Adalbert I. contra Heinrich V.


Seminararbeit, 2011

18 Seiten, Note: 1,3

Michael Kepling (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Jahr 1111 und die Folgen

3. Der Konflikt zwischen Kaiser Heinrich V. und Adalbert von Mainz
3.1 Der Bruch zwischen Kaiser und Erzbischof und die
Gefangennahme Adalberts
3.2 Die weitere Zuspitzung des Konflikts

4. Der Würzburger Hoftag 1121

5. Fazit

1. Einleitung

Wohl kaum eine andere Zeit war derart von ermüdenden Auseinandersetzungen zwischen Regnum und Sacerdotium, zwischen Kaiser- und Papsttum geprägt wie das Jahrhundert der salischen Königsdynastie (1024-1125). Die Ansprüche des Kaisertums, das auf seinen tradierten Rechten beharrte, kollidierten mit jenen des Papsttums, das im Begriff war, erste Führungsmacht in der Christenheit und zentrale Regierungsinstanz der Kirche zu werden.[1] Im Mittelpunkt stand dabei insbesondere der sogenannte Investiturstreit, im Zuge dessen die Frage erörtert wurde, wer eigentlich legitimiert sei, Bischöfe in ihr Amt einzusetzen: König oder Papst. Eine genuin theologische Frage also, die sich schnell jedoch ausweitete und bald schon nicht nur implizit vor allem darum kreiste, wer die eigentliche Führungsmacht in der Welt sei.

Die Konflikte zwischen Kirche und Welt lassen sich dabei keinesfalls auf die Konstellation einer Auseinandersetzung zwischen Papst und Kaiser beschränken. Vielmehr sah sich der Kaiser, vormals die unbestrittene Autorität im Reich,[2] insbesondere nach den umwälzenden Ereignissen des Jahres 1111 auch seitens seines Episkopats in seinem Machtanspruch bedrängt.[3] Denn ein Signum des ausgehenden 11. und beginnenden 12. Jahrhunderts liegt sicher in einer Intensivierung von Autoritäts- und Machtausübung,[4] in einem gewandelten Amts- und Herrschaftsverständnis, liegt in einem gestiegenen Verantwortungsgefühl der Fürsten für das Reich,[5] nicht zuletzt aber auch für das eigene Herrschaftsgebiet. Und ausgehend von diesem neuen Herrschafts- und Selbstverständnis bot sich den Bischöfen, zumal den mächtigen, genügend Spielraum, um vor dem Hintergrund des Investiturstreits auch ihre persönlichen politischen Ziele in Angriff zu nehmen. Als exemplarisch für eine solche Auseinandersetzung zwischen Kaiser und Bischof, die im Spannungsfeld des Investiturstreits ihre Wurzeln hat und abläuft, dabei aber politisch motiviert ist, erweist sich der Konflikt zwischen Kaiser Heinrich V., dem letzten salischen Herrscher, und Erzbischof Adalbert I. von Mainz. Das Ziel dieser Arbeit ist es nun, die Vorgänge besagter Auseinandersetzung näher zu beleuchten.

Dazu werden zunächst die umwälzenden Ereignisse des Jahres 1111 im Hinblick auf die Positionierung Adalberts während jener Vorgänge und im Hinblick auf die daraus entstandenen Folgen für das Verhältnis zwischen dem Kaiser und seinen Bischöfen skizziert, bevor der Ablauf des Konflikts zwischen Adalbert und Heinrich im Konkreten geschildert werden kann.

Es stellt sich dabei vor allem die vermeintlich banale Frage nach dem historischen Kontext. Liegt dieser in der Entwicklung des Investiturproblems, ausgehend von dem unter Papst Gregor V. auf der Bischofsversammlung von Poitiers im Jahre 1078 grundsätzlich erhobenen Verbot der Laieninvestitur?[6] Oder liegt er vielmehr im Wandel von Gesellschaft und Verfassung, der im Laufe des 11. Jahrhunderts eine „Zentralisierung“ der mit dem Bischofsamt verknüpften Funktionen, Pflichten und Aufgaben,[7] und damit gleichsam eine herrschaftliche Umprägung des Bischofsamtes ermöglichte und der ein grundsätzlich verändertes Herrschafts- und Amtsverständnis der Bischöfe zur Folge hatte?[8]

Denn auch wenn beide Aspekte einander bedingen,[9] mitunter zusammenwirken mögen und sich nicht zur starren antithetischen Gegenüberstellung eignen, muss hier dennoch klar differenziert werden, um die Konflikte zwischen Heinrich und seinen Bischöfen historisch richtig einordnen und die Motive der handelnden Protagonisten jeweils angemessen bewerten zu können. Eben dies ist das Ziel der vorliegenden Arbeit. Die aufgeworfenen Fragen sollen im Folgenden nun beispielhaft an der Auseinandersetzung Heinrichs V. mit Adalbert I. von Mainz erörtert werden.

2. Das Jahr 1111 und die Folgen

Schon die Erhebung Heinrichs V. zum König zu Beginn des Jahres 1106 zeigt die Hoffnung der Fürsten auf Frieden und Konsens nach den konfliktreichen letzten Herrschaftsjahren Kaiser Heinrichs IV.. So streicht Ekkehard von Aura in seiner Chronik heraus, dass Heinrich „von sämtlichen Fürsten Deutschlands“[10] gewählt worden sei. Die Geschlossenheit und Einheit der Fürsten wird hier deutlich, die sich allerdings – auch dies zeigt sich schon bei Heinrichs Königerhebung – unter Umständen auch gegen diesen richten konnte. Denn schon Erzbischof Ruthard von Mainz, der Heinrich zu Anfang Januar 1106 die Reichsinsignien übergab,[11] verband den feierlichen Akt mit einer Mahnung an den neuen König, es werde ihm wie seinem Vater ergehen, sollte er kein gerechter Lenker des Reiches und Beschützer der Kirche Gottes sein.[12] Diese Warnung vergegenwärtigt auch das sich verändernde Selbstverständnis der Fürsten, die zu Beginn des 12. Jahrhunderts in Folge einer Intensivierung ihrer eigenen Herrschaft einerseits mehr Verantwortung für das Reich zu tragen bereit waren, andererseits aber auch selbstbewusster als zuvor ihre persönlichen politischen Ziele zu vertreten und verfolgen wagten.

In den ersten Herrschaftsjahren zeigte sich jedoch vielmehr ein konsensuales Miteinander[13]

von König und Großen;[14] ohne nennenswerte Opposition der Fürsten konnte sich Heinrich auf eine umfassende Zustimmung der Fürsten stützen, was schon mit Blick auf den Reiseweg des königlichen Hofes, der ungehindert Zugang zu allen Regionen des Reiches fand, deutlich wird.[15] Henrich V. habe erkannt – schreibt Ekkehard von Aura –, und davon waren jene Jahre geprägt, dass „die Missachtung der Fürsten der Untergang des Reiches sei“[16].

Einer der führenden Männer aus jener neu geformten Einheit von König und Fürsten war Adalbert von Saarbrücken, den Heinrich V. noch 1106 zu seinem Kanzler erhob und der als solcher maßgeblich Einfluss auf die Politik Heinrichs in den folgenden Jahren ausüben sollte.[17] Im Frühjahr 1110 wurde er zum Erzbischof von Mainz ernannt, am 15. August 1111 als solcher investiert.[18] Die Ereignisse zwischen Wahl und Investitur aber sollten Erzbischof Adalbert I. von Mainz zu Heinrichs erbittertstem Gegner machen und – mehr noch – die Einheit im Reich, den Zusammenschluss von König und Bischöfen, auseinandersprengen.[19]

[...]


[1] Vgl. Jürgensmeier, Friedhelm: Das Bistum Mainz. Von der Römerzeit bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil, Frankfurt 1988, S. 83.

[2] Vgl. Weinfurter, Stefan: Das Jahrhundert der Salier (1024-1125), Ostfildern 2004, S. 9.

[3] Vgl. Weinfurter, Stefan: Canossa. Die Entzauberung der Welt, München 2006, S. 204.

[4] Vgl. Weinfurter: Das Jahrhundert, S. 73f.

[5] Vgl. etwa Keller, Hagen: Schwäbische Herzöge als Thronbewerber: Hermann II. (1002), Rudolf von Rheinfelden (1077), Friedrich von Staufen (1125). Zur Entwicklung von Reichsidee und Fürstenverantwortung, Wahlverständnis und Wahlverfahren im 11. Und 12. Jahrhundert, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 131, 1983, S. 123-162; Siefarth, Frank Martin: Friedenswahrung im Dissens: Fürstenverantwortung für das Reich in spätsalischer Zeit, in: Stefan Weinfurter/Franz Martin Siefarth: Macht und Ordnungsvorstellungen im hohen Mittelalter. Werkstattberichte, Neuried 1998, S. 107-124.

[6] Vgl. das auf dieser Bischofsversammlung beschlossene Investiturverbot: Mansi, Conciliorum collectio 20, Sp. 498B: Decrevit sancta synodus, ut nullus episcopus, abbas, presbyter vel quaelibet persona de clero accipiat de manu regis vel comitis vel cuiuslibet laicae personae donum episcopates vel abbatiae vel ecclesiae vel ecclesiasticarum rerum, sed episcopus a suo metropolitan, abbas, presbyter et ceterae inferiors personae a proprio episcopo.

[7] Vgl. Weinfurter: Das Jahrhundert, S. 73.

[8] Vgl. ebd., S. 72.

[9] Vgl. dazu Weinfurter: Canossa, S. 7f., der beispielsweise den Gang Heinrichs IV. nach Canossa, eines der wohl markantesten Ereignisse des Investiturstreits, gleichsam als „Kulminationspunkt“ und Ausgangspunkt auch für

tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen charakterisiert, und der das Auseinanderstreben von Welt und Kirche in den folgenden Jahrzehnten auch als Resultat der Folgen jenes Ereignisses verstanden wissen will.

[10] Ekkehard von Aura, Chronika ad a. 1106, Rec. 1, S. 204: …ab universis Germaniae principibus….

[11] Vgl. Haverkamp, Alfred: Aufbruch und Gestaltung. Deutschland 1056-1273, München 1993, S. 135f; Schlick, Jutta: König, Fürsten und Reich (1056-1159). Herrschaftsverständnis im Wandel (Mittelalter-Forschungen 7), Stuttgart 2001, S. 60.

[12] Annales Hildesheimenses ad a. 1106, S. 56: … si non iustus regni gubernator exstitisset et aecclesiarum Dei defensator, ut ei sicut patri suo evenisset. Vgl. dazu Druffel, August: Kaiser Heinrich IV. und seine Söhne, Regensburg 1862, S. 63; Dendorfer, Jürgen: Heinrich V. König und Große am Ende der Salierzeit, in: Die Salier, das Reich und der Mittelrhein, hg. von Tilman Struve, Böhlau 2008, S. 115-170, hier: 122.

[13] Zu Wirkungsmechanismen und Funktionsweise „konsensualer Herrschaft“, vgl. Schneidmüller, Bernd: Konsensuale Herrschaft. Ein Essay über Formen und Konzepte politischer Ordnung im Mittelalter, in: Paul-Joachim Heinig (Hg.): Reich, Regionen und Europa in Mittelalter und Neuzeit. Festschrift für Peter Moraw, Berlin 2000, S. 53-87.

[14] Vgl. dazu Weinfurter, Stefan: Reformidee und Königtum, in: Reformidee und Reformpolitik im spätsalisch-frühstaufischen Reich, hg. von Stefan Weinfurter (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 68), Mainz 1992, S. 1-45, hier: 21, der gar von einer „Heilsgemeinschaft“ von König und Fürsten spricht; Dendorfer: Heinrich V., S. 129; Schlick: König, S. 62.

[15] Vgl. Stüllein, Hans-Jochen: Das Itinerar Heinrichs V. in Deutschland, München 1971, S. 18-47; Dendorfer: Heinrich V., S. 115-170.

[16] Vita Heinrici IV. Imperatoris, hg. von Wilhelm Eberhard (MGH SS rer. Germ.), Hannover 1899, c. 13, S. 40: …principium autem conculcatio ruina regni est.

[17] Vgl. Weinfurter: Das Jahrhundert, S. 181; Schlick: König, S. 62; Hausmann, Friedrich: Reichskanzlei und Hofkapelle unter Heinrich V. und Konrad III. (MGH Schriften 14), Wien 1956, S. 11.

[18] Vgl. Jürgensmeier: Das Bistum, S. 80.

[19] Vgl. ebd., S. 80; Weinfurter: Canossa, S. 202.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Adalbert I. contra Heinrich V.
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Konflikte im Mittelalter
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
18
Katalognummer
V262453
ISBN (eBook)
9783656506188
ISBN (Buch)
9783656507260
Dateigröße
577 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
adalbert, heinrich
Arbeit zitieren
Michael Kepling (Autor:in), 2011, Adalbert I. contra Heinrich V., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/262453

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Adalbert I. contra Heinrich V.



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden