Die Aschkenasen - Juden in Europa


Hausarbeit, 2001

23 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffserklärung
2.1 Aschkenasen
2.2 Antisemitismus
2.3 Pogrom

3. Die Geschichte der Aschkenasen
3.1 Hintergründe der jüdischen Siedlungsgeschichte
3.2 Territoriale Streuung - Auswanderung nach Europa
3.3 Jüdische Gemeinden in Deutschland
3.4 Kulturelle Bewegungen und geistige Strömungen im aschkenasischen Judentum
3.4.1 Geistige Strömungen im aschkenasischen Judentum

4. Antisemitismus in Europa
4.1 Die Kreuzzüge
4.2 Die Ritualmord- Legenden
4.3 Der Hostienfrevel
4.4 Die Brunnenvergiftung und die Pest
4.5 V ertreibung und Abwanderung nach Osteuropa
4.5.1 Die Vieländersynode - das goldene Zeitalter der Aschkenasen
4.6 Der Kosakenaufstand und seine Folgen
4.7 Der Nationalsozialismus und der daraus resultierende Holocaust
4.8 Das deutsche Judentum nach dem Krieg und in der Gegenwart

5. Resumé

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Verlauf des Seminars „Das Judentum in Geschichte und Gegenwart“ habe ich viele neue Eindrücke über das Judentum sammeln können, wie auch mein Wissen rund um das Volk der Juden erweitert. Das Thema „Die Aschkenasen - Juden in Europa“ hat mich sehr angesprochen, daher will ich im nachfolgenden Bericht meine gesammelten Erkenntnisse um die Geschichte der europäischen Juden wiedergeben.

2. Begriffserklärung

An dieser Stelle will ich einige Begrifflichkeiten erklären, zumal die korrekte Bedeutung verschiedener Formulierungen zum Verstehen des nachfolgenden Textes nötig sind. Doch nicht nur aus diesem Grund will ich auf den Bedeutungssinn einiger Begriffe eingehen, denn mein bisheriges Religionsstudium hat mir gezeigt, dass sich hinter vielen Formulierungen ein zeitlich weit zurückreichender und interessanter Ursprung verbirgt.

2.1 Aschkenasen

„...als Name eines unbekannten Volkes in der bibl. Völkertafel (1. Mos. 10,3) erwähnt; seit dem 11. Jahrh. in der hebräischen Literatur für Dtl. und dt. Juden verwendet. “ Brockhaus I (1973), S.133

„Als Aschkenas (nach 1. Mose 10,3) galt Deutschland,...Im modernen Sprachgebrauch gelten als Aschkenasim Juden des „westlichen“, europäischen Kulturkreises,... “ Ortag (1997), S.13

2.2 Antisemitismus

Antisemitismus ist ein allgemein bekannter und häufig gebrauchter Begriff, dennoch bezweifle ich, dass den meisten Menschen der Ursprung dieses Wortes überhaupt bekannt ist. Es stellt sich also die Frage, wieso die allgemeine Ablehnung der Juden Antisemitismus heißt. „Antisemitismus der, - die Abneigung oder Feindseligkeit gegen Juden.“ Brockhaus I (1973), S. 100. „Anti“ steht für „gegen“, doch wofür steht „Semitismus?“ Dieses lässt sich wie folgt erklären: Semitismus leitet sich von dem Eigennamen Semiten ab. Dieser hat seinen biblischen Ursprung in Sem, dem ältesten Sohn Noahs. Nach ihm wurde das Land benannt, dass später die Juden besiedelten. Sie nannten sich Semiten, abgeleitet von ihrem Urahn Sem.

2.3 Pogrom

Dieser Begriff stammt aus dem russischen und bedeutet übersetzt „Verwüstung.“ Man nutzte diesen Ausdruck vor allem für Übergriffe gegen Juden. „...Hetze mit Gewalttaten gegen eine Bevölkerungsgruppe, bes. gegen Juden. “ Brockhaus IV (1973), S. 228

3. Die Geschichte der Aschkenasen

Die Anfänge der jüdischen Kultur innerhalb Europas lassen sich nur schwer datieren, bzw. rekonstruieren, da es ausgesprochen wenige Aufzeichnungen über die frühen jüdischen Siedlungsaktivitäten gibt. Laut Barnavi sind die Zeugnisse in sich sehr widersprüchlich und nur fragmentarisch zu finden. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass die ersten europäischen Ansiedlungen jüdischer Gemeinden die Größe eines Familienverbandes meist nicht überstiegen haben. Dennoch gibt es viel Fragmente, die zusammengefügt einen chronologischen Ablauf der jüdischen Siedlungsgeschichte in Europa ermöglichen.

3.1 Hintergründe der jüdischen Siedlungsgeschichte

Obwohl das Volk der Juden vom Anbeginn ihrer Geschichtsschreibung, vor mehr als dreitausend Jahren, ein Wandervolk war, gab es lange Zeit keine größeren jüdischen Siedlungsbewegungen. Die Juden waren Wanderhirten, die in Nomadenstämmen zusammenlebten. Sesshaft wurden sie erst nach der biblischen Wanderung durch die Wüste Sinai (unter Moses Führung) im Lande Kanaan.

Im Jahr 597 v. Chr. registrieren wir die erste große Siedlungsbewegung der Juden. Der babylonische Kronprinz Nebukadnezar erstürmte mit seinem Heer Jerusalem, nahm die Stadt ein und verschleppte einen sehr großen Teil der Bewohner ins babylonische Reich. Das Gleiche geschah noch mal im Jahr 588 v. Chr. Zu jenem Zeitpunkt wurden mehrere Zehntausende Juden ebenfalls nach Babylon verschleppt. Dies war die erste, wenn auch ungewollte Umsiedlung der Juden.

Die zweite große Umsiedlung erfolgte durch die Jüdischen Kriege, circa 70. n. Chr. Viele Juden wurden zu jener Zeit gefangen und deportiert, oder sind aus Angst vor dem Krieg geflohen und haben sich anderswo niedergelassen. Schließlich, nachdem die Römer die Stadt Jerusalem erobert, zerstört und in eine Militärkolonie Namens „Aelia Capitolina“ umgewandelt hatten, waren die Juden gezwungen, auszuwandern. In Folge der römischen Besatzung vor und nach den Jüdischen Kriegen wanderten viele Juden in benachbarte Länder, aber auch nach Europa aus.

3.2 Territoriale Streuung - Auswanderung nach Europa

,, Um die Zeitwende gab es mutmaßlich acht Millionen Juden auf der Welt: etwa zwei Millionen lebten in Judäa, jeweils eine Million in Babylonien, Ägypten, Syrien und Kleinasien. Bedeutende jüdische Gemeinschaften bildeten sich schon vor den Jüdischen Kriegen in Mittel- und Süditalien und in europäischen Garnisionsstädten wie Corduba (Cordoba), Massilia (Marseille), Londinium (London), Augusta Treverorum (Trier) oder Colonia Agrippina (Köln). “ Ortag (1997), S. 77

Die Aussage Ortags zu der zeitlichen Ansiedlung der Gemeinschaften in Europa sind ausgesprochen interessant, konnten aber nicht belegt werden. Die ältesten Hinweise auf die Existenz jüdischer Gemeinschaften in Europa stammen aus dem Jahr 321 n .Chr. Dabei handelt es sich um eine Kölner Urkunde, einem Dekret von Konstantin dem Großen, in dem verfügt wurde, dass Juden in die Kurie, dem Stadtregiment, berufen werden konnten (Vergleiche Gay (1992) S. 18). Dies lässt darauf schließen, dass zu jener Zeit sich bereits jüdische Bürger in der Stadt befanden, da das Dekret ansonsten überflüssig gewesen wäre. So bestätigt auch Greive die Existenz jüdischer Gemeinden innerhalb Europas um das 3. Jahrhundert: „Die früheste Grabinschrift stammt indes aus dem 3. Jahrhundert und ist in Adra, dem alten Abdera, gefunden worden. “ Greive (1980), S. 15.

Gay und Greive sind die einzigen Autoren meiner ausgewählten Quellen, die von einer derart frühen Judenexistenz in Europa berichten. Häufiger wird das fünfte und sechste Jahrhundert n. Chr. als Zeitraum der ersten jüdischen Gemeinschaften innerhalb Europas genannt. So auch z.B. Barnavi: ,,Die früheste Überlieferung im Mittelalter spricht von Kolonien levantinischer oder syrischer Händler in Städten nördlich der Lore oder im südlichen Gallien während des 5. und 6. Jahrhunderts. “ Barnavi (1993), S. 78. Die Levantiner sind laut dem Brockhaus arme jüdische Händler. Der Begriff ist abwertend zu verstehen.

Im weiteren Verlauf der Jahrhunderte registrierte man kaum eine zahlenmäßige Schwankung in der jüdischen Bevölkerung innerhalb Europas. Erst um das 11. Jahrhundert n. Chr. nahmen die jüdischen Gemeinschaften enorm zu. So zählte man um das Jahr 1.000 n. Chr. allein in Deutschland etwa 4000 Juden. Am Ende des 11. Jahrhunderts waren es bereits 20.000.

3.3 Jüdische Gemeinden in Deutschland

Auch in Deutschland wuchsen die jüdischen Gemeinden. Die Städte Köln, Mainz, Worms, Speyer, Regensburg und Trier galten als bedeutende jüdische Siedlungen und waren das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum deutscher Juden. Die Juden waren trotz ihres geringen Bevölkerungsanteiles ein bedeutender Faktor im Handel und öffentlichem Leben. So bekleideten sie viele wichtige Berufsschichten, wie z.B. im Handwerk, der Medizin, Handel oder auch im Geldwesen. Die Juden haben aufgrund ihrer Tätigkeiten entscheidend an der Herausbildung mittelalterlicher Stadtkulturen innerhalb Deutschlands mitgewirkt. Im gesamten Rhein- Main- Gebiet entstanden bedeutende Stätten abendländisch- jüdischer Gelehrsamkeit. Dabei werden den Städten Worms und Mainz die ruhmreichsten Lehrhäuser zugeschrieben. Ihnen entstammen führende Persönlichkeiten des europäischen Judentums, wie z.B. Gerschom ben Juda oder Schlomo ben Isaak, der unter dem Synonym Raschi zu unsterblichen] Ruhm in der jüdischen Geschichte gelangte.

Zu der Zeit von Kaiser Otto I. (Reg. von 936-973 n. Chr.) wird in Hebräischen Quellen erstmalig von den „Aschkenas“ berichtet. Seitdem verbinden die jüdischen Gelehrten mit diesem Ausdruck die jüdischen Gemeinden im deutschen Raum.(Vergleiche Herzig (1997), S. 26)

3.4 Kulturelle Bewegungen und geistige Strömungen im aschkenasischen Judentum

Im Vorwege sei gesagt, dass nicht nur im Nordeuropäischen Judentum bedeutende kulturelle Bewegungen stattfanden. Spanien galt z. B. seit dem 10. Jahrhundert als das berühmteste Zentrum jüdischer Dichtung, Philosophie, Mystik und Naturwissenschaft. So wurden nicht nur bedeutende Schriftwerke in großem Umfang übersetzt, es entstanden auch viele Schriftwerke, die die Grundlage für die Wissenschaft im späten Mittelalter legten. Ein weiteres Phänomen dieser Zeit war die Tatsache, dass durch die jüdischen Bestrebungen die Arabische Sprache durch das Hebräische als Sprache der Wissenschaft ersetzt wurde.

Die jüdischen Emigranten versuchten ihre eigene Kultur beizubehalten, was jedoch oft mit ernsthaften Problemen verbunden war. So stieß ihre Kultur aufgrund ihrer Fremdartigkeit innerhalb der Bevölkerung auf Misstrauen und Ablehnung. Erst als der Papst Gregor der Große entschieden hatte, dass den Juden aufgrund ihrer Existenzberechtigung der Bau von Synagogen gestattet wurde, konnten sie sich kulturell entfalten. (Vergleiche Herzig (1997), S. 28 ff.) Die ersten Synagogen Deutschlands entstanden in Köln (ca. 1020), Trier (1066), Speyer (1090), Worms (1174/75) und Regensburg (ca. 1225). Mit dem Bau der Synagogen traten auch die ersten kulturellen Veränderungen auf. Schon bald bildeten sich rund um die Gotteshäuser Judenquartiere, die sogenannten Judengassen. Vielerorts wurden diese mit hohen Mauern umfriedet, um sich von der Außenwelt abzugrenzen und zu schützen. Diese halfen aber auch nicht vor dem Kreuzzugspogrom, so dass die Mauern in der Folgezeit verschwanden. Sobald genug Juden in dem Wohngebiet ansässig waren, schuf man Gemeinschaftseinrichtungen wie den Friedhof, Schlacht- und Backhäuser, das Gemeinschaftsbad für die rituelle Reinigung, usw. Interessant erscheint auch der Aspekt, dass die jüdischen Wohngebiete anfänglich nahezu immer in der Nähe der Stadtmauer angesiedelt wurden. Im späteren Zeitverlauf, durch die Expansion der Ortschaften, lagen die jüdischen Viertel dann in bester Lage, d.h. in den Handelszentren der Städte.

Trotz der gewaltigen Distanz zu ihrer Heimat Israel, hielten die aschkenasischen Juden an ihren kulturellen Traditionen fest. „...dann kam um so mehr jede Vernachlässigung oder Änderung eines Brauches einer Entweihung gleich. “ Grözinger (1991), S. 104. Dennoch entstanden gerade in aschkenasischen Gemeinden neue Bräuche, Gesetze, Institutionen und Sprachen. Erwähnt seien hier das Bet Din, das rabbinische Gericht. Dieses wurde eingeführt, um bei Streitigkeiten innerhalb der jüdischen Gemeinden den Gang vor das christliche Gericht zu ersparen. Auch der Schulklopfer ist ein Relikt der Aschkenasen. Der Schulklopfer war ein Ratsdiener, der die Funktion inne hatte, die Gemeinde morgens durch das Klopfen an der Haustür an das Morgengebet zu erinnern, oder durch die gleiche Geste den Tod eines Gemeindemitgliedes zu verkünden. CVergleiche Gay (1993), S. 44-45) Auch die Anordnung von Gerschom ben Jehdua (ca. 950-1028) aus Mainz wird noch heute eine große Bedeutung beigemessen. Er verfügte, dass fürderhin der Mann nicht mehr das Recht hatte, mehr als eine Frau zu haben und dass ohne Zustimmung der Ehefrau die Scheidung nicht mehr vollzogen werden durfte. (Vergleiche Elbogen (1988), S. 25 und Beuys (1996), S. 199 ff.) Als außerordentlich bedeutende Errungenschaft der europäisch- jüdischen Kultur gilt das Jiddisch. Jiddisch ist eine Sub- Sprache, die auf dem Mittelhochdeutsch basiert und mit Begriffen aus dem hebräischem, lateinischem und französischem durchsetzt ist. Jiddisch etablierte sich im 12. Jahrhundert n. Chr. und breitete sich in den folgenden Jahrhunderten sehr stark im europäischen Raum aus. (Vergleiche Ortag (1997), S. 33 ff.)

3.4.1 Geistige Strömungen im aschkenasischen Judentum

Im Verlauf der Jahrhunderte brachte das europäische Judentum unzählige Philosophen, Wissenschaftler, Ärzte und Führerpersönlichkeiten hervor, aber nur wenige von Ihnen erlangten unsterblichen Ruhm in der aschkenasischen Geschichte.

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Details

Titel
Die Aschkenasen - Juden in Europa
Hochschule
Universität Lüneburg  (Erziehungswissenschaften)
Veranstaltung
Das Judentum in Geschichte und Gegenwart
Note
gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
23
Katalognummer
V2576
ISBN (eBook)
9783638115568
Dateigröße
570 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aschkenasen, Pogrom, Kreuzzüge
Arbeit zitieren
Dirk Bauer (Autor:in), 2001, Die Aschkenasen - Juden in Europa, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2576

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