Die pluralistische Theologie der Religionen


Hausarbeit, 2001

26 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Autor Paul F. Knitter

3. Begriffserklärung
3.1 Pluralismus
3.2 Zen
3.3 Kontemplation
3.4 Spiritualität
3.5 Integrität
3.6 Ideologie
3.7 Quietismus

4. Das Modell der pluralistischen Theologie der Religionen
4.1 Gründe für eine pluralistische Theologie der Religionen
4.1.1 Intellektuelle Integrität
4.1.2 Theologische Integrität
4.1.3 Ethische Integrität
4.1.4 Biblische Integrität

5. Christentum und Weltreligionen - Erkenntnisse auf dem Weg in die pluralistische Theologie der Religionen

6. Die Religionen im Dialog

7. Pluralismus und Befreiung - Ein Diskurs der Notwendigkeit

8. Ein pluralistischer Dialog am Beispiel Buddhismus - Christentum

9. Resumé

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In einer Welt, in der die westlichen Religionen, aber vor allem das Christentum mehr und mehr an Bedeutung verlieren, bedarf es neuer Impulse, das religiöse Zusammenleben und die kirchlichen Lehren dem Menschen wieder nahezubringen. Das die alten Strukturen dies nicht vermögen, ist offensichtlich. Zu stark sind die Einflüsse der Umwelt, zu veraltet die Lehren und zu versteift die Ansichten der Kirche in Bezug auf die Realität. Unser Leben wird nicht mehr geprägt oder gar bestimmt vom Christentum. Warum? Hat der Mensch die Hoffnung und den Glauben verloren oder haben sich einfach nur die Zeiten und die damit verbundenen Lebensumstände geändert? Lebensumstände, in denen Gott nicht mehr soviel Platz eingeräumt wird. Die Gründe für diese Entwicklung sind schwer nachzuvollziehen, aber mit Sicherheit lässt sich der Kontakt zu anderen Weltreligionen, dem Islam, dem Buddhismus, dem Hinduismus etc. und die Erkenntnis, wie auch die Akzeptanz dieser Religionen hier mit anführen. Gilt in der christlichen Lehre Gott nicht als einzig wahrer Gott? Doch was ist mit den Lehren anderer monotheistischer Religionen? Sie verehren auch nur einen Gott, denselben Gott? Stimmen einige Religionen im Kern vielleicht sogar überein und unterscheiden sich lediglich nur in ihrer Auslegung? Viele dieser Fragen sind in den letzten Jahrzehnten aufgekommen. Fragen, die das Christentum unbeantwortet lässt und Fragen, die auch unbeantwortet bleiben würden, wenn sich ihnen keiner annehmen würde. Hier greifen die Erkenntnisse von Knitter, aber auch anderen erfolgreichen Theologen und Philosophen, wie z.B. John Hick, die sich mit dem Modell der „Pluralistischen Theologie der Religionen“ beschäftigen, ein Modell das Antworten geben kann. Eines der berühmtesten Werke, dieses Modell betreffend, ist Knitters „Horizonte der Befreiung“, mit dem ich mich intensiv auseinandergesetzt habe. In dem nun folgenden Bericht will ich meine eigenen Eindrücke, aber auch Knitters Theorien zu einer Pluralistischen Theologie der Religionen schildern.

2. Der Autor Paul F. Knitter

Paul F. Knitter, geboren 1939 in Chicago, studierte in Münster und Marburg die Wissenschaft von der Theologie. In Marburg promovierte er schließlich zum Doktor der Theologie. In den darauffolgenden Jahren lehrte er als Mitglied der „Societas Verbi Divini“ an der Catholic Theological Union in Chicago. Den Höhepunkt seiner Karriere erreichte er 1975, als er den Lehrstuhl für Systematische Theologie und Religionswissenschaften an der Xavier University in Cincinnati, Bundesstaat Ohio, verliehen bekam. Knitter ist ein bekannter Autor und Herausgeber vieler religionswissenschaftlicher Schriften und Bücher. Seit 1984 engagierte er sich zunehmend in diversen Friedensgruppen und bereiste die ganze Welt, um seine Studien voranzutreiben oder Vorträge zu halten. Immer wieder suchte er dabei den Kontakt zu Menschen anderer Religionen, so verwundert es auch nicht, dass seine letzten Werke sich nahezu ausschließlich mit dem interreligiösen Dialog, der Ökumene und vor allem dem religiösen Pluralismus beschäftigen.

3. Begriffserklärung

An dieser Stelle will ich einige Begrifflichkeiten erklären, zumal die korrekte Bedeutung verschiedener Formulierungen zum Verstehen des nachfolgenden Textes nötig ist.

3.1 Pluralismus

,,Pluralismus (lateinisch plures: mehrere). Pluralismus bezeichnet eine Gesellschaftsform, in der verschiedene mehr oder weniger unabhängige gesellschaftliche Gruppen um sozialen und politischen Einfluss in Wettbewerb stehen. Gesellschaftliche Gruppen können politische Parteien, religiöse Gemeinschaften, Interessenvertretungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern oder Bürgerinitiativen sein. Pluralismus erstreckt sich auf Werte, Interessen, Verhaltensnormen, Weltanschauungen oder Religionen, die teilweise Zusammenarbeiten, sich ergänzen oder auch bekämpfen können.

Pluralismus ist das Ergebnis einer differenzierten Sozial- und Herrschaftsstruktur und hebt sich damit von traditionellen, sakralen und totalitären Gesellschaftsordnungen ab. Beispiele für solche nichtpluralistischen Herrschaftsstrukturen sind Kastenordnungen, religiös orientierte „ Gottesstaaten “ und Diktaturen. Die in einer pluralistischen Gesellschaft erreichte Kompliziertheit und Vielgestaltigkeit erfordert einen hohen Grad an Planung und Organisation. Daher ist die Tendenz zur Bürokratisierung innerhalb der ganzen Gesellschaft oder zumindest in ihren Teilbereichen wie Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Medien, Sport, Kunst, Kultur und Erziehung meist ausgeprägt. Jeder dieser Teilbereiche und ihre wichtigen Einflussgruppen sind im Pluralismus insofern unabhängig, dass ein Teilbereich einen anderen nicht völlig beherrschen kann, da alle Teilbereiche untereinander abhängig sind. Durch diese gegenseitige Abhängigkeit und teilweise Unabhängigkeit entsteht im Pluralismus eine ständige Kontrolle aller gesellschaftlichen Einflussgruppen und die ständige Suche nach gesellschaftlich tragfähigen Kompromissen.

Pluralismus bewirkt für den Einzelnen in der Gesellschaft mehr Freiheit, indem er das Individuum vor einseitiger Beeinflussung und Willkür des Systems schützt: Im Pluralismus schließen gegenseitig einschränkende, teils aufhebende, teils unterstützende Ansprüche die alleinige Herrschaft einer Gruppe aus. “ Microsoft Encarta 98 Enzyklopädie (1993 - 1997)

3.2 Zen

„Zen, buddhistische Schule der Meditation, die in China und später in Japan aus der Verschmelzung des indischen Mahayana-Buddhismus und dem chinesischen Taoismus entstand. Der japanische Begriff Zen entwickelte sich aus dem chinesischen Ch ’an, das vom Sanskrit-Wort dhyana abgeleitet ist und einen meditativen Zustand innerer Versenkung bezeichnet. Dhyana meint in erster Linie den Bewusstseinszustand eines Buddhas, dessen Geist sich nicht mehr um die Unterscheidung zwischen der Individualität des einzelnen im Vergleich zu anderen bemüht. Alle buddhistischen Strömungen vertreten die Auffassung, dass jedes Ding nur in Relation zu einem anderen existiert. Dieses Charakteristikum der „Leere“ (Sanskrit sunyata) verweist indes nicht auf die Nichtigkeit der Welt, sondern sagt lediglich aus, dass kein System fester Definitionen oder Klassifikationen die Natur zu erfassen vermag. Die Wirklichkeit ist das „So-Sein“ (Pali tathata) der Natur oder der Welt, unabhängig von allen damit verbundenen Gedanken. Zen ist der chinesische Weg zum buddhistischen Ziel, die Welt so zu betrachten, wie sie ist, ohne ihr eigene Ideen oder Gefühle (Sanskrit trishna) hinzuzufügen. Diese Haltung des „Nicht-Geistes “ (chinesisch wu-hsin) entspricht einer Bewusstseinsstufe, auf der die Gedanken vorbeifließen, ohne Spuren zu hinterlassen. Im Gegensatz zu anderen buddhistischen Richtungen lässt diese Ebene sich in der Philosophie des Zen nicht durch eine graduelle Praxis erlangen, sondern muss sich direkt und plötzlich in einer Art Erleuchtungserlebnis äußern (chinesisch tun-wu; japanisch satori). “ Microsoft Encarta 98 Enzyklopädie (1993 - 1997)

3.3 Kontemplation

Kontemplation meint im religiösen Sinne die Versunkenheit in das Werk und Wort Gottes oder einer Gottheit. Man bringt diesen Begriff auch in Verbindung mit dem „...beschauliches Nachdenken u. geistiges Sichversenken in etwas. “ LexiROM (1995)

3.4 Spiritualität

Spiritualität wird gleichgesetzt mit der „Geistigkeit“ oder „Materialität.“ LexiROM (1995)

3.5 Integrität

Dieser Ausdruck bedeutet kurz und knapp: „Makellosigkeit, Unbescholtenheit oder Unbestechlichkeit. “ LexiROM (1995)

3.6 Ideologie

„Ideologie (griechisch: die Lehre von den Ideen), im heutigen Sprachgebrauch steht der Begriff Ideologie für das gesamte Denk-, Wertungs- und Normensystem einer Gesellschaftsgruppe, besonders aber in pejorativem Sinne für weltfremde Dogmatismen und starre, einseitige, interessenverzerrte Weltkonzepte, die alle (gesellschaftlichen)] Probleme auf sehr wenige oder gar eine einzige Ursache zurückführen und für deren Lösung den richtigen Weg zu wissen vorgeben. Von einer Ideologisierung spricht man demgemäss dann, wenn an die Stelle einer kritischen Objektivität ein als unhintergehbar behauptetes, den objektiv beobachtbaren Tatsachen zuwiderlaufendes Wert- und Wahrheitsmaß gesetzt wird. Dies war insbesondere der Fall im Faschismus (in Deutschland in seiner spezifischen Ausformung des Nationalsozialismus) und im Kommunismus, den beiden großen Ideologien des 20. Jahrhunderts. “ Microsoft Encarta 98 Enzyklopädie (1993 - 1997)

3.7 Quietismus

,, Quietismus (lateinisch quietus: ruhig, zurückgezogen), allgemein eine Haltung der Seelenruhe, die religiös oder philosophisch begründet ist. Der Quietismus führt zu einer mystischen Erfahrung und ist nicht auf das Christentum beschränkt, sondern findet sich in jeder Mystik, vor allem in der Philosophie des Hinduismus. “ Microsoft Encarta 98 Enzyklopädie (1993 - 1997)

4. Das Modell der pluralistischen Theologie der Religionen

Die Pluralistische Religionstheologie ist ein Denkmuster, welches von einer äquivalenten Gleichordnung der Religionen ausgeht. Bisher liegen zu diesem Denkmuster erst eine kleine Anzahl von Entwürfen vor, so dass man noch nicht von einem vollständig entwickelten Modell sprechen kann. Dennoch lassen sich bereits mehrere gute Ansätze ableiten und auch zwei bedeutende Zentralsätze formulieren, die Knitter beschäftigten:

1. Alle Religionen stehen in einem Zusammenhang letztlicher Gemeinsamkeit. Sie gehen auf den gleichen Transzendenzgrund zurück, sind in vielen Wesenszügen einander verwandt und steuern auf dasselbe Heilsziel zu.
2. In den Religionen wird diese letztliche Gemeinsamkeit kontextspezifisch verschieden ausgestaltet. Genau wie John Hick, vertritt Knitter den Standpunkt, dass nicht mehr die Kirche, das Christentum oder Christus das Subjekt des religiösen Geltungsanspruches ist. Beide stellen Gott in das Zentrum der Religion(en) und deren theologischen Reflexion, so dass nur Gott allein der Absolutheitsanspruch gebührt. Das nachfolgende Modell, welches John Hick bereits verwendete, verdeutlicht die inhaltliche Aussage:

Die Verschiebung des religiösen Zentrums von Kirche, Christentum und Christus hin zu Gott ist im Sinne der Pluralistischen Theologie der Religionen notwendig, genau wie die Erkenntnisse des Kopernikus. Das Modell des heliozentrischen Planetensystems (die Planeten umkreisen die Sonne) des Kopernikus löste seinerzeit das Modell des geozentrischen Planetensystems (die Erde ist der Mittelpunkt des Weltalls) ab. So wie in diesem Modell das Zentrum des Weltalls von der Erde auf die Sonne verschoben wurde, so soll es auch in der Welt der Religionen geschehen. Die außerchristlichen Religionen sollen nicht mehr um das Christentum kreisen, sondern alle Religionen, einschließlich das Christentum, sollen um Gott zentriert werden.

4.1 Gründe für eine pluralistische Theologie der Religionen

,,Da die Christen anderen Religionen gegenüber heute in einer Weise begegnen, sie erleben, verstehen und von ihnen herausgefordert werden wie nie zuvor in der Geschichte des Christentums, ist in Kirche und Theologie der Ruf nach einer Reform des christlichen Verständnisses der religiös Andersgläubigen inzwischen unüberhörbar geworden. “ Knitter (1997), S. 157. Doch wie kann diese Reform von sich gehen? Knitter verweist darauf, dass immer mehr Christen, aber auch christliche Theologen den Stellenwert anderer Religionen erkennen und die Gleichheit der verschiedenen religiösen Wege akzeptieren. Man zieht sogar in Erwägung, dass die christliche Religion eine unter vielen sein kann. Dies eröffnet den Zugang zu einer pluralistischen Anschauung der Religionen. Im Folgenden soll geklärt werden, warum und wie christliche Theologen sich für dieses Modell aussprechen. Knitter hat in diesem Zusammenhang vier verschiedene Wege analysieren können, welche alle die pluralistische Theologie der Religionen verfolgen.

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Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Die pluralistische Theologie der Religionen
Hochschule
Universität Lüneburg  (Erziehungswissenschaften)
Veranstaltung
Die Frage nach Gott
Note
gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
26
Katalognummer
V2575
ISBN (eBook)
9783638115551
ISBN (Buch)
9783638716895
Dateigröße
603 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Knitter, Pluralismus
Arbeit zitieren
Dirk Bauer (Autor:in), 2001, Die pluralistische Theologie der Religionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2575

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