Der Fall der Mauer und die Medien - Versuch einer medienbigraphischen Bearbeitung


Hausarbeit, 2002

28 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

1.0. Einleitung

2.0. Methoden

3.0. Hauptteil
3.1. Kurze Chronologie der Ereignisse um den Mauerfall
3.2. Vorstellung der Interviewten
3.3. Analyse zum Thema Mediennutzung

5.0. Schluß

Literaturliste

Anhang: Transkriptionen

1.0. Einleitung

Der Gegenstand der folgenden Arbeit ist der Fall der Mauer und die Frage, welche Rolle die Nachrichtenmedien bei der Rezeption dieses Ereignisses gespielt haben. In diesem Sinne ist die Arbeit ein Beitrag zur allgemeinen Medienfoschung, die sich mit der Frage nach der Bedeutung von Medien im Leben von Menschen bzw. im Rahmen gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen befaßt.

Das Datenmaterial bilden drei narrative Interviews nach Schütze (dazu mehr im Methodenteil), mit InformantInnen unterschiedlichen Alters, Geschlechts und Milieus. Sowohl Ost- als auch Westdeutschland sind vertreten.

Die Interviews wurden im Rahmen des Seminars „Methoden der Rezeptionsforschung“ von jeweils verschiedenen Studierenden erhoben.

Das Thema Mauerfall bietet sich als Thema einer solchen Untersuchung von daher an, weil davon auszugehen ist, daß es ab einem bestimmten Alter von praktisch jede/r/m rezipiert wurde. Ebenso ist zu vermuten, daß diese Rezeption bei fast allen zu einem gewissen Grad über Medien und hier vor allem das Fernsehen abgelaufen ist.

Interessant ist, welcher Art die Mediennutzung ist, wie sie variiert, und ob dabei eine Abhängigkeit von anderen Faktoren, wie Alter, Wohnort, politische Gesinnung etc. sichtbar wird. Außerdem kann das Material daraufhin befragt werden, inwieweit medienvermittelte Bilder auch in Kontexten auftreten, wo von Medien eigentlich gerade gar nicht die Rede ist.

Das Spannende an der biographischen Methode ist der tiefe Einblick des/der Forscher/s/in in die Lebenswelt der Befragten, wie er so bei anderen Erhebungsmethoden nicht vorkommt.

In diesem Sinne bedeutet eine solche Forschung immer schon allein durch diesen Einblick einen Erkenntnisfortschritt und eine Bereicherung der/des Forscher/in/s.

Die Arbeit ist folgendermaßen gegliedert: Zunächst werde ich in Kap.2.0 Methoden die biographische Methode kritisch betrachten und meine eigenen theoretischen und praktischen Konzepte darlegen. In Kap.3.0 Hauptteil werde ich nach einer kurzen Auflistung der historischen Ereignisse (Kap.3.1) in Kap 3.2 für jede/n Interviewte/n eine Kurzdarstellung liefern, die nicht nur die medienbezogenen sondern alle Aspekte, die im Interview vorkommen zusammenfaßt. Anschließend werde ich in Kap.3.3 eine speziell auf Medien bezogenen Analyse durchführen. Das Schlußkapitel 4.0 wird die übliche Zusammenfassung und einen Ausblick enthalten.

2.0. Methoden

Die biographische Methode erfreut sich seit Mitte der 70er Jahre in Deutschland einer zunehmenden Beliebtheit und Verbreitung. Ein grundlegendes Charakteristikum dieser Methode ist die Form der Datenerhebung. Die klassische Variante ist das narrative Interview nach Schütze. Absicht ist, eine durch den Interviewer möglichst unverfälschte Erzählung einer Lebensgeschichte, eine Lebensabschnittes oder Lebensaspektes zu erhalten. Deshalb wird dem/der Interviewten lediglich eine sehr offene Eingangsfrage gestellt und im Folgenden nicht mehr unterbrochen. Idealerweise soll der/die Informant/in dann bis zu 5Std frei und nach eigener Strukturierung erzählen. Dabei gerät nach Schütze der/die Interviewte unter drei Zugzwänge, die dazu führen, daß durch diese Befragungstechnik mehr und andere Informationen „hervorgelockt“ (Schütze 1976) werden können, als durch andere: „Gestalterschließungs-, Kondensierungs- und Detaillierungszwang“. In der Reihenfolge bedeutet das den Zwang, eine einmal begonnene Erzählung zu Ende zu bringen, daß Erzählte so zu strukturieren und zu begrenzen, daß es für den/die Zuhörer/in verständlich ist und auch so viele Hintergrundinformationen und Zusammenhänge zu liefern, wie für das Verständnis erforderlich ist (Schütze 1976, S.225).

Desweiteren geht Schütze von einer weitgehenden Analogie zwischen Erlebtem und Erzähltem aus, wenn er z.B. sagt: Die Struktur der Erzählung ist „auf die Struktur der wiedererinnerten lebensgeschichtlichen Erfahrungsaufschichtung“ zurückzuführen (z.B. 1983, S.284).

An diesen Postulaten und der biographischen Methode als ganzer wurde und wird erhebliche Kritik geübt. Ohne auf diese Thematik allzu ausschweifend eingehen zu wollen, möchte ich einige eigene Anmerkungen dazu vorbringen:

Die oben erwähnten Zugzwänge sind durchaus vorhanden und sollten sinnvoll eingesetzt werden, doch sollte folgendes beachtet werden: 1. Es ist fraglich, ob alle Befragten diese Zwänge wirklich als solche wahrnehmen. Ich habe eher den Eindruck, daß es auch Menschen gibt, die sich kaum um Nachvollziehbarkeit kümmern bzw. sich ihrer eigenen Nichnachvollziehbarkeit nicht bewußt sind. 2. Es ist nicht klar, ob der Zwang zur „Abrundung“ immer die Wahrheit ans Licht bringt, oder ob er nicht eventuell auch zu relativ unüberlegten ad hoc Konstruktionen von Zusammenhängen oder unbotmäßigen Simplifizierungen führt Dieses Phänomen kenne ich zumindest aus eigenen Erzählungen.

Was die Analogie von erzählter und erlebter Geschichte angeht: Hier ist zu recht eingewandt worden, daß die erzählte (Lebens-)Geschichte wohl eher die Art und Weise ist, wie das Individuum sich seine persönliche Geschichte aus Sicht der Gegenwart konstruiert, als real Gewesenes. Dies muß aber, wie Marotzki meint, nicht unbedingt die Berechtigung der biographischen Methode in Frage stellen, denn es ist ja mindestens ebenso lohnend, „individuelle Formen der Verarbeitung gesellschaftlicher und milieuspezifischer Erfahrung zu studieren“ (Marotzki 2000, S. 176, Hervorhebungen von mir), wie diese selbst.

Wolfram Fischer-Rosenthal und Gabriele Rosenthal haben von dieser Problematik ausgehend eine separate Rekonstruktion von „erlebter“ und „erzählter“ Lebensgeschichte vorgeschlagen, was ich für sehr sinnvoll halte ( Fischer-Rosenthal/Rosenthal 1997 S. 137ff.).

Meiner Meinung nach kann man diese Frage jedoch letztlich nicht auf theoretischer Ebene lösen, denn grundsätzlich kann ich niemals beweisen, daß der/die Interviewte diese ohne jene Sache damals genauso gesehen hat, wie er/sie sie heute schildert. Ich kann aber in der Praxis eine ziemlich treffsichere Ahnung davon bekommen, wie valide eine bestimmte Aussage ist. Das hängt zum einen vom Thema des Interviews und zum anderen von der interviewten Person ab. Habe ich z.B. ein Thema, bei dem ich davon ausgehen kann, daß es von der/dem Interviewten schon oftmals erzählt oder durchdacht wurde („Scheitern der letzten Liebesbeziehung“) bei dem es auch egobedingt Anreize zu gewissen „Korrekturen“ geben könnte, muß ich mit Analogievermutungen sehr vorsichtig sein. Bei einem anderen Thema ist es vielleicht gerade umgekehrt, und ich kann mit Recht weitergehende Schlüsse ziehen.

Bei einer Person, die gerne viel und unterhaltsam erzählt muß ich eventuell darauf gefaßt sein, daß sie die Erzählung im Sinne bestmöglicher Unterhaltung strukturiert, und Aspekte, die wenig „hergeben“, einfach beiseite läßt.

Gerade diese letzten Überlegungen sind für diese Arbeit konkret relevant, und werden im Analyseteil noch auftauchen.

Nach dieser allgemeinen Darstellung der Methode möchte ich mich nun der Frage widmen, ob das narrative Interview und die biographische Methode die richtige Wahl zur Bearbeitung meiner Forschungsfrage sind. Einiges spricht dagegen:

Die Stärke der Methode liegt in der Rekonstruktion erlebter bzw. erzählter Lebensgeschichte. Ich habe aber gar keine ganze Lebensgeschichte erhoben und interessiere mich eigentlich auch nicht dafür. Statt dessen möchte ich ja herausfinden, welche Bedeutung die Medien bei der Rezeption des Ereignisses Mauerfall für die Befragten spielten. Reicht da nicht ein einfaches Leitfaden-Interview vollkommen aus? Oder ein Fragebogen im Sinne von „Bringen sie folgende Aspekte in eine ihrer Wichtigkeit entsprechende Reihenfolge: Radio, Fernsehen, Zeitungen, Erzählungen anderer, Persönliche Erlebnisse, Sonstiges“.

Ehrlich gesagt: Ich kann auf diese Fragen keine Antwort geben, da ich die anderen Methoden noch nicht erprobt habe. Ich kann nur kurz erklären, was ich an der von mir verwendeten Methode reizvoll finde, und was ihren Einsatz für mich rechtfertigt:

1. Ich kann einschätzen, ob, wann, wie und in welchem Zusammenhang die Person von sich aus auf das Thema Medien zu sprechen kommt.
2. Ich lerne, trotz der Ausschnitthaftigkeit, viel über das Leben, die Gedanken und Gefühle der Befragten, da ich die Eingangsfrage eben nicht gleich auf das Thema Medien zuschneide, sondern ganz allgemein nach dem Leben vor und nach dem Mauerfall frage.
3. Ich kann aus dem Text herauslesen, welche anderen Erfahrungen für die Befragten eine Rolle gespielt haben. Dies erlaubt mir Rückschlüsse darauf, warum die Medien z.B. eine vergleichbar große oder kleine Rolle gespielt haben.
4. Ich habe im frei erzählten Teil des Interviews ein Dokument vor mir, daß so wenig wie möglich durch den Einfluß des Interviewers bestimmt wurde.
5. Aspekte, die zunächst nicht genannt werden, kann ich im Nachfrageteil noch bearbeiten.

Zu meinem konkreten methodischen Vorgehen:

Wie gesagt liegen mir drei narrative Interviews vor, von denen ich eines selbst gemacht habe. Nur für dieses eine (Interview 1) sind mir auch die entsprechenden Aufnahmen auf Kassette zugänglich. Ein weiteres (im Folgenden Interview 2 genannt) habe ich einmal angehört. Interview 3 habe ich nie gehört. Ich besitze mit Ausnahme von Interview 1 (persönlicher Freund) keine weiteren Hintergrundinformationen über die betreffenden Personen.

Die Tatsache unterschiedlicher InterviewerInnen führte zu teilweise unterschiedlichen Formen der Fragestellung, was sich wie noch zu sehen sein wird, als nachteilig herausstellte. Als ebenso nachteilig erwies sich die geringe Anzahl von 3 Interviews, die aus empirischer Sicht eigentlich bei weitem nicht ausreichend sind, um das Thema befriedigend zu bearbeiten. Da es sich hier aber um eine im Arbeitsumfang begrenzte Arbeit Studierender handelt, mußte ich darüber hinwegsehen.

Bei der Interpretation der Daten habe ich mich an kein vorgefertigtes theoretisches Raster gehalten (Schütze, Oevermann etc.). Statt dessen habe ich da Anleihen genommen, wo sie mir sinnvoll erschienen (z.B. erlebte vs. erzählte Lebensgeschichte, Suche nach verschiedenen Erzählstielen, Gliederung), und diese auch nur so weit ausgeführt, wie es nach meiner Auffassung passte. Alles weitere wird, denke ich, in der Ausführung sichtbar werden.

3.0. Hauptteil

3.1. Kurze Chronologie der Ereignisse um den Mauerfall

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2. Vorstellung der Interviewten

Vorweg: Zwischen dem Beginn der Massenflucht und dem Fall der Mauer liegen ca. 3 ½ bis 4 Monate, zwischen ersterem und der Wahl der neuen Regierung sogar ca. 8 Monate. Dies sollte bei den Schilderungen der Interviewten im Hinterkopf behalten werden.

Die folgenden Geschichten orientieren sich an der „erzählten“ Geschichte der Befragten, also ihrer eigenen Konstruktion der Vergangenheit aus heutiger Sicht, die je nach Person mehr oder weniger mit der erlebten lebensgeschichte identisch sein mag.

[...]

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Der Fall der Mauer und die Medien - Versuch einer medienbigraphischen Bearbeitung
Hochschule
Universität Bielefeld  (Fakultät für Soziologie)
Veranstaltung
Methoden der Rezeptionsforschung
Note
2
Autor
Jahr
2002
Seiten
28
Katalognummer
V25653
ISBN (eBook)
9783638282161
Dateigröße
633 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Fragestellung war, auf welche Weise Menschen verschiedenen Alters den Fall der Mauer rezipiert haben, und ob, und wenn ja welche Rolle die mediale Berichterstattung dabei gespielt hat. Es wurden drei Personen mit der Methode des narrativen bzw. biografischen Interviews befragt. Inkl. 10 Seiten Transskriptionen im Anhang.
Schlagworte
Fall, Mauer, Medien, Versuch, Bearbeitung, Methoden, Rezeptionsforschung
Arbeit zitieren
Mark Thumann (Autor:in), 2002, Der Fall der Mauer und die Medien - Versuch einer medienbigraphischen Bearbeitung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25653

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