Die Reaktion US-amerikanischer Intellektueller auf die Anschläge vom 11. September 2001


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

19 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung
1.1. Fragestellung
1.2. Quellenlage

2. "Just war" oder "mad rush to war"?
2.1. "American Values"
2.2. "Dangerous folly"
2.3. Weitere Stimmen
2.4. Zusammenfassung

3. Von Afghanistan zum Irak

4. Zusammenfassung
4.1. Krieg gegen den Terror?
4.2. Krieg um Öl?
4.3. Fazit

Literatur

1. Einleitung

1.1. Fragestellung

"There are times when waging war is not only morally permitted, but morally necessary, as a response to calamitous acts of violence, hatred, and injustice. This is one of those times." - Aus dem von 60 US-amerikanischen Intellektuellen unterzeichneten offenen Brief mit dem Titel "What We´re Fighting For", veröffentlicht auf der Internetseite des "Institute for American Values".

In dieser Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, wie die Intellektuellen in den USA auf die Terroranschläge des 11. September reagierten. Neben dem zitierten Brief zählen dazu weitere öffentliche Stellungnahmen in mehreren offenen Briefen, Publikationen, Interviews usw. In Anbetracht des über-geordneten Seminarthemas "Pazifismus" liegt der Schwerpunkt dabei auf der Frage nach der Befürwortung von Krieg oder Frieden - andere, mit den Maßnahmen der US-Regierung einhergehende innenpolitische Probleme, können aus Platzgründen hier nur am Rande gestreift werden.[1]

Die meisten der hier vorzustellenden Äußerungen datieren aus dem ersten halben Jahr nach den Anschlägen. Sie beziehen sich vordergründig auf den Krieg in Afghanistan, welcher zu jener Zeit auf dem Höhepunkt des öffentlichen Interesses war. Nunmehr jedoch, nach 1 1/2 Jahren, bietet sich dem Beobachter ein veränderter Blickwinkel: Der Krieg in Afghanistan, obgleich keineswegs beendet, wird allgemein als "erledigt" betrachtet; dafür rückte seit Monaten der nächste militärische Einsatz näher, nämlich gegen den Irak, welcher am 20. März endgültig begonnen worden ist. Wenn dieser Einsatz auch offiziell als Fortführung des von George W. Bush ausgerufenen "Krieges gegen den Terror" behandelt wird, so gelten hierbei doch ganz andere Voraussetzungen als in Afghanistan. Vor diesem Hintergrund sollen die Reaktionen der US-amerikanischen Intelligenz noch einmal überprüft und kritisch beleuchtet werden.

Im zweiten Kapitel werden verschiedene Standpunkte dargestellt. Im Mittelpunkt stehen dabei die von jeweils einer größeren Anzahl Intellektueller unterzeichneten Manifeste, dazu kommen Interviews, Essays u.ä. Im darauffolgenden Kapitel wird der Bogen zur aktuellen Situation zu schlagen sein: Inwieweit besitzen die alten Erklärungsansätze vor dem Hintergrund des Irakkonfliktes noch Gültigkeit? Haben einige der erwähnten Intellektuellen gar ihre Meinung revidiert?

Aufgabe des 4. Kapitels wird schließlich der Versuch sein, aus dem Vorangegangenen ein Resümee zu ziehen. Der zentrale Aspekt wird dabei die Frage sein, ob die in zeitlicher Nähe zu den Anschlägen geäußerten Erklärungsmodelle auch auf den aktuellen Krieg bzw. die kommenden Kriege anwendbar sind: letztendlich beziehen sich alle Standpunkte ja auf die Reaktion auf die Terroranschläge - also auf den "Krieg gegen den Terror", den militärischen Kampf gegen die Urheber und Hintermänner des internationalen Terrorismus.

1.2. Quellenlage

Aufgrund der Aktualität der Ereignisse ist die Zahl der gedruckten Quellen zu diesem Thema noch nicht allzu groß. Abhandlungen in Buchform liegen im wesentlichen von Kritikern der Bush-Administration wie z.B. Noam Chomsky[2] oder Gore Vidal[3] vor; auch Michael Walzer nimmt in seiner neuesten Veröffentlichung[4] Stellung zum Afghanistan- und Irakkrieg.

Neben den bereits erwähnten Manifesten handelt es sich daher im wesentlichen um Artikel, Essays oder Interviews in den Printmedien, welche sich zum größten Teil auch in den jeweiligen Internetseiten abrufen lassen. Die m. E. ergiebigsten Quellen stellen dabei die Onlinearchive des "Spiegels", der "Zeit" und verschiedener Tageszeitungen wie vor allem der "Frankfurter Rundschau", welche ein Archiv zum Thema Terrorismus einrichtete, oder auch der "tageszeitung" dar.

2. "Just war" oder "mad rush to war"?

Die Bush-Administration reagierte schnell auf die Anschläge des 11. September: Osama bin Laden und sein Terrornetzwerk al-Qaida wurden als Urheber ausgemacht; von Afghanistan seine Auslieferung verlangt.[5] Als diese nicht erfolgte, begann am 7.10.2001 die Bombardierung des Landes.

Intellektuelle in den USA suchten derweil nach den Gründen für den Anschlag. Dabei ergaben sich verschiedene Erklärungsansätze, aus denen sich verschiedene Stellungnahmen zum Vorgehen der Regierung ableiteten. So wertete die Literaturwissenschaftlerin Susan Sontag bereits wenige Tage später die Angriffe als "einen Angriff, der als Konsequenz der Politik, Interessen und Handlungen der Vereinigten Staaten unternommen wurde."[6] Ähnlich sieht es Gore Vidal, der als Reaktion die Aufnahme eines Dialoges mit bin Laden unter Vermittlung der UN fordert.[7]

Samuel P. Huntington sah die Anschläge hingegen als "Angriff gemeiner Barbaren auf die zivilisierte Gesellschaft der ganzen Welt, gegen die Zivilisation als solche". Um "die Kräfte des Bösen" bekämpfen zu können, sei eine intensive Geheimdienstarbeit als "völlig neue Form der Kriegführung" notwendig.[8] Und für Michael Walzer lag der Grund in der "Wut über die Staatenbildung und die wirtschaftliche Entwicklung in der arabischen Welt, für die der Westen verantwortlich gemacht wird."[9]

Als der von Bush proklamierte "Krieg gegen den Terror" seit einigen Monaten in Afghanistan tobte und außer der Entmachtung der Taliban keine politischen Erfolge mit sich brachte, stellte sich allmählich die Frage nach der Legitimation dieses Krieges. Nach monatelanger Bombardierung und einer unbekannten Zahl von Opfern in der afghanischen Zivilbevölkerung war es den US-Streitkräften weder gelungen, al-Qaida zu zerschlagen noch seiner Anführer habhaft zu werden. In dieser Situation tauchte erstmals eine gemeinsame Stellungnahme einer Reihe von US-Intellektuellen auf.

2.1. "American Values"

Im Februar 2002 wurde auf der Internetseite des konservativen "Institute for American Values" ein offener Brief unter dem Titel "What We´re Fighting For" veröffentlicht.[10] Unterzeichnet wurde er von 60 Intellektuellen, darunter recht prominenten wie Samuel Huntington, Francis Fukuyama oder Michael Walzer.

Während die US-Truppen noch in Afghanistan kämpften, wurde in diesem Brief der Militäreinsatz nach folgendem Thesenmodell begründet und gerechtfertigt:

- Der Terroranschlag richtete sich - da er mit keinerlei politischen Forderungen verbunden war - nicht nur gegen die US-amerikanische Regierung, sondern vor allem gegen die amerikanische Gesellschaft: "Clearly, then, our attackers despise not just our government, but our overall society, our entire way of living. Fundamentally, their grievance concerns not only what our leaders do, but also who we are."
- Diese Gesellschaft definiere sich durch ihre Werte. Neben einigen Werten, die als "unattractive and harmful" bezeichnet werden, definiert der Brief vier grundlegende:
- "The first is the conviction that all persons possess innate human dignity as a birthright, [...] regardless of race or color."
- "Second, and following closely from the first, is the conviction that universal moral truths [...] exist and are accessible to all people."
- "The third is the conviction that [...] most disagreements about values call for civility, openness to other views, and reasonable argument in pursuit of truth."
- "The fourth is freedom from conscience and freedom of religion" als Grundlage anderer individueller Freiheiten.

Diese vier "Grundwahrheiten" besäßen universelle, weltweite Gültigkeit. Dem Einwand, daß sich diese Werte von westlichen, christlichen Zivilisationen herleiten, schließen sich die Verfasser nicht an: "We believe that certain basic moral truths are recognizable everywhere in the world."

- Gemessen an der Idee des "gerechten Krieges", welche gewisse Voraussetzungen für die Legitimation eines Krieges nenne , lehnen die Verfasser eine grundsätzliche Verneinung von Krieg ab: "To seek to apply objective moral reasoning to war is to defend the possibility of civil society and a world community based on justice."

[...]


[1] vgl. hierzu Norman Birnbaum, "Die formierte Öffentlichkeit", in: Georg Stein / Volkhard Windfuhr, "Ein Tag im September", Heidelberg 2002, S.206ff.

[2] Noam Chomsky, "9-11", New York 2002 (dt.: "The Attack", Hamburg 2002).

[3] Gore Vidal, "Ewiger Krieg für ewigen Frieden", Hamburg 2002.

[4] Michael Walzer, "Erklärte Kriege - Kriegserklärungen", Hamburg 2003. Vgl. auch die Rezension von Claus Leggewie, "Höhere Gewaltgründe", in: die tageszeitung (taz) vom 25.3.2003.

[5] Ernst-Otto Czempiel, "Weltpolitik im Umbruch", München 2002, S.110ff.

[6] Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 15.9.2001

[7] kulturSpiegel 10/2001, 24.9.2001, "Wir stiften nichts als Unruhe"

[8] Die Zeit 66/2001, "Nein, kein Kampf der Kulturen"

[9] taz, 24.11.2001, "Ich bin ein Patriot"

[10] "What We´re Fighting For. A Letter from America", http://www.americanvalues.org/html/follow_up.html. Alle nicht eigens belegten Zitate in diesem Abschnitt daraus entnommen.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Reaktion US-amerikanischer Intellektueller auf die Anschläge vom 11. September 2001
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Fakultät IV)
Veranstaltung
Pazifismus in Geschichte und Gegenwart
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
19
Katalognummer
V25912
ISBN (eBook)
9783638284097
Dateigröße
564 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Inhalt: Nach den Terroranschlägen des 11. September bekannte sich eine Reihe international renommierter US-Intellektueller in einer offenen Denkschrift zu der Kriegspolitik der Bush-Administration, kritische Stimmen dagegen nur vereinzelt zu vernehmen waren. Im Verlauf des Afghanistankrieges und der Vorbereitung des Irakkrieges kam es jedoch zumindest im Ansatz zu einer nationalen wie internationalen Diskussion über die moralische wie rechtliche Legitimität des amerikanischen Vorgehens.
Schlagworte
Reaktion, US-amerikanischer, Intellektueller, Anschläge, September, Pazifismus, Geschichte, Gegenwart
Arbeit zitieren
Maik Nolte (Autor:in), 2003, Die Reaktion US-amerikanischer Intellektueller auf die Anschläge vom 11. September 2001, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25912

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