca2+-ATPase und den Na+/Ca2+-Austauscher (NCX) statt. Unklar ist derzeit noch, wie groß der Beitrag des NCX und der SL Ca2+-ATPase zum Auswärtstransport von Ca2+ ist. Kürzlich gefundene selektive Hemmstoffe für den NCX bieten die Möglichkeit einer pharmakologischen Beeinflussung der Funktion des NCX. So kann abgeschätzt werden, welchen Anteil der NCX bei der Regulation der Kontraktionskraft am humanen Vorhof hat.

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Abb. 4 Schema der elektromechanischen Kopplung

Dargestellt ist der für die elektromechanische Kopplung initiale ICa,L, welcher zu einer Ca2+- gekoppelten Ca2+-Freisetzung aus dem sarkoplasmatischen Retikulum über Ryanodinrezeptoren (RyR) führt (grüne Pfeile). Die erhöhte [Ca2+]i wird für die Relaxation durch die Wiederaufnahme der Ionen in das sarkoplasmatische Retikulum mittels sarkoplasmatisch/endoplasmatischen Retikulum-Ca2+-ATPase (SERCA) gesenkt. Zusätzlich erfolgt eine Ausschleusung des Ca2+ aus der Zelle über die sarkolemmale (SL) Ca2+-ATPase und dem Na+/Ca2+-Austauscher (NCX). Die über den NCX einströmenden Na+-Ionen werden wiederum von der N+/K+-ATPase (NKA) aus der Zelle heraus transportiert. Blaue Pfeile markieren die Ca2+-Fluxe, die zur Relaxation führen. Außerdem angegeben sind die jeweiligen Anteile zur Senkung der [Ca2+]i in %.

1.4 Der Na+/Ca2+-Austauscher

Die folgende Arbeit befasst sich mit der Rolle des NCX bei der Regulation der Kontraktionskraft des menschlichen Vorhofs. Deshalb sollen an dieser Stelle der Aufbau, die Elektrophysiologie und die pharmakologische Beeinflussbarkeit des NCX betrachtet werden.

1.4.1 Der Aufbau des Na+/Ca2+-Austauschers

Der im menschlichen Herzen vorkommende NCX1 (Nicoll et al., 1990) zählt zu der Superfamilie der membranständigen Calcium/Kation-Antiporter, welche einen transmembranären Ca2+-Fluss ermöglichen. Der Transporter besteht aus einem Polypeptid mit zwei hydrophoben Gruppen. An das extrazelluläre N-terminale Ende schließt sich die erste hydrophobe Gruppe mit fünf transmembranären Helices an. Zwischen zweiter und dritter Helix befindet sich die extrazelluläre 1-Region, welche in den meisten NCX-Subtypen zu finden ist (Schwarz et al., 1997). Die folgende hydrophile Domäne des Transporters liegt intrazellulär und entspricht mit 550 Aminosäuren dem Großteil des Transporters (hydrophobe Gruppe mit 388 Aminosäuren) (Nicoll et al., 1999). Dieser dem Zytosol zugewandte Teil des NCX dient der physiologischen Regulation des NCX z.B. durch Ca2+ und Na+. Die sich anschließende zweite hydrophobe Gruppe besteht aus vier transmembranären Helices und enthält die intrazellulä 2- -Regionen sind ebenso wie der hydrophile Abschnitt essentiell für die Funktion des NCX, da sie für die Bindung und den Transport der Ionen verantwortlich sind. Es sind eine intra- sowie eine extrazelluläre Bindungsstelle für Ca2+ und zwei intra- sowie zwei extrazelluläre Bindungsstellen für Na+ vorhanden.

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Abb. 5 Struktur des Na+/Ca2+-Austauschers

Dargestellt ist die Proteinstruktur des NCX. Er besteht aus zwei hydrophoben Gruppen (5 und 4 Helices), wobei jede ein -Gruppe enthält. Gekoppelt sind die hydrophoben Gruppen durch eine hydrophile Gruppe, die regulatorische Funktionen für den Transport übernimmt. (modifizierte Abbildung nach Lytton et al., 2007).

1.4.2 Die Elektrophysiologie des Na+/Ca2+-Austauschers

Der NCX erlaubt den Austausch von Na+ gegen Ca2+ über die Zellmembran (Abb. 6). Der Prozess des NCX ist elektrogen, wobei die genaue Stöchiometrie noch unklar ist. Die Angaben schwanken von 3:1 (Na+:Ca2+) (Pitts, 1979) bis zu 5:1 (Dong et al., 2002). Der NCX wird in Ruhebedingungen angetrieben durch den von der NKA geschaffenen Na+- Gradienten. Die Transportrichtung ist abhängig vom Membranpotential, sowie von den herrschenden intrazellulären Ionen-Konzentrationen (Blaustein and Lederer, 1999; Philipson and Nicoll, 2000). Der Ca2+-Auswärtstransport wird durch eine hohe intrazelluläre Ca2+- Konzentration angetrieben. Dieser Vorgang wird als Vorwärtsmodus bezeichnet (Blaustein and Santiago, 1977). Umgekehrt begünstigt eine hohe intrazelluläre Na+-Konzentration, sowie ein stärker negatives Membranpotential den Rückwärtsmodus (Baker and McNaughton, 1976; DiPolo, 1979). Eine Reihe von neuen Studien diskutiert die Beeinflussung des NCX durch den cAMP/PKA-Signalweg, wobei die bisherigen Ergebnisse nicht einheitlich sind (Perchenet et al., 2000; Pabbathi et al., 2002; Ginsburg and Bers, 2005).

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Abb. 6 Stromamplitude und Transportrichtungen des NCX

A: Berechnete Strom-Spannungs-Kurve des NCX-Stroms im Bereich von -75 mV bis 75 mV. B: Transportrichtungen des NCX. Der Rückwärtsmodus transportiert bei positiven Membranspannungen 1 Ca2+ gegen 3 Na+ in die Zelle. Der Rückwärtsmodus transportiert bei negativen Membranspannungen umgekehrt. Strom-Spannungs-Kurve zur Verfügung gestellt von P. Kovacs.

1.4.3 Der Na+/Ca2+-Austauscher als pharmakologische Zielstruktur

Da sich eine Blockade des NCX aufgrund seiner Beteiligung an der Ca2+-Ausschleusung während des Kontraktionszyklus als ein Mechanismus zur Steigerung der Kontraktilität anbietet, wurde lange an einem selektiven Blocker gearbeitet. Die älteste bekannte direkte Blockade wird durch das zweiwertige Kation Ni2+ ausgelöst (Trosper and Phillipson, 1983). Die Wirkung ist allerdings unselektiv und betrifft vorwiegend den Rückwärtsmodus. Ebenso wie Ni2+ können relativ unspezifische Antiarrhythmika wie Amiodaron oder Bepridil den NCX blockieren. Zu den später entwickelten, sehr selektiven Hemmstoffen, den so genannten Benzyloxyphenyl-Derivate, zählen KB-R7943 (2-[2-[4-(4-nitrobenzyl-oxy)phenyl]ethyl]isothio- urea-methanesulfonate, carbamidothioic acid) und SEA0400 (2-(4-(2,5- difluorobenzyloxy)phenoxy)-5-ethoxy aniline). KB-R7943 wurde 1996 als erster selektiver NCX-Blocker des Rückwärtsmodus entwickelt (Iwamoto et al., 1996; Watano et al., 1996). SEA0400 folgte als stärkerer und selektiverer Blocker (Matsuda et al., 2001). Ein weitere Vorteil von SEA0400 gegenüber KB-R7943 ist, dass SEA0400 vorwiegend die NCX1 Isoform im Herzen (Iwamoto et al., 1998), KB-R7943 hingegen vor allem die im Skelettmuskel und Gehirn vorkommende NCX3 Form blockiert (Iwamoto et al., 2004a). Eine Möglichkeit, die Funktion des NCX unabhängig von Pharmaka zu unterdrücken, bietet die Verwendung von Knock-out Mäusen (Koushik et al., 2001; Reuter et al., 2002a, 2002b, 2002c).

1.5 Die kontraktile Dysfunktion

Im Rahmen des Remodelings bei AF treten nicht nur Veränderungen am Aktionspotential auf, zusätzlich ist auch die Kraftentwicklung der Vorhöfe eingeschränkt (kontraktile Dysfunktion). Die positiv inotrope Wirkung von Katecholaminen bleibt erhalten, erreicht jedoch nicht das gleiche Maximum wie im SR. Da die kontraktile Dysfunktion zusammen mit der initialen Verkürzung des Aktionspotentials und der Refraktärzeit auftritt, wird auch hier die Verminderung ICa,L als eine mögliche Ursache angesehen (Schotten et al., 2003). Unabhängig vom reduzierten Ca2+-Einstrom könnte aber auch der Ca2+-Efflux gesteigert sein. Eine vermehrte Expression (Schotten et al., 2002) und Aktivität (Kovacs et al., 2010) des NCX im AF könnte so zur kontraktilen Dysfunktion beitragen. Daneben gibt es auch Umbauprozesse im Rahmen des strukturellen Remodelings. Durch die veränderte Proteinexpression im Gewebe treten interstitielle Fibrose und Apoptose der Zellen auf (Aime- Sempe et al., 1999; Thijssen et al., 2000; Kostin et al., 2002). An diesen Veränderungen ist eine Aktivierung des Renin-Angiotensin-Sytems beteiligt (Goette et a., 2000a; Goette et al., 2000b; Kostin et al., 2002), die ihrerseits die Entstehung von AF begünstigen kann (Tanaka et al., 2007a; Burstein et al., 2009). Histologisches Korrelat ist eine Hypertrophie der Kardiomyozyten, eine Sarkomerverminderung (Myolyse), sowie eine Akkumulation von Glykogen (Frustaci et al., 1997; Wouters et al., 2001; Schotten et al., 2002). Die zunehmende Dedifferenzierung der Kardiomyozyten wirkt sich negativ auf die Kraftentwicklung aus.

1.6 Die Bedeutung des Na+/Ca2+-Austauschers zur Regulation der Kontraktionskraft

Ob der NCX für die Regulation des kontraktionsrelevanten [Ca]i überhaupt eine Rolle spielt, ist derzeit nicht sicher bekannt. Wie bereits beschrieben (siehe oben) scheint der NCX im Ventrikel eine bedeutende Rolle für die Extrusion von Ca2+ nach einer Kontraktion zu spielen (Bers, 2001). Inwiefern dieser Mechanismus auf den menschlichen Vorhof übertragen werden kann, ist bisher unklar. In pathologischen Zuständen wie dem AF ist die Expression des NCX verändert. So wird eine Überexpression des NCX und eine damit verbundene erhöhte Ca2+-Ausschleusung in direkten Zusammenhang mit der kontraktilen Dysfunktion gebracht (Schotten et al., 2002).

Bei steigender Belastung kann die Leistung des Herzens durch verschiedene Mechanismen angepasst werden. Neben den kurzfristigen Anpassungen wie dem Frank-Starling- Mechanismus existieren weniger schnell einsetzende, langfristige Anpassungen über den Sympathikus und Parasympathikus. Acetylcholin (ACh) ist der Botenstoff des Parasympathikus und vermittelt einen negativ chronotropen und negativ dromotropen Effekt. Es erhöht die K+-Leitfähigkeit der Zellmembran durch Aktivierung des IK,ACh (Heidbüchel et al., 1987). Dadurch wird das Membranpotential stärker in Richtung des K+- Gleichgewichtspotentials verschoben und damit negativer. Eine Auslösung des Aktionspotentials wird erschwert. Direkte Wirkung auf die elektromechanische Kopplung besitzt der Parasympathikus nicht.

Die Steuerung der Herzfunktion durch den Sympathikus wird über Noradrenalin (NA) und Adrenalin (A) vermittelt, wobei beide Neurotransmitter positiv inotrop, positiv chronotrop und positiv dromotrop wirken und daher ähnliche Effekte auf die Kontraktionskraft und den ICa,L zeigen (Kaumann, 1970; Reuter, 1974). Die positiv inotrope Wirkung beruht auf einer Erhöhung der [Ca2+]i während der elektromechanischen Kopplung (Bers, 2001). Vermittelt wird dieser Effekt durch die cAMP/PKA-Signalkaskade ausgehend von der Bindung des Neurotransmitter -Adrenozeptoren. Folge ist eine Konformationsänderung des -Untereinheit des gebundenen G-Proteins abgespalten wird. Über diese Untereinheit kommt es zur Aktivierung der membranständigen Adenylatcyclase (AC) (Cooper and Crossthwaite, 2006). Daraufhin wird durch die AC der „second messenger“, cyklisches Adenosinmonophosphat (cAMP) aus ATP gebildet. Es gelangt per Diffusion zu den in der Zelle tiefer liegenden Effektoren (Chen et al., 2008). cAMP aktiviert die Proteinkinase A (PKA), welche über Phosphorylierung der Zielproteine die eigentliche Wirkung auslöst. Die PKA befindet sich jedoch nicht frei beweglich im Zytosol, sondern wird über so genannte „A-kinase anchor proteins“ (AKAP) in unmittelbarer Nähe zum Effektor fixiert (Dodge-Kafka et al., 2006; Diviani, 2008). Einer der Zielproteine der cAMP/PKA- Signalkaskade ist der L-Typ Ca2+-Kanal, der durch Phosphorylierung eine erhöhte Öffnungswahrscheinlichkeit zeigt (Stern et al., 1997; Kamp and Hell, 2000). Allerdings reicht selbst eine vollständige Aktivierung der L-Typ Ca2+-Kanäle nicht aus, um einen maximalen positiv inotropen Effekt auszulösen (Christ et al., 2004a). Vielmehr ist zusätzlich eine Steigerung der Freisetzung von Ca2+ aus dem sarkoplasmatischen Retikulum notwendig. Vermittler sind die RyR und das die SERCA regulierende Phospholamban (PLB), welche ebenso durch die PKA phosphoryliert werden. Dies führt zur erhöhten Ca2+-Ausschüttung und während der Relaxation zur vermehrten Wiederaufnahme dieser Ionen. Auch das kontraktile Protein Troponin wird durch Phosphorylierung reguliert, indem die Affinität zu Ca2+ abnimmt, wodurch eine schnellere Relaxation begünstigt wird (Baillie et al., 2009; Yasuda et al., 2007).

Die Aktivität des NCX wird indirekt gesteigert, da die intrazellulären Ca2+- und Na+- Konzentrationen ansteigen (Perchenet et al., 2000; Zhang et al., 2001; Ginsburg and Bers, 2005). Einerseits trägt er über den Rückwärtsmodus zur weiteren Erhöhung der [Ca2+]i bei, andererseits beschleunigt er mittels Ca2+-Ausschleusung die Relaxation (Ravens and Wettwer, 1989). Eine direkte Steigerung der Aktivität des NCX über Phosphorylierung wird in zahlreichen Studien diskutiert (Ruknudin et al., 2000, Schulze et al., 2003), wobei die Ergebnisse uneinheitlich sind. Die Beteiligung des NCX an der Kontraktionskraftsteigerung durch Katecholamine in Vorhofmyozyten ist nicht untersucht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7 Schema der cAMP/PKA- Adrenozeptors

-Adrenozeptor mit gekoppeltem stimulierendem G-Protein (Gs). Dieses aktiviert nach Bindung des Katecholamins am Rezeptor die Adenylatcyclase (AC), welche ATP zu cAMP umwandelt. cAMP aktiviert die über ein „A-kinase anchor protein“ (AKAP) an die Effektoren verankerte Proteinkinase A (PKA). Durch Phosphorylierung des L-Typ Ca2+- Kanals und des Ryanodinrezeptors des sarkoplasmatischen Retikulums (RyR) strömt vermehrt Ca2+ in das Zytosol, was zur Kraftsteigerung führt. Die Wiederaufnahme des Ca2+ ins sarkoplasmatische Retikulum wird durch die Phosphorylierung des Phospholamban (PLB) an der sarkoplasmatischen (SR) -Ca2+-ATPase ebenfalls beschleunigt. Phosphorylierung von NCX und seine Beteiligung an der Kraftsteigerung durch Katecholamine wird diskutiert (gestrichelter Pfeil). Die cAMP/PKA-Signalkaskade wird durch die Spaltung des cAMP durch die Phosphodiesterase (PDE) begrenzt.

Für eine effektive Anpassung der Kraft an Belastungen muss es ebenso Prozesse zur Beendigung bzw. Begrenzung der Effekte durch Neurotransmitter geben. Das geschieht durch den enzymatischen Abbau des Botenstoffs cAMP (Zaccolo et al., 2006) durch die im Zytosol vorhandenen und die membranständigen Phosphodiesterasen (PDE) (Fischmeister et al., 2006). Sie binden direkt über die schon genannten AKAP an den Effektor und können gezielt durch Spaltung des cAMP eine Aktivierung der PKA verhindern. Die unterschiedlichen Kompartimente der elektromechanischen Kopplung sind dabei mit verschiedenen PDE-Isoformen ausgestattet (Christ et al., 2009a). Eine unspezifische Hemmung der PDE durch IBMX würde diese zeitliche und räumliche Begrenzung des Katecholamin-Effekts aufheben. Eine maximale Phosphorylierung der Effektoren würde folgen und zu einem maximal positiv inotropen Effekt führen. Sollte NCX durch die PKA phosphoryliert werden und einen Beitrag zur Kontraktilitätsanpassung leisten, so würde aus der Hemmung des NCX eine deutlich verminderte Kraftantwort gegenüber Katecholaminen resultieren. Neben einer Beteiligung des NCX an der elektromechanischen Kopplung wird eine Bedeutung für die Ausbildung positiv inotropen Effekte von Pharmaka diskutiert. Zu den häufig pharmakologisch verwendeten Substanzen zählen die Digitalisglykoside. Der positiv inotrope Effekt ist wahrscheinlich weitgehend über den NCX vermittelt (Reuter et al., 2002a). Die Blockade der NKA durch Digitalisglykoside führt zu einem Anstieg von intrazellulärem Na+. Dieses begünstigt den Rückwärtsmodus des NCX, wodurch ein Einstrom von Ca2+ resultieren soll. Hemmung von NCX sollte den positiv inotropen Effekt abschwächen bzw. aufheben, wenn dieser Mechanismus auch für den menschlichen Vorhof gilt.

Eine weitere pharmakologische Substanz mit positiv inotropen Effekt ist 4-Aminopyridin (4- AP). Über eine Hemmung des Ito und des IKur wird die Plateauphase des Aktionspotentials zu positiveren Membranpotentialen verschoben, woraus eine höhere Leitfähigkeit der L-Typ Ca2+-Kanäle resultiert (Wettwer et al., 2004). Alternativ wird eine erhöhte Aktivität des Rückwärtsmodus des NCX aufgrund des veränderten Membranpotentials diskutiert (Schotten et al., 2007). Im letzten Fall sollte eine Hemmung des NCX zu einer verminderten positiv inotropen Antwort auf 4-AP führen.

1.7 SEA0400 als effektiver Blocker des Na+/Ca2+-Austauscher-Blocker

In Vorversuchen im Institut für Pharmakologie und Toxikologie der medizinischen Fakultät der TU-Dresden am Vorhofgewebe der Ratte wurde die Wirkung SEA0400 auf das Aktionspotential und die Kontraktionskraft untersucht. Das Aktionspotential wurde durch die Anwesenheit von 10 μM SEA0400 verkürzt (Abb. 8). Dieser Befund war zu erwarten, da während der Repolarisationsphase Ca2+ gegen Na+ aus der Zelle getauscht wird und aufgrund der Elektrogenität des NCX so ein depolarisierender Einwärtsstrom generiert wird (Ravens and Wettwer, 1989). Blockade eines solchen Einwärtsstroms sollte zu einer Beschleunigung der Repolarisation führen. Blockade von NCX reduziert den sarkolemmalen Verlust von Ca2+ während der Systole. Der resultierende Anstieg der [Ca2+]i sollte einen positiv inotropen Effekt nach sich ziehen. Dieser konnte bei Kontraktilitäts-Messungen an Rattenvorhöfen im Institut für Pharmakologie und Toxikologie der medizinischen Fakultät der TU-Dresden nachgewiesen werden (Abb. 9). Im Vergleich zur Zeitkontrollen löste SEA0400 einen deutlich positiv inotropen Effekt aus. Dieser Kraftzunahme entsprach 25,9 ± 4,9 % des positiv inotropen Effekts aufgrund hoher extrazellulärer Ca2+-Konzentrationen (8 mM). Blockade des NCX führt am Vorhof der Ratte somit zu deutlichen Effekten am Aktionspotentials und der Kontraktionskraft.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8 Aktionspotential am Rattenvorhof

A: Aktionspotential eines Rattenvorhofs unter Kontrollbedingungen (schwarz) und in Anwesenheit von 10 μM SEA0400 (blau). Blockade des NCX führte zu einer Verkürzung des Aktionspotentials B: Vergleich der Aktionspotentialdauer nach 90% und 20% Repolarisation (links), sowie der Membranspannung während der Plateauphase (PLT20) und das Ruhemembranpotential (RMP) (rechts). Eingezeichnet sind die Mittelwerte ± SEM unter Kontrollbedingungen (leerer Balken) und in Anwesenheit von Balken).

* p < 0,05; ** p < 0,01 AF vs. SR

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9 Positiv inotroper Effekt von SEA0400 im Vergleich zur Zeitkontrolle

Dargestellt sind die Mittelwerde ± SEM der Kontraktionskraft unter Basalbedingungen (B), sowie der deutlich positiv inotrope Effekt in Anwesenheit von 10 μM SEA0400 (links). Im Gegensatz dazu ist die deutliche Abnahme der Kontraktionskraft der Zeitkontrolle (rechts) dargestellt.

* p < 0,05; ** p < 0,01 vs. Basalbedingungen

1.8 Zielsetzung dieser Arbeit

Nach Entwicklung des NCX-Blockers SEA0400 vor einigen Jahren wurde es möglich, den NCX selektiv und effizient zu blockieren (Matsuda et al., 2001; Tanaka et al., 2002). Da es sich um eine relativ neue Substanz handelt, wurden bisher lediglich Versuche an Geweben von Tieren wie der Maus (Tanaka et al., 2005), dem Meerschweinchen (Namekata et al., 2005; Szentandrassy et al., 2008) oder dem Hund (Nagasawa et al., 2005) durchgeführt. Veröffentlichte Untersuchungen am menschlichen Vorhofgewebe gibt es bislang nicht.

Ziel meiner Arbeit ist es, bisher gefundene Erkenntnisse zum NCX erstmals an menschlichem Vorhofgewebe zu überprüfen. Der Fokus liegt dabei auf der Beurteilung der Funktion von Aktionspotential und der Kontraktionen im Vorhof des Menschen unter Hemmung des NCX.

Im ersten Abschnitt dieser Arbeit sollte untersucht werden, welche Bedeutung dem Na+/Ca2+ -Austauscher unter physiologischen Ruhebedingungen bei der Aktionspotentialbildung, Kraftentwicklung und elektrischen Stabilität zukommt. In weiteren Experimenten wurde die Beteiligung des NCX an der Ausbildung des positiv inotropen Effekts von Noradrenalin untersucht. Nach aktuellem Stand der Forschung ist der NCX vor allem an der Senkung der [Ca2+]i nach erfolgter Kontraktion beteiligt. Daher sollte eine Hemmung des NCX die Ca2+- Homöostase stören. Vermutet wurden daher ein positiv inotroper Effekt, eine Verkürzung des Aktionspotentials sowie ein Einfluss auf die elektrische Stabilität.

Der zweite Abschnitt meiner Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Bedeutung des NCX bei verschiedenen pharmakologischen, positiv inotrop wirkenden Substanzen hat. Untersucht wurde der Einfluss einer Hemmung des NCX auf die Wirkung von IBMX (als Verstärker des Noradrenalin-Effekts), 4-Aminopyridin und des Digitalisglykosid g- Strophanthin.

2. Material und Methoden

2.1 Humanes Vorhofgewebe

2.1.1 Gewinnung

Das humane Vorhofgewebe wurde uns jeden Tag vom Herzzentrum Dresden zur Verfügung gestellt. Dort wurde es im Rahmen von Operationen am offenen Herzen, unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine (HLM) gewonnen. Zum Anschluss der HLM an das venöse Gefäßsystem muss ein Teil des rechten Herzohrs entfernt werden, welches normalerweise verworfen wird und uns daher für unsere Studien überlassen wurde. Hierfür lag vor Beginn der Studie das Votum der Ethikkommission (#EK790799) vor. Die Patienten hatten zuvor ihr schriftliches Einverständnis gegeben. Direkt nach dem Abtrennen des Vorhofgewebes, wurde es in ein Gefäß mit Transportlösung (Tab. 5) gegeben. Das Gewebe wurde im Anschluss zur Weiterverwendung ins Institut transportiert. Um die Anonymität und Daten des Patienten zu schützen, wurde jeder Biopsie eine institutseigene Registriernummer für die weiteren Studien zugewiesen.

2.1.2 Patienten

Für die durchgeführten Experimente wurden insgesamt 51 Patienten im Sinusrhythmus (davon 13 weibliche und 43 männliche) sowie 5 männliche Patienten mit chronischem Vorhofflimmern ausgewählt. Das Durchschnittsalter der SR-Patienten betrug zum Operationszeitpunkt 69,6 ± 1,6 und das der AF-Patienten 69,0 ± 1,7 Jahre. Die Anzahl der Patienten pro Versuchsreihe mit durchschnittlichem Alter sind in den Tabellen 2 und 3 aufgeführt.

Tab. 2 Patientenzahl und Durchschnittsalter für die Kontraktilitäts-Messung

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Tab. 3 Patientenzahl und Durchschnittsalter für die Aktionspotential-Messung

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Die statistische Auswertung der klinischen Parameter der 56 Patienten zeigte eine homogene Patientenverteilung auf die Gruppen. Die Behandlungsindikation Koronare Herzkrankheit (KHK) oder Klappenersatz trat gleich häufig auf. Lediglich die Befunde der echokardiographischen Untersuchung, sowie die medikamentöse Behandlung zeigten Differenzen. Der Durchmesser des linken Vorhofs und die Dicke des interventrikulären Septums waren bei AF-Patienten signifikant größer als bei SR-Patienten. Zudem trat eine pulmonale Hypertonie im AF häufiger auf. Signifikant weniger SR-Patienten wurden mit Diuretika behandelt. In den anderen klinischen Parametern zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Patientengruppen. Die Tabelle mit der detaillierten Auflistung der klinischen Parameter befindet sich im Anhang (Tab. 32).

2.1.3 Präparation und Vorbereitung des Gewebes

Nach dem Transport ins Institut wurden die Biopsien umgehend für den Versuch vorbereitet. Zur Schonung des Gewebes, wurden sämtliche Präparationen in einer Petrischale mit Tyrode (Tab. 6) vorgenommen. Es fand eine kontinuierliche Begasung mit Carbogen-Gas (95 % CO2, 5 % O2) statt, um den pH-Wert bei 7,4 zu halten.

Aus dem Vorhofmuskelgewebe wurden zwei bis acht natürlich geformte Muskelstränge, so genannte Trabekel, entfernt. Während für die Kontraktilitätsmessung bis zu acht Trabekel verwendet wurden, wurde für die Aktionspotentialmessung lediglich ein Trabekel pro Patient genutzt. Als Hilfsmittel für die Präparation dienten eine Lichtquelle, sowie ein Stereomikroskop. Die einzelnen Muskelstränge wurden im weiteren Verlauf entweder direkt zur Aktionspotentialmessung verwendet oder für die Kontraktilitätsmessung weiter vorbereitet. Für letzteres wurden sie einseitig mit einem chirurgischen Faden verknotet, welcher im späteren Versuch zur Aufhängung diente. Nach erfolgter Präparation wurden die Gewebsstücke innerhalb einer Minute in die jeweilige Apparatur eingebracht.

Tab. 4 Materialen und Geräte zur Präparation der Trabekel

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2.2 Lösungen

Im folgendem sind die für den Transport, der Weiterverarbeitung und für den Versuch verwendete Lösungen aufgeführt. Zum Auffüllen der Lösungen wurde demineralisiertes Wasser (MilliQ) verwendet. Dieses sogenannte Reinstwasser entsteht aus bereits teildestilliertem Wasser durch ein Nachbehandlungssystems (PURELAB Plus UV, USF Germany).

2.2.1 Transportlösung

Tab. 5 Zusammensetzung der Transportlösung

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Für den Transport des Gewebes vom Herzzentrum in unser Institut wurde eine Ca2+-freie Elektrolytlösung verwendet, welche den Energieumsatz des Vorhofgewebes gering halten und somit Kontraktionen unterbinden soll. Zusätzlich enthielt die Lösung 30 mM 2,3- Butanedionemonoxime (Sigma-Aldrich, Steinheim), welches die Muskelaktivität durch Blockade der ATPase des Myosin unterdrückt (Mulieri et al., 1989).

2.2.2 Tyrode-Lösung

Unter Tyrode-Lösung versteht man eine Lösung auf Wasserbasis, die der Zusammensetzung der physiologisch vorkommenden Elektrolyte ähnlich ist. Zusätzlich enthält sie Ascorbinsäure (0,2 mM) zum Oxidationsschutz, sowie EDTA (0,04 mM) zur Bindung von eventuellen Bleispuren im Wasser. Sie wurde einerseits für die Präparation der Trabekel, andererseits im späteren Experiment für die Füllung der Gewebebäder verwendet.

Tab. 6 Konzentrationen der Stoffe in Stammlösungen A, B und der Tyrode-Lösung

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2.3 Verwendete Substanzen

2.3.1 Phenoxybenzamin

Phenoxybenzamin (Abb. 10) ist eines der am längsten bekannten Antihypertensiva, welches seine blutdrucksenkende Wirkung über eine irreversibel Blockade postsynaptischer α- Adenorezeptoren vermittelt. Für die folgenden Experimente wurde einerseits die auftretende Blockierung des α1-Adenorezeptoren ausgenutzt, um eine Wirkung von Noradrenalin an der postsynaptischen Membran zu verhindern, andererseits unterdrückt Phenoxybenzamin über 2-Rezeptors an der präsynaptischen Membran den Feedback- Mechanismus der Noradrenalin-Freisetzung. Auch die Wiederaufnahme des Neurotransmitters wird gehemmt.

Aufgrund der Reizung während es Experiments, setzen Nervenendigungen in den Trabekeln Noradrenalin frei. Da dieses nicht wieder aufgenommen werden kann und auch keine Hemmung der Freisetzung über die 2-Rezeptoren existiert, reichert sich Noradrenalin extrazellulär an (Brown et al., 1957; Millar et al., 1959). Sichtbar wird dies durch den deutlichen positiv inotropen Effekt im Mechanogramm während der 90 min Äquilibrierungsphase (Abb. 11). Im Anschluss wurde Phenoxybenzamin und das freigesetzte Noradrenalin mit der Badlösung ausgewaschen. Damit konnten im späteren Experiment positiv inotrope Effekte, durch aus den Trabekeln freigesetztes Noradrenalin, gering gehalten werden. Die verwendete Stammlösung wurde hergestellt durch Lösen von Phenoxybenzamin (Röhmpharma, Darmstadt) in Ethanol. Im Gewebebad betrug die Konzentration 6 μM.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 10 Strukturformel von Phenoxybenzamin

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 11 Mechanogramm nach Gabe von Phenoxybenzamin

Dargestellt ist die Kraftentwicklung (mN) über die Äquilibrierungsphase von 90 min nach Zugabe 6 μM Phenoxybenzamin mit induziertem deutlich positiv inotropen Effekt.

2.3.2 Carbamoylcholinchlorid (Carbachol)

Carbamoylcholinchlorid (Carbachol) ist ein synthetisches Parasympathomimetikum. Es ist dem körpereigenem Acetylcholin strukturell sehr ähnlich (Abb. 12) und erzeugt daher über den muskarinergen Rezeptor vergleichbare Effekte. Der IK,Ach. wird erhöht, was eine Hyperpolarisation der Zellmembran und Verkürzung der Aktionspotentialdauer nach sich zieht. Das stärker negative Ruhemembranpotential hat zur Folge, dass die Na+-Kanäle schneller wieder ihren erregbaren Zustand erreichen. Die erneute Auslösung eines Aktionspotentials ist früher möglich. Der Unterschied zum Neurotransmitter Acetylcholin besteht im langsameren Abbau durch das Enzym Cholinesterase im synaptischen Spalt, die Halbwertszeit von Carbachol ist daher länger. Im Experiment wurde Carbachol (Sigma- Aldrich Chemie GmbH, Steinheim) eine Konzentration von 1 μM verwendet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 12 Struktur von Carbachol und Acetylcholin

Strukturformel von Carbachol (links) und Acetylcholin (rechts) und deren struktureller

Unterschied, eine NH2- statt einer CH3-Gruppe (gestrichelt hervorgehoben).

2.3.3 2-[4-[(2,5-difluorophenyl)methoxy]phenoxy]-5-ethoxyaniline (SEA0400)

2-[4-[(2,5-difluorophenyl)methoxy]phenoxy]-5-ethoxyaniline (SEA0400) ist ein Blocker des Na+/Ca2+-Austauschers (NCX). Im Gegensatz zu anderen Blockern (z.B. Nickel oder KB- R7943) zeichnet sich SEA0400 durch seine relativ hohe Selektivität und seine größere Potenz aus (Matsuda et al., 2001; Tanaka et al., 2002). Bereits ab einer Konzentration von 1 μM findet eine 80% Hemmung statt. Um eine möglichst vollständige Hemmung zu erhalten, wurde in den vorliegenden Experimenten eine Konzentration von 10 μM verwendet. SEA400 wurde uns vom Institut für Pharmakologie und Pharmakotherapie der Universität Szeged zur Verwendung überlassen. Die verwendete Stammlösung bestand neben SEA0400 aus Dimethylsulfoxid (DMSO). Im Organbad wurde eine Konzentration von 10 μM erreicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 13 Strukturformel von SEA0400

2.3.4 Positiv inotrop wirkende Substanzen

Unter positiver Inotropie versteht man die Steigerung der Kontraktionsfähigkeit von Herzmuskelgewebe. Der Effekt entsteht durch die erhöhte Bereitstellung von Ca2+-Ionen innerhalb der Zelle über verschiedene Mechanismen, ausgelöst durch eine vermehrte Aufnahme oder eine verminderte Ionenabgabe. Auch eine gesteigerte Empfindlichkeit der Myofilamente für Ca2+ kann einen positiv inotropen Effekt auslösen.

2.3.4.1 Noradrenalin

Der sympathische Neurotransmitter Noradrenalin wurde in der vorliegenden Arbeit verwendet, um einen positiv inotropen Effekt zu erzeugen, wie er auch unter physiologischen Bedingungen im Körper auftritt. Noradrenalin (Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Steinheim) wurde in HCl (1 M) gelöst und mit Ascorbinsäure (200 μM) und EDTA (40 μM) versetzt, um eine Stammlösung mit der Konzentration 100 mM zu erhalten. Diese wurde zur Herstellung weiterer Verdünnungen verwendet. In der Tyrode wurden Konzentrationen von 10-9 M bis 10- 4 M erreicht. Die Pipettierschemen mit den dazugehörigen Stammlösungen ist in Tabelle 7 aufgeführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 14 Strukturformel von Noradrenalin

Tab. 7 Pipettierschema von Noradrenalin

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In der Versuchsreihe in Anwesenheit von SEA0400 und 4-Aminopyridin wurden die in (1) aufgeführten Pipetierschritte durchgeführt. Dagegen wurden in den Versuchen in Anwesenheit von IBMX die in (2) aufgeführten Konzentrationen verwendet.

2.3.4.2 3-Isobutyl-1-methylxanthin (IBMX)

3-Isobutyl-1-methylxanthin (IBMX) ist ein Phosphodiesterase(PDE)-Hemmstoff. Es unterbindet sowohl den cAMP- als auch den cGMP-Abbau und zählt daher zu den unselektiven Hemmstoffen. Aufgrund der Wirkung von IBMX resultiert eine Akkumulation von cAMP und cGMP innerhalb der Zelle. Die im Herzen vorkommenden PDE 3 und 4 sorgen vor allem für den Abbau des entstandenen Botenstoff cAMP, welcher eine zentrale Rolle bei der positiv inotropen Reaktion spielt. Durch die fehlende Spaltung werden Effektoren der cAMP/PKA-Signalkaskade verstärkt phosphoryliert. PDE-Hemmung löst allein einen positiv inotropen Effekt aus und verstärkt zusätzlich die Wirkung von Katecholaminen.

Im Versuch wurde IBMX in einer Konzentration von 10 μM verwendet, da in Vorversuchen ermittelt worden war, dass es unter dieser Konzentration einen deutlich positiv inotropen Effekt, sowie eine verschieben der Konzentrations-Wirkungs-Kurve für Katecholamine gibt. Dadurch konnte von einer deutliche Hemmung der Phosphodiesterase ausgegangen werden. Gelöst wurde IBMX (Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Steinheim) in DMSO um eine Stammlösung von 10-2 M zu erhalten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 15 Strukturformel von IBMX

2.3.4.3 4-Aminopyridin

4-Aminopyridin zählt zu den reversiblen Kaliumkanalblockern und blockiert bevorzugt transiente K+-Auswärtsströme. Die klinische Anwendung besteht zurzeit in der Behandlung von Multiple Sklerose. In unseren Versuchen wurde er benutzt, um die für die Repolarisation des Aktionspotentials notwendigen K+-Kanäle, den ultraschnellen Auswärtsgleichrichterstrom Ikur, sowie den transienten Kaliumauswärtsstrom Ito, zu blockieren. Diese beiden Ionenströme sind in der ersten Phase der Erregungsrückbildung aktiv. Eine Blockade der beiden hat eine Verschiebung der Plateauphase zu positiveren Membranpotential zur Folge (Wettwer et al., 2004).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 16 Strukturformel 4-Aminopyridin

Die maximale positiv inotrope Wirkung von 4-Aminopydin wird mit bereits 100 μM erreicht. Daher wurde im Experiment diese Konzentration verwendet. Zur Herstellung der 10-1 M Stammlösung wurde die 4-AP (Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Steinheim) in Reinstwasser gelöst. Der pH-Wert wurde mit Hilfe von HCl auf etwa 7,4 eingestellt.

3.4.3.4 G-Strophanthin (Ouabain)

g-Strophanthin oder auch Ouabain genannt gehört zu den herzwirksamen Glykosiden. Es wird seit bereits 150 Jahren medikamentös eingesetzt. Aufgrund ihrer positiv inotropen Wirkung, werden Glykoside vor allem bei Herzinsuffizienz verwendet.

Die Wirkungsweise herzwirksamer Glykoside ist bis heute noch nicht vollständig geklärt, jedoch existieren verschiedene Theorien über die Angriffspunkte und den Wirkmechanismus. Die heute am meisten vertretende Meinung besagt, dass Substanzen wie g-Strophanthin über eine Bindung an der Na+/K+-ATPase eine Hemmung dieser bewirkt. Durch die daraus resultierende Akkumulation von Na+ steigt der Gradient für andere Transporter, welche Na+ aus der Zelle hinaus schleusen. Zu diesen wird auch der NCX gezählt, welcher im Rückwärtsmodus im Gegenzug vermehrt Ca2+ in die Zelle bringt. Dieses soll wiederum für den positiv inotropen Effekt verantwortlich sein (Reuter et al., 2002a). Zur Überprüfung dieser Hypothesen, wurde der Einfluss einer NCX-Blockade auf die Wirkung g-Strophanthin im vorliegenden Experiment untersucht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 17 Strukturformel von g-Strophanthin

G-Strophanthin (Merck, Darmstadt) wurde in Reinstwasser gelöst, um eine 10-2 MStammlösung zu erhalten. Im Experiment wurde durch die Zugabe verschiedener Mengen Stammlösung eine Abstufung der Konzentrationen von 10-7 M bis 10-6 M erreicht (Tab. 8).

Tab. 8 Pipettierschema von g-Strophanthin

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.4 Grundprinzip und Aufbau der Versuchsapparaturen

Die Messungen wurden an zwei verschiedenen Messapparaturen vorgenommen, um einerseits die Kontraktilität andererseits Eigenschaften des Aktionspotentials zu beobachten. Während die Kontraktilitätsmessung von mir durchgeführt wurde, übernahm die Aktionspotentialmessungen Frau C. Fischer, technische Assistentin des Instituts. Diese Ergebnisse wurde mir im Nachhinein zur Auswertung übergeben.

2.4.1 Messung der Aktionspotentiale

Die Aktionspotential-Messapparatur (Abb. 18) ermöglicht es Potentialunterschiede zwischen dem intra- und extrazellulären Raum eines Gewebes zu erfassen. Es können stationäre Ruhepotentiale, aber auch sehr schnelle Potentialschwankungen, wie sie bei kardialen Aktionspotentialen auftreten, registriert werden. Hauptbestandteil dieser Apparatur ist eine modifizierte Glasmikroelektrode (nach Ling und Gerard) mit einer Öffnung der Pipette kleiner 1 μm, welche in das Gewebe eingestochen wird. Die Messelektrode befindet sich dabei in einem Pipettenhalter und ist mit einer schwerlöslichen Silberchloridschicht überzogen. Die mit Hilfe eines Ziehgerätes aus Glaskapillaren angefertigte Glasmikroelektrode wird darüber gestülpt und mit 3 M KCl-Lösung aufgefüllt. Sie hat den Vorteil, dass der Widerstand der Lösung so gering wie möglich gehalten wird und durch die sehr ähnliche Ionenbeweglichkeit von K+ und Cl- - Ionen Diffusionspotentiale vermieden werden. Eine Verfälschung des gemessenen Membranpotentials wird gering gehalten. Die Mikroelektrode wird in das zu untersuchende Gewebe eingestochen und kann so das intrazelluläre Potential erfassen, welches zum extrazellulären Potential als Referenzwert, erfasst durch die Referenzelektrode im Gewebebad, gemessen wird. Gütekriterium der Glasmikroelektrode ist ein Widerstand von 12 bis 15 M -Potential der Pipette von 10 - 15 mV.

[...]

Ende der Leseprobe aus 116 Seiten

Details

Titel
Funktionelle Veränderungen in humanen Vorhoftrabekeln bei chronischem Vorhofflimmern - In-vitro Untersuchungen mit dem selektiven Blocker des Na+/Ca2+-Austauschers SEA0400
Hochschule
Technische Universität Dresden
Note
magna cum laude
Autor
Jahr
2010
Seiten
116
Katalognummer
V262477
ISBN (eBook)
9783656509318
ISBN (Buch)
9783656509035
Dateigröße
4577 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
funktionelle, veränderungen, vorhoftrabekeln, vorhofflimmern, in-vitro, untersuchungen, blocker, na+/ca2+-austauschers, sea0400
Arbeit zitieren
Anja Rösler (Autor:in), 2010, Funktionelle Veränderungen in humanen Vorhoftrabekeln bei chronischem Vorhofflimmern - In-vitro Untersuchungen mit dem selektiven Blocker des Na+/Ca2+-Austauschers SEA0400, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/262477

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